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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 08.09.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270908024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927090802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927090802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1927
- Monat1927-09
- Tag1927-09-08
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Ar. 42Z Seite 2 — »vr«doer Nachrichten* — Donnerstag. S. September 1927 und der konsequentesten Forderungen aus Abhilfe geöffnet sind, da gab es sicherlich niemand der nicht aus einmal große welt geschichtliche Zusammenhänge spürte und blitzkichtartig Ver kettungen und neue Situationen iah. Mit dem holländischen Vorstoß ist der von Polen geplant«, zweimal dementierte, aber von jedermann erwartete Vorstoß höchst aktuell »»auSwetchlich und zugleich ausgehoben, denn Polen ist davon entbunden, selbst vorzustoßen, kann aber in aller Harmlosigkeit alle Meinungen höre» und die eigene selbst cnlnnckein PeiugUch des polnische» Planes sind bis jetzt last alle Zusammenhänge mit der englischen Rußlandpolittk in Ab rede gestellt worden, und die» wohl kaum der Wirklichkeit ent» sprechend, denn Polen ist in der Roste alS Faktor ln englischen Gedankengänar» bereits gewachsen. Sv werden vielleicht auch Teile dieser immer im geheimen gebliebenen politische» Zn. sammenhktngr all»,üblich »um Vorschein komme» Sicher geht man in Mens jetzt hochinteressanten.und spannenden Tage» ent gegen. die auch daS zu dem holländischen inS Rollen gebrachirn Stet» beharrlich schwelgende und kein« Stellungnahme ver ratende Deutschland im Mittelpunkt bedeutender Ereignisse sehe» bürsten. Polnische EnlslellungsmanSver. Die angebliche -euliche Spionage in Kallowih. Warschau. 8. Sept. Die Morgcnpresse gibt in großer Ausmachung und unter der Ueberschrist ..Liquidierung einer gefährlichen Spivnagebande in Oberschlesien" die gestrige Meldung der Telegraphcn-Agentur „Der Ostdienst" über die Haussuchung in der „K attvwitzcr Zeit»» g" wieder, und bemüht sich ossensichilich. die Tätigkeit der beiden verhafteten Deutschen in da? ungünstigste Licht zu stelle», ll. a. behaupten die Blatter, daß die politische Polizei in Katiowitz bereits seit Monaten das Han- der „Kattowitzer Zeitung" beobachtet habe, und erst nachdem sie von der „Spivnagetätigkeit" überzeugt gewesen sei, zur Verhaftung geschritten sei. ZweiselloS handelt cö sich hierbei wieder einmal um g r u ii d i o s e V crdächtig » n g e n . wie die weitere Unter suchung bestimmt ergebe» wird. Die Politik der oberschlesischen Polizei gegenüber der deutschen Minderheit hat sich bereits mehr alo einmal koinpromiitiert. Auch in diesem Falle wird bei der nautischen Polizei der Wunsch der Vater des (Gedankens gewesen sein. Ein polnischer Prolefl in Berlin Berlin. 7. Sept. Fm Auswärtigen Amt ist eine Note dcö Berliner polnischen Gesandten eingegangen, in der Olschowski gegen einen iäiiichen Angriff ans die Fron eines Beamten des polnischen Konsulats in Schneidemühl protestiert. Der Lachoerhalt wird oon zuständiger Stelle gegenwärtig geprüft. Die Sache bat keinerlei politischen Hintergrund, sie ist gegenwärtig Gegenstand polizeilicher Feststellungen ^ejm Einberusunq erst am 30 September Warschau, 8. Sept. Die Morgenpressc veröffentlicht den ofsizielien Text der Verfügung de-? Staatspräsidenten zur Ein- bernsnng des Sejm. Dcmach irnrd der Sejm nicht zum 22., sondern zum 3 0. Septc in ber