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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188204208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820420
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820420
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-04
- Tag1882-04-20
- Monat1882-04
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1882
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Erscheint täglich jrüh 6»/, Uhr. Ur-artion und Erpeditioa Iohaunesgasse 33. APrrchilnudrn der Lr-arlio«: Borunttoq- 10-^12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. »» n» NX«.»« »m«N»nNrr Monulcn,,, „cht X »>« ttir.cu»» ms» vcrtmlüch. >»««tz«e »er skr die «L»fts«l,e,»e Ru««er »efti««t,n J«ier««e «, W«che»tagen »ts S Uvr Rachmitta,«. irnL«nn- u»»Ke,tta«eu Irühb,»'/,« Uhr. 3» den /ilialrn für Ins.-^nnahme: L»t« Klemm, Unwersität-ßniße 21, L»N>< Lösche, Katharinenstraße 18, p. nur dl« st,2 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichtr, Handels- and Geschäftsverkehr. Meß« Auflage 17.40O. Avonnrwentonrn» vienelj. 4'/, Klk., ivcl. Bringrrlod» » Mt., durch die Bo» bezöge» 6 Mt. Jede einzeüic Nummer 25 Ps. Beleg«senixlar 10 Ps. Gebühren »ür Lxirabeilage» «dar PostdeiSrberung 39 Mt. «»« Posldeiörderung 48 Mt. Inserate Sgeipaltene Petitzrile »0 Pf. Grüner« Schrillen laal nnjerrm Orei». verzeichaiß. Dadellanschee Lay aacp höherem Tons. Prkta»ra unter Len Nrdartioa»krich die Svaltzeile 50 BI. Jaserarr sind ßeis au d»r ZipPrölrl«» za ieadcn. — Rabatt wird »ich» gegede». Zahlung pnceuumr-rcenüo oder durch Post» uachnahmr. ^-110. Donnerstag den 20. April 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher^ Theil. Vekauutmachuug. Wir machen hierdurch öffentlich bekannt, 1) daß alle in Leipzig wohnhaften Knaben, welche Ostern 1881 und 1882 an- einer der hiesigen Volksschulen entlassen worden oder von einer höheren Sckule ab- acaangen sind, ohne im letzteren Falle daS 15. Lebens jahr vollendet und die Classe erreicht zu haben, welche diesem Aller nach dem Plane der Sckule entspricht, zu dem Besuche der Fortbildungsschule für Knaben verpflichtet sind; 2) daß die Anmeldung derselben, wenn sie im Bezirk der I. Fortbildungsschule wohnhaft sind, bei Herrn Direktor Püschmann, dafern sie sich aber im Bezirk der ll. Fort bildungsschule aufballrn, bei Herrn Direktor De. Cloerl an den von genannten Herren öffentlich bekannt ge machten Tagen und Stunden zu erfolgen hat; L) daft auch diejenigen Knaben tu genannter Zelt anznmeldeu sind, welche auS irgend einem Grunde von dem Besuche der städti schen Fortbildungsschule entbunden zu sein glauben; 4) daß hier einziehende Knaben, welche Ostern 1880 188l und 1882 aus einer auswärtigen Volksschule ent lassen worden sind, ebenfalls zum Besuch der Fort bildungsschule verpflichtet und sofort, spätestens aber binnen drei Tagen «ach dom Sinzuge bei dem Director der Fortbildungsschule ihres Bezirks cunumelden sind: ») daß Eltern, Lehrt,erren, Dienstherrschaften und Arbeit geber bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 30 --tst die im Falle der Niwlerlegung in Hast umznwankeln ist. die schulpflichtigen Knaben z« dieser An meldung anzuhaltca oder letztere selbst vor« zuuehmen haben. Leipzig, am 13. April 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Lebnert. Ptkanutmachllllg, Die LoosnngSscheine