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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188210174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821017
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-17
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1882
- Autor
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Erscheint täglich . früh 6'/, Uhr. Uetsrlion und Lrveiitisa .. Jobannesqass« 33. " APrrlhft»»-r» örr Nrdarlio«: Bormttiaqs 10—12 Uhr. Nachnmiaqr z—6 Udr. Dl» t!« RRStz-de V»nuici,,t« ««cht ßch h» RteLLLlisn nttdl verblvtUch. AmtStmr »er für »te nickirf«l,en»« Nu«mer »rstimmte« Inj erste an Kockrnta,en dis 3 Udr Nacdmttta,-. «l Leu«- uu» Aciiluaeu irüd bis 'i,v Uhr. Zn drn /Ilialrn Nir Ins.->nnat»me: ttl« Klemm, Uiiiversitäiskirai»« >1, Lsuit Lösche. staidarinenftrsh« 13, ». nur bi» 'i,S tttzr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage I7,SV0. ^vonnrmriiislisris viertel,. 4'/, Mlu, incl. Br.nqeriobn 5 Lik.. durcv die Loft bezogen ü Mk. Jede einzelne Nummer 25 Ls. Leiegerrnivlar 10 Li. Gebillirc» iir Lxrraöeilaq«, «li»e Loftbciürdernnn.tu Mk. «>t Loiibeiveberniig 43 Mt. Inserntr 6qe'valtenr Petitzeile SO Pf. Lröhere La>r,ftcn laut niiierrm Pre>»- ver.zeimniß. Tabellarischer L»o :>am höherem Tarif. Ueclamrn unter ür» Nedactionsllrich die Lvallzeile 50 Li. Jnierate sind ftcis an Sie irr-peSirton zu senden. — Raoan wird niwi gegeoen. Zahlung prueliiiiimr.i!»,» oder Sueq Loft- uacnnaniiie. ^-280. Dienstag den 17. Octobcr 1882. 76. Jahrgang. S Oe I kreuvl W Keine aufopfernde 'ITräti^Icelt und .^nltän^Iietilceit, weleke er mir und meinem M Oeseilkitts iiis an »ein Lebensende rUelebalrlos gewidmet bat, siebern ilim bei mir E für »Ile weiter» ein danbbare» und ebrendes ^ndenben. Oestern ^bend versebied sankt: vaeb längerem »ebweren beiden mein lieber kreund und 1»ll§jäbrix«r treuer Nitarbeiter Herr lÄvärivb Hüttner, Henixd-IiSclaOdsu.r' arri 1a^6b>1att. Deiprix, am 16. Oetober 1882. L. HV. I^olr, öesitrer äs« Deiprixer 1'sxeblatte«. In der verebt vom Konntax 2um Alonta^ versebled naeb langen und »ebweren beiden der Haupt-Redaoteur unseres Dlattes Herr krleärivb Hüttner. Die kedsction und Spedition des Deip^i^er l'nxebintte« ist durcb diesen lodestult in die tietste 'Iraner versetzt. Die seltenen Dixensebatten de» Verewigten, seine kiederlreit, l'batbraü und küiebttreue, sein freundsebattbebes und eebt eollegiabsobes Wesen werden stets bei uns unvergessen sein. ^ Dsiprig, 16. Oetober 1882. V1« Redavtlon uNÄ Spedition des I^lprixvr laxvklattes. In der Xaebt VOM könnt« g rum Lifontag bssekloss, tiefbetiauert von 2VlIen, die ibm nabe standen, der Haupt-Redakteur am Deipriger 1'ageblatt Herr krleäriek Hüttner sein tbaten- und erfabrungsreicbes Reben. — Die sieb immer gleiebbleibende Rreundlieblroit, welebe der Verstorbene allen mit ibm ge^ebättliob V^erbundenen obne Dntersebied angedeiben liess, lässt uns seinen Verlust sebmerrbeb empfinden; wir werden uns daber des Oeseltiedenen stets boebaebtend erinnern. Reiprig, am 16. Oetober 1882. Vas Vvrsonal der vruekerel des Reip/.lgtzr Tageblattes. -l- Wir haben die tiesscbmerzliche Pflicht zu erfüllen, den Lesern unsere- Blatte- davon Kenntniß zu geben, daß dessen Hauptredacteur Herr Gottlos