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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188209213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-09
- Tag1882-09-21
- Monat1882-09
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1882
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Redaktion und Ervedttion Johannesgasje 33. LPrrchkuu-rn der Redaktion: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag- b—6 Uhr. Ile K« Wkkß»»« -n,,-c«n»>^ »Ulchi sich d« Ked«cti»» »udi »krduitllch, >ni«»h«e Ner für »ie nächstf«lge«Ye K„»«er destimmten Inserate an Nschentage« t>S 3 Uhr Nachmittags, «> La««» un» Aesttage« srüd bi» 'i,V Uhr. 3n den Filialen für Ins.-Ännahme: Vtt« Klemm, UniversitLtSstrasie 21, Lauts Lösche, Katbarinensirasie 18, p. «nr bis fl,S Uhr. LwMer TUtlilM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Meß-Auflage L7,7«0. ^boimrmrnisvrris oienelj. 4'/, Mit., iaci. Brmgcrloda 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 25 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebüdren iür Extrabeilagen ohne LoslbeförScrung 39 Mk. Mit Poslbeivraerung 48 Mk. Inserate Lqewaltene Petitzeile 20 Pf. «Klügere Schriften laut unserem PreiS- verzeichnig. Tabellarischer Lap »um höherem Tarif. Reklamen unter den Redartionstlrich die Svaltzeile 50 Pf. Zmerate sins sicrs an die isxpedition zu senden. — Rabatt wird Nicht gegeben. Zahlung praeuumcrauau oder durch Po>i- namnahnie. ^>§ 264. Donnerstag den 21. September 1882» 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vohimilgs-Vermicthung. In dem 2. Stockwerk des der Stadtgemcinde ge hörigen HauseS SalzgaHchen Nr. L soll eine aus 6 Stube«, 1 Alkoven, 4 Kammern und sonstigem Zubehör bestehende, mit Wasserleitung versehene Wohnung vom 1 Oktober d. I. an gegen ein- halbjährltche Kündigung anderweit vermiethet werden. Miethgesuche werden auf dem Rathbause, I. Etage, c.Nr. 17. ' ' Zimmer entgegengcnommen, auck können ebendaselbst die Beriniethung-bedingungen „nd daS Jnventarium der zu Vermiethenden Wohnung cingesebcn werden. Leipzig, den IS. September 1882. Der Skatb der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. vermicttjung. Ein in dem HauSssnr deS der Stadtgemeinde gehörigen HauSgrundstilckeS ReichSstraße Nr. 31 befindlicher Der» kaus-staud soll auf die Zeit wahrend der hiesigen Messen gegen einhalbjahrliche Kündigung sofort anderweit vermiethet werden und sind Miethgesuche auf dem Rathhause, 1. Etage, Zimmer Nr. 17, anzubrmgen. Auch können ebendaselbst die BermiethungSbcdingungen und das Jnventarium des zu vermiethenden Hausstandes ein- gefeben werden. Leipzig, am IS. September 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. Die Geschäfte unserer Schulgelder - Einnahme werden am Sonnabend, den 2S. diese- Monat», wegen Reinigung der Locale au-gesetzt. Leipzig, den 18. September 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. FZU' » genauer Rachachtuu» bringe» wir hierdurch »tevar- »ah jeder ank-««enbe Aeewde. welcher hier ilberaachtet, a« Tage seiner Iliikunst. uitz» wenn diese erst i« den Abendstunde« erfolgt, a« anderen Tage Vormittags von seinem Wirthc »ei unserem Meldeamt» «Abtheilung für Arrmdenverkcdr), RetchSstratze Nr. 5354, anznmrldc» ist. dicscnigc» Aremden aber, welche länger als »rei Tage hier sich aufhaltru, Anmeldeschein zu löten baden, i« Erinnerung und bemerken, daq