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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188208240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820824
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-08
- Tag1882-08-24
- Monat1882-08
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1882
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Ke-action und Lkpröttio» Johanne-gasse 33. Aprrchlinndrn drr Nrdaction: VoniattagS 10—12 Uhr. Nrndnüttags S—6 Uyr. Für die DiUckzad« nn-rfanttcr Varmlenvie Macht sich d»e Atedact»»» ouvt »erdwdUch. UciMcr Elnnabme »er kür »i» »ächftfolge«»« «»mmrr »rfti««ten A«ser«te «« W»»euta,e« »>« L Ntzr Nackmit»«,», a« L«u»- ,„>» Festtage» tritzüta'/.O Uhr. In den ckilialru für I»s.-Ännahmn ktta klemm, ttnlverütLIsstraße 21. Lauis Lösche, Katkcirineiistraße 18, p. »nr »>« i,L Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Auflage 17,500. ^oonnemrnlsvreis vierrelj. 4'/, MK. incl. Brmqerlokn ä 2yk., dura, die Pos« bezogen 6 Mk. Jede einzelne dlummer 22 Pf. Beleczereinplar 10 Pi. Gebülirrn iür Extraoeilciqr, ohne Postdesörderuiiq 02 Ml. UNt Poftbewrderunq 48 Mk. Inserate Sgespaltenc Petitzeile 20 Pf. Größere Schritten lau« unserem Preis- verzeichmß. Tabellarischer Sa- na« höherem Taris. Ueciamrn unter den Uedaetiousllrich die Svaltzeile 30 Ps. Inierake sind stets an die ExpeStliou zu ieadea. — Radall wird nicht gegeben. Zahlung praeuumeranao oder durch Post« namnahme. 23«. Donnerstag den 21. August 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Steckbrief. Kegen den unten beschriebenen Oekonom Hugo Arndt aus Clicmnitz in Sachsen, srnyer auch in Nicder-Reundors diesigen Be zirke- wohnhas«, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Diebstahls verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhalten und in das hiesige Gerichts-Gesängniß abznliefern. Rothenburg O/L-, den 4. August 1882. «önialtcheS Amtsgericht. Beschreibung: Alter: 28 Jahre. Größe: 1.78 m. Statur: untersetzt. Haare: dunkelblond. Stirn: hoch. Bart: dunkelblonder Bollbart. Augen brauen: dunkelblond. Augen: braun. Zähne: vollständig. Kinn: oval. Gesichtsfarbe: gesund. Sprache: deutsch (sächsische Mundart). Besondere Kennzeichen: keine. Pckanntlliachillig, Eo « r « r « über das vermöge« »es KansiuaunS Lamuel Krank betr. Das am 20. Februar 1880 eröffnet« Loncursverfahren bezeichnet«» Betreffs ward« aus Grund Beschlusses vom heutigen, nachdem der Schlußtermin heule abgeyalten und bezüglich der Schlußvertheilung das Geeignete versagt wurde, ausgrhabr». Fürth, am 21. August 1882. Königlich»» Amtsgericht. (1,. 8.) gez. Rauch. Nichtamtlicher Theil. Die Feier des Sedantages. DaS deutsche Volk hat auch in diesem Jahre die ernste Pflicht, dafür zu sorgen, dag ihm die Feier seines großen NativnalfcsteS. daß ihm sein Sedantag nicht verkümmert werde, ein Festlag. über besten volksthümliche Begehung wiederum der Streit in der Presse entbrannt ist. Mit sichtlichem Behagen verzeichnen gewisse Blätter jeden Ort. in welchem man beschließt, eine ojficieste Feier nicht statlsinven zu lasten. DaS ist nun freilich immer so ge wesen; bedauerlich bleibt aber der veränderte Charakter, »»wichen die böswillige Agitation gegen die Sedanfeicr in den letzten Jahren angenommen hat. Anfangs waren eS lediglich die mit den Errungenschaften von 1368 und 1870 bis znr Unversöhnlichkeit unzufriedenen Elemente, von denen der