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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188309032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-09
- Tag1883-09-03
- Monat1883-09
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1883
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Dtto Klemm, UniversitätSstraße 21, Laut» Lösche, -tatharinenstraße 18, v. nur bis '/,S Nhr Anzeiger. Organ siir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 18,100. Ävonnementspreis Viertels. 4'/, Mß. incl. Bringerlohu 5 Mk., durch di- Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbesördcrong 39 Mk. «tt Postbeförderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 80 Pf. Größere Schriften laut nuferem Preis- verzeichniß. Tabellarischer u-Zifsernfatz nach höherm Tarif. Neelamen unter dem Nedactionsstrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind siet« an die Expeditl«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenuwerando oder durch Post, nachnabme. 24«. Montag den 3. September 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekannlmachung. Nachdem wir beschlossen haben, ben Straßen lU und l^i deS südwestlichen Bebauungsplanes den Name» Beethovenstrasze, der Straße V daselbst den Namen Mozartstraße, der Straße L daselbst den Namen Ferdinand Nhode-Straße, der Straße 6 daselbst den Namen Grassiftraße, und der Straße v daselbst den Namen Wilhelm Teyffcrth-Ttraße beizulegen, wird dieses biermit mil dem Bemerken zur all gemeinen Kenntniß gebracht, daß die Beethovenstraße von der Brücke am AuSgangc der Kleinen Aurggasse an der nördlichen Seite deS ConcerlhauseS vorbei bis zur Kreuzung mit der äußersten Ringstraße führt, die Mozartstraße von der Brücke am AuSgange der Albertstraße längs der südlichen Seite des ConcerthauseS vorbei geht, endlich, daß westlich der Simson- siraßc und parallel mit dieser zunächst, sodann die Wilhelm Seyfscrth-Straße und nach dieser rie^Grassistraße und die Ferdinand Nhode-Straße liegen. Leipzig, am 30. August 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Ciworins. Beklinntiillichilug. Der bisherigen Pleißengasie haben wir den Namen Pleiffenstraße bcigelegt. Leipzig, am 30. August 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. CichvriuS. Bclianntmachung, die Verlegung des Haupt-TelegraphenamtS betreffend. Das Haiipt-Telcgraphenamk hicrselbst wird Dienstag den 4. d. M. früh 7 Uhr ans dem «»»»ldstücke Kleine Fleischer- gaffe S (vrtter'S Hof) in Vas Postgebiinde am lstuguttus- platze »erlegt. Die Telegramm-Annahme tm neuen Local beNnbet sich im Erdgeschost »es «cbäudeflügrl» am «rimmaischen Gtein- lvcge. Der Eintritt in dieselbe erfolgt von Vcr Straße aus Vurch den «eben der dortigen Einfahrt tu das Postgrnnd- stück delegenen Eingang. Tie Nacht - Telegramm - Annahme ist in demselben «e- b.indcflügcl 2 Treppe» hoch belege». Ter Zugang zu der selben ist durch das Portal an der Poststratze über den Posthof zn nehmen. Leipzig, den 1. September 1883 Der Kaiserliche Lber-Postdlrector. In Bertretuug: Calame. 8!12UN^ 668 äL^tlielien L62lrk8V6i'6ln8 cler 8tril!t Donnerstag, den 6. 