Vernachlässigungen der selbe» mit einer «rldbuffe bi» zu 15 Mart oder ver- »iltnihmätziger Haftstrase geahndet werben würden. Leipzig, am 17. September 1882. Ta» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Ä «. Junck. Pol-Rath. Laegner, T. Bekanntmachung. Ans dem Hofe des Postgebäudes am VingustuSplatze bierselbst werden Areitag, den 22. September, Vormittags 8 llür, verschiedene aus dem Abbruche gewonnene Fenster und Tliüren, 8 Haufen Holzabsälle, 1 gußeiserne Säule, eine Partie «lies Eisen, sowie 5 Regale, 2 Tische, 8 eiserne Briefkasten, eine Partie Eiscn- gewichte, eine größere Anzahl alter Ledertaschcn und verschiedene alle Holzlheile unter den vorher bekannt zu machenden Bedingungen gegen sofortige Bezahlung an die Meistbietenden versteigert. Leipzig, 18. September 1882. Ter «aiserliche Vber-Poftdireetor. Zalter. Bekanntmachung. Lom 21. d. M. an befinden sich die Annahme von Postqiiweisunge« und dt« Annahme von tzlelbbriefen und kleinen Werth» packeten fin Erdgeschosse des Hauptgebäudes, Eingang vom Grlmmaischen Ltcimoeg, Hofseite lints. Kaiserliches Postamt 1 (AuguftuSplatz). V o d e l. BrtennSrklinik der BniverkM. Der approbirte Thierarzt Herr v. Rllkllg ist vom 20. Sep- tember onr. an. ab Assistent an der Betertnärklinik hiefiger Unidersttit. Professor vr. Allrn. kreimillige Versteigerung. ErbWeilungShalber soll daS zu dem Nachlasse deS Bildhauers Carl August Hauptmann gehörige HauSgrundstück Nr. 2 der kleinen Plaucnlchen Gasse hier, Nr. 540, Abihcilung 6 des Brand Kataster» und Fol. 383 des Grund- und Hnpotheken-BuchS deS vor maligen Königlichen StadlgerichtS zu Dresden im Wege der frei willige» öffentlichen Versteigerung verlaust werde». Kauflustige werden daher ausgefordert, Sonnabend den 23. Srbtembcr 1882, Ist Uhr vormittag» an hiesiger Gerichtsstelle (Rampcsche Straße 1SK, 2. Etage) sich ein- jifiuden, ihre Gebote abzugeben und des Weiteren gewärtig zu sein. Eine Abschrift der BersieigerungSbedingungen ist dem Anschläge am GerichtSbrett beigesügt. Dresden, den 11. August 1882. kö»tgltchk» Amtsgericht Vasclbtt, Abthetln«, HI», L. Schweinitz. R- Nichtamtlicher Theil. Englands neue Eroberung. Mit der kläglichen Niederlage Arabi's bat sich der egyptische Krieg mit Überraschender Schnelligkeit entschieden; da« Nilland ist in England- Hand, darüber kann nicht mehr gestritten werden. Sollten noch verstreut» Hausen und einzelne Besatzungen Widerstand leisten, so kann da- von keinem Einfluß mehr auf die Gestaltung der geflammten «utiwirischen und politischen Lage sein; Egypten ist „occupirt" und wird auch sehr bald „pacificirt" sein. Aber damit sind all« d« Fragen, di« sich an da» Schicksal d«S einstigen PbaraonenlanveS knüpfen, nnr in ein anderes Stadium getreten, jedoch nicht entschieden. Wird Egypten einfach eine englische Provinz werden, bestimmt, den größten Theil de- Ertrage- ihrer Arbeit zur Verherrlichung Alt-England- zu verwenden? Soll e» den Egyptern nun gehen wie den Indiern und Südafrikanern, oder sollen die Egypter selbstständiger bleiben? Da- Schick sal de-Khedive dürste aber besiegelt sein. Wenn da-stolze Eng land ihm viel gewähren will, fo wird e- ihm eine Schatten- Existenz gewähren, wie jenen ostindischen Fürste» und Häupt lingen, die noch lange existirten, nachdem die Selbstständigkeit de- Hinduvolkes den britischen Waffen erlegen, sein Reich thum ein Raub der Nimmersatten