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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188207109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-07
- Tag1882-07-10
- Monat1882-07
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1882
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Erscheint täglich früh 6-/. Uhr. »-»«tim LrertUio, J»ha»»e«,ass» SS. Lffrechk»dt, »er »kö»rti«a: Vormittag« IO—IS Uhr. «achmilraq« ü—6 Uhr. Wr m» WM»»«» »»»«<«>»»» Wi»n,irnv» M>chr Sch »« »tk».ei-.» »ch, mr»a>»U«. A«««H»e »er für »ir »ichftloigra»« »tu«Wer »rsti»«tr« J»jer»tr «, Uochetttgge« »iS » Uhr Rochmitt»,«. a» So»«»««» Krstt««e« früh di» i,S Uhr. 2n de» Mittelen für Zns.-^nnahme: Ltl« <1r»M. UniverlitütSstrahe 21, L«»t» L-sche, ÜalharineuKro«« 18, p. »ur dt« '/,» Uhr. niNWrIMblat Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage 17,800. Abonnemriilsvrers viertelt. 4'/, ^ incl. Briiiaerlobn 5 Mk.. durch die Post bezöge» k Mk. J.ve einzelne 'Ztummrr 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gkbiidrc» 'ür Sxkrabeilage, «hur Poirbeiärscrung 39 Mk. mit Lostbcivrderung 48 Mk. Inserate Ogeivaltene Petitzeile LO H Größere Lchristen la»! unjercm PretS- verzeichnib. Tabellarischer Lap nairi höherem Taris. Lrrlamen unter den Urüactionsllril die «valtzeile 50 Pf. Inierale sind üclS an die d-xpevirio» z senden. — Nabaü wird nichi gegeben. Zahlung pravuumvrana» oder durch Post- nacimahnie. Montag den 10. Juli 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. SteMIblielhet. Zur Revision der Stadtbibliothck sind alle auSgeliehenrn Bücher bi« spätesten» Sonnabend, den 22. Juli zurück, zugeben. Neue Ausleihungen finden von Montag, den Nt. Jnlt an statt. vr. Wustmann. Bekanntmachung. Wegen de» Umbaue« der Sckatlerantagen bleibt bei dem Postarate -kr. 2 tan, Dresdener Bahnhofe) hier selbst die Annahmestelle für Paökete in der Zeit vom 10. bis mit Sl. Juli geschlossen. Leipzig, den 8. Juli 1882. Der Kaiserlich« Oherpostdtreetor. Walter. Aenrr-Iuschtag zur veckung des Auf wandes der Handelskammer. Die tzandel-kammer hat beschlossen, zur Deckung ihre» Ber- wallungS-Aufwande«, einichlietztich de» Aufwandes der Börse, von ihren Wahlberechtigten, d. i. von denjenigen Knuslenien und Fabri- kanten in Leimig und im Bezirke der AmiShaiipimannschafi Leipzig, welch» 1» Spalt» ck de« Einkommensteuer-Kataster- (Einkommen au» Landet, Gewerbe ». s. w.) mit mindestens 1900 ^l eingeschLbt find, für W» leufende Jahr einen Ltcnerzuschlag v«„ 4 Pfennig auf ich« Mark desjenigen Steuersätze», Melcher nach der in Z. 12 dc« Einkommensteuergesetze» enthaltenen Scala aus da« in Spalte st de« Linkommensteuer-Katafter» eingestellte Einkommen jede» Bei- iraaSpflichtigen enisallen würde, mit dem aus den 1L. Juli h. I. anstehenden Hebetermin erhebeu zu lassen, und eS wird dieser Zu- schlag hiermit ausgeschrieben. Leipzig, den 10. Juni 1882. Der Vorsitzende der Handelskammer. vr. WachSmut h. vr. Geniel, S. Bekanntmachung. DtettStaa, dm, 11. Juli 1882. Vormittag« 10 Uhr sollen st, dem hier Elsenbahnstraste 23 gelegenen Grundstücke mehrere Schreib, secretaire, Kleiderlchrünke, Tische, Stühle, Sopda«, Betten und ver- schied«»» andere Gegenstände öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Vaarzahlung versteigert werden. - Schot«, den 