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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188301247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Ausgabe falsch gebunden, enth. ab Image 19 4.Beil. vom 26.01.1833
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-01
- Tag1883-01-24
- Monat1883-01
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1883
- Autor
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Nrörrtion und LrpedMou JohanneSgaffe 33. IPrrchftun-ki» -er Urdarlisn: Lormiltags 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. dt» NX»»»« «tn,»t»»dter M-miIcn»», »acht sich »ii Urd«n>su ,.-»i »rrdmdlich. Irr skr die uichftfolgeu»c N»«««r »rstt«»te« Inserat» an Wochentage« hi» L Uhr Rach«tttan», onGonn-««» Aesttagen früh »t« '/.»Uhr. Ja d a Filialen für Zns.-Ännahme: Htto Kle««, UnivrrsitLtSstrabe 21. Laats Lösche, Kathartiienswabe 18, p. nnr hi» .3 Uhr. LwMcr TaMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage 178SV. Adonnemrnlspreis viertelj. 4'/, MH. incl. Bringerlohn ü Mk., durch die Post bezogen ti Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» lur Extrabeilagen olme Postbesürderung 39 Mk. «tt Posibesörderung 48 Mk. Inserate Sgespaltene Petitzeilr 20 Pf. Größere Echristen laut unierem Preis- verzeichniß. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. lieclamen unter dem Urdartionastrich die Cpallzeile 50 Ps. Inserate sind siel» an die Expedition zn senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praellumeranüo oder durch Post- nachnahme. 24. Mittwoch den 24. Januar 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. dt« Et«führ«n»g einer Mintinaltaxe für die «tkroskoptfche Fleischbeschau betreffend. Aus Anregung der hier bestehenden Fleischbeichauer-Der- einiaung sür Leipzig und Umgegend und in Erwägung, tag die Trichinenschau, wenn sie überhaupt dem Publicum die der 'Natur der Sache nach mögliche Garantie gewähren soll, eine ziemlich mühsame und aufhältliche Arbeit ist. und darum nur kann erwartet werden kann, wenn sie entsprechend entlohnt wird, ordnen wir hierdurch zur weiteren AuSsnbrung der Bestimmungen über die mikroskopische Fleischbeschau in der Stadt Leipzig vom 3. Juni 1879, deren tz- 8 vorschreibt: Für die Untersuchung dcr zu einem Schweine gehörigen Fleischtheile und für die Ausstellung der Bescheinigung »ul» ^ darf nicht mehr alS 1 beansprucht werden, Folgende» an: Für mikroskopische Trichinenschau einschließlich dcr über deren Erfolg auSzustcllenden Bescheinigung sind »iadrste«- die nachfolgenden Gebühren zu erheben: 1) bei Fleischern pro Schwein . . . — »E 50 ^s. -) bei Restaurateuren und Produclen- händlera pro Schwein . . . . — ^k 75 ^s, ») bei Personen, welche nicht gewcrbS« - mäßig Fleisch verkaufen .... i 4) sür Untersuchung von Schinken und sonstigen Fleischtheilen pro Stück . — 50 ^s. Die Ausführung mikroskopischer Fleischbeschau unter diesen Mimmaltaxpreisen wird den verpflichteten Trichinenschauern bei Geldstrafe bi» zu 150 sür jeden einzelnen Ueber- lretungSsall verboten. Leipzig, am 15. Januar 1883. Der Rath der Stadt Letvzig. vr. Georgi. Kretschmer. , vtrmktljnng . »W> Abthetlungea der Flelschhalk« a» -er HoSpitalstrastc. In obengenannter