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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188307312
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830731
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-07
- Tag1883-07-31
- Monat1883-07
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1883
- Autor
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Ersehslnt täglich früh 6'/, Uhr. Lrdarlioa uni Lrpkdittoa JohanaeSgasjc 33. Sprkchkrm-ru der Urdaction: BormntagS 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. tztt» dt» Rita,ade emgetandler M»i>uicr>»t» «acht sich »u Redacr»» mchl vcvdiadtud. Annatzm« der für »te uichstsolgense Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bi« L Uhr Nachmittags, an Sonn- und -efttage» früh hi»'/,» Uhr. 3n den Filialen für Ins.-Zinnahmc Otto Ulemm» Universitätsstraße 21, Laut» Lüsche, Katharinenstraße 18, v. nur üi» '/,S Uhr Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage LS,100. ^»NNrmrntsPrri» viertelt. 4'/, Mk. incl. Brinaerloh» 5 ML, durch die Post bezogen 6 ML Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ahne Pvstbesörderung 39 Mi. Mit Postbejörderang 48 Mt. Inserate 6gespaltene Petitzeile SV Pf. Bräßer» Schriften laut unserem Prris- verzeichniß. Tabellarischer u. Ztffernsatz nach höherm Tarif. llerlamrn nnter -rin Pedacllanastrich die Spaltzeile bO Ps. Inserate find stet« an die Srhedttta« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praevumerimä« oder durch Post» Nachnahme. Dienstag den 31. Juli 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher TheU. Vrkanntmaihung. Wegen baulicher Veränderungen in unserer Stiftskirche zu St. Johannis mutz der Gottesdienst in derselbe» vom UU. Juli d. I. ab bis aus Weiteres ausgefctzt bleiben. Leipzig, am 30. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. I)r. Wangemann. Vkb-Ms - Maniltmachnng. Gestohlen wurden avhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) ein zweiräderiger Handwagen, blau gestrichen, aus dem Hof- raum des Grundstücks Ncinstüdter Sleinweg Nr. 89, am 17. dis. Mts.; 2) ein Teckdrtt und ein koplkissen mit roth. und weißgestceis- ten Inletts, sowie ein Unterbett mit rothem Inlett, aus einer Schlaskammer in Nr. 19 Lauge Straße, in der Zeit vom 1b. vor. MtS. bis 22. dsS. MtS.; 3) ein Arauetijaqurt von schwarzem gerieften Stoff mit zwei Reihen übcrsponnenen Knöpfen, die Taschen und Ausschläge mit schwarzen Spitzen besetzt, aus einem Tanzlocal in Nr. 30 des Wind» mühlenwegs, am 22. dss. Mts. Abends; 4) eine fast neue Kardätsche, au« einem Pferdestall im Grund» stück Nr. 46 der Nordstraße, am 23. dss. MtS. Nachmittags; 5) ein Paar kleine goldene Lhrringe mit schwarzen Steinckien, am nämlichen Tage Mittag- einem sechsjährigen Kinde in der Nähe dcS Berliner BahnhosS; 6) ein schwarzer -rauen-Umhang mit Perlenbesatz, sowie eine schwarze Hntsrder, aus einem Tanzlocal ia Nr. 45 der Elsterstraße, am nämlichen Tage Abends; 7) ein goldener Siegelring mit goldener Platte, daraus der Buchstabe ,,L." eingrarnrt, aus einer Wohnung in Nr. 38 der Tusourstraße, vom 22. bis 23. dss. MtS.; 8) ein -ranenjaaurt mit Taille von schwarzem Stoff mit schwarzübersponnene» Knöpfen und Perlenbesatz, sowie ein Regen- schir» von schwarzem Alpacca mit hellgelbem Holzstab und ge» vogenem Griff, aus einem Tanzlocal in Nr. 45 der Elsterstraße, am 2». ds«. Mt«. Abend»; 9) eia stelbbetraa von einer Mark and «in Neige« weißes HandkSrhchc«. am 