cinbcrusen. lT. U.s Bruch -er englischen Gewerkschaften mil Moskau. <D u r ch F u » k s v r u ch.s Sdtnbnrg, 8. Lept. Der Vorschlag des Generalrats der Gewerkschaften, die Beziehungen zu den russischen Ge werkschaften abzubrechen, wurde aus dem Gewerkschafts kongreß durch die Slertreter von li.S Millionen Arbeitern ge billigt. Die Delegierten der Minderheit vertraten KLVVOV Arbeiter. (W. T. V s Edinbnrg, 8 September Der Generalrat des Gewerk» schaftokongresseS empfahl gestern dem Kongreß, die Be ziehungen unt der Sowjetarbeiterbewegung abzubrechen. Dieser Empsehlnng, die eine Art Senjativn war. ist ein Telegramm des Sekretärs des allrussischen Gcwerkjchasls- rates Dogodofs beigefügt, tu welchem von „Verrat" und „Sabotage" der Arbeiterpartei bet dein Genrral- streik die Rede ist. Thomas und andere Führer der Arbeiterpartei werden als „Verräter" bezeichnet. In bezug aus dieses Telegramm heißt cö in der Empfehlung: Hier, über ist kein Konimeular notwendig, abgesehen von der Fest stellung. daß der Rat der Gewerkschaften zu der lieber, zengnng gelangt ist. daß keine Anzeichen dafür vorhanden sind, daß der allrussische Gewerkschastsrat diejenigen Be dingungen zu beobachten gedenkt, die für ein Fortbestehen des gemeinsainen englisch-russischen Ausschusses wesentlich wären. Der Generalrat muß daher dem Kongreß Mitteilen, daß es keinen Zweck hat, Verhandlungen mit dem all- russischen Gewerkschaftsrat sortznführen. solange wie dessen Haltung und Politik sich nicht ändern. Filchner leb!! tT r a h l in e I d u n g u n I c r e r B c r l i n e r Z ch r > f t l e i I u n g.s Berlin, 8 Lept. Nach einer Meldung detz General konsulats in Kalkutta bestätigt sich die Nachricht von der Er mordung des deutschen ForschnngSreisenden Filchner glück licherweise nicht. Sie ist wahrscheinlich infolge von Gerüchten entstanden, wonach andere Reisegesellschaften beraubt worden sein sollen. ..O!d G-orn" noch nichr qe^nnden London, 8. September. Die letzten aus Neunork ein- getrossene» Berichte besagen, daß die Suche einer größeren Reihe von Ozeandampfern nach der „Old Glory" bis her ergebnislos geblieben ist. DaS Flugzeug „Sir Föhn Carling", das bei seinem gestern mittag von Harbvur Grace nach London erfolgte» Abflug noch keine Kenntnis von dem Schicksal der „Old Glvrn" hatte, wurde jedoch später davon unterrichtet und gebeten, nach dem vermißten Flugzeug Aus schau zu halten. Von dem Flugzeug „Sir John Carling", das sich zurzeit uiilerwegS befindet und keinen Fuiikapparat an Bord hat, und das aller Voraussicht nach gegenwärtig eine Regen- und Nebeizonc zu durchfliegen hat, liegen keine neuen Nach richten vor. In Fachkreisen der Lnftschiffahrt behält man auch jetzt noch die schwache Möglichkeit im Auge, daß das Flugzeug nur einen Unfall von geringerer Bedeutung gehabt hat und jetzt keinen Flug nach Rom mit gebranchsnnfähigcin Funkapparat sortsetzt. Europa-Bundslug eines russischen Fliegers. lD » rch F u » k s p r u ch.s Königsberg, 8. Sept. Ganz unerwartet tras heule morgen ein Flugzeug der Dcru-Lnst, aus Moskau kommend, aus dem hiesigen Flugplatz ein. Der Führer des Flugzeuges, N i c o l a u s Lchcbanofs, der früher schon einen Rnndslug unternommen hatte, will einen »enen Rnndslug über Königs berg, Wien, Prag. Paris. Berlin. Kopenhagen. Stockholm. Re val, Leningrad und Moskau in vier bis fünf Tagen unter nehmen. Die Flieger sind bereits 11 Uhr »ach Wien weiter- geflogen. Kolelverbvt siir die preußischen Beamten. Berlin, 8. Sept. DaS preußische Ministerialblatt