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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188210195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821019
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-19
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1882
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Ekrfchelnt täglich früh Ü'/, Uhr. Urst«rtion und Ervrdition Iohannesgasje 33. ÄPrrchI1»»dr» der Nrdaclion: Bormittags 10—12 Uqr. Nachmittags 5—6 Ubr. KGr hör NAckgabe rin-eiandtkr Vtauuicuvte macht ftch die -tedaction nulu verbmdUch. >«««hmr dir für Sir nächsttnlnende N»««rr »rstimmrr« Inserate an lkSachentage» S,s 3 Udr Nackmitraa«, g« Laau- u»S Kes»»a«eu frühbisUhr. 3n sten Filislr« für Ins.-Annahmr: Vtt» Klemm. Untveriitätsstraße 21, L»»tS Lösche, Katharinenslraße UI, ». nur bis ',.S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage I7,S0«. Adonnnnrnlsvrns vienelj. 4'/, kiel. Vrrngerlodn 5 Mk.. dura, die Bo- bezogen S Mk. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Sebüdrcn iür Extrabeilage» »hne Postbesörderung 39 Mk. «lt Poirbewrverung 43 Mk. Inserate 6qespaltene Petitzeile SO Pf. Grünere schritten lanl unterem Preis» verzeichniß. Tabellarischer Satz naa> höherem Tarif. Leelamen nnter den Nedactisastlrich die Loaltzeite SO Pf. Znierai« find -eis an die t-ppe-ttta« z» sende». — Rabatt wird nicht gegeoe». Zahlung prnoouwvrnnao »der durch Paft- »achnahme. 282. Donnerstag den 19. Octobcr 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vckanntmachung. Die Mitglieder des Ralhcs uiw des Stadtverordneten- CollegiumS iverden zu einer Mittwoch, den 24. Oktober d. I. Abends 0 . Uhr im Saale der 1. Bürgerschule übzuhaltenden gemeinschaftlichen össeullichcu Sitzung eiu- geladen Zweck der Sitzung ist die Bornahme der Wahl von Ver trauensmännern für den Ausschuß zur Feststellung der Schöffen» und Geschworeneniiften. Leipzig, den 16 Oktober 1842. Der Rath der Stadt Leipzig. l)e. Georgi. I)r. Wangemann. Vckannlmachung. Degen vorzunehuleudcr Master»,ig-.-arbcitc» wird die Hnllcsche Strafte von Mittwoch, den L8 dS. MtS. ab für den durchgehenden und von Freitag, den 20. ds. Mt», ab für allen unbefugten Fährverkehr bit zur Fertigstellung der Arbeiten gesperrt. Leipzig, den lü. Oktober 1^82. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Hennig. Mannlmaihung. Im hiesigen Iohannishospitale ist zum 15. November V. I. die Stelle einer Krankenwärterin mit einem Wochen« lohne von vorläufig 8 ferner mit Beköstigung wir die der HoSpitaliten, freier Woluiung, einem FruerungSdeputat von l.S Cbm. Holz und lO Cenincr Braunkohleu, sowie mit freier Beleuchtung wieder zu besetzen. Aus diese Stelle reslectircndc geprüfte oder mindestens Schutte Ara»kenivartcrin»cn habe» ihre eigenhändig ge- chriebenen Geiucke nebst Z-ugniffen bis spätestens den i November d. I. auf hiesigem Rathhause, bei unserer Nuntiatur einzureiche», Leipzig, deu 17. Oktober >882 Der Rath der Stadt Leipzig. zp 1-r Georgü Harcwitz. Vekanntmachung. Im Monat Sepie»,ber k. I. giugeu beim Armenamte ein an Geschenken: 2 utk 50 ^ Restzahlung i» einer Klagsache bl. und O./R. durch das GewerbeichiedSgericht. 5 r i 1 15 2 5 4 10 L 5 5 r « 2 2 20 3l 2 - alS Sühne in Sachen Id./bl. I». » » » » «0. b./b). 8t. » « « » « b!. 8eb./8. X. » » » » « der Frau b'.Frl. X. bl. » » « » » lt. « « B « s 8./0. durch Herrn Friedens richter Wüiisch- mann. ä 8. 