8eptemker Ebenda 6 Tür im 8»alv der Leuten Dllegerueliule. Dagesorckonng: I) Llittdeilung rlos Itatdos der 8tadt Leiprig beriixiick dexjenhxeu Zerrte, di« eieü ru nLektlieüen lltllke- leistuiigeo erbülig orlelürt Kaden. — 2) vis Xusstatlung cker Lsolionsrimmsr in den VeiekeukaUeo mit Leotions- lostruwenten (Lei. vr. iloldenkauer). — 3) Vortrag dos llnterreiekneten Uder „ilrrtiieks vispensatioos - 2sugnisso kUr Lcdülsr". Dr. U. Dloss. Auction Montag, den 8. September d. I. Nachm. 8 Nhr in der Restauration zur Wartehalle in Plagwitz. Zur Versteigerung gelangen: 2 Lommoden, 1 Tisch, 1 Sopha, 3 Bettstellen, 1 Waschtisch, 1 Kleiderschrank, Stühle, Spiegel, Beiten, Tassen, Teller, Küche,igeräthc, einige Goldsachen re. Plagwitz, am 1. September 1883. Die vrtSgerichte. Uhlig. Nichtamtlicher Theil. Der Amschwung in Bulgarien. Die Nachrichten, die seit einiger Zeit auS Sofia kommen, scheinen zu dem Schluffe zu berechtigen, daß in der bisherigen politischen Lage Bulgariens eine vollständige Veränderung zu erwarten sei. Die bis jetzt von russischen Generalen und Beamten geleitete Politik Bulgariens schwankt immer bedenk licher, ja verschiedene Anzeichen weisen daraus hin, daß das von der oSmanischcn Herrschaft Jahrhunderte lang unter drückte bulgarische Volk der russischen Bevormundung müde sei und sich nicht länger an seiner nationalen Selbstentwickelung hindern lassen wolle. Tic sogenannte ossiciösc Politik Ruß lands. welche im eigene» Lande entschieden rückschrittlich, auf der Ballanbalbinsel aber völlig revolutionair austritt, hat in Bulgarien seit dem Staatsstreiche ein solches Unheil angerichtet, daß eS bis jetzt der Begründung geordneter Zustände auf freiheitlicher Grundlage geradezu spottete. ÄlS eine besonders beachtcnSwerthe Kundgebung gegen den russischen Einfluß ist die jüngst vom StaatSralhe dem beimkehrenbcn Fürsten Alcrander überreichte Anklage gegen da- ganz im russischen Geiste regierende Ministerium zu be trachten. In jenem ebenso umsangreichen alS nachdrücklich gehaltenen Schriftstücke wird die Regierung der gewaltsamen llebertretung der bestehenden Gesetze, drr administrativen Demoralisation deS Volkes und ziemlich unverblümt der ge winnsiicbtigen Gebahrunq mit SkaatSgcldern beschuldigt; der StaatSralh bittet den Kirrsten, den !m östlichen Tbeile de- LandrS noch herrschenden Belagerungszustand aufzuheben, der sorlgrsetzten Ernennung russischer Unterlhanen zu bulgarischen Ossicieren und Beamten Einhalt zu tbun und endlich die Regierung anzuweisen, im Sinne des Gesetze» für Minister- Verantwortlichkeit zu bandeln. Ende Juli glaubte General KanlbarS die unzufriedenen Gemütker durch die Entlassung des besonder- unbeliebten Iustizminister« Tcocharow zu beruhigen, ja eS sollte sogar in gleicher Absicht mit den nach dem Staatsstreiche so sehr mißhandelten Liberalen eine Verständigung versucht werden. Letzteres mißlang völlig, weil der Führer der Liberalen, Drajan Zcmkow, nach längeren Confcrenzen mit dem ehe maligen Präsidenten deS StaatsrathcS Jkonomow nicht nur ede Verhandlung mit den russischen Generalen abgelehnt, ondern sogar zu einer Verständigung mit den Conservativen geratben hatte. Die bulgarische Presse beider Parteien nahm an diesen Verhandlungen sehr lebhaften Antheil und vor einigen Tagen Unterzeichneten Zankow und Natschewitsch ein Schriftstück, welches die Hauptpiincte des Ausgleiches zwischen den Liberalen und Conservativen enthalt. Nach diesem Uebereinkominen wäre» beide Parteien geneigt, die Stellung des Fürsten Alexander nach jeder