ver öffentlicht einen Run-erlaß des Ministers des Innern und des Finanzininisters. in dem das Schreiben des preu ßischen Ministerpräsidenten an die Slaatsminister über das Verhalten Berliner Hotels in der Flaggensrage mieder- gegeben wird. Entsprechend diesem Schreiben wird nunmehr angcvrdnet, daß die nachgevrdneten Behörden und ihre Be amten in den in dem Schreiben von dem preußischen Ministerpräsidenten ausgcführten Hotels amtliche Ber- anstaltiingen picht abhalten und sonstige Veranstaltungen dort in amtlicher Eigenschaft nicht besuchen dürfen. ch Am Montag tritt der Allgemeine Deutsche Beamtcnbnnd zu einer Tagung zusammen, wobei die Beamtenschaft ihre Wünsche über die VesoldniigSreforni noch einmal formulieren wird. Die Beratungen des preußischen Finanzininisters mit den Beanitenvertretern der Landtagssraktionen über die Be reinigung der noch übrigen Differenzen zwischen Reich n n d Pre lt ß e n in der Besvldungsreform haben gestern noch keine Klärung gebracht. Die Vorschläge des FinanzministcrS stoßen vor allem bei der Besoldung der weiblichen Beamten >knd in der Pensivnssrage ans Widerstand. Der Reichsbeamtcnbeirat der deutschen Zentrums- vartci hat zur Besvldungsreform in Dortmund eine Ent schließung angcnvlnmcn. in der die Einheitlichkeit in der Be- soldnngSvrdnltng für die Beamten in Reich. Ländern und Ge meinden sowie bei der Deutschen Reichsbahn, ferner die Be tonung sozialer Gesichtspunkte und Vermeidung alles dessen, was klasscnbetvncndcn Charakter hat oder dem Anfsticgs- gebankcn hindernd ist, gefordert wird. Die Grundgehälter müssen ausreichend erhöht, die Zeitdauer für die Erreichung des Höchstgehalts muß herabgesetzt werden,- die große Not in den kinderreiche» Familien verlange die Beibehaltung der Kinderznlagen nach einheitlichen Gesichtspunkten. Die Reform soll sich in gleichem Maße auch aus die Ruhe- und Warteitandsbcaintcn und Hinterbliebenen erstrecken. Oerlliches und Sächsisches. Vorläufige Ergebnisse der Retch»- wvhnungszühlung vom 1«. Ma« 1837. Nach de» vom Statistischen Landevamt sestgestellten vor. läusiar» Ergebnissen der ReichSwohnungSzählung. die in Sachsen ans iämtlichr Gemeinden ausgedehnt wurde, waren am IS. Mai l927 in Lachsen 1 340 808 Wohnungen vorhanden, von denen 1331 »37 bewohnt waren und 8881 leer standen. Bei den leerstehenden Wohnungen bandelt es sich tn der Hauptsache um iieueritellte Wohnungen, die am Zähltage noch nicht bezogen waren. In de» bewohnten Wohnungen waren insgesamt 1417NÜ HanShaltunge» untergebrachl. Es hatten am Zählttiigötage 82102 Haushaltungen keine eigene selb, ständige Wohnung inne. Außerdem wurden 37OOS Familien ermittelt, die weder einen eigenen Haushalt führten, »och über eine selbständige Wohnung verfügten. Die Vorführung des Gugali-Films im Planetarium war ein Musterbeispiel geschickter und vor. nehmer Werbearbeit, von dem alle, die es angeht, viel lernen konnten. In dem ersten Sprecher lernten die Dresdner den eigentlichen Organisator der Liegnitzer Gartenbau- und Ge- Werbeausstellung, Stadtrat Dr. Elsner, kennen. Er führte aus. daß sie nach Dresden gekommen seien, nicht um für die Stadt Liegnitz, sondern um für den deutschen Oste» zu werben, für seine wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung, die gegenüber dein Westen Deutschlands noch vielfach ver. kannt werde. Er teilte mil. daß von allen Ausstellungen dieses Sommers die Liegnitzer bisher den beste» Besuch auf- znweisen habe. Sinn wolle man noch einmal durch Sonder, zügc von