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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188308067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-08
- Tag1883-08-06
- Monat1883-08
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1883
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Redallion und Expedition Johanuesgaffe 33. Sprechstunden der Redaktion: Bormittags 10—12 Uhr. Nachmittag« 0—6 Uhr. tzta dl« Ntta^b« nn,handln v!»n»icr>»le «acht sich »re sied»«»» mchr » erduld tlch, Vl««»h«e der für die «ichftfolaende Nummer deftimmtrn Inserate an Sachentagen bi» 8 Uhr Rachmittag», a» Sann- und -eftlagen früh bi» V,v Uhr. 3u den Filialen für Ins.-sXnnahmc. vtta Klemm, Universitätsstraße 21, Laoi» Lüsche, Kalhanaenstraße 18, p. nur bi» '/,3 Uhr riMM.MMaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage LS,L0v. Lvoannnrntsprris viertel,. 4'/, Mk. incl. Bringerloim 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Extrabeilagen ahne PostbeiSrderung 39 Mk. Mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. GrSßere Schriften laut uuferem Preis- verzeichniß. Tabellarischer u. Zrffernsatz nach hüherm Tarif Reklamen unter dem Rkdnctionsürich die Spaltzeile c>0 Pf. Inserate sind stet« an die i-xpeditian zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pnravuweranrio oder durch Post- aachnadme. ^-218. Montag den 6. August 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Hch-Auctlon. Im vienitz de» Ehrrnberger Walde» gwenkaurr -arst- rebter» aufbcreitete 251 birk. Klötzer bi« 41 ew stark, 1 eich. Klotz von 62 om OberstLrke, 8 m Länge, 4 rrl., asp. und eberesch. dergl. bis 27 em stark, 3b kn» harte Brcnnscheite und Brcnnknüppel, 58 « eich. Schälknüppcl, 320 - harte« Reisig und 201 . harte- Reisig in Langhaufen solle» Donnerstag, den 16. August d.J.. vormittag von S Uhr an meistbietend gegen sofortige Bezahlung im vtasthause „z»m Sa»d- derg" dei Rnckniarsdorf und unter den sonst vor Beginn der Auctton bekannt zu gebenden Bedingungen versteigert werden. Versammlung aus dem Schlage an der langen Linie Adtheilnng 49. Königl.Korstrriitamt Wurzen ».KSntgl.shorftrcvierverlvaltung Zlociikit», Vcu 3. August 1883. Bachmann. Lomler. Ntchtamtticher Theil. Leipzig, 6. August 1883. * Die bevorstehende NeichötagSsession soll nach dem Wunsche des Kaiser«, der gewiß überall im deutsche» Volke gctheilt wird, dazu bestimmt sein, die sociale Rc- formgeseygcbung, mit welcher nur erst ein kleiner An tana gemacht ist. zu fördern. Die bisherigen fruchtlosen Versnwe, ein Unfallversicherung«^ setz zu Staute zu bringen, haben dazu gedient, die Ansichten soweit zu klären, daß in der That nu» die Möglichkeit gegeben scheint, auf dem schwierigen Terrain der Arbeiterfrage gesetzgeberisch vor wärts zu kommen. Auf lange Zeit hin wird die „sociale Frage" voraussichtlich in den Mittelpunkt unsere« politi schen Leben« treten und keine Partei wird umhin können, zu derselben ernst und entschiede» Stellung zu nehmen. Und diese Pflicht ist um so dringender, als da« Gebiet d«r Arbeiter-Gesetzgebung, um weiches rin Streit der politischen Principicn entbrannt ist. für Denjenigen, der c« besitzt, einen eminenten Machtzuwachs bedeutet — der Hauptgrund, wcSkalb wir die Reaktionäre mit solcher Begeisterung dem „werklhätigen Volke" ihre Heilmiltelchcn wie markschrcierische Quacksalber anpreisen hören. Sie werden zu leicht durchschaut und sind darum ungefährlich, wiewohl sic gegenwärtig an der Regierung einen starken Rückhalt habe». Sehr viel ernster sind die Bestrebungen der klerikalen Partei zu nehmen, auf welche mancherlei neuere Vorgänge reckt