englischen Verwaltung ge worden war. England hat, als eS in Egypten einschritt, die Zusicherung gegeben, daß die cndgiltige Ordnung der cgyptiscbcn Zustände nicht durch England allein, sondern im Eiuverständiiiß mit den europäischen Mächten geschehen solle. Daß diese Zusiche rung sehr wenig zu bedeuten hat, liegt auf der Hand. Wenn England sie ausrichtig einhattcn will, dann nur hat sie Werth: wenn aber nicht, wer soll der Zusicherung Werth verschaffen? Man weiß, daß die Engländer sehr gern Jnlcr- ventionSpolitik treiben, aber auch gern selbstständig handeln. Schon die Art. wie der egyplischc Feldzug eröffnet wurde, batte einen Zug an sich, der immer zu verkünden schien: ..Wir hätten doch angegriffen, ob nun die Mächte damit einver standen waren oder nicht." Wenn man Übersicht, waS Eng land sich Alle- schon erlaubt hat — man denke nur au den brutalen Ucberfall von Kopenhagen 1807 — so wirb diese sehr spekulativ angelegte Nation auch in Egypten wenig Umstände machen. Wenn Verwaltung und Negierung deS Lande« in englische Hände kommen, dann dürste sich da- Ver- hältniß schwerlich ander- gestalten, al- daß Egypten eben eine englische Provinz oder Colonic würde. An« wichtigsten ist natürlich die Cuezcanalsrage. Der „Standard" meint, so gut England an allen Bölkcrstraßen seine Castelle erbaut habe, so gut muffe eS auch den Thorweg nach Indien durch Befestigungen für alle Zeiten in seine Ge walt bringen. Hoffentlich trägt sich John Bull nicht mit einem so thörichten Gedanken. WaS England verlangen kann, ist Die-, daß allen Schiffen jederzeit die Durchsahrl durch den Canal offen stehe. Dagegen muß der Canal in dem Sinne neutralisirt werde», daß innerhalb desselben, sowie in seiner nächsten Umgebung Acte der Feindseligkeit auch im Kriege völkerrechtlich nicht gestattet sind. Sv erfordert e- die Sicher heit dieser wichtigsten aller Bölkcrstraßen. Bisher Halle die Pforte formell da« Recht, fremde» Kriegsschiffen de» Durchgang zu verwehren; diese- Recht wirb vermuthlich fallen. Die Herren von Gibraltar, Malta, Cypern und Pcrim aber können praktisch natürlich rm Kriegsfälle den LcssepSweg zür jede Flotte sperren, die der britischen nickt entschieden über lege» ist. Jedenfalls sollten alle FricdenSsrcunte dahin wirken, daß an dem egyptischen Feuer sich nicht ein Wclt- brand entzünde. Der arge Präcedcnzfall, den England- brutales Borgcben für jede gierige Hand, weiche in Zukunft ebne Kriegserklärung »ack einer türkischen Prcvinz langen will, geschaffen, ist freilich nicht mehr hinwcgzulilgen. und auch das ist nickt mehr zu ändern, daß die oricnlalflche Frage uns in bedrohlicher Weise näbergerückt ist. Tie Schuld aber falle aus England! Man hat vielseitig mit großem Vertrauen die Ansicht ausgesprochen, England werde sicherlich nicht beanspruchen, allein die egyplischc Frage zu regeln. Es ist uns nicht bekannt, daß sich die eng lischen Ansprüche jemals durch Bescheidenheit a»-gezeich»et hätten. Vor allen Dingen werden die englischen Diplomaten nun bemüht sein, die Form zu finden, in der man Egypten wcgeScamoliren und für immer in englischen Besitz bringen, zugleich aber den Anschein erwecken l!ann, als sei dies der hc>ßeste Wunsch des gesammtcn europäischen ConcerteS. Bei der Eröffnung deS Feldzuges ist eS den Engländern gelungen, so zu verfahren; wahrscheinlich gelingt eS ihnen jetzt auch. AlS ob England jemals ohne