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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188209085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820908
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-09
- Tag1882-09-08
- Monat1882-09
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1882
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-""s" «rfch-int täglich früh^Uhr. . . . ltriaclioi, und Ervrdition Johanne-gassr 33. Sprfchüundr» drr Uedarlioa-. Vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—K Uhr. ! tt« Mulg»»» -««cianttkr M»nuicn»t« die Ntd»tt»>n »chl »erdawach. N4 rip.ngcr >u»«»me »er für »ie nS»fts«l,en», X»««er kefttuiutten Inj ernte an tvachenrage» bi» L Utzr Nachmittags, «» r»«u» uu» Ke,»tage« irüh d>« '/,v Uhr. 3n den Filialen für Ins.-^nnahme: Ott» Klemm, ltniversitätSÜrahe 21, L«ut» Lüsche, Kaiharinensiraße 18, p. nnr üi» -.8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage L7,8VO. ^voiinrmriUsprns viertel,. 4'/, Mtl., lncl. Brinqerlolin 5 Mk.. durw die Post bezogen 0 Mk. Jcvc einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iur Lxlrabeilaqeu ohne Posil'c'vrderung 39 Mk. Mit Pofrdeiöroerung 48 Mk. Znteratr Oqespaltene Pctitzeile L<1 Pf. Gröbere Lchristen lau, unserem Preis« oerzeimniß. Tabellarischer San mim höherem Tarif. Neclamen unter den Nedactionsltrich die Lvaltzeile SO Pf. Znicrate find iieis an die ivrpevttion zu ienden. — Rabatt wird man gegeben. Zaqlung pruenum-run-lo oder dura, Post» namnaiime. ^-251. Freitag den 8. September 1882. 10. Zahlung. Amtlicher Theil. Vekarnitomchnng. In den Tagen von» 12. bis mit 14. diese- Mo nat- wird in unserer Stadt die diesjährige Hauptver fammlnna des evangelischen Verein- der Gustav- Adolf - Stiftung abgehaltc», mit welcher zugleich die Feier de» fünfzigjährigen Bestehen- diese» Verein» verbunden ist. Bei der segensreichen Thätigkeit und der hohen Bedeutung veS Gustav Adolf-Verein- für die weitesten Kreise der evangelischen Kirche erscheint eS sehr wünschenSwcrlh, daß während der Tage seiner fünfzigjährigen Jubelfeier unserer Stadt auch äußerlich ein festliches Gepräae verliehen werde. Wir ersuchen daher die Bewohner derselben — wie wir selbst die öffentlichen Gebäude beflagge» werden — auch die Privatgebäude mit Flaggenschmuck zu versehen. Leipzig, den 7. September 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi. Harrwitz. Vekänntmachnngl Die diesjährigen Zinsen der Frege'schen Stiftung zur Belohnung treuer und völlig unbescholtener Dienstboten, welche mindestens 20 Jahre hindurch bei einer oder zwei Herrschaften hiesiger Stadt gedient haben, sind am 30. vor. Monats mit je 79 ^ an Christiane Henriette Heinrich auS Nünchritz, Anna Friederike Müller aus Schkeuditz, Therese Auguste Lohse auö Schkeuditz, Auguste Therese GeiHler au» Borna und Pauline Küchler au» Suxdorf auSaezahlt worden. l-'clpzig, den 4. September 1832. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Vckanntmachnng. Bon dem Unterzeichneten Armen-Amte sollen Sonnabend, den kt. September ». «. vormittags 10 Uhr im Stadthause allhier Stttt Ctr. Roggenklete unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen gegen sofortige Baarzahlung meistbietend versteigert wtrvcn. Leipzig, den 30. August 1882. » DaS Armsn-Amt. Winter. Iunghähnel. In unserer Verwahrung befindet sich ein galdener Ohrring mit eineni Brillant von nicht unbedeutendem Werlhe, welcher »ngelädr Mitte Juli ». o. in hiesiger Stadt gesunden worden ist. Wir fordern die Eigenthümerin hierdurch auf, sich in unserem Loniiiüssnriat zu melden. Für den Fall, daß eine Meldung nicht erfolgen sollte, werden wir in Gemäßheit von A. 239 de» Bürger Ucheu Gesetzbuches über den Obrring verfügen. Leipzig am 7. September 1882. Tas Poliiri-Amt der Stadt Leipzig. I. B- Junik, Pol.