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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188208237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820823
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-08
- Tag1882-08-23
- Monat1882-08
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1882
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Erscheint täglich früh S'/. Uhr Leterti«» «nt Lnrtttl«» gohmmrSgass« W. S»rrchß,n»eu Zrr Urdacti»: Vnnnittag« 10-18 Uhr. Nachmitt««» 5—6 Uhr. BW, «i» VI»nukr<«„ «ich« sich »»»atz«, Xr f»r »t« »ächfts«I,r»^ »»««« »estt««»en Iuleralr a, S»ach«1«,e» »t« » vtzr «ach«ittaa». a» »—«.««» Feftta,«, «r»tz bi«'/,» Uhr. 2» »e» FUi«I«, für Ins.-2i»n«h«e: vtta Mn»», Unlverütät»strahe,1, L»»t« Lösche, Katharineustrahe IS,». »ur »t« '/.» Uhr. tiMgkr.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage L7.S00. Adonnementrvreis Viertels. 4'/, Mit.. inet. Brmgerlohn 5 Mk., darch die Post bezöge» K Mk. Jede einzrlue -siimmcr 25 Ps. Beleg^em-lar 10 Ps. Gebübren lür Lxtrabeilage» ahne Postdesörderung 3S Mk. «tt Posldcsvrdcrung »8 Mk. Inserate 6geipaltcne Petitzeile L0 Pf. Aröherr Schristea laut unserem Preni- verzeichniß. Tabellarischer Lay naai höherem Tarif. Urelamen unter den Kedactionsltrich die Svallzeile 50 Ps. Jalerate sind »er« an die Expedikton z» seade». — Rabatt wird mau gegeben. Aahtung pr»euu,uerm»ic> oder durcy Post- uawnahme. ^SL35. Mittwoch den 23. August 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Thetl. von Uktcola»« Tchlautttz, Bürger zu Leipzig, i« Jahre >5l2 gestiftete Stipendium von jährlich 3S^e l2-s ist von Michaeli« d. I. ad an einen Stukircnden au« dem Geschlechte der Schlautitz, in deren Ermangelung an hiesige BÜraerSsöhne, von uns auf 2 Jahre zu vergeben. Diejenigen Herren Studirenden. welche sich um diese« Stipendium bewerben wollen, veranlassen wir. ihre Gesuche »ebst den erforderlichen Bescheinigungen bi« zum g. September d. A. schriftlich bei un« einzurcichen. Spätere Bewerbungen können Berücksichtigung nicht finden. Leipzig, am 18. August 1382. Der Nath tzer Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 23. August 1882. Graf Hatzfeldt, der noch immer „interimistische" Leiter de« AuSwSrtigen Amt-, tritt >n diesen Tagen seinen Urlaub an, Baron de Courcel, der französische Botschafter am Berliner Hose, hat sich bereit» in die Sommerfrische begeben. Der erste Vertreter de« Fürsten BiSmarck also und der ossicielle Beglaubigte desjenigen Staate-, aus welchen die deutsche Politik in allen ihren Bewegunacu noch immer die vornehmste Rücksicht z» nehmen hat, verlassen einen der Brennpunkte der europäischen Diplomatie in dem Augenblick, wo der Krieg in Egypten wirklich entbrennt. Man wird nicht umhin können, diese beiden, äußerlich so unvereinbaren Vorgänge al« ein gewichtiges Moment der Beruhigung anzuerkenncn. Wenn die seiden hervorragenden Diplomaten sich und ihren Collegen in Berlin rm Augenblick kein Wort über die Krise am Nil und Suezkanal zu sagen haben, so wird zum Mindesten die Annahme erlaubt sein, daß e« in den letzten Zähren größere Gefahren au« internationalen Verwickelungen gegeben hat. Die von Pari« au- verbreiteten Gerüchte, nach denen Fürst Bi-marck sich zur Zeit in der Lage eine« Manne« befinde, de, sich zwischen zwei Stühle gesetzt, erschüttern nicht den Glauben an die Stetigkeit und Zielbewußtheit