der im Iadre IS82 in Leipzig. Stadt, gemusterten «ilitairpflichtigen Mannschaften sind em- gegangen und liegen auf unserem Quartleramte. Stadthaus, Zimmer Nr. 55. zum Adholen bereit, wa« hiermit zur Kenntniß der Betheiligten gebracht wird. Leipzig, am 15 April 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Bekanntmachung. In Gemäßheit des 8 1 der Inittuetten sllr die Ausführung von Wasscrrohrleitungen und Wasscranlagen in Privalgrund- stücken vom I. Juli 1880 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Hermann Kühn hier. Hauptmannstraße Nr. 4. zur Uebcrnahmc solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nach gewiesen hat. Leipzig, den 13. April 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Schule M Solstis. Di» Anmeldungen »um Vesucbe der FarMiB»GßMGMr «imutt »er Unterzeichnete am SO. April, Vormittags st.NMje eutgetzen. Latze. Dir. Nichtamtlicher Theil. Line Wendung der kirchenpolitischen Frage. Wir erhalten die folgende bemrrkcnSwerthe Zuschrift auS Berlin vom Dienstag: „Merkwürdige Nachrichten kommen au» dem Herrenhause, welche» für die nächsten Tage ans der stillen Weltabgeschiedenheil in den Mittelpunkt der Tages- Politik sich gerückt sehen dürste. Die kircheuvolilische Vorlage begegnet Schwierigleiten in der Herren hau». Commission, wa- sich vielleicht dahin umschreiben läßt, baß Fürst Bismarck das Hau» der preußischen Pair» dazu benutzt, dem Centrum zu zeigen, daß eS mit nichten die Situation beherrsche. Wie beute in Abgeordnetenkreisen verlautete, wird in der Commission der Antrag gestellt werden (und zwar den, Vernehmen nach vom Grasen zur Lippe), die Dauer der TiScretion? Vollmachten von einem Jahre, wie «< tzentrum und Cvnscrvative wollten, aus drei Jahre, bis zum l. April t885, zu verlängern, außerdem aberden Bischos-paragrapien dahin abzuändern, daß die Thatsache der rechtmäßigen Ab- setzung der Bischöfe vor Verdunkelungen bewahrt bleibt: e» soll »,cht heißen, daß durch die Begnadigung der N. N. Biscbo ..seiner Diöcrse" werde, sondern dag er „Bischof seiner früheren Diörese" werde. Dies« Nachrichten haben begreiflicherweise unter den Ultra- montanen und innerhalb der Rechten die größte Bestürzung erregt. Die ersteren wissen sich noch zu rrservire«. die Con- servativrn aber murren laut über die Verlegenheiten, in welche sie durch di« Schach- und Winkelzüge im anderen Hause ver setzt würden. Sie sagen, daß sie dem Centrum gegenüber sich für die Zustimmung der Negierung zum kirchenpolitischen Coxpromiß IN der Fassung, welche dasselbe i« Abgeordneten haus« erkalten, engagirt hätten, daß Herr Wintzt borst »nd seine Gefolgschaft nur aus ihre beschwichtigend« Zusage hin die DiSerrtionS-Bollmachten angenommen, und daß sie selber, die Conscrvativen. wenn da» Gesetz in veränderter Fassung auS dem Herrenhaus« zurückkämr. nickt für die dort beliebten Aenderungen stimmen könnten, ohne sich zu compromittiren. Wenn «» wahr ist, daß die Amentirung»gelüstr in der ersten Kammer aus den Fürsten BiSmarck zurückzuführen find (und wie di« Verhältnisse liegen, ist da« nickt kurzer Hand abzuweisen), dann steht die politisch« Welt vor einem schwer zu entzisserndeu Rathsrl. Dem Centrum die kirchenpolitische Vorlage unannehmbar «ach«, heißt soviel al» e» aufs Äeußerstc erbittern; heißt ferner soviel als die jetzt schon so geringen Aussichten de» Monopols