Flcischhalle sollen die miethfreicn Ab- th«tl«age» Nr. 8, 22, S-t, 81 und die für den 24. diese» Monats gekündigte Abtheilang Nr. bk! ander weit gegen einmonatliche Kündigung sofort oder später an die Meistbietenden vermiethet werden und beraumen wir hierzu einen VcrsteigerungStcrmi» a« RathSstelle, RathhauS, 1. Stage, aus Sonnabend, den 27. d. M., Vormittags 11 Nhr an Die BcrmiethungS- und VersteiaerungSbebuigungen liegen ebendaselbst auf dem Vorsaal zur Einsichtnahme aü». Leipzig, den 12. Januar 1883 Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Een cnitti Gewölbe-vermittliung. In der DerkanfShalle, PeterSsteinweg Rr. 11 /Grüne Linde), soll die z. Z. an Herrn Griinbanm vcr- iniethrte 2. (vom Königsplatz aus gerechnet) Abtheilung nebst dazu gehöriger Niederlage im Hofe vom 1. Juli d. I. an aus drei Jahre Donnerstag, den I. Februar d. I., Vormittags 11 Uhr, im Saale der Alten Waage, Katharinensiraße Nr. 29, 2 Etage, an den Meistbietenden anderweit vermte- thet werden. Die Versteigerung-- und BcrmiethiingSbedingungcn nebst Jnventarium der zu vermiethcndcn Lokalitäten liegen aus dem RathbauSsaal. 1. Etage, zur Einsichtnahme aus. Leipzig» den 20. Januar !883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Lönigl. SSchs. Standesamt. Degeu Reinigung der Localitäten werden die Expeditionen Mittwoch, den 24. und Donnerstag, den SS. dieses Monat- Mittag» 12 Uhr geschlossen. Leipzig, den 22. Januar 1883. Der Standesbeamte. Director Juliu» Burckhardt. Sesentliche Aufforderung. Wie durch die diesseitige, unter dem 19. December 1882 erlassene öffentliche Aufforderung bereit» bekannt gemacht worden ist, ist am 1l. October 1882 durch einen Unbekannten ein von der Firma Richter ia New-York ausgestellter Check über 200 >1 in dem SpeditionSgeschäsl von Johann Christian Frey,gang hier, Nicola» s!ratze Nr. 10, parterre, zur Zahlung präsenlirt worden. Der lieber, bring» de» Papier-, welcher beim Porzeigen desselben angegeben IxMe, » sei von der Lderbardtstraße ans abgeschickt worden, hat in dem Freygang'schen Geschäfte den Bescheid erhalten, daß aus dem Cbeck dcr OuittungSvermerk der zur Empfangnahme de- Betrag» berechtigten Person fehle und daß man aus Vielem Grunde Zahlung vorläufig verweigern müsse, woraus er sich unter Mitnahme des ihm zurückgegebenen Papier» entfernt hat. Die früher erlassene Bekannt machung war nach dem damaligen Stande dcr Erörterungen von der Annahme au-gegangen, daß der Ueberbringer de« Checks einer hiesigen Dienstmann-vercinigung angehört habe, und batte man dem gemäß die Aufforderung, sich zum Zwecke zeugrnschalllichcr Befragung zu melden, an den betreffenden unbekannten Dienstmann gerichtet. Die die Sache jedoch jetzt liegt, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der Unbekannte, ein Mann in den vierziger Jahren, von kleiner Ttatur, mit dunklem Schnnrr- und Backenbart versehen und mit blauer Blouse bekleidet, ein gewöhnlicher Arbcitsmann gewesen ist. Dies» Unbekannte, dem offenbar nicht da- geringste strafbare Bcr- lchulden zur Last fällt, wird anderweit aufgesordrrt, sich bei der Unterzeichneten Behörde zu melden, vm Auskunft in der Sache zu rrtheilen, nnd wird ihm für den Fall, daß hierdurch die