Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188308184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-08
- Tag1883-08-18
- Monat1883-08
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1883
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— l Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Lr-artiin und Lrpe-itto» Ioha»n»Sgasse 33. Lprechstundkn irr Xr-action: Bormiltagt 10—12 Uhr. Nachmittags ü—ö Uhr. xttr tt» Nt«,»dr eu>,ri»nbter v!«»»Icrcht» »acht Ich du Nkdac»»» »tcht »erdu»U»> «chchchh»! »er für »te^mich«ts»I,e»»i ««»»er defti««te» Jnferate «a W-che«ta,e» di« » Utzr «ach»ttt«,s, an Le«,»- un» Krsttagr» fr»» ti»'/,» Utzr. In den Filialen für Ins.-Annahme: Ott« «lem». UniorrütLtSstraße 21. L«ni» LSsche, «-tyartnenstrahc 18, o. nur »t« '/,» vtzr KiWM.TUMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Änslevge I8,ROO» Avoilnemrntsprris vienelj. 4'/, äUl. incl. Brmgerlohu 5 Mk., durch die Po>t bezogen L Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Extrabeilage» ohne Postbesördcrung 39 mit Postbesürderung 43 Mk. Inserate gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichnlß. Tabellarischer u-Ziffernsatz nach HSHerm Tarif. iierlamrn unter dem Nedactionsstrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraeouwk-rauäo oder durch Post- uachnasme. ^- 230. Tounabeud dm 18. August 1883. 77. Jahrgang. Inr geWigen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 1». August, Bormittags nnr bis'!,» Uhr geöffnet. Lxpeältloa S«8 L,«1pr!sor ^Lxedlnttos. Amtlicher Thetl. Bkklmnlmachung. Die zur Pflasterung der Weberstrabe Hierselbst erforderlichen Arbeiten und Lieferungen, veranschlagt excl. der JnSgemeinkvstcu aus 11.86Ü X, sollen am Krcitag. den 24. d. Mt»., vormittag» IN Utzr im Wege der Submission vergeben werde». «erschlossene und mit der Aufschrift „Pflasterung der Webrr- ftrafle" versehene Offerten sind aus dem Nachhause — Zimmer Nr. 10 — hiersclbst, woselbst auch Anschlag und Bedingungen während der Dienststunden aulliegen, abzugeben. Zeitz, den 13. August 1833. Der Magistrat. Nichtamtlicher Thetl. vir Sprachenfrage in Ilngarn. Die unselige Sprachverwirrung in Oesterreich-Ungarn erhiilt nicht nur die cißleithanische NeichShälste in steter Auf regung, auch TranSleithanien hat unter diesem schweren Vcr- hängniß zu seufzen und in Ungarn tobt nicht nur der Kamps zwischen Magyaren und Deutschen, sondern auch zwischen Magyaren und Kroaten, Slovaken und Rumänen, Serben und ander» siibslavischen Völkerschaften. Di« Kroaten habe» etwa die Rolle der Ezechen in Ungarn übernommen, die ungarische Sprache ist den Kroaten gerade so verhaßt, wie den Czechcn die deutsche, und wenn die Kroaten cS erst einmal datzm gebracht haben, daß in ihrem Lande die un garische Sprache nickt mehr al» Staatssprache gilt, dann glauben sie ihr nationales Ziel erreicht zu haben. Man kann die Entwickelung dieser nationalen Wünsche Schritt für Schritt verfolgen, sie keimten empor an dom Tage, an welchem der Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn zu Stande kam und wuchsen in dem Maß. als die Magyarisirung Ungarn- fortschrill. Die Ungarn haben seit dem Jahre 1807 nicht geruht, alle- deutsche Wesen auS ihrem Königreiche zu verbannen, weil sie instinctiv fühlten. daß die Deutschen eS waren, welche die gesammtc geistige Entwicklung Ungarn« leiteten