1).,?. ^ ft., ir.b'. ll.,?. f 8t./L. II.X ^ T./O. v/v. ft 6./0. It. 1 durch Herrn Ll./3.0. s FriedcnSrich- I-.1jVk.L Ncr B. Nagel. durch Herrn Friedensrichter Conrad. durch Herrn riedenSrichter . A. Iaucksen. 12« 50 -f Leipzig, am 14. Oktober 1842. DaS Armen «Amt. Ludwig-Wolf. Lange. Nichtamtlicher Theil. Die Reform -er Türkei. I« Said Pascha ist der Piorte ein zweiter Midhat Pascha erstanden. Tie NotbivenVigkeit einer Reorganisation war schon bei Lebzeiten von Abdul Aziz erkannt worden, aber die Ermordung oder der Selbstmord dcS Sultan- im Jahre 1875 hatte den Fortbestand des türkischen SlaatSivesen« in Frage gestellt und die Reformen, welche Midhat Pascha zuerst unter Murad V. und spater unter Addul Hamid einsührte, mußten deu au den starren Despotismus gewöhnten neuen Herrscher um so verderblicher erscheinen, als er den Tod von Abdul Aziz als die Folge der Neuerungen Midhat Pascha'- betrachten mußte. Obwohl der Sultan daran wahr scheinlich Unrecht getban, so konnte er sich doch nicht enthalten. Midhat Pascha als den vermeintlichen Ur« Heber alle- Unheil-, was das HauS OSmanS betroffen, m echt orientalischer Weise gefangen nehmen und an- feinem Angesicht nach Tais in Arabien verbannen zu lasten Inzwischen ist über die Türkei im Jahre 1877 ein schwere- Berhängniß in Gestalt dcS russisch-türkiichcn Kriege- gekommen. Zerschlagen und zerstückelt ist da- morsche StaatSwesen auS d»esem schrecklichen Kriege bervorgegangen. Bulgarien und Ostrnmelicn hängen nur »och äußerlich mit der Türkei zu sammen, Oesterreich-Ungarn hat Bosnien und die Herzegowina m Besitz genommen, England hat die Insel Eypern erworben und Griechenland endlich hielt die Gelegenheit für günstig, seinen Flächeninhalt zu verdoppeln. Ter asiatische Besitz der Türkei ist nur noch dem Name» nach vorhanden und die letzten Monate haben Abdul Hamid darüber inS Klare gesetzt, daß Egypten kein türkischer, sondern ein englischer Vasallen staat ist. Die neuesten trüben Enabrungen scheinen aus Abdnl Hamid nicht ebne Eindruck geblieben zu sein. Zuerst machte er seinen Großvezier Said Pascha für die egyptisch« Katastrophe verantwortlich, dann suchte er England,' wo eS nur irgend möglich war. zu verletzen durch da- Verbot an die von England gennclketcn Maullbicrtreiber, türkische- Gebiet zu überschreiten, oder durch die Verhinderung der Landung von Arbeitern, welche die Engländer entlasten hatten; endlich sollte sogar der „Tinieö" die Türkei verschlossen werden und nur baS Versprechen des Konstantinopler Correspondenten der „Time-", daß er seinen Einfluß auswcndcn werde, um die Sprache de- WeltblalteS gegen die Türkei zu milder», konnte den Sultan bewegen, bas schon dem Ministerium übersandte Jrade zurückzuziehen. Bei solcher Sachlage muß die Nachricht um so mehr über raschen, daß Said Pascha dem Sultan einen Reform-Ent wurf unterbreitet hat, nach welchem der Einfluß der Welt mächte wieder hcrgestellt werden soll, während mit den übrigen Mächten nur Handelsverträge abzuschließen wären. Im In« »ern soll die Verwaltung von Grund auS verändert, ein Mi- nisterverantwortlichkeitSgesey ertasten und ein wohldiScipIinirte- GendarmeriecvrpS zum Schutze von Ackerbau und Industrie geschossen werken. Falls der Sultan aus die Absichten saib Pascha'« eingeht, so will dieser ein neue- Ministerium auS Männern bilden, welche den alten türkischen Ueberlieserungen