Widerspruch anSging. Man behauptete, daß ein solche- Fest nur ein Tummelplatz für gefährliche kriegerische Renommisterei werden könne; in Wahrheit aber hatte man die Absicht, die Stärkung dcS Nationalgefühls, welche auS der Feier hervorgehen mußte, zu verhindern. Die Erfahrung hat gezeigt, wie wenig die Befürchtung einer Ausbeutung deS SedantageS in kriegerischem Sinne begründet war. Der ansrichtig friedliche Geist, welcher die auswärtige Politik de» deutschen Reiche« ununterbrochen geleitet hat, er ist auch in unserer nationalen ErinnerungSseier stet» vvrwaltenb gewesen. Hätte cS sich um eitle Prahlerei ge handelt. so wäre wahrlich der Tag de» Falles von Paris ein ungleich geeigneterer Gedächtnißtaa gewesen. Die Absicht war aber vielmehr, jene» Gefühl sestzuhalten, da« bei der Kunde deS Sieges von Sedan durch unser ganze» Volk ging, da» Gefühl, daß nunmehr daS letzte große Hindcrniß unserer nationalen Einigung überwunden, daß diese Einigung durch da» herrlich bewährte Band der Waffenbrüderschaft aller deutschen Stämme auf immerdar fest gegründet sei. Ein seit Jahrhunderten fest geeinigte» und stark centrali sirteS Bvlk. wie daS französische, mag diese Bedeutung unsere- FesteS nicht verstehen können; e» ist begreiflich, wenn e» sein eigene- Bedürsniß der selbstgefälligen Bespiegelung in mili- tairiscken» Ruhm auch un» unterschiebt. In unserem Volke aber stand die Ueberzeugung überall fest, daß die Sedanfeier nichts Andere» sein wollte und sein sollte, ab» der Ausdruck unserer Freude über die Wiederherstellung eine- deutschen Reichs. Wenn nunmehr seit den letzten Jahren auch von Seiten, welche bi» dabin an dem Nationalfeste theilgenommen. Widerspruch gegen dasselbe erhoben wird, so kann daS nicht anders gedeutet tverden, als daß man jene Freude nicht mehr für angebracht hält. Wir können Da- nicht billigen. Die Entwickelung, welche unser nationale» StaatSwesen seit einiger Zeit im Innern genommen, ist ohne Zweifel für manche, auch für unsere Auffassung, wenig erfreulich. Aber de-halb dürfen wir un» doch nicht die Befriedigung über die wiever- gewonnene nationale Einheit verkümmern lasten. Muß man denn erst daran erinnern, daß vaSjenige, wa» wir heute unzweifelhaft besitzen, uns noch vor zwanzig Jahren al« ein in Weiler Ferne winkender Preis erschien, würdig, ein ganze» Leben daran zu setzen, um ihn zu erringen oder auch nur seine Erringung vorzubereiten? Andere Völker mögen gegen ihre seit unvordcnkticher Zeit bestehende staatliche Einheit gleichgiltig sein; da« deutsche Reich aber ist noch viel zu jung, um das überall lebendige Bewußtsein von dem Werthe dieser Einheit entbehren zu können. Fünfzig Jahre, meint unser großer Feldmarscball, würden wir jederzeit bereit sein müssen das ans Frankreichs Schlachtfeldern Errungene zu verlbei- digen. Wie soll diese Vertheidigung gelingen, wenn die Freude an dem Errungenen dahin ist? Ü»S wenigstens, dem heute lebende» Geschlecht, die wir da» lange Sehnen nach den, einigen Deutschland noch empfunden, unS sollte daS Gejühl der Dankbarkeit für daS Uber die kühnsten Hoffnungen hinau- Erreichte niemals, auch Lurch die widrigsten Umstände nicht, zurückgedrängt werden. Im Gegentheil, je trüber sich der Augenblick anläßt, um so bereitwilliger sollten wir die Gelegenheit ergreifen, unS über daS kleinliche Gezänk deS Alltag- hinauszuheben und unS voll und ganz unserer großen Zeit wieder bewußt zu werden. In