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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188208188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-08
- Tag1882-08-18
- Monat1882-08
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1882
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Urdactiou n»d Lrprdttio» Johannesgaste 33. Apdtklilliindrn Sri Urdacliou: VoimittaqS 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. Fltr dt« -luckg-d« km-riantrrr M-nuicn»t« «acht stch »i» dt«d«cl,»» u«t>i »«rdmdUch. Aiinabme der kür die nächftsslgeude Nummer -«stimmten Auirr«r« «» W«cheuta,e> dt« 3 Ndr Nachmittag«, an L«»u- und Festtagen srätz dt« si,V Utzr. 3n den Filialen für Zns.-Lnnahme: Otta Sir««. UniverfitchSssraße 21, . Laut« Lösche, Ikalharineystrose 18, v. «ur di« Uhr. UtMgtr TaMblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage >7,5«« ^doiuirmrnisprrls viertel,. 4'/, Mit.. incl. Bringerlod» 5 Mk„ durch die Lost bergen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 23 Pf. Belegexemplar Ul Pf. G bübren iür Eriradeilaq«» ohne Posll'efürberung >9 V!k. Mit Poilkefürderuiig 48 MI. Inserate 6qespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uuiercin Preis- verzeichntb Tabellarischer Sah nach höherem Tarif. Leetamen unter Len Krdaclioiisilrich die Svaltzeile öS Pf. Jmeratr sind stets an die <-rped>tton zu seade». — Rabatt wird l»chl geqeoeu. Zahlung prueuunieruimo oder durch P»st> Nachnahme. ^-230. Freitag den 18. August 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vrkanutmllllillng, „ pneuniatisehe Bierdruckapparate bete. Nachdem in neuerer Zeit wiederholt Zweifel daruder ange regt worden sind, von welcher Beschaffenheit und Stärke die zu den pneumatischen Bierdruckapparalen al» Leitungöröbren verwendbaren, mit Bleiniantel umgebenen Zinnröhrcn (Blei- Mantelrohren^ sein müssen, damit nickt im Lause der Zeit die Gefahr emlretc, daß daS Bier mit dem Bteimantel in Berührung koinmt, hat da- Königs. Ministerium de- Innern Inhalt- Beiordnung vom 29. Juni o. befunden, daß alS LeitungSröhre» bei pneumatischen Bierdruckapparaten nur solche Bleiinantelröhren zuzulasten sind, welche nach dem so genannten Hamon'scben Verfahren und zwar dergestalt her- gestellt sind, daß die Dicke de- ZinnrohreS eine ringsum gleichmäßige ist und wenigstens Ein Millimeter beträgt. I» Gemäßheit der Beiordnung der Königlichen Krcis- hauptmannschast vom l5. Juli o. wird dies hierdurch zur Nachachtung bekannt gemacht und werden die hiesigen Schank- stätleninhaber angewiesen, in ihren pneumatischen Bierdruck apparaten nur Bleimantelrohre der vorbcschricbenen Art, bei Vermeidung der in tz. 12 unsere- ortspolizeilichcn Regulativs, die Einrichtung und Reinhaltung der pneumatischen Bier- druckapparale in Leipzig betreffend, vom 24. Juni 188l, an- gpdrobten Strafe zu verwenden. Leipzig, am 15 August 1882. Der Nath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Harrwitz. Vekanntmachung. Die Anstrcicherarbeiteu an der Schloßbrlicke sind vergeben und werden die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber deshalb hiermit ihrer Offerten entbunden. Leipzig. 14. August 1882. Der Skath der Stadt Leipzig. vr. Geoegi. Cichorius. Die Inhaber der als verloren, vernichtet oder sonst als abhanden gekommen angezeigten Pfandscheine Int. 0. Nr. 23873. 30388. 