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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188309202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830920
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830920
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-09
- Tag1883-09-20
- Monat1883-09
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1883
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Erscheint tätlich früh 6'/, Uhr. Ne-action und Lrprditioa IohanneSgasje 33. DpttMiindril der Nk-gtti»«: Bormiltagt 1V—13 Uhr. Rachiiiittag- 5—6 Uhr. für tt» Nb<r»»de M-Iiuür»«« nicht i »>« Itrdicn»» nicht »«»,n«l>ch> Tagcklatt Ait»a-«e »er für dir nächsts«lgr«tze Nummer »estimmte» Inserate aa Wochrutage» bis L Uhr Nachtuittaa», n» Sonn- nuS Festtage» früh btt'/,» Uhr. 3n drn/ilialkn skr Ins.-Annahmr: Ott« Klemm, UniversilätSstcaße 31, Loui» Lüsche, Katharincnstraße IS. p. nnr bis '/,S Uhr Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Meß »Auflage 18,300 Doniirukeatsprels Viertels. 4'/, Klk. inet. Bringerloha 5 Ml., barch die Post bezogen 6 Ml. Jede einzelne Nummer 20 Pf Belegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage»! ahne Postbesörderung 39 Mk. «tt PostdefSrderung 4S Mk. Inserate Saespaltene Petitzeile 20 Pf. BrSgere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. La bellarischer «.Ziffernsotz nach HSHerm Larif. Xeclanirn unter -eia tledactionsstrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stets an die Srpebtti«» zu sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praaoumenmsto »der durch Post- nachnabme. ^ 263. Donnerstag den 20. September 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Veklmntlnitchnilg. DaS 23. Stück des diesjährige» Neich-gesetzblatte- ist bei miS einaegangen und wird bis zum S. Oktober bteses Jahres aus dem RathhauSsaale zur Einsichtnahme öffent lich auöhängen. Dasselbe enthält: Nr. 1517. Gesetz, betreffend die Ertheilung der Indemnität für die durch die Bekanntmachung vom S. August 1883 angeordnetenZollermäßigungcn, sowie die Verallgemeinerung der Zoll« ermäßigungen in den Tarifen X zu dem deulsch-ttalienischen und dem deutsch-spanischen Handels« und ScbisfsabrtSvertrage. Vom 10. September 1883. Leipzig, den 15. September 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Gcorgi. Stöß. Gesucht wird der am 18. August 1850 hier geborene Buchbinder Gustav Adolph Müller, welcher zur Fürsorge für seine liier zurückgelassene hilfsbedürftig gewordene Familie an- zuhalten ist. Leipzig, 17. September 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. (Ärmen-Amt.) Ludwig-Wolf. Wendt. Erledigt hat sich die Freitag »e«t 21. September p. I. s Uhr Nachmittag» im Grundstücke Grimmaischer Steinwcg Nr. S. III., augrsrtzte Versteigerung. Leipzig, den IS. September 1683. Thierbach, Gerichtsvollzieher. 2 Eoptsten mlt schSuer Handschrift finden am 1. Oktober l. I. mit einem JahreSgeholt von je 700 Xl hier Anstellung. Gesuche sind zu richten an Reudnitz, IS. September 1883 Die »emela»e»er»ali««i. v'tz' Verselgtrung -scalischer Wei-en-eNnde. Die diesjährigen vom 15. nächst. Mon. abschnittreife» fiskalische» WeiSenittitziistac» im S. Slbstrombezirke sollen an den unten angegebene» Tagen aus dem Siocke gegen sofortige Baar- zahlnng und unter den sonstigen in den Terminen bekannt z» gebenden Bedingungen an Ort und Stelle meistbietend versteigert werden, und zwar: Mittwoch, den Sk September d. I. »on vormittags '-11 Uhr an in den rechts- und liiikäjeiiigen Stromabschnitten von Meißen abwäriS bis Zehren, rinschlieblicb de< Zehrener Elbheeger». Donnerstag, den 27 September d. I. von vormittag» '/.IO Uhr an tu den rechts« und linksseitigen Stromabschnitten von Kleinzadel bi- Mcrschwitz-Boritz und Freitag, den 28 September ». I »o» vormittag« '/«lv Uhr an in den rechts- und linksseitigen Stromabschnitten von Merschwitz bi« Proinnitz und bei Großzschepa. Sammelplatz am 26. September: Elbchnat Meitze». Am 27. September: an dem rrchtsseittgen Slbnsrr gegenüber per Aiebrrmnschützer Tampsschifflanbrftelle. Am 28. September: an der Rosenmühle unterhalb Merschwitz. Nähere Auskunft wird vor den Terminen von dem Damm meister Herrn Hennicke in GrSdel ertbeilt. Meißen, am 17. September 