diesem Sinne, Hessen wir, wird daS Nationalscst deS 2. September unserem Volke erhalten bleiben! Möge cS überall im weilen deutschen Vaterlande mit jener Begeisterung und BolkStbümlichkcit gefeiert werden, wie cS bisher in unserer Stadt der Fall war, und wie eS, so Gott will, auch in Zukunft sein wird. Leipzig, 24. August 1882. Herr Herzog, der neue Fürstbischof von Breslau, hat durch seine staatsfeindliche Haltung die preußische Regierung endlich veranlaßt, sich in einer sehr wichtigen Frage zu äußer». Die lzentige ossiciöse „Nordd. Altg. Zlg." bringt einen Artikel Uber die gemischten Eben, der zwar pelennsck gehalten, immerhin aber erkennen läßt, wie betreten die Regierung «on den bischöflichen Kundgebungen ist. Die oppositionelle fresse beschäftigte sich — so schreibt die „N. A. Z." — seit iniger Zeit mit einer Anordnung des Fürstbischofs von ZreSlau, durch welche angeblich die Bedingungen, unter denen bisher de» Katholiken die Eingehung einer Ehe mit einem Evaimelischen gestattet war, insofern erschwert werden, als die Einsegnung einer solchen Ehe durch einen katholische» Geistlichen verboten wird, falls vor oder nach derselben eine ans die Eheschließung bezügliche geistliche AmtSbandlung durch einen nichlkalholischcn Geistlichen statlsindet. In dem liberale» Pager sei man eifrig bemüht, eine moralische Vcranttvortlicbkeit der Regierung für diese Anordnung zu construiren und auS der- elben die Nelhwendigkeik zu folgern, daß bei de» bevor- iebenden Wahlen nur OpposilionScandidalen in da» Abgcord- nelenhanS gesendet werden. DaS ossiciöse Blatt consialirt aber ausdrücklich, daS betreffende Proclama stehe in einem offen kundigen Widerspruch mit zweifellosen Grundsätzen de« kanonischen Neckt« und der in der Kirche bestehenden Hebung. Inwiefern derselbe durch die Anordnung einer höheren kirch lichen Instanz veranlaßt worden ist. müsse dahingestellt bleiben. Jedenfalls aber sei die höhere Instanz berufen, chlennigst Rcmednr eintreten zu lasse». In Preußen habe sich die Staatsgewalt allgemein daS Reckt gewahrt, trennende Ebebindernisie ansznstellen und im Gebiete der bürgerliche» Rechtsordnung znr Geltung zu bringen, wogegen die Beobach tung des von den staatliche» Norme» abweichenden KirchengesctzeS dem Gewisse» der Katholiken überlasse» worden ist. Eine rechtliche Bedeutung habe jencS Proclama für die preußische Regierung daher nicht, wohl aber eine politische. Die „N. A. Z." vertraut, daß man sich dcsie» an zuständiger Stelle wobt bewußt ist. Wenn die oppositionellen Blätter daran», daß seitens der Regierung über die in dieser Angelegenheit zu ergreifende» oder bereits ergriffenen Maßregeln bisher Slill- chweigen beobachtet worden ist, gehässige Schlüsse zögen, so nehme daö keineswegs Wunder. Fortschrittlicher wäre es rcilicb, wenn sofort die KriegStrom mel gcrabrt würde. Jn- deß die fortschrittliche Politik und die Staatswcishcil wandele eben verschiedene Wege, und daß dem so sei. gebe auch wieder in diesem Falle daS Gefühl ruhiger Zuversicht Also die „Norddeutsche!" An waS aber nicht Alle» die bösen Äbcralen Schuld sind! - Der brave „Staatspfarrer" Sterba rechtfertigt sein Verhallen gegenüber dem Fürstbischof von BreSlau in einer Zuschrift an den „NeichSbolen". Darin führt er auS, da» Donicapitel habe die Thalsacke, daß die StaalSpsarrer in einem Schreiben den Bischof als Oberhlrten anerkannten, gegen sie benutzt zu der