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Dresdner Nachrichten : 23.07.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192707239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270723
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1927
- Monat1927-07
- Tag1927-07-23
- Monat1927-07
- Jahr1927
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- Dresdner Nachrichten : 23.07.1927
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rs. I«a isrr Rr. 5V Helle» ß-L/GTWVTHS» —>ch Äeinrich EtükkN-mg. L<« 8». Ge»nrt»t««. E» ist schon «tcht» Geringe», ««m» «t« gewöhnlicher Gterbltcher t» diese« schweren Zeiten da» 80. Lebentjahr »et leidlichem Wohlbefinden vollendet. Ist die» So» aber einem Manne beschteben, der nicht nur seinen Lebensbernf an her vorragender Stelle erfüllt hat, sondern auch darüber hinaus in der Oeffentttchkett tätig gewesen ist und ans mehr als einem Gebiet« Wertvolle» geschaffen hat, und der noch hente in voller Frische des Leibes und de» Geiste» anregend und eufklärend unter un» wirkt, so dürfen wir ihm und «n» au» vollem Herzen Glück dazu wünschen. »in solcher Mann ist Heinrich Stürenburg, der «lt- rektor unserer Kreuzschule. die er 21 Jahr« hindurch ge leitet hat. Geboren ist er am 2«. Juli 1847 in Hildburg- Hausen, wo sein Bater Gymnastalrektor war. Set» aus breiter Grundlage angelegte» Studium der klassischen Philologie und Sprachwissenschaft, dem er seit 18S« in Bonn und später in Leipzig oblag, wurde 1870 unterbrochen durch de« «uSbruch de« Deutsch-Jranzüsischen Kriege», an dem er tm 8. Lhüringt- schen Jnfanterie-Regt. teilnahm und in dem er sich da» Eiserne Kreuz erwarb. Am 2. Dezember 1878 wurde er vor Parts schwer verwundet. Nach seiner Wtedergenesung schloß er seine Studien in Berlin ab, wo er auch die staatliche Turnlehrer. Prüfung bestand. Noch bevor er im Februar 1878 in Leipzig die Prüfung für da» höhere Lehramt abgelegt hatte, wurde er an der Thomasschule angestellt, an der er. seit 1888 als Konrektor, gemeinsam mit seinem vor kurzem verstorbenen Freund«, Rektor Jungmann, wirkte. Ostern 1888 wurde er an die Kreuzschul« berufen al» Nachfolger von Friedrich Hultsch. AIS junger Kollege habe ich diesen Wechsel mit» erlebt. Beide Männer waren scharf ausgeprägte Persönlich, ketten, jedoch von entgegengesetzter Art: Hultsch eine ernste, mehr in sich gekehrte Gelehrtennatur, Gtürenburg dagegen ein temperamentvoller, modern gerichteter Mensch — den Spitznamen „Eilenburg*, der ihm alsbald beigelegt wurde, könnte er als Ehrennamen noch heute führen! Aber beide waren erfüllt von lauterem Wohlwollen gegen Lehrer und Schüler und von Verständnis für ihre Eigenart, und beide besaßen in hohem Maße zwei Grundetgenschaften jedes rechten Lehrers, peinliche Gewissenhaftigkeit in der Pflichterfüllung und strengsten Gerechtigkeitssinn. Bet aller Begeisterung für bas klassische Altertum erkannte Stürenburg in einer Zeit, in der so mancher Lehrer noch das Heil in den Formen der Sprache suchte, mit voller Klarheit, daß es zuerst und zu- meist auf ihren Geist ankomme, baß eS gelte, die gehetmnis- vollen Kräfte, die in den Werken der Alten schlummern, immer wieder für die Gegenwart lebendig zu machen und mit ihrer Hilf« die deutsch« Jugend zu wahrer Humanität, zum Ber- stänbnis ihrer eigenen Zeit und zur Vaterlandsliebe zu er- ziehen. Den Schülern trat er sofort als Turner näher Lurch erhöhte Pflege der Leibesübungen, denen ja daS Gymnasium seinen Namen verdankt. Aber auch im wissen- schaftlichen Unterricht wußte er sie unausgesetzt in Bewegung und Spannung zu erhalten. Er durfte viel von ihnen ver- langen, weil er selbst unermüdlich tätig