6. Juli 1883. Der GrrichlSdolljieher des SSiilgllche» Amtsgericht». Frehgang. Nichtamtlicher Theil. Vas neue russische Lablnet. Man schreibt uns au» Petersburg: Man würde einer argen Täuschung sich hingeben, wenn man glauben wollte, daß durch den Rücktritt Jgnatiefs'S und die Ernennung Tolstoi'S eine Veränderung in der Richtung der inneren russischen Politik zu erwarten sei. Tolstoi verfolgt allerdings eine weniger abenteuerliche Politik all Jgnatiefs. ist weniger Intrigant als Dieser, aber dennoch zählt der neue Minister deS Innern zu dem orthodox« panslavlstischen Russenthum, daS Alle- russisch machen will. Dabei besitzt Tolstoi einen überaus hartnäckigen Charakter, wi<halb er von einmal gefaßte» Beschlüssen nicht leicht abz»- bringen ist. Die Liberalen sind über die Ernennung Tolstoi'- ent> rüstet, weil er als Unterricht-minister offen dem Rückschritt« huldigte. Selbst die Altrussen glauben nicht an die Fähig keiten Tolstoi'S, und die Nihilisten verhöhnen ihn ancadczn. DaS i« Gens erscheinende nihilistische Journal „Wolnoje Slowo", da- noch immer feinen Wea nach Petersburg findet, sagt von Tolstoi: „Fall- den Absolutismus nickt die rcvo- lutionaire und liberal« Opposition stürzt, so wird Die- den Monarchisten und Conservaliven gelingen. Al- Vertreter der Synode und als Unterricht-minister hat Tolstoi als Feind ber Aufklärung, als Gegner der Studenten und der Bauern sich erwiesen und nur i» orthodoxem Sinne gearbeitet. Wir kennen also den neuen Minister und wissen, war er für die Zukunft b-deutrt". ' Auch die Ernennung Wlangali'S zum Gehilfen Tolstoi'S ist bezeichnend. Ersterer ist nämlich ein diplomatischer Schüler und Schützling Jgnatieff'S und seinem Rückschritt-Programm völlig ergeben. Wlangali war ursprünglich Genirofficier und befand sich al» solcher während de- KrimkriegrS in Sewastopol. Nach dem Friedensschlüsse trat er in den diplo matischen Dienst und fand an dem Grasen Jgnatiefs einen mächtigen Prvtector. Al» Dieser seine Mission nach Ostasien und China antrat» begleitete ihn Wlangali. der auch später u» Departement der asiatischen Augelegenheiten im Ministerium de- Auswärtigen angestellt wurde, nachdem Jgnatiefs di« Leitung jener Abtheilunq übernommen hatte. Zur Zeit, als Jgnatiefs als Botschafter in Konstantinopcl 'ich befand, ward Wlangali zu verschiedenen geheimen Sen- düngen im Orient verwendet; der AuSbruch de- jüngsten russtlch-türkischen .Kriege- fand ihn in Persien, wo er im russischen Siune thätig war. Sonst ist Wlangali ein viel- festig gebildeter Mann und genauer Kenner der Verhältnisse di« übrigen- ihn doch überzeugen sollten, daß die großrussi schen Ideen Jgnatiefs'» nicht durchführbar sind. Wa» den neuen Chef der Polizeiablheilung de- Ministe rnim» de» Innern, Gendarmerie-General OrzewSki betrifft, so ist Dieser, wie schon sein Name besagt, von polnischer Ab- kuost. OrzewSki that eine Zeit lang sehr liberal und führte in dieser Richtung so rücksichtslose Reden, daß man ihn sogar verdächtigt«, mit den Nihilisten in geheimer Verbindung zu stehe». Dieser Verdicht muß aber doch sich al» grundlos er wiesen haben und seine „liberalen" Reden hatten vielleicht auch nur ganz eigenthümlicbe Zwecke, weil er sonst schwerlich Leiter der Polixiabtbeilung im Ministerium de» Innern ge worden wäre. OrzewSki ist ein