24. dt«. Mt«. Vormittag« einem sechsjährigen Kinde in der Näh« der Poststraße; 10) ein goldenes kreuz mit weißer Perle an einer schwarz» seidenen Schnur, aus einer Piece im Grundstück Nr. 4 de« Schreker» gäßchenS, am nämlichen Tage; 11) ein goldener Siegelring mit blauem wappcnförmigen Stein, au« einem ExpeditionSlocul am Markt Nr. 3, an demselben Tage Nachmittags; 12) eine silberne Chltndernhr mit gravirtem Goldrand, roth- zerändertem Zifferblatt und hci'zsörmigem Wappen ans der Rückseite, ins einem Gardcrobcziiiimcr im Grundstück Nr. 15 der Elisenstraße, im 2b. dsS. MtS.; 13) ein Paar säst neue rindSlederne Halbstiefeln, die Absätze mit Zwecken beschlagen, aus einem Keller im Grundstück Nr. 4b an ver Pleiße, am 25. dss. MtS. Vormittag-; 14) ein Halzkistcheii mit der Adresse ,.Gefreiter Schnndt" ent haltend: einen Drillrock und ein Paar ebensolche Hosen, ei» Paar weiße Lederhandschuhe, ein Paar rothwollenc Handmüffchen, eine Zahnbürste, 30 Stück Zigarren und eine Bratwurst, von einem Wagen vor dem Hause Sternwartenstraße Nr. 22, am 26. dss. MlS. Nachmittag-; 1b) eine silberne Spindcluhr mit römischen Zahlen, an« einer Wagenremise in Nr. 5? der Skernwarienstraße, am nämlichen Tage Abend«: 16) ein Stück weifte Leinwand, etwa 1b Meter, an« einer Bodenkammer in Nr. 24 der Ritterstraße, innerhalb der letzten 3 Monate; 17) eia starker goldener Damrn-Nlng mit Diamant-Rosette, au« einer Schlafstube in Nr. 10 der Künigstraße, in der Zeit vom 19. bi« 25. d«. M:«.; 18) ein getragener Taillenrock von schwarzem Rip«, fünf Paar neue ungebleichte MannSstrÜmpse. ein Paar davon 0. k. gez., ein silberner Kaffeelöffel bl. V. gez. und fünf Stück Kaffeelöffel von Composition, mittelst Einsteigen- aus einem Tartenhäuschen im Grundstück Nr. 4 der Harkortstrabe, vom 22. bis 25. ds». MtS.; 19) eine silbern« Ehliiidernhr ohne Srcunde, mit geriefter Rückseite, in der Mille eine Blunienvase eingravirt, zwischen den Zahlen 2 und 3 ein Stückchen ausgebrochen und wieder eingesetzt, mittelst EinsteigenS aus einer Wohnung in Nr. 42 der Sidonien- straße, am 26. ds-, Mts. Abends; -- --- 20) zwei DeckbkttkN mit rosafarbigen Inletts, mit rothcr Seide genäht, mittelst Nachschlüssels aus einer Bodenkammer, in Nr. 16 der Sebastian Bnchstraße, in der Zeit vom 17. bis 27. d. Mts.; 21) ein Vorhang von braunem Rips mit breiten buntt» Streiken und ein Nnhekissen mit Perlstickerei und rothem Futter, mittelst Eindrücken« einer Fensterscheibe und EinsteigenS auS einem GcMenbäuscticn im Grundstück Nr. 52 der Franksurter Straße, in der Nacht vom 26. znm 27. d. MtS^; 22) eine Spitzhacke und eine Schippt ans einem Neubau in Nr. 16 des Ranstädicr StcinwegS am 27. dss. MtS.; 23) ein schwarzer Ziniella-Regenichirm mit gelbem Holzstab und gebogenem Griff ans einem GeichaslSlocale in Nr. 12 der Halle'ichen Straße am 28. ds«. Mts. Vormittags; 241 eine neusilderne Ehlintzernhr mit Secunde und geriester Rückseite mit wavpenähnlichem Schildchen aus einer Schlaskammer in Nr. 15 der PeterSftrahe zu derselben Zeit: 25) ein Hanhkorü von weißem Reidengeflecht ohne Deckel, darin ein Paar weiß- und braungcringelte Fraueiistrümpse, von einem Promenadenwege in der Nahe der Petersbrückc, am nämlichen Tage Abend«; >- 26) eine neusilderne Chlindernhr ohne Goldrand mit Secunde und geriester Rückseite mit Plättchen, darauf die Buchstaben „8. X." eingravtrt, nebst kurzer Talmikette mit viereckigem Medaillon, au« einer Schlaskammer in Nr. 