Noth ein occiipirtes Lank wieder loSgelaffen bätle! Der britische Moloch verschlingt eben Alle», waS Gold. >uid Beute verspricht. Das ist taS Ideal, welches Albion bei der Handhabung seiner Colonial politik verfolgt und dem auch das heutige Egypten zum Opfer fallen wird. Leipzig, 21. September 1882. Ueber die parlamentarische Zeiteintheilung zwischen Reichstag und preußischen Landtag haben, wie unS mitgetheilt wird, Bcrathungcn an den maßgebenden Stellen noch nicht stattgefunvc». Da indessen der hauptsäch lichste Zweck einer vor dem Wiederbeginn der ReichstagS- sitzungc», also zu Anfang November stattsindenden kurzen Landtagssession die Berathung eine- neuen BcrwendungS- gcsctzeS gewesen, die Vorlegung eines solchen aber wenigstens zu der angegebenen Zeit nicht mehr im Plane zu liegen scheint, so ist die Einberufung des Landtags im November höchst unwahrscheinlich geworden. Wir können nur wünschen, daß man auch über diese Dispositionen bald zu einem end- giltigen Beschluß kommt. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt den folgenden Artikel: Am 23. September 1862 erfolgte die Berufung de« damaligen Gesandten v. Bismarck-Schönhausen zum interimistischen Bor- sitzenden de» StaatSministeriuin« an Stelle de» Minister« v.d. Heydt, woraus derselbe am 8. Ociober ej. zum Präsidenten deS StaatS- ministcrium« und zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt wurde. Zwei interessante Daten, welche die Geschichte ausbewahren wird: nicht nach der konstitutionellen Gewohnheit, welch« die Labinete nach dem Tage ihrer Berufung unterscheidet, sondern weil sie den Anfang einer großen Epoche bezeichne», welche unter schweren inneren und äußeren Kämpfen zu unserer nationalen Wiedergeburt und zur Wiedrrausrichtung deS deutschen Reiche- führte: per »«per» »ä «ottr»! Welche Anstrengungen and welche Erfolge bilden den Inhalt dieser für da- Leben de- Menschen so langen, für da- Leben der Nationen so kurzen Epoche von zwanzig Jahren, und welch« Lehren sür alle Zeiten in dem Ringen de« großen Staatsmannes um diese Erfolge, die er nicht al« reise Frucht vom Baume schütteln konnte, sondern, getragen allein von dem Vertrauen seine» erhabenen Monarchen, mit der vollen Energie eine- von einem großen Ge danken erfaßten Patrioten und mit der an Hilfsmittel» unerschöpf lichen Kunst eine» unvergleichlichen Politiker« Schritt vor Schritt erobern mußte, selbst von Denen auf da« Heftigste ongescindet, welche, nachdem er die staunende Welt mit seiner großen Thal über- rasch» hotte, nachträglich sich brüsteten, dasselbe gewollt zu haben, wo« er ou-gesührt. E« ist nicht immer die Bosheit, welch« sich großen Plänen und Entwickelungen eittgegenstellt; dieselben haben in der Regel einen noch schlimmeren Gegner in der Kurzsichtiakeii, welche da» Werdende mit schonungsloser Kritik, die sich den Anschein geistiger Ueberlegen- heit glebt, zu stören sucht und sich hinterher der verdienten Beschä- mung dadurch zu erwehren sucht, daß sie, ohne zu bedenken, welches Zeugniß sie sich selbst damit ausstellt, zu ihrer Rechtfertigung sagt: ja wenn wir gewußt hätten! Wenn wir aber sagen, daß eine große Politik an der Kurz- ichtigkcil eine» noch schlimmeren Gegner habe, als an der offen kundige» Bosheit, so haben wir die so natürliche Ermüdung und den Ekel im Auge, von welchem jeder große schöpferische Geist wobt befallen werden könnte, wenn