Schlußfolgerung, sie hätten sich in die (Gewalt dcS Bischofs begeben und sich dem Staalüschutz entzogen. DaS sei ei» Hinterhalt, ein Ucbcrfall, für den er den Bischof in seiner eigentbiimlich schwierigen Stellung zu de» BrcSlauer Parteiführern nicht verantwerttich mache. Tic Indignation über dieses Vorgehen des BicariatSamteS habe ihm den Brief an den Fürstbischof eingegeben, zu dem übrigens, wie er ausdrück lich hinzusügt, seine „EonfralcrS" noch keine bestimmte Stellung genommen haben. Die in Neumiinster abgehaltcne Versammlung von Vertrauensmännern der nationalliberalen Parte! der Provinz Schleswig-Holstein hat, wie schon kurz erwähnt. daS von Herrn Hauet angeregte Wahlcompromitz der liberalen Parteien angenommen und eS werten nun die weiteren Verhandlungen über die praktische Ausführung diese- Beschlüsse» beginnen. Die praktische Ausführung wird viel leicht größere Schwierigkeiten bereiten als die Verständigung im Princip. Indessen wir wollen hossen, daß man be» allscitigem guten Willen auch über die Candivatenfrage sich verständigt. Daß die- mit Herrn Hanel und seinem näheren Anhang gelingen wird, bezweifeln wir nicht, zweifelhafter ist c», ob die Fortschrittspartei Richtcr'scher Obedienzda» Wahlcompromiß anerkennen und zu seiner Honellen Ausführung die Hand bieten wird. Znr Förderung der Einigkeit schreibt heute bereilS daS specielle Richter'sche Organ, die Berliner „Volkszeitung": „Die ganze mit so großem Ge räusch in Scene gesetzte Einigung der liberalen Parteien in Schleswig-Holstein läuft also praktisch aus nichts Anvere» herau-, als die fortschrittliche Strömung daselbst einzudäminen, cS den Wählern zu erschweren, den fortschrittlichen Reich- tagSwahlen in den betreffenden Kreisen auch fortschrittliche LandtagSwahlen folgen zu lassen und den NationallibcraliSmuS künstlich Uber Wasser zu halten". Bei der gegenwärtig in Deutschland herrschenden s'oli tischen Lage wird die Bildung einer Mittelparte» und die Bildung einer großen liberalen Partei wohl niemals verwirklicht werben können. Einigungsversuche könne» in dessen nickt schaden; umsomehr ist die Lästerungsmcmier der Extreme von recht» und links zu verurtheilen. Treffend bemerkt die freiconservativc „Post", der Streit über die Mittelparteien, wie er jetzt geführt wird, sei ein echt deutscher Streit um dcS Kaisers Barl. Die politische Welt sei nicht zwischen Abriman und Ormnz gclheilt, sondern cS gebe in ihr hundert Schaltirnngcn, die bald in einander lausen, bald sich wieder trennen und grnppircn, und Mittclparteien habe eS immer gegeben, werde eS immer geben. Trotz dessen habe der Streit eine schlimmere Seite. ES könne, so lange die Partei des CcntrumS exislirt, in Deutschland und Preußen niemals zwei Parteien geben, sondern immer drei. DaS Centn«»! behalte sich freie Hand nach links wie nach rccht» und eS möge sich nun auf diese oder jene Seite wenden, die gegnerische sei — um den allermildestcn Ausdruck zu gebrauchen — majorisirt und da» sei leider da» wahre Ziel derjenigen welche sich verbünden, um die „Mittclparteien" zu bekämpfen Aus da» BegrüßungStclegramm dcS conscrvativcn rheinischen Parteitag» hat der Reichskanzler Fürst BiSmarck nach der „Ny. W. P." folgende eigenhändige briefliche Antwort ertheilt: „Barzin, 17. Ängust 1832. Euerer Hockwehlgeboren danke ich verbindlichst für den Ausdruck der Zustimmung der in Barmen versammelten Eonscrvcitivc» und freue mich, daß