48486. 49625. 58730. 62644. 65234. 69000. 69570. 74698. 76677. 86ülS. 94966. 9555». Inl. k. Nr. 1725. 2327. 23174. 49770. 50673. 50685. 52216. 52217. 52218. 54523. 55785. 56757. 56780. 63140. 63864. 63865. 65511. 73478. 73931. 76458. 7845S. 79356. 79357. 81832. 84257. werden hierdurch ausgefordert, sich damit unverzüglich und längstens bi- zum Ablauf von 30 Tagen nach der auf jedem der Scheine bemerklen Bersallzeit bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu beweisen, oder dieselben gegen Belohnung zurückzugeben, widrigenfalls der Leihhaus Ordnung gemäß ven Anzeigern die Pfänder auSgeliefert und die Inhaber der Scheine rhrer etwaigen Ansprüche daraus verlustig gehen werden. Leipzig, den 16. August 1882. Die Verwaltung de-Leihhanfe- «nd der Spareaffe. DaS am 17. September 1679 hier auSgesertigte Dienstbuch für Franz Richard! aus Äettin ist demselben abhanden gekommen und wird hiermit für ungiltig erklärt. Leipzig, den 14. August 1882. " Da» Pali»ri-««t der Stadt Leipzig. I. B.: Junck, Pol. Rath. Dgr., S. Ptkanilimachung. Die zu dem Nachlasse deS Hausbesitzers und Gärtners JahaitN Carl Andrea« Schulze m Stötteritz gehörigen, daselbst gelegenen und aus d«» Fol. 35 de- Grund- und HypothekenbuLS für Stötteritz untern IheilS und Fol. 58, 8l des Grund- und Hypothekenbuchs für Stötteritz obern Theils eingetragenen Grundstücke sollen auf Antrag der Erben im Ganzen oder Einzelnen freiwillig versteigert werden. Hierzu ist Montag, der 28. August 1882 Vormittag» 10 Uhr als BletungStermin anberaumt worden und werden die Reflektanten ersucht, am gedachten Tage im «asttzof zu« deutsche« Hau» in Stötteritz sich einzufinden und ihre Gebote abzugeben. Die näheren Bedingungen werden im Termine selbst bekannt gemacht werden. Leipzig, am 16. August 1882. Da» Söutgltche Amtsgericht daselbst» Abtheilung V. Sektion Id. i. B. Wirthgeu. Henke, Rsdr. Bekanntmachung, Armenhansbau betreff. Die Maurerarbeiten beim hiesigen Armenhausbau sollen zur Submission gegeben werden. (Die Auswahl unter den Submittenten bleibt jedoch Vorbehalten.) Kostenanschläge sind gegen Erlegung der Copialien im Gemeindeamte, wo auch die Bedingungen einzusehen sind, in Emvianazu nehmen und bis 22. d. Mts. ausgesüllt unter der Ausschrist: „Maurerarbeiten" daselbst versiegelt wieder abzugeben. Neustadt b/L-, den 16. August 1882. Der ttzrmcinderath. ^ Dietrich, G. Nichtamtlicher Theil. Staat und Papst-Lirche in Preußen. Allo Welt sah mit staunender Bewunderung, so lange ein Falk Minister in Preußen war. dem langwierigen und erbitterten Kampfe zu. der zwischen Staat und römischer Papst Kirckc entbrannt war. Indessen heute erfüllt das deutsche Volk »nr bange Sorge um da» Ende deS preußischen „EulturkampseS"; denn der «Staat Friedrichs de- Großen ist nahe daran, sich vollständig den Forderungen der Curie zu untcrwcrse». „Die Maigesetze waren ein Fehler; die müsse» wir beseitigen" — so soli Fürst Bismarck selbst zu Falk un mittelbar vor der von ihm beabsichtigten Umgestaltung seiner vaticanischr» Politik getagt haben; aber die Fehler der Putt kamer »nd Goßler scheinen, so meinen wir, noch größer zu sein, als der vielleicht manchmal übereifrige Kampscsmulh ihres Vorgängers im EultuSamte. Alle Welt weiß: der Kainpf mit der katholischen Kirche ist immer noch ein sehr schwieriger gewesen, so daß mancher gewaltige Staatsmann