und überhaupt ermöglichten, sie wollten sich von diesem ihnen unerträglichen Zwang unabhängig macken und übten Gewalt und schnöden Undank an ihren Wohl- thätern. Jetzt haben sie zum Theil erreicht, waS sie mit heißem Bemühen seit 16 Jahren angestrcbt haben, und waS ist da- Ergebniß ihrer Anstrengungen? Daß Ungarn mehr und mehr in Barbarei versinkt, daß türkische Zustände sich zu befestigen beginnen, daß Recht und Gesetz nur dem Namen »ach vorhanden sind und die persönliche Sicherheit in dem so fruchtbaren und entwicklungsfähigen Lande aufs Höchste ge sährdet ist. Daß die Kroaten sich einer Nationalität nicht unterordnen und von ibr beherrschen lasten wollen, welche täglich so bc schämende Proben ihrer Unfähigkeit ablegt, kann nicht über raschen, die Kroaten fühlen sich al» Nation den Ungarn völlig gleichberechtigt, zur Verschmelzung mit ihnen liegt nicht der mindeste Anlaß vor und deshalb fordern die Kroaten täglich dringender, daß man sie mit der ungarischen Staats sprache verschone, da- kroatische Idiom gefällt ihnen bei Weitem bester und da sie von Pest her kaum etwa- Anderes als Steuern und mangelhafte Verwaltung»- und GcrichtS- organisationen empfangen, so ziehen sie e» vor, mit einander auch staatliche Angelegenheiten in ihrer Muttersprache abzu machen. Ja, al» Pest noch zum großen Theil deutsch war, al» die Deutschen dort den Ton anaaden, da ist e» den Kroaten niemals eingefallen, der kroatischen Sprache einen so hohen Grad von Wichtigkeit beizumesten, daß man sie hätte zur Staatssprache erheben wollen, jetzt liegt die Sache wesent lich ander-, jetzt hat da» Magyarenthum da» Dentschtyum verdrängt, jetzt fangen auch die Kroaten an, sich al» Kroaten zu fühlen. WaS soll da» ungarische Schild am Finanzgebäude, fragen sich die Kroaten in Agram? Sollen wir Steuern zahlen, so soll da» in die Hände von kroatischen Beamten und für Kroatien geschehen, aber nicht für Ungarn, im klebrigen wissen wir, daß wir unsere Dienstpflicht in der österreichisch-unaa- rischen Armee zu leisten haben, da» ist eine Sache für sich, aber abgesehen davon sind wir Kroaten und keine Ungarn. Da» sind die Consequenzen der Magyarisirung Ungarn» und der völligen Zurückdrängung deutschen Wesen» au» der tranS- leilhanischen Reich-Hälfte seit dem Ausgleich. Die Erfolge der Ungarn in der Sprachenfrage haben die Begierde der Czechen gereizt; sie meinten: WaS die Magyaren können, da» können wir auch, und gedacht gethan; Prag wurde mit demselben Erfolg czechisirt, wie Pest magyarisirt, und wenn jetzt die Kroaten Agram entmagyarisircn, so geschieht da» nur nach dem in Pest bereiteten und in Prag nachgeahmten Necept: Warum sollen denn die Kroaten nicht auch ihr Erparatvergnügen haben? Läßt man doch Ungarn den Ungarn, Galizien den Polen. Böhmen den Ererben, Krain den Slovenen, wa< haben die Kroaten mit den Magyaren zu thun? „Hinan» mit den ungarischen Abzeichen au» der kroatischen Hauptstadt. Schlimm genug, daß wir die magyarischen Hieroglyphen auf den öster- reichisch-ungariscken Guldenzetlrln mit in Kauf nehmen müssen, sonst aber soll man un» damit ungeschoren lasten!" Da» ist kroatische Gefühl-Politik und vollkommen berechtigte Logik, und wenn die Rulhenrn in Galizien auf administrative Trennung ihrer Nationalität von den Polen antragen, so sind sie damit genau so in ihrem Rechte, wie die