Richtung zu schützen und dieser sollte wieder im Wege der Sobranue die Verfassung von Tirnowo theilweise Herstellen. Auch soll zukünftig daS Miinsterium vorzugsweise auS Bulgaren bestehen; nur daS KricgSministcrium sei einem orthodoxen Russen zu übertragen. Diese Bestimmung scheint ein klugeS Zugeständniß an die Erzieher und Lehrer der bulgarischen Armee zu sein, allein damit dürfte sich die russische Politik schwerlich zufrieden erklären. Was den Fürsten Alexander betrisst, so läßt er, wie es sich bisher hcrauSgestcllt, die Parteien gewähren. waS wohl der beste Beweis ist, daß auch er die Missionen Sobvlcw'S und KaulbarS' für beendet hält. Sollte der Fürst auch Moskau mit anderen Ideen verlassen haben, so muß ihn dock der Jubel, mit dem der auS der langen Intcrnirung in Wraza nach der Residenz heinikehrcude Zankow begrüßt wurde, ebenso eines Besseren belehrt baden, wie der entschieden frostige Empfang, der fast zu derselben Zeit dem General Sobolcw zu Theil geworden ist. Alle diese Erscheinungen gewinnen überdies an politischer Bedeutung, weit schon in den nächsten Tagen die Wahlmänncrwahlen für die aus den 14. Septem ber nach Sofia cinberusene Natioiial-Vcrsamiiilnng stattsinden und bei dieser Gelegenheit daS Volk dem zwischen den Liberalen und Conservativen zu Stande gekommenen Aus gleich sich anschlicßen dürfte. Man kann Bulgarien zu einer solchen Wendung seiner inneren Politik umsomehr beglückwünschen, als der Eintritt einer gefährlichen Krisis früher oder später unvermeidlich schien. Man besorgte immer, cS werde sich die alte Erfah rung, daß nach einem Staatsstreich schwierig zu regieren sei, auch in Sofia bestätigen und dem Fürsten Alexander ernste Verlegenheiten bereiten; indes, scheinen sich die Folgen der gewaltsamen Beseitigung der Verfassung ausschließlich gegen die russischen Urheber zu wenden, was nur alle Freunde einer selbstständigen, friedlichen Entwickelung deS jungen Tmic.u- sürstenthumS zu befriedigen vermag. DaS durch sremd- Ziltervention befreite Bulgarien muß vorerst noch Beweise seiner Lebensfähigkeit geben und seine Existenzberechtigung auf Grundlage des Berliner Vertrages thalsächlich be stätigen. So lange aber politische Willkür und Corruption, ökonomischer Niedergang und chauvinistische Politik die Lage Bulgariens kennzeichnen, kann von einer fortschrittlichen, gedeihlichen Entwickelung dieses Landes nicht die Rede sein. Nach dem System zu urthcilcn, daS seit zwei Jahren die bulgarische Regierung befolgte, sollte augenscheinlich daS Land nur zu einer Etappeiistalion für den Marsch der russischen Politik nach Konstanlinopel eingerichtet werden und zwar unbekümmert darum, wie sich dabei die Bulgaren befinden mögen. Nun wehrt sich aber das bulgarische Volk gegen eine solche rücksichtslose Absicht deS russischen „Befreiers"; seine besten Patrioten geloben dem Fürsten Alexander Treue und Unterstützung, falls er entschlossen ist, der an die Stelle deS türkischen Jochs getretenen russischen Willkürherrschast die Stirne zu bieten. Es wäre zu wünschen, daß der Fürst diese Gelegenheit nicht unbeachtet vorübcrgchcii lasse und den Augenblick benutze, in dem der bisherige russische Einfluß im Niedergänge begriffen ist. Man wird aber eben deshalb von russischer Seite Alle- ausbieten, um Bulgarien in seinem von Petersburg ab hängigen