anhängen. Diese ganze Meldung winimctl von Widersprüchen. Zunächst fragt man sich billig, waS den Sultan vcran» lasten könnte, nach den neuesten Erfahrungen in Egypten den Weslmächte» wieder den früheren Einfluß aus die Türkei zu gewähre»; bas sieht ja säst auS, wie e>ne Politik, vie ihre Spitze gegen Dcutjchlanv richtet. Der Gras v. Hatz- selbt, welcher seit dem S. Oktober zum Claatssecretair bes Auswärtigen ernannt ist, Kat cs durch seine Geschicklichkeit tahin gebracht, den überwiegenden Einfluß der andern Machte >» Kenstantinopcl zu brechen und den deutschen Einfluß znm maßgebenden zu machen. Sollte der Sultan jetzt Deutsch land für die eigenen Fehler verantwortlich machen wollen. Weshalb hat er sich geweigert, in Egypten zu intcrvcniren, als England noch nickt zu den Waste« gegriffen Halle? Wes halb hat er die Mitilair-Revolte Arabi's unterstützt, statt sie niederz,«schlagen? Sollte Abdul Hamid rS jetzt für ge- ratben halten, sich seinen Fcuiven niil gebundenen Händen auszuliesern? DaS klingt sehr u»wahrschci»tlch! Nickt iven'ger abenieuerlich erscheint der Vorschlag, ein Ministervcranlwortlichteitsgesey zu ertasten. Wem sollen die Munster verantwortlich sei»? Im absoluten Staate sind die Minister nur dem Herrscher verantwortlich, dieser ernennt sie und setzt sie ab nach Belieben; dazu bedarf cs keines beson deren Gesetze-. Gicbt eS ja sctb>l constitulwncüc Staaten ohne gesetzlich geregelte Miiiisterveraiilwortlichkeit. Die erste Voraussetzung derselben ist aber Vas Vorhandensein einer Volksvertretung; der Versuch einer solchen ist allerdings unter Midhat Pascha einmal gemacht worben, aber die Herren sind »ach kurzem Zusammens«« wieder nach Hause geschickt worden aus Nimmerwiedersehen. Soll vielleicht jetzt eine neue Aus lage jener tragikomische» Episode folgen? Unglaublich. End lich soll ein woblorganisirkrs GendarmeriecorpS zum Schutze von Ackerbau und Industrie gebildet werben. Hat man jemals gehört, daß diese beiden Gebiete friedlicher Thälig- ke>t unter balbmilitairischen Schutz gestellt ivurdeu? DaS muß entschieden rin Irrtbum sein. Zur Gewiß heit wurde diese Vcrmulhung, wenn man sich den Schluß- vorsckiag Said Pascka's vergegenwärtigt, nach welchem die Ausführung der neuen Ideen Leuten übertragen werben soll, die den alten Traditionen anhängen. Das Ganze klingt, als ob sich irgend Jemand mit Ersiudung deS angebliche» ResormprograinmcS einen unzeitigcn Scherz ertaubt hätte. Tic Aufklärung deS Sachverhaltes muß alsbald erfolgen und es kann nickt aurblciben, baß da- angebliche Programm Said'S dadurch sehr erbebliche Abänderungen erfährt. Aber ganz ohne thatsäcktiche Grundlage scheint die seltsame Nach richt doch nickt zu sein, und zwar scheint sie mit einem Vor gang in Verbindung zu stehe», welcher den Sultan allerdings stutzig machen und ilm zu der Einsicht bringe« sollte, daß eS so wie bisher nicht weiter gehen kau.r. Eine Deputation auS dem Libanon hat sich nämlich Be schwerde führend über die willkürliche Verwaltung Rustem Pascha'- nicht bloS an die Pforte, sondern auch an die sremden Botschafter gewendet. DaS ist ei» sehr bcdentlicher Fall, daß die Unlerlhanen eines absoluten HcirsckwrS unter seinen Augen Schutz bei den Vertretern sremdcr Mächte gegen die Gewait- lhat eines ibnen von der Negierung ->lS Oberhaupt gesandten Beamten sucht. Wenn eS so weit gekommen ist mit der Miß- reqierung, dann ist