in demselben hal unterliegen müssen, während andere ihre Triumphe bald wieder untergehen sahen. Pombal, der freisinnig« portugiesische Staatsmann, ist mit dem Bewußtsein de» Unterlegenen gestorben. Joses II. sah seine Anstrengungen scheitern und selbst der Schöpfer des neuen Italiens, Cavour. den der Tod mitten auS seiner großen Laufbahn herauSriß. mag in seinen letzten Tagen noch erwogen haben, wie wenig Terrain er jener ungebeuren Macht abgerungen hatte, deren Haupt sich in der ewigen Roma be findet und deren mächtiger Arm über die ganze Welt hin weg ragt. Wenn man alle diese mannhaften Kämpfer gegen die An maßungen des römischen Priesterstaate» fragen könnte, ob sie eS für vortheilhaft hielten, sich nach jahrelangem Ringe» wieder mit dem mächtige» Gegner zu versöhnen, so würden sie daS für einen ungeheuren Fehler erklären. Und das mit vollem Rechte: denn wenn man dafür auch Gründe in großer Anzahl anführen kann, daß Nachgebe» in diesem Falle ein Fehler ist, so reicht doch schon die eine Tbatsacbe als Grund hin, daß die römische Hierarchie unversöhnlich ist. Dieser römische Priester-Staat ist zu Angriff und Abwehr die ge schickteste Organisation, die eS je in der Geschickte gegeben, bald herausfordernd, bald geschmeidig, aber stets — un- versöbntich und darum säst immer siegreich! Im Mittelalter, als die Staatsgewalt noch einzig und allein in der Person deS jeweiligen Herrschers verkörpert war, trat die Kirche als ein dein Staate gleichberechtigter Factor aus; ja, eS gab Staaten, wo die eigentliche StaatS- gemeinschast gänzlich hinter der Kirchcngemcinschast ver schwand. Im Besitze dieser Macht aber wurden Anders denkende von der Kirche mit Feuer und Schwert, und nur gar zu ost in wahrhaft teuflischer Weise, versolgt. Indeß die Zeit ist ander- geworden. Man erlebt zwar ab und zu im gegenwärtigen Jahrhundert ein Nachspiel jenes mittelalterlichen Zustandes, wie etwa in den dreißiger Jahren in Portugal, als der grausame Jesnitenzöglnig Dom Miguel den Thron usurpirle, und man hätte wieder ein solche- gesehen, wenn die Carlisten in Spanien gesiegt hätten: im Ganzen jedoch muß die Kirche vor dem modernen Staat, wenn er fest in seinen Grundsätzen ist, Schritt um Schritt zurückweichen und von de» Gebieten, die sie im Lause der Jahrhunderte an sich gerissen hat, eines »ach dem andern räumen. Der Kamps dreht sich gegenwärtig hauptsächlich darum, der Kirche jene Functionen'wieder ab- zunehinen, die ihr im Lause der Zeit in die Hände gespielt wurden, die aber dem Staate, als der bürgerlichen Gemein schaft. gebühren. Erst während der französischen Revolution zu Ende de? Vorigen Jahrhundert- wagte man, diesen Gedanken freier a»S- zusprechen und auch auszusührcn; heute ist derselbe mit mehr oder minder zweifelhaftem Glück in einigen Staaten Europas durcbgesührt. In Preußen aber, wo män diesen Fragen erst ziemlich spät nahe getreten, ist der Kainpf entbrannt um die Machlbesugniß und die Rechte deS Staate- gegenüber der Kirche, ohne daß, nachdem die Regierung in letzter Zeit eine immer beklagenSwcrthere Schwäche bewiese», Aussicht vorhanden wäre, auS der trostlosesten Versumpfung dcö „EulturkampseS" herauSzükommen. Wer wollte es leugnen: die vom Fürsten Bismarck im Verfolge seiner Kirchentzolitik gemachten Fehler rächen sich heute aus das Allerempsindlichste. Wer im Kampfe mit der