der deutschen Politik» so schwer e« auch oft dem unbefangenen B;oback>tcr ankommt, die «rschmnemde D»ld»»g gq«, «gm»» mit der zweifellosen Bedrohung in Einklang zu bringen, die an« der dauernden Besetzung Egypten« durch die Engländer für da« Gleichgewicht der Welt entspringen muß. Eine Erklärung sür dje Annäherung de« Kanzler- an da» Eabinet Gladftone will man u. A. darin finden, daß sich die namhaften Ent- schädigu»g«ansprüche deutscher Staat«angeböriger. welche in Alexandrien Verluste erlitten haben, nur durch die Mithilfe Eng land« wirksam verwirklichen lasten würden; e< wird hinzugesügt, daß Fürst Bismarck in dieser Hinsicht im Besitz bestimmter Verpflichtungen seiten« de« Londoner Eabinet« sei. Die Angabe hat, wie man gestehen muß. etwa- Glaubhaftes; dag sie die BiSmarck'sche Politik erschöpfend umschreiben sollte, ist indessen schwerlich anzunehmen. Die jetzt herrschende Wahlbewegung läßt einen de- merkenswerthen Unterschied gegenüber der vom vorigen Jahre erkennen. Sie vollzieht sich in weit größerer Stille und Ruh«. Während bei den jüngsten Rcich«tag«wahlen Monate vorher «ne fieberhafte Geschäftigkeit herrschte, die Candidaten der verschiedensten Parteien unermüdlich da« Land durchzogen und selbst in den kleinsten Dörfern ihre Vorträge dielten, mit Flugblätter und Aufrufe aller Art in ungezählten Masten da« Volk überschwemmten, findet da« Alle« jetzt nur in viel bescheidenerem Umsange statt. Die Agitation mag. je mehr sich der Wahltermin nähert, an Lebhaftigkeit noch etwa« zunehmen, zu einer solchen Schärfe und Erregt heit wi« i« versiosiencn Jahre wird sie jedenfalls nicht mehr gelangen. Man wird darum nicht ohne Weiten« von einer Wahlmüdigkeit de« Volke» sprechen dürfen, wenn wir auch zuzebrn, daß hie und da Erschöpfung. Gleich giltigkeit, Schwarzseherei und Zurückhaltung mehr um sich gegriffen haben, als e« im Interesse eine- frischen öffentlichen Leben« liegt. Man wird auch nicht sagen dürfen, der Reichs tag ziebe vermöge der ihm obliegenden höher» Ausgaben da« Interesse so sehr aus sich, daß andere parlamentarische Körperschaften darunter leiden. Wie wichtig der preußische Landtag angesichts der schwebenden Fragen der Kirchen-, der Steuarpolitik. der Derwaltungsrrsorm u. s. w. ist. kann ja Niemanden entgehen, der nur den geringsten Antheil am öffentlichen Leben nimmt. Wir glauben auch, daß man im Allgemeinen die jetzt im vergleich zum Vorjahr herrschende größere Ruhe und Stille nicht mit Gleich giltigkeit und Erschlaffung verwechseln darf. Wir hoffen, ein« solche Auffassung wird wenigstens von liberaler Seite entschieden Lüge gestraft werden. Der Grund, warum die bltweiiea an FanaliSmuS grenzende Erhitzung der Gemüther. wie sie im vorigen Jahre berrschle, jetzt offenbar von ferne nicht erreicht wird, liegt ohne Zweiiel vonug-weise in der Verschiedenheit de» Wahlsy iem«. Je mehr, wie bei dem allgemeinen direkten Wahlrecht kie Masten, die an Zahl überwiegenden unteren Volksschichten den entscheidenden Ausschlag geben, um so mehr muß sich die Agitation auch an diase Kreise wenden, um so ursprünglicher», derbere mitunter auch rohere Formen wird sie annehmen. um so mehr wird sie an aufreizenden Darstellungen» an Uehertreibungen, an drastischen Schilderungen, an populärer, »st auch vulgärer Beredsamkeit Gefallen finden, den Leidenschaften schmeicheln und sie aufstacheln, die Absichten der Gegner