Berlin. Magdeburg und Dresden dir Ausstellung in ihrer herbstlichen Pracht zeigen, »m noch mehr Dresdnern, als schon dagewesen. Gelegenheit zu einem Vergleich mit der vorjährigen hiesigen Ausstellung zu geben. Nun erläuterte ein zweiter Sprecher an der Hand eines Planes die Aus. stellnng, der jedem Besucher cingehändigt worden war. die Anlage der Ausstellung, woraus sie in vorzüglichen Film aufnahmen vor den Auge» der Zuschauer vorüberzog. Einen durchschlagende» Erfolg erzielten die farbigen Diapositive, die zuletzt gezeigt wurden. Alles in allem aber überzeugten sich die zahlreichen Besucher der unentgeltlichen Veranstaltung, unter denen sich Fachleute in großer Zghl befanden, daß die Liegnitzer Ausstellung ein großzügig dnrchgeftthrteS Unter nehme» modernster A»östellu»gStech»ik ist. —* Sächsische Erfolge im Rnndsunkban. Die NeichSnind- sunkgesellschast hatte auch in diesem Jahre anläßlich der grvßen deutschen Fnnkausstellung einen Wettbewerb für selbstgebante Empfangsgeräte ausgeschrieben. Von den zahlreichen Be werber» erhielt in Gruppe Ul lRöhrensernempsänger mit höchstens vier Einzelröhreni den 1. Preis Fritz Koch. Dres den. Der Preis ist ein doppelter, je 500 Mark der Reichs» rundfnnkgcsclischast und Sonderpreis ber Reichsrundsunk- gesellschaft. Ferner erhielt, wie schon mitgeteilt. Fritz Koch. Dresden die silberne Heinrich-Hertz-Medaille. Außerdem wurde von sächsischen Bewerbern ein Trostpreis Christoph N e u m a n n - R a d e b e » l zugesprochen. —* Lustpostverkehr. Die Schlnßzeiten für die für den Flug Dresden—Prag—Wien ab 12,30 Dresden bestimmten Luftpostsendungen und Luftpostpakete müssen auS besonderen Gründen 10 Minuten früher als bisher gelegt werden, und zwar bei den Postämtern 2t: 11,15, 1: 11,20, 6: 11,85 und 25: 11,45 Uhr. —* Neuordnung des Ziindholzladcnprciscs. In der gestrigen AussichtöratSsitzung der Deutschen Zttndholz-Ber- kausS-A.-G., Berlin, wurden einige wichtige Beschlüsse ge soßt, die siir die Verkanfspvlitik des Syndikats von wesent licher Bedeutung sind. Vom 15. September ab werden in Deutschland nur noch zwei Zündholzsorten zum Verkauf gelangen. Die erste Marke, die Haushaltszünd hölzer, sollen einen Ladenpreis von nicht über 25 Ps. erhalten. Dem Einzelhandel ist cs überlassen, etwaige Preisabschläge vorzunehmen. Höher als 25 Ps. dürfen iedocli diese Hölzer im Einzelhandel nicht verkauft werden. Die zweite Marke, die Wclthölzermarke, wird ans ausgesuchten Hölzern heracstcilt und ans diesem Grunde etwas teurer als die Haushaltsliölzcr. Eine Preisgrenzc oder ein fester Ladenpreis ist jedoch bei dieser Marke nicht festgesetzt. kIliissIsrl Alberl-Thealer. „Ioscphinc" von Hermann Bahr. Schrecklicher Gedanke, daß Hermann Bahr sein Dra a „Jose pH ine" zu einer Napoleon-Trilogie hat auS - -cii wollen! Also berichten wenigstens uralte Zengen anS cer Zeit, wo „Iojephine" säst wie neu war. Wie der kleine Hermann sich den großen Napoleon vorstellte, daS ist der Inhalt dieses Spiels mil der Weltgeschichte, die ja haupt sächlich dazu da ist, »m späteren Geschlechtern angenehme Theaterabende zu verschlissen. Wenigstens in solch Vahr barischer Bearbeitung. Man sieht ordentlich, wie der „Dich ter" in der allen Wäsche gckram! hat, die Leute wie Masson zusaiiimengckehrt haben, um „Xapol>-o,i intime" zu zeigen, „Napoleon und die Fraue»", „Napoleon zu Hanse" und sonstige Unlerhosenhistvrie» mehr. Es ist Bahr auch gelungen, Napoleon in Unterhosen ans die Bühne zu bringe», wie er sich die Stiesel anzieht, um