53 der Ulrichsgaffe, in der Nacht vom 28. zum 29. ds«. Mt«.: „ 27) ei, Portemonnaie von braunem Leder, mit Messlugbügel, enthaltend 4 1 in div. Münze, aut einer Piece ia Nr. 10 der HoSpitalsiraße, am 29. dss. Mt«. Nachmittags; 28) ein Sommrrüberzieher von dunkelbraunem gerieften Stoff, mit einer Reihe Knöpsen, verdeckter Batterie, schwarzem Futter, im Henkel die Namen „Xpel ^ Tkerauck", au- dem Restauration-locale in Nr. 6 der Kurprinzstraße, am gleichen Tage Abend-; 29) eine schwarzlederne Reisetasche, enthaltend sechs Taschen tücher, einen Kragen, ein Paar Manschetten, einen kleinen braunen Hat, eine Stnhentriimütze, eine Haarbürste von Stahldraht und zwei Bücher, aus demselben Locale zu gleicher ZtU; ' 30) ein Regenschirm mit Ucberzug von grauem Satin nud mit Holzstab, aus dem nämlichen Locale zu derselben Zzst. - Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen oder den Thärcr sind ungesäumt bet unserer Eriminal» Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 30. Juli 1883. Da« Polizei-Amt der Stahl Leipzig I. v: Innck, Pol.»Rath. vr. Denecke. Nächsten Freitag, den 3. August d. IS., von vormittag 10 Uhr an sollen im Han«gru»dftncke Nr. 7 t« der Sntritzfchrr Strafte allhicr 1 Alchiran-portwagen, 1 kleiner Kutschwagen, 2 Fletsch transportwagen, drei Pferde» und ein Hundegeschirr, 1 Wurst» spritze, 1 Jlcischwvls, 1 Würselipeckschneidemaschine, 1 Wiege block mit 6 Schneiden, 1 Holzblock mit Messer, 2 Laden- taseln mit Marinorplatten, 2 Standwaagen, 1 EiSschrank, 2 Wannen, 1 Schleifstein, 1 Brückenwaage, 1 eiserner Geld schrank mit Pult öffentlich an die Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlnng ver» steigert werden. Leipzig, den 28. Juli 1883. ^raner, Gericht-Vollzieher. Bekanntmachung. Die Lteserung der für das Depot-Magazin zu Lausigk pro 2. bis mit 14. Sept. 1883 erforderlichen Naturalien, und zwar circa: 107.5 Ente. Rindfleisch, 24 Cntr. Schöpsenfleisch, 18.5 Lntr. Reis, 253 Cntr. Kartoffeln, 22 Enlr. Graupen, 29 Lntr. Bohnen, 16.5 Ctnr. Salz, 10 Entr. gebrannten Kaffee und 144 Kubikmeter Brennholz soll im Submission-Wege vergeben werden. LiesernngS»Offerten sind bis zum 8. Angnft «r. Vormittag» 10 Uhr versiegelt, portofrei und mit der Aufschrift: „Militatr- Lieferung für das Depot-Magazin Lausigk brtr." versehen, an die T-poi-Berwaliung zu Lausigk einzureichen. Ferner sollen die zum Transport von Naturalien pro 1. bis mit 14. September er. ia die um Lausigk liegenden Ortschuften resp. nach den Bivouaksplätzen erforderlichen Fuhren an den Mindefl- iordernden verdungen werden. Die bezüglichen Gestellnng«»Offerten sind bis 6. August er. Vormittags i l Uhr versiegelt, Porto» srei und mit der Auischrisi: „Milikairsnhrcn sür das Depot- Magazin Lausigk betr." versehen an die Unterzeichnete Depot» Magazin-Verwaltung einzusenden. Die Bedingungen über die Naturalien-Lteferung, sowie diejenigen über die Fuhrengesteklung liegen im Bureau der Unterzeichneten Depot-Magazin-Berwaltung zur Einsicht der Bewerber au«. Lausigk, am 28. Juli 1883. königliche Depot-Magaztn-Vrrmattmtg. Radestock. Nichtamtlicher Thetl. Zur Frage des Impfzwangs. Kaum eine zweite staatliche Einrichtung hat so zahlreiche Gegner als der Jinpszwana. Ucber die Nokhwendigkclt und Nützlichkeit der obligatorischen Impfung bezw. über ihre Schädlichkeit gehe» die Ansichten diametral auseinander, und es kann daher nicht Wunder nebmen, daß unter den all jährlich an den Reichstag gelangenden