in rin gehässige- Licht sehen, selbst zu persönlichen Schmähungen greiwn. kurz, sich aller jener mehr wirksamer ai« ehrenhafter und invraliscker Mittel der SlimmungSbearbeitung bedienen, denen wir im vorigen Jahre mitunter in recht unerfreulicher Weife begegnet sind. Da« indirekte Elassenwabi- system räumt ja den höheren und gebildeteren Vvlk«classen eine weit größere Entscheidung ein al« da« allgemeine direkte. Wir wollen heute die Vorzüge und Nachtheile beider Wahlsysteme nicht gegen einander abwäqen. Daß die politischen Leitenichaslni, der Haß und Fanatismus unter der Herrschaft deS letzteren weit mehr ausgestachelt werden, daß »uler ihr die Erregung der Gemüther tiefer, selbst bi« zu recht bedenklichen Erscheinungen dringt, lehrt schon der ober- flächlickste vergleichende Blick aus die jetzige und die vorjährige Wahlbcwegung. Der heute in Preußen wieder hochwogende Cultur- kampf fordert zu Rückblicken in vergangene Zeiten herau«; e« mag daher an Folgende- erinnert werden. AuS den preußischen Staatsarchiven ist kürzlich wieder ein Band hervorgegangen, der über da» Verhällniß Friedrich'« de-S Großen zur katholischen Kirche Aktenstücke enthält. Die Zeit war allerdings eine andere al« jetzt. Der Ton de« absoluten König« ist der Zeit angemessen und kann mit dem heutigen Stil der Verhandlungen nicht verglichen werden. Gemeinsam ist aber die Zähigkeit der römischen Curie und die Gewandtheit der Personen, den Staat gelegentlich im Dienst der Curie zu überlisten. Milten >n einem Erguß de« König- über seine tolerante» Gruntsäne klagt Derselbe doch: „Ich rathc der Nachwelt, dem katholischen Klcru» nur dann zu trauen, wenn man authentische Beweise von seiner Treue hat." Er hatte früher an dem Grasen Schafsgolsck einen ergebenen Bischofs- candidaten zu baden geglaubt. Derselbe hatte sich sofort nach der Besebung Schlesiens für Preußen erklärt und kalte zahl reiche fast überschwängliche Versicherungen seiner Treue und Ergebenheit für den König abgelegt. Der König hatte ihm ge glaubt und da er erfahren, daß kaS Domcapilel in BreSlau gegen Schaffgolh opcrirle, so erließ Friedrich an den Minister Münchow «ne äußerst drohende Ordre gegen den Führer dieser Opposition. Die« bals auch. Sckäffgotsch wurde in seine tewpoi all» eingesetzt und spielte die ihm vor- aeschriebene Rolle, wie Münchow sagt, ganz akmirabel. Es war ja Sitte, sich gegen die Ucbernahme eines so göttlichen Amte- zu sträuben, weit man zu unwürdig sei. Nach Allem wa» man liest war eS diesmal nur eine Schau spieler-Rolle, denn der Bischof scheint in der Tkat nur die tempoialia geschätzt zu haben und daS Domcapilel hatte inneres Recht gehabt, ihn nicht als Bischof zu wünschen. Um nun auck den Papst zur Beslätiguvg zu vermögen, schickte der neue Bischof einen ihm ganz ergebenen Domherrn nach Rom und alS Menschenkenner auch ll>—12.000 Thlr. zur Bestechung deS päpstlichen HofeS. ES schien Alle« nicht zu helfen; daS Domcapitel und die österreichische Negierung waren zu starke Gegner, bi- der König wieder einmal seine Stimme hören ließ und schrieb: „Ich bin entschlossen, keinen andern Bischof in Schlesien zuzulassen, ich glaube hinlänglich in dem Ruf der Festigkeit zu stehen, um dem römischen Hof jede Hoffnung zu nehmen, mich durch allerlei Verzögerungen ermüden zu wollen." Nun erst ging die Sacke. Der entzückte Bisckos wollte ..da« Gefühl ewiger Dankbarkeit