Zustand zu erhalten. Dieselbe Politik, welche die bulgarische Armee mit russischen Waffen und Munitions sendungen versorgt und den Fürsten Alexander mit einer Tochter des Fürsten von Montenegro verheirathen möchte, wird von jetzt ab noch unermüdlicher aus allerlei schlaue Mittel sinnen, um die Verständigung zwischen den bulgari schen Parteien zu stören und bas Land von seiner inneren Entwickelung abzuleuken, WaS selbstverständlich nur die willen lose Unterwerfung unter die russische Eroberungs-Politik bezwecken soll. Nach übereinstimmenden Nachrichten, welche auS Sofia vorliegen, soll aber Fürst Alexander gegenwärtig wirklich die Absicht haben, seinem Volke näher zu treten; auch seine Ver mählung mit der Prinzessin Miliz« von Montenegro gilt noch keineswegs als zweifellos. Würden sich diese Meldungen bestätigen, dann könnten sich die Dinge in Bulgarien aller dings nock zum Besseren wenden, waS heute noch nicht mit voller Bestimmtheit vorherzusagen ist, weil die Ränke der russischen Politik gewiß nicht gering anzuschlagen sind. Der Unwillen der russischen Preise, welche einerseits den Undank, andererseits die Heersolge Bulgariens betont, läßt vorauS- sctzen, daß Rußland jedenfalls alle möglichen Versuche machen wird» um sich in Sofia zu behaupten. Dessen ungeachtet ist aber der gegenwärtige Umschwung der inneren Lage Bulgariens nicht gering anzuschlagcn, zumal, falls die liberal-conservative Union von Dauer ist. Das patriotische Zusammengehen dieser beiden Parteien könnte den Fürsten allerdings ermutbigen, für die wirklich nationale Selbst ständigkeit und Wohlfahrt des Lande» einzutrcten, welche unter dem russischen Einflüsse völlig undenkbar sind. Leipzig, 3. September 1883. * Nach nur viertägiger Arbeit ist die Reichstag» session geschlossen worden. An Kürze der Tauer wird ihr wohl schwerlich wieder eine gleichkommen. Die außer- ordentlicheSession ist, wenn man von einer Interpella tion und der keine Zeit raubenden Fischereiconvention absieht, aus den einzigen Gegenstand beschränkt geblieben, der zur plötzlichen Einberufung tcö Reichstags Veranlassung gegeben hat, die Berathung deS Handelsvertrags mit Spanien. ÄUein es waren mit dieser Vorlage eine so große Reibe schwieriger und bedenklicher Fragen staatsrechtlicher und wirtlisckastlicder Art angeregt, daß eine erschöpfendere und gründlichere Be- ratbung wohl am Platze gewesen wäre. Verschiedene zweifel hafte, ungewöhnliche und in ibrcr vollen Tragweite nicht Ubersebbarr Bestimmungen de» Vertrag» hätten einer besseren Beleuchtung und Aufklärung bedurft, al» sie ihnen bei einer so überhasteten Berathung zu Theil werden konnte. E» ist allerdings sehr mißlich an einem Vertrag, zumal an emem mit so viel Schwierigkeiten zu Stande gekommenen, etwas ab zuändern und der Reichstag muß sich hier selbstverständlich weit größere Reserve auferlegen alS bei einem Gesetzentwurf. Es konnte denn auch, höchstens mit Ausnahme der vielbe- prockenen Spritclauseln, von einer Abänderung deS Vertrags, mit dessen wesentlichstem sachlichen Inhalt der ganze Reichstag einverstanden ist, ernstlich nicht die Rede sein, und einen greifbaren waktischcn Erfolg hätten sonach weitere Debatten schwerlich ge habt. Allein Nutzen hätte darum eine gründlichere Berathung in mancherlei Hinsicht doch bringen können, indem sie mehr Licht über