völlig verlieren und ist endlich gleichbedeutend mit dem Verzicht aus jeden noch so kleinen Rest der DiScretionS- Vollmachten, da kein« ander« Partei den von den Ultramon- tancn fallen gelassenen Faden ausnehmen wird. Wenn Fürst BiSmarck die» Alle» will, dann weiß man überhaupt nicht, wa» er eigentlich will: und der Schlüssel zu dieser politischen !hiffreschrist muß In Geduld von einer näheren oder ferneren Zukunst abgewartet werden. Da da» Räthseldeuten aber einmal in der menschlichen Natur liegt, so mag hier der Vollständigkeit halber ein Gerücht erwähnt werden, nach welchem der Kanzler durch seine mögliche Abkehr von den Ultramontancn den National liberalen wiederum die Hand bieten möchte. Wir con- tatircn da« Vorhandensein diese» Erklärungsversuchs, aber wir glauben nicht, daß er einen Schatten von Berech tigung hat. Die beiden Fraktionen der Rechten tragen der neuen Lage bereits insofern Rechnung. al» sie für beute Abend FractionSsitziingcn anberaumt habe», in welchen u der veränderten Lage Stellung genommen werde» eil. Fallt Herr Tiedemann-Mittmann in der frri- cvnservativen Fraktion anwesend sein sollte, würde er ver- mutblich Gelegenheit nehmen, sich Uber die präciscre Fassung des BlschosSparagraphe'i zustimmind anszusprcchen. Er bat vor einigen Tagen erst in einem Briese an eine» politische» Freund in Elberfeld bedauert, daß durch jenen Paragrapbe» so eine Art von NcchkSwikrigkeil in gesetzlichen Fermen statuirt werden solle, indem da» Begnadigungsrecht nicht die Folge baden könne, dem Begnadigten eo ipro seine ab erkannten Aemter wiederzugeben. Diesen Mangel hebt auch der in Aussicht gestellte Antrag de» Grasen zur Lippe nicht, aber eS ist doch wenigsten» vermieden, daß die abgesetztrn Bischöfe noch jetzt als Bischöfe ihrer" Diöcesen gelten könnten." Leipzig 20. April 1882. In der am 17. April unter dem Vorsitze de» Staat-- minister» v. Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung beS BundeSrathS nahm die Versammlung Kenntniß von der Ernennung und dem Ausscheiden mehrerer Bevollmächtigten zun, BunkeSrath. Dem Entwürfe einer Verordnung, be treffend die Verwendung giftiger Farben zur Herstellung von NavrungSmittet», Genußmitteln und Gevrauchsgrgenständen, wurde ln der von den Ausschüssen beantragten Fassung die Znsllmmung ertheilt. Dir Versammlung beschloß sodann, den Entwurf eine« Gesetze-, betreflenv die Fürsorge für die Wittiven ttad Angehörigen dcS NeichSbeercS und der kaiser ticken Marine, sowie niedrere Eingaben von Privaten den zuständigen Ausschüssen zur Borberathung zu überweisen. Au» der Sitzung de» BundeSratbö vem t. April erfährt «an nachträglich, daß der Gesetzentwurf, betreffend dir gerichtliche Verfolgung von Personen dcS Selka tkiistalideS wegen Dieufthaudluugen. mit allen Stimme», außer denen Sachsen» und Württembergs, zur Annahme gelangte. Baden hatte in der Einzclberalyung gegen den tz. 3 des Entwurfs gestimmt, stimmte aber nach Annahme desselben dem Gesetzentwurf« zu. Wie regelmäßig, so schwebt auch jetzt über dem Termin der Rückkehr dcS Kanzler» nach Berlin ein Dunlel. welche» absichtlich unterhalten wirk. Der Meldung, daß Fürst BiSmarck Mitte dieser Woche in Berlin eiütrrfsen werke, steht eine andere Nachricht gegenüber, wonach der Reichskanzler erst in 8 Tagen und zwar nach dem Schluß der Miiilsterconsrrenzrn de» BundeSrathS zu erwarten