bewahren, sich durch eracteste Treue und vollkommenste Ergebenheit und exempla rische C o » du i t e »Nsetben Gejühle seinem Klerus «»flöße»." Nach 2»/,M»«>»t«schrc>bt derKönig schon von Kalt sinn de« Menschen; der Vffckof stellte Geistliche an. die politisch dicht genehm waren, und vernachlässigte andere, ver diente Männer. Der elende Heuchler ging g Jahre fpätcr offen aus bi« österreichische Seite über, als er cS mit Sicher- heit konnte. Die Moral au« diesen Geschichten ist nicht so einfach zu ziehen. Am dcMichften ist nock l) daß nur Festig keit de« Staate« im Verkehr mit Rom etwa« hilft und daß 2) da« Dupirtwerden de« Staat« bei seinen Verhandlungen mit Rom eher passirt al« der Curie. Ter äußerliche Grund, mit welchem politische und kirch liche Reackionaire bisher immer ihren Ansturm gegen da» verhaßte CivilstandSgesetz molivirte», war die „Entchrist- Uchung" der Massen, welche auS ihm Hervorzehen sollte. In Preußen besteht das Gesetz nun schon seit 8 Jahren, und »«an hat während dieser Zeit seine Wirkungen in völlig ans «ichender Weise beobachten könne». Wa« die kirchliche Ein- seanung der Ehe betrifft, s« ist auch bereit« ziffermäßig fest gestellt, daß die Zahl derjenigen Ehepaare, welche sich nickt kirchlich trauen lassen, von Jahr zu Jahr znrückgcht uuv I-ioen nennenSwerthen Derhältnißsatz zu der Gesammtzisser der geschloffenen Ehen mehr auSmacht. Jetzt liegen nun auch die Aisfern Uder die versäumten Kindertausen vor und diese beweisen erst reckt, daß VaS von orthodoxen Stimmen erhobene ^Wchrri über die vielen Tausende von Kindern christlicher ltern, die jetzt al« „Heiden" auswachsen sollten, geradezu sikival war. I« vorigen Jahre begann die Einschulung solcher Kinder, welcher «ach Einführung deS CivilstandS- gesctze- ungetanst hätte» bleiben können. Eine vom evange lischen Oberkirchenrath «»gestellte Ermittelung der Zahl der Ungetansten, die in die einzelnen Provinzen eiugeschulk worden sind, hat nun ergeben, daß nur in ganz verschwindenden Fällen die Taufe di» zum 6. Lebensjahre unterblieben ist, und daß «eistenlbell« di« Einschulung den letzten Termin sür die Nachholung der Taufe bedeutete. In den einzelnen Gebiet« theilen de« preußischen Staate- herrscht dab-i eine große Vcr sckiedenheit. In Rheinland (wo die EivisiiandSgesetzgebung seit beinahe einem Menschenalter besteht) und in Westfalen ist in keinem einzigen Falle der Einschulung eine Taus verweigerung sestgeitellt worden; in Pommern, abge sehen von Stettin, in einem Falle. In Schlesien wurden 45 Kinder unaetauft in die Schule ausgenommen, von denen indeß al-vald 25 getauft wurden. In Ost- und Westpreußcn wurden 5t Häkle constatirt, von denen bei 31 die Taufe erfolgt ist und nur in drei Fällen eine bestimmte Weigerung kundgegeben wurde. In Sachsen sanken sich 91 ungetanst eingeschutle Kinder, von denen 7 t nachher getauft sind. In der Provinz Brandenburg (außer Berlin) fanden fick 32 Kinder, von denen 6 nach der Einschulung getauft wurden. In Berlin selbst wurden 224 Kinder »n- aetauft einacschult. in den Bezirken der KreiSsynoden Berlin- Land und Derlin-Evlln-Land 32 Kinder. Davon waren schon 108 bi- zum Sckluß de- vorigen Jahre« getauft. Jeden fall« beweisen diese Ziffern anch, welch starken Zwang zur nachträglichen Taufe die Forderung de« Tauszeugnisfe« für die Anmeldung zum Schulbesuch auSgeübt hat. Die Zurückhaltung, welche die