noch junger Mann, der früher i« Generalstabe diente. In der Jüngfizeit befand er sich als Haupt der Gendarmerie in Warschau. Auch General Trepow. der srüber an der Spitze der Petersburger Polizei gestanden, soll für einen hohen Posten bestimmt s^n. Trepow ist im Grunde rin gerader, ehren hafter Charakter nnd der Dynastie unbedingt ergeben, aber von seinen Fädigkeiten weiß man wenig. Dennoch war er schon mit 35 Jahre»» Oberst und befand sich mehrere Jahre « derschiedenen südrussischen Garnison-orten. lieber die Gründe, die zu seiner raschen Beförderung mitgewirkt, geben chon seil langer Zeit allerlei Gerüchte. So wird unter An derem mit gewisser Bestimmtheit behauptet, Trepow sei der natürliche Sohn einer sehr hochgestellten. längst verstorbenen Persönlichkeit, die de» Knaben Trepow dem Wohlwollen des kailers Nikolaus empfohlen hätte. DaS wären also in kurzen Zügen die Männer, welche in der Näckstzeit die politischen Geschick« de« großen, m un heimlicher Weise uuterwühlten Rußlands zu leiten hätten. Ob sic ihrer Aufgabe gcwackscn, scheint um so mehr zweifel haft. weil keiner von ihnen sich von entschiedenen, durch greifende» Nesormideen erfüllt zeigt, deren Vcrwirklickung zur völligen Gesundung deS russischen SlaatSlcbcnS absolut „othwendig ist. Leipzig, 10. Juli 1882. AuS EmS wird telegraphisch berichtet: Der Kaiser ge denkt. nach beendeter Cur am 9. Juli, NackmittagS 4 Uhr, mit Exlrazug EmS zu verlassen und sich zunächst zum Besuch bei der Kaiserin nach Coblenz zu begeben, wo die Ankunft am Schloßgarten bald nach 4'i, Uhr erfolgen dürfte. — In Coblenz beabsichtigt der Kaiser bi» Mittwoch früh zu bleiben »nd dann über Darmstadt und Karlsruhe und Coniianz nach der Mainau weitcrzurcisen, wo die Ankunft am Abend desselben Tage» erfolgen soll. — Für die Mainau ist ein etwa ötägiger Aufenthalt in Aussicht genommen, worauf alSdann die Weiter reise nach Wilbbad Gastein stattfinden dürste. — In Gastein wird der Kaiser am l8. Juli Nachmittag- von Lend au» mit Extrapost envartet. Aus die Haltung der Nltramontanen in Preußen bei den nächsten Wahlen darf man gespannt sein. Seil Wochen liegt ein Wahlaufruf deS CenlrumS zur deinn8ck>stigen Veröffentlichung bereit, und in diesem ist eine Stelle enthal ten. welche ein möglichste- Zusammengehen der Partei mit den Conservativen befürwortet. Da- möglichste Zusam mengehen von Hockconservativen und Ultramontanen bildet die Signatur der beginnenden Wahlöewegung. Und nun ge nügt ein Artikel der „Norddeutschen Allg. Ztg", der aller dings die Hoffnungen der Klerikalen sehr herabzustimnien geeignet war, um die gesammte CentrumSpreffe mehr oder minder deutlich die Drohung auSstoßen zu lassen, die Partei werke den Zug nach links verstärken, auS Pessimismus und Bosheit die Fortschritt-Partei unterstützen. die conser- vakivc Regierungspartei zun, „Prügelknaben" machen. Daß Da» keineswegs eine leere Drohung ist. weiß man au» ver- chiedenen Vorkommnissen bei den letzten ReichStag-wablen. Der Wahlaufruf de» CentrumS wird nun wohl einer gründ lichen Umaroeitnng »ntcrzogen werden. Schade, daß er nicht schon veröffentlicht ist; er wäre ein Zeugniß für die Raschheit deS Wechsels in der politischen Lage und für die Vielseitigkeit deS CentrumS. In der klerikalen Presse herrscht in Folge der nach ihrer Meinung durch