Ermittelung sei«» damaligen Auftraggeber« gelingt, von Seiten de» verletzten Gewährung ein» Summe von KRnf on» Mnrk als Eutschädigung für di« gehabte Berläumuiß zugestchert. I» klebrigen wird Jeder, der irgendwie Kenutniß in der Sache do«, gebeten, sich bet dem ualerzcichnetcu Staatsanwalte zu kurzer vesraguug einzufinden. «iptzig, de» 22. Januar 1883. Die Sö«t,ltche Stoatsonwaltschaft »«selbst. Meißner. Vrelinljolr-Auclion. DonaerStag, den 25. Januar d. IS., sollen von Vormittags 9 Uhr an im Forstreviere bonnetvitz aus dem Mittwelwaldscblage in Abkb. 32 ca. 180'Haufen starker Abraum und 75 - Scblagreifiiq unter den öffentlich im Termine auSgebangenen Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an Ort und Stelle uieist- bietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlage in der bonue- WiAer Linie. Leipzig, am 15. Januar 1883. DeS RathS Forst-Deputatton Jagd-Verpachtung. Die Jagdnutzung dcr Grmeinde Weltewitz, ca. 1700 Morgen, 5 Minuten von der Bahnstation Jesewitz gelegen, soll Dienstag, den 6. Kebruar o., Nachmittag» S Uhr, im Gasthose zu Jesewitz aus 6 hintereinander folgende Jahre ver pachtet werden. Weltewitz, den 23. Januar 1883. Die vrtSbrhörde. vrtnnholMrkaufs-vrkanntmachung. Am Montag, de» 29. Januar 1883 steht Vormittags 19 Uhr »n Gasthof zum Waldbaus bei Dahiikos Koblsnrt Dermin an zum öffentlichen, meistbietenden, part-euweiien Perkaufe von ca. «999 Riutr». Scheitholz, klirfer, auS den Revieren der städtischen Oberförster» kohlsurt. Käufer werden zu diesen« Termine mit dem Bemerken ringelnden, daß die Holz» in 3—6 Kilometer Entfernung von den Stationen Kohlsurt, Neuhammcr und Rauschs der Nicderschlesisch - Märkischru Eisenbahn stehen. Anfrage» bezüglich der BerkaufSbedingungen, Waldtaxen und Ansubrverhältnisse an die Stationen der Eisenbahn werben durch da- Bureau des Unterzeichnete» beantwortet werden. Kohlsurt, den 17. Januar 1883. Der LbrrsSrfter. gez. Taeger. Nichtamtlicher Theil. vatikanische Diplomatie. E» ist sür den ausmcrksamcii Politiker gewiß sehr lehr reich und interessant, den Umschwung zn beobachten, der sich im Balican bezüglich deS Gange» der Tinge möglichst geräuschlos vollzogen hat. Man stört unter dem gegen wärtigen Papste wenig von Encykliken, Breven und Bann flüchen. aber vesto thäligcr ist die vaticanische Diplomatie, um VaS Papstthum den weltliche» Herrschern wieder naher zu bringen und mit gewisse» Mächten eine Versöstnung zu erzielen. Wenn man in der Geschichte deS Papsiköums nach- schlägt, so wird man gewiß nicht Leo Xlll. mit Sixlns IV., JuliuS II. oder PiuS IX. vergleichen können, welche in istrem Starrsinne Dinge gewollt, die. nach Lage der Vcrstälknisse. von vorne herein nicht zu erreichen waren Ter gegenwärtige Papst zahlt aber z« jenen kingen Verwaltern des Patrimo nium» Petri, die sich nicht gescheut, ihren Zeitgenosse» als schwach und nachgiebig z» erscheinen, wenn jene »nr das Ansehen der Kirche nnd ihrer Hierarchie erhöhen und ver mehren konnten. ES ist gewiß höchst bcmcrkenSwerth, das; dcr gegenwärtige Papst mit dem „schisinalischcn" Zaren sich nicht allein m Verhandlungen eingelassen, sondern sogar mit ihm eine Ver einbarung abgeschlossen hat, welche manche Nachgiebigkeiten