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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188205027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-05
- Tag1882-05-02
- Monat1882-05
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1882
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l. ts r» let. ud «k. n» « m I. »er IkNhÜt«. I.), ckt e, dem «» de» -E» Ül 8vd, »e« e»ßr«ße S. lelev c. 3. M. schnitt. erSlhig, fiellung «tyaer L L? so . r.L ^ irr. «ch «Mg, M aipM ,»« AnMll. Dien-tag den 2. Mai 188« ssin Wilhelm von Württem- Prinzessin Wilhelm von Württemberg s. Der Telegraph übermittclt^die Trauerkunde^ von dem HinschriLen der Prinze" »erg, der Gema ' Geil Woeben und Spannung wegen ..o-.-,... Familie erwartet wurde. Man hoffte ans einen Thronerben. Am letzten Sonnabend kam nun au« Ludwigsbürg di« Trauerkunde, welche all« die gehegten Hoffnungen nirderichlug. Die Prinzessin Wilhelm war von einem todten Mädchen ent bunden worden. Heute schließt sich eine noch viel traurigere Meldung daran an. Die junge Mutter kann nunmehr neben ihr todte- Kind gebettet werden. Am Sonntag früh VV, Uhr ist die erst 25 Jahre alte Gemahlin de» Prinzen Wilhelm an den Folgen der Entbindung verstorben. Die Prinzessin ist am 23 Mai 1857 al» Tochter de» regierenden Fürsten von Waldeck geboren. Sie war eine Schivester der Prinzessin Helene, welch« am Donnerstag ihre Vermählung mit dem Prinzen Leopold von Groß britannien gefeiert hat. uud hinterläxt ein« Tochter, die i« Jahre 1877 geborene Prinzessin Pa ul ine. Der König von Württemberg, welcher zur Zeit in Rom verweilte, kehrte, wie ein Telegramm meldet, unter Ausgabe weiterer Reise- projecte sofort nach Stuttgart zurück. Die Gcwerbeordliungs-tlovelte. Die dem Reichstage zugegangene Novelle zur Gewerbe ordnung enthält eine so große Reibe von reactionairen Maß nahmen. daß man über die Kühnheit diese» Entwürfe« staunen muß. Am harmlosesten scheint noch die Bestimmung, daß der Betrieb de» Husbcschlaggewerbes fortan von dein Nachweis der Befähigung abhängig sein soll. Tie Motive freilich er gaben reichliches Material aus außerprenßischen Staaten Deutschlands, um die heutigen Zustände nicht gerade erfreu- lich erscheinen zu lassen. Allein man stelle sich nur einmal die ländlichen Distrikte vor, in denen der Bauer nickt selten seine Pferde selber beschlagen muß, weil bi« zur nächsten Schmiede ein zu weiter Weg ist und man denke ferner daran, daß nach Einführung einer solchen Bestimmung die große Mehrzahl aller Schmiede, welche nun doch einmal uach den Motiven de« Gesetzentwürfe» nicht« taugen sollen, ihren HaupterwerbSzwcig verlieren würden. Ist diese Umwälzung t» der Thal geboten? Ist sie auch nur mit dem vorhandenen Material durchführbar? Wir bemerken übrigens, daß selbst für dies« Bestimmung wieder vorwiegend militairische Rück sichten maßgebend gewesen sind, denn die Begründung de» Gesetzcntwurses besagt ausdrücklich, daß di« Rücksicht auf dir Erhaltung eine« kriezSbrauchbaren PserdebcstaudeS durchaus die Rücksichtnahme auf die unumschränkte Freiheit der Huf, schmiede übcrwieae. Sehr bedenklich werden ferner die Bestimmungen über Musikaufsührungrn und Schaustellungen, bei denen ein höhere« Interesse der Kunst nicht obwaltet, erscheinen wüsten Solche Unternehmungen sollen wieder allgemein von der polizeilichen Erlaubnis abhängig gemacht werden, weil nur dadurch und nickt durch die polizeiliche Uebcrwackung der öffentlichen Sicherheit, Sittlichkeit und Ordnung Rechnung aetragen werden könne. Hier kommt dem Verfasser der Motive da« unliebsame Wort .Tingeltangel" wieder sehr rlegen, und mit diesem Worte wird ein ganze« Gewerbe denn welcher Gastwirth veranstaltet nicht gelegentlich