preußische Regierung in dem Streite wegen der StaalSpfarrer sich und ihren Organen auserlegt hat. scheint zu beweisen, daß die schweigende Unterwerfung jener Geistlichen unter den Willen deS Fürst bischof« von BreSlau ihr die am wenigsten unangenehme Lösung der Frage sein würde Unterwcrsen sich aber — wie e« allem Anschein nach geschehen wird — diese Pfarrer nicht, geht dann der Bischof mit diSciplinarischen Maßregeln vor und rufen die Betroffenen, wie Herr Sterba gedroht hat, den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten an, so steht die Regierung schon insoser» vor einer argen Verlegenheit, als zur Zeit so viele Stellen in demselben unbesetzt sind, daß er gar nicht actionSsähig ist. Der Regierung wäre eS jedenfalls da- Liebste, wenn sie ihn gar nicht wieder in« Leben zurück zurufen brauchte. Die am Sonntag in Neu Münster versammelten Ver trauensmänner der nationalliberalen Parte» beschlossen, unter Ailsreckterhattung ihre- nationalliberalen StandpuncteS ür die bevorstehenden LandtagSwablcn ein Zusammengehen mit den übrigen liberalen Parteien in der Provinz. Ober- landeSgerichlSrath Sckütl wurde beauftragt, die Verhand lungen mit Hänel und dessen Parteigenossen weiterzusühren. Der ehemalige SenatSsccretair von Hamburg, vr. Eckardt, war bei seiner Uebernahme in den preußischen laatSdienst unter Ernennung zum Geh. RegierungSralh dem Ministerium de« Innern zugewiesen worden, lieber die bisher streitige Frage, welche Thätigkeit Herrn vr. Eckardt in seiner neuen Stellung zusallen werde, giebt das eben er schienene Preußische Staat-Handbuch sür 1882/83 jetzt amt liche Auskunft. Vr. Eckardt findet sich beim Berliner Polizei präsidium in dem Reffort für politische Polizei, Preß- und VereinSsacken. und zwar al« erste« Mitglied, wenn auch nur als Hilfsarbeiter, verzeichnet. Mit der Leitung deS genannten Ressort« ist gegenwärtig Landrath Keßler beaustragt. Laut telegraphischer Nachricht ist Herr A. G. MoSle, früher langjähriges RcichSlagSmitglied sür Bremen, in Rio de Janeiro gestorben. Die verantwortlichen Redakteure von zebn Münchener Zeitungen sind, wie die „Voss. Ztg." meldet, aus den 30. d. M. vor da« AmISgerickl München I. geladen; sie sind beschuldigt, die Veröffentlichung eine« amtlichen SchrislstückS. und zwar deSVerweisungS-ErkenntnisseS de« Reichsgericht« in den, »iehrerwähntcn LandeSverrathSproceß, vorge- nonii»en zu haben, ehe dasselbe in öffentlicher Sitzung deS Landgerichts zur Verhandlung gelangt war. Die Anklage be züglich diese- ProcesseS wird in der Sitzung de« Landgericht« am 28. d. M zur Verhandlung gelangen. Wie auS Wien gemeldet wird, hat der bekannte NeichS- ratliSabgeordncle v. Schönerer für den 24. d. eine große Volksversammlung in Linz ausgeschrieben, welcher da« Pro gramm der neuen deutschen BolkSpartei zur Beschluß fassung vorgclegt werden sollte. Jene will bekanntlich von dem gegenwärligcn Parteiwesen im österreichischen Parlamente und auch außerhalb desselben Nicht- wissen und stellt sür die Deutschen Oesterreich» eine Reihe Überaus schneidiger Punkte und Forderungen aus. Man durste sich daher auf stürmische Verhandlungen gefaßt mache», aber wegen eine« Todesfalls in der Familie v. Schönerer ist die VolkSversamiiilung aus die erste Hälfte de« nächsten Monat« vertagt worden. In Brünn wird die Vergewaltigung der Deut schen durch die Czechen iminer gesetzloser und