Friedrich Hüttner in der Nacht vom Smnnaq zum Montag nach längerem schweren Leiden durch den Tod au- dem Leben abberusen worden ist. Wenn wir im. Laufe dxS Sommer« noch immer die Hoffnung hegen durste». cS werke der guten Natur de- Verewigten gelingen, über die dem kräftigen Manne drohende Gefahr zu siegen, so bat diese Erwartung nach Gottes un» ersorschlichem Nalbschluss nicht in Erfüllung gehen sollen; wir blicken daher heute mit tiefer Trauer aus di« in Miseren Kreis gerissene Lücke. Friedrich Hüttner war geboren am L. Oetober 1824 zu Plauen im Vogtland« und bat se ne Thäligkeit seit dem Jahre 1860, zuerst als Mitarbäler, dem ..Tageblatt" gewidwet. Die Stellung de« vera»kwcrll,chen Nedacteur- desselben wurde ihm am 7. Juni 1865 übertragen. Vor dieser Periode seiner journalistischen Laufbahn hatte er seine umfassenden Kenntnisse und seinen regen Berusrflcig an anderer Stelle an den Tag gekegt. Hüttner war Mitarbeiter der „Gartenlaube", der „Europa", der „Leipziger Zeitung" und der (Augsburger) „AllgemeinenZeitung"; er sübrte die Redaktion der gewiß noch Vielen in guter Erinnerung sichcndenWochenschrist „Dvrsbarbicr" und der „Rundschau für da- Verstcherung-wesrn". In de» Jahren 1853—1860 war Gotha der Ort seiner Wirksamkeit, wo er die Stellung de- Nedacteur- der „Golhaiscben Zeitung" beNridete. Der Verewigte hat seine beste Lebenskraft unserem Blatte gewidmet. Da- Werden und Wachsen de- „Leipziger Tage blattes" au- bescheidenen Anfängen zu einem großen Local- und Volksblatte, da- sich die Ausgabe stellt, da- öffentliche Leben der Stadt und unsere- Lande- getreu wiederzuspiegeln und dem Leser in volksthlimlicher Darstellung vorzusühren, ist mit dem Namen Friedrich Hüttner'- auf da- Engste ver knüpft. Er war mit der ihm eigenen Pflichttreue stets darauf bedacht, nach jeder Richtung hin fördernd und bessernd in den Organismus unsere- Blatte- einzugreifen und dasselbe den Anforderungen de- Tage- anzupassen. Wie weit ihm diese schwere Ausgabe gelungen, darüber wird der grrße Srei» unserer Leser nicht in Zweifel sein. Er verstand e-, wie e» bei einem echten Volksblatte der Fall sein muß, da- Publicum für den Au-spruch seiner Meinungen und Wünsche zu gewinnen. Wir erkennen gerade in dieser engen Verbindung zwischen Redaction und Publicum einen Theil der Bedeutung unsere- Blatte- und werden nicht verabsäumen, aus dem betretenen Wege rüstig fortzuschreiten. Friedrich Hüttner war eine kerndeutsche Natur, welche den nationalen Enlivickelung-proccß unsere« Volke- mit Interesse verfolgte und im „Leipziger Tageblatt" im Sinne der ReichS- idee vertrat. Er war ein liberaler Mann und im persön lichen Verkehre von großer Liebenswürdigkeit, er besaß jene Eigenschaften, welche Goethe vom Menschen verlangte: er war „edel, hilfreich und gut." Mit seinem Tode ist ein Leben abgeschlossen, welche» reich gesegnet war, denn sein Wirken ist nicht spurlos vorübcr- gegangen und Da- soll ihm unvergessen seinl Leicht sei ihm die Ervel Die Uückkkhr Ältrander's Ul. nach Galschina. Kaiser Alexander III. nebst Gemahlin und Kindern ist von Peterhcs zum ständigen Auscntkalt nach Galschina über- gestcbclt — so wird am 14. Oetober von Petersburg gemeldet. Diese wenigen Worte sind inhalt-schwer, sie bedeuten das End« großer