war. Abhold allem Scheinwesen und Schetnwtssen, bestand er unerbittlich auf sorgfältiger Vorbereitung,- dafür aber erschloß er ihnen mit seinem Gefühl das tiefere Verständnis für Wesen und Schön heit der antiken Schriftsteller, in denen er selbst ebenso zu- Hause war wie in den Werken ber großen deutschen Dichter und Denker, und konnte ihnen die Schauplätze ber alten Ge schichte aus eigener Anschauung lebensvoll schildern. Daher kommt es, daß viele Generationen alter Leipziger und Dresd ner Schüler in Liebe und Verehrung zu ihm emporblicken, dankbar für alles, was er ihnen für ihr ganzes Leben mit- gegeben hat. Ein großes Verdienst erwarb er sich um die Schule dadurch, baß er gleich anfangs als erster die Be- wegungsspicle ber Schüler im Freien einsiihrte, die jetzt ja in allen Schulen als heilsames Gegengewicht gegen die Sitz- aibeit eifrig betrieben werden, und später. 1889, durch die Errichtung einer eigenen Turnhalle — bis dahin mußten die Schüler zu jeder Turnstunde in die Kgl. TnrnlehrerbilbungS- anstalt auf der Carusstraße ziehen — und de» für den Be trieb einer großen Schule schon längst geforderten Erwette- rungsbaue». Mein die wahrlich nicht geringen Anforderungen, welche die Leitung einer mit Alumnat verbundenen Doppelanstalt an ihn stellten, vermochten StürenburgS Tätigkeitsdrang nicht auszufüllen. Auf sein« wissenschaftlichen Arbeiten, welche ber Aufhellung verschiedener Fragen der antiken Topographie galten, einzugehen, fehlt der Raum. Einen zweiten Mittelpunkt erfolgreicher Arbeit aber fand er in der edlen Turnkunst, ber er von frühester Jugend bis ins späte Alter in Wort und Tat treu gedient hat. Bereits 1878 und 1878 hatte er in Schriften über die Erziehung zur Wehrhaftigkeit den gesunden Grundsatz vertreten, daß nicht die damals von vielen angestrebte militärische Erziehung, sondern eine all gemeine Ausbildung des Körpers und des Geistes unserer Jugend nottue. Wie schon in Leipzig, so nahm er seit 1888 in Dresden an de« «rbette» de» Allgemeine» Turnverein» regste« Anteil. So hat er vor allem den Vau ber 1887 et«, geweißte« große« Turnhalle an der Permosrrftraß« al» „Ftnanzwintster* «rmSglicht und gefördert, von 1988 bi» 181» ist er dann der Vorsitzende de» Äeretn« gewesen, und die höchste« Auszeichnungen, dt« der Allgemeine Tnrnverei« und die Deutsche Tnrnerfchast ,n vergeben haben, find ihm in wohlverdtenter Dankbarkeit verliehen worRU. A« 18. März 1810 schieb Stürenburg, znm Geheimen Studtenrat ernannt, au» seinem Amt al» Rektor. Aber daß bet ihm der Ruhestand sich nicht auf da» von vielen ersehnte otivru oum äixintat» beschränkte, war selbstverständlich. Noch in demselben Jahre wurde er »um Vorsitzenden de» Landes- auSschusse« für Jugendpflege ernannt, und er hat diesem arbettSvolleu Amte zwölf Jahre lang vorgestanden. Auch am politischen Leben hat er als treuer Deutscher in bewegter Zeit regen Anteil genommen. Und im vorigen Jahre über- raschle er seine Freunde durch ein bei B. G. Teubner er schienenes prächtiges Büchlein über „Landschaftliche Schön heit*. Vieler Menschen Städte und Länder hatte er gesehen tm Norden und tm Süden, hatte vor allem 1878 auf einer einjährigen Studienreise die Länder rings um das Mittel- ländische Meer kennengelernt, und kann jetzt von seinem schön gelegenen Ruhesitz in Loschwitz täglich das wette Elb. tal überschauen. Aus allen diesen Erlebnissen ist ihm das Buch erwachsen, das den Ursachen des Wohlgefallens an land- schaftlichen Eindrücken nachforscht und sie zum guten Teile in dem Zusammenklingen der Landschaft mit den in sie hinetn- gestellten Menschenwerken findet. Gewidmet ist das Buch „meiner lieben Begleiterin durch