crsorkerle, zu denen sich die früheren Päpste nie »nv nimmer entschlossen hätten. Selbst mit kein deutschen Reiche sind be kanntlich Verhandlungen eingcleilel worden, wiewohl man im Balican vorher wissen »nißlo, daß man dort, falls letztere zu einem Ergebnis; sichren solle», gewisse Opfer zu bringen habe, welche da- Papstlstum zur Zeit seiner absoluten Macht nicht einmal in Erwägung gezogen hätte. Mit einem Worte, man scheint im Valican sich endlich überzeugt zu haben, daß daS rauhe Poltern, Drehen und die Bannflüche gegen die „Ketzer" und „ketzerischen" Staaten ein sür allemal vorüber seien. Leo Xlll. verfolgt augenscheinlich die Absicht, sich mit Dem be gnügen zu wollen, waS »eben zu erlangen vermag. Es dünkt ihm vortyeilhaster, der Kirche mindeste»- einen Tbei! ihres »n Laufe der Zeit verlustig gegangenen Einflusses zurückzugewinncn, atS mit unkluger Hartnäckigkeit sctbst den Rest der päpstlichen Machtstellung zu verscherzen. Wenn Papst Leo jüngst an den deutschen Kaiser ein eigenhändige« Schreiben gerichtet, so hat er damit bewiesen, daß daS hoffnungslose ^Xon passumus" nicht seine Handlungen leitet, ein Wahlspruch. der bekanntlich die Politik seines Vorgänger- zu einer völlig negative» und unfruchtbaren gemacht hat. Daraus entsprang auch in ganz logischer Weise da- berühmte Schreiben, welche- Kaiser Wilhelm 1873 an PiuS lX. gerichtet hat. Etwa ein Jahrhundert ist verstricken, seit Cardinal Ganganclli den päpstlichen Thron bestiegen. Auch damals hatte die römische Kirche niit vielen Gegnern zu kämpfen. In Portugal trat dcr mulbige Pombat gegen die An- maßiingcn Rom- auf und auch andere Staaten schickten sich an. dem Vorgehen Portugals sich anzuschlicßc». Auch Ganganclli schlug in diesem Kampfe mehr den diplomatischen Weg ein, um nicht die Kirche zn Gunsten ver schon damals verhaßten Jesuiten ihres Einflusses zn berauben. Vergeblich waren alle Verhandlungen des Papste» niit dem Jesuiten orden. Sein damaliger General, Ricci, sprach zum Papste die herausfordernden Worte: „Er (ver Orvcn) bleibe wie er ist oder er verschwinde!" Dcr Papst hatte aber den Mutb, die Aushebung vcS Jesuiten-OrkeuS zu verfügen. Heute ist e» kein Gehcimniß mehr, daß jener Verfügung ein Brief wechsel «it dem König von Spanien voranging, auS dem zu entiikbinen ist, daß Ganganclli Kirche unv Papslthum durch die Jesuiten bedroht erachtete. Auch heute steht Leo XIII. vor dcr Wahl, entweder die Beziehungen de» Heiligen SlulileS zu den welllichc» Mächle» zu Gunsten dcr Katholiken zu verbessern oder das Papslkbum ganz und gar de» Jesuiten zu überliefern. Man hat inveß bisher keinerlei Veranlassung zu vcrmuthe», daß Leo XIII. die Interessen der Kirche denen der Jesuiten zu cvscrn gedenkt. So oft auch die Unterhandlungen zwischen kein Vatican unv der deutschen Negierung unterbrochen wurde», Leo nahm sie stets wieder ans, ja gegenwärtig ist er aus dem Wege diplomatischer Nachgiebigkeit bereit- so weit gekommen, daß er in brieflichem Verkehre mit Kaiser Wilhelm die letzten Schwierigkeiten zu beseitigen hofft. Ter Papst, man muß cS anerkennen, hat den Au-gleick »iemalS an» den Augen verloren. Er wirkte dafür durch diplomatische llnlerhankluiigen seiner Nuntien in München und