ich auf deren Mitwirkung bei Erstrcbung der Ziele rechnen kann, welche in der Allerhöchsten Botschaft vom 17. November uns vorgesteckt sind. Herrn Freiherr» v. Plettenberg Mehrum, v. BiSmarck." . Mit gerechtfertigter Spannung sieht man dem AuSgang deS ProcesseS entgegen, welchen der Kaufmann Schlich t eisen in Lauenburg gegen den ehemaligen Landratb von Bennigson-Fördcr wegen Freiheitsberaubung an gestrengt Kat. Diese Assaire bildet einen Bestandlbeil des unerquicklichen CapitelS Berli» g - Bennigscn, welches der preußische» Regierung bei den vorjährigen ReichSlagSwablcn o viel geschadet hat, und sie erhält ans» Neue einen starken olilischen Beigeschmack dadurch, daß der Oberpräsidenl von Schleswig Holstein durch die Erhebung deS Eompetenz- onfliclS in den Gang de» ProcesseS eingegrissen bal. Nachdem .Herr Schlichtesten bei der Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft niit seiner Klage abgcwiesen worden, ist daS Kieler Oberlandesgericht auf erhobene Beschwerde der Ansicht beigetrelen, Laß Herr v. Bennigsen Fördcr vor de» Richter gehöre. Trotzdem inlervenirt derOberpräsidentSteinmann mit der Competenzcinrede, und eS kann nicht fehlen, daß somit die öffentliche Aufmerksamkeit aus cincn Fall gelenkt wird, der nnler anderen Umständen in der Grenze eines privaten RcchlSbandelS geblieben wäre. Für den ehemaligen Land rath steht freilich im Falle einer Vcrurtbeilung viel auf den» Spiele, da daS Vergehen der FreibeilSberanbnng. dessen ihn Herr Schlichtesten bezichtigt, mit mindestens drei Monaten Gesängniß geahndet wird. Aber, ob eS geschickt war. zu einem so zweischneidigen Mittel zu greisen, steht doch noch tabin. Von großem Interesse wäre eS, zu erfahren, ob daS Verfahren des Herrn Steinmann beim Minister von Pult- kamcr ausdrückliche Billigung gefunden hat. Wie die „Allgemeine Zeitung" meldet, wird sich im Aus trage Sr. Majestät de» König» von Baien» der Obersl- Hefmarschall Freiherr v. Malsen am 26. d. Nt. »ach Bau» berg begeben, um während der Anwesenheit Sr. k. k. Hoheit beS deutschen Kronprinzen bei den daselbst statlsindcu- dc» Manövern die HonncurS zu machen. Herr A. G. MoSlc ist, wie schon gemeldet, vom Vater land«: fern, gestorben. Er war an» 8. September 1327 i» Bremen geboren, halte in seiner Vaterstadt die übliche kausinännische Bildung genossen und sich im Jahre 13 l8 in Rio de Janeiro niedergelassen, wo er bis zun» Jahre >362 ctablirl war und die Stellung eines Bremischen Gencral- censuls bekleidete. 1363 siedelte er wieder nach Dculschland über und betrieb von da ab in seiner Vaterstadt ein große- Handelsgeschäft. 137l wurde er zum ersten Mal in den Reichstag gewählt (gegen seinen nationalliberalen Parteigenossen H. H. Meier), auch 1374, 1377 und 1878 gelang eS ihm, seinen Sitz zu behaupten. Ais er aber »n der leytverstosiencn Legislaturperiode auS den, sreihändlcrischcn Lager in daS schutzzöllnerischc überging u»v nr alle wirlhschaftlichen Proiecte deS Fürsten Bismarck liinmte, verleugneten ikn seine visherigcn Wähler vollständig. Da er keine Aussicht mehr hatte, in Breme» jemals wieder eine Rolle zu spielen, wandte er Europa im vorigen Jahre den Rücken und ging nach Brasilien, wo den überaus thätigen unv edlen Mann jetzt ein vorzeitiger Tod hinweggerasft hat. Der Selbstmord eines russischen Marineossi- cierS, der sich auf der Fregatte „KnjaS PoSharski" während deö AusenlhallS derselben im Hasen Kiel