Kirche siegen will, darf ihr keine Vorrechte cinräumen: daS lehrt die Geschichte. Die Kirchengemeiiischaft muß wie jede Vereinigung dem StaatSgrsctze unterstehen, dem allgemeinen, wie dem besonderen; sie Hat sich gehorsam dem Staate uiiter- zuordnen, wie jeder einzelne oder wie ganze Gruppen von StaatSbürbern. Das ist ihre Pflicht und Schuldigkeit. Allein man ist nicht nur aus halbem Wege bei der Bekämpfung vaticanischer Uebergriffe stehen geblieben, man ist sogar u»i- gekebrt und einfach nach Canossa gegangen, um die «stimmen deS UllramontaniSmuS für andere Staatszwecke und für die Herstellung einer RegicrungSmajorität zu gewinnen. Heute liegt in Preußen die Sache so, daß eS vom guten Einvernehmen der Curie mit der Negierung, daß eS vom Belieben deS CultuSministcrS abhängt, ob die noch bestehende Ausnahmegesetzgebung, über deren Nothwcndigkcit wir keinen Augenblick in Zweifel si»v, der ultramontaiicn Geistlichkeit gegenüber gehandbabt wird »der nicht. DaS ist die traurige Lehre von den „diScretionären Gewalten". Aber die Curie, anstatt sich dankbar für die an Schwäche grenzende Milde des Staates zu zeigen, bleibt unversöhnlich; so will eS die vati kanische Raison i Kaum sind die neuen Bischöfe, über deren Ein setzung man sich mit der Regierung verständigt hat, unter siirst sichen Ehren, unter Kanonendonner und Glockrngcläute. in ihre „Residenzen" eiiigezoge», so beginnt in Breslau schon aus Geheiß von Rom der neue Fürstbischof de» Kamps gegen die ..Staats pfarrer" »nd damit gegen den Staat selbst, der sie in Amt und Würden eingesetzt hat; wir fügen hinzu, mit einer Heftigkeit, die selbst in conscrvativcn Kreisen verdutzt hat. Aber auch die Regierung selbst ist von dem Vorgehen Herrn .Herzog'- gegen die schlesischen „Staatsvfarrer" wie verblüfft, und eS hält schwer, wie man uns aus Berlin meldet, den Grad von Entiiiuthiqung und Rathlosigkcit zu schildern, in welchen nach Zweifellos zuverlässigen Wahr nehmungen sowohl die engere» Rcgierungskrcise als die ein- sichlsvol'leren und weiterblickende» Eonservativen durch diese neue Phase des EulturkampseS versetzt worden sind. Freilick was diejenigen Eonservativcu. die sich um die Fahne der ..Kreuzzeitung" und des „RrickSbotcn" gruppircn, zu jenen Ereignissen sagen, ist wirklich ganz glcicbgitlig; denn ihr Staatsgesübl ist so vollständig in starrer Orthodoxie ertränkt und so vollkommen des echten protestantischen Geistes bar, daß ibre Blicke wie magisch auf den rettenden Strohhalm de» ultramontancn Bündnisses geheftet bleiben und etwas Anderes nicht mehr wahrzmichmen vermöge». Rühren sie sich trotzdem einnial aus die vom Eentrui» erhaltenen Fuß tritte, so verfallen sie sofort in daS Gegenthcil des ödesten Zelvtcntbttms; sie sind und bleiben für die geistige Durch arbeitiing und Bezwingung solcher Fragen, wie es die Ans cinandcrsetznng zwischen Staat und Eurie ist, vollständig un brauchbar. Dagegen sind die vcrstäiidigclcil Elemciile der Partei der Rechte» jetzt schon soweit gckeuiiiic», offen einzu gestehen, daß die Hilssinittcl einer auSgeivrochen konservativen Politik gegenüber dem Erntruin und dein Vatikan sich als unzulänglich erwiesen hätten, »nd sie scheue» sich nicht, das selbe Bckeiiiltiilß auch im Namen der Regierung und speciell des Fürste» Bismarck abzulegen. Das Bedenkliche der Lage besteht nach ihrer Meinung