Leben und Landschaft, Clara Stürenburg*. Sie war die Tochter deS bekannten Bildhauers Afinger. In ihr hatte er die rechte Lebensgefährtin und treue Helferin in allen Ar beiten und Sorgen gefunden. Zwar ist bas Glück ber linder- reichen Familie von schweren Heimsuchungen nicht verschont geblieben: vor vielen Jahren verloren sie im Verlaufe einer Woche drei Kinder durch eine tückische Krankheit, und im Weltkriege mußten sie zwei blühende Sühne und den ge liebten Schwiegersohn dem Baterlanbe zum Opfer bringen. Allein die Charakterstärke der beiden Gatten und nicht zum wenigsten die Freude an edler Musik, die sie als Ausübende und Genießende durchs ganze Leben begleitet hat, brachte ihnen Trost in schwerem Leid. Kunstbegabte Töchter und liebe Enkel verschönen ihnen das Leben, dazu der rege Ber- kehr mit einem zahlreichen Kreis von Freunden, die bet ihnen immer neue Anregung und künstlerische Genüsse finden. Jeder, der in dem idyllischen, mit wertvollen Kunstwerken geschmückten HauS am Beilchenweg einkehrt, erfreut sich an der Rüstigkeit -eS Hausherrn, der noch fast wie ein Jüng- ling tm Garten arbeitet, und an der Liebenswürdigkeit und heiteren Ruhe seiner Gattin, und darf zuversichtlich hoffen, baß dieses glückliche Zusammenleben noch lange andauern wirb.. Dr. Richard Wagner. Am« ll«ch«u -es Pojlplatzes. Wer beute über den Postplatz geht, der bat dem Eindruck, daß sich hier ein großstädtischer Straßenumbau ungewöhn licher Art vollzieht Und doch ist da», was auf dem Platze biSber geschehen ist und geschieht, nur der Auftakt zu einer tm größten Stile geplanten Umgestaltung dieses bedeutendsten und schwierigsten VerkehrSzentrumS unserer Stadt. Der Umstand, baß Wilsdruffer und Johannstrabe gleichzeitig^ wenn auch unabhängig von ber Neuorientierung de» Platzes, umgebaut werben, macht da» Gesamtvrotekt noch kom- vltzterter und verkehrstechnisch interessanter. Der Postplatz ist noch niemals da» Ideal eine» ent. wtcklungSfähigen GroßstadtplatzeS gewesen. Er ist in gewissem Ginne ncht unschön, nach der Zwtngersette bin sogar stäbte- baugeschtchtltch einzigartig und weltbekannt. Aber er entstand in etmer geruhsamen Zeit beschaulichen Bürgerfrtedev», war für die damaligen Verhältnisse mehr al» ausreichend und nicht tm entferntesten dazu bestimmt, einmal zentraler Mittel- vunkt einer mobevnen Großstadt und Schnitt-, bzw. Kopfpunkt acht verkehrsreicher Gtraßenzüge zu werden. Heute ist ber Postplatz schon seit Jahrzehnten da» Schmerzenskind der Straßenbautechntker. ber Verkehrspolizei und der Tiefbau- Ingenieure. Sein Umbau hat in allen maßgebenden Kreise» gewaltiges Kopfzerbrechen hervorgerufen. Geschehen mußte endlich etwas Durchgreifendes. Und in wenigen Tagen werden wir mitten in einem Straßen- und Platzumbau stecken, wie ihn Dresden seit vielen Jahren nicht gesehen bat. Wie wir schon in unserem Artikel über den Umbau -er Wilsdruffer Straße Larlegten, wäre die Einführung des sog. Tangenttalverkehrs eine gute Lölung aller Verkehrsprobleme dieses nachgerade lebensgefährlichen Knotenpunktes vieler Straßenbahnlinien und Fahrbahnen für alle möglichen Ge- schirre und Vehikel gewesen. Leider mußte dieser Plan frommer Wunsch bleiben, da er infolge der allzuscharfen Kurven der Straßenbahngleise und wegen anderer Schwierig- ketten unausführbar ist. Un- so mußte denn auf andere Mittel und Wege gesonnen werden, den Platz fahrtechnisch, raumükonomisch und perspektivisch übersichtlicher und auf Jahre hinaus leistungsfähiger zu machen. Die außerordent lich engen Straßeneingänge, die spitzwinklig zusammenlaufen den Fahrbahnen nebst ihren rechtwinkligen Kreuzungen, die verwirrend langen, zum Teil