Petitionen die uni Abschaffung dcS Impfzwangs "besonder- zahlreich ver treten sind. Von dem Augenblick an. wo der durch Ueberimpsnng dcS Knlipockcnslvfses auf den Menschen gewährte Schutz gegen Erkrankung an den eckten Mcnschenpocken als unbestreitbare Thatiacke von der Wissenschaft anerkannt, erwuchs den Staatsverwaltungen die Pflicht, für eine möglichst all gemeine Ausführung dieser Schutzmaßregel Sorge zu tragen. Diese Sorge mußte sich nach zwei Richtungen erstrecken. EincSlhcilS galt e< die regelmäßige Beschaffung guter Jmps- lymphe sowie die Anstellung zuverlässiger Jinpfärztc in genügender Zahl zu sickern, und aiiderscitS bedurfte eS der erforderlichen Einwirkung auf die Bevölkerung, um dieselbe zur bereitwilligen Entgegennahme der dargebracklc» Wohllhat zu vermögen. Diesen Aufgaben sind die ver schiedenen europäischen Staaten in sehr verschiedener Weise und mit entsprechend ungleichem Erfolge gereckt geworden. Während einige Länder, wie z. B. Frankreich und Rußland, sich darauf beschränkten, die Unterweisung im Impfen zu einem Bestandtkeüe des ärztlichen Unterricht- zn mache» und den Armenärzten die Verpflichtung znm unentgeltlichen Jmpscn der ihnen zu diesem Zwecke vorgestclllcn Kinder auszuerlcgcn, dabei aber die Beschaffung-weise der Jmpslymphe den Acrzien ganz überlasten, baden andere Länder, wie z. B. Belgien, Holland und Oesterreich, die Gemeinden oder Provinzial- verbände zur geregelten Beschaffung der letzteren verpflichtet, und in noch anderen Staaten endlich, in Preußen. England und Italien, ist eS die Centralbebörde selbst, welche diese Ausgabe mittelst besonders dazu errichteter Anstalten, soge nannter Jmpsinstilute, übernimmt Welchem dieser Systeme der Vorzug gebührt, kann nickt zweifelhaft sein, wenn man bedenkt, daß e» sich um ein ini höchsten Grade solidarisches Interesse sämmtlicher Staatsangehöriger handelt, welche in ihrer Gesammthrit gefährdet werten, sobald in einem oder mehreren einzelnen BevölkerungSkreiscn die Impfung in Folge mangelhaften Stoffe« unterbleibt oder wirkungslos ist. Die Errichtung staatlicher Imps» institule ist denn auck in Deutschland zufolge deSReichs- impfgesetze« von 1874 überall da zur Durchführung gelangt, >vo dieselbe nicht bereit- vorder bestanden, so tag jeveni Arzte aus Erfordern die zur Einleitung des Jnips- gesckäfls erforderliche Lymphe aus zuverlässiger HerkunslS- guclle unentgeltlich geliefert wird. Für ganz Deutschland ist die statistische Berichterstattung über die Vvrgenommenen Impfungen gleichmäßig geordnet und erstreckt sich alljährlich aus die Zahl sämmtlicher Jmps- pflichtigen, sowie der vorgenommenen Impfungen und Wieder impfungen; die Zahl derjenigen Jmpspslichliaen, bei denen die Impfung auS gesetzliche» Grünten untervlicbcn ist; die Zabl derjenige», welche sich in ungesetzlicher Weise der Impfung entzogen habe», und schließlich aus die Zahl der erfolgreichen Impfungen und Wiederimpfungen, beide getrennt fe nach Benutzung humanisirter oder animaler Lymphe, sowie ;e nach stattgehabtcr tircctcr Impfung von Arm zu Arm oder indirekter mittelst conscrvirler Lhmphe. Diese Daten im Verein niit einer genauen Bcricht- erstaltung über alle rorgekonimcnen Erkrankung-- und Todesfälle an echten Blattern unter jedesmaliger Angabe, ob und vor wie langer Zeit die Betroffenen geimpft waren, bilden die Grundlage zu allen weiteren Forschungen über den Sckutzwerlh der Impfungen im Allgemeinen sowohl, wie der verschiedenen