Deutschen, welche dasselbe jetzt in Böhmen thun, nachdem die Czechen di« BersöhnungSpolitik soweit getrieben haben, daß die Deutschen in Prag munvtodt gemacht sind. Die Deutsch-Oestcrreicbcr haben den Ausgleich mit Ungarn al« ein unvermeidliches Uebcl, aber dennoch al» ein Uebel hingenommcn; sie habe» die größere Steuerlast sür CiSleithanien mit dem Bewußtsein ans ihre Schultern geladen, daß die deutsche Nation in Ungarn sür diese den Ungarn gewährte Wohlthat würde büßen müssen, aber sie haben sich stet» mit aller Krast gegen die Nutzanwendung dieser AuSglcichSpolitik auf ci-lathanische LandeSthcile gewehrt. Sie haben dem Ministerium Hohenwarth den zähesten Widerstand geleistet und haben dadurch die böhmischen Fundamentalartikel mit diesem Ministerium zu Fall gebracht. Ader e» ist ihnen nur gelungen, einen Aufschub dcS UcbclS zu erreichen, die Hohcn- warlh'sche Acra ist in verstärkter Auflage mit dem Ministerium Taaffe wiedergekehrt und wa» im Jahre 1572 nicht durch geführt werden konnte, wurde zehn Jahre später um so gründ licher ins Werk gesetzt. Jetzt zeigen sich die Früchte dieser verkehrten Politik nicht nur in CiSleithanien, sondern auch in Ungar»; die gesammte Dvpptlmonarcbie ist außer Rand und Band, alfer Orlen regen sich die Nationen und Natiönchen und täglich verliert die Negierung an Festigkeit; der Boden weicht ihr zusehend» unter den Füßen. Wenn die Versöhnung der national«« Unterschiede so weit geht, daß nicht einmal mehr die Haupt stadt Wien al» Cenlralpnnct dcS Ganzen intact erhalten wird, wenn man die Gründung czcckischcr Volksschulen in Wien zuläßt und die Eentraldireclion der Staatsbahnen nach Galizien und Böhmen und sonst wohin abzweigt, wenn man eS nicht mehr laut zu sagen wagt, daß die deutsche Sprache die Staatssprache ist, dann kann man eS den Socialistc» nicht verübeln, wenn sie auS dem allgemeinen EhaoS auch clwaS sür sich zu gewinnen suchen. Tie Slraßrn- excesse werden in Oesterreich-Ungarn nachgerade epidemisch. In Pest stiften die Straßen- und Lehrjungcn im Verein mit Diebc-bandcn Unruhen an, in Preßburg hie Antisemiten, in Wien die Sccinlistcn und in Agram die Borkämpscr der kroatischen Nation. Wenn da» so fvrlgcht, dann kann e» kommen, daß sogar Graf Taaffe sich die Frage vorlegt, ob ihn vielleicht auch irgend welche Schuld an dem Hcrvortreten dieser bedenklichen Erscheinungen trifft. Der serbisch-rumänische Lcsnch in Berlin. Für den aufmerksamen Beobachter gewisser Anzeichen üiÜ. Vorgänge aus der Balkanhaldinscl kann e» Seinen AugenWk KÄS KSnFM wird kaum sebl gehen, wen» man mit diesem erhöhten Interesse die bevorsiebcnde Reise de- König» Milan von Serbien nach Deutschland in Zusammenhang bringt, wo er, zufolge einer sehr schmcichclhafken EinladungdeS Kaisers Wilhelm den vom 2l. bis 24. September stallfinkcndc» große»Manövern de» elften Armeecorp» beiwohne» wird. ES ist nicht da» erste Mal, daß König Milan den deutsche» Kaiser besucht, aber in dem gegenwärtigen Augenblicke, wo die gchcimiiißvolle Reise LcS Fürsten von Montenegro nach Konstanlinopel zu allerlei Vcrmutbungcn Veranlassung giebt. gewinnt der Besuch König MilanS in Deutschland jedenfalls an politischer Bcdeulung. Seit der Berliner Vertrag Serbien in die Reihe der freien, selbstständigen Staaten ausgenommen hat, ist für die innere Entwickelung dcS Landes viel geschehen, zumal unter