1883. KSnigl. Wasserbau-Inspektion. Königs, vanberwalterei Goebel. Diesel. Veka«ntmachsng. Für die Herstellung einer Stnptsernsprechrinrtchttmg in Halle (Saale) sell die Lieferung der erforderlichen Eisenmaierialirn mit Ausschluß des LeitungSdrahteS, sowie di« Lieferung von AuS- steigeluken, hölzernen Leitern, Balkenholz, Brettern, Mauersteine«, Cement und Kalk, Zinkplatten, Dachschieser, Guinmicylinder, Llei- blech (Walzblei), ferner die Lieferung der erforderlichen Batterie- schränke von Kiefernholz und Nußbanm fournirt, sowie die Gestellung von geübten Arbeitern zur Ausführung von Schlosser-, Dachdecker», Klempner-, Maurer» und Ziinmermannt-Arbeiten und bi» Hergabe von Gerüchen im Wege des öffentlichen AnbietuugSvrrfahrenI an einen oder mehrere Unternehmer vergeben w-rden. Dü näheren Bedingungen können in der Rmistratnr der Kaiser lichen Ober-Postdirection (woselbst anch Musterftncke der zu liefernden Materialien auSliegen) während der Dienststunde» von 8 Uhr vorn», bi» 1 Uhr Nachm, und von 4 bi» 7 Uhr Nachm, eingesehen werden. Aus Wunsch werden di« Bedingungen gegen Erstattung der AdichriftS- gebühren übersandt. LautiouSsähige Bciverber werden ausgesorvert, die PreiSsorderungen schriftlich und versiegelt mit der Aufschrift: „Liefe rung bon tvegeiistänven »nr Staptfernsprech-sb.nrichtung" vir zum 25. September I«. II Uhr Bo.mittags srankirt an die Kaiserliche Obrr-Postdireetton Hierselbst einzureichen; die Eröffnung der Angebote wird am genannten Tage um 11 Uhr Vorm, im Bei sein ber etwa erschienenen Bewerber stattfinden. Anerbietungen, welche später rtngehrn oder den gestellten Be dingungen nicht entsprechen, bleiben unberücksichtigt, ebenso finden di« Angebote solcher Bewerber, welche die AnbietuugSbrdlngungea nicht nnterschrieben haben, keine Berücksichiiguna. Die Anbieter bleiben bi» zum 20. Oktober d. g. an ihr« An gebote gebunden. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Hall« (Saale), IS. Sepien,ber 1883. Der Säuerliche Vber-Pofttziroeto» Geheim« Poftrath. In Berte.: Schulze. Nichtamtlicher Theil. Wien und -erlin. Sind die beiden Ccntren Mitteleuropa- Rivalen? Sie waren «* einst, und die Periode, in welcher di« Eifersucht Wien« gegen Berlin entstand, begann tnrz nach dem Kriege de» Jahre- >860. Abgeschlossen war sie schon in der Haupt sache nach dem dentsci, französischen Kriege, wenngleich da rapid« Wach-thum Berlin» erst nach dem Jahr« 1870 sich entwickelte. Aber selbst diese zeitweise Eifersucht der alteren Kaiserstadt gegen die jüngere entbehrte jeglicher Bitterkeit, e» war eine Empfindung, welch« au- dem Gefühl der Gleich berechtigung herstaminte. nicht Ueberhednng, nicht Neid, sondern der natürliche Wunsch, e» Berlin zuvcrzuthun. Aus geglichen wurde dieser Wettkamps durch da- rückhaltlose An- erkenntniß der Vorzüge der Kaiserstadt Wien vor der kälteren, ernsteren und gemesseneren Schwesterstadt Berlin. Die Ber liner haben niemals in Abrede gestellt, daß die Wiener bester m leben wissen, daß sie lieben-würdigere Nmgang-formen haben, daß Wien von der Natur ungleich begünstigter ist durch die Lage an der herrlichen blauen Donau und durch die entzückend schönen Umgebungen. Was kann Berlin mit seiner Spree und seinem Sande dagegen bieten? Da-misten die Berliner sehr wohl, aber darum hegen sie doch keinen Groll gegen die Wiener, im Gegenihcil, sie reisen fleißig nach Wien, um all' der Annehmlichkeiten und Vorzüge, welche da- Wiencr Leben im Vergleich mit Berlin darbietct, auch theil- hastig zu werden. Welchen herzlichen Antheil hat Berlin an der 200jährigen Feier der Befreiung Wien- von der Türkenbelagerung ge nommen! Aber nicht allein die Hauptstadt de- deutschen Reich-, ganz Deutschland bat innigen lebendigen Antheil an dem Feste genommen, da- Wie» in diesen Tagen gefeiert hat, und wenn ein Wunsch übrig geblieben ist. so ist eS der, welchen Wien selbst so lies »nd sehnsuchtsvoll in, Herzen hegt und der sich seit langer Zeit aus Aller Lippen bewegt, daß Wien die Hauptstadt nicht nur von Oesterreich, sonder» von dem ganzen Oesterreich-Ungar» sein und bleiben möge, waS leider seit nunmehr 16 Jahren zum offenbaren Nachtheil der deutschen Bevölkerung „nd de- ans ihr fußenden österreichischen Staak-gedanken- in zwei Hälften gcthcilt ist. Daß die weitere