schrägen Uebergänge für -aS Publikum, und dazu noch ber leider gar nicht abnehmende Mangel an VerkehrSdisziplin der Dresdner — das alles muhte bet der Umbauplanunq mit in Rechnung gestellt werben und soll nun. wie man hofft, modernen Verhältnissen zweck entsprechend angepaßt werden. Wie die neuen Fahrbahnen zu liegen kommen, wie man die Straßenbahngleife führen wir-, wie man Raum und Schutzinseln schaffen will, wie sich währen- des Umbaues der Fährverkehr abwickeln wird, und wie in dieser Zeit, wo be kanntlich auch ber Cboleraürunnen seinen Standort wechseln wird, die über den Postplatz führenden Straßenbahnlinien umgeleitet werben — bas ist in früheren Artikeln unseres Blattes ausführlich -argetan worden. Heute sei nur noch er wähnt. daß ein ganzes Heer von Arbeitern aufgeboten wird, um den Umbau so schnell wie möglich zu erledigen. Schwierige Teile des Heizungskanals. der vom neuen Fernheizwerk an -er Könneritzstraße über den Postplatz und durch die Wils- brusfer und Johannstraße geführt wer-cn muß. sind bereits fertiggestellt, so die Zuführungen zum Post- und Telegraphon- amt. die die Marienstraße und Wallstraße kreuzen. Hochinteressant gestaltete sich in der Freitagnacht voriger Woche die Umlegung und Erneuerung der komplizierten Doppelkreuzung der Straßenbahngleife an der Ecke ber Annen- und Marienstraße. 168 Arbeiter schafften das Werk in einer einzigen Nacht, auch ein Beweis, daß es nicht immer nötig wäre, wochenlang an anderen Stellen bet aufgerissenen Straßen und Gleiserneuerungsarbeiten zu verharren. In jener Freitagnacht blitzten überall die magischen Stichflammen der Sauerstoffgebläse auf. Riesige, vorher fix und fertig gemachte, doppelte Schienen-Kreuzstücke wurden durch un zählige Hände herangebracht, aufmontiert und verankert. Allein zwölf Herzstücke setzte man ein, eine Arbeit, die sonst ein Vielfaches an Zeit beansprucht. Als der Morgen graute, fuhren alle die Kreuzung benutzenden Straßenbahnen bereits auf neuen Schienen. Nur wenige Stunden hatte die Unter brechung des Nachtverkehrs gedauert: eine Leistung, di« An erkennung verdient, um so mehr, als man am Tage ohne B erk ehr s u n te r b re chung alle Vorarbeiten hatte er ledigen müssen und in ber Folgezeit die Wiederherstellung der Straße gleichfalls ohne Fahrtunterbrechung vorgenommen werden mußte. Gegenwärtig ist man bereits damit beschäftigt, an ber wichtigen Kreuzung die Straßendecke wieberherzustellen. In der nächsten Zeit nimmt man die Kreuzung am Ein- gang der Wettiner Straße in Angriff. Hier muß zunächst für die umzuleitende Linie 18 eine rechts ausbiegende leistungsfähige Weiche nach ber Marienstraße zu geschaffen werden. DaS dazu nötige Eisenwerk ist von der rheinischen Eisenindustrie geliefert. So wird man unserem alten Postplatz Stück für Stück zu Leibe rücken un- nach -em altbewährten Grundsätze „Teile und «beherrsche das Ganz«!* das gewaltige Werk in verhältnismäßig kurzer Zeit zu Ende führen. »eichnungen über den ersten Schlaganfall, den der Gelehrt« bei vollem Bewußtsein erlebte, un- die allmähliche Wiederkehr der Sprache und der vollen geistigen Kraft. DaS Ganze wirb nach dem Urteil Prof. O. LSieners, -er von dom Fund in seinem vor -er Sächsischen Akademie der Wissenschaften ge haltenen, jetzt veröffentlichten Nachruf aus Des CondreS Mit- teiluiH machte, vielleicht einmal eine wichtig« Quelle zur Er forschung -es Seelenlebens un- der Zeitgeschichte werden. Aphorismen und Sprüche, die sich gleichfalls gesunden haben, charakterisiert Wiener als Godankenseuerwerk merkwürdigster Art. das in seiner zugespitzten Form an Nietzsche erinnere. Philipp Otto Runge in Dres-ea. Aum 15 0. Geburtstage de» Maler». 