den bekannten Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." bezeichnetcn Schwenkung der Kirchcnpolitik der Regierung andancrnd lebhafte Bewegung. Der „Wests. Merk." tibcrtrisft seine gestern erwähnten Äcußerungen heule nock an Deutlichkeit, indem er schreibt: Glücklicher Weise ist nun die Machtstellung deS TentrumS so bedeutend, daß wir immer ei» gewichtiges Wort mitredcn können. Wir haben die Macht, die ganze Steuer» und Social reform zu unterbrechen, und zunächst können wir schon beiden Wahlen der Regierung ein verständliche» Menetekel geben. Stellt sich wirklich heran«, daß die Regierung kein« weiteren Schritte thun will, um den Culturkamps zu beendigen — was wir vorerst noch nicht glauben — so machen wir die Regierung», vartri zu unserem Prügelknaben. Leider bilden diese Regierungspartei jetzt die ilonservativcn. Wir sagen „leider", denn wir hielten gern die Freundschaft mit den Conservativen aufrecht. Wir sind überzeugt, daß sie un» am Wohlwollendsten gegenüber- stehen, und das Einzige, wa« wir aus kirchenpolistlchei» Gebiete erreicht haben, nämlich da« Ultimoaesetz, ist nur mit ihrer Hilfe geschehe». Aber wa« kann uns da« Alle« helfen, wenn sie nicht lo viel Macht haben, die Regierung ans andere Wege zu drängen?! Sehen wir, daß die Regierung nicht einmal ein Geietz gutheißen will, welches im Reichstage mit einer Zweidrittel-Majorität be- ichloffen ist, dann bleibt uns Nicht- übrig, als bei den Wahlen Jeden zu bekämpfen, der gesteht, da ß er ein Fre und dieser Regierung sei. WaS die „Machtstellung" de» CentrumS betrifft, so wird darüber erst nach den Wahlen zu reden sein: sollten di« Wähler an den Conservativen daS Gericht üben, welches diese auch durck die Unterstützung der Kirchenpolitil der diScretionairen Vollmachten und de- BisckosSparagraphc» verdient haben, sollte also eine liberale Mehrheit in ka- preußische Abgeordnetenhaus einziehen, so ist e» in diesem mit der „Machtstellung" deS CentrumS vorbei; im Reich», tage hat dieselbe sich bekanntlich schon in der letzten Session erschüttert erwiesen, wie Herr Windthprst mehrfach erfuhr. — Die „Germania" droht in gebildeterer AuSdruckSweise der Sache nach ganz ebenso wie der „Wests. Merk." mit Be kämpfung aller Anhänger der Negierung bei den Wahlen. Der Artikel, in welchem DaS qpschieht, ist voll bitterster Ausfälle argen die Regierung-Politik; man bab« die Kirche auf daS Terrain der Maigesetze locken und ihr hinterrücks die Schlinge der fortbestehenden Gesetze um den Hals werfen wollen q. dgl. Bekanntlich tritt die Eichung der Schankgefäße im ganzen deutschen Reiche am 1. Januar 1884, also in kaum l'j, Jahren in Kraft. Der Reichskanzler hat, der „K. Z." zufolge, die Bundesregierungen ersucht, Veranstaltungen zu treffen, damit zur gegebenen Zeit keine Zögerungen eintreten Im preußischen Staate sind demgemäß auch schon Ver fügungen ergangen, denen zufolge bei Neuairschaffungen die Gast- und Schankwirtbe aus die Eichung der Gesäße Bedacht nehmen sollen, damit ihnen später die Kvstenlast nicht gar zu groß würde. Au- einer Tischrede, die der Staatsminister Turban ge halten, ist zu entnehmen, daß der Großhe.rzog von Baden in kurzer Zeit die Zügel der Regierung wieder zu ergreifen gedenkt. In Prag wurde am Sonnabend da« Urthril in dem dort verhandelten Socialistenprccesse