interessante Schlaglichter werfen. Diese Partei, welche Alle» unter den Gesichtspunkt der kirchlichen Machlsrage bringt, muß naturgemäß Alle- daran setzen, gerade dieses Gebiet für die Kirche zu occupiren, und jur eine solche Aktion gilt eS jetzt klare Stellung zu nehme». Man stößt dabei allerorts iin eigenen Lager, wo man sich die Sacke auch vielfach etwas anders dockte, aus mangeln de» Vcrständniß und Widerspruch. ES ist indessen nicht tu bezweifeln, daß die Einigkeit, wie stets, bald wieder -»crgestellt ist, und Winvt Horst mit einem blindlings trgebcnen Heerbanne den Feldzug — zunächst demvn- Irativ gegen das sogenannte „Manchesterthum", sodann »ber und m der Hauptsache gegen die sogenannte „StaatS- »mnipotenz"— eröffnen kann. Denn darüber sollte sich die Negierung nickt täuschen, daß auch hier wieder der eigent- iche Gegner ber staatlichen Ansprüche gerade da« Centrum ft, und daß man, wenn man das wirlhschafltich.socialpolitische ftündniß mit dem Eentrum etwa durch kirchcnpolitisckeS Entgegenkommen erkaufen wollte, nichts Anderes thäte, il» den Staat zu Gunsten neuer Beeinträchtigungen de« ölaat» verkürzen. Aber auch auf liberaler Seite hat »an, sollten wir meinen, Veranlassung, über diese« Ber- Ätnißnachjiidenken.^Qc genossenschastlicheOrganisation, welche lcr„mauckeiieniche"Standpu»ct dem Machtbereiche deS Staates -ach Möglichkeit zu entziehen sucht, wird gar leicht zum Werkzeuge «nderweitiger Einflüsse, gegen welche man diejenigen gcsctz- 'chen Schutzmittel nickt besitzt, welche man sich ' gegenüber mer etwaigen mißbräuchlichen Anwendung staatlicher Bc- ugnisie zu verschaffen in der Lage ist. Denn Da« muß lan doch auch nicht außer Acht lassen, daß eS nicht, oder vch wenigstens nicht »othwendig, diScretionäre, der Willkür tzpielraum lassende Bcsugnissc sind, welche eine in staats- icialistischer Richlnng sich bewegende Gesetzgebung dem Staate gegenüber dem Einzelnen übertragen würde. Wir nd weit entfernt, die Wahrung einer möglichst selbstständigen lirthscbasklichen EinzeUhäiigkelt mit der heute mächtigen sageSrichlung a>S Manchesterthum zu verschreien, aber wir tauben koch, baß der Liberalismus sich nickt zu auösckticßlick uf dieses Princip der wirthsckastlickcn Freiheit und der relbsthilfe beschränken darf. Er wird erkennen und aner- ftrnen müssen, daß die „ sociale Frage" ohne einen gewissen ^ociatiSmns nickt zu töscn ist, und daß bierin nickt etwa blos >n Zugeständnis; an die Zeitströmung, sondern in Wahrheit ei da« reale Bedürfnis; der Zeit liegt. Nicht in dem Kampfe wischen den Principicn deS Individualismus und Ix« ?ocial>SmuS, nickl in dem Siege de« einen von beiden und tzr völligen Vernichtung de« andern kann eine Heilung der icialen Schäden gesunden werden, sondern nur in der Ver« migung beider. W>r werden näher daraus zurückznkommen aben. Einstweilen möchten wir nur dem Wunsche Ausdruck rben, daß eS innerhalb de« deutschen Liberalismus gelingen löge, den socialpolitischcn Fragen gegenüber eine möglichst pmeinsamc Stellung zu gewinnen, welche, frei von tbeorc- ischer Einseitigkeit, eine fruchtbare Antheilnabme an der Psung der großen Aufgabe» ermöglicht. Gelingt DaS nickt «nn werden wir bald die Verfechter deS Pvlizcistaat« und <ejenigen der Pricsierherrschait »nt einander um das wichtige Sebiet streiten sehe», bis schließlich der Drille kommt und eS «jetzt: die Scclaidcmokratie. ^ * OfsiciöS wird da« Gerücht von der demnächst behus« latisicirung deS deutscb - spa »ischen Handelsvertrags «absichligtkn Einbcrnfiing des Reichstags als bisher Her Begründung entbehrend bezeichnet. Da man von einem »lckcn Gerückt bisher »och nichts