28. Jnlt. Vom Eintritt in die Kopenhagen» Akademie bis -um frühen Tode in Hamburg am 2. Dezember 1810, ein kurze» Jahrzehnt, währt RungeS künstlerisches Schaffen, und doch wird er in dieser kurzen Zeit ein großer Anreger der -eut- schen Maleret. Kür Runge al» Menschen und Künstler aber sind die drei Jahre seines Dresdner Aufenthalte» s180l—1804) die bedeutungsvollsten. Als seelischer Fremdling in der herrschenden klafstztftt- schen Richtung hält Runge nicht» von den MengS und Casa nova», in deren Ginne noch der Dresdner Akademiedtrektor Grassi schafft, „ein Mann ohne Seele*, dem eS nur auf die Komposition der Bilder andommt, auf die allein er feine Schüler abrichtet. AIS einzigen von allen Dresdner Künstlern läßt Rung« den alten Graff gelten, „ein echter, brarer Mann und ein Soitenstück zu dem lieben Professor Juel in Kopenhagen*. Der Verkehr bot Vater und Mutter Graft unb tie Anerkennung des Meisters beglücken Rung« sehr: Runge, meint Graff, würde wohl ein guter Zeichner sein und habe auch sehr schöne Jb«en, aber malen würde er nie lernen. Im Grund« ist aber auch Graff viel zu sehr Maler, al» baß er in RungeS Gedanken und Plänen mehr al» ein schönes Ge- -ankensptel, hübsche Ideen für einen Dichter sehen konnte. Tiefes Verständnis und herzliche Freundschaft fand aber Runge, der romantische Maler, bet Ludwig Tteck. b«m romantischen Dichter: „Tieck ist ganz gerührt und sitzt lang« vor Runge» Kompositionen, er erkennt -iese Kunst al» die neue, die entsteht und entstehen muß. Wir standen noch lange*, schreibt Runge, „und die einzelnen Worte tönten wie Akkord« in dem anderen nach; er hat mich sehr lieb, ich weiß e» wohl* Bet den Romanttkern galt die Historienmalerei, die nur in der Darstellung de» Menschen einen würdigen Gegenstan» iah, al» ein« sterbend« Kunst, die n«ne Kunst aber sollte die LandschastSmalerei sein, in der alles, Licht und Luft. Pflanz« un- Tier, zu einem Ausdruck menschlicher Gefühl« wurde. Das ist die Art der Landschaftsmalerei, die erst Runges Lan-Smann C. D. Friedrich, in weiser Beschränkung auf da» Darstellbare, verwirklichte, das Erdlebenbild, wie wir e» wohl mit Dr. CaruS nennen dürfen. Die Seele, die Runge bet den lebenden Künstlern vermißte, fand er in der Galerie bet den alten Meistern, besonders ,MaphaelS Madonna er- schüttelt ihn bi» in das Innerste seiner Seele. So hatte ich mir einen Raphael wahrlich nicht gedacht". Ein große» seelische» Erlebnis mutzte dem Flachländer Runge auch die Dresdner Landschaft werben: die Berge, die Felsen, die Täler mit den rauschenden Bächen, die wetten Fernsichten, daS alles erscheint dem Künstler unglaub- ltch schön, „solchen Frühling wie hier habe ich noch nie ge- sehen, rund um uns her ist ein wahres Paradies*. Aber auch die Kunst bietet Runge noch ein ganz große» Erlebnis, die Musik in der Hoskirche: „Es ist etwa» unendlich Schönes um die Musik in der katholischen Hof ktrche — fast der schönsten Kapelle in d«r Welt —, man ver- gißt Sänger, Spieler und Kirche und schwebt nur mit den Tön«n fort. ES ist schon dunkel, auf dem Altar stehen drei Rethen großer Leuchter von Silber: der Schimmer und -er Blitz deS Silber», und wie sich nach und nach der Schein auf dem großen Altarblatt von MengS verliert und dazu daS geheimnisvolle Wesen de» Pater« — un- dann di« schön« Musik*. Hier erlebt« Rung«, ihm selbst vielleicht unbewußt, eine Erfüllung -es Gefamtkunsiiverke«. Denn -a» Gesamt- kunstwerk war eigentlich daS, wa» Rung« selbst anstrebte: .Meine vier Bilder, die Tageszeiten, wenn sich das erst ent. wickelt hat, es wird eine abstrakte, malertsch-musikalische phantastische Darstellung mit Chören, eine Komposition für all« drei Künste zusammen, wofür die Baukunst ein eigenes Gebäude aufführen sollte.