dabei in Betracht kommentcn Methoden. Die bezüglichen Zusammenstellungen werden daher von sämmt- licken deutschen Bundesstaaten alljährlich dem Reichskanzler eingesankt und von diesem an da- ReichS-ÄesundbeitSamt überwiese» zur vergleichenden Prüfung und technischen Berichterstattung über die Ergebnisse de« JmpfgeschästS im gesan,inten deutschen Reick. — Aebnlich ist die Organisation der Jmpfstatistik in England, Schweden, Dänemark, der Schweiz und Italien, während sie in den meisten übrigen Ländern Europa- noch nicht in einer Weise geordnet ist, rvelche die Gewinnung brauchbarer BergleichSresultate ermöglicht. Zu ungleich bedeutsameren Schwierigkeiten und Kämpfen als die organisatorische Seite de- Impfwesen- hat die gesetzliche Seite desselben geführt, die Frage des Impfzwangs. Die oben erwähnte Aufgabe der Staats behörden, durch geeignete Einwirkung-mittel die Bevölkerung zur bereitwilligen Entgegennahme de« gewährten Schutzmittels zu bewegen, bat man anfangs in asten und bi« heute noch in vielen Culturstaatcn aus dem Wege der Belehrung und Ermahnung, sowie vermittelst eines indirekten Drucke« zu lösen gesucht, indem man die Gewährung anderer staatlicher Wohllhatcn, deS Schulunterrichts, der Zulassung zu öffent lichen Anstalten, zu Anstellungen, zum Genüsse von Armen- unlerstützung u. dcrgl. m. von dem vorherigen Nachweise erfolgreicher Impfung abhängig machte. So wirksam diese Mittel im Verein »nt möglichster Erleichterung der Impfungen, namentlich durch Lermeyrung der Jmpsstationen aus dem Lande, sich erweisen mochten, so waren dieselben dock nirgendwo genügend, um die Impfung zu einer ganz allgemeinen Maß regel zu machen. Ohne den Charakter der Allgemeinheit aber konnte die Maßregel ihren Zweck einer beruhigenden Sicherstellung gegen die Verbreitung von Pockenepideinien nickt erfüllen, da ein auch nur sehr geringer Procentthcil ungeimpster Individuen in der Bevölkerung hinreicht, um im vorkommcnden Falle die Ansteckung weiter zu verbreiten. Schon in den beiden ersten Jahrzehnten diese- JahrbundertS gingen daher die skandinavischen Staaten, sowie in Deutsch, land zuerst Bauern, dazu über, die Vornahme der Impfung bei Kinder» zur gesetzlichen Vorschrift zu machen und ten Widerstand gegen die den Ortsbehörden ausgetragene Aussüliruiig dieser Vorschrift mit Geld- eventuell Gesängniß- strascn zu belegen. In England wurde der gesetzliche Impf zwang im Jalire 1867, in Deutschland, wie erwähnt, von Reichs wegen im Jahre 1874 eingesührt, in Frankreich, Italien und der Schweiz im Jahre 188l. In all den genannten Ländern hat sich gegen den Impf zwang ein sehr lebhafter Widerstand erhoben, welcher diese Maßregel sür unvereinbar mit den Rücksichten der Religion, drr bürgerlichen Freiheit und de« individuelle« Gesundheits schutzes erklärt. Religiöse Bedenken Hatzen der Nntiimps- bc-wegung, namentlich in England zur Nahrung gedient, indem man die svsieinatische Modisicirung der Menschencrratur durch einen prophylaktischen Giftstoff al- einen frevelhaften Eingriff in die Wege der göttlichen Vorsehung verdammte. Eines größeren BcisallSkreiseS als diese« keiner ernsten Widerlegung bedürfende Argument erfreut sich der Hinweis aus die in dem Impfzwang liegende angebliche Verletzung der persönlichen bürgerlichen Freiheit. ES wird als eine Ungeheuer lichkeit dargcstellt, daß Jemand gezwungen werden solle, sich selbst oder sein Kind einer unnatürlichen Schutzmaßregel zu unterziehen, von