gehört bat. so toll diese Nachricht jedenfalls daraus vorbcrcilcn, daß die Regierung den Handelsvertrag ohne vorherige Berufung de« Reichstag» in Kraft setzen will. Sollte dies der Fall sei», so würde man einen neuen Beweis dafür haben, wie leicht die Re gierung. welche auf die Wahrung ihrer eigenen verfassuna»- mäßiaen Rechte so hohen Werth legt, sich übrr die Reckte der Volksvertretung hinwcgsetzl. Daß der Reichstag später dem Vertrage die nachträgliche Zustimmung versagen würde, ist nicht wahrscheinlich, aber bedauern müßte man im höchsten Grade, daß unnöthig weiterer ConflictSstofs gehäuft wird. * Die „Germania" kann gegenüber den mannichsache« Ausstreuungen und Brrmuthungen, welchen man in der letzten Zeit namentlich in der conservativen Presse bezüglich gewisser Differenzen in der Umgebung deS Papstes begegnete, be richten, daß in Nom über die preußische Kirckensrag« die schönste Einigkeit herrsche. Wir haben nie daran gczweifelt. * Eine Berliner ossiciöse Correspondenz der „Bohrmla" äußert sich über den Besuch des Grafen Kalnokh in Gastein wie folgt: „Gras Kalnokh verbreitete sich lediglich im Allgemeinen über die innere Lage Oesterreich- und deren Rückwirkung auf da« deutsch-österrcichiscbe Bündniß, um ge wisse Bedenken zu zerstreuen, welcke die Politik de« Gräfin Daasfe an maßgebender Stelle in Berlin erregt hatte. D« Aeußeruiigen des österreichischen Staatsmannes sollen den Stempel ber vollsten Offenherzigkeit getragen haben und fanden beim deutschen Kaiser die günstigste Aufnahine, wi« schon die Verleihung deS höchsten preußischen OrdenS an den Grasen Kalnokh beweist. Nack unseren zuverlässigen Infor mationell hat Gras Kalnokh die Reise zum deutschen Kaiser nach Gastein au« eigenster Initiative, aber selbstverständlich nach vorausgegangener Billigung des Kaiser« Franz Joses unternommen. Dieselbe hat dazu bcigetragen, da« Verhält- niß zwischen Deutschland und Oesterreich noch inniger zu ge stalten, als e« schon bisher der Fall war." * Der französische Botschafterposten in Wien soll nun endlich besetzt werken und die Ernennung des Senator- Grase» Fon cker de Careil, wie der „R. Fr. Pr." au- PariS telcgrapbirt wird, unmittelbar bcvorstchcn. Graf Louis Alexander Fouchcr de Careil wurde am 1. März 1826 alS Sobn de« Generals Grasen Foucker de Careil geboren »nd machte sich schon als kaum dreißigjähriger Mann durch seine zahlreichen Schriften philosophischen »nd politischen In halts einen Namen. Er gilt als genauer Kenner der deutsche« Literatur und Philosophie, und seine Schriften über Goetft», Hegel, Schopenhauer, Leibniz, Spinoza und N„d«H KBeN in Frankreich große Verbreitung gesunden. Im Jahre 1870/7t zeichnete sich Foucker de Careil als Tirector der Ambulanzen der Bretagne ans. erhielt die Ehrenlegion, und "crr ThierS ernannte ihn zum Präfectcii der CüteS-du-Nord. .sie Regierung vom 24. Mai sprach jcdock seine Absetzung an-. Am 30. Januar 1876 wurde Graf Foucker de Carril durch daS Departement Scine-et Marne zum Senator ge wählt. Der Graf iss ein überzeiigungStreuer Republikaner und hat dies gelegentlich seiner Candidalur im Jahre 1876 offen ausgesprochen, indem er in seinen, politischen Glaubens bekenntnisse erklärte: „Die Republik besteht, sie ist Gesetz und Thatsacbe; sic zu befestigen, zu begründen und -gegen die Unternehmungen der Facticncn zu beschützen, wird daS Ziel meiner Anstrengungen sein." Weiters erklärte Herr Fouchcr de Careil, daß, falls eine VerfassungS-Rcvision stattsindcn sollte, er für jene Anträge stimmen werde, welche eine Ver besserung der republikanischen Institutionen bezwecken. * Der Kaiser von