eine Nusikaussührung?) der Willkür der Polizei prriSgrgeben. Di« Erlaubnis soll dann versagt werden, wenn gegen die Nachsuchenken Thatsachcn vorliegcn, welch« die An nahme rccklfertigen, daß die beabsichtigten Veranstaltungen den Gesetzen oder den guten Sitten ruwiderlausen werden, oder wenn da« zum Betriebe de« Gewerbe» bc stimmte Local wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt. Eine geschickte Polizei kann au» diesen Bestimmungen Alle» machen, was ihr beliebt. Sie hat zunächst da» Dcrdict zu fällen, ob de einem kloncert oder einem Theater überhaupt ein höhere» Interesse der Kunst oder Wissenschaft obwaltet. Dann setzt sie sich aus der» ethischen Richterfluhl und entscheidet, ob dies« Ausführung auch den guten Sitten nicht zuwiderlausen werde, ausschließlich hat sie noch ganz nach freiem Belieben ihre Am svrderungen an Beschaffenheit und Lage de» LocalS zu stellen Nichtsdestoweniger behauptet der Verfasser der Motive, daß der Gewerbetreibende dem unbeschränkten Ermessen der Polizei behörde entrückt sei. Dazu kommt, daß gegen da« Verbot der Polizeibehörde zwar die Beschwerde an die Vorgesetzte Behörde, nicht aber der RccurS an weitere Instanzen gestattet ist. In de» meisten Fällen wird der Gewerbetreibende sich genöth sehen, schon aus die Beschwerde zu verzichten, da die Ent scheidung ohnehin zu spät käme und im Ablehnungsfälle obrnein Kosten verursachte. Thatsächlich proclamirt also der Entwurf die unbeschränkt« -Herrschaft der Polizei Uber einen großen Theil de» GastwirthgcwerbeS und der verwandten Betriebe, ohne daß dazu ein dringende« LedÜrfniß »ach- gewiesen wäre. DaS sind einige von de» Bestimmungen au» der Eewerbe- novelle. aber keineswegs die bedenklichsten. Aus die letztere« werden wir demnächst zurückkommen. Die irische Frage. Man kann wohl sagen, daß di« „TimrS" «S ganz geschickt siegeln, wa« man in England öffentliche versteht, Da« widerzuspiegeln, wa« man in England Meinung nennt, und rvrnu da- Wellblatt deshalb de- auplet, daß die öffentlich« Meinung in England di« schärfsten da ZwaagSmoßregcln gegen Irland verlange,"so ist daran kaum zu zweifeln. ES ist in der That so; die Stimmung Eng land- gegen Irland ist im Allgemeinen dieselbe wie seit Jahr hunderten. verändert hat »ich die Situation nur insofern, al» die Irländer durch ihre scheußlichen agrarischen Verbrechen iu der That einen gegründeten Anlaß gegeben haben, mit Zwang«, maßregeln gegen sie cinzuschreitcn. Da«Ideal der Vollolut-Eiig- länder wäre, in Irland den Belagerung-zustand nebst Standrecht zu verhängen und zwar Uber die ganze Insel. Hie bedenken nicht, daß sie ein unter dem Druck seiner durch England ver schuldeten «lenden wirthschastlickcn Lage dahinsiechende« Bol »u« leußerslcn treiben würden. Man hat zehn Mal mit Unwendung von Gewaltmitteln Uber Irland gesiegt und glaubt nun, der alte Weg würde sich abermals probat er weisen. Diese beide» Völker hassen sich glühend und gehören zu demselben Reiche. Al» ob da Conflicte überhaupt vcrmitden werdrn könnten? Und e« hat auch nie an solchn, gefehlt. Man muß. wenn man gerecht sein will, anerkennen, das Herr Gladstone Muth hat. indem er e« wagt, mitten in diesem Sturme von Versöhnung und Ausgleichung zu reden. Die irische Frage kann, wie schon öfter, auch die-mal den Sturz de» Eabinet» herbeiführen, und Herr Gladstone muß fürchten, einen Theil seine« Ruhm» zu überleben. Di« Partei, aus dir sich Gladstone stützt, besteht zu sehr au» Engländern, um mit seinen Maßnahmen Legen Irland zufrieden fem zu können; di« ceoservgtive Partei aber bedrängt die Regierung mit einem schlauen und persiden Manöver. Sir will Gladstone dazu bewegen, den Iren »och mehr Zugeständnisse zu macken, al» er