Erwarlnngen und freudiger Hoffnungen, welche die kurze Moskauer Episode in Rußland erregt hatte. Als plötzlich der Befehl an die Vertreter der Hauptstadt von Alttußland erging, sich im Kreml zur Huldigung de-Kaiser- eiuzusinden, glaubten nicht nur die Russen, sondern ganz Europa, daß nun die längst erwartete Krönung de- junge» Zaren in Moskau vor sich geben und damit der Nachfolger «>>- am 13. Marz l88l schmählich ermordeten Kaiser- Alexanker II. die Weibe als Beherrscher des russischen Reiche- empsangen würde. Man war der Meinung, daß der Besuch der Moskauer Ausstellung nur der Vorwand sei und die Krönung der Zweck. Vielleicht war daS auch die Absicht, aber die AuSsilbriiug unierblieb, ans Gründen, welche nicht in Gestalt von Tbatsacben in die Oessentlichkcit gedrungen sind; nur andeutungsweise läßt sich au- gewissen Anzeichen schließen, daß Atexanker III. die Zeit für die Krönung noch nicht reif gesunken hat. ES erschien eine- Tage- eine Mittheilung in dm Zeitungen über die Anisindnng einer große» Quantität Dynamit in einem Eisenbabuwagen, der von Odessa an« in der Richtung nach Moskau befördert worden war, dann wurde die Meldung widerrufen und daiür bericbkcl, daß nicht Dynamit, sonder» Eisenseilipäne gesunden seien. Dann war wieder Alle- still. Inzwischen gescbab aber etwa?, woraus ersichtlich war, daß rie Zustände noch immer dieselben geblieben, wie sie seit Iabren in Rußland sich gezeigt haben. Ter Nachfolger Ignalicss's erließ eine Prcßversuguiig. durch welche auch noch der letzte Uebcrrest von Schei»prcßsre>l>eil für Rußland beseitigt wurde. Zur Berubigung der erschreckte» Bevölkerung wurde verkündet, daß Tolstoi die Maßregel nicht selbstständig ergriffen, sondern sic von seinem Vorgänger überkommen habe ; im Gegeiltlicit wurde nachdrücklich belont, baß der neue Minister des Innern seinen ganzen Einftuß ausgcbotcn habe, um die Wirkungen der von snncm Vorgänger vorbereitete» Bersugung abz,«schwächen. Das war allerdings sehr erstaunlich, do« ein Minister, dessen Eintritt in« Amt al- Shstemwechtel begrüßt wurde, sich so vollständig abhängig von dem gestürzten Minister bewies, daß eö schon als ein Zeichen von SclbsMukigkcil aiigesülnt wurde, wenn überhaupt eine Modifikation der be gonnene» Maßregel erreicht werden konnte. Die Presse spielt seit dem Regierungsantritt Alexander III. eine merkwürdige Rolle im russische» SlaalSwele»; man schwankt zwischen Wohl wollen gegen diese Institution und zwischen vollständiger Unter drückung derselben planlos hin und ber. Zeitweise erscheint die Presse de» M ntilkabcrn alS zweckmäßige- Schutzmittel gegen die Ausschreitungen des Nihilismus willkommen, dann erregt sic wieder Besorgnisse, alS ob sie das Nebel ver größern und den Zwecke» der Uinsturzpartci als Werkzeug dienen könnte. Ueberall Rathlosigkeit und Zerscibrcnbcit, wohin sich die Blicke richten, nirgends ziclbewußtes feste- Auftreten. So wie rie Organe der Regierung versabrcn, ist auch die Re gierung selbst in fortdauernder Unsicherheit über da«, war sic tbun soll. Der Kaiser ist bemüht, Vas Rechte zu sinken; er sebnl sich danach, seinem Volke Da« zu gewähren, was eS von ihm erwartet und fordert, aber sowie er den Versuch macht, aus seiner Zurückbaltung hervorzulretcn, der Zar nicht nur