darin, daß der vor zwei Jahren noch mögliche Weg. den die Liberalen vorschlugcn, nämlich der einer Befreiung der Mai gcsetze von dem herausfordernden Beiwerk, jetzt auch nicht mehr zum Ziele führen kann, weil sich die Regierung zu tief mit dem Papste und dem Centrum eingelassen, uni aus deren nachträgliche stillschweigende Zustimmung zu einer derartigen begrenzten Revision rechnen zu dürfen. Einer starken und stetigen Politik hätte die Eurie Vieles bewilligt, aber nachdem der UltramontaiiisinuS den Staat einmal schwach gesehen, wird er eS nur noch für eine Prahlerei halten, wenn die- clben Männer jetzt plötzlich in den alte» Ton zurücksallen wollten. Da« fühlt man im gouvcrnemcntalcn Lager und weil es kein „Zurück" und auch kein „Vorwärts" giebt, so ist der augenblickliche kirchciipolltische Zustand geradezu stumpf- iiiiiigzu nennen, ein Zustand, kessen Früchte aber Niemand anders als daS stet- regsame, rücksichtslos ans den eigenen Vortheit bedachte, jedes Evinpromiß als ein Roßläuschergcschäst be handelnde Centrum rinheimst. Man beachte doch »ur, daß die Berliner osficiöse Presse bisher auch nicht ein einziges Wort für die Borgänge in Breslau übrig gehabt hat; offener al» durch dieses Schweigen tödlichster Verlegenheit kann man wohl seine Rathlofigkeit nickt eingestehe». Unter solchen Umständen und als eine der Nächstliegenden praktischen Folgen derselben be- estigt sich immer mehr die Uebcrzeugung. daß die Zeit der irckenpolitische» RcvifionSgcsetze einstweilen wohl alS abge- chlossen anzusehcn ist. Das letzte DiScretionSgcsetz wird ab- lauscn, ohne recht in Wirksamkeit getreten zu sein, und der neue preußische Landtag wild zunächst nicht in die Lage koinmen, sich über einen Ersatz dieser Pvlluiacbten „den Kops der Regierung zu zerbrechen". Vielleicht aber ist die Politik deö Abwarte»- und Nichtölhllns nach solche» Niederlagen der einzige AuSgang, der sich der Regierung darbietel, um riefe,, Wirrnissen wenigsten« eiiiigcrmaße», zu steuern. In einer beneirenswerlhen Lage ist die preußische Regie rung der triumphirciidcil Eurie gegenüber nicht; heißt eS doch bereits, sie würde, ui» das uttrai»onta>i-couservative Bündniß und die Regierungsmehrheit^ nicht zu gefährden, auch die „Staat-Pfarrer" opsern müssen, d. h. sie den Strauß mit dem Bischose allein aussechten lasten. IhrcS AmteS entsetzt, ihrer Bcncficicn beraubt, würden dann diese staatStrcucn Priester, welche daS Vorgehen Herrn Herzog'« frank und frei als „Anniaßung" bezeichnen, den Staub ihrer Pfarren von den Füßen schütteln müsse», um einer ungewissen Zu kunft entgegen zu gehen. Und so zieht aus diesem Stande der Dinge der Vatikan den Bortheil allein; kein Wunder also, wenn dem Ultra- montaniSmuS der Kamm immer mehr schwillt und die Nn- botmäßigkeit deS römischen Priestcrlhnm« sich nachgerade alS ein Krebsschaden erweist, welcher daS Werden und Wachsen deS deutsche» Nationalstaats, das innere EinigungSwcrk, bei dem sich alle Elasten unseres Polksthumö die Hände reichen sollten, aus daS Ernstlichste gefährdet. Eins ist aber gut dabei: daß die totale Niederlage, welche die preußische Ne gierung mit ihrer Politik der „Diöcretion" »nd der Nach giebigkeit erlitten, schlechterdings nickt mehr verheimlicht werden kann, vielmehr vor Aller Äugen ofsc» liegt. Vielleicht daß so die bessere Einsicht gefordert, Rom endlich in