Anam, Tu-Duc, ist, wie go meldet, am 20. Juli gestorben. Cr war im Jahre 1847 als Nachfolger seines ValerS Thicn-Tri zur Herrschaft ge langt und verbrachte beinahe seine ganze RegicrungSzeit mit Kämpfen gegen Empörer im Innern und gegen die Fran zosen, welche ihm im Jahre 1863 Cochinchina abncrhmen und 1874 ihn durch den ProtectoratS-Vertraa thatsäcklich zu ihrem Vasallen machten. Die Auslegung diese« Vertrages bezüglich TonkinS bat zu einem neuen Conflicte mit Frankreich ge führt. Tu-Duc sollte da- Ende desselben nicht erleben. Da er keine männlichen Nachkommen hat, so ging die Herrschaft aus einen seiner Verwandten Namen- Phu-Dac über, dem nun die schwierige Ausgabe zusallen wird, sich mit den Fran zosen auScinanderzusetzen. UebrigenS werden wohl auch die Mitglieder der zu Anfang des Jahrhunderts von Gia-Long, einem Ahnen Tu-Duc'S, vertriebenen Dynastie Le neuerdings ihre Ansprüche geltend machen und ein Bürgerkrieg daher den Anamiten kaum erspart bleiben. Den Dorthcil daraus wird Frankreich ziehen und möglicherweise in die glückliche Lage kommen, die Tonkin-Afsaire, die in letzter Zeit so viel Staub aufgewirbelt hat, ,n kurzer Zeit einer befrie digenden Lösung zuzuführen. * Egypten scheint unter irgend welcher Gestalt da« Schmerzenskind deS liberalen englischen CabinelS bleiben zu sollen. Man kann zugeben, daß Mr. Gladstone vom Standpuncte seiner politischen Parteivoctrin vielleicht nicht ganz consequent handelte, als er da- Nilland zu England« Nutz und Frommen sequestrirte, aber die Tories sollten doch eigentlich die letzten sein, dem leitenden StaatSmanne ibreS Lande? seine „Joccnseqiienz" znm Verbrechen cmziircchnen, da dock alle Welt weiß, daß sie in ähnlichen Fallen niemals Bedenken getragen haben, noch tragen würden, zuzugreisen, wo da« politische Interesse solches erheischte. Indessen, die ParlamcntSscssion eilt mit raschen Schritten ihrem Ende ent gegen, und i» den Reihen der Opposition verspürt man daS dringende Brdürsniß, vor ThoreSsckluß noch einen Haiiptcoup zu inscenire», und wäre es auch nur. um den Wählern draußen im Lande zu zeigen, daß die Partei ans dem Posten ist und jede Gelegenheit wnhrnimmt, der daS SlaatS- rnder occupirenden Gegenpartei pflichtschuldigst ein Bein zu stellen. Für nächsten Montag ist' denn auch richtig die Interpellalio» eines OpposilionsinitglieteS. Vir. John Mortey, angekündigt X de« InbaltS, ob die Re gierung ihr vor Europa gegebenes Versprechen, Egypten den Egvptern zurückzucrstatten, indem sie binnen einer kurzbe messenen Frist der englischen Garnison daselbst Ordre zur Heimkebr ertbeile, einznlösen gedenke? Herr Gladstone wird nickt umbin können, auf eine so kategorisch sormulirtc Frage gleicherweise zu antworten n»d damit der Welt einen Maß stad für die Äeurthcilunq deS Grades von Interesselosigkeit zu liefern, welche das Signal zu Englands Macktentfaltung in Egvpten wurde. Mulhmaßlich dürste mit dieser Inter pellation die Reibe der großen politischen Debatten der LitzungSperiode ibren Abschluß finde». Die Tagesordnung des Parlaments ist auch außerdem noch überreich anSgestattet. Iw Oberbause karren die WablbesteckungSbill und die beiden Agrar-Rcsormbills, die das Unterhaus passirt haben, ihrer Erledigung. Da« Unterhaus seinerseit« bat nock mit vier oder fünf Gesetzentwürfe» principieller Tragweite, auszu- räumcn. Soll daher die Vertagung gegen den 25. d. M. ermöglicht werden, so wird da« Parlament den LuxuS der Debatten über auswärtige Dinge bis auf daS Aeußerste be- chränken müssen. Altes Theater. «Leipzig, 5. August. Ta« alte volk-schauspiel: .Deborah" von Mosenlhal entspricht in seinem Tone, in einer