Wien, ferner vurch seine ponlisicalcii Ertaste gegen die den weltliche» Herrschern so gefährlich gewordenen Sccialisten und Anarchisten. Dazu kam schließlich da- berühmte ^Tolerari passe", womit sich Leo XIII. unter gewissem Vorbcliall der in den deutschen Maigesetzcn geforderten Anzeigcpstickt bei Anstellung dcr Geistlichen allzuschließen beabsichtigte. Aller dingS hat der Papst, von den Jesuiten Kart bedrängt, jene« »lölonu-i passe" nachträglich wieder »urückgenommen, allein er ließ dennoch feine AuSgleichSpolitik nicht au- den Augen und nun scheint er dem Ziele derselben näher denn je zu sein. Daß die Anzeigepflickt nur ein Losungswort lst, hinter dem sich andere Zwecke verbergen, ist schon wiederholt hcr- voraehoben worden. Die abgesetztcn deutschen Bischöfe, welche in Rom ein bequeme» Asyl gesunden, müssen an jenem LosunaS- werte sesthaltcn, um sich ihre Rückkehr nach ihren Diöccse» nicht abzuschneiden, aber die CentrumSpartei in Berlin ist nicht in geringer A«>gst. daß da» „7'olor»ri passe" deS Papste- dennoch zur Wahrheit werden könnte. Eine große Partei, die viele Jahre hindurch Einfluß und Macht geübt, tritt nicht gerne vom politischen Schauplatze ab. unv dennoch müßte sich dazu daS Eentrun, entschließen, falls einmal der Ausgleich zwischen Berlin und Rom zur Thatsache geworden. Mit der bloßen particlllaristischen und reactionairen Spiegelfech terei, welche ein Anhängsel de- CentruinproaranlmcS ist, würde die Partei bald aus dem letzten Loche pfeifen. Ist aber ver Bortheil deS PapstthumS damit erschöpft, daß seine Partei- gäiiger wclsischen und polnischen Absichten dienen? Keines wegs. DaS Papstthum hat über die Polen hinweg sich mit Rußland verständigt und der Welsen bedarf e- gar nickt. Wenn Leo Xlll. den Muth besitzt, trotz dcr Jesuiten und EentrumSpartei den deutschen Maigesctzen nur in so weit Widerstand zu leisten, als dieselben die innere Autonomie dcr Kirche berühren, so stärkt er daS Papstthum mehr, al» e» alle Jiitriguenkünste der Jesuiten vermöge», die überdies noch immer als gefährliche Gegner des römischen PontisicatS sich erwiesen haben. Dcr alte Kampf zwischen Staat nnd Kirche wiirde aber geworden. Aber er braucht nicht fortwährend staatlich und kirchlich störend zu wirken unv Aufregung oder gar Erbitterung zu veranlassen. Vou dem ganze» Kampfe haben bisher nur vie Jesuiten und die deutschen Particularistcn einen zweifel hafte» Vortheil gezogen. Der Ausgleich würde aber nur de» dculscken Katholiken von wirklichen, Vortheil sein, ja auch dem Papstlbiime selbst, weil eS von dem Einfluffc teS Jesuiten orvcnS thalsächlich befreit würde. Leipzig, 24. Januar 1883. * Zur parlamentarischen Lage wird u»S auS Berlin vom Montag geschrieben: „I», Reichstage wurde heute die EtatSberathung fortgesetzt. Ans dcr Tagesordnung stand dcr Etat deS Heeres und der Marine, soweit er nickt dcr Budget- comi»ijs>oii überwiesen ist. Doch nicht einmal dcr rrslere wurde erledigt. Dcr erste Rcvner war dcr württcmbcrgische Abg. Schott, ein Demokrat, wie rr sich im ParlamciilS- almanach bezeichnet, oder Mitglied dcr Volk-Partei, wie sich vie Herren ossiciell nennen. Der geehrte Herr hatte zahl reiche Bcschwcrvcn gegen unsere Armcevcrivallung zu