die Schlacht bei Lvdi zu gewinnen. Aber nein, das ist ihm ja ganz Wurscht: er wartet nur ans den Pariser Kurier, der ihm ein Brieschen von Jvscphine bringen soll. Nun wissen wir allerdings, wie blödsinnig ver- liebt Napoleon in die Witwe Beauharnais' war. die ihn mi! halb Paris betrog. Das hat ihn aber nicht gehindert, Schlachten zu schlagen, Liege zu gewinnen, durch die das Antlitz Europas für eine ganze Weile verändert wurde. Das ging an? die Dauer nicht in Unterhosen und mit völlig verdrehtem Kopf. Aber diese langweiligen Nüchternheiten des Tatsächlichen streicht Bahr einfach auö seiner Welt- geschichic, um Platz sür seine Kammerdienerperspektive für Heldcnschilderung zu gewinnen. Man berichtet auch, daß Napoleon als Konsul bei dem Schauspieler Talma Unterricht in klassischer Haltung und würdigem Auftreten genommen Hube. Flugs macht Hermann eine große Szene daraus, in der Napoleon seine berühmte Standpose bei Talma mühsam erlernt, aber damit Iojephine gar nicht imponieren kann, denn Heiden gibt es nicht vor ihren Frauen. Ein Gelächter dem Spießer ist Bahro Mehlipeis'-Napoleon. Es ist das deswegen so unsagbar läppisch, weil Bahr diese Helden- verzerrnng weder iwic nach ihm Shaws irgendwie als groß zügige Kritik an falschen Idealen, noch auch einfach alS Ulk, Parodie, Operette gemacht hat, sondern offensichtlich da nach gestrebt hat. Weltgeschichte von der heiteren Seite zu zeigen und sich selbst so als lächelnden Weisen mit dem ver stehenden Tiefblick dem Pnbliko zu empfehlen. Nun heißt das Stück allerdings „Ivsephinc", und diese mannbare Dame ist zwar auch historisch, aber an ihr war nicht» zu ver. derben. Maßlos kokett, von Natur treulos, anfangs ohne Verständnis für Bonapartes Grüße. — so hat sie auch Bahr als ein Mnsterstiick Pariser Erotik nach der Revolution hin- gestellt. Und das ist natürlich der Hanptwitz der Sache, die Ursache des grvßen Erfolges, den das Stück, seinerzeit bc- sonders mit Jenny Groß, aus allen Bühnen gehabt hat. In dessen hat es Bahr doch fertiggebracht, auch die unzweideutig kaltherzig erotische Madame noch zu verkitschen Am Schluß nämlich ist seine Ivsephinc in Napoleon über die Maßen ver liebt, während dieser keine Zeit mehr sür Gefühle hat und Madame dienstlich anschnanzt. An seiner eisernen Brust fließen nun Iosephincns Tränchen ab ivie der Regen an einer blechernen Gnßrinne Das ist die historische Gerechtig keit, wie Bahr sie walten läßt. Welche tieferen Absichten dahinter liegen, daß daS neue Alberl-Tlieater »ns als zweite Nummer seines Spielplanes diesen veralteten historischen Schmarren bescherte, ist vor läufig nicht zu ergründen. Wir werden das wohl erst tiefer verstehen, wenn die großen Taten vollbracht sind. Tic Aus führung der „Iosephine" war keine große Tat. Richard Feist hatte als Regisseur geglaubt, Sen Tchlachtenlärm der napoleoniichen Zeit durch möglichst lärmvolleS Spiel sinnig z» verdeutlichen und erwies sich selbst alS glücklichen Besitzer einer sehr lauten Stimme und eines derben Gewalthumors als Korporal Moustache. Vvn dem Gebrüll im zweiten Akt erwachte Napoleon erst anss Stichwort, obwohl er gleich tm Alkrven des Zimmers schlief. Paul Verhornen sah als junger Bonapartc mit den ungekämmten langen Haaren sehr historisch aus, trug die Unterhosen mit Würde und ließ in dämonisch zuckendem Miencnspiel ahnen, welch vulkanische Natur in Vonaparte kochte, als ihm Ivsephinc »och etnhciztc. Verhornen bestrebte sich im Ernst. Vahrs Hieldenversratznng ernst zu nehmen und wahrte