Sentimentalität kaum mehr dem modernen Geschmack, wenigstens nicht dem Geschmack eines großstädtischen Publicum-, während eS aus kleineren Provinzialbuhnen noch immer lebhaft zündet. Daß jedoch die darin enthaltene Tendenz predigt, der Protest gegen Unduldsamkeit und unsittlichen oder barbarischen Hak, noch keincswegS veraltet ist, wird leider in unserem Jahre de« HcilS recht unheitig noch vielfach bestätigt, an meisten durch jene hirnverrückle Anklage im Proceß DiSza-ESzlar, die als schmachvolle Absage der Cullur unserer Zeit in« Antlitz geschlenkert wurde, aber auch durch näher liegende Beweise von Lieblosigkeit. — Die gestrige Ausführung de« Schauspiels war offenbar durch das Gastspiel deS Friiul. Stöbe vom Stakttbcater zu Düsseldorf, welche sich in der Titelrolle hier einsührtc, veranlaßt. Wenn auch diese Künstlerin nicht ohne Ersola agirte und sogar von einem Theile des freilich nicht zahlreiche» Publicum- mit lautem Applaus ausgezeichnet wurde, so läßt sich doch nicht sagen, daß daS Gesaiiiinlrcsultat ein besonder- günstige- für sie zewesen sei. Obwohl ihre Deborah durch vorthcilhaste Erscheinung, lebendiges Spiel und große Sicherheit oft für sich cinzunehnien vermochte, so ließen doch manche Mängel, die allzusingcnde und auch überschwengliche Dcclamation, die UcberlreibunH in den Gesten und die wenig geschmackvolle Repräsentation m einzelnen Scenen eine all gemeine Zustimmung nickt aufkommen. Am besten gelangen nock die Scene im Walde mit Joseph und die spätere, wo Deborah vom Vater Lorenz, von Joseph und Hannah so schnöde abgewicsen wird. Ihr Organ »st ziemlich au-giebig, in der Tiefe sonor, aber in der Höbe oft zu schrill. Da sich Frl. Stöbe in den ersten Acten zu schnell au«gegeben hatte, merkte man später zuweilen Anwandlungen von Heiserkeit, die jedoch am Schlüsse nickt mehr hervortraten. Für den Ausdruck der Rührung scheint die Darstellerin besser deanlagt zu sein, at« für den de» imponirenden Stolze« und heftiger Leidenschaft. Wenigsten- glückten einige bedeutsame pathetische Stellen nickt zum Besten, da die Neigung zum Outriren störte. Im Ganzen verrirth die aastircnde Darstellerin achtungSwertheS Talent unv viel Streben, konnte aber strengeren Anforderungen nickt genügen. Hoffentlich gelingt eS ihr, in einer anderen, für ihr Talent noch günstigeren Partie, vollere Zustimmung zu erringen. — Von Herrn Schönfeld, der neuerdings meist Bonvivants und ähnliche Rollen zu vertreten halte, konnte man sich im Voran- denken, daß er für den ländlich schlichten und empfindsamen Josept, weniger geeignet sein unv die Rolle auch nickt gerade mit Begeisterung spielen würde. So war eS auch. Viel zu wenig selbst ergriffen, konnte er auch nickt ergreisendwirken, blieb in erregten Momenten viel zu rescrvirt oder nüchtern unv erhob sich nur selten zu voller Kraft der Action. Neben ihm erschien die sauste ebelkerzige Hannah deS Frl. Hahn im Ganzen richtig aiisgefaßt und durckgcsükrt, vermochte aber den tlefersaffcndcn Eindruck, den diese schöne Seele vom Lanve erwecken soll, nur annähernd hervorzubringen. Herrn Stürmer'S OrtS- richtcr Lorenz ist mit Recht schon so oft betobt worden, baß hier nicht« hinzuzufügen ist. Mit charakteristischer Schärfe spielte Herr Bischer den aushetzcnden, später vom bösen Gewisse» gepeinigten Schulmeister und wurde nach Verdienst mit Beifall ausgezeichnet. Ganz vorzüglich rrpräsentirte Fräulein Truhn daS unzufriedene und geldgierige jüdische Weib, dem die oft gehörte Tröstung deS alten blinven Abraham bittere Entgegnung entlockt. Dem Letzteren gab Herr Grube die nöthige Würde deS sanstmülbigcn Dulders und bei der