er außer mit den au« der Sache selbst äch ergebenden Schwierigkeiten, Schritt vor Schritt auch »och mit dem Unverstand zu kämpfe» hat, welcher eine» Theil der geistige» Kraft, welche vollinhaltlich den großen Absichten zugewendet bleiben ollte, sür sich in Anspruch nimint. Glücklicherweise liegt kein Grund vor, einer solchen Hypothese die praktische Anwendung zu geben, und wenn Fürst Bismarck leider oft genug Veranlassung findet, auf die körperlichen Beschwerden hin zuweisen, welche ihm die Last der Geschälte drückend mache», so ist er sich seiner geschichtliche» Mission und Verantwortlichkeit zu wohl bewußt, al- daß er in den Ausgaben, welche er sich gestellt: tn der Consolidirung deS deutschen Reiches, in welchem ganz Europa eine Garantie des europäischen Frieden« schätzen gelernt, sich jemals durch Bosheit oder Unverstand ermüden lassen könnte. Wenn wir aber heute an die beiden Gedenktage: den 23. Sep- tember und 8. October 1862, erinnern, so geschieht dies in der Ucber- zeugung. daß, wenn jemals — so in der zwanzigjährigen Geschichte des Ministeriums Bismarck die Gelegenheit wie die Aufforderung gegeben ist: die Erinnerung zum Prüsstein der Gegenwart zu machen. ES gicbt keine Partei, welche in diesen zwanzig Jahren nicht in die Lage gekommen wäre, einen jeweiligen Widerstand gegen die Politik Bismarck an einem reiseren Verständiliß zu berichtigen — mit Ausschluß derjenigen Parteien etwa, welche, nur ihrer Doctrin anhangend, das Leben nach deren abstracten »nd unfruchtbaren Grundsätzen verrenken wollen — »nd diese Erfahrung sollte der deutschen Nation von bleibendem Werthe geworden sei», zu einer steten Mahnung, ihr Bcrhäliniß zu dem leitenden Staatsmann »ach den Erfahrungen dieser zwanzig Jahre vertrauensvoll zu be stimmen. Wir geben den Artikel deS „so unabhängigen Blatte-" bier wieder, ohne aus die offenen und versteckten Angriffe, welche dasselbe enthält, ein Wort zu erwidern. Wir meinen aber, eS wäre sür die „N. A. Z." paffender gewesen, wenigstens diese Gelegenheit sich entgehen zu lassen, um den Liberalen etwas am Zeuge zu flicken. Der Papst hat eingcwilligt, daß einige bisher dem Bischof von Mainz unterstellte preußische Psarreien mit dem BiSthum Limburg vereinigt werden, indessen bleibt doch recht fraglich, ob Diejenigen im Recht sind, welche in diesem Arrangement ein Entgegenkommen der Curie sehen. Aller dings h^>" Pz'-.'nßcn die Trennung gewünscht und i» loser» hat sich der Papst gefällig erwiesen. Aber er zieht daraus den nicht zn unterschätzenden Vvrlheil, daß er im Falle einer Vakanz deS Mainzer BischosSstuhls fortan lediglich mit der großherzoglich hessischen Regierung und nicht mehr mit dem Einspruchsrecht der preußitchcn Regierung zu rechnen hat. In diese!» Sinne wird eS vielfach nickt einmal für zweck mäßig gehalten, daß Fürst BiSmarck die Zugehörigkeit zum Bisthum Mainz ausgcgebcn hat, und es fehlt nicht an Stim men, welche die gegenteilige staatliche Durchsetzung der Diö- cesen (so u. A. im ErzbiSlhum Freiburg) für einen ganz er sprießlichen Zustand Hallen, insofern dadurch ein starker Einfluß der führenden deutschen Macht aus die Besetzung auch der auße»preußischen BischofSstühlc gewahrt bleibt. Großes Aiifscbcn erregt das Eingehen eine- conser- vativen B la ttes in Lüde ck, der „No irdischen Presse", und zwar hauptsächlich wegen der Gründe, welche die Besitzer des Blattes