geidan, und hat ihm zu diesem Zweck ganz detaUlirt, Vorschläge unterbreitet. Der Premier kann diese Vorschläge nicht wohl zurückweise«, da sie nur die Evnseq uenzen seine» eigenen Ver fahren« sind. Die Conservative« würden, wenn sie selbst am Ruder wären, sich niemals zu solchen Lendrrungen her» bcilaffen, sie verfolgen aber den Zweck, die Regierung nun- mehr zu diSerrditirea, indem sie dieselbe zu einem Vorgehen veranlassen, da» der Regierungspartei zu weitgehend erscheinen kann. Gar Nicht« thun wäre aber sicherlich die schlimmste Politik für die gegenwärtige Regierung. Herr Gladstone scheint der Unsicht zu sein, daß man die Iren nicht bi» aus» Aeußerste treiben dürfe, und in diesem Punkte werden ihm alle Besonnenen beistimmen. Man kann nicht sagen, daß die sentlich« Meinung in England gerade einen Beweis von esonnenheit im Publicum liefert, wenn man die schärfsten ZwangSmaßregeln gegen Irland verlangt. Uevrigrn« wird nach den letzten Depeschen dir Annäherung zwischen Herrn Gladstone und den Häuptern der irischen Land-Liga angrstcht« der Ernennung tc« Earl Spencer »um -icekvnig von Irland bereit« al« eine THatsache angesehen. Man envartet sogar schon für die nächsten Tage die Frei lassung Parnell'S und aller übrigen „Verdächtigen" auS den irischen Gefängnissen. Die Londoner Blätter feiern oder vcr- urtheilen, je nach ihrem Parteistandpuncte, diese überraschende Wendung; den conservative» Organen gewinnt sie jedenfalls kein freundliche- Wort ab. Eigeutlich hat Gladstone nur den Eonservativc» da- PrLvenire gespielt, denn er thut, was neulich Marquis v. Salisbury in Liverpool für wünschen«- Werth erklärte und der conservative Deputirte Mr. Smilh mit seinem bekannten Anträge erstrebte. Ob man aber «in Recht hat. schon letzt von einer „Aussöhnung mit Irland" zu sprechen, da« steht aus einem anderen Blatte. Jedenfalls diplomatisirt Gladstone in dieser Frage. Inzwischen haben sich Spuren gezeigt, daß die irische Bewegung li» Begriff, sich nach England selbst und besonder« bilew»Podolo»ki in in dem ausschließlich Darüber, ob diese« Brandunqtxmen steht und daß der Brand unglückseligen Bewegung im ZusaXhewobuten Stadltheile wüthel. Süorußland erfüllt, werden wir wozst nicht etwa auch mit der dctaillirte Melkungen erhalten. -nenbange stelle, die ganz hier bald genaue und 76. Jahrgang. nach Schottland sortzupflanzen, immer noch an Ausdehnung gewinnt, daß also die ländliche Bevölkerung nicht dieselben Ansichten von der irischen Bewegung hege wie die benschen den Elemente anderer Elasten. Es ist klug von Gladstone, damit zu rechnen und eine solche Bewegung nickt so zu behandeln, wie die Lord» gewohnt sind, welche heule noch di« Ansicht hegen, Irland habe keine andere Be- fttmmung» al« z»m Spielball der Launen und der Sonderbarkeiten und Verkehrtheiten zu dienen, durch die sich manche Lord» immer noch au-zeickmen. Die Schuld an den Zuständen in Irland wird von der Geschichte den englischen Regierungen zugesprochen werden müssen, die das Rauösystem, dem Irland erlegen ist. nicht nur nickt einschränkten, sondern förderten, stützten und auSnutzten. Aber „e- rächt sich alle Schuld aus Erden", und so hat England in Irland eine stet» brennende Frage hinter sich, die ihm keine Ruhe mehr läßt und von der man auch heute noch nicht absehcn kann, wie sie gelöst werden soll. Judenverfolgungen in Südrußland. AuS Ezernowitz, 26. April, wird der „Pol. (Korrespondenz" geschrieben: Ein große Anzahl auS Rußland flüchtiger Juden hat in unserer Stadt gastliche Aufnahme gesunden. E« liefert »war nahezu jede« Städtchen Südrußland» ein Continaent von AuS Wanderern, der Mehrzahl nach rühren sie aber theil» au» jenen Ortschaften her, in denen dir „russische