Begegnung mit dem Scknlmeister den rechten Ton eindringlicher Strasrede. Dem cdclsinnigen Rüben verlieh Herr Door viel declamatorische Kraft, war aber bei den emphatischen Stellen doch etwa« zu freigebig im Stimmklang und in wuchtigen Accenten. Unter vcn übrigen Mitwirkcnden sind die trefflich charakterisiere alte Liese de« Frl. Buse und der ernste Pfarrer de- Herrn Trentler lobend bervorzuheben, aber auch die anderen Dar steller der kleinen Nebenrollen trugen zur Wirkuim der lebendigen Volksscenen alle redlich bei. Bernhard Seuberlich. Mnfik. * Die „Berliner Börsenzeitnng" schreibt: Unter einer Theil» nähme, die wir selbst — offen gestanden! — nicht für wahrschcin- lich hielten, hat am Donnerstag im Louisenstävtüchen Theater die erste Aufführung von Holstein'« „Haideschacht" stnltgesunden. DaS dichtgedrängte HauS sah eine Masse von Intelligenzen ver sammelt, welche ionst im königlichen Opernhause und in der Sing- Akademie sich CtcNdickein zu geben pflegen, und Herr Cavellmcistcr Felix Jäger hol nickt nur sich selbst, sondern der musikliebenden Resisenz einen wesentlichen und al» solchen auch anerkannten Dienst geleistet. Wir haben an dem Abend ei» seines liebenswürdiges, allzeit von den vornehmsten Absichten getragene- Talent kennen und sckätzen gelernt, dos in säst durchgängig gewahrter Telbsterkenntniß sich aus dem Gebiete des Lyr.schen am wodlsten sühlt und nament lich da, wo diese Lvril von einer dem Stoffe naheliegenden Wonne der Wehmutd durcktränkt und getragen ist, nahezu Mustergiiltqes bietet. Ter starke Pnlsschlag einer mächtigen Leidenschaft ist dieser zartbesaiteten Individualität versagt; als Meister schaltet sie aus dem Gebiet, das von der Thräne aus der einen, dem Lächeln aus der andern Seite begrenzt wird, flu diesen natürlichen Äorzügen gesellt sich eine leicht »nd sicher gestaltende Hand und völlige Bertrantheit mit dem orchestralen Apparat. Wenn wir nun noch hinzuiüqen, daft da« geschickt ersundene und zniammengestellte Libretto gerade so viel Dramatik enthält, um — mit geringen und nicht gerade wesent- lichen Ausnalimen — da sortzuhelsen, wo etwa der Komponist es sich zu bequem machen sollte, so erhellt au« dieser kurzen «harab teristik dos Freundlich« und Anheimelnd« de« Gesammt-Eindrucks. Tie Perlen der Partitur finden sich unter den an Marschner's und Weder'« herzige Weisen gemahnenden Liedern. Zu diesen Licht- und Glanzpunkten zählen wir die erste Arie der valborg „Mag aui Erden Nickt» bestehen", da« zierliche Lied Björn'- ..Lustig zieht der Sommerwind". den auch contrapunctisch reizvoll gearbeiteten Chor „Glockenklänqe", au« dem zweiten Act die Romanze der SN,«, da von Piccolo-Flüte und kleiner Trommel pikant markirte Eouplet Olafs „Willst Tu Fortunen sangen", di« ,1« Tue« zwischen valborg und Ellis bekandelte Ballade, die ganz allerliebste Ballet-Musi („Dai-polSIn genannt, etwa im Polka-Mazurka-Rdnthmu-i, die von herzergreifender Innigkeit getragene Bitte der Helge „Jung ElliS, willst Du tanzen". Ein paar kostbare Perlen edelsten Gestein« birgt dann noch der dritte Act: Das Lied der Helge „Wohl steht m meiner Kammer" und den tics ergrelicnden Sterbegesang derselben. Ncberhauvt ist die hochpoetische Figur dieser unglücklichen, in ilnes LcbenS Maiendlüthe, um Glück und Jugend betrogene Helge Stirso» vom Komponisten textlich wie musikalisch so ausgez-ichnct getroffen, daß wir in ihr eine ebenso wertlwolle wie gediegene Bereiche rung der betreffenden Literatar erblicken. Diese Figur sand auch — und hier schlagen wir die Brücke zu der, wie wir vorweg bemerken, im Allgemeine» durchaus befriedigenden Verkörperung — vor allen