verkündigt. Der Angeklagte Waigl wurdeweaenMajestät-beleidigung.RcligionS- störung und Gebeimbündelei zu 2 Jahren schwerem Kerker der Angeklagte Schuster wegen ReligionSstvnmg. Beleidigung einer gesetzlich anerkannten Kirche und Geheiinbündelei zu l8 Monaten schwerem Kerker, ll Angeklagte wegen Gebeim- bündelei und Uebertretuug de- PreßgesctzeS zu Arrest in Dauer von 6 Tagen bis 8 Monaten, mehrere überdies zu Geldstrafen Von 10 bi- 50 Fl. vcrurlheilt. Die Rüstungen Frankreich» zu einer etwaigen Ein mischung in Egypten werden mit fieberhafter Hast betrieben. Die Flotte wird seesertig gemacht in einem Umfange wie nock nie seit dem Krimkriege. Die Einschiffung eine- OperationS- corp». welche» jedoch vorerst 10,000 Mann nicht Übersteigen dürste, ist derartig vorbereitet, daß sie jeden Augenblick von Statten gehen kan». Wenn trotz dieser »msasscnden Rüstungen die öffentliche Meinung ,n Frankreich keine allzu große Beu»- rnhignng erkennen läßt, so hat DieS seinen Grund wohl wesentlich darin, daß man au- den öffentlichen Blau» und Geibhiichern, auS den wiederholten Regierungserklärungen in» Parlaniente und auS der Haltung der ossiciösen Presse die Ueberzrugung schöpfen zu dürfen meint, Herr von Frcycinct werde i» keinem Falle eine» Schritt thun, der nicht von vor» herein die Billigung der Ostmächte hat. Die Thronrede, mit welcher der König von Schweden und Norwegen am 2l. Juni den norwegischen Storthing geschlossen hat, beweist, daß man sich an teilender Stelle der Gefahren, mit welchen die radikalen Bestrebungen der Storthingmehrbeit die Verfassung und den Bestand der chwedisch-norwegischen Monarchie bedrohen, wobl bewußt »nd entschlossen ist, diese» Bestrebungen mit Einsetzung der Mackt und der Autorität deS KvnigthumS kräftigen und entschiedenen Widerstand zu leisten. In den nächsten Tagen steht ein Scandalproceß besonderer Art in Petersburg bevor. Ein Senator, der deS besten RuseS genoß, ist angeklagt, al« Vormund der natürlichen Tochter einer hohen Persönlichkeit sich aus Kosten einer Mündel bereichert und sie um 300.000 Rubel gebracht u haben. Beamte der politischen Polizei haben, wie be »auptct wird, durch eine Reihe von Gewaltübcrschrcitungcn und Willkürlickkciten die Verfolgung der Rechtsansprüche der Geschädigten zu verhindern gesucht. Schon seil längerer Zeit gingen in Moskau, wie dem „GoloS" geschrieben wird, Gerüchte über die Entdeckung einer roßarligcn Veruntreuung von Pulver. Blei und Zatronen, die in einem der beständig in Moskau siebenden Infanterie-Regimenter stattgefunden haben soll. Der Schul dige, ein Ossicier, der die ganze Intendantur deS Regiments unter sich hatte, soll der That geständig und schon vcr- jaftet sein. Wie aus Warschau gemeldet wird, hat der dortige Oberpolizeimeister in Ausführung der vom Minister deS Innern, Grasen Tolstoi, erlassenen Verfügung zur Hiiitan- haltung von Excessen gegen die Juden an die ihm unter gebenen Polizeiorgane ein Rundschreiben gerichtet, dcmzusolge cytcre streng darüber zu wachen haben, damit bei dem ge ringsten Anzeichen einer Belebung der antisemitischen Agitation die vorgeschricbcncn Vorsichtsmaßregeln sofort und rechtzeitig zur Anwendung gelangen. Täglich fast kommen Nachrichten au» Rußland über neu entdeckte Anschläge der Nihilisten. So findig sich aus der