manchen zweifelhaft gebliebenen Punct verbreiten und für fernere VertragSverhandlunzcn wcrthvvlle Finger zeige hätte geben können. Darum war schon die Ablehnung der CommissionSberalhnng zu bedauern, und im weiteren Verlause war cS zu beklagen, daß der besonders im Centrui» mächtige Drang zu Ende zu kommen den Verhandlungen ein allzu heftiges Tempo verlieh. Au der Frucht dieser außer ordentlichen Session selbst, der Sicherstellung des Handels vertrags mil Spanien, wird Jeder Freude haben, der die Wichtigkeit fester und günstiger Handelsbeziehungen zu jenem Lande für zahlreiche deutsche Industrien erwägt und den Schaden bedenkt, den daS bisherige ungesicherte, unvortheil- haste und zu fortgesetzten Repressalien führende Vcrhällniß mit sich bringen mußte. Auch die schwierige Frage der Indemnität siir die eigenmächtige Inkraftsetzung der Zoll- ermÄßigungcn ist in einer befriedigenden Weise gelöst worden, ohne daß der Conflictstosf, den sie in sich zu bergen schien, zum AuSbruch gekommen wäre. Nachdem die Indemnität in einem förmlichen Gesetze ausgesprochen worden, waren auch weitgehende sormal-verfaffungSrcchtliche Bedenken beschwichtigt und die Fortschrittspartei stand mit ihrer ganz zwecklosen JndemiiitätSvcrweigerung allein. Eine erfreuliche Seite dieses Reichstags war auch die starke Frequenz, die allen Besorgnissen zum Trotz von Anfang an herrschte. Voll zähliger als man hoffen durfte, haben die in allen Himmels gegenden zerstreuten NeichSbolen, die vor Kurzem erst eine aufreibende ermüdende Arbeitszeit hinter sich hatten, dem unerwarteten Ruse zu der außerordentlichen Session Folge geleistet. Der Reichstag hat sich damit opferwilliger, leistungs fähiger und eifriger gezeigt, als man ihm zugetraut hatte. Die Negierung wird daS Mißtrauen in den guten Willen deS Reichstags und den Zweifel, ob es möglich ist, ihn bei außerordentlichen Anlässen in beschlußfähiger Zahl zusammen- zubrinanij fortan nicht mehr alS Entschuldigung für eigen mächtig Gesetzgkbu..gSvers»che ohne Mitwirkung der Volks vertreiung geltend machen können. * Einen recht lehrreichen Beweis dafür, daß die national polnische Propaganda in unseren östlichen Grenzmarken systematisch auf Verschärfung vorhandener Gegensätze und Schaffung neuer hinarbeitet, liefert die Art und Weile, wie von den Leitern jener Bestrebungen die Sobieökifeier auSgebcnlet wird. Unter den verschiedenen auS Krakau bezogenen SobieSkiniedaillcn befindet sich auch eine größere Sorte, welche a«j der einen Seite die deutsche Aufschrift trägt: „Es lebe unser brave König!" ES sind dies nämlich die Worte, welche die dankbare Wiener Bevölkerung dem König Sobieöki bei denen Einzug in die von der türkischen Belagerung befreite Stadt zinics. An dieser deutschen Auf schrift haben mehrere KreiS-Fcstcomite-S der Provinz Posen deshalb, weil sie deutsch ist, gewaltigen Anstoß genommen und die ihnen bereits gelieferten Medaillen zurückgewiesen. Diesen wahrhaft kleinlichen Deutschenhaß sucht nun der „Goniec WielkopolSki" zu rechtfertigen, indem er schreibt: „DaS Baker KreiScomitL hat diejenigen in Krakau geprägten Medaillen, welche auf der einen Seite eine deutsche Aiisschrist tragen, zurückgewiesen, und es hat recht daran gethan, denn wir haben hier im preußischen Antheil schon zuviel Deuischtbnm und brauchen aus den Medaillen keine