Anderen die beste und ansprechendste Darstellung. Fräulein Kricnitz chus hier ein mit liebevoller Sorgfalt ausgesührieS Charakterbild der armen Unglücklichen, und fand in der Sterbescene wahrhaft ergreifende Töne. Aräul. Blank war eine sinnige Vattwrg, Fränl. Deutschmann ein lustig-kecker und doch grundguter Björn. Herr Halprr, der einen kernigen und nickt übel geschulten Baß aoswiea, trat mit Glück den Ton dr< verkommenen und intriguanien Olaf: Herr Alscrinann hätte den Swend Ltirson etwa? älter geben, Herr Lange (Ellis) der Intonation erhöhte Ausmerkiamkeit zuwendcn können. Ein paar Episoden waren durch ein sicher und geschmack. voll singendes Fränl. Schmidt und Herrn Fischer durchaus löblich besetzt: das Orchester leistete unter der energischen und umsichtigen Leiiung seines verdienstvollen Dirigenten höchst AnerkennenswcrtheS: Jnsccnirung und Ensemble ließen keinen billigen Wunsch unbefriedigt. * Der Sänger Labatt, langjährige- Mitglied der Wiener Hof oper, von der er jetzt leinen Abtckied genommen hat, ist von der neuen Direction der königlichen Theater in Stockholm aus ein Jahr mit einer Gage von 13,000 Kronen (12,500 ^l) engagirt worden. Labatt ist bekanntlich Schwede. Sächsischer Lt)irks-Verein des Vereins deutscher Ingenieure. Die 6. MonatSversommlung wurde am 30. Juni in Stadt Berlin unier Borsiy de» Herrn Fadrikinspector Morgenstern ab» gehalten; die Beihciligung der Mitglieder an dieser Sitzung war, wie vorauszusehen, infolge der tropischen Hitze, eine schwache. Der Vorsitzende machte zunächst Mitthetlung von einer Zuschrift eiten« des Hauptveretns, die „Verhütung von Wasserschäden und die bessere AuSnutznna de« Wasser«" betreffend. Bekanntlich devntirte der Sächsische Bezirk-Verein auf früheres Ansuchen de» Hauptverein» Herrn Direktor Bellingrath in Dresden tn die zur Bearbeitung diese« Material« gebildete Hatrptcommission und «» ergehen nun von dieser Kommission aus an die einzelnen Bezirksvereine Fragebogen, weiche weitere« Material und Details sammeln sollen. Da sich dieser Gegenstand zur soiorttgen Berathung in der Mouatsversammlung nicht eignet, wird zunächst perr Livil-Jngeuftur Heuzner beaustragt, den eingesaudteu Frage- bogen eingeh« d zn prüfen und sich in nächster Sitzung darüber anS- ,»sprechen, inwieweit derselbe eine Beantwortung durch di« Ver- aminlung erfahren kann, resp. ob derselbe einer Spccialcommission zu überweisen sei. Die eingegangene Resolution de- Frankfurter Bezirksvereins übcr „Fabrikeninipecttonm" wurde unter Hinweis daraus, daß die Rewlution i» der Wochenschrift des Vereins veröffentlicht ist, von der Tagesordnung abgcsetzt und soll in eiuer der nächsten Versammlungen behandelt werden, nachdem dis dahin die Mitglieder Gelegenheit gehabt haben, von der Resolution Kenntniß zu nehmen. Der Anlrag, mittellosen Ingenieuren, die sich momentan außer Stellung befinden und einer Unterstützung würdig sind, eine solche bis zu einem gewissen näher z» bestimmenden Betrage auS der Vercinscasse zu gewähren, ries eine längere Diskussion hervor, welche zu dem Ergebniß sührte, daß diese Angelegenheit noch n cht beichlnff- reis ist und der Anlrag zu der diesjährigen Generalversammlung eingebracht werde» möge; der Tassirer wurde beauftragt, den evcni. für diese Unterstützungen abkömmlichen Betrag zu cruiren, um hn je nach Beschluß der Generalversammlung in den Kosten- Voranschlag pro 1884 rtnstellen zu können. Der Vorsitzenvc reserirte sodann über die ausgesührte Excursion deS Sächsischen Bezirks-Vereins nach Freiberg und es schlossen sich hieran M.t- thcilungen deS Herrn Fabrikant Richard Liebig in Reudnitz-Leip,>ig