einen Seite die Polizei zeigt, ein so bedenkliche« Licht werfen diese Ergebnisse andererseits auf die Zustände de« russischen Reiche«, indem die russische Gesellschaft und vor züglich die OssicierS- und Beamtenwelt in ungeahntem Maße vom Nihilismus angcstcckt erscheinen. Ganz besonders cheint die Marine bi« hinaus inS Marineministcrium eine nihilistische Brutstätte zu sein. Die erfolgte Ent deckung einer Geheimdruckerei im Marineministerium, die den Selbstmord eine« Ministerialdirektors zur Folge batte, übersteigt alle» bisher Dagewesenc. Wahrscheinlich wird sich die russische Regierung — wie auch bei der Assaire Wolkow — auf» Leugnen verlegen; die Nachricht verliert dadurch gewiß nicht an Glaubwürdigkeit. Bei dieser Ge legenheit sei eine statistische Ucdersicht der im Mai und Juni verhafteten politischen Verbrecher mitgetheill. Es solle» deren im Ganzen K44 sein. Von diesen hatten nur 3l ein Gym nasium oder eine sonstige höhere Bildungsanstalt nicht besucht, lieber den Stand der Verhafteten ist weiter bekannt, daß lk Männer und 8 Frauen dem Lehrerstand angchörcn, l? dem orthodoxen KlernS. 8 der kaiserlichen Marine, 14 dem OsficicrcorpS, 5 sind Gendarmcrie-Osficiere. 9 Angestellte deS Kriegsministeriums, 13 gehören zur Provinzial-Ver waltung. 8 sind Zollbeamte, 4 Zollossiciere, 2 Thierärzte, 4 Militairärzte, 31 Studenten, 14 Grundbesitzer nnd Verwalter, l l Forstbedienstcte. DaS weibliche Geschlecht stellt weiter zu dieser Verlustliste 4 JnstitutSlebrerinnen. 13 Nonnen (davon I l im südlichen Rußland), 28 Studentinnen. Weibliche Aerzle und Studentinnen der Mcdicin sind nickt unter den Verhafteten. Treffen diese Mitlhcilungen nur einigermaßen zu, so erweist sich dadurch, wie sehr die Unzufriedenheit aller gebildeten Stände in Rußland mit dem Willkür-Regiment im Wachsen begriffen ist. Die Niederlage, welche Gladstone am Freitag im eng lischen Unterhaus« erlitten, hat ein« Cab inet« krisi-hervor- grrusen. Bei der drillen Lesung der irischen ZwangSbill wurde, wie bereit- telegraphisch gemeldet, die Forderung der Negierung, daß die Haussuchungen aus die Tageszeit beschränkt und zur Nachtzeit nur dann zulässig sein sollen, wenn eine geheime Gesellschaft vermuthet wird, mit 207 gegen 191 Stimmen verworfen. Vor der Abstimmung hatte der Premier minister erklärt, er habe, wenn diese Bestimmung abge lehnt werden sollte, seine persönliche Stellung in Erwägung zu riehen. Die Niederlage hatle di« Regierung ausschließlich der Abtrünnigkeit der eigenen Anhänger zu verdanken, kenn eine Menge Liberaler enthielten sich der Abstimmung und 2l derselben stimmten gegen den ministeriellen Antrag. DaS Ministerium trat sofort »ach der Abstimmung zusammen, um sich über seine Haltung zu berathen. Die „Times" empfiehlt der Regierung, die Abstimmung nicht al- ein Mißtrauen- Votum zu betrachten und die Entscheidung de- Unterhauses ruhig anzunchmc». ES gewinnt auch den Anschein, als ob Gladstone nicht zurücktreten wird, denn die „Daily NewS", welche der Negierung nahe siebt erfährt, Gladstone sei geneigt, sich dem Beschlüsse deS Unterhauses angesichts de- kritijchen S'andeS der Angelegenheiten im Inland« und AuSlande zu fügen. Aus Alexandrien vom 7. d. M. wird gemeldet: Der österreichische und der deutsche Consul haben ihre Landsleute zur Einschiffung ausgesordcrt. Die deutschen Handwerker wollen erst geben, wenn der Generalconsul sich rinschifft. Die Franzosen schiffen sich hastig eilt. Keichsvereill für Sachsen. * Leipzig, 9. Juli. Am bcutigen Tage wurde im Krystali Palast bier die ordentliche Ge »cralversain inlung de» Reich» ver ein- für Sachsen abgekallen. Nachdem Herr Vicebürgermcister a. D. I)r. Stepbani die Versamm lung eröffnet nnv deS Verlustes gedacht hatte, den der ReichS- vercin im letzten Jabrc durch den Tod der Herren Direktor <)oiicker nnd Biichbänktcr Geißler erlitten, wnrdeii pcr GeschästS- und der Eassenbericht vorgctragcn; der Vorsitzende knüpfte an die betreffende» Darlegungen die dringende Mahnung an eie Mit glieder, bei künstigcn Wablen rechtzeitiger in die Wablvvrbcrci- tungen zu treten. Nack Bestreitung aller Kosten ist dem Verein am JabrcSschluß ein Cassenbestand von I28l verblieben. Zn Casscnrcvisoren wurden die Herren Penzig-Dresden und Sicberl-Leipzig gewählt. Eine außerordentlich lebhafte, ast dreistündige Debatte, an welcher sich die Herren Zrof. 1)r. Biedermann, Directer Hasse, Penzig- DreSdcn, Dr. Gensel, Nnscbplcr, vr. mell. EbalybäuS- Dresde», Kutsch b ach-Scharfcnstcin, Sladtrath Hendel- DreSdcn, Böhme-Ebemnitz, Vr. Stepbani telhciligten, veranlaßt« der vom Vorstande deS Reichsvere'inS gestellte Antrag, wonach der Rcicbsvercin für Sachsen fortan den Na»,cn „Nati ona lliberal er Verein für Sachsen" »ihre», fest aus dem Bode» der »ationallibcralen Partei in, Reichstage sieben und, gleich dieser, seine volle Selbstständigkeit »ach reck'tS und linlS behaupten wird. Ter Antrag wurde schließlich mit allen gegen 4 Stimmen angenommen. Die Versammlung beschloß weiter einstimmig, den Vorstand zu beauftragen, die Vorberei tungen zur Abhaltung eine« nationalliberalen Partei tages für Sachten und Thüringen in der zweiten Hälfte deS MovatS Oktober zu treffen; die Wahl deS Orte« ür den Parteitag ist dem Vorstände überlassen. In den Vorstand wurden für da» nächste Jahr folgende Herren gewäklt: Buchhändler Bär-Zwickau, Pres, vr.'Biedermann, RccklSanwall vr. Blum. Kausmaiin nnd Sladlratb Döhlingrr, Fabrikbesitzer Dietel-Wilkau, HantelSkamnikrsecretair Vr. Gensel, Oberbürgermeister vr. Georgi, Fabrikbesitzer Holtz- mann-Breitcnbos, Stadtratb Hendel-Dresden. Kaufmann und Sladtrath Nagel, Fabrikant vr. Prc»bisch-Neichc>iau, Prof. Rühlmann-Ebciniiitz, Vr. Stepbani, Kaufmann Und Stadt rath Schars, NeichSgerichtSratb vr. Wiener, Prof. Geh. Rath Itr. Windschcid. Die Verkandlnngcn wurden mit einem von der Versammlung mit Begeisterung auSgebrachtcn Hoch aus Kaiser Wilhelm und König Albert geschlossen. vermischtes. * Gera, 8. Juli. Heute wurde hier da- zweite TodeS- nrtbcil in der diesmaligen Schwnr^crichtSscssion gefällt. Die Anklage bebandelte eine jener traurigen Geschichten vc"" Lande, welche so häufig zu Tedtscklag und Mord geführt baben. Die alten Bauern übergeben oder verkaufen den Kinde»-» unter für diese sehr günstigen tZetliigungen die Wirtschaft, Haus und He», sie bedingen sich Wohnung, den Nießbrauch einiger Sachen nnd ein Zehrgeld aus und setzen sich zur Ruhe. Aber diese Ruhe wird gestört durch die niedrigste Habsucht; de» Kinder» ist das Wenige, waS die Alle» gebrauchen, noch zu Viel; die letzteren leben dem »unnichrigc» Herrn zu lange, eS cntstebcn Streitig