sei. A» »nd für sich wäre e» von geringem Belang, aus welcher Seite di« Nichtigkeit zu suche» ist. Interessant in indessen die Begründung, welche konservative Kresse dem letzterwähnten Gerücht geben. Hiernach will Fürst BiSmarck erst deshalb so spät zurückkehrr». um jeden, auch noch so entfernten Schein zu Mttden, al» ob seine Anwesenheit und sein persönlicher Einstich das Lolutn dsr Minister der größeren Bundesstaaten zu Gunsten de» Monopol» bestimmt haben könnte. Die „Post" schreibt: „Wir haben bereit- mitgetbeilt, daß Herr Juliu» Eckardt in Hamburg seine Entlassung a>S SenatSfecretaireingereicht hat. weil der russische Generai- censul beim Senat« über ihn Klage geführt und der Senat Herrn Eckardt eincn „Vermerck" ertheilte. Nach neueren uns zugehenden Nachrichten bildet den Grund der russischen Be schwerde hauptsächlich die Veröffentlichung russischer Akten stück« in den bekannten Publicalionen de» Herrn Dr. Eckardt. Die Fügsamkeit des Senats der freien Rcick'Sstatt Ham bürg gegen den russischen Generalconsul sinket durchau- nicht allgemeine Billigung. Während »n- noch die wütben- den Ausfälle eine» russischen Generals gegen Deutschland in den Ohren gellen, findet eine deutsche Bundesregierung ,» angezeigt, einem hervorragenden Beamten eine Rüge zu ertyeilen. nicht, weil er gegen Rußland beyt, sondern weil er einige scharfe, aber wöht richtige Schattenbilder von den inneren Zuständen de» unruhigen Nachbarreiches entwirft. Herr Eckardt wird sicherlich ohne Schmerzen-von Hamburg scheiden. Schon vor Jahr und Tag hatte er sei» Amt nicderlegen wollen, weil er eine srcigewordene Senatorslelle nicht erhielt. Damals lehnte der Senat sein Absasiedsgeluch ab und ersuchte Herrn Eckardt. sein schwieriges und verant wortliches Amt weiter zu führen. Diesmal wird sich der russische Generalconsul freuen, wenn der Senat seinen Seeretair scheiden läßt. Hamburg vertiert an ihm eine ausgezeichnete Kraft. Wie wir hören, sind Herrn Eckardt bereits mehrere glänzende Anerbietungen zuaeganaen. doch scheint er bis jetzt noch keinen entscheidenden Beschluß gefaßt zu haben." In den Wiener RegierunaSkreisen ist nun die Frage in den Vordergrund getreten, welche politische und administra tiv« Reformen in den oceupirten Provinzen nach der Unterdrückung des Aufstande» einzusühren seien. Daß die Ding« und Zustände in jenen Ländern, wie sie bisher be standen. völlig unhaltbar, darüber herrscht in den Regierung», kreisen keinerlei Zweifel, nur über die Art und das Maß der einzusührenden Rescnnen geben die Meinungen neck ausein ander. Da di« ganz eigentnümliche internationale Stellung jener Provinzen hinsichtlich der Resormsrägt der Regierung auch besonder« Rücksichten aus die äußeren politischen Beziehungen auserlegt, so kann selbstverständlich di« besriedigente Lösung der Reformsraa« seiten- deS Ministeriums de« Innern nur im völli gen Einverständnisse mit dem cuiSwärligcn Amte geschehen. Daß in dieser Nichtemsi Vereinbarungen iin Zuge, daraus scheinen die wiederh«lteo Eonsereuzen hinzuwclscn, die im Lause der jüngsten Tage zwischen den Grasen Ta affe und Kalnokn statt, gesunden. Es heißt, daß beide Minister über die Gruntzügc jener Reform sich bereit» geeinigt hätten. Bosnien und ^Herzegowina sollen nämlich autonome Einrichtungen und als politisch-administratives vertretungSorga» eine Skupschtina