dem Namen. sonder» a»ch der Thal nach zu sein, so folgt ihm aus Schritt und Tritt da- bleiche Gespenst seine- gcmor beten Vater- und mahnt ihn zur Vorsicht, damit er nicbl gleichfalls die Beute de- Fanatismus jencr gefährlichen Seele werde. Alexander III. hat Muth, das hat er nicht allein durch die Reste nach Moskau bewiesen, da« hat er noch vor wenigen Tagen in Peterhvs gezeigt, wo er ohne jede schützende Be gleitung sein zweirädcrlges Gespanne mitten durch da« Volk »» Sebritl »nt eigener Hand hiiidurchlcilcte und von Vielen unerkannt heimioärlS fuhr. Aber auch ein von der Natur mit großer Körperkrasl und entsprechendem Muth begabter Fürst kann den fortdauernden Aufregungen, welche stete Gefahr für die eigene Person und die Familienmitgliedes' erzeugt, nicht so starken Widerstand leiste», daß er die schädlichen Wirkun gen solcher nnnalurlichen Anstrengungen vollkommen z» über winden im Stande wäre, die Natur fordert früher oder später ihre Rechte und deshalb hat auch Alexander IIl., nachdem er sich wochenlang jedem hennlückst'chcn Mörder mit unvergleich lichem Mlilhc preiSgegcben, endlich taS Bedürsniß gesuhlt, wieder eine verhältnißinäßig größere Ruhe und Sicherheit zu genieße». In PelerSburg bat er keines von beiten ge sunden. Tort sind auch die Erinnerungen an die jüngste schreckliche Vergangenheit zu lebendig, jedes HanS, jede Straße, jede Brücke, welche der ermordete Vater an jenem UnglückS- tage passirl hat, sind mit ihrer Gegenwart zu entsetzliche WarnungSzeickcn, alö daß sich der Sohn mit leichtem Sinn darüber binwegsetzen könnte. War eS nicht da- Winler- valaiS, welches von den Nibilisien in die Lusl gesprengt werden tollte und in welchem mancher brave Soldat vom Prcobrasckienki- Rcgiincnt, der dem kaiserlichen Vater alö Wache dicnle, seinen Tod gesunden hat? DaS ließe sich vielleicht allmälig vergessen, wenn die Gegenwart sich freundlicher anließe als die Vergangenheit, wen» nickt fort und fort neue Symptome zu Tage träten, daß die verderbliche Bewegung weiter um sich greift, statt nach und nach zu verschwinden. Alexander UI. hat einem tiosgesübltcn unabweisbaren Be dürfnis! nach Ruhe Folge geleistet, als er sich ausS Neue mit seiner Familie nach Galschina znrückzog, aber er hat damit zugleich die beklagenSwertbe Tbatsache zugesiaiiden, baß er sich nicht sicher suhlt in seiner Hauptstadt Peter-burg. Der erste Anlauf, welchen der Kaiser gemacht hat, um den Baun zu löten, den die nibiliststcke Bewegung ihm anscrlegt hat. ist also leider mißglückt, die Fahrt nach Moskau ist zwar ohne NngtnckSsall voiübergegcmgen, aber der eigentliche Zweck, dir Zu uckgezogcnbeit mit dem surchllosen undesaiigenen Verkehr zwischen Herrscher und Volk zu vertanscten, »st nickt erreicht worden. WaS i» Moskau und Petersburg an gesakrdroben- den Begebenheiten sonst zu verzeichnen gewesen wäre, darül'er hat die Prcssc wohlweislich Schweigen beebacblel und wen» »e auch statt dessen zu sprechen gewagt hätte, so redet dock da» Eine laut genug, daß die kaiserliche Familie wiederum Gatschina zum dauernden Aufenthalt erkoren hat. Tie Stimmen, welche die Einführung einer Verfassung in Rußland mit Ungestüm verlangten, alS der junge Kaiser die Regierung antrat, sind jetzt verstummt; die sie erhoben, scheinen