deren Nutzen er nicht überzeugt sei und welche unter Umständen bei dem Einzelnen nachweislich Schaden anrichlen könne. Dieser Einwaud würde seine volle Berechtigung haben, wenn er einer Maßregel gälte, welche nur zum jedesmaligen Schutz deS betreffenden Individuums selbst bestimmt wäre. Da aber gedeS ungeimpft bleibende Individuum nicht bloS für seine eigene Person gefährdet ist, sondern auch eine Quelle der Gefährdung für die ganze Um gebung bildet, mithin geineingefäbriich werden kann, so treten die unter allen Umständen maßgebenden Rücksichten deS Ge- meinwobls n den Vordergrund, gegen welche da- Belieben des Eiiiztliien nickt in die Wagfchale fallen darf. Tie civi- lisirle Gesellschaft ist genöthigt, inannichsache gesetzliche An forderungen an den Einzelnen zu stellen, deren Erfüllung nnler Umständen mit Gefährdung seines gesundheitlichen Interesses verbunden ist. Der obligatorische Schulbesuch wird manchen Kindern zum An laste gefährlicher Erkrankungen; die Erfüllung der Militairdicnstpflicht fordert nicht bloS iin Kriege, sondern auch im Frieden zahlreiche Opfer an Gei'iiiidheit und Leben; selbst Einrichtungen, welche zum Sckntze der allgemeinen Gesundheit getroffen werten, wie z. B. die Canalisalion der Städte, deren Mit benutzung jedem Hausbesitzer und Hausbewohner zwangs weise auferlegt wird, können unter Umständen zur Quelle einer GesundbeitSschädigung werden Entscheidend kann gegenüber solchen Kehrseiten, von denen keine menschliche Einrichtung ganz srei ist, nur die Untersuchung sein, aus welcher Seite die Wagschale tiefer sinke, oder vielmehr ob das Maß zufälliger Gefährdungen ein so bedeutende« sei. daß es überhaupt gegen die Bedeutung deS gcgenübcrstehenden Gemcinzweckes in die W,.gscbalc fallen dürfe. Und diese Untersuchung yul immer wieder zu der Ueber- zeuzung gesührt, daß hier einem allgemeinen Schutzmittel von ganz unentbehrlicher Bedeutung eine äußerst geringe Anzahl ungünstiger Vorkommnisse gegenübersteht, welche scsi ausschließlich aus Fehler in der Äussührnng zurückzuführen und daker bei sorgfältigerer Controle in Zukunft vermeidbar sind. Die Menschenblaltern waren bis zur Einführung der Impfung die verheerendsten aller ansteckenden Krankheiten, verheerender in ihrer Gesaninitwirkuiig al» Pest und Cholera zusainmeugeiivmmen, verheerend nicht bloS durch die Zahl der Todesfälle, sondern auch durch die bei den Ueber- lebenden zurnckblcibenten dauernden Entstellungen und Er blindungen. Die üblen Zufälle dagegen, welche als Folge deS Impfen« constatirt sind, stellen nach Zeit und Ort durchaus vereinzelte Ereignisse dar, deren HäiisigkeitSvcrhällniß sich aus kaum ein Milliontheil säniintlicher Impfungen beziffert. Bei solcher Sachlage gilt eS nicht, die in ihrer ZweckersUllung wohlbewäbrte Schntzmaßregcl in Frage zu stellen, sondern nur durch verbesserte Eontrole und wenn möglich durch verbesserte Methode ihrer AnSsührung soviel wie möglich von dem Bor würfe zeitweiser übler Folgen zu befreien. Die Parleikampfe in Italien. In diesem Sommer giebr eS i» Italien in politischer Beziehung keine todte Saison. Der Kamps der Parteien dauert vielmehr ununterbrochen fort, was sich namentlich >n der geiammlcn Presse sehr greifbar wiederspiegelt. Die aanze Unklarheit der inneren politischen Lage Italiens, die keillose Verwirrung, welche die sogenannte Bereintzarnng«- Politik im Kreise aller Parteien angerichtet hat, sowie da< nndurcbdringlicbe Dunkel, welches über