seine Schranken zurückgewicsen und der Gefahr vorgebeugt wird, daß ii» neuen protestantische» deutschen Reiche die Bischöfe die Ge setze auslcgen oder umgehen, wie c« ihnen beliebt oder de fohlen wird. Leipzig, 18. August 1882. Man wünscht in Preußen, und zwar mit Recht, daß jetzt mit der Bekanntmachung deS WahltcrniinS. bczw. der Beschlußfassung darüber, falls sic noch nicht erfolgt ist, nicht länger mehr gezögert wird. Die allgemeine Annahme geht noch iminer dahin, daß die Wahlen an einem Tage der zweite» Hälfte deS Octobcr stattsinden werde». Es ind also nur noch zwei Monate bis zu jene», bedeutsamen Ereigniß. Die Wahtbewegung hat bisher merklich unter der Ungunst der sommerlichen Jahreszeit und der seit den lebten Reichstagswahlen unverkennbar eingc- tretencn Abspannung und Erschöpfung gelitten. Nicht allenthalben kann ina» anerkennen, daß die Wähler von der hoben Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Entscheidung völlig durchdrungen und mit allen Kräften bemüht sind, ein günstiges Ergebnis; zu sichern. In vielen Kreisen sind die Wahlvorbereitungen noch weit im Rückstand; in manchen herrscht eine ungerechtfertigt finstere Stimmung, die geneigt ist. den Gegnern ohne Kampf den Preis zu überlasten; aus vielen anderen wieder wird von einer Zerfahrenheit und Verwirrung berichtet, deren schließlichcS Ergebniß sich jeder Berechnung entzieht und seltsame Uebcrraschungeii in sich schließe» könnte. DaS Gesamiiitcrgcbniß dieser Bewegungen auch »ur annähernd zu errathe». dürfte heute auch der erfahrenste Politiker sich nicht getrauen: eS liegen »ur u»zusai»menhä»gende Stücke vor, die zu einem Gcsaiiimtbild sich von ferne noch nicht gestalte» wollen. Den Sturz der reactionair - klerikalen Mehrheit im Abgevrdnetenbause jetzt schon als gesichert zu betrachte», wird Niemandem von der nationatliberalen Partei in den Sinn kommen. Andererseits hat der Liberalismus im All gemeinen mid die nalivnallibcrale Partei i», Besondern »ach den Berichten über die Stiiniiiiiiigcn und Aussichten, die auS zahlreiche» Wahlkreise» versiegen, durchaus keine Ursache zu verzagen und miithlos der Entscheidung ciitgegcnzublickcn. Die Dinge sieben dermalen keineswegs schlecht »nd sie könnten noch weit bester stehen, wenn man nicht über leidiger Fractivns und Perse»cncisers»cht häufig die Sache aus dein Auge verlöre »nd die drohenden Gefahren gering schätzte. Man darf Hessen, daß auch in dieser Beziehung die letzte» Woche» vor de» Wahlen noch Manchen zur Besinnung und zur Einsicht bringe» werde». Die Vorbedingungen zur Be seitigung der reactionair-ullrainontanen Mehrheit im künf tigen Aogcordnctenhause sind offenbar in der Ssimmnng des Volkes vorhanden. Sollte das Ziel gleichwohl nicht erreicht werden, so müßte man die Anklage erheben, daß eS an R»I>- rigkeit, Entschlossenheit und vor allen Dlnac» an Eintracht n»ter den Gegner» der in der letzten Gesetzgebungöperiode a» der.Herrschaft gewesenen parlamentarische» Verbindung wieder cinmat gefehlt hat. Die der deinokratische» Partei ziiiieigende» Fort schritt« blätter versuchen de» liberalen Parteien bei ihrem Versuche eine liberale Mehrheit für de» preußischen Landtag ; schaffen, Bestrebungen nnterzuschieben, dir von allen ei» sichtigen Liberalen einfach abgelchnt werden. Es ist naniciit- sich die „Berliner Zeitung", welche für die Wahlbewcgnng