dem gegenwärtigen Ministerium Pirotschanaz. daS kein Freund der früher beliebten russischen Bevormundung ist. König Milan, dem man politischen Scharfsinn und staalSmännische Klugheit nachrühnit, will die von seiner Negierung eingeschlagene Richtung nicht verlosten, die vor Allem die ruhige und fried liche Weitcrentwickelung deS jungen Königreiche» beabsiwtigt. In diesem Bestreben mußte sich Serbien naturgemäß jenen Großmächten nähern, deren Politik in erster Linie in der Erhaltung dcS europäischen Frieden- besteht. Dafür sorgt da» deutsch-österreichische Bündniß, eine Thatsache, die wohl auch Serbien zu einer freundlichen Annäherung an die zwei mitteleuropäischen Kaiserreiche bewogen haben mag. DaS wird selbstverständlich in Petersburg und Cetinje wenig Be- friedigung erwecken, aber in Belgrad wird man jedenfalls wissen, warum man sich von den panslavistischen Wühlereien Rußland abgcwenvet und zu dem deutsch-österreichischen Bündnisse eine freundliche Stellung angenommen hat. Serbien scheint da, gleich Italien, eine Anlehnung vollzogen zu habe», die eS vor gewissen Gefahren sichert und ihm eine feste Garantie sür die Erhaltung de- Frieden» und seiner inneren Selbstständigkeit gewährt. Nachdem die osficirlle Politik Italiens mit der revolulionaire» Strömung gebrochen, dem Chauvinismus entsagt und sich die Erhaltung der monarchischen RegierungSsorm zur Aufgabe gemacht hatte, mußte die experimentirende, auf Abenteuer ausgehende Richtung völlig ausgegebcn werden: die auf diese Art von selbst entstandene Friedenspolitik führte zu dem Verhältnisse der drei mittel europäischen Großmächte, das man heute unter der Bezeichnung Tripel-Allianz versteht. Diese- Beispiel dürfte auch Serbien zur Nachahmung veranlaßt haben. ES ist selostverständlich, daß von einem aleickwerthigen Bündniß Deutschland» und Oesterreich» mit Serbien kaum die Rede sein kann. NeberdieS würde eS auch schwerlich den Sonderintcrcssen Serbien- entsprechen, wenn e» durch einen kategorischen Vertrag für jede» Ereigniß an die beiden Groß mächte gebunden wäre. ES genügt aber vollständig, wenn sich die Anlehnung Serbien» an da» deutsch-österreichische Bündniß, gleich jener Italien», blo» auf jene Interessen er streckt, welche allen Staaten gemeinsam sind, so daß beispiels weise im Hinblick auf die Balkanhalbinsel die Freiheit der Ent schließung der serbische» Politik gewahrt bleibt. Gerade dadurch, daß Seroie» im Gegensätze zu Montenegro die Bahnen der ruhelosen Experimental-Politik verläßt, die Versuche der großen Ziele mit kleinen Mitteln ausgiebt, wird e» zu einem starken, zuverlässigen Factor für die zukünftige Gestaltung der Dinge auf der Balkanhalbinsel. Hätte sich Serbien im Jahre 1870 nur von seinen eigenen Interessen leiten und nicht von Tschernajew und Genössen mißbrauchen lassen, so würde e» den damaligen serbisch-türkischen Krieg mit ganz anderen Aussichten sür die eigene Neugestaltung erwartet und auSgeniitzt haben. So aber wurde e» von Denjenigen, welche Servien nach Djuni» gesübrt habtn, im Prällnnnarfrieden von San Stefano völlig aufgegeben und bei Seite geworfen. Die praktische Lehre «u» dieser Erfahrung ging sür Serbien, wie dessen gegenwärtige Politik beweist, nicht ver loren; sie drängt daS junge Königreich zum Anschlüsse an die Friedenspolitik, die im deulsch-österreichischen Bündnisse ihre