deutsch« Aufschrist zu lesen. Wir sind daber der Meinung, daß Großpolen (Provinz Posen) seine eigene Medaille haben muß und nicht eine solche mit deutscher Aus- schrist, wie sie der „Dzicnnik PoznanSki" zu verbreiten übernommen hat. Wir sind der Meinung, daß wir hier in Großpolen Medaille» mit deutschen Aufschriften nicht annehmcu dürfen, daß wir vielmehr eigene d. h. echt polnische haben müssen. Als das Publicum die Nachricht von den großen Medaillen las, daß sie uns germanisiren sollen, konnte e» sehr mit Recht daraus schließen, daß der Schrift führer des Provinzial-FestcomitöS (Chefredakteur DobrowolSki) auch Germanisining-iiicdaillen verbreitet." Man erkennt an vorstehend mitgetheilkcn Beispiele wieder einmal, daß der Fanatismus gewisser Leute von den ge hässigsten Insinuationen nicht zurückschrickt, wenn er seine unlauteren Zwecke damit poussiren zu können meint. * Die ungarische Ministerkrisis dauert fort; daß sie noch nicht beendigt, ist ein Zeichen mehr für den Ernst der Lage; Herr von TiSza wartet in Wien den kaiserlichen Entschluß ab. Sollte daS Cabinet TiSza zurücktretcn, so müßte nicht nur nach einem neuen Ministerium, sondern auch nach einer neuen Mehrheit in Ungarn gesucht werden und woher sollte diese kommen? Das Äiinistcrium TiSza verlangt eine SatiSsaction für die beleidigte Ehre Ungarn»; ans der anderen Seite fühlt sich Kroatien ohne Unterschied der Parteistcllung durch die Anbringung magyarischer Inschriften in seinen Rechten verletzt. Von beiden Seiten werden Fragen der Ehre und der Principicn erhoben. Diese sind bekanntlich außerordentlich viel schwerer zu schlichten als Streitigkeiten Über materielle Dinge, da sie daS Selbst gefühl und die Eigenliebe inS Spiel bringen. Ehe Graf Kalnoky nach Wien zurückgekebrt ist. waS nach Beendigung der Besprechungen mit dem Fürsten Bismarck erfolgen wird, ist eine Entscheidung nicht zu erwarten. Die ungarisch- kroatisch« Frage — denn von einer solchen darf man bereit» sprechen — rückt scbr nabe an daS Gebiet aus wärtiger Politik heran; sie ist ein Theil der Frage nach der Zukunft der Balkanhalbinsel. Gerade diese dürste aber den Hauptgegenstand der Conserenzen der beiden Staatsmänner in Salzburg gebildet haben. Es liegt sehr nahe, daß Gras Kalnoky versuchen wird, nach beiden Seiten zn beruhigen und unter irgend einer Form einen Ausgleich zu suchen. Die Sprache, welche die kroatischen Regierungsblätter führen, ist ungemein scharf und bestimmt. Sie bringen eine von dem demissionirenden Banu« inspirirte Mitthcilunq, in der e» heißt: Banu» Pejaesevich mochte in den Ministerconferenzcn wohl die geaen Kroatien gerichteten Dispositionen erkennen; er ahnte, waS Kroatien erwarte, wenn eS aus die ungarischen Ansprüche nicht euigche: er hielt dafür, daß auch das äußerste Mittel versucht werden müßte, um von Kroaiien einen Gewailact abzuwenden und angesichts dieser Sachlage die maßgebenden Factoren Kroatiens zu bestimmen, da« kleinere Nebel zu wählen. Inzwischen haben di« Besprechungen mit den maßgebenden Mitgliedern der Nationalpariri, die erklärte öffentliche Meinung, den Grafen Pejaesevich überzeugt, daß es in Kroatien Niemanden giebt, der in der erneuerten Ajfichirung der Wappen mit ungarischer Umschrift nicht eine abermalige Per- letzung der Verfassung erblicken würde, und daß demnach im Lande Niemand ist, der