erschoß, machte vor kurzer Zeit großes Aussehen; man suchte die Gründe zum Theil in nihilistische» llmlriebe». zun» Theil in einer Ver ralhSaffaire nach Mciling'schcr Art. Inzwischen hat man in den hinterlasienen Papieren desselben folgenden Brief gesun den. welcher Licht über die Motive verbreitet: Ich erschieße mich, weil ich die Anzeichen herannahenden Wahn sinnS verspüre. Das ChaoS, welches in den Büchern herrsch«, »var nicht von mir beabsichtigt; eS ist die Folge nieiner Unkennlniß von der Buchführung und von meiner Leichtfertigkeit hinsichtlich meiner dienstlichen Obliegenheiten. Obgleich es mir jetzt vollständig gleich- ailtig ist, welche Meinung irgend Jemand von mir haben niag, so sage ich doch aufrichtig, daß von vornherein keine böse Absicht vor handen war. Jelisarow (»nein Gehilfe^ ist durchaus unschuldig. Er brachte Alle- in Unordnung, weil ich mich um Nichts kümmerte, wa» er »nachte, und da er selbst von der Sache nicht das Geringste versteht. Alle Gegenstände, die in den Büchern verzeichnet sind, sind von der Fregatte nirgends wohin verschleudert worden; wenn sic sich trotzdem nicht vorsindcn, so kommt das daher, daß manche zwei Mal anacschiiebci» sind und daß ich mir über vieles Material, das ver abfolgt wurde, nicht habe Quittungen geben lassen. Vier Jahre lang befand sich die Fregatte auswärts, und in dieser ganzcn Zeit herrschte durch meine Schuld große Unordnung in dem Rechnung» wesen; natürlich ist schließlich die Verwirrung so groß geworden daß eine Entwirrung und irgend welch« Klarlegung rein un möglich ist. Die Cominandeure sind ebenfalls unschuldig, da sie sich um die Details nicht bekümmern konnten; ich aber, der ich ein saules und leichtsinniges Leben sührte, verschwieg und verheimlichte Viele», weil ich glaubte, daß am Ende Alles gut ablaufcn würde. Dieser Glaube muß wohl mehr und mehr verschwunden sei» je mehr daö Schiss sich der Heimath näherte, bis endlich der unglückliche Ofsicier, unter der Wucht seiner Verantwortlich keil erliegend, sein Leben gewaltsam endete. DaS deutsch geschriebene Czechenblatt. die Prager „Politik", fordert die österreichische Regierung nochmals aus. gegen daS „deulsch-irredentistische Treiben in Oesterreich" energisch einznschreitcn. Damit ist die ganze deutsche Partei in Oesterreich gemeint, welche, nach der An sicht deS genannten EzcchcnorganS, auS lauter „Hockver rälhcrn" besiehe, die hinter Schloß »nd Riegel gehöre». Jene Forderung der „Politik" ist um so »»ibcgrcislicher, »veil eS Thatsache, daß die deutsche Partei in Oesterreich leider immer machtloser wird, ja in einer bedenklichen Zerbröckelung be griffen ist. Um die bisbcrigc „deutsche Partei", wie sie im RcichSratbe vertrete» ist. bekümmern sich die VolkSkrcise schon lange nickt mehr und die sogenannte „neue deutsche BolkSpartci" steht vorläufig nur ans dem Papier. Der sonst ganz tüchtige dcntschgesimite Rcichötagsabgeordnele v Walterskirchen, der auch von der Bereinigten Linken deS ReichSratheS auSgeschicden, hat sogar von einem Theilc seiner Wähler ei» „M«i;trane»Svvtum" erhalten, waS srcilick nicht viel besagen will, wenn man den politischen Unverstand der oherstcicrmärkischcn GebirgSbaucrn und ihre sehr greisbarc malericlle Interessen verfolgenden Führer kennt. Jndeß weise diese Dinge zweiscNcS daraus hin, daß cS der deutschen Parte in Oesterreich leider sehr an Einigkeit gebricht, während ihre Gegner, die