zu der Eiustchl gelangt zu sein, daß Rußland jur eine Vor- »assung dock wobt noch nickt reis sei» mochte. Sind doch dir Folgen der Aushebung der Leibeigenschast in dem weilen an Jahrhunderte langen Tespoli-inus gewöhnten Reiche noch lange nicht überwunden. Alexander III. hat jetzt Zeit und Muße darüber nacbzu- dcnkcn, wie er die Gcsakrcn der Zukunft am besten bestehen kann; möge ibm ein bahnbrechender Gedanke den reckten Wog zeigen auS dem Labyrinth, in welche« ihn daö unerbittlich« Schicksal geworfen hat. Leipzig, 17. Oktober 1882. Es fällt aus, daß in dem umfangreichen diplomatischen Personenwechsel, welcher durch die Ernennung deö Grasen Hatzseldt zum Slaalssecrelair im Auswärtigen Amt veran laßt wird, der Name de- dculschcn Geschäftsträgers bei der Pforte, deS Herrn v. Hirschseld, nirgends Erwähnung findet. Erst kürzlich sind die bedeutenden Verdienste dieses tnö dahin kaum gekannten Diplomaten um die Vertretung der eeutschen Interessen aus der Conserenz durch die Verleihung eineö hohen Ordens anerkannt worden, und man hatte sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, in Herrn v. Hirschseld eine jener Persönlichkeiten zu sehen, die Fürst Bismarck, un bekümmert um die Stufenleiter der burcaukralischen Rang- Verhältnisse, an den ihnen zukommendcn und eventuell an den ersten Platz zu stellen pflegt. Indessen sind die Berliner Freunde deö Herrn v. Hirschseld nicht gerate geneigt, seine Uebcrgchung (obwohl man dieselbe nicht erwartet balle) unter allen ilmsiättden als eine Vernachlässigung a»-;ulegen. Sic Hallen vielmehr dafür, daß die Herrn v. Hirschseld eignende umfassende Kenntniß der Perscnen und Verhältnisse, die gerade auf dem Gebiete der orientalischen Diplomatie so schwer zu erwerben und so hoch zu veranschlagen ist, da-Ver bleiben deS provisorischen Geschaslslrägers res Reich- in seiner jetzigen bescheidenen Stellung alö Untergebener de- Herrn v. Radowitz für räthlich habe erscheinen lassen. Schon jetzt läßt sich übersehen, daß der neue preußische Etat sich mit ganz siattlichen Summen hinsichtlich der Pflege der Künste unv Wislenschakten repräsenliren wird. DaS Interesse, welche« Herr v. Goßt er diesem unpolitischen uny doch so wichtigen Gebiete seine« Ressorts entgegen bringt, und welches in wohlthucndem Gegensatz zu der Gleichgiltig keit seine- unmittelbaren AmtSvorgängerS steht, hat sich auch gegenüber den Sparsamkeitsanforderunge» de« neuen Finanz- minister- als siegreich erwiesen. Der als gesickert zu be trachtende Ausbau deS Marienburger HocbmeinerschlosseS, die Restaurirung deS Merseburger DonieS, das vorbereitete Gesetz über die Eonscrvirung der Kunstdenkmäler, da- Alles bietet verheißungsvolle Ansätze zu einer würdigeren Behand lung des Kniistgebietes. Neben einer Reihe klinischer Bauten in verschiedenen Universitätsstädten wird durch den neuen Etat auch die Errichtung des großen naturhistorischen Museum« in Berlin cnNich rinmal gesichert werden. Dagegen ist die Hoffnung aus Inangriffnahme des so dringend nothwendige» Bibliotbekneubaues leider sür jetzt und vielleicht noch für lange Zeit auszugeben. AuS Berlin wird unS vom Sonntag geschrieben: „Vier Tage trennen uns nur noch vom Wakllermine, die großen Agitationsrcven sind gebalten. eS beginnt dir kleine