-Rath. Graf. Löniglillie Akademie der bildenden Miilie nnd Kulikgklvcrbcslllule zu Leipzig. Die Ltudten im Winterhaldiahr 1882/88 beginnen Montag, den S. Oktober a. e.r die Tage-eurse früh 8 Uhr. die Abendkurse nm 8 Uhr. Nachdem das hohe Königliche Ministerium deS Innern in Würdigung des aus den örtlichen Verhältnissen sich ergebenden Lehr- bcdürfnisscS die bisher noch bestandenen Bacanzen im Collegium durch Berufung von Lehrern für Aquarell-, Porzellan- und G1a»ma1errt aufgehoben, und demgemäß die Herstellung größerer Studienräume genehmigt hak, ist neben dem theoretischen Unterricht durch Einrichtung von Mcistcrwcrkstätte» für die verschiedenen Kunst- und Kunstgewerbcgebicte zugleich die praktische Ausbildung ermöglicht. Anmeldungen zur Aufnahme sind in der Zeit vom 18. bi» 88. September ». e. in der Expedition der Königlichen Kunst akademie, westlicher Flügel der Pleißenburg, 2. Etage, Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr zu bewirken. Leipzig, den 2. September 1882. Der Direktor: Nirper. Ausstellung der Entwürfe für die Vörse. Die Concurrenz.Enlivürfe für den Börsenbau sind vom 6. bis 10. d. M. in der Aula der Universität öffentlich ausgestellt, und zwar am 7. und 8. von 10 bis 1 und 3 bis 5 Uhr, am 9. nur von 10 bis 1 Uhr, am 10. von '/,11 bis 4 Uhr. Leipzig, den 5. September 1882. Tie Handelskammer. Dr. Wo. chSin »tb. Vorsitzender, vr. Geniel, S. Coucursverfllliren. Ueber dal Vermögen der Firma Gcbr. Kumft in Erfurt und deren Filiale i» Arnstadt wird heule, am 29. August 1882, Vormittag» 11'/, Uhr, da» ToncurSvcrsabrcn eröffnet. LoncurSvcrwalier Ka»snian» Ernst Wilhelm Schöne in Erfurt. Anmeldungksrist bis zum 25. September 1882; Termin zur Beschlußfassung über die Wahl eines andere» Verwalters und evcnt. über die in 8. 120 der ConciirS-Ordniüig bezeichnet«» Gegenstände auf den 3. Octobcr 1882 Vormittags 10 Uhr; PcüsungStermin au^ den 3. Octobcr 1882 Vormittags 100, Uhr. Tie (.lerichksschrriberet V111 de» konigl. Amtsgericht» zu Erfurt. Klepvel, Lccretair. Nichtamtlicher Theil. Die Lage in Egypten. Die gegen Arabi Pascha erlassene Proclamation constatirt. wie heule ausführlich gemeldet wird, daß der Khedive Tewfik der alleinige Vertreter der kaiserlichen Negie rung sei, demnach jede Auflehnung gegen seine Befehle die Urheber derselben schwerer Verantwortung auSictze. Arabi Pascha habe sich dos Verbrechens de» Angriff» aus In stttutionrn schuldig gemacht, den Frieden gestört, die Sicher beit vernichtet, Tod und Ruin vieler Personen verursacht und die Intervention de» Au-lande- provocirt. Da» Dom bardement von Alexandrien, durch da» der Türkei stet« be freundete England, sei durch die Befestigungsarbeiten noth« wendig geworben. Ungeachtet der wiederholten Befehle der Pforte, dies« Befestigungsarbeiten einzuslellen, habe Arabi Pascha unter dem Vorwände einer obligatorischen Bertheidi- gung sich geweigert, diesen Befehlen zu gehorchen, da seine Absicht war, in Egypten Alle» umzustürzen, die Bewohner zu revoltiren, um seine persönlichen ehrgeizigen Projekte zu ver- olgcn und in solcher Art der kaiserlichen Negierung schwere Verlegenheiten m bereiten. Indem Arabi Pascha in den« Augenblicke de» Bombardements ein zweites Mat da» Palais des Khedive belagerte, verursachte er die Landung der Eng länder, welche das Vorspiel der mititairiscken Intervention wurde. Der Bericht deS Abgesandten der Pforte, Derwisch Pascha, habe constatirt. daß Letzterer alte Mittel angewendet habe, nm Arabi zu bewege», seine ungesetzliche Haltung auszuaeben, damil die Frage der Intervention gelöst werde. Aber Ära bi Pascha habe in kategorischer Weise geantwortet, daß er bei einer Haltung bebarre und erklärt, daß er jeden Fremden, cldst ollomanische Truppen, mit Gewehrschüße» empfangen würde. Die Proclamation setzt die Ungesetzlichkeit und den Ernst de« Beschlusses Arabi'S auseinander, in Kairo im Gegensätze zu der Regierung deS Khedive eine Regierung zu bilden, welcher Beschluß dem milikairischen Untcrnebmeu der Engländer größere Ausdehnung geben, die Schwierig keiten der Türkei vermehren, sowie Egvpten und die kaiser liche Negierung schwer schädigen werde». Wiewohl die Haltung Arabi'S vor dem Bombardement und seine unverschämte Er klärung, daß er selbst die oltomanischen Truppen zurückweisen würde, eine exemplarische Züchtigung verdient bätten, sc habe dennoch Arabi balv daran; die kaiserliche Gnade angefleht, Terwisch Pascha seine Unlerwersung zugesichert, Gehorsam dem Sultan und Treue dem Khedive versprochen. Die Pforte habe, im vertrauen auf seine Versicherungen, seine Nccbt- ing entgegengenonimcn und ihm, um ihn auf der guten Bahn zu bestärken, eine hohe Auszeichnung ver liehen. Arabi habe gleichwohl diese höchste Gnade verkannt und in seiner ungesetzlichen Haltung beharrt; er habe die Fahne der Nevolte erhoben und indem er so handelte, sich selbst in die Lage versetzt, zum Rebellen erklärt zu werden. Tie Proclamation schließt mit der Erklärung, daß der Khedive da» Vertrauen der Regierung genieße, daß eS unerläßlich sei, die Autorität, die Würde und daS Ansehen deS Khedive zu erhalten, baß daher die Haltung Arabi'ö im vollen Wider spruche zu dem kaiserlichen Willen stehe. WaS Arabi als Re bellen qualisicire, seien die Absichten, die er hege nnd verfolge, während die Pforte die Privilegien de» Kbctivc in fester Weis« stütze und beschütze. — Man darf nun zunächst gespannt sei,«, welchen Einfluß die Proclamation des Sultans und dann die Landung türkischer Truppen auf die Haltung Arabi Pascha'» auSübcn wird. Seine Stellung in Egypten scheint sich mit dem Vordringen der Engländer Tag für Tag mehr zu befestigen. Die Fellache» erkennen in ihm ihren Beschützer und die Beduinen, ans deren Abfall man in London sicher gerechnet batte, leisten dem „Rebellen" treue HeercSsolge. Selbst in der Umgebung de- Khedive gewinnt eine unzufriedene Stimmung nach und nach die Oberhand. Ein angesehener und Tewfik ergebener Egyptcr erklärte neulich dem „Times"-Correspcn- dcntcn, daß, wenn die Verwickelung sitzt erst ihren Anfang nähme, er sich Arabi anschließen würde. Gewänne Arabi, so würde jeder Arabitc profilircn, unterläge er, so kehre man zum Kbcdive zurück und würde mit Auszeichnung behandelt, um die anderen zur Rückkehr zu verleiten. Jetzt befinde man sich als Khedivist im Nacktheit?, weil