Slawen, aus ihrer ganzcn Linie i» geschlossenen Massen Vorgehen. In Reichend erg in Böhmen sind die Redactcurc dcS socialdcmokratischcn Platte- „Der Arbeitersreuiid", Wilhelm Kiesewctter und Wenzel Ncödawa, verhaftet und d Strafkammer übergeben worden. — Weiler wird auS Neichen berg gemeldet: „In unserer bisher ganz denlschen Stadt gewinnt da» czeckische Element leider immer mehr a» Boden. In den nächsten Tagen kommt auch noch der czeckische Turn verein anS Juiighunzlau hierher, um für die Ezeckisirnng Rcichcnbergö Propaganda z» machen. Bei tiefer Gelegenheit rüstet sich die hiesige „Beseda" (czcchischer UntcrhallnngS- verein) zu einer großen Kundgebung." — I» Nvkizan sank eine hnssi tische Volksversammlung statt. An der Spitze deS Zuge« wehte die Hussilensahnc »nd wurde» czcchische Reden zu Ebren de« hnisilischen Magisters Nokizan und der )»issitens>ihrer Hilft und Zizka geballc». Dabei kamen selbst- verständlich die Denlschen wieder sehr übel weg, »veil sie M'z „vcrrätherischerweise" verbrennen ließen. AuS Leu»berg wird geineltct, daß der rulhcnische Erz bischof Sem brat oivit sch wirklich suSpendirt worden, niid von seinem Amte entfernt werden soll. Nicol allein Graf Taas sc. sondern auch der ungarische Minister-Präsident v. TiSza hätte gegen die russisch orthodoxe Propoganda, die auch unter den Slawen Ungarns dedroliliche Fortschritte mache, Einspracke erheben und die Intervention ec» AuS- Ivärligen AmkeS in Wien bei der römische» Curie aiigeruse». AuS Bosnien und der Herzegowina kommen aber mals bedenkliche Nachrichten. Es tauchen kort ncnerdingS Insurgenten in der Stärke von 3V—100 Man» ans, mit denen die österreichischen Truppen bereits mehrere Gesockle bestanden. Zumal wird die Gegend an der Grenze Monte negros und des PaschalikS Nvwy Bazar als unsicher bezeichnet unv sind dabin auch Trnppeiiversiärtnngcu abgegangen. In Konto und mehreren anderen Orlen sind rcvolulionaire Pro- clamationen beschlagnahnil worden, »reiche von dem groß- erl'ischen AcliviiS-Comilv in Belgrad berrühren. Ji» jenen Prvclamatione», die über den König Milan in sehr unehr- crbietigcr Weise sich äußern, wird die serbisch bosnische Be völkerung znr Fortsetzung dcS AnsstanteS ausgesorderl, „der nur mit der Errichtung dcS großserbischen Reiches sein Ende finden könne". AuS dem Königreiche Rumänien werden wieder einmal wundersame Dinge gemeldet. Die „Presse" brachte vor Kurzem die kaum glaubliche Nachricht, daß i» einem rumäni- cken Bezirke ein Steiicreinnebmer die Arbeitskraft von achlundzwanzig Bauer», welche ihre Steuern nicht zahlen konnten, öfsentlich versteigert hatte. Der Bukarcster „Monitorul" siebt sich »un genöthigt. die Tbal- achc zuzugcben. DaS amtliche Blatt schreibt: „In Folg« der an Ort und Stelle vorgknonimenen Untersuchnng bat äch daS Ministerin»» überzeugt, daß die Tbalsache richtig ist, hat demgemäß den Steuereinnehmer abgcsetzl und verfugt, daß die tlnlersuchungSacten der Justiz übergeben werden. Gleichzeitig wurde auch der Eontroleur JoneScn abgeseot, welcher durch seine Nachlässigkeit derartige schwere Miß bräuche möglich machte." Wie in Bukarest alle» politisch auSgebeutet wird, von den Missionen von Ossicicre» znr Theilnahme an de» Manövern anderer Nationen bis zum kleinsten Eisenbahnunglück, so schlägt die Opposition a»S diesem ungeheuerlichen Vorgang natürlich eifrig Capital. Von der letzte» norwegischen StorthingSversaminIung wurde