kw Auslösung des ganzen Staat-Wesen» un mittelbar bevorstehend, und an solchen vollständig verdorbenen Verhältnissen kann selbst die radikalste Reform nichts mehr ändern, im Gegentheil kann dadurch der AuslösungSproccß nur be schleunigt werden. Der R»s nach Reformen ertönt „un in Sonstantinopel schon seit Menschengedenken; von Zeit zu Zeit wird ein Anlauf nach dieser Richlung hi» unternommen, dann wird eS aber bald wieder still davon und die Dinge lenken bald wieder in den alten gewohnten Gang ein. Welche Hoffnungen wurden ans daS Reformwerk Midhat Pascha'« gesetzt? Sie sind vergeblich gewesen und der Reformator ist das Opfer seine- Patriotismus geworden. Auch das Reform werk Said Pascha'S wird früher oder später denselben Weg gehen, vorausgesetzt, daß eS überhaupt bl» zum Anfang ber Au-sührung gedeiht. Leipzig, 19. Oktober 1882. Die erste Sitzung de- BundcSrath» nach besten Vertagung wurde am l6. Oktober d. I. Nachmittag« 2 Uhr unter dem Vorsitze de- Staat-minister- von Boctlicbcr ab- gehalten. An- dem Bunkesralhe sind auSgeschicdcn: der Staat-minister Bitter, der Generaldirektor der badischen StaalScisenbahnen Eisenlohr und der Geheime Referendar Ministerialrath Lcpique. Ernannt sind von Preußen: der StaatSsecretair deS Neichssckatzamt- Burckard und ber Direktor im Reich-schatzamt Aschenborn zum Bevoll mächtigten und bezw. stellverlrclendeu Bevollmächtigten zum Bunde-ratbe; von Baden: der Ministerialrath Seubcrt zum stellvertretenden Bevollmächtigten. Aus Grund der Bestimmungen in Artikel 8 der ReichSversaffung sind durch Se. Majestät den Kaiser ernannt zu Mitgliedern: de- BnSschuffcS de- BundeSralbS für da- Lanthcer und die Festungen, in welchem Preußen und Baiern aus Grund der Verfassung vertreten sind: Königreich Sachsen, Württemberg, Baben, Mecklenburg-Schwerin, Sacksen- CoburH-Gotha; de« AuSschusies deS BnndeSraths für da- Seewesen, in welchem Preußen aus Grund der Ver fassung vertreten ist: Baiern, Königreich Sackst». Mecklen burg-Schwerin, Hamburg. Bei der von der Versammlung voraenommencn Wahl der Staaten in dem lll. bi« XI Aus schuß wurden gewählt in die Ausschüsse für Zoll- und Steuer, wesen: Baiern. Königreich Sachten, Württemberg, Baden, Mecklenburg-Schwerin, Brauuschwcia, unk als Stellvertreter Hessen, Großherzogllmm Sachse»; für Handel und Verkehr: Baiern, Königreich Sachsen, Württemberg, Hessen, Groß herzogthum Sachsen, Hamburg, und alS Stellvertreter Lübeck; für Eisenbahnen, Post und Telegraphen: Königreich Sachsen, Baden, Hessen, Greßherzogthum Sachsen, Sachsen - Alkcnburg, Lübeck, und al- Stellvertreter Württemberg; für Iuslizwesen: Baiern. Königreich Sachsen. Württemberg, Hessen, Vraunschweig, Lübeck und al- Stellvertreter Baden, Schwarzburg-Rudolstadt; für Rechnungswesen: Baiern, Königreich Sachsen, Württemberg, Bade»,Hessen, Braunschweig und als StellvcrlreterMecklenburg- Schwerm; für die auSwärtigenAngelegenheiten: Baken, Mecklen burg-Schwerin ; für Elsaß Lolbringen: Baiern, Königreich Sach sen, Württemberg, Baken. Mecklenbiirg-Schweriil, Braunschweig uiikalsSlcilvcrlrelerHesseii.Lübeck; für die Verfassung: Baiern, Königreich Sachsen, Württemberg. Bake», Otkcnburg, Sachsen- Meiningen; sür Vie Geschäftsordnung: Baiern, Württemberg, Hessen. Greßherzogthum Sachsen, Sachsen-Allenburg, Sckwarz- burg-Ruvolstabt. Ter Vorsitzende machte hieraus Mitkhcilung über tie während der Vertagung bcö BuntcsrathS