erhalten. Daß da» deutsche Element Oester reichs durch eine solche abermalige Verstärkung de» SlaviS- mus nur weiter beeinträchtigt und geschädigt werden müßte, liegt aus der Hand. Aber in dem heutigen Oesterreich ist ja vom Deutschlhum wenig die Rede. Ter SlaviSmuS hat es. Dank der slavenfrcundlichen Haltung der Negierung, tatsächlich üöcrtzvlt. In, Club der vereinigten Linken ist eS im Lause der jüngsten Tage zwischen einer ganzen Reihe von Mitgliedern zu heslige» Auseinandersetzungen gekommen, welche in Zukunft die einheilliche Haltung jener Fraktion des Abgeordnetenhauses einigermaßen öezwciscln lassen. Mehrere Mitglieder de» Eluös verlangten abermals eine geharnischte Erklärung gegen die Auslassung ihrer früheren Evtlcgen Baren WaltcrS- kirchcn und Posch, die vor ihren Wählern die Intercsscn- politik »nd schreienden politischen Widersprüche der Vereinigten Linken schonungslos gekennzeichnet haben. Tie Majoriläl dcS ElnöS sprach sich indcß gGc» jede Kundgebung bezüglich der rühcrcil Mitglieder v. Walterskirchen und Polch aus, „weil die der Fraclion „ahestebeuken Journale die ganze Angelegen heit schon ausreichend gewürdigt halten." In Schäßdurg in Siebenbürgen scheint bie unga rische Polizei besonders eifrig nach sogenannten deutschen SckulvereinS-Ausivicgleri» z» sakiiken, die nach der Meinung der Magyaren vo» Deutschland nach Siebenbürgen gesendet werten, »m unter den Sachsen die Agitation gegen die unga rische Regierung zu betreiben. ES ist schon so weit gekommen, daß in Siebenbürgen die ungarischen Behörden in jedem rcmkcn Deutschen eine» Agenten deS deutschen Schnlvcrcins wittern und deshalb nicht Anstand nehmen, friedliche deutsche Reisende polizeilich zu belästigen. In dieser Beziehung meldet inan auö Schaßburg: „Bor einigen Tagen kam spät Abend» ein deutscher HandlungSresscnder hier an und stieg ganz zufällig in eiiirni Gasthose ab. der zumal vcii Sachsen besucht wird. Der Reisende fand im Gastzimmer bald anregende Gesellschaft und nahm als Deutscher keinen Anstank, sich einem „Hoch" auzuschlicßcn, daS dir Tischgesell schaft den» deutschen Reiche ausbrachte. Kaum war daS ge schehe», so stürzte ein Beamter deS Stublrichteramtes in die Gnssstub«. fragte den Reisenden, wer er sei und waS er in Siebenbürgen zu suchen habe. Wiewohl der Bcsragle sich als Ressondtr ciäer Wiener Fabrik legitimirle und auch sei» Paß völlig in Ordnung war. so ward er dennoch verhaslet und in da» unsaubere Gcsäugiiiß de» StuhlrichteramlS cingeiperrt. Erst als am nächsten Tage von Wien im telegraphischen Wege die völlige Unversänglichkeil de» Verhafteten soiigestellt ward, setzte ihn daS Stuhlrichteramt aus freien Fuß. — DaS ist eben ungarische Freiheit!" — Tie in Anlaß de» Skobeless'schen Fall» in Ruß land so entschieden bervorgetretene Deutschland ab geneigte Strömung hat selbstverständlich nicht versohlt, eine vielfache Aelciichtung der für den Fall eines deutsch-russischen Kriege- cinlrcleiikcn Verhältnisse herverznrusen, und es muß daS Resultat dieser meist sachverständigen Bcurlhcilnnge» mit AnSnakmc der Grenzbefestigungen al- ein für Rußland nach allen Beziehungen sehr nngünstigcS erachtet werke». Den drei Schienenwegen Petersburg. Dünaberg, Bialostock. Warschau; Moskau, Smolensk. Brest, Warschau und Kursk-Kiew, Jwangorod, vermillclst deren die russische Armee ihren Ammarsch geaen Deulschland