Juden- veSprr" bereit» stattgefunden hat, theil» au» Städten und Flecken, in denen der AuSbruch derselben täglich, ja stündlich befürchtet wird. Ein Blick aus diese Gäste genügt, um zu belehren, ob sie den bereit« geplünderten oder den erst vor der Plünderung zitternden Ortschaften angehört haben, ürstere, die a»S den Greuelscenen Nicht« al- ihr Leben gerettet haben, schleichen scheuen Blicke« als wahre Jammer gestalten durch die Straßen. Haben sie doch ihre ge sammle Habe, viele von ihnen sogar einzelne Familie» niitgliedcr verloren, so daß sie sich nun lediglich aus fremde Hilfe angewiesen sehen, ohne Obdach und Ziel, einer un gewissen, trostlosen Zukunft entgegengeben. Nach Allem. waS wir hier von den Judenbetzen erfahren, deren Scham platz da« nachbarliche Gouvernement Podolien war. nnlerliegt e« keinen, Zweifel, daß e« am entsetzlichsten in Balta ^ugegangen ist. Ein Jude au« Balta, der hier mit seinem Weibe und vier Kindern durchzog — zwei seiner Kinder wurden schwer verwundet nach Odessa gebracht — um sich bei seinen Verwandten in Tarnopol niedcrzulassen, erzählt, man Hab« in Balta schlimmer al« in Feindesland gcwütbet und daß daselbst weit über 3000 Familien, also 12.000 bi» >4,000 Menschen obdachlo« geworden seien. Bon sämmttichen Judenhäusern wären nur wenige und auch diese nur zufällig verschont geblieben. Unter den Verwundeten sollen sich Frauen und Mädchen befinden, denen die blut- uud beutegierige» Barbaren nach schimpflicher Mißhandlung die Brüste abge schnitten hätten. Mag nun auch Viele» an den Schilderun gen der unmittelbar Betheiligten übertrieben sein, so genügt doch ein bescheidener Bruchlheil, um da« Entsetzen der eivi- lisirten Menschheit wachzurusen. Den Reigen der Greuel, die vom 2. bi« zum IS. April andauerten, eröffnet« die Judenhetze in Welt-Huculow, einem von der Eisenbahnstation Mordarowki 12 Werst ent legenen Städtchen, in dem zur Zeit de« Jahrmarktes am 2. April 88 Judenhäuser und SO Magazine demolirt wurden. Am 10. und l l. fand die Verwüstung von Balta statt; am >2. April wurden Abozowka, eine jüdische Colonie in der Nähe von Balta und LatvSzczow überfallen. Da und dort sind 15 Judenhäuser der Erde gleich gemacht und alle« Hab und Gut der Juden vernichtet worden. Am >3. fanden in Dubossarach und Okna Judenhrtzen statt, die sich von den früher erwähnten dadurch unterschieden, daß daselbst nur di« Häuser demolirt und alle Habseligkeiten der Juden ver nichtet wurden, dagegen weder geraubt, noch gemordet wurde. Fürchterlich scheint sich aber wieder die am tk. April in Neu-Prag tNowa Praga), einem im ElisabethgraderKreise unfern von Alepandrowo liegenden Marktflecken, stattgehabte Jubenhehe gestaltet zu haben. Ueber 2000 mit Dreschflegeln, Stangen. Hacken und Sensen bewaffnete, halbbetrunkene Ka zapen überfielen nämlich nach hier eingetroffenen Sckil derungen am frühen Morgen dm Ort, steckten die Häuser der Juden in Brand, verwüsteten und plünderten deren Had. setigkeiten und mißhandelten die wehrlosm Unglücklichen in dir grausamsten Weise. Am 18. und 19. fanden ähnlich« namenlose Verwüstungen in Gryaoriopol und Mend. zibor-z statt. Auch die Nachrichten, die au« Mobilen, am Dniepr hieher gelangten, in ihren Detail« aber noch nicht bestätigt wurden, sind wahrhaft grauenerregend. Bisher nennt man in Podolien allein ,m Ganzen 17 Ortschaften, die ver wüstet worden sind. Wenn man sagt, daß m unserer un- mittelbarm Nachbarschaft binnen 14 Tagen 20.000 Menschen im furchtbarsten Sinne de» Worte« unglücklich gemacht worden find, dürste di« Ziffer eher zu niedrig, al« zu doch gegriffen sein. Ter ungeheuere Schaden, den diese Ver- Wüstungen angerichtet haben, läßt sich ziffermäßig nicht sest- strllen. Man hat allerdings überall, wo Judenhetzm vor kamen. Arretirunge« vorgenommm und man erwartet da« strengste Vorgehen gegen die Gefetze«übertreter; allein hier würde e« sich um Präventiv-Maßregeln handeln, di« »irgend» getrvffen werden, lleberall zeigte sich die Ort«polizei macht los und die Truppen tangm leider erst daun aut de» Un- glückSssätten an, wenn daselbst Nicht« mehr zu schützen und z» retten ist. Ed» wieder langte die Nachricht ein, daß die Stadt M o - Musik. Königliche- Conservatorium der Musik zu Leipzig. 