dem eigentlichen Parleistandpnncl der Regierung schwebt und von dem Minister Präsidenten TepreliS absichtlich nicht gelichtet wird, geben der gesammten Presse unerschöpflichen Stofs zu allerlei politischen Betrachtungen, welche gerade nicht immer zu Gunsten der nächsten Zukunft Italiens lauten. Der Grundton der Aenßerungen eines großen Theiles der Presse ist selbstverständlich der Ausdruck deS Unbehagen- über die unentwirrbare Lage und die Dinge, die schließlich au< derselben hervorgchen sollen. Wenn die Vertreter der jeden falls auf schwachen Füßen stehenden Vereinbarungs-Politik sich Mühe geben, den Wcchselbalg, der aus dem Cvunubium der Rechten und der Linken hcrvorgegangen ist. sür legitim und lebensfähig auSzugeben, so lhun sie dies mit so sichtlich sauerer Miene und so vielen Verclausulirungen, daß man sich über seine entschiedene Verleugnung seitens der noch unab hängigen Parteien kaum wundern darf. Der Minister- Präsident glaubte besonder- klug zu handeln, wenn er noch vor der Anpreisung seiner angeblich unfehlbaren Vereinbarungs- Politik. da- darauf bezügliche Rundschreiben oder Programm von Stradella au- an alle Welt ergehen ließ, um dies« zum Anschluffe an seine Politik einzuladen. Durch die Versicherung, daß daS ministerielle Programm Überaus vortrefflich, ja ein wahrhaft genialer Erlöser au» allen bis herigen Wirrsalen sein werde, ließen sich Viele verleiten, auf die Unfehlbarkeit de» ministeriellen AuSkunst-mittels zu schwören. Eine Zeit lang schien auch wirklich die ganze von Depreti» geschossene Vereinbarung-Partei ein Herz und eine Seele zu sein, aber nur zu bald wurde das schone Verhältniß durch allerlei Wahrnehmungen gestört. Da- Programm von Stra della erweckte Hoffnungen auf Ministerwechsel, aber es wurden dabei durchaus nicht Diejenigen berücksichtigt, die zumeist auf einen Ministerposten gerechnet hatte«. Man merkte vielmehr bald, daß eS dem Ministerpräsidenten zumal nur darum zu thun war. der großen Regierungsmehrheit eutgegenzukomincn, was Viele veranlagte, nicht mehr nntzuthun und grollend zurück zutreten. Der eigentliche Anhang des Herrn DepreliS lichtete sich immer mehr, ja jeder Tag konnte ihm die Ueberzeugung bringen, daß die Lücken in den Reihen seiner Partei sich bedenklich vermehrten. Die Stühle der .historischen" Linken sind allmälig gänzlich leer geworden, nachdem Cairoli, Erispi und Nicotera Abschied genommen und Zanardelli und Baccarini genöthigt worden sind, Jenen zu solgen, um min desten- zwei drr bevorzugten Plätze frei zu machen. Damit ist mau aber durchaus nicht befriedigt, ja viele drohen bereit», gleichfalls ihre eigenen Wege gehen zu wollen. Inzwischen ist auch die anfänglich zuversichtliche Stimmung der ganzen Berriubarnngs^Scsellschaft verschwunden, ihre be geisterten Reden und Berorüderungsvorschläge sind verstummt, ja statt diesen geben sich bereit« von verschiedenen Teilen ganz bedenkliche oppositionelle Aeußcrungen kund. Auch der numerische Erfolg, den daS Ministerium bei den jüngsten Ersatzwahlen davongetragen, kann keineswegs hoch angeschlagen werden, weil er nur ein mehr scheinbarer als wirklicher ist; er ist nämlich nicht einem bestimmten, von den Wählern an- gewendeten Kriterium, sondern geradezu der Kritcrienlosigkeit und der daraus entstandenen Verwirrung zu verdanken. Ueoer- dieS wird die Giltigkeit der Wahl eines großen Theiles der ministeriellen Candidaten sehr hartnäckig angefockten. was wohl auch au- dem Grunde