cinge- gangencn und den zuständige» Ausschüssen überwiesencn Vorlagen und Eingaben und brachte da» Ergebnis; der Veri fikation der Arbeiten am Gotlharb-Tunncl zur Kenntniß der Versammlung. Auch legte derselbe eine Benachrichtigung ver wegen Ernennung kcS Kinanrmuiisters Sckolz znm Milgliebe des CuratoriumS der Reicksbank. Den Vor schläge» de- Vorsitzenden in Betreff der Wiedeebesetzung erledigter Stellen bei verschiedenen kaiserlichen Tisciplinar- kaiiiinern trat die Versammlung bei. Gemäß dem An träge Preußen- wurde beschlossen, daß am lO. Januar 1883 eine allgemeine Viehzählung sür da« de»tsche Reich vorzunebmen sei; die zur Aussübrung der Vieh zählung von Preußen vorgeschlagenen Bestimmungen und Forniiilare fanden die Billigung der Versammlung. Die Be schlußfassung über den weiteren Antrag Preußens wegen Er hebung einer Anbau Statistik im Sommer 1883 wurde auS- gesetzt, und die Vorlage, betreffend die Auslegung einer Bestimmung deS Consularverlrag« mit Spanien, an die beiheiligte» Ausschüsse zurnckvcrwiesen. Schließlich erfolgte vie llcbcrwcisiing einer größeren Zahl während der Ver tagung de- BundeSraths eingegangenen Eingaben an die zuständigen Ansschüffe zur Vorberathung. . lieber den neuen Staatssekretär de- Auswär tigen Amt-, dessen gleichzeitige Ernennung zum preußi schen SlaatSininister wir bereits mitgetheilt haben, entnehmen wir einem Artikel der „Boss. Ztg." Folgendes: Melchior Hubert Paul Gustav Gras v. Hatzfeldt-Wtl- dendurg ist aa, 8. Oclober 1831 zu Düsseldorf geboren. Er gilt sür einen der fähigsten LSpie in der ganzen deiilscheu Diplomatie, sür einen überaus scharssiunigen, klar beobachienden, ruhigen und im Nothialle ebenso schneidigen Politiker, sür einen äuherst liebenswürdigen Menschen und vollendeten Eavalier. Jrdensalls ist er eine Persönlichkeit, der Fürst ViSiiiarckiein volles Berleaucn schenkt. Der neue Staatssekretär ist kein zünikiger Diplomat, der die hergebrachtevorgeschrtebeneLaiisbalm diirchgcniacht und aus der steilen Leiter der Staaismürden langsam eine Stuse »ach der andern zurückqelegt Hai. Als der Sohn deS Grasen Edmund HatzscldI und dessen kürzlich in Wiesbaden ver- slorbcne» Gemahlin, ber bekannten Freundin Lassalles und Günnerin der soeialdeinokrotischen Bestrebungen, wurde Gras Paul in seiner zarten Jugendzeit durch die traurigen Vorgänge im Eltcrnhause in der bedauerlichsten Weise in Miileldcnschasl gezogen, u. a. in dem be kannten Lajsellcnproccb m Köln mit alS Zeuge vernommen rc. In Paris finden wir später de» Grasen Hatzfeldt als Altachs bei der Gesandtlchast, dort verheiralhete er sich auch im Jahre 18<>3 mit Fräulein Helene Moulto», der >n Frankreich ge borenen Tochter einer amerikanischen Familie. Wäbrend de- Feld- zuges 1870,71 gehörte Graf Hatzseldt zu der nächsten Umgebung deS Reichskanzlers, und recht bezeichnend für die Stellung, die der nunmehrige Staalsseeretair damals einnahm, ist der Umstand, daß Moritz Busch, der in seinem Bache „Gras Bismarck und seine Leute" die Gewohnheit befolgt, die meisten der „Leute" mit spöttischen Bemerkungen zu verfolgen, vom Grasen Hatzseldt stets in Ausdrücken großer Achtung spricht. Nachher ging Hatzseldt als Gesandter »ach Madrid. Elster in diplomalischcn Kreisen vielfach erzählte» Geschichte zu folge soll er dort einmal einen gemessenen Befehl de« Fürsten Bismarck nicht bciolgt, sondern daS gerade Gegentheil davon