2S. Avril. Auch die zweite öffentliche ^ . Prüfung de« königlichen Conservatorium«, welche heute Nervst' mittag 4 Ubr in der Mallhäikirche stattsand, verlies ierupt- günsnqer Weise. Eie war, wie die erste, in der Hauptsache zch dem Orgelspiel gewidmet und bot außerdem in angenehmer Abwechselung 2 Ebornummern sowie eine Bioloncellsonate von A. Eorelli. Die Art der Ausführung, in welcher die einzelnen Werke zu Gehör gebracht wurden, legt am besten Zeugniß ab für den großen Eifer und da» gcwisienhaste Studium, welche« unter Leitung vorzüglicher Lehrkräfte diesem Zweige der musikalischen Kunst am hiesigen Conservatorium u Theil geworden ist. Herr Heinrich Graesel auS Sckleiz eröffncte die Prüfung mit einer Phantasie und Fuge (Xmoll) von E. F. Richter in anerkcnnenSwerther Weise, dock aber zu trocken im Vortrag: auch hat derselbe aus besseres Lcgatospiel sowohl im Manual wie auch im Pedal besondere« Gewicht zu legen. Sehr zufriedenstellend war die Leistung deS Herrn Wilhelm Knopf a»S Ezerniak (Provinz Posen), welcher die erste der sechs Orgclfugcn über den Namen Bach von R. Schumann .war in vorsichtig gewähltem Tempo, aber sonss correcl und ericvicncn uuo yai gruern im vccu, glänzenden Triumph gefeiert. AuS de cbrungSwürdigcn Meisterin, welche wäl lich glänzenden, ruhmreichen künstlerisch gießend vertrug. Eine technisch um Viele» schwierigere Aus gäbe hatte sich Herr Paul Großmann au» Bischofswerda ln der Vorführung der ersten Sonate (PmnU) von F. Mendcl«- sobn-Bartholky gestellt. Er spielte diese« — weil sehr clavicr- mäßig geschrieben — säst ganz von den Programmen verschwundene Tonstück mit Sicherheit und interessirenver Auffassung; sein Spiel zeigte Klarheit und gute Acccn- tuirung, soweit r» bei der Akustik der Kirche möglich ist. Durch gute Sachkenntniß und durch einen den technischen Anforderungen de« Werke« völlig ange messenen Borlrag zeichnete sich Herr Bernd. Grunv- mann au« Leipzig au». Er brachte daS herrliche Prä'udium nebst Fuge (Ilmoll) von Joh. Seb. Bach in vortrefflicher und rubiger Weise zu schönster Geltung. — Die von Herrn Earl Novacck au-TemcSvar mit Begleitung der Orgel vermittelte Bioloncellsonate (Dmoll) von A. Eorelli ist gänzlich veraltet und eignet sich für Kirchenausführungen wegen zu großer Beweglichkeit weniger. Sie wurde übrigen« mit künst- lcrischem Geschmack wiedergegeben, und ist der Li»cretcn. erst für Orgel zweckmäßig eingerichteten Begleitung volle« Lob zu spenden. — Der gemischte Verein des EonservatoriuinS sang unter der trefflichen Direktion de« Herrn Musik direktors Klesse 1) Xctonimn» t«, Otuwte", einen da» Ge- müth tief bewegenden, klangschönen Ehor von R. Pappcritz, sowie 2) „Lobe den Herrn, meine Seele", Motette von M. Hcinptmcnm, die von den Besuchern der allwöchentlichen Sonnabends-Motetten in der Thoinaskircke hinlänglich ge kannt und gewürdigt sein dürste. Beide Eompositioneu sind musikalisch correct und mit sichtlicher Hingebung gesungen worden, so daß ein schöne« Ensemble erzielt wurde. Paul Homeyer. Neue- Theater. Leipzig, t. Mai. Madame Artüt ist wieder in Leipzig erschienen und hat gestern im Neuen Stabtlheater einen ^ ... ^ Vortrage dieser ver mähren b-einer