bewirken kann, stehen, — so meldet die „Magdeb. Ztg." — deutscherseits die sechs großen durchgehend» doppelgelcisigen Eisenbahnlinien Hamburg. Stettin, Königsberg,Evktknhncn; Hannover. Berlin, Küstrin, Graudenz. Instoröurg; Köln, Berlin, Frank furt a. d. O.. Thern. Posen; Kassel, Torgau, Kollöns, Glogau, Lissa; Koblenz, Leipzig, Rwsa, Liegnitz. Brcöla»; und Hvj, Dresden, Görlitz. Neiße, Kescl gegen über. Im Fall emeS deutsch-österreichischen Bünd nisse- würden dem aber noch sechs österreichische gegen nur zwei resp. die Bah» Podclicn-Odrssa mit eingerechnet drei russische Bahnen kinzulrelen. Die durch den Mangel von Zwischenbahnen und noch durch eine Menge anderer Um stände der niisischen Mobilmachung sich ciitgegcnstcllendc» Hinkernisse müssen dabei der deutschen Opcrationserössnung »lindesten- einen zwei- bis dreiwöchentlichen Vorsprung sichern. DaS Zahlcnverhällniß der beiderseitigen Streilkräsle stellt sich sür Rußland mit Eröffnung eine- Krieges i» 17 ArmcccorpS aus 10 Iusanlcrie-T«Visionen gegen Deutsch land, okne dessen unmittelbar verfügbaren Reserve-Forma tionen, 37, >l»v bei einem Hinzutrclen Oester,richs noch 3«',. zusammen also 73 Infanleric-Divisione». Mit Cusschlnß seiner nächsten, vcllständig bereiten Ncservesormatienen würde Deutschland allein aber im Stande sein, in den Krieg mit 24 bis 26 ArnieecorpS cinzulretcn. Besonders ungünstig für Rußland würde sich bei einer gemeinsamen deutsch-öster reichischen Acticn noch der Umstand erweisen, daß in Folge der geographi'chen Lage der östlichen österreichische» Länkcr- gebiele die in Pclcn zum Ausmarsch gelangten russischen Strcit- kräste sich von vorn herein von der österreichische» Armee in ihrer linken Flanke vollständig umfaßt sinken würden. Ein günstiger Er- solH eines vcn Rußland gleichzeitig argen Deutschland und Oesterreich unternommenen Kriege» mutz danach nahezu außer- bald der Grenzen der Möglichkeit, oder mindestens doch außer den Grenzen dieser irgend berechtigten Wahrscheinlichkeit liegend erachtet werten. Auch hat sich die Ucbcrreugung b ervon neuerdings i» Rußland bereit- Balm gebrochen So lange Frankreich nickt bei einem Bündniß mit Rußland de» Haupttheil de» Kampfe» libernebmen will, und so lange Deutschland und Oesterreich sich in, Zusammenschluß erhalten, kann danach der Friede i.n Osten wohl al» gewähr- leistet angesehen werden. Dem vorangesührten ungünstigen Sachverhalt bat Rußland jedoch durch seine in Polen von Litthancn bi» Klein-Rußland au»gesül,rten großartigen Be festigungsanlagen »ntgegenzuwirkcii gesucht, »nd die dort gegen eine fremde Invasion gefchassenr FestungSbarri-re muß in der Thal als sehr stark anerkannt werden. Oesterreich gegenüber, das seine Operationen nur aus die neuangclegtcn Fortisicalivncn von PrzemySl und daS kaum genügend besrstigte Krakau stützen könnte, und Deulschland. dessen Lstgrenze sich durch die vier Wafsenplätze ersten Range», König», berg, Thorn, Posen »nd Danzig, wie außerdem neck in zweiter Reihe durch Kofel, Glogau. Küstrin, die alten Be festigungen von Graudenz und Fort Bcven geschützt findet, kessen scklesssck'e Befestigungen aber jekensall» sehr schwach sind, verfügt Rußland in Polen und Südrußland über da» gewaltige FestungSsünseck. al» Newo GevrjewSk (da» frühere Modlin), Jwangorod, Brest LitcwSki, Kowuo und Kiew, von denen namcnttich die letztgenannten