beste Bürgschaft gesunden hat Ist diese» doch ein unüber windliches Hinderniß für Diejenigen geworden, welche auS irgend einem Grunde die bestehende Ordnung der Staaten umstoße», die Karte Europas zum Schaden der Ucbngen ver ändern oder die läng- der Küste de» Mittelmeere- weit ver zweigte Orientfrage abermals ausrollcn möchten. Die Reise deS König» Milan über Wien nach Hamburg wird, nachdem sich die erste Ueberraschung gelegt, aus der Balkanhalbinscl eine beruhigende Wirkung aus die wahren Friedensfreunde au-Übcn. Diese wird auch dafür sorgen, daß man da und dort, von der unteren Donau bi» zum Bo-poru», begreifen wird, der Friede sei abermals auf einen weiteren Zeitabschnitt völlig gesichert. Vielleicht dürste sich diesen Anschauungen auch daS bisher unruhige Rumänien anschlicßen, dessen König gleichfalls eine Reise nach Deutschland unternimmt und am l8. d. in Berlin >l den dort bevorstehenden Taufseierlickkeiten eintresfcii wird, da indeß König Carol bekanntlich ein Verwandter de» Hauses Hoben,ollcrii ist, so läßt eS sich wohl weniger bestimmen, ob leine Reise nach der Hauptstadt de» deutschen Reiche- gleich falls mit politischen Gründen zusammenhängt. Möglich ist allerdings, daß da» Beispiel Serbien» auch auf Rumänien ernüchlcrnd gewirkt und diesem begreiflich gemacht hat, wie bedenklich e» für Mittclstaaten sei, wenn diese in der Zeit großer Bündnisse abseits und vereinzelt stellen, in der irrigen Meinung, nur jener Staat sei wahr haft frei und selbstständig, der keine Freunde und Gönner besitze. Mittelstaaten, die eS mit Allen verderben, weil sic entweder übermüthig oder furchtsam sind, verlieren nur zu leicht ibre Selbstständigkeit und sinken rnm Spielball der ihnen benachbarten Großstaatcn herab. Gegen eine solche Rolle scheint sich Serbien mit Recht energisch verwahren zu wollen. Leipzig, 18. August 1883. * Die Fortschrittspartei, welche den Versuch mtter- uchnieil will, den bisherigen Wahlkreis de» Herrn v. Bennigsen für sich zu gewinnen, hat zu einem rigen- thümlichen Mittel gegriffen, um die Aussichten diese» nur den antiliberalen und welsischen Elementen vortheilhasten Unternehmens wenigstens einigermaßen zu verbessern. Die von einer nationalliheralcn Wahlversammlung gefaßte Reso lution in der Stcucrsrage, welche nickt» weiter auSdrückt, al» den Wunsch, daß der Druck ocr dircctcn nud zumal der rommunalen Abgaben — natürlich auf dem Boden der von der nationallibcralen Partei stet» vertretenen stcucrpolilischen Grundsätze — gemildert werde, wird zu einer sörmlicken reaktionären Absage an die Politik de» Herrn v Bennigsen umgcdcutct. Man hofft offenbar auf diese Weise Ver wirrung in die nationalliberalc Wählerschaft zu tragen und dann im Trüben zu fischen. Inzwischen werden die sort- sckriltlichen Agitatoren in den von ihnen veranstalteten Ver sammlungen über den Mißerfolg dcS so klug ersonnenen Plane» belehrt. Während aber die nationallibcralen Wähler noch gar nickt daran denken, der alten Partei den Rücken zu kehren, findet die Fortschritt-Partei schon einen Cvncnr- rentcn, der sie ihr gern wcgsanaen möchte. DaS hannoversche Welscnblatt schreibt nämlich in Bezug auf die in Folge deS scrtschritUichcn Manöver» etwa abfallenden Anhänger der nalionallibcralcn Partei: „Wir können unser» Parteigenossen nur empfehlen, diesen gegenüber da» Programm unserer