man mit Deserteuren wetteifern müsse, und wenn man Arabi in die Hände falle, erschossen würde. Egypten hat übrigens endlich ein regelmäßig gebildetes Ministerium, dem die schwierige Aufgabe obtiegl, die in gänz liches Stocken gerathcne LerwaltungSinaschine, vorläufig freilich nur in der der Autorität de» Kbcdive unterworfenen Zone, wieder in Gang zu bringen. DaS Eabinet besteht auS ^Staatsmännern, welche sich der allgemeinen Achtung erfreuen und auS ibrcm Mißfallen Uber die Auflehnung Arabi'S nie mals ein Hehl gemacht haben. Namentlich hat Riaz Pascha einen neuen Beweis seines Patriotismus gegeben, indem er seinen Rivalen Sckerif Pascha als Ministerpräsidenten an erkannte und denselben in seinen Bemühungen zur Regcncrirnng Egyptens zu unterstützen versprach. Pa sich diese beiden Staatsmänner über ein politisches Programm zu vereinigen vermochten, ist an der Lebensfähigkeit deS neuen Cabiiiets nicht zu zweifeln, eS müßte denn sein, daß »nvorbcrgescbene Fragen Anlaß zum Wiederaufleben ihrer alten Rivalität bieten sollten. Der Conseil-Präsident und Minister de» Aenßeren, Scherif Pascha, ist von Geburt Türke, in Frank reich erzogen, ein integrer Charakter und etwa 55 Jahre alt. Der Minister de« Innern, Riaz Pascba, der von einem angesehenen Israeliten in Satonlcbi abstamwen soll, steht im 43. Lebensjahre, war wiederholt Mitglied des CabinctS und gilt alS sehr fleißiger Arbeiter. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Ali Pascha Mubarek, ist Egypter, studirle an der Pariser polytecbniscben Schule nnd ist der geeignetste Mann, »m seine technischen Erfahrungen ilnter den heutigen Verhältnissen zur Geltung z» bringe». Der llnterrichtSministcr. Rhairi Pascha, ist von tscherkessischer Abstammung, ein Zögling der El Azhar-Schnle und ein rcnommiiter arabischer Jurist. Der Iustizininisier Fakhri Pascha hatte im Cabinete Riaz bereit» dasselbe Portefeuille iiiiie. Ebenso war Hai dar Pascha auS der Familie Jenen demnach ein Abkömmling des berühmten Mchcmed Ali, bc reit» Finanzministcr. Der Bakus-Minister Zekhy Pascha ist ein Türke auS Algier und war früher nach einander Direktor der cgyptischen Eisenbahnen, Oberst-Cerenionicnmcistcr und Gon verne,ir von Alexandrien, Die Stellung des Kriegs« und MarincministerS Omar Lusti Pascha ist unter den momen tanen Verhältnissen ziemlich bedeutungslos. — Ter Minister Präsident Scherif Pascha hat dem Khedive wohlweislich kein speciellcS, unabänkerticheS Programm vorgelegt, sondern unter Hinweis aus sein vorjährige» Programm die Ausgabe deS neuen CabinctS dahin skizzirt, Egypten moralisch und materiell zu heben und die liberalen Institutionen, insoweit sie mit den, socialen und politischen Zustande Egypten» ver träglich sind, zu entwickeln. Bcmerlcnswcrth in dem Ant worlS-Erlaß des Khedive sind jene Stellen, in welchen er sagt: „Ich denke, daß in unrulsigcn Zeiten die dirccle Aclion der souveräne» Autorität sich suklbarer machen müsse. AlS oberster vesehlshaber der egvplischen Land- und Seemacht, beabsichtige ich dieses Commando cffectiv zum Ausdruck zu bringen, ohne indessen die meinem KriegSminister übertragenen Gewalten zu beschränken." Leipzig, 8. September 1882. Tic „Provinziat-Corrcspondeiiz" schreibt: „Dem 2. Sep- ember ist auch in diesem Jahre der Eharakter eines großen nationalen Festtage- erhalten geblieben. AuS den ver- chickcnstcn Theilei» des