die Parole auSzugcben versucht: „Fort mit BiSmarck!" und die Nalionaltiberaten mit der Virchvw'schen Phrase „Dämmerungstiberale" abzuthun sucht So weit sind wir glücklicherweise den» doch noch nicht, daß daö deutsche Volk, oder da- preußische, eine Mehrheit inS Parlament chicken würde, welche sich die Ausgabe stellt, den Reichskanzler zu stürzen. Bis weit in die iortschrittSpartci hinein ist auch heute »och die Ucberzeiigliiig eststehend, daß die Verdrängung deS Reichskanzler« nicht zum Ziel genommen werden kann und darf. Da die „Berl. Z." icnilich vereinzelt dasteht und sonach mit ihren, Rufe keine» onderlichcn Schaden anrichte» wird, so hätten wir wohl keine Veranlassung, aus die Sache einzugeben, wenn nicht das genannte Blatt die Bekanipsung de« Reichskanzlers mit Mitteln betriebe, die im höchsten Grade bedenklich erscheinen und von jedem VaterlandSsreunde ernstlich geinißbilligt werden müsten, in welchem politischen Lager er sich auch befinde. Ein englisches Blatt, die „Moriilng Post", erzählt, Fürst Bismarck habe in einem Gespräch mit einem „anSwärtigen Diplomaten" geäußert, er habe Deutschland nicht so in der Hand, wie man glaube, eS befinde sich in den Händen der „Juden und Weiber", die eine wahre Furcht vor dein Kriege hätten. Wir wissen nicht, ob solche Albern- beiten beim englischen Publicum Glauben finden können. In Deutschland aber ist sich zweifellos Jeder darüber klar. waS er von solchen Geschichten zu halte» hat, und für unS Deutsche hätte eS auch der Zurückiveisung nicht bedurft, welche die Erzählung deS eiigsischcn Blatte- in der „Rordd. Allg. Ztg." findet. Tie „Berl. Ztg." aber bcinächligt stch dieser angeblichen Ac»ßer»»g deS Reichskanzlers. un> deiisclbc» unsriedlichcr Absichten zu verdächtigen und mit deutlicher Be ziehung von Staatsmännern zuspieche»,welche „leichte» HerzcnS einen blutige» Krieg bcrausbeschwören, wenn sie in der innere» Politik in eine Sackgaste gerathen und doch zu herrschsiichlig sind, ui» ihr Amt »iederzulegen." Eine derartige Aus beutung alberner oder böoivilliaer Erfindungen der ausländischen Presse ist frivol. Wenn Ein« unzwcisel- bast ist, so ist eS daS, daß der Reichskanzler fest und sicher eine dem Reiche zur Ehre und zur Förderung ge reichende durch das nationale Interesse gebotene Friedenspolitik versolgt i»i vollsten E»>verstä»d»iß mit der Friedensliebe der ganzen deutschen Nation. Deutsche Blätter sollten sich doch wahrlich nicht dazu hcr- gcbcn, derartige klägliche Verdächtigungen zu verbreite», welche höchstens den, Chauvinismus kriegSdürstiger Nachbarn Wasser aus die Mühle bringen könne», von allen ernsten Leulen aber in ihrer Abgeschmacktheit sofort durchschaut werden. Vor allen Dingen muß man gegen die etwa von gegnerischer Seite koinmciide Behauptung nn Voraus Ver wahrung eintegen, al» wäre ein solches Verfahre» — „liberal". Nirgendwo i» der preußischen Monarchie ist die diesjährige Wahtbewegung so weit vorgeschritten wie in den ehemals polnischen LandcStheilcn; besonders in der Provinz Pose», weniger in Westpreuße». An den polnischen Herren, die diesmal auf alle Bade-, ErholungS- und Ver gnügungsreisen verzichtet zu habe» scheine», könnte» sich all« änderen Parteien ein Beispiel nehmen. Seit Wochen sind sic uncrniüklich darin, tagtäglich KrciSwählcr-Versammlungen anzuberauiiic», in denselben die