außerorkent künstlerischen Lansbabn ihr an« Talent in vielseitiger Weise verwerlbet hat, können ie jüngeren Bühnenkräste die Lehre ziehe», daß nur eine sorgsame, technische Erziehung da« Organ auch in de» Zeiten frisch, kräftig und biegsam erhält, in weichen die Gefahr der Erschlaffung am drohendsten erscheint. Eine so wunderbare Gesaagskunst in Verbindung mit so acisivollcm Erfassen der dramatischen Ausgabe trotzt mit Erfolg der Zeit und ver setzt den Hörer in die Epoche zurück, in welcher die jugendliche TösirLe Artüt ihren Triumphzug durch Deutsch land begann und al« „äüsliSs caiilntrioo" die Hörer durch ihren bezaubernden Gesang berückte. Dem Zauber ihrer AiiSdrucksweise ist d,e frühere Kraft erhalten geblieben, welche Thatsackr durch die gestrige Ausführung der schwierigen Partie „Earnien" in Bizet's gleichnamiger Oper im vollen Umtange bestätigt wnrde. Nicht allein die sta»ne»S- werthe Beberrsckung kr» technischen Materials und die virtuose Ausführung aller 'Einzelnheiten zeigten u»S die gefeierte Sängerin auf ihrer bedeutsamen künstlerischen Höbe, sondern auch die tief durchdachte dramatische Gestaltung, die charakte ristische Mimik und die Elasticität wäbrend der sceiuschcn Action erzielten eine intensive Gesammtwirknng, welcher sich selbst BorurlhcilSvolle gewiß nickt entziehen konnten. Besonder« gelangen der Künstlerin die Scenen, in welchen die Zigeunerin mit berückender Grazie ihren Leichtsinn offen bart und den zwischen Tugend und Unrecht hin- und hcrschwankenden charakterschwachen Don Josü mit ihren BerführungSkünstcn umgarnt. Die eniinente lyesangS- technik der Künstlerin war hier ein mächtiger Factor für die dramatische Durchführung, welche in dieser Voll kommenheit sehr schwer zu erreichen und selbst bei dem Ein- setzen der bestrickendsten fugendlichcn Schönheit kau», zu über bieten ist. Im letzten Act jedoch trägt Frau Reicher- Kindermann mit ihrem Genie in der üharakterzeicknung den Sieg davon, weil e« hier in der Tragik der Situativ» weniger aus GcsangSkunst al» vielmehr hauptsächlich aus dramatische Ausgestaltung und aus die Darlegung de« Eigen willen«. de- Trotze», schließlich der Verachtung gegen irosS ankommt. Immerhin war auch die Schlußscenc von so großer Wirkung, daß der reich gespendete Beifall deS Publi cum» noch gesteigert wurde. Ausgezeichnet im Spiel, besonders während der interessanten Kampskeene mit Jos», und künstlerisch bedeutend i.n Gesang« erschien auch Herr Mariano dePad > Ila, welcher neben der sprachenkunkigrn Gemahlin den Stierkämpfer „Escamillo" ' rcproducirte. ist Herr de Padilla zugleich ein vorzüglicher Echäuspielcr dessen Kunst Manche» ersetzen könnte, wa» der Natur etwa fehlen sollte. Gestern vereinten sich natürliche Anlage und Kunstherrschast zu einer sehr hochznschätzenden, wcrtlwollen Leistung, welche den, Künstler di« Cympatbien der Theater besucher sn hohem Grade erwarb. Von den einheimischen darstellenden Kräjten nennen wir zunächst Frau Mo» bau Pt. Die in jeder Beziehung vorzügliche Reproduktion der Micarla, welche ebenso durch innigen, sceleuvollen Gesang wie durch edle«, der Rolle ganz entsprechendes Spiel »»mittelbare Wirkung erzielt», orwie» deutlich, daß die im Eoloratur- sache excellirende Sängerin (eS sei nur an die Königin der Nacht in Mozart'» Zauberflöte erinnert) und die äußerst vielseitige, gewandte Virtuosin im Soubrcttensach auch für daS Lürische die rechte AuSdruckSweise findet. Sehr An erkennende-, oft sogar Bedeutende« leistete Herr Bronlik al- Don Jost, während im Uebrigen die Aufführung hliiter früheren in brr Einzeldarstellung und im Ensemble vielfach Besonder» w Ensemble vermißt und selbst im Gesang der MercSdSS und Frasquita war sehr häufig daS