gelhan. diese Eigen mächtigkeit aber so vorzüglich zu begründen gewußt haben, daß Fürst B s.narck — dem Gras Arnim bekanntlich die Aeußerung zugeschlicben: „Meine Bolichaster müssen cinschwenkeii wie die Unierosficiere" — den Ungehorsam des Gesandten mit großem Lobe anerkannte. Während seines AnsenthaltS in Madrid galt Hatzseldt tu den Kreisen seiner BerusSgenosscn als ein Diplomat, der „Haare aus den Zähnen halte": in weiteren Kreisen wurde e» erst bekannt, als das Vertrauen d«S Kaisers ihn aus deu Botschasterpostcn nach ttonstantinopel sandte. Diese Stelle, die in de» letzten Jahren mehrmals den Inhabre gewechselt hatte liiacheinander waren Graf Vrassicr de St. Simon, Herr v. Kcudell, Herr v. Eichmann, Baron v. Wertster und Prinz Riuß als Vertreter dcS oeutschen Reichs am Bosporus gewesen) hat Gras Hapseldt zu der ganzen Bedeu tung emporgeholien, die tstr mit Rücksicht aus die Stellung Deutsch lands im europäischen Concert und aus die Notliwendigkeit, die „orientalische Frage" fortdauernd „dilatorisch" zu behandeln, schon lange zukam, die sie aber bisher nicht zu erlangen vermocht statte. Seit Jahrzehnten war fremder Einfluß aus der hohen Psorte und im SultanSvalaste maßgebend gewesen, aber bis zur Aukunst deS Grasen Hatzseldt in Konstantinopel hatten sich ausschließlich Eng- land. Franlreich und Rußland in diesen Einfluß gelheilt. In dem Wechselspiel der Jntriguen, das sich i» bunter Abwechslung unaus gesetzt an. Goldenen Horn weiterspann, bekam bald der englische bald der französische, bald der russiiche Bolschailer Oberwasser, bald auch vereinigten sich zwei Mitglieder dieses TrioS gegen den dritten und spielten so lange gemeiniame Karte, bis irgend eine Kreuzung der Interessen sie aus Verbündete» wieder zu Gegnern machte. Der deutsche Vertreter hatte niemals irgend welche» politischen Einfluß besessen, höchstens, wenn er glänzend repräscntirte, wie es der Prinz Reuß beispielsweise Ihat, gelang cs ihm, sich eine gewisse geselllchaitliche Stellung zu erobern. Gras Hatzseldt hat die orientalisch« Politik in dieser Beziehung vollständig über den Hauien geworsen. Ihm gebührt das Verdienst, dem deutschen Ein- fluß in Koststantinopel die gebührende Stellung versckxist't, gesichert und erhalten zu haben. Und er hat dies erreicht, Dank dem persönlichen Vertrauen, da« er sich durch seine persönlichen Eigen- schäften beim 2u tan zu erobern wußte, Dank der Offenheit und Loyalität, mit der er, lediglich sachlichen Erwägungen ivlgend, niemals einer persönlichen Rücksicht nachqebcnd, aus dem schlüpsriqen Boden der orientalischen Jnicressenvolilik gleich von vornherein auftrat, Dank der weile» Zurückhaltung, die er in allen Fragen beobachtete. in denen Deutschlands Interessen nicht ins Spiel kamen. Es ist ein offenes Gcheiniiiiß, daß Hatzleldi'S Beratung nach Berlin ins Auswärtige Amt zu „Frictiancn" Beranlafsung qe^hni bat, zu lebhafteren, nebenher bemerkt, al- man ln wetteren Kreisen weiß oder auch nur ahnt. Aussührlicher darüber zu reden, erscheint nicht passend, genug, der .Eiserne Kanzler", der niemals vor einem Hindernisse zurückschrak, hat auch im vorliegenden Falle Da« erreicht, wo« er wollte, und den Mann seines LerlrauenS aus den Posten gebracht, zu dessen Ausfüllung er ihn vor allen Anderen befähigt hictt. Zu den Wahlen in Preußen wird unS auS Berlin ,«schrieben: „Der heutige Tag bringt eine überaus solgen- ckwere