erhebe», welche inveß so sehr viircheiiiankergcworsc» wiirven, das; sie keinen reckten Eindruck bcrvorbrachlen, obwohl ein Tbcil derselben, nach der Ansicht dcr Mehrheit deö Hauses, burchaus nicht »»begründet ist. Daß in unserem Heere vie adligen Osficicre bevorzugt werden, bestritt der KriegSmimstcr vonKameke; daß die Anzahl der adeligen Ossicierc zumal in den höheren Stellen vom Major auswärts und in den Gardcregimentern bcvcutcnd überwiege, glaubte dcr Minister durch die Entstehung und historische Entwickelung unseres Ossiciercorp« erkläre» zu solle». Auch die Duellsrage wurde von Herrn Schütt und später von dem Socialvcmokratcn Herrn v. Vollmar berührt, ohne inveß eine Erwiderung vom Tische de- BunVcSrathS hervor- rurusen. Im Ganzen war cS nur ein Kampf der äußersten Linken mit der äußersten Rechten, and nur hin unv wieder nahmen auch die Herren Windthorst und v. Schorleiner Alst daS Wort, beide, um die Wichtigkeit de« CentrumS, aber auch in demonstrativer Weise ihre Loyalität zu bezeugen. Einen großen Raum nahm in der Debatte die Frage der Mißhandlung von Rekruten durch die lliiterofficiere ein, und in diesem Punctc stimmten die An schaumigen dcr Herren Winbthorst, Richter, Schott und v. Vollmar durchaus überein. Freilich glauben wir nicht, baß die heutigen Anregungen irgend einen praktischen Erfolg haben werde». Nächstvem war eine mehr technische Frage, ob die „schwere CavaUcric" uud besonders die Kürassiere noch daS Geld wcrlh seien, welches sic kosten. Tie Abgg. Möller und EugenNicht er bestritten dies in jeder Hinsicht u»o vertraten, angeblich gestützt aus hohe militairischc Autoritäten, die Ansicht, daß die schwer bepanzerten Reiter nicht allein in starker Rüstung keine» Schutz sänöcn gegenüber unfern beute hocheiitivlckeltcii Feuerwaffen, sondern sogar wegen der Schwer fälligkeit der Bewegung, welche ihnen naturgemäß anscrtegt sei, weit mehr der Todesgefahr im offenen Felde auSgesctzl seien als leichtere Truppen. Allerdings schien die hohe Summe von über 5 Mill. Mark, welche zur Beschaffung neuer Panzer in den Etat gestellt sind, ganz besonders dazu bcrauSzusordcrn, wenn man Ersparnisse machen will, hier Hand anzulegcn. Doch müssen wir zugcbc», daß die Erörterung dcr rein technische» Frage» schwerlich im Plenum angczeigt erscheint, und ist eü vielleicht ein Fehler gewesen. diese Posilion nicht auch der Buvgctcommissio» zu überneilcn, wo über diese Frage sich, wie wir glauben, leicht hätte Belehrung bezw. Klarstellung erzielen lassen. Heule führte die Debatte nur einen unbehaglichen Austritt zwischen Herrn Richter und dem Kricgsmiilistcr herbei, und wir glauben, daß dcr Letztere den Erster«» mißverstanden hat. Sicherlich thut jeder Ein zelne unserer Soldaten in jeder Truppe an seinem Platze a»ch seine volle Schuldigkeit, und eS war Herrn Richter nickt eingefallen, die Soldaten von den GardeS du Corps irgend wie persönlich anzugrcisen oder einen Zw«sel an ihrer Tapferkeit z» hegen, wenn er auch die Einrichtiiiig als eine „unnütze und kostspielige Paradctrukvc" bezeichn,!?.' Herr v. Rainck aber wie- diesen „Angriff" unter dem dröhnenden Beifall dcr Rechten mit gehobener Stimme energisch zurück. Und noch eine andere Frage kam heute ausS