* — „Ein LÄenbtgeS — außer dem Frieden Gotte» —*, schreibt Runge an seinen Bater, „ist noch auf ber Welt, das ist die süße Liebe, die Quelle alle» Lebendigen, aus ihr ent- strömt alles, was wir Lebendige» schaffen und wirken in dieser Wett*, und an anderer Stelle: „Tiecks Umgang und meine Liebe haben mich in dem Geist der Kunst sehr gefördert und mich da« Richtig« wählen lasten* Schon wenige Wochen nach seiner Ankunft mußte Runge seinem Ltebltngsbruder Daniel beichten: ,/Dtehe, ich bin verliebt, sehr verliebt, mich dünkt, ich habe alles da» gefunden, zusammen was mich sonst ^«kückt hätte". Ein junger Maler, der eigentlich noch nicht» gemalt yälre, uiio ein ftUl^i!»IiIUHllur»l Mädchen, so jung war Pauli«« «assenge, da» bedeutet« natürlich Meiden oder gar Scheiden« Aber RungeS starkes Empfinden in -er Kunst und in der Liebe war keine schwächliche Empfindsamkeit. Aus seiner Liebe heraus und ebenso sehr aus dem Gefühl seiner künstlerischen Sendung heraus schuf Runge und fand bald genug Beachtung, ein verwundertes Erstaunen, „wie aus dem Norden eine solche Phantasie und so eine Kunst hervorgehen könne": man bewunderte RungeS Kindergestalten, die keine Antiken waren und doch so schön". „Angenehm berauschend klang eS", fo be- richtet ein Zeitgenosse, „wenn ber wohlgebilbete junge Man» mit der Miene und ber Begeisterung eines Seher» ror seiner neuesten Schöpfung stand und die Gestalten derselben durch einen blendenden Strom gefälliger Rede mit Leben erfüllte." ,H>ie Frauen und Fräulein", schreibt Runge nach Hause, „sind entzückt von mir, und die Herren paffen auf, was ich Sinnreiches vorbrtnge." Im November 1809 war Runge auch in Weimar bet Goethe: „Er ist ein starker und hartnäckiger Mann, gegen den ich wie «in Kind stehe, daS ohne Waffen ist, und doch fürchte ich mich nicht, auf welcher Sette er stehe, ob neben mir oder gegen mich." Aus dem unbekannten jungen Maler war nun ein Künst- ler von Geltung geworden und tm Frühling 1804 konnte er die Geliebte nach Hamburg als Gattin hetmführen. Trotz seines heißen Bemühens um die Kunst und trotz Hangen und Bangens um die Geliebte war Runge während seines Dresdner Aufenthaltes kein Kopfhänger. Voller kleiner gesellschaftlicher Talente rüstet er des alten GraffS Geburtstagsfeier mit Leuchtermanschetton, der Zeichnung eines Homer-Kopfes und heimlich bestellter Fesimustk,- bei TieckS aber macht er den Weihnachtsmetster, .Leuchterman schetten, ein Wachöstock und ein Buch Schaumgold, nebst einigen Menschen aus Backpflaumen und Rosinen und einem Hampel, mann, was läßt sich damit nicht alles auSrichten". Auf dem „Lincke'schen Badetheater hört er „ganz göttlich« Sachen", wie die „Teufelsmühle" und das „Donauweibchen", und Tieck und er amüsieren sich damit, solche Sachen noch zu verbeflern, daß nichts als lauter Effekte Labei herauskommen. Für -aS freundschaftliche Theater schreibt Runge einen scherz, haften Prolog, er besucht viele Bälle und Konzerte und hat Bekanntschaften „für fast alle Launen", unter ihnen den Lan-Smann Friedrich, dessen Talent Runge früh erkennt. Ja sogar besten Bilder kauft Runge auf Spekulation und ver- schickt sie nach Hamburg, denn Runge ist auch sonst in Ge- schäftSsachen nicht weltfremd, da wie alle Kunst auch die romantische nach Brot gehen mußte. Gefühl und bürgerlicher Sinn waren für Rung« keine Gegensätze: .Hch werde mir nie herausnehmen, Leuten, -ie in ihrem bürgerlichen Leben fest und getrost -a» Ihrige getan haben, zu sagen: Das ist nichts^ . ........ Dr. Hans Stegmaui^
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