störende Uilreinünge» bemerk bar. Hoffentlich wird in dieser Richtung künftig!»» weuigcr gefehlt. Löcar Paul. * Um den an un« von auSwärt» gerichteten Anfragen zu genügen, bemerken wir, daß die Oper ..Raimoiidin" von Earl von Pcrsall, dem Intendanten de« Münchener Hos- Ibeater», am Leipziger Stabtlheater wiederholt zur Aus führung gekommen ist. Die Kritik rühmt da« schöne Tatcut de« Eoiupouisten zum Mäiiuerchorliedc, die Aninuth seiner Production iu kleinen musikalischen Genrebilder», die vor nehme, dem Triviale» abholde Richtung de« Autor», sinket aber die Musik i», Ganzen zu lyrisch gehalten und den Text ^Hon Hermann v. Schund zu weit ausgespvimeu. mirte Winter «- Leipzig. 30. April. Unsere Landsmännin, die renom- 0. April in ^pcnisängerin Frl. Große, welche vergangenen »nd bereits sec^Lübcck mit bestem Erfolg thätig war, ist seit dem sie auch die OpikPolSdam. wo sie bei der MvnalSoper milwirkt der Titelparlie gro^zehn Mal gesungen hat. Unter Andern, hat Jntelligenzblatt" „Carmen" einstudirl und al« Trägerin iu vielfach gutc Lcist»ngrn''en Beifall gesunde». Da« Potsdamer vielem Geschick ihrer'nicktet: „Frl. Große, uns schon durch ersten Gesang-inimmer mit E^vohl bekannt, entledigte sich mit hast ei», und führte auch sp^lcichtc» Ausgabe. Gleich in der schiedcncn Partnern ihre Partie "tK>-'r führte sie sich sehr vorthcil- unser ungcthcillcS Lob dieser Dame n(r im Verein mit ihren ver- GleichsaUS war ihr Spiel dem leichler.tuo» durch, so daß wir würdig angepaßt, leicht, elegant und dozjit vorentl'altcn können, daß auch schauspielerisch Hervorragende« «L sranzöüschc» Genre Vorzüglichem zu einer charmanten Totalwirknss nicht zu frei, so Indem wir unsere aufrichtige Freude über solche iS gesanglich dieser unserer Stadt nahe sichenden Künstlerin astö können wir den Wunsch nicht unterdrücken, dieselbe l>a.»crke»»»»g mal wieder in ihrer Heimath zu hören. sprechen, 'V cur« Eompoflttonen. OScar Schwalm hat lm Berlage von Fr. Kistner als opu, 1 „Drei Charakterstück" (Marsch — Lied ohne Worte — Scherzo) sür Pianosortc-Solo >iera»Sgegcl>en, deren Gestaltung deutlich erkennen läßt, daß der junge Amor erst nach erlangler künstlerischer Reise den Weg der Oeffeiitüchkeit betreten hat. Bor allen Dingen zeigt un» die logische Folge iu der har monischen Conception und die sormale Abrundung im metrischen Bau den au-gebildelen Musiker, welcher durch gründliche Studien sich die Fertigkeit erwarb» seine Gedanke» mit Klarheit türzulegen uud auS dem thematischen Kern rin lebensvolle« Tongebüd »>> ent wickeln. Es spricht sich aber auch in diesen sinnvoll gest, 'eten - Stücke» ein in sich gefestigter Charakter au«, dessen Sin» sü. '« Schöne und Edle da- Talent vor trivialer Ausdruck-weile bewahrte »»d dasselbe auf sicherer Bahn »u idealen Zielen sührie. Ta nun der Comvoiiist als trefflicher Pianist da« Technische de« Clavier- saheS vollständig beherrscht und die Leistungsfähigkeit mittlerer Spieler wohl zu ermessen weiß, so ist cS ihm gelungen, Charakter stücke zu schaffen, deren AuSsührung auch mäßigen Clavierlpielern, welche hinreichende geistige Fähigkeiten besitzen, wohl gelingen wird. ES sei daher das auch im Äeußercn recht gut auSgestattete Heft de» clavierspielenden Musikern und Dilettanten warm empfohlen. Herr Oscar Schwalm hat in demselben v rlage al» opus 2 in einem Hest zwei Präludien und Fugen verSsfcnilicht, deren thema- tische Entwickelung und polyphone Durchführung wiederum sehr deachteiiSwerihe« Talent »nd gründliche« Wissen bekunden. In diesen prächtigen Stücken offenbart sich zum Borthril deS ginzcn Satze« die Keimtniß deS strenge» vokalen Stil«, welche erst den Jnstru- »lenlalcomponistcn t» der rechten Weise befähigt, sciu