Tapet: die Militairwerk- statten. Indem verschiedene Redner die Concurrenz. weiche den Handwerkern auS dem Eivilstande, insbesondere den Schneidern und Schuhmachern, durch die MiMairwerkslätten erwachse, lebhaft beklagten, gingen sie sogar so weit, die Ab- chaffung dieser Einrichtung sür uölhizcr zu erklären als alle Bestrebungen, die von Seiten dcr Zünftler zur Wiederein führung der Innungen gemacht würden. ES wurde hier ein Antrag deS Abgeordneten Richter angenommen, wonach in dcr Commission die gewünschten Zablcnnachweiso über die in Militairwerksiätten beschäftigten Handwerker, sowie über die von denselben alljährlich anzusertigrnden KleidungSgegen- tände und die darau» resullircnden Ersparnisse vorgclegt werden sollen. Am Schluß der heutigen Sitzung wurde vom Abg. Schulze-Detitzsch eine Interpellation wegen der Verord nung bebusS Ausführung der Bestimmungen der internationalen „ReblauScoiivention" angenielvet. Dieselbe sollte noch für morgen aus die Tagesordnung gesetzt werken, die» ist jedoch aus Wunsch des Interpellanten geblieben. Der Gegenstand ist bekanntlich bereits vor einigen Tagen bei Gelegenheit der ElatSberathung im Reichstage durch den Abg. Vr. Buhl angeregt worden, und erklärte damals Geh. Rath Weymann, daß die Bestimmungen in kürzester Frist publicir» werden würden. Man sicht nicht recht ein, waS diese Interpellation sür einen besonderen Zweck hat, wenn man nicht annchmen will, daß die Fortschrittspartei daS Bedürfniß hat, jetzt ganz besonder- rübriq sich zu zeigen und dabei, hier merkt man daS Wirken de- Herrn Eugen Richter im Reichstage, möglichst eine vorherige Verständigung mit den anderen liberalen Kractionen zu umgrhen. DaS Niederlegen deS Amtes al- Vicepräsident in der Commission zur Vorberathung der Verwaltungsgesetze im preußischen Abgeordnetenhause, wozu der Abg. vr. Häncl durch die Rücksichtslosigkeit deS Abg. v. Rauchbaupl fast gezwungen worden »st, wird in der „Kreuzzeitung" als. „ganz unervört rücksichtslos" bezeichnet. DaS Organ der Conservaliven ist der Meinung, daß Abg. Hänel mit seiner Auffassung isolirt dastehen würde. Wenn man auch, und mit Recht, dem Abg. Engen Richter nicht selten RücksichtS- !vsigkcit zum Vorwurf zu machen Ursache hat. vom Abg. Hänel wird man daß keineswegs behaupten dürfen; aber dre Art de- Vorgehen- de- Herrn v. Rauchhaopt dürste in den Augen jede» Unbefangenen diese Bezeichnung verdienen. Jedenfalls zeigen solche Vorgänge» welche sich in der letzten Zeit wiederholt haben, daß die Parteien sich immer schrofsc« qegcnübersiehen, und zur Förderung der parlamentarischen Ärbcitcn kann ein solches Verhältnis unmöglich beitragen. Wennschon an diese Session nur geringe Hcfsnungen von vornherein geknüpft wurden, so dürsten diese nunmehr noch um ein Bedeutendes herabgesetzt werden. Der Antrag des Abg. LingenS, für die Post- und Telegraphenbcamten eine größere Sonntagsruhe einzusühren, ist von diesem ultramonlanen Rechtsanwalt seil incbreren Jabrcn in jeder ReichStagSsession, zwar nicht al» Antrag, aber doch al» Wunsch vorgelragen worden. Im vorigen Jahre batte ihm auch Herr Stöcker Beistand ge leistet. Die Tüchtigkeit unserer Postverwaltung ist im Jn- »nd AuSIandc in gieicbcr Weise anerkannt, ebenso auch die Liebenswürdigkeit deS StaatSsccretairS Stephan, allen berech tigten Wünschen nickt nur entgegen, sondern so viel wie möglich zuvorzukommrn. Auch in früheren Jahren ist durch den Commissari»» deS BunkeSratbeS, Geh. Rath Fischer, darauf hingcwicsen worden, daß die Erfüllung dieser Wünsche nur möglich wäre, wenn die BerkchrSinter- esse.l geschädigt werden würden. Unv so ist denn selbstver ständlich an eine Berücksichlignng deS Antrages auch nicht zu denken. Wir können eben nur annchni ii. daß cS dem Cen tn»», welches von der UnauSsührbarkcit dieser Forderung ebenfalls überzeugt ist. gleichwie den Herren vom Fortschritt nur darum zu thun ist, Lärm zu machen. * Unter dem Vorsitze deS königl. preußischen Staat»- und FinanzministcrS Scholz wurde am 20. Januar eine Plenar sitzung deS BundeSralbS abgehaltc». Die Versamm lung nahm Kenntnis; von dem Beschlüsse deS RcichslagS in Betreff der Liquidationen über gemeinsame Koüen des Kriege» gegen Frankreich und überwies den Beschluß de« Reichstage» wegen de» Erlasses von Vorschriften nach tz. ISO Absatz 3 dcr Gewerbeordnung dem Herrn NcickSkanzler. Den zustän digen Ausschüssen wurden zur Vorberalbung überwiesen: Dcr Beschluß deS Reichstags wegen Vorlegung deS AcienmakcrialS über die Verhaftung de» Abgeordneten Tietz (Hamburg) i» Stuttgart, die Vorlage betreffend Abänderung de» H 15 Absatz 1 deS BetriebSreglementS sür die Eisenbahnen Teulsch- lanbS durch andcrweite Norinirung der LieserungSzeile» bei BiebtranSportcn, der Enlwurs einer Verordnung, bclressenv Vie Cantionen dcr Beamten und Unterbramlcii der RcickS- post- und Tclgraphcnverwaltung unv der RcichSdruckerei, und Ver Entwurf eines Gesetze» sür Elsaß-Lothringen, betreffend die Jagdpolizei. Dem Entwürfe eine- Gesetze-. betreffend die Controle deS ReichShauöbaltS unv de» LandcShauShaltS von Elsaß-Lotkrmgcn sür da» EtatSjahr 1882.83, crlheilte die Versammlung ihre Zustimmung. Auch war dieselbe mit dcr Vorlegung der Uebcreinkunst zwischen vem Reich und Oesterreich-Ungarn wegen gegenseitiger Zulassung der in der Nähe der Grenze wohnhaften Medicinalpcrsoneir zur Ausübung der Praxi» an de» Reichstag einverstanden. Den AuSschußanträgen wegen Abänderung de» Regulativ», betreffend die Steuerfreiheit deS Branntwein» zu gewerblichen Zwecken, vom 23. December 1879. ertheiltr die Versammlung ihre Zustimmung und erklärte in Folge dieses Beschlusses eine aus die Denaturirung von Branntwein zur Esstqsabri- kation bezügliche Privateingabe für erledigt. Dem Anträge Baden», betreffend die Erthcilung von Freipässen sür Muster- waaren. wurde Folge gegeben. Nachdem sür die Beralhungen im Reichstage mehrere Commiffaricn gewählt worden waren, faßte die Versammlung schließlich Beschluß über die ge- sckäslliche Behandlung zahlreich eingegangener Eingaben von Privaten. * Die Annahme, daß der Reichstag sich abermal« sür einige Wecken vertagen wird, damit dem Abgcvrdnctenhause Zeit zur Erledigung seiner dringenden Arbeiten verbleibe, erscheint nach den an maßgebender Stelle herrschenden An sichten als nicht zutreffend. Es wird nach ossiciöser Ver sicherung im Gegentheil angenommen, daß der Reichstag in
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