Entscheibiinfl über die fernere Gestaltung »nscreö poli tischen Leben«. Seil Wochen und Monaten ist Das, was aus dem Spiele steht, durch Reden, Flugblätter, Aufrufe und Zeitungen den Wählern so gründlich und eindringlich dar gelegt worden, daß man wohl vorauSsctzen kann, Jeder, der überhaupt Sinn und Verständniß für unser politisches Leben bat, werbe sich jetzt sein Unheil gebildet und danach seine Ent schließungen getroffen haben. Hundertmal Gesagtes und hand greiflich vor Augen Liegendes nochmal- zu wiederholen, kann heute wohl unterbleiben, lieber da- Wahlcrgebniß wollen wir uns beute, wo möglicherweise in 24 Stunden über raschende Ereignisse bekannt werden könnten, vorsichtiger weise in keine Prophezeiungen einlaffcn. Gäbe eS ein Mittel, die überwiegende Stimmung deS Volke-, wie sie sich frei von allen äußeren Einflüssen aussprechen würde, zu ermitteln, so wären wir über das Ergedniß ohne Sorge. Indessen wir sind u»S der ganz besonderen Schwierigkeiten, die vor herrschende öffentliche Meinung auf dem Wege deS bestehenden preußischen Wahlrechts mit seinem Einfluß der Behörden und localen Autoritäten, seiner Bevorzugung der wohlhabenden Elasten und seiner vssentlichen Abstimmung zur wahre» Dar stellung zu bringen, viel zu sehr bewußt, wir kennen die Macht der Gegner viel zu gut, atS daß wir unS einer gefähr lichen Siegeszuversicht hingeben sollten. Die Schwächung der konservativen, die Stärkung der liberalen Seite der Volks vertretung al- Wahlrrsultat steht unS allerdings außer Zweifel; denn da- bisherige Abgeordnetenhaus war infolge einer vorübergehenden Zeitströmuna in einer Weise,zusammen gesetzt. die einer augenblicklichen VolkSstimwunq..entsprechen niochte, niemals aber als Ausdruck der regelmäßigen dauern den politischen Ansichten betrachtet werden konnte und am wenigsten der jetzt herrschenden Stimmung entweicht. Wie stark in Zahlen sich der Umschwung der Stimmung auSsprechen wird, da« wollen und müssen wir dahingestellt sein lassen. Immer und immer wieder muß nur wiederholt werden: Thur jeder am heutigen Tage seine volle Schuldigkeit, im Bewußtsein dessen, was aus dem Spiele steht, And von wie geringen Mehrheiten oft die Entscheidung abhängen wird." Der den preußischen Orthodoxen günstige Au-sall der kirchlichen Wahlen in einer Nnzahi von Ber liner Gemeinden hat im Lager der Conservativen be greiflicherweise lauten Jubel hervorgerufen und wird in noch übertriebenerer Weise gefeiert al- er verdient. ES ist gar kein Zweifel, daß da« zu Stande gebrachte Ergebniß nicht der überwiegenden Gesinnung der Gemeindeangehörigen ent spricht. sondern nnr durch eine bedauerliche Lässigkeit und Gleichgiltigkeit auf liberaler Seite herbeigesührt wurde, der eine außerordentlich energische und rührige Agitation auf kon servativer Seite gegenüberstand. Die SiegeSsicherheit ist bei allen Wahlen eine gefährliche Eigenschaft. E« kam hinzu, daß in jüngster Zeit eine radikale Agitation ' ----- - - - sjch bnjt gemacht und den -7- geschmäht und chem Gebiet dem Ntngite aus kirchlichem Gebiet sich breit gemäßigten Liberali-mu- genau ebens verdächtigt hatte, wie es aus politisi DämmerungSlibrraliStnu-" seiten- der „Entschiedenen" wider fährt. Der Radikalismus hat sich auch hier wieder al« ein schlimmer Feind de- Liberali-mu- bewährt, indem er ge mäßigtere Elemente zurückschreckte. Möchte der Liberali-mu- die entsprechende Nutzanwendung