Vaterlandes. auS Breslau. Bremen. Braunschweig. Posen, München, Hamburg, Leipzig, Nürn berg n. s. w. liegen Berichte darüber vor, daß der rubm- reichsse Tag der neucrcii deulschen Geschichte in Nord und Süd, West und Ost ebenso festlich begangen worden ist, wie in der ReichSbauptstadt, die ihr treue» Gedächtniß für die Ehrentage der Nation auch in diesem Jahre durch die Anlegung eines glänzenden FestgewanteS bezeugt batte. Neben den von königlichen und städtischen Be- börden, öffentlichen und privaten Vereinen getroffene» Veranstaltungen haben die an dielen Orten herkömmlich gewordenen Schulfeierlichkeiten besonders dazu beigctragen, der Feier deö Tages einen würdigen und patriotischen Ckaraktcr zu verleiben und dem 2. Sepleinber eine bleibende Stelle im VolkLbewußlsein zu sichern. Daß daS in dieser Rücksicht von den Schulen Berlins gegebene Beispiel vielfach Nachakinung gesunden hat, geht auch au» den diesmaligen Berichten hervor. — Der frische »nd herzliche Charakter, den die Fesiscier allenthalben getragen bat. bezeugt aufs diene, daß die großen Crrungenschaslen der Jahre 1570 und 157 l mit dem Bewußtsein de« Volkes fest verwachsen und zu einen, Stück unantastbarer nationaler Verehrung geworden sind. Wenn der Tag von Sedan der Nation nur die Erinnerung an einen kriegerischen Erfolg bedeutete, so würde er vielleicht daS Geschick anderer Gedenktage solcher Art gclbeilt und von Jahr zu Jahr an seiner volkslhümlichkeit Einbuße crtilten haben. Daß daS nicht geschehe», die Feier des 2. September vielmehr in immer weitere VolkLkreise gedrungen ist, rührt davon her, daß dieser Tag von der Nation als der Anfang der Wiederherstellung unseres nationalen Staates ge leiert wird, und daß die Werlbschätznng dieses hohen Gute- sich im Lause der Jahre auch da durcbgcsetzt hat, wo eS in mitten der deutschen Umgestaltung an dem gehörigen Ver- läntiliß fehlte. — Es i>i vor Allem erfreulich, daß jene wechselnden Stimmungen nnd Gegensätze deS TagcS, welche bei einem höher entwickelten politischen Leben überall er- cheincn, an der patriotischen Gesinnung, mit welcher die Nation den 2. September feiert, weder jetzt noch früher etwa- zu ändern vermocht habe»." Nicht ohne Interesse sind die Betrachtungen, zu denen ein »ltramontaneS Blatt. dc>S „Fränk. VolkSbl.". durch den un leugbar herzlichen Empsana. welcher dem deutschen Kron prinzen tiberatl in Baiern zu Theil geworden, sich angeregt fühlt. Es heißt da unter Ander»,: „Nun fügt eS sich, dnß die militnirischen Visitationen stets vom Kronprinzen von Pcensien ln Person und zwar eigcnlhümlicher Weise gerade in der Zell, wo Baiern seinen „KönigStag" feiert, vorgeiioiiimen werden und daß bei dieser Gelegenheit der preußische Kronprinz jene Ehren persönlich cnlgcgeiiiiimmt, die daS Volk dem Feste seines angcstammlcn Herrschers zuspricht. Wir sahen vor zwei Jalweil beim 700jähr,geii Jubiläum unseres geliebten Königshauses daS eigenihünilichc Schauspiel, daß gerade in den Tagen, wo Baiern sich anschickte, seiner angestammten Dynastie loyale Ovationen nnd Kundgebungen der Treue zu bereiten, Preuße»? Kronprinz im Lande erschien und durch seine Anwesenheit diesen baicrischcn Festlichkeiten die Pointe nahm. Den Laudcsherrn sah in jenen Tagen BaiernS Volk nicht, er verbrachte in gewohnter stiller Einsamkeit auf hohem Dcrgesgipsel den Gedenktag seines Hauses, und das Volk konnte