bisherige» Abgeordneten ihren Rechenschaftsbericht Vorträgen u»d neue Eandidaten ihr Glc»»bc»Sbckci»itniß ablegen zu lasten. Wenn auch nicht zu einer andauernden, ernsten politischen Arbeit in hervor ragendem Maße befähigt, so scheinen die Polen doch in einer lebhaften und energischen Parteiorganisation und Agitation besonders geschickt. Am letzten Sonntag haben sie nicht weniger als 7 Versammlungen in 7 verschiedencil Wahlkreisen abgehalte», die alle stark besucht gewesen zu sein scheinen. Auch Herr von NicgolewSki ist in einer der selben, in Kröbe», erschienen und hat sich selbst al« Eandidaten (für Fraust«dt-Kröbcn) empfohlen, indessen vergeblich, da ihn die Versammlung durchaus nicht aus ihre Liste setzen wollte. Dagegen ist e« ihm gelungen, in Inowraclaw und in Won- grvwitz auf die Liste zu kommen, freilich nur i» dritter resp. zweiter Reibe, so daß sein Name bei der endgiltigcn Fest setzung der Candidature» wahrscheinlich doch wieder änSsallcn wird. In Kröbcn hatte man iln» richtig wieder einen Geist liche», den früheren Abg. Probst RcSzondck, vorgezogen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bat den Stein der Weisen gefunden und erkannt, wie »»ser Volk zu beglücken ist. Daö Pindtcr'sche Blatt kann natürlich nicht vorhcrsehc», wie lauge eS den politischen Fraktionen noch ver gönnt sein wird, die Nation über DaS, waS ihr ain dringcildsten Noth tbiit, zu täusche». Jedenfalls deuteten die im Volke sich vollziehenden Grnppirungcii eher darauf hin, daß »la» zu dem politischen Fractionöwese» kein Vertrauen mehr bat — und daS müßte eine» »in so lebhaftere» IinpnlS zur Bildung einer Mittclpartci geben, welche aus de» Plan zu treten hatte: nicht mit Recepten für eine neue Weltord- iiung, sonder» mit den, feste» Willen, die coiistatirtci, Schäden der heutigen Zustände heilen zu wollen, nicht zur einseitigen Verfolgung von Elasten-Inlorcston bcrusc», sonder» zu dem Versuche, sic in Harmonie zu bringen.... Der ehemalige Gesandte v. MagnuS ist nickt, wie zuerst irrthüinsich verlautete, aus seiner i» Wahrbeit gar nicht erisiireudcn Besitzung in Württemberg gestorben, sondern in der Görlitzer Anstalt für Geisteskranke, i» welcher er seit langer Zeit untcrgebracht war, um endlich von seinem unheil baren Gchirnleidc» erlöst zu werden, lieber die Ursache der Krankheit wird »och Folgendes gemeldet: „Die von seinem Könige und alle» Personen, welche seiner Zeit Kenntniß davon iiahnicn, anerkannten auSgczcichiictcn Dienste, welch« der Verstorbene seinem Lande u»d dein »»glücklichen Kaiser Mar i» Meriko leistete, sind über dem „iinliebsanien Vorgänge" i» Kopenhagen vergessen worden »nd doch dürsten sic i» einem gewisse» Zusammenhänge mit dem selben stehen. War eS die uiiHehenere Ansregung der letzte» Tage des Kaisers, war cS die Einwirtiiiig des gesäbrsichc» KlimaS i» Mexico, welche die Veräiidcrni'.gcil im ganzen Wese» de« Verstorbenen b-rvorgernse», die Allen, welche iln» näher standen, nach seiner Rückkehr aussicl? Thatsache blieb eine solche; der sonst so lebhafte, irische Mann war ei» Anderer geworden »nt dieser Zustand steigerte 'ich, wenn auch zuerst langsam. Scho» vor der traurigen Katastrophe init l cer bekannten Bernhardt konnten die bäusigcr mit kein Ver» I storbeneii Verkehrende» sich niaiichc Reden unk zuweilen selbst
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