au- jener Lehre ziehen! Bor allen Dingen aber muß die durch eigene Schuld der Liberalen erlittene Niederlage aus kirchlichem Gebiet eine ernste Mabnung sein, bei den unmittelbar bevorstehenden politischen Wahlen um so gewissenhafter und eifriger ihre Schuldigkeit zu lhun. ES will unö scheinen, als nähme man, durch di« langjährige Gewohnheit de- Siegen- verführt, in Berlin die geivaltigen Krastanstrengungen der Gegner auch bei den Abgeordnetenwahlen vielfach allzu leicht. Der preußische EultuSminister von Goßler hat die Aus hebung der vielbesprochenen Sim ulta »schulen in Crc- seld angeordnet und ist damit offenbar nock eine» Schritt weiter gegangen al- sein Vorgänger von Pultkamer, der dock nur der Errichtung »euer Schulen dieser Art Hinder nisse bereitete, die bestehenden aber nickt angriff. Freilich hat man die Wirksamkeit der Crcseldcr Siniultanschulen längst aus alle Weise zu unterbinden und zu lähmen gesucht. „Man hat", schreibt die „Creselder Ztg ", „die Simullanschulen bei unS nicht zu rulssgcr Entwickelung kv.nmen lassen, und sie kamen nicht dazu, weil ihre Gegner eS so wollten, weil die Aussichts behörde durch alle halbe und unberechtigten Beschwerden, durch alle Anschuldigungen und Uebertr-.bungcn, welche die hiesige ultra- montane Nebrnregierung auftusinden nicht müde wurde, zu immer neuen Untersuchungen und Versügiinge» sich bestimmen ließ. An gesichts dieser Hetze und des Gehörs, welches dieselbe fand, haben wir vor zwei Jahren schon unsere Ansicht dahin ausgesprochen, lieber consessionclle Schule» als Similltamchulen, denen man das Leben unterbindet, die nicht zur Wahrheit werden sollen. Die Ultra- montanen haben mit der erwähnte» Ministcrialversügung wiederuin einen Triumph davon getragen. Liberale! Ihr sehet, wohin eS führt, wenn die Ultramonlanen mächlig im Parlamente sind! Lasset unS daher unsere Anstrengungen verdoppeln, um dem Lultus- kninister die einzig richtige Antwort aus seiue Versugung zu geben: die Wahl eines liberalen Abgeordneten in Crcscld." Wir wünsche» diesen Anstrengungen den besten Erfolg. In Erefelv ist bekanntlich der frühere Abgeordnete, Herr Sevssardt, wieder al- liberaler Eandidat ausgestellt. Die Nachricht von der Aushebung der Siniultanschulen wurde gerade rechtzeitig bekannt, um in einer am Sonntag abgc- baltenen großen liberalen Urwählerversanimlung, in welcher Herr Professor Menzel an- Bonn und Herr Seyssardt redeten, berührt zu werden. Herr Scyff'arvt äußerte in seiner Rede: „In der Schule ist eS der conscrvativ-klcrikalcn Verbindung gelungen, dem psäsfische» Einfluß erneut den Sieg zu verschaffen und den, gegenwärtige» EultuSminister den traurigen Mulh z» stählen, entgegen seiner früheren Ver sicherung, tie rechtlich nicht aiizufcchlcnve Stellung der Creselder Simultanschulen zu schonen, ihre Aufhebung laut Verfügung der letzten Tage rulgegen dem Gesetz zu teereliren." Tie Angelegenheit wird voraussichtlich im künftigen Abgc- ordnetcnhause, da- hoffentlich eine confervativ-klerikale Mehrheit nickt mehr auszuweisen haben wird, eingehend zur Sprache kommen und eS wird geprüft werden müssen, ob der Bestand der seit Jabren eingerichteten Siinnltanschulen so von wechselnden und willkürlichen Entschließungen der Minister abhängig sein darf. Tie Maßregel kommt gerade noch rechft um ihre Wirkung bei den Wahlen äußer«
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