gefährlicher, ja cS ist dort sogar ein Attentat gegen einen Deutsche» versucht worden. Vorerst ist dem KönigSfcldcr Zuckersadri- kanten Bauer ein anonymer czechischer Brief zugegangen der die Drohung enthielt, man werde Bauer'« Fabrik in Brand stecken, sailS er nicht mit den Czechen stimme. Bauer übergab den Brief der Polizei und traf in seiner Fabrik die »ölhigen Vorsichtsmaßregeln. Wenige Tage später ward auf den Buchhalter der Fabrik. Herrn Wcnliczla, der trotz seines czeckifchen Namen« zu den Deutschen bält, von der Straße her ein Scknß abgeseuert, als der Buchhalter in seiner Parterrewohnung gerade da» Adendbrod einnahm. Tic Kugel zertrümmerte eine Fensterscheibe, fuhr nahe am Kopse Wenliczka'S vorüber und blieb in der Wand de- Zimmer- stecken. Die Untersuchung gegen diese« schändliche Attentat ist bereit« im Zuge. In Prag wird am 28. August der große Socral- deinokraten-Proceß beginne». Die ersten Tage werden die Verhandlungen gegen die Socialdemokraten Schmied, Muckenschnabel. Schlosser, Psnkawa und Strunz in Anspruch nehmen. Die Anklage lautet aus Versuch des Umsturzes der bestehenden Staat-Verfassung im Wege sociat- Vemokratischer Umtriebe. Die Triester Kosfer-Asfaire erhält die österreichischen Blätter noch immer in Athcm. Wie eS heißt, war die Nach richt von brr Durchsuchung der Druckerei Batcstra irrthümtick; «in« behördliche Eommisfion erschien nur bei dem dort in Condition stehenden Setzer Franz Simonetti, dann bei der Braut desselben und bei deren Vater. Bei allen drei Per sonen soll die Durchsuchung resultatlo« geblieben sein. Die Triester Sicherheits-Behörde verständigte die Polizei in Ve ne dag telegraphisch von der Kofsersentüng. Wie die „Gazzclta Vt Venezia" mittbeilt, hat die dortige Polizei entsprechende Vorkehrungen getroffen, daß die nach Trieft abgchenden Eisenbahiizüge und Dampfer von Organen der italienischen Polizei sorgfältig überwacht werden. Die halbamtliche „Adria" meldet, daß auch aufrührerische Proclamalionen mit der Ueberschrifl: ^11 purläto ckell' urione" in Umlauf seien. AuS Bern wird gemeldet, daß am 27. August auf dem Schlosse Wyden bei Ofsingen zur Erinnerung an den fo genannten „Soeialdemokratifchen Welt-Congreß' von >880 von den Züricher Socialdemokraten rin Partei sest abgehalten werden soll, zu welchem auch deutsche ReichStagSabgeordnete Einladungen erhallen haben. Die ui» halb t l Uhr Vormittag- beginnende Versammlung wirb unter freiem Himmel stattfinden. Eine besondere „Festrede" ist unter dem Titel „Die allen und neuen Raubritter" an- gekünbigt. Die erfindungsreichen Franzosen sind in ihrer wahrhaft lächerlichen Splonenriecherci fo weit gegangen, die in Monceau-leS-Mine- vorgekommrnen Unruhen fremden Send- lingen, d. h. den Deutfche», in die Schuhe zu schieben Nickt minder ingeniös ist da- Bemühen der republikanischen Presse, die Verdrängung der Franzosen auS Egypten alS eine Niederlage der ÄiSmarck'schen Politik darzustellen. Die Trauben sind freilich sehr sauer, nachdem England in Sachen Suezcanal sich der Actien und der Action bemächtigt hat und die Herren Franzosen daS Nachsehen haben. Wahrhaft köstlich ist die Resignation, mit welcher die Pariser Presse sich mit den Ereignissen absindet. Der „Temp-" bringt einen Artikel, in welchem die Ucberlegrnheil Englands zur See über alle anderen Mächte zusammengenommen hervorgehoben wird. In vemselben heißt e« weiter: „England ist und bleibt Herr de« Snrzcanal-. weil eS jederzeit Denjenigen bewältigen kann, welcher ihn sperren wollte, und ankeren«» Jedem, welchem eS will, den Canal verschließen kann. England ist glücklicher weise ein« Nation, welche den Frieden liebt »nd ibre Interessen mit Bill'gkcit zu versöhnen sucht und zwar derart, daß auch schließlich der Suez-Canal, wenn er unter dem kräftigen Prolcctorate England« steht, sich unter eine»» sehr erträglichen und zufriedenstellenden Regime befinden wird." Der „TcmpS" ordert in Folge Dessen die Conserenz zu Konstanlinopel aus, ich fortan, um Tinte und Papier zu ersparen und sich nicht der Lächerlichkeit auSzusetzen, Protokolle, betreffend die Ncn- tralisirung und Erklärungen, betreffend den Schutz de« Suez- Canal-, zu versagen. — In gleichem Sinne äußer» sich die übrigen französischen Journale. — Ta- „Journal des DebatS" bespricht die letzten Bewegungen der englischen Truppen, welche zur Basis ihrer Operationen den Canal gewäblk hätten, und sagt, die überraschende Schnelligkeit der Be wegungen mache dem General Wotscley alle Ehre. Dasselbe Blatt giebt dem französischen Cabinet den Rath, sich keinem Widerspruche gegen die englische Action anzuschließe». wünscht England Erfolg und constatirt schließlich, daß die Türkei ihr koppelte- Spiet niemals ausgegeden habe. Im Auswärtigen Amte zu London eingetroffene De- peschen bestätigen die Meldung von dem Ausbruche eines Aufstande« in Korea in vollem Umsange. Der könig liche Palast sowie die japanische Legation wurden ange griffen und außer dem König und der Königin auch ein in Diensten der Regierung von Korea stehender japanischer Ossicier gelödtet. Ter König war energisch in seine» An- irenaungcn gewesen, da» Land dem auswärtigen Handel auf- zuschlicßcn, und die» zog ihm die Feindschaft der Anhänger der AuSsckließungSpolltik zu. ES heißt, daß in Korea seit ge raumer Zeit eine von einem höchst einflußreichen koreanischen StaatSmanne geleitete Partei bestand, deren Wunsch eö war, die Fremden zu vertreiben und zu dem allen Stande der Dinge zurück- zukehren. ES ist die Aristokratie, welche ähnlich wie m China die Mandarinen und in Japan die großen Feudalherren rüherer Zeiten von dem Eindringen der Fremden die Ver nichtung ihres EinstnffcS befürchten. In jüngster Zeit scheint diese Partei durch FortschrittSmänner, welche dem Verkehr mit dem AuSlande günstig gesinnt waren, verdrängt Ivorden zu sein und eS war unter diesem Regime, als die Verträge mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien jüngst ge schlossen wurden. Diese Handlungen müssen den Gefühlen der Anti Fremdenpartci unerlräglich'gewesen sein. Ihre eifersüchtige Entrüstung bat sich jetzt in offenen Feindseligkeiten gegen Aus länder offenbart, in»vcsonder«gegen die Japanesen, weil dieselben zuerst da« fremde Element m Korea eingesührt hatten. Die drei dem ausländischen Handel geöffneten Häsen in dem Lande sind Fussan, GenzanShm und Genzin. China wie Japan haben lange nach dem Lande geangelt. Da die jetzige Be wegung sich gegen die Japanesen richtet, so glaubt man natürlich, daß China die Hand im Spiele hat. Wenn e« zum Kriege >»it Japan kommen sollte, werden die Japanesen gewaltige Anstrengungen machen muffen, um die Oberhand zu gewinnen. Tie Koreaner, ein kräftiger Menschenschlag, mögen acht bis zebn Millionen Menschen zählen; sie sind mit Kriegsmaterial