Innere« in wohlklingenden, schön gesonnten Tonaebildcn der Mstwclt zu er schließen. Obgleich auch dieses Heft nicht allzu große Schwierigkeiten darbictet, i»»s> doch zur Bewältigung derselbe» eine sorgsame technische Erziehung im Pianofortespiel vorausgesetzt werde», wenn die Stücke ihrem Charakter entsprechend zur Geltung kommen sollen. Altes Theater. Leipzig, t. Mai. Nach längerer Zeit tauchte da» Lust spiel vonL Arrouge „Hasemänn'S T öchtcr", daS erste Stück, mit welchem er in da- VolkSdrama ohne Gesang hinühcrlcnkte, wieder aus unserer Bübnc ans. Da« Slück war der Pendant zu dem PolkSstlick „Mein Leopold" und stellte einem schlecht erzogenen Sohn schlecht erzogene Töchter gegen über. In dein pädagogische» DramcncykliiS de« beliebten AutorS nimmt die« Lustspiel immcrhi» eine bevorzugte Stelle ei»: die beiden erste» Acte sind von komischer Wir kung und auch die Nührsccnen in den letzten thun ihre Schuldigkeit. Besreindlich und nicht gruugsai» durch voraus- gchciike Andeutungen vorbereitet, ist die plötzliche Wandlung de« Papa Hasemann iu einen energischen Valer. Dieser Phantasiercisende nach dem CourSbuch, den Herr Eicbe n wald mit seinem trockenen Humor sebr wirksam spielte, ist loch so lange Jahre hindurch al« Pater eine vollständige Null ge wesen. Und im Grunde ist er« nicht einmal, der den Knolcn zu Gunsten seiner Tochter löst, sondern der niit der Zunge aiissoßendc Provisor, welchen Herr Stöckel ohne Ucbcr- treibniigeu ganz glanbwürdia darstcllte. Eine von früher vorlycilhaft bekannte Rolle ist der Schlosser Knorr de« Herrn Tictz, der für diese kleinen bürgerlich derben Gestalten von L'Arronge rin mustergiltigcr Darsteller ist. Die Rauschscene deS Körner ist ein kleine« EabinelSsiück. Auch die Frau Haseman» der Fra» Spitz et» er in ihrer Eitelkeit und VcrgnügungSlust, besonder« iu der gemiUhvoll gespielten Bekchrii'ngsicene, der biedere Körner de« Herr» Johannes, der leichtfertige Baron Zinnviv de» Herrn Som merstorff, die Frau Klinkcrt ver Frau Schubert, waren gut angelegte uud dnrchgek brte Charaktere. Der Arzt Ilr. Seiler hat nur eine kleine Scene; doch ist sie, ohne daß man eS zunächst uierkl, wichlig sür den Fortgang der Handlung. Herr Paulik brachte die Eil fertigkeit de« DoctorS, der sein Rccept aus einen intimen Brief schreibt, gut zur Anschauung. Recht naiv war der Schlosserlchrling Fritz de» Frl. Pcstner. I^ast not lcuüt bleibe» sür unsere Besprechung noch die drei Hasemann'schen Grazien übrig. Frl. Friedhofs (Rosa) machte im ersten Act de» Sprung vom Baron zuni Fabri kanten mit jener kühlen Haltung, welche nach der Zeichnung des Charakter« hier wobt angebracht bst »nd auch in den Rührscenen der letzten Acte war ihr Spiel nickt allzu über schwänglich. Rosa ist. auch wenn sie sich bessert, keine creenlriscbe Natur Frl. Butze konnte al« Emilie wohl »och um cinc Nuance derber sein; Frl. StiaSny als Franzikka war keck und munter. Wenn auch ein paar Scenen de» Ttilckc« etwa« zu leb haft an Rokcrich Beuevix erinnern, so ist e« immerhin er freulich, daß die Richtung von Bencdir in L'Arronge einen erfolgreichen Vertreter sinket. Die ausgesprochene moralische Tendenz, die Neigung, gute Menschen zu zeichnen, die »ur einige yervorlrclende Schattenseiten haben und auch da« Bühnciigescbick findet sich gleichmäßig bei beiden Aulorcn wieder. Daraus beruht der Erfolg ihrer Stücke, berauch bei der gestrigen Ausführung nicht aushlicb Rudolf von Gottschall. zurückblieb. wurde reine Intonation im Post- und Ttltgraphtttwrscn. * Vervier«. M. April. Die englische Post vom 80. April Abends, planmäßig t» Vervier« um 8 Ubr 39 Min. Vorm., ist auSgeblieben. Grund: Sturm im Canal.
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