über den ihm patcntirtcn Auszug. Bei konstruction dieses Auszug» hat sich der Fabrikant die Ausgabe gestellt, einen solchen zu de- schassen, welcher 1) eine sicher wirkende, unterhalb der Dielung der Fahrbühnc, und zwar ohne jede Anwendung von Federn und beweglichen Theilcn, arbeitende Fangvorrichtung besitzt; 2) äußerste Einsachhcit der konstruction bietet; 8) möglichst große LeistungssLhigkeit bei verhältnißmäßig wenig Krastverbrauch ermöglicht und 4) keine besondere Intelligenz der Arbeiter zur Bedienung des Auszuges ersordert. Die vielen Unglückssälle, die sich bei Auszügen ereignet habe», welche mit Federsangvorrichtungen der Fahrbühnc versehen waren, gaben die Uederzeugung, daß, wenn dieselben auch in den ersten Jahren bei cintretcndein Bruche der Seile oder Ketten zuverlässig sunciioniren, diese fluverlässigkeit mit der zunehmenden Betriebs dauer sich vermindert, da einmal die Federn ihee Spannkraft tdcil- welse verlieren, andererseits die flapsc» und beweglichen Theile durch die Abnutzung an Festigkeit einbüßen. Al» sicher galt bisher nur der hydraulische Auszug unv zwar wiederum nur diejenige konstruction mit directem Slempeldruck unter der Fahrbühne, welche Anlage aber mit sehr bedeutende» Kosten vertnüpft ist. Bei dem Liebig'schen Auszuge zeigen nun die Fahrbühnc und ihre Fangvorrichtung folgende Abwcichnngkn von den bekannten Constructionen. Tic Fahrbühne besitzt keinen Oberbau, wodurch es ermöglicht ist, einmal den Aul- ziig auch bei niedrigen Böden z» benutzen', andernlhcils auch hohe Gegenstände geladen werden können. Die Fahrbühnc wird nicht wie gewöhnlich in ihrer Mitte durch ein Seil, wildern z» beiden Seiten verleiden wntclst zweier voneinander unabhängiger Ketlc» oder Gußstahldrahtseile getragen, weiches letztere Material da zur Verwendung kommt, wo bei Molorenbetricb des Auszuges die Transmission nicht in der obersten Etage liegt. Ter Betrieb durch Ketten bietet in der Hinsicht Vorlheile, daß dei einem etwaigen Kellenbruch die Reparatur keine neiinenSwcrthen Kosten verursacht, während sotche bet Setlbeirieb den Ersatz eines Drahtseiles bedingt. Die Kette» werden aus b stcm schwedischen Elsen hergcstellt und einer Hh'raulijchen Probe unterworfen. Damit der aus dem Auszüge befindliche Arbeiter im Falle de« Reißens der kette durch Heruniersall n derselben nicht verletzt werden kann, wird aus der Fadrbühne ein unacsähr 2 Meier über der Plaitiorm der Bühne wegnehmdares, ans 4 eisernen Säulen ruhendes Dach angebracht. Was nun die Fallsicherung an der Fadrbühne, da« wichtigste Moment beim Eintritt eines Seil- oder Kettenbrücke«, anlangt, so liegt diefelbc in der konstruction der Fahrbühne ielbst. Di« unteren Verstrebungen bilden rechts und links je einen zngeickärsten Ausläufer, welche gegenseitig wieder mittelst Traversen verstrebt sind. Diese AuSIäuser bewegen sich nun bei regulärem Gange der Fahrbühne in einem geringen gewissen Abstande an den gleichzeitig als ieitliche Führungen dienenden Zahnstangen entlang; tn die Zähne können die AuSläuscr während de» regelrechten Gange- deshalb nicht erngreisen, weil die Fahrbühne an ihrer oberen Fläche ziemlich dicht an den Zahn-, ftangtii hingleitet und eine ieUlrche Verschiebung nicht gestattet. T/,'e obere Fläche und die durch eine gedachte Linie mit derselben wer- bundcnen Arisläuser bilden also ein Trapczoid, oben dreilcr /niid unten schmäler. Angenommen, eS reißt nun eine der beiden Kelten, so sällt die haltlos gewordene Seite durch ihr eigencs Gewicht nach unten; in Folge dessen setzt sich der AuSläuscr der gehaltenen Seit«
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