seine dynastischen Gesühle in keiner Weise dem Monarchen persön lich lundgebcn. So war es vor zwei Jahren und so kam eS heute wieder. Au drin hehren Dovpclseste unseres geliebten Monarchen blieb dieser für das Volk unsichtbar, aber Preußens Kronprinz ließ sich ehren und fetiren. Wo er in der letzten Woche hin kam, wurde er einem Könige gleich empfangen, und brausender Jubel empfing ihn, wie wen» der Landesherr sich dem Volke zeigen würde. Ja selbst in Bamberg. daS als katholisch und gut bairisch« Stadt gilt, ist der Kronprinz mit königliche» Ehren empfangen und wie der Landcssouverain begrüßt worden. Fürwahr, solche Dinge srappiren, sic geben zu denken. WaS bedeuten solche Ovationen und wie cigenthümlich müssen sie in hohen Regionen Baiern- berühren, wo man bekanntlich sür die Wahrung der Krön- rechte sehr emvsindsam ist und Alles ungern sieht, was einer Schmälerung drrsclben gleichkomnit! Die Hohenzollern verstehcn c« sich selbst dort populär zu machen, wo sie bisher aus große Syiw paihicn nicht rechnen konitten; wie ganz anders würde eS sür jene Fürsten stehen, die von ihrem Volke geliebt und verehrt sind, »ach deren Anblick mau sich sehnt und ihre Anwesenheit seit Jahren erhofft." Die Berichte über die militairische Inspektionsreise deS deutschen Kronprinzen in Baiern sind übrigens in Berlin mit Aufmerksamkeit verfolgt worden und haben in der politischen Welt ihre« guten Eindrucks nicht verfehlt. Man will in dem sympathischen Empfang, der dem Erden deS KaiscrthrcneS auch diesmal überall innerhalb der blau- weißen Grenzpsähle bereitet worden, eine Bürgschaft dafür erblicke», daß der nationale Gedanke trotz nltramontaner Widersachern in dem zweitgrößten deutschen Staat stetig an Boden gewinnt. Ter Widerspruch, der zwischen dem Herz licben Verhalten der Bevölkerung und der von derselben ge wählten Partie ulari stis che n Kammermehrheit besteht rechtfertigt die Behauptung, daß die reichssreunbticbe Miln chener Negierung den Durchschnitt deS bairischen volkSwillcnl besser repräscntlre als die Prcußenfeinbe Dr. Rittlcr, Sigl und Genossci». Daß mit der Zurückziehung der persönlichen Candidatur Richter »nv der Äussielllttig einer anderen fortschrittlichen Candivatur im Wahlkreis Pinneberg nicht daS Mindeste an der Sachlage, der offenen Ver wersung eincSZusainmengehenS mit denNational liberalen seitens der Berliner Centrallcitung der Fortschrittspartei geändert worden, ist auch die Mei nung der „Kieler Zlg." hczw. deS liberalen Ausschusses in Kiel. Da- genannte Blatt schreibt loyal und logisch „Die Stellung de« Ausschusses zu der mit den National liberalen geschlossenen Vereinbarung wird durch die Zurück ziebling der Candidatur Richter selbstverssänolich in keinem Pnncte geändert. Sämmtlicke Mitglieder deS Ausschusses haben sich im Interesse der liberalen Sache für di« Vereinbarung cngagirt, welche keinen ankeren Zweck hat, al» durch Zusammensassen aller liberalen Kräfte die Conservativeil wirksam zu bekämpfen. Sie glauben, be, ihrem Vorgehen der Zustimmung der großen Mehrheit der liberalen Männer Schleswig-Holsteins sicher zu sein. Indem der Ausschuß bei der Empsehlung der Candivaturen von Schütt unv Francke beharrt. legt er Niemand einen Zwang an. den er anszuüben absolut außer Stande ist, aber er gicbt sich der Hoffnung hin, daß zahlreiche Parteigenoffen im Pinncberger und Tvntern'schcn