Arbeit der Vertrauensmänner, die von HauS zu HauS gehe» und den Urwähler zur Urne bestellen. Diese geräusch lose Thätigkcit baden die Eoiiscrvativen von ihre» Gegnern gelernt, und man möchte fast sagen, daß sie bicr in Berlin ivcuigstenS den Liberalen darin überlege» sind. Es kommt da- freilich nur daher, daß der ganze behördliche Avparat in einer bisher nickt gekannten Weise der consorvativen Agitation zur Verfügung steyt. Wenn von dem obersten Chef eines Ressorts Anordnung dahin getroffen wird, daß jeden, Ange stellten die nöthige Zeit gegeben wird, um »achzuschcn, ob sei» Name i» die Wählerliste eingetragen ist, wenn daun ferner siir den Wahltag selbst noch einmal ausdrücklich der Vormittag sreigegebe» wird, so weiß alle Welt, waS das zu bedeuleu hat. Tie liberale Parlei giebt sich deshalb auch nicht allzu großen Hoffnungen hin. Sic erwartet freilich, daß ibr ihre allen festen Plätze i» Berlin erhalte» bleibe», aber sie rechnet mit starken Minoritäten, besonders im ersten Berliner Wahlbezirke, wo da» Boamlenbcer. das in den letzten Jahren durch die Verstaatlichung der Vcrlin-Potsdain-Magdc- burger und der Berlin-Ankaller Ei enbalnr noch gewallig ver stärkt worden ist. e ne so bedentenke Rolle spielt. Da« ver haßte Dreiclasstn-Wahlsnstein bält so manchen liberalen Wähler von der Urne sein, die B.antten dagegen folgen zum großen Tbeile der vo» oben gegebenen Weisung und so wäre es kein Wunder, wen» diesmal in Bezirken, wo man nie an eine conservative Pariei tackte, die Wablen für die liberal« Sacke zwar nickt ungünstig anssallc». der Sica selbst aber bcträck'llich erschwert wird." ES vergebt gegenwärtig in der Tbat kaum ein Tag» an dem nickt auS Böhmen neue, betrübende Nachricklen über korkige Vergewaltigungen gegen die Deutschen und taS Teutich- tbnm zu uns gelangen. So wird uns beute ans Reichen« berg gemeldet, daß mau von jetzt ab aus den Stationen der Slidnorddeutschen Verbindungsbahn und Nordwestbaln, ver geblich die entschiede» deutsch gesinnte ..Rcichenberger Zeitung" suchen wird. Das Blatt bringt nämlich an der Spitze scincr jüngsten Nummer die merkwürdige "Nachricht, daß der Reichs- raibs-Abgroidnete Greß. in seiner E'genschast a>S Generat- director der genaiintrn Bahnen, de» Barkauf der „Reickcn- bcrger Zeitung" ans allen ihren Stationen verboten habe. DaS Blatt ist umsomehr den Anfeindungen der Ezecken und sogenannter „loyaler" Lculschhöhmcii cnisgeseitt, weil die Herausgeber der „Neickenberger Zrunug". die Gebrüder Siiepel, zwei Preußen sink, die aber schon seit vielen Jahren in Reichenberg wohnen und dort nebst ihrem Bnchdruckerei- geschäsle auch Grundbesitz erworben babcn. AnS Pest schreibt man von einem neuen politischen Duell, taS mit der Iukcnsragc zusammenbängt. Vor einigen Tagen erschien nämlich in der „Függetleiisecz" von dem Haiiplkräkedlcr Verbovav ein besliger Ariikcl gegen den RoichslagSabgeordiieten Horansky, dom als Verlhcibiger in dem TiSza-Eszlarcr Processe allerlei Beschuldigungen an den Kops geworfen wurden. Darauf antworlete Horansky, „von einem Menschen, wie Verbvvay. fei Alle« zu erwarten." Dieser schickte sofort seine Zeugen, die antisemitischen Abgeordneten v. Lnody und v. <?zalny, zu Horansky.
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