Partei rn erörtern. ES würde sür Herrn v. Bennigsen eine Freude sein, wenn ein Welse an seinen Platz träte". Und warum? Weil Herr v. Bennigsen in der Steuersrage den Welfen näher steht al» seinen Anhängern. Der Hohn gegen die widersinnigen Ausstreuungen der Fortschrittspartei ist dentlick genug. Wie gering übrigen» auch die Aussichten der Fortschritt-Partei sein mögend den Besitzstand der nationalliheralen Partei gerade in diesem Wahlkreise zu gefährden, bedauerlich bleibt e» unter alle» Um ständen, daß die gegenseitige Bekämpfung der Liberalen die Krast der welsischen Partei steigern wird. „Jeder ist sich selbst der Nächste", sagen jetzt die fortschrittlichen Blätter, welche noch vor ganz Kurzem auSeinanderzusetzcn wußten, wie wichtig e» sei, daß in Kiel der liberale Candidal nicht nur sieg», sondern mit einer möglichst großen Mehrheit die Gegner schlag«. Wenn man irgenvwo erwarten konnte, daß die liberalen Parteien ihre vereinte Kraft für einen gemeinsamen Candidaten einsetzen würden, so war e» im Bennigsen'schen Wahlkreise» in welchem der Besitzstand, wie ein secessionistische- Blatt nicht umhin kann hervorzuheben, ein so ganz unzweifelhafter war. daß die Nationallibcralen die Ausstellung der Candidaten für Reichstag und Landlag sür sich beanspruchen konnten. Wir haben bereit» darauf hingrwiescn, welche Folgerungen die nationalliberalc Partei au» dem Verhalten der Fortschrittspartei für ihr eigenes Vergehen in anderen Wahlkreisen zu ziehen haben wird. * Betrügerische Befreiungen vom Militairdienste, welche neuerding» in verschiedenen Fällen constatirt und zum Gegenstände eine» gerichtlichen Verfahren» gemacht worden sind, haben dem preußischen Krieg-Ministerium, wie wir Provinzialblättern entnehmen, zu folgender Verfügung an die Ersatzbehvrden Anlaß gegeben: „Wenn der Nachweis ge führt werden kann, daß der betreffende Militairpflichtige da» unrichtige Resultat der Entscheidung selbst herbeigesührt hat, wird die Bestimmung de« tz. 17 de« Reichlmilitairgesetze» dem Betreffenden nicht zur Seite stehen un» der Besugniß der oberen Ersatzbehvrden nicht präjudiciren dürfen, die getroffene Vorentscheidung auch nach Ablauf de» dritten Cvncurrenz. jahre« zu annullirea, beziehung«weise über die Militair- Pflicht de» Betreffenden anderweit Entscheidung zu treffen Um die Grundlage für ein derartige« Vorgehen ru gewinnen, wird gegen solche MilitairpNicktige strasrrckt lich vorzugehen und event. die gerichtliche verurtheilunq der selben wegen Verletzung de» tz. 143 oder H. 333 de» Neick«- strafgesetzbuche» herbeizuführen sein. Ist tue Strafverfolgung durch inzwischen eingetrelene Verjährung au»geschlcssen. so kann die Ermittelung de» Thatbestande» noch nachträglich in anderer Weise herbeigesührt werden. Zu diesem Zwecke wird durch Vernehmung der Betreffenden und durch Beibringung von Bewei-mitteln der Thatbestand fcstzustellen. demnächst — eventuell nach Einsordcrung eine« Gutachten» über die Frage: ob der Militairpflichtige die seiner Zeit erfolgte Ausmusterung durch Anwendung auf Täuschung berechneter Mittel selbst herbeigesührt habe — Entscheidung zu treffen und danach wegen der nachträglichen Heranziehung zum Militairdienst zu befinden sein." * Die „Germania" giebt jetzt dieKissinger Mission de» Cardinal» Howard mit der folgenden gewundenen Erklärung zu: „Die Blätter erörtern