Kreise, die da» Gesamnit- interesse de» Liberalismus in SchleSwig-Holstein und Deutsch land vorzugsweise im Auge haben, sür die Wahl der Herren chütt und Francke wirken werden." In Wien wurden in der Nacht znm Mittwoch von Seite der Polizci-Directio» zahlreiche Berkas tu »gen von Mit gliedern der radikalen Arbeiterschaft vorgenomme». Von polizeilicher Seite wird bierüber folgende Mittbeilnng auSgegebcn: „In Folge der gemachten Wahrnclunnngen über die agitatorische nnd gesetzwidrige Tbätigkeil eines TbeilcS der radikalen Fraktion der kiesigen Arbeiterpartei wurden in der vcrivicbencil Nackt 20 Personen nach vorbergegangener eindringlicher HailSturchsilchnng in vorläufige polizeiliche Vcr- wahrungSbast genommen." Wie eS weiter seifst, befinden sich unter de» Verhafteten die Tischlcrgehilscn Joseph Schott und Wcnzet Führer. Fübrer bat als ein Eraltado der radikalen Partei in dem „Tischler-BildiiiigSvereinc" eine hervorragende Rolle gespielt, in allen Versammlungen gesprochen und zuletzt in der ersten ausgetöstcn Arbciter-Versainmliing bei den „drei Engeln" den Protest der Radikalen gegen die Beichnldigniig erhoben, daß diePartci mit dem Attentate anMerftallinger in Verbindung stehe. In Wien hat der riithenische Erzbischof Sem- bratowitsch, gelegentlich einer Audienz, die er beim Kaiser hatte, freiwillig aus seine erzbischöfliche Würde verzichtet, was in Galizien und in den klerikalen Kreisen Oesterreichs große» Ausseben erregt. Erzbischof Sembratowitich soll sich geäußert haben, er sei außer Stande, die gricchisch-orthedoxe Bewegung in Oslgatizicn zu bekämpfen, da sie im niederen KleruS sowie im ganzen ruthenisclien Volke tief Wurzel ge atzt bade. Daran sei nur da» unerträgliche religiöse und politische DcrgcwaltigungSsystem der gegenwärtigen polnischen Herrschaft in Galizien Schuld. — Ter päpstliche NunliuS vannutelli ist eilends von Wien nach Leinberg gereist, um den in Ostgalizien drohenden Sturm zu beschwören. In Neusatz in Südungarn sind wieder Magyaren und Serben blutig aneinander gerathen. In einer Wein- chäiikc, wo heftig politisirt wurde, äußerte sich ein Ungar» man müsse ganz Ungarn zu einem Hanffelde machen, um genug Stricke zum Hangen aller Serben und Panslavisten zu erhalteii. Für diese Änschauung flog dem Magyaren epr Weinglas an den Kops, woraus er in dem allgemeinen Tumulte noch einen Messerstich erhielt, der ihn schwer ver wundete. Ein serbischer Volkshausc stürmte die Sckänke, wo Alles vernichtet ward. Die Polizei erschien erst spät, wes halb die Thäter entfliehen konnten und wahrscheinlich schon iy Belgrad sich in Sicherheit befinden. In Peiersbura entwickelt der neu ernannte Ob»r« polizeimeister, General v. Gresser. außerordentliche Thätigkeit. Er erschien wiederholt in CivilklcidunH in den vom Mittclpnncte der Stadt entferntesten Polizei - Revirr- Bureaux, wo er immer Unordnungen bemerkte. In gewissen Revieren erschien er sogar in einer Nackt zwei Mal. wa» mckrerc Polizcibeamlc veranlaßtc, ihre Entlassung cinzurcichen, weil ihnen diese llcberwachnng seitens des Generals v. Gressei unerträglich dünkt und unter seinen Vorgängern nicht da- gewesen ist. Jeder Tag bringt jetzt den neugierigen Parisern «tuen neuen Skandal. DaS kürzlich iu der Börse stattgefundeni republikanische Banket, welches im Voraus alS ein wichtiges politisches Ereignis; auSposauiit war, ist in kläg lichster Weise