vier großen Wafsenplätze als »ach den neuen Besritigungsgrundsätzeil a»S- resp. um- gebaute Festungen ersten Ranges zu erachten sind und denen in der rechten und linken Flanke noch Sicrock, Lenczyko. ZamoSc und Lenzyc vorliegen, vo» denen Sicrock und Zamvsc allerdings alS halb verfallen bezeichnet werden. Außerdem besitzt auch Warschau Befestigungen, welche diese Hauptstadt jedenfalls vor eine», Handstreich und einer leichten Besitz nahme sickern. Neue Befestigungen endlich sollen sic'» noch bei Grorlo und Bjelostok ui der Bauausführung be griffen finden. Die Moskauer KrönungSseier dürste nach t»en letzten Nachrichten doch in der zweiten Häljte LeS AriPisr slattfinven. Eine Petersburger Depesche de» „Galileis" berichtet sogar über ei» vertrauliches Eirculor, welches der Minister de» kaiserlichen Hause-, Fürst Worvnzow-Daschlow. erlassen hat. worin der obige Termin sür die Krö»u»g Alepander'S IN. festgesetzt wird. Aus Befehl deS Zars wer den alle Würdenträger deS Reiches ausgesortert, den Fest lichkeiten in Moskau beizuwohneii, welche vierzehn Tage kauern sollen, während die Feste anläßlich der Krönuiyg dcS vorigen Kaiser» einen vellen Monat in Anspruch genKinmen hatten. Auck die Kosten sind bedeutend reducir.1: bei Alexander II. erforderte die KrönungSseier achtzehn Millionen Rubel, während für diesmal nur zehn Millionen in Anschlag gebracht worden. Wie ein Telegramm de» Petersburger „GokoS" au» Cherson vom 17. b. meldet, sind in den Ortschaften Be- reSnegowatoje und WissunSk im Kreise Cherson am 10. »nd 11. d. M Ausschreitungen gegen die jüdischen Einwoh ner vergekoinmen, doch beschränkten sich dieselben auf daS Einwerscn der Fenster. Plünderungen haben nicht statt- gesunden; aus Grund au-dem ersteren Orte weiter eie,getroffe ner Nachrichten sind aber Maßregel» zur Entsendting von Truppen getroffen worden. Auch m Dubassu sind ain 12. d. Ruhestörungen vorgekommcn, so daß Truppen dorthin ent sandt wurden: ein dortiger jüdischer Bewohner ist an den erlittenen Mißhandlungen qeswrbrii. In Nvwaja Prags er- heb sich am Montag gleichfalls ein Tumult, indem eine zahlreiche Volksmenge damit begann. Schenken, Huden und Häuser, welche den Juden gehörten, zu drmolzren. Zur Wiederherstellung der Ruhe wurden Truppen au» Elisawctgrad beordert. Aus Petersburg meldet noch «in Privattelegramm der „Voss. Z ": „Aue dem Süden Rußlands gelangen aus privatem Wege wahr- Haft eiiilktzcnerregende Nachrichten in dir Residenz. Man spricht von der Verwüstung mehrerer Flecken und Dörfer, in welchen Juden wohin n. Ganze Dörfer sollen niedergebrainil worden sein, nachdem sie von räuberischen Horden geplündert worden sind. Ta- zum Schutze der armen geplünderten und aus- Aergste mißhandel ten Inden her> eicoiiimandirie Mililair.zumeisl Nolaken, komm« immer beinahe so. daß eS w>e Absicht aussieht, verlpäirt an. LS heißt nach einer Version, daß 8000, nach der zweiten, daß bereit- 17,000 jncüi'chc Ltaaisbürger ohne Heimall, »nd Obdach seien. E» solle» diesmal die Mißhandlungen viel zahlreicher sein, alS im vorigen Jahre. Tie plündernde Rolle verlacht jede Drohung gesetzlicher Ahn- düng. „Warum erläßt der Lasser kein Manifest, wenn er nicht will, daß wir die Inden bauen und plündern sollen?" so rusen sie den sie admahncndcn OrlSältesten höhnisch zu. Diese müssen, selbst wenn sie milunrer humaner gesinnt, al- der