auch in gcsährlich komischen Lebenslagen de» Glauben daran, daß er den künftigen Sieger vvn Austerlitz zu vertreten habe. Soviel an lhm lag, war Napoleon ein Genie und ein Herrscher. Nun aber Iosephtnc! Nicht Olga FuchS. sondern Herin ine Körner hieß sie zur Uebcrraschiiiig des Theaters, das erst nach dem ersten Glocken zeichen diese Aenberung erfuhr. Für die leider erkrankte Frau Fuchs war sic „elngcsprnngen" und führte dle Rolle mit der Sicherheit der studierten Schauspielerin durch. Sie hatte gleich gewonnenes Spiel, als sie auf dem Ruhebett ä In Rscamter mit dem plump verliebten Barrav (Johannes Steiners tändelte, ein Spiel voll Ironien und Gelbst- bclusttgung über weibliche Kapricen, wie das nur Hcrmtne Körner so schwebend zu geben vermag. Und dieser ltcbenS- würdige Musterton graziöser Bcrulkung deS erotischen Kitsches in der Babrschen Charakterzcichnnng hallte durch die ganze Darstellung und gab ihr die süße Musik ouSkltngenden Rokokos und bi« Anmut auch bei sehr unanmutigen Dingen. Tie plumpe Szene mit dem Obersten iR a i n e r>, der angeb lich nichts als einen Mantel an hat, dieser schnöde Monnus VannuS, wurde durch die Körner zu einem neckischen Scherz. Und ihre Sentimentalität als verschmähte Koniulssrau ist ohne Ranzigkeit, sonder» rührend ivie Kindcrknmmer. Ucber- lcgencr und verführerischer wird diese Josephine von der Unheilsarmee wohl nicht zu iptelcn sein. In kleineren Rollen traten bemerkenswert hervor Paul Becker als Talma mit der görincrhastcn Huld deS großen Mimen, gut geölt in Sprache und Pose: A n n i Wilke als Ioscphinens Kammerzofe, die mit den Errungenschaften der Revolution siir die Frauen nicht zufrieden ist und darob ulkig schmollt: Elisabeth Huch als Marketenderin, die sich die Derbheit wohl etwas abzwingen mußte und dafür als hochgekvmmene Madame Kartcnschlägerin eine Gemütlichkeit entfaltet, die man sächsisch nennen müßte, wenn's nicht doch französische Provinz war. Warum den Engen Beauharnais eine Dame, Margarete Hop s. spielen mußte, die sich keck bemühte, ein Jüngling zu sein, ist unerfindlich. Gibt's ntilü genug junge Schauspieler mit Hosen, Talent und Beschästi- gnngsdrang? — Man amüsierte sich trotz vieler langwctllger Längen des Spiels über Bahrs mißglückte Operette ohne Musik. P. 2. Kun?t und Wissenkcha?!. -s* Mitteilungen der Sächsischen Staatöthentcr. Opern haus. Sonnabend, 10. September, außer Anrecht, erst« Wiederholung des neuciiistndierten und -inizenicrten „Tann- Hauser" mit Curl Taucher in der Titelpartie. Elija Stünzner (Elisabeth zur» ersten Male in der Nenclnstndic- rnngj, Eugcnie Burkhardt, Ivar Andresen, Paul Scbösslcr. Max Lorenz, Ludwig Erinvld, Hanns Lange, InllnS Pnttlitz. Erna Berger. Im Bacchanale: Hilde Schlleben, Hilde Brumos, Gino Ncppach. Musikalische Leitung: Frttz Busch, Spielleitung: Otto Erhardt. Anfang >17 Uhr. Schauspielhaus: DaS Dresdner Staatliche Schau spielhaus ist ringelnden worden, im Rahmen der festlichen Veranstaltungen, die anläßlich deS 150. Geburtstages Heinrich von Kleists in Frankfurt an der Oder, der GcburtSstadt des Dichters, stattsinden, mit „A m p h i t r n o n" zu gastieren. Da» Werk wird im Dresdner Schauspielhaus am Sonntag, dem 25. September, zum ersten Male gespielt werden. Die Proben unter der Leitung Georg KicscniS sind bereit» im Gange. Sonnabend, 10. September lAnrcchtSreihe U), „Prinz Friedrich von Homburg" von Heinrich von Kleist. Spielleitung: Joses Gielen. Anfang >18 Uhr:
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