verlausen. Dasselbe war so schlecht organisirt »nv hcrischtc von Anfang an eine solche Eonsusion, daß die Tbcilnchnier bald die Geduld verloren und ihrem Mißver gnügen unter großem Lärmen Ausdruck gaben. Die ossicicllen Redner wurden meistens übcrscbrieen, so daß der Scine- präfect Flog net gezwungen war. seine vorbereitete Mani fest-Rede bei sich zu bebaltcn und nur einen kurzen Toast ausziibringcn. ES kam auch zu Thällickkeilen zwischen unzu friedenen Reportern und einem der Bankct-Eoinmissäre, und zwei anderen Reportern wäre eS beinahe übel ergangen, da sie sür „preußische Spione" angesebcn wurden. Als der „Irrtlmm" ansgeklart wurde, cnlschulkigtc sich der schuldige Bankel-Commissär damit, daß „in heutiger Zeit solche patrio tische Aengstlichkcite» begreiflich seien". EineneltcGesellschast! — Die Geschickte mit dem deutschen Turnverein bat noch ein anderes Nachspiel gehabt. Am Dienstag überfiel der „Patriot" Tcroulede im Odco» - Tbeater während der Vorstellung den Redacteur der „Lanternc", Herrn Mayer, mit den Worten: „Sic sind ein Preuße und Ihr Blatt wird von Berlin inspirirt!" Dabei gab Deroiiletc dem Herrn Mayer mehrere Obrseigcn. Hieraus rrselgte eine groß« Schlägerei, die Vorstellung mußte unterbrochen werken unv Beide wurdcn ansS Polizeibur-'a» gesübrt. Die „Lankcrne" hatte die Angriffe der Terenleve'schen Eligne auf den deut schen Turnverein scharf gegeißelt, daher die Scene, welche wohl mit einem Duell enden wird. — Auch die Skaiivalgesckichten unter den Dcputirten erkalten eine »c»e Auslage. Der Depu- lirte Chavanne war vom Präfccteii wegen Verschleuderung öffentlicher Gelder der Gei»cinde Ebamont. deren Maire er war, snSpcndirt worden. DaS illustrirle Platt „Gaga" klagt ihn hieraus auch an, Unterschlagungen begangen zu haben, worauf Chavanne gegen „Gaga" einen Prec ß anstrengle. Die Beweisaufnahme verlief so ungünstig sür Cliavanne, daß cer Staatsanwalt die Geschworene» ausserdcrke. bei dem verbiet eingedenk zu sein „dieser akniinisiraliven Mißbräuche der Vergebung öffentlicher Acbeit'ii ohne Eeiieiiirenz, dieser Fabrik von Fälschungen, dieser Orgie von Verschwendung." Die Geschworenen sprachen denn auch den R.dacleur ceS „Gaga" frei, und der GerichtSlws vernrlheiltc Cbavanne in die Kesten »nd zu 500 Francs EiiN'chäeigililg an den „Gaga". Die Einleitung eine? slrasrechllichcn VersahrcnS gegen Chavanne ist jedenfalls unansbl iblich. A»S Italien lauten die Nachrichten seit einigen Tagen immer bedenklicher. So wird aus Forti gemeldet, daß dort eine Unters» cbn ii gS - C oni in ission angekomincil, welche mit dem jüngst entdeckten A > leiitatSan sch lag gegen König Humbert i» Verbindung stehen soll. Es wird allgemein erzählt, die Irrcdcntistcn und Republikaner hätten ein Ere- cutiv-Comilö eingesetzt, welches das Attentat gelegentlich der Ankunft des Königs in Forli auSsübren sollte. Der Eiscn- lahnuia sollte mit dem König und seinem Gefolge nach nihilistischem Mordrcccple miltelsi Dnnaniitpatroiien in die Lust gesprengt werde». Nach anderen Angaben wollten die Verschwörer den Zug zum Entgleisen bringen und bei dieser Gelegenheit den König tödlen. In Folge dieser Entdeckungen haben in Forli »nd dessen Umgebung viele Ver haftungen stattgesunden. Unter den Verhasteten bcfinven sich anck mehrere Eisenbahnbeamte. — An« Jmola wird von
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