Mob, mit verschränkten Armen zilschen, um nicht selbst mißhandelt zu werden. So lauter, wie gesagt, die »»indliche Tradition, denn weder Bankier» noch Redaciioncn rrhieltcn sei! 6 Tage» Briese oder Depeschen a»S den beraubte» Gegenden. Es heißt. die Telegramme werden gor mckr registrirt, sondern direct dem Minister des Innern zugcsendet. Die Juden nennen Ignatiess eine egyvtischc Plage, ein «traf« Gottes. Viele sagen da- Passalnest müsse nicht nach der Flucht auS Egypten, sonder» »ach der Flucht auö Rußland geleiert werden. Die Des- peration ist allgemein. Der „GoloS" crsäkrt, daß am 14. April in Dubosiari zwei EScadronen Huiaren interveniren mußten, um die Iudenprügcleirii endlich zum Abschluß zu bringen. In Balta sollen während einer Woche sSrinlichc Schlachten und Belagerungen von Hänscrn slatlgesuiiden haben, bevor sich der Herr Gouverneur entschloß, am Schauplätze der Unruhcn zu er scheinen und am kommenden Tage Million entbieten zu lassen." So weit lautet der telegraphische Bericht des Corrc- sponkcntcn, vcn dem wir in, Interesse der Humanität nur wünschen möchten, daß er sich nicht in allen Piinctcn bestätige. Nach einer der „N. Fr. Pr." au» Philip popel zu- gebenden Meldung spricht sich die öffentliche Meinung in Ost-Numelien mit Entschiedenheit gegen die beabsichtigte Ernennung dcS russischen Obersten Keßjakow znm Ober- Eeinniandaiiteii der ostrumclischcn Miliz an Stelle des Generals Strecker au». Keßjakow, welcher tieien Pesic» schcn einmal bekleidete, hat sich durch sein brüske» Benehmen bei der Miliz sehr unbeliebt gemacht. In allen bulgarischen Städten finden jetzt auf Grund deS neue» VereinSgesctzcS zahlreiche politische Versammlungen statt, die aber zumeist durch NegierungSagenle» zu Gunsten dcS Fürsten Alexander und seiner Politik beeinflußt werten. Ta- wollten die Liberalen Rustscbuks sich nicht gefallen lassen, weshalb eS dort vor einigen Tagen zwischen Liberalen und RegicrungSanbängern zu einer arge» Schlägerei kam. An» Belgrad wird berichtet, daß dort zwei Mitglieder deS Moskauer Slaven-ComilLS. die Herren Andrejewitsch und Ebmirlnikow, ringelrossen seien, die von den Belg rader Panslavisten festlich empfangen wurden. Auch der est genannte russische Oberst a. D. v. Milritscbewitsch, der seil Monaten in Kragujewaz sich aushält, ist zur Begrüßung jener beiden Mitglieder de» Moskauer Slaven-EomitSS in Belgrad angckommen. ES scheint, daß seiten» der serbischen Panslavisten wieder eine neue Kundgebung vorbereitet wird. So lange die Frage, ob sür englische Atheisten ein Noth-Eid bebusS Eintritt- in« Parlament zulässig sei. nicht cndgiltig erledigt ist. wird der bekannte Agitator Brat» laugh sicher sein können sür seine Beschwerden wegen unge rechter Ausschließung auS dem Parlament ein zahlreiche« und theilnabmvolleS Auditorium zu finden und gegen die Regie rung mit gutem Erfolge zu wühlen. Bradlaugh sucht diese Chance in der That besten» zu benützen, denn er kündigte bereit» mehrere Versammlungen an, aus denen er seine Jrrc- miaken zu wirke,holen beabsichtigt. Er tbrilt in den Blättern mit. daß die Nationalliga zur Derlheidigimg der constitn- tionellen Siechte am >0. Mai in London zwei öffentliche Versammlungen abbalten werde, um gegen da» unge setzliche und unconstitutionelle Verfahren der Majorität de»
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