wobt versehen und verfügen sogar über ge zogene Kanonen. Wenn sie gar in der That Perbindunacn mit China unterhalten, so könnt« e« in Hintcrasien zu ernsten Verwickelungen kommen. AuS Buenos AyreS ist in Lissabon eine vom 24. Juli datirte Meldung eingetroffen, welche besagt, daß den neuesten Nachrichten auS Chili zufolge die Cbilrnen die militairischen Operationen gegen Peru wieder ausgenommen haben. ES haben bereit« mehrere kleine Gefechte st'attgcfunden, in welchen die Chilenen stet« siegreich gewesen sein sollen, ausgenommen in einem Zusammentreffen, wo 75 Chilenen einer Streit macht von 2000 Peruanern gegenüber sich weigerten, die Waffen zu strecken und sämmtlich getövtet wurden. LuchhSMer Hermann Lirchner s. N.Vsk. Leipzig. 22. August. Der Tod räumt gewaltig aus unter den Leipziger Veteranen de« Buchhandels. Am gestrigen Tage erlöste er rasch, aber sanft einen Leidende», der feit süns Wochen schwer danieder lag, Buchhändler Hermann Kirchner. Nächstes Jahr würde Dieser das 40jährige Jubiläum seiner Selbstständigkeit und seiner gegen wärtigen Firma haben feiern können. Der Verstorbene ist feit Neujahr >813 hier allein etablirt, seine Buchhandlung ist noch scckS Jahre älter, da sie bis zun» August >836 zurückreicht, wo sie Kirchner L Schwctschle hieß. Hermann Tbeobor Alexander Kirchner war vorzugsweise Commissionair. Verlegkrisch thätig halte er seine Laufbahn begonnen. Tie Meßkataloge von 1843—46 z. B. ver zeichnen ca. 40 Novitäten, die er m jener Zeit aus den Markt brachte. Al« Commissionair hatte er die Vertretung einer kleine», aber gediegenen Anzahl auswärtiger Hauser, namentlich aber auch deS periodischen Organ- deS Deutsche» Börscnvcrciiis, de« Börken blatte« für den Deutschen Buch Handel", dessen Debit neuerdings ausschließlich durch den Buchhandel, nicht mehr durch die Post, auch nicht mehr sür Private aus dcm Publicum erfolgt. Unter seinen Committenten befinden sich größere Buch handlungen von Berlin, Bonn, Königsberg, Halle, Paris, London und Zürich. In der Geschickte de« BörsenvercinS der Teutscken Buch händler hat er sich einen Platz gesickert nicht dloS al« Vertreter der Erpedition de- Börsenblattes, sondern auch durch langjährige Thätigkeit al« Mitglied teS Verwaltung«- aussckusses bei», Vorstand jene« Vereines. Wir sehen seinen Namen al« den de« Ausschußvorsitzenden im Jahre >862/63 anfgesührt. Er behält den Vorsitz bi« 1867/88, wo B- Brigl mit ibm abwcchselt, da« nächste Jahr steht er aber wieder an der Spitze und bleibt in dieser Stellung bis 1873, wo er die Wiederwahl ablehnt. In der Collcgenwelt war Kirchner als ein charaktervoller, ernster, nur anscheinend, nickt in Wirklichkeit schwer zuqäng« sicher Fachgenosse von gemeinnütziger Gesinnung sehr angefehen. Alle, die ihm näher traten, erkannten den edlen, mann hasten. hochherzigen Kern in raulier Schale. Seine Mit arbeiter lernten ihn nach strenger Schulung und Comptoir- zncht al- einen trefflichen Principal von Geist und Herz schätzen und verehren, seine Committenten konnten aus ihn wie ans Felsen bauen, wo e« ihre wahren Interessen ins Auge zu fasten und geltend zu machen galt. In dieser seiner Treue war er ein wabreS Muster, dessen eiserne Grundsätze sich auch ans Die übertrugen, die unter ib», arbeiteten. Ein fleißiger Arbeiter von früh bis Abend, kannte er keine Sckoiinug
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