geschieht, weil die Opposition nicht mit Unrecht vermuthet, daß zur Zeit der abermaligen Neuwahlen, im November oder December, die Lage wesent lich verändert sein dürste. Dem objectiven Beobachter der Dinge kann auch die Wahrnehmung kaum entgehen, daß da- gegenwärtige Ver- cinbirungssystkin nicht aus di« Dauer rechnen kann, weil sein ganzer Charakter ein negativer ist, au« dem wirkliche, bleibende Erfolge nicht hervorgehen können. DaS gegenwärtige Cabinet hat sich von der reinen Linken leSgefagt, waS auch erreicht worden ist, aber etwas Neue» ist nicht an ihre Stelle getreten. Es ist keineswegs ein Gcheimniß, daß Herr DepreliS nur von dem Therle der Linken sich befreien wollte, der ihn zu Thaten drängte; dadurch hoffte er mit seiner Programmlvslgkeit weiter regieren zu können. Die Rechte hat sich hinter das Aushängeschild der „gemäßigten Linken" verkrochen, weil sie glaubte, mit Hilfe diese- Manöver« ihren alten, im Lande völlig in Miß kredit gekommenen Namen loSwerdcn zu können, ohne dabei aus ihre bisderigen politischen Grundsätze verzichten zu müssen. Diese Absichten der Rechten sind aber selbstverständlich bald an daü Tageslicht gekommen und haben iin Lande wie in der Presse einen Sturm der Entrüstung über die Partei selbst und die eigenthümlichcn FreundschaskSbewerbungen der Regierung bervorgerusen. Was da« Centrum betrifft, so hat dasselbe vielleicht aufrichtig an die Möglichkeit der Bildung einer neuen großen Mittelpartei im Wege der Ver schmelzung geglaubt. Gegenwärtig ist aber an der Unmög lichkeit einer solchen Neubildung, trotz aller Abstimmung«, erfolge und Bemühungen der Regierung, nicht mehr zu zweifeln. ^ Diese Ueberzeugung ist zwar im ganzen Land« und iin Kreise aller Parteien vorhanden, aber dennoch will man sich nicht Rcchciischast über die wahre Lage geben» weshalb man auch fortwährend zögert, der Zweideutigkeit und Verwirrung energisch zu Leibe zu gehen, um beide ein- sür allemal gründ lich zu beseitigen. Unter dein gegenwärtigen Cabinet ist aber eine solche ent scheidende Thal kaum zu erwarten. Herr Depreti- ist zu alt, viel zu bedenklich und hat sich mit feinen VerschmelzungS- proceffen zu weit eingelassen, um sich schließlich rückhaltlos sür die Rechte oder Linke zu erklären. Die .Gemäßigten können nicht wieder zur alten Fahne zurückkehren, ohne sich blvSzustellcn, ja ihr Anschluß an die Linke ist völlig unmög- lick, weil ein solcher Schritt gleichbedeutend mit dem pvlitt- schen Tode der elfteren wäre. Mit einem Worte, die soge nannten Transsormisten schleppen ihr Dasein nur so laiige hin. als die gegenwärtige Unklarheit und Zwsideutigküt der Lage dauert. Und sie wird so lange dauern, bis es dem fortschrittlichen Theile der alten Linken, welcher seiner Fahne treu geblieben, gelingt, die Regierung zu einer entscheidenden Kundaebuna zu veranlassen oder sonst wieder einen befrimmen- den Einflug zu erlange». Ans diese Lösung des fo schwierig geschürzten Küoten« muß man früher oder späte, »«saßt sein. Leipzig, 31. Juli 1883. * Dem vernehmen nach wird ia der nächsten Session de« Reichstag« eine Abänderung der Maß« und Ge- wichlsordnung von 1888 in Vorschlag kommen. Bo» Einführung diese» Gesetze- an sind unaushvrlich Klagen und Beschwerden von Interessenten über Einzelbestimmungen und über die technische AnSsührung desselben laut geworden. Die NormalaichungScvmmission, welcher die Regelung aller di«
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