nicht lieber jeden Gewaltakt ertragen würde, als in die Verletzung des StaatSgrundgesetzes einzuwilligen. * Ungeachtet Herr Gladstone die Bürde der auf der Colonialpolitik Englands lastenden Verantwortlichkeit eher u erleichtern als zu erschweren wünscht, dürste er sich doch mld vor die Nothwendigkeil gestellt sehen, den englischen Colonialbesitz im Stillen Ocean noch weiter auszudehnen. Englands maritime Politik hat von jeher ihr vornehmstes Augenmerk auf die Erwerbung von Kohleu- stationen und befestigten Hafenpiätzcn läng« der großen Verkehrswege des Welthandels gerichtet. Nur der Pacific macht eine Ausnahme. In dem inigchenren Raume, der sich zwischen Neuseeland und Britisch Columbien, zwischen Japan und Kap Horn erstreckt, besitzt England nur die Fidschi-Gruppe, was siir die bisherigen Verhältnisse deS PacifichandelS auS- reicheu mochte, aber den britischen HaudelS-Intereffenten gänzlich ungenügend erscheint angesichts der Perspective, welche die Herstellung deS Panama-CanalS der commcrciellen Zukunft der Südseeregioncn öffnet. Um nun der immer ungenirter sich hervorwagendcn AnncxionSlust Frankreichs und Nordamerikas rechtzeitig ein Paroli zu bieten, haben australische Blätter die Frage angeregt, und ihre Londoner College» sind aus diesen Impuls bereitwilligst eingegangen, ob cS nicht empschlenSwerth sein dürfte, wenn England aus sämmtlich annoch herrenlose Inselgruppen deS stillen OceanS die Hand legte und sich damit schon jetzt die commercielle Hegemonie deS immensen Verkehr- sicherte, welcher sich un fehlbar dereinst zwischen Ostasien und Europa mittelst deS Panama-CanalS herauSbilden wird. Kühnheit deS Gedanken- fliiges mangelt dem Project jedenfalls nicht, und die neuliche Hisiung der deutschen Flagge in der Bai von Angra Pequena dürste der Ncalisirung desselben eher förderlich denn hinder lich sein. Sedanfeier in Leipzig. n. * Leipzig, 2. September. Zur Abhaltung des groben aus den Zug nacb dem Ncpolconstein folgenden CommerseS hatte da» Central-FestcomitS. geleitet von dem Wunsche, die Betheiligung daran einer möglichst großen Menge zu ermöglichim, die Räume de» Krhstoll^alasteö gewählt und cs entwickelte sich dann auch daselbst m den Sälen, lin Garten und auf den Veranden ein außerordentlich lebhaftes und großartiges festliches Treiben. Gegen 10 Uhr erfolgte der Einmarsch deS Zuge», dessen T^eilnehmer sämmtlich deutsche Spuren deS zurückgclegten weiten staubigen Weges zeigten, welcher Umstand indessen der allgemeinen Fest- slimiuung keinen Abbruch that. Tie Militaircapellen waren beim Zuge angestrengt thätig gewesen, waS sie jedoch nicht hinderte, nach kurzer Pause den CvmmerS durch schwungvolle Vorträge zu eröffnen und insbesondere war eS im großen Thealersaal Herr Musikbirector Walther mit der von ihm dirigirten Capelle, welcher die allgemeine Jeslstimmung gleich von Anfang an aus einen sehr hohen Standpunct hob, so daß für die Festredner eigentlich nicht viel Raum zur Bctbätignng ihrer patriotischen Gesinnungen verblieb. Wir können daher nur von zwei gehaltenen Anspracken Kunde geben, die aber in jeder Beziehung wirkungsvoll waren und einen Sturm von Beifall hervorriescn. Tie erste Ansprache richtete der Vorsitzende deS Central- ComitöS, Herr Rechtsanwalt vr. Zenker, an die Fest versammlung. Dieselbe lautete: Dcutlche Brüder! Wieder