bewogen habe», von der weiteren Herausgabe abzuschen. In einer Erklärung an der Spitze bcS Blattes wird nämlich gesagt: „In Anbetracht der jüngsten Borkommnisse auf innerpolitischem Gebiete — Octroyirung des ß. 63 der Verfassung in dem bisher durch den ciiigeborcncn Grundbesitz notorisch vorzüglich verwaltete» Hrrzoglhum Lauenbuig, vollständige»Negiren einer der von dereonscr- vativcn Partei angcstrcbtc» wichtigsten Reformen auf wirthschast- lichcin Gebiete durch die beiden in der,,Provinzial-Corre!po»denz" Ichtcrichlenenen Artikel („Clasjensteucr" und „Mißverständnisse") und Wiederaufleben des Eulturkainpfes — ist die Mehrzahl der Aeiionaire der „Nordischen Presse" zu der Ucberzeugung gelangt, das, unter derartigen obwaltenden Umständen eS einer unabhängig conservativcn Zeitung verjagt bleibe» muß, fernerhin in gedeihlichem Zuiamnie» wirken mit den sich zur konservativen Partei zählenden goiivernc- mental gelonnenen Politikern für die Interessen der Partei und der Regierung weiterzustrcbc». Die Redactio» kann nicht umhin, ihr tiefe» Bedauern auSzuspiechen, daß die schwankende Haltung der Regierung, deren Unterstützung durch die „Nordische Presse" bisher in bereitwilligster Weise erfolgte und weiter erfolgt sei» wurde, wenn man tn den maßgebenden gonvernementalen Kreisen die ehe mals gefaßten, reformatorischen Beschlüsse unentwegt weiter ausgo führt und da« Hauptaugenmerk auf die Wahrung der Interessen des Grundbesitzes, des Bauern-, Handwerker- und ArbeitrrstandcS weiter beibehallen hätte — abermals e« überzeugluigStreucn Männern zur Unmöglichkeit gemacht hat, jene traditionelle Unterstützung einer sich ihrer Ziele klar bewußten Regierung durch die conservativcn Elemente eines Staates sortbcftehen zu lassen." Ein sreiconservative« Blatt, die „Hallische Zei tung", bemerkt dazu: „Diese ganze Erklärung besagt, daß die „Nordische Presse" ein Blatt von der Gattung des „Nrichsbolen", also jener Spccies von conscrvatwcn Blättern gewesen ist. die mit einem Fuß im socialistiscken Lager, mit dem andern aus halbultramontanem Standpunct stehen und durch ihr kopflose- Verhalten so wesentlich zur DiScreditirung de- Conscrvati-niuS beigetragen habe. Wenn ein solches Blatt von der BildflLche verschwindet, werden ihm wohl wenige Thränen nackgcweint werden, im Gcgcnthcil, da eS erklären muß, daß eS sür die von ihm bisher vertretenen Ideen weder bei der Negierung Unterstützung, noch in den conser- vativen Kreisen der Bevölkerung einen geeigneten Bode» findet, so scheint hier wie dort ein vielversprechender Wandel in den herrschenden Anschauungen eingetreten, die Erkenntniß erwacht zu sein, daß mit ausgesprochen staatSsocialistischen Tendenzen und mit einer zuweit getriebenen Nachgiebigkeit an den UltramontaniSmuS weder den Interessen deS Staate-, noch denen der conscrvativen Sache gebient sein kann. Für die Position der Regierung und der conscrvativen Partei kann die- nur von wesentlichstem Bortheil sein." Vor einiger Zeit ist berichtet worden, daß Geh Nalb Lothar Bücher seine Entlastung nachgcsuchl hat. Es ist nicht nicbr zweifelhaft, daß der Austritt dieses hervorragenden diplomatischen Mitarbeiter- de» Reick-kanzlerS aus dem Aus wärtigen Amte demnächst erfolgen wird, wenngleich die an läßlich de- Abschiedsgesuche» hier und da ausgetaucklen Gerüchte, welch« von Friktionen de- Kanzler- auch mit diesem ihm so ergebenen Manne sprachen, grundlos waren. Bücher ist KL Jahre alt und die Arbeit m unserem Auswärtigen Amte ist nicht von der ruhigen und beschaulichen Art. daß sie einem Beamten in solchen Jabrcn nicht den Wunsch nach dem Pensivilszustande auch ohne jede „Friction" nahe legen sollte. Daß in Bucker der Verfasser einer Anzahl diplomatischer Schriftstücke von historischer Bedeutung auS dem Auswärtigen Amte scheiten wird, ist bekannt. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß über die glückticke Wahl, welche »ul der Be rufung deS Grafen Hatzseldt an die Spitze des Auswärti gen Amte- getroffen worden, unter den auS Erfahrung zu einem Urthcil darüber befähigten Personen nur eine Stimme ist. Die „Nat.-Ztg." schreibt aus Berlin: Ter „Magistrat hat in außerordentlicher Sitzung beschlossen, der Stadt verordnetenversammlung die ganzen Verhandlungen über die Novelle zur Städtcordnung »nd die Auslösung der Stadtverordnetenversammlung, namentlich auck taü letzte Ministcrialrcscript vom l. d. M. zur Kenntiiißnahme zu übersenden. Damit wird nun auch der wichtige Bericht des Magistrats vom 1t. Juli d. I., der alle rechtlichen und politischen AuSsübrungen de- Magistrats gegen die beabsichtigte Auslösung enthält, bekannt werde». Der Magistrat wird dabei der Stadtverordnetenversammlung »iitlheite», daß er beschlossen bade, das Tableau der Wahl bezirke aller drei Claffen dem Oberpräsidenten, der getroffenen Aiwrdnung entsprechend, nach erfolgter Aufstellung vorzulegen und zwar unter nochmaligem Hinweis aus seine in dem Bericht vom 11. Juli d. I. enthaltenen Ausführungen und Verwahrungen. Ter Magistrat wird zugleich »»»mehr die S»h-Coi»niission cinsctzen, welche die Wahlbezirke mit Rücksicht aus die übrigen Einrheilnngen der Stadt, die historischen Stadtthcilc und namentlich auch die neue Stadtbezirks- Abgrenzung, abgrciizcn soll." Wie ein Telegramm auS München meldet, ist die große ultramontane Agitation, welche daraus auSging, die städtischen iinultanschulen zu entvölkern, trvtz der Unterstützung, welche ibr daS erzbischöfliche Schreiben angedcihen ließ, als gescheitert zu betrachte». 5200 Kinder, nur einige Hundert weniger als im Vorjahre, sind bereits für die Sinmltanschulen inscribirt und damit ist der Bestand sämmtlicher Claffen aller fünf Simultan« schulen vollständig gesichert. Nach einer Depesche aus Triest ließ derKaiser Franz Joses bei der am DienStag stattgefundenen Jnfpieirung de- Geschwader- Torpcdomanöver und verschiedene andere Bereitschaft-- und Kampssmanöver vornehmen und sprach sich über die Ausführung oeyselben sehr lobend aus. Bice- admiral Pocckh ist zum Admiral ernannt worden. Die Illumination der Stadt und deS Hasen- war prachtvoll, die Bevölkerung der Umgegend wetteifert mit der Stadt in Ovationen für die Majestäten und da- kronprinzliche Paar. — lieber da- geplante Bombcnattentat liegen heute neue Nachrichten nicht vor. Die „N. Fr. Pr." benutzt aber diese Veranlassung, um der italienischen Regie rung einige Wahrheiten zu sagen. DaS Blatt schreibt: „Wir wünschen sehnlich, daß cs der italienischen Regie rung gelingen möge, durch eine energische und unzweideutige Thal zu beweisen, daß sic die Mörderbande, welche Triest zum Object ihrer Hcimsnchungen gemacht hat, ebenso als ihren Feind ansicbt, wie Oesterreich, und daß eS ihr ernst damit ist, die srciindiiachbarlichcn Beziehungen aufrecht zu