ein Gesetz über die Zulassung von Frauen z»m exanurn Lttium (Ansnahinepriisung) an der Uiiivcrsikäl ange nommen. ES ist dieses jedoch nickt so zu verstehen, daß da mit auch die Zulassung zu den Staatsprüfungen gestattet ist. In welcher Ausdehnung weiblichen Stndirciiden der Zutritt zu den diesen Prüfungen vorauSgehendcn vorbereitenden Vor lesungen und Uebnngrn gestattet werden soll, darüber vcrsngt der König. Dieses vom Slorthing angenoininciic Gesetz hat nun die norwegische Regierung, dem „Nkorgenbladet" zusvlge, zur königlichen Sanctivnirung cingereichl. Die gräßliche Ermordung der Familie Joyce in Mullaghadrume (Grafschaft Galivay) hat die Ausnicrksainkcil abermals ans die Lage in Irland gelenkt und die Frage »vieder in den Vordergrund gestellt, in welcher Weise solche traurige Zustände eigentlich oeseitiat werden können. Einer der schwcrvcrwnndelen Söhne Jcyce's. ein 16 jähriger Bursche, ist am Sonnabend seinen Wunden erlegen, abcr vor seinem Tode konnte er vier Individuen als Vcrübcr deS Verbrechen- bezeichnen, die in Folge dessen ver haftet wurde». Der andere vciwundclc Sohn, welcher l4 Jahre zählt, dürste ebenfalls nicht »vieder ans» komincn. Joyce »var ein blutarmer Mann. Er hatte ein kleines Gehöft gepachtet, welches „boycollirt" »var und, »v.iS noch schlimmer »st, seine» Pachtzins entrichtet, waS in den Augen der irischen Terroristen ein tvtcSwnrtigeS Verbrechen »st. Ob er mit seiner ganzcn Familie deswegen ermordet wurde oder »veil er die Mörder der beiden GerichtSvellstrecker Lord ArdilannS, deren Leichen vor geraumer Zeit in cincin Teiche bei Lvugk Mask entdeckt Worte», kannte und dieselben anzuzeigen beabsichtigte, wird die Untersuchung ergebe». Im Ganzen sind 13 Personen als der Thal verdächtig verhaftet »vorten. Man sollte ineine», in Frankreich müßte die Thatsacbe, daß England fick zum Herrn dcS Snczcanalo »nackt, welcher doch die Schöpfung de» sranzösischcn Genies und Geldes ist. sehr niederschlagend wirken; »u» meltct der Tele graph aber eine Reihe neuester Auslassungen hochangeschener Pariser Blätter, welche der Macht und Tbalkrast England» ihre Huldigung darbringcn. Wie ha» man DieS zu erklären? Man erinnert fick, daß der „TcmpS" in den letzten Tagen wiederholt betonlc, die deutsche Diplomatie habe >» der egyptischen Frage durch England eine Niederlage erlitten; in Pari» freut nicm sich über AlleS, »va» c»!S eine Schwächung dcS Ansehens nnd Machtwortes deS denlschen Reiche» erscheinen könnte. Osscnbar auS demselben Gedanken kreise heraus kommen die Grüße der sranzösischcn Blätter an die englische .Enlsaltnng von Tbatkrast. Sie sehen in England eine Macht sich ausrichten, welcher auch der gcivaltigc deutsche Reichskanzler nichts anhabcn könne, dir sich mächtiger zeige als er ist, nnd die den Nimbu» de» kenlichen Reiches als erste Macht wo nicht zerstöre, so doch trübe. Die» betrachtet man als Gewinn sür Frankreich, al- dcn Anfang einer Acudernng der großen Machtverhältnisie. Nach Pariser Eorrespontenzen rechnet man bereits darauf, daß sich Italien von Denlsck laiid abwcntci» werde. ES sind die» Hosinniigcn nnd Berechnungen, welche nicht ohne Gefahr für den Frieden find. Man sollte sich übrigens in Pari» daran erinnern, daß dieselben sicherlich an der Macht zerschellen werde», welche der Bund LcS denlschen Reiche» nnd Oesterreich-Ungarn dcnstellt. «>t<k ., a
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