haben wir beute, am Vorabende deS Tage» von Sedan, draußen auf der Wahlstatt von 1813 de» flammenden Holzstoß um standen und wieder ist unser Dankgcbet zu Gott emporaestiegen, daß Seine wunderbare Führung uns 1870,71 vor dem Erbfeinde gerettet und das deutsche Kaiserreich ausgerichlel hat. Wie mächtig und voll erschallte dies „Nun danket Alle Sott" zum nächtliche» Himmel. Mir bäuchte voller und stärker denn je. Haben mir nicht auch alle Ursache gerade in diesem Jahre, dem Iubiläumsjahre Luther'S, zu Gott dem Herrn inbrünstig zu beten, und Ihm vom Grund der Seele aus zu danken für die Errettung aus Feindes Gewalt? Hätte vor 13 Jahren der Herrscher aller Herrscher dem katho lischen Frankreich den Sieg geschenkt und nicht dem Protestan- tischen Deutschland, waS wäre aus letzterem, was au» uns ge worden? Was aus einer Luihcrfeier. zu der man sich aller Orten rüstet, die ja nicht nur dem protestantischen, sondern auch dem deutschen Manne gilt? Wieder, Ihr Männer und Jünglinge Leipzig», wieder habt Ihr am Napoleonsteinc „Die Wacht am Rhein" cmgestimmt, den zum Nationallied gewordenen Sang unseres Volkes. — Ja eS brauste Euer Ruf wie Donncrhall und — wie mir auch da scheinen wollte — mächtiger Len» je. Dachlci Ihr vielleicht daran, daß die Wacht am Rhein aus dem Nicderwalde, das sertiggestelltc Nalivnaldeukmal in wenig Wochen im Beisein unseres allgeliebten Kaiser» und vieler erlauchter Fürsten feierlich enthüllt werden soll? Der Hinblick auf diese nahe bevorstehende freudige Feier und das Denkmal selbst ist gewiß besonders dazu angcthan, die Begeisterung sür die errungene nationale Einheit und deren Erhaltung neu anzusachen und unsere Stimmung frischer pulsircnd zu heben. So sind wir denn in «nniiüthigem patriotischen Empfinden nnd noch erfüllt von dem weihevollen Eindrücke de» eben stiftnugt- gemäß vollzogenen Actes zum siebeinenniale zusammeugetrcten, um unS in herkömmlicher Weis« aus die Feier deS Tage- von Sedan würdig vorzubereiten nnd unterem Jubel über da- durch jenen glorreichen Siegestag Errungene Ausdruck zu geben. Und so kann mein GeleitSwort sür die heutige Feier wie für das Fest morgen kein anderer sein, als daß ich zusammcnsasse, wa« Ihnen, Wat nn» Allen — im weiteste» Sinne genommen — am nächsten steht; daß ich de» Ideales gedenke, das uns alle vereint, das als Symbol der Einigung und Kraft uns in unserem Baterlande zusammenhält. Lassen Sie »ns dem eine Huldigung darbringen, den wir ln der That als Symbol unserer Krast und Einigung betrachten nnd verehren. Unserem über Alle- geliebten Kaiser soll mein Hoch gelten und somit auch unserem deutschen Baterlande und Allem, waS diesem theuer ist. Aus denn, liebe Brüder, erbebet Euch und rufet mit mir, ein gedenk dessen, daß wir im Jubiläumsjahre Luther'S stehen: „Hoch dem ersten protestantischen deutschen Kaiser I Hoch Wilhelm! Hoch Deutschlandl" Die Anwesenden hatten sich bei den Schlußworten de» Redner« cinmüthig von ibren Sitzen erhoben und eS konnte daS Hoch aus Kaiser nnd Vaterland wobl nicht kräftiger und begeisterter ausgcbracbt werden, als wie hier geschah. Es l'iei nun wieder die Musik mit ihrem unermüdlich fleißigen Spiel ein und dazwischen trat der Gesang einiger Fesiiieder, von denen namentlich daS erste wegen meisterhafter Abfassung
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