erhalten, die so sehr im Interesse der beiden Staaten gelegen sind. Aber dieS müßte rasch geschehen. Denn von Tag zu Tag wächst bei unS die Macht jener Partei, welche den wahren Patriotismus darin erblickt, möglichst oft und nack alle» Seiten hin die Faust zu zeigen, und diese Partei blickt seit lange mit mißgünstigen Augen aus den Greuel, daß Oesterreich, die katholische Macht, ein FrenndschaftSver- hältniß mit dem Staate unterhält, den sie des Raube- an bem Patrimonium Petri beschulkigt. WaS aber Triest selbst betrifft, so glaube» wir nicht, daß die Entdeckung von Nonchi Jene, welche beharrlich AuSnahinsmaßregeln sür die Stadt fordern, der Erfüllung ihrer Wünsche näher gebracht hat. Solche Maßregeln zu ergreife», hieße Triest dafür strascn, daß eS taS Opfer einer auswärtigen, feind seligen Propaganda geworden ist; hieße daS Band wieder zerschneiden, welches durch die AnSsiellung zwischen Triest und dem Reiche geknüpft wurde; hieße den Abscheu, der das Ver brechen hervorries, durch die Erbitterung über eine Ungerech tigkeit seiner ivohlthäligcn Wirkung berauben. Triest wird ein österreichischer Hasen bleiben, ob die Herren Bomben- Alteiitäter eS zugeben oder nicht, »nd da dem so ist, wäre es eine versohlte Politik, durch ungerechtfertigte Strenge die Gemüther zu erhitzen und zu erbittern. Die Ausstellung hat vor Augen geführt, was Triest für Oesterreich unk was Oesterreich für Triest bedeutet, und wir glauben, das ist eine Ueberzeugung, welche auch durch Pulver und Dynamit nicht erschüttert werden kann." I» den Wiener Negicrungskrcisen nehmen die Dinge und Verhältnisse in den oecupirte» Provinzen und Dal matien noch immer großes Interesse in Anspruch. Die Lösung der dortigen Verwickelungen scheint um so schwieriger und zeitraubender, weil, znmal in Dalmatien, die politiich- nationalen Partcivcrhältniffe, mit denen die Regierung rechnen muß, sich merklich verschoben haben. Der vo» der Versas- sungSparlci so gefeierte dalmatische Aiitoiiomistciislihrcr Baja - m onti that seiner Zeit den Ausspruch: 8viki ,I»i»a»i, 6roati mail (Serben wollen wir morgen werde», Kroaten niemals!). In Folge der später eingetrekeiicii Verhältnisse wankertcn Bajamonti und ankere Italiener von Dalmatien »ach Italien auS. In diesem Parteikampfe hat die Regierung noch immer nicht entschieden Stellung genommen. Tie Kroaten sind den italienischen Küstenbewohnern Dalmatiens und den Serben leich verhaßt. Im Hinblick aus diese Schwierigkeiten meint ereitS ein hochofficiöscS Wiener Blatt: „Will Oesterreich überhaupt im europäischen Orient etwas ausrichten, so muß cS unter allen Umständen trachten, daS serbische Element zu gewinnen." — Da der jüngst sür die occupirten Provinzen ernannte „Civil-AdlatuS", Herr v. Nikotilsck, Serbe von Geburt. griechisch-orlho"oxcr Religion und überdies ein Ver wandter des Königs Milan ist. so scheint die Regierung sich wirklich dem serbischen Elemente näher» zu wollen. ES hat mehrfach Aussehen erregt, daß der internatio nale hygieinischc Congreß zu Genf al- nächsten Ver sammlungsort den Haag bestimmt bat, während die Ber liner Ausstellung für Hygieine cS nabe gelegt hätte, die deutsche Hauptstadt zum Congreß au-zuwählen. An Versuchen der deutschen Theilnebmer au der Versammlung, eine Mehrheit sür den letzteren Vorschlag zir gewinnen, hat eS sicherlich
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