keiten. die zu Thällichkciten auSarten, »nd der Schluß ist — ein Verbreche». Ein solche« widerwärtiges Bild zeigte die heutige Verhandlung. Der Gutsbesitzer Jahn >n Lunzig (Neuß ä. L.)» ein in dem Orte sehr be liebter, als ruhig und gutinlllhig geschilderter Mann, ver- bcirathete im Jahre 1874 seine Atvptiv- »ud Pflegetochter init dem Weber Gottlicb Kober, dem heutigen Aiigeklaglcn. und verlauste Demselben sein Gut für 1000 Thaler, von welchem Preise Kober 400Thaler abbezahlle, während er die ver bleibenden 000 Thaler dem allen Jak» »ach und nach als Zehrgeld geben sollte. Ebenso hatte Jahn sich eine Wohnung in dem Gehöfte Vorbehalten; er wollte als „AuSzügler" in Frieden und Ruhe seine alten Tage verlebe». Aber er wurde seinem Schwiegersohn, dem Kober, sehr bald zur Last. Kober, eine verschlossene, gewaltlhälige Natur, der auch seine Frau mißhandelte, zahlte dem alten Jalm weder Zinsc»»ochZehrgeld, er entzog ihm Alle«, eö entstände» S treitigkeiten und Schlägereien zwischen den Beiden. bei welchen natürlich der alle Man» den Kürzeren zog, und endlich beschloß Kober, sich Desselben ganz zu entledigen, um in den unbestrittenen Besttz des GuleS zu kommen. Am 1l. Dccembcr v. I. überfiel er seinen Schwiegervater in einem Stalle deS GehesteS und erwürgte ihn. Er durchsuchte dann die Taschen des Ermordeten, nahm da» Geld, welche» Derselbe bei sich halte, etwa >7 uns hing kann die Leiche an einer Leiter aus, »in sein Verbrechen ru verdecken; man sollte glauben, der alle Jahn habe sich selbst erbängt. Der ganze Ort wußte aber sofort, daß ein Mord geschehen war. unv Kober wurde denn auch vcrbaskcl. Er leugnete in der Voruntersuchung und auch beute noch ver Gericht jcdeScbuld ab; erst den milden Er>»abn>l»gcn nnd übcr- zcugenden Werten de- Präsidenten gelang eS, den Ange klagten zum Gcstäudniß seiner Tbat zu bringen; er will die selbe jedoch nicht vorsätzlich, sondern im Zorn vollbracht baben. Durch die Zeugen und Sachverständigen war der Mord jedoch völlig erwiesen, so daß die Geschworenen die Schuldsragc bejahten, woraus dann der Gerichtshof daS T odcSurtheil aussprach. Halle a. d. S.. 8. Juli. Nicht geringe« Aussehen macht hier die heule bekannt gewordene Nachricht von der seiten- der obersten Verwaltungsbehörde der ReichSpest beabsichtigte Verlegung der hiesige» kaiserlichen OHer tz'ostdirectien nach Merseburg. In dieser Sache befand sich gestern StaatSsecretair Vr. Stephan hier. Veran lassung zu der Veränderung sollen in erster Linie dienstliche Rnckiichlen sein, nnd in Bezug hieraus wird hervergchobe», daß sämnitliche übrigen Oberpestkirectienen den Sitz mit der betreffenden königlichen Regierung gemeinsam habe». Ni« Halle bildete bi-ber eine Ausnahme, indem im Jahre >850 die Oberpostdircctien von Merseburg hierher verlegt worden ist. Die durch diese Domicilvcränderunq hier frei werdenden umsänglichen Räume im ersten und zweite» Stock de« großen Hauptpostamtes sollen zu Dieiistränmcn sur da« jetzt gesondert bestehende Haupt - Telegraphen»Amt verwandelt werden. * Karlsbad. 8. Jul». In der abgclausenen Woche sind hier 2 Selbstmorde vergekemmcii. Ein von der Polizei ansgegriffencS obdachlose» Subjekt bat sich im Polizei locale miNclsl scincS Leibriemen» ans Fo»sjorlrc»z gehängt
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