vielfach die Anwesen heit de» CardinalS Howard in Kissingcn und den Verkehr desselben mit dem Reichskanzler. Es handelt sich um Vcr- mulhungen und Combinationen, welche zur Zeit leincr Ärilik bedürfen. Wenn aber einige Organe unsere Benievknugen über den Aufenthalt deS Herrn CardinalS in Kissingcn dalnn deuten wolle», daß wir die Möglichkeit kirchenpolitischer Er örterungen bestritten hätten, so haben sie nickt genau gelesen. Wir haben bezweifelt, daß der Herr Cardinal mit einem diplomatischen Aufträge nack Kissingen gereist fei. Ob sich bei dem gesellschaftlichen Verkehr der beiden fürstlichen Personen gelegentlich ein Anlaß bieten werde, kirchen- politische Erörterungen wieder anzuknüpfen, können wir selbstverständlich nicht wissen oder entscheiden wolle». Wir möchten wünschen, daß die Reserve, welche bei der eigenthümlichen Natur dieser Dinge geboten ist, namentlich von katholischen Blättern beobachtet werde." Im Folgenden erhält dann der „Bayer. Cour.", welcher die Sache voreilig auSgeplaudert hat, einen „Rüssel", weil er von der allerdings in Nom wohl nicht allzu angenehm berührenden Annahme auSgegangen ist, daß die italienischen Cardmate nicht im Stande seien, daS richtige Bcrsländniß sür die Lage der katholischen Kirche in Preußen zu haben, so das; in dieser Hinsicht ans einen in einem protestantischen Laute geborenen und erzogenen Cardinal habe rccurrirt werden müssen. * Mit Mübe und Noch haben wir eS in unserem geeinten Deutschland endlich dahin gebracht, daß Postsendungen in Bayern und Württemberg wenigstens befördert werden, wenn sie durch NeichSpostwcrthzeichen sranlirt sind und umgekehrt. Wie wenig aber auch der gegenwärtige Zustand — nicht etwa dem Ideale einer nationalen Verlehrseinhcit. sondern auch nur der gesunden Logik überall entspricht, dafür finden wir in der „Hessischen Morgcnzeitung" ein recht be zeichnendes Beispiel. Bei einer Kasseler Behörde traf kürzlich eine „Postkarte mit Antwort" aus Bayern ein. Als die Antwortkarte abgesandt werden sollte, erklärte der Schalter- bcamte, daß dieselbe zwar zur Beförderung angenommen werde, dock müsse der Adressat 5 Pfennige für Porto nach bezahlen. Antwortkarten dcS Ausland« dagegen, soweit im Verkehr mit demselben Postkarten mit Antwort über haupt zulässig sind, werden, wie cS in einem von Beamten de« Postamt» Kassel hcrauSgegebencn „Poslbnche" heißt, „bei jeder deutschen Postanstalt selbstverständlich als frankirt behandelt". Diese beiden Thatsacken nebeneinander ge stellt, lassen diese Seite unserer Reich-Verfassung allerdings in einem nickt sehr schmeichelhaften Lichte erscheinen, und man kann nur immer auss Neue bedauern, daß Bayern und Württemberg ihr Vostrcservalrecht mit so großer Zähigkeit bis zu geradezu ab urdcn Consequenzen fcsthaltcn. * Der Statthalter von Elsaß-Lothringen hat dem geist- und taktlosen Schreiben dcS ThicrarztcS Antoine offenbar die wirksamste Abfertigung angcdciheu lassen, indem er eS ohne jede Bemerkung im amtlichen Blatte veröffentlichen ließ. Die „Lothringer Zeitung" kann constatiren, daß der Ton dieses Pamphlets auch in den Kreisen der eingeborenen Elsässer Anstoß erregt. Eine Zuschrift Lcö genannten BlatleS auS Straßburg giebt »och einige nähere Ausschlüsse über den Charakter deö verbotenen journalistischen Unternehmens, indem sie, anknüpscnd an den Ausdruck „Pactiren mit dem AuSlande", gegen welchen Herr Antoine sich verwahrt, bemerkt: „ES liegt ein Pact mit dem AuSlande vor, wenn man bcbufS Bestreitung der AgitalionSkosten bei der Vcsantzvn'sche» Wahl zum Reichstage wiederholt große Beträge von Gambelta erbettelt (30,000 und 15,000 FrcS.), e» liegt ein Pact mit dem AuSlande vor, wenn man im Mai d. I. in Paris zu Gunsten dcS neu zu gründenden BlatleS Subscriptioncn und Mittel geistiger und pecuiiiärcr Art sammelt; eS liegt ein Pact mit dem ÄnSlanre vor, wenn man nicht bloS mit einem halben Dutzend chauvinistischer Feberhelden der französischen Hauptstadt den publicistischcu Feldzug bespricht, sondern in den Bürcaux dcS sranzösischcii MinlsterinniS »ach dem Nothwendigstc», waü nach dem Montc- cucculi'schen Auespruche zum Kricgführcn gehört, aiiticham- brirt." Man kann sich hiernach, wenn man cS nicht sonst schon vcriilöchle, ein Bild von der Wirksamkeit machen, welche daS Blatt de- Metzer Protestlers entfaltet haben würde. * * Die „N. Fr. Pr." schreibt: „Tie grcßartige, sich über da» ganze Reick erstreckende Hilsöaction süe Uschia, welche in Deutschland organisirl wird, dii.slc mit Neck« als politisch bedeutsam zu betrachten sei». DaS deutsche Kro^- prinzenpaar tritt mit Bewilligung dcS Kaiser« a» die deS Ccnlral-HilsScomitLS. Jiistilnlc wie die Reich.'.mur »uv die ReichSpost bctheiligcn sich wcrklhätig und fördernd au der ganzen Organisation der Hilfeleistung; ka-S sind Momente, welche dieser Aclio», die weit über den Rubinen ein - > den Impulsen menschlicher Wohllbäligkeit eul'pruu neu HumanitälSactcS von Volk zu Volk binauorci.'t. ' < . ge einer großartigen Shnipathieknndg.chlliig Dutt'.! l, r Gunsten Italiens verleihen, die als neuer Vcwei . ^ , den beiden Ländern bestehenden innigen Freunds.!..istte . r- betrachtet werden muß." * Ein nicht unwichtiger Zwischenfall lehrt, iisie vorsichtig man bei Benutzung der Take» deS u»g arischen Sla- tisliichen BureauS sein muß. Dasselbe balle srstgestellt, daß in Hermannstadt, der Hauptstadt de» sicbcnbürgischcn SachsenlandeS, 3275 Katholiken, 7189 Prolcsianken und 8553 Griechen beider Riten lebe», daß ferner It.uol Bewohner Deutsche, 2748 Rumänen und 2078 Magyaren seien! Augen scheinlich waren in dieser Zusammenstellung die coangelische» Glaubensgenossen und hinsichllich ihrer Nationalität ki.» Rumänen zu kurz gekommen, während die Nalionalitätezisier der Magyaren und die Ziffer der Griechisch-Orientalischi.» zu hock au-gewikscn wurden. Denn die Zahl der Evan gelischen A. B. bloS 0413 (die 770 Evanacl. hclv. Bek. sind Magyaren) und die der Römisch Katholischen 3275 Seelen betrug, wie da» statistische LandeSbureau behauptete, dann konnten in Hcrmannsiavl »»möglich lt.OOl Deutsche, welche dock nur aus Aushängern dieser beiden ReligionSbekrunliiisse bcstcbcn, wohnen. Der Stavt- rath von Hcrniaiinsladt erstaunte über daö seltsame ZäblungS- resultat. Da die ungarische Regierung, ganz gegen da? Gesetz, die Sachsen zwingt, auS dem Vermögen ihrer deutsch-prote stantischen Nation Sckulcn einer fremden Kirche zu erhalten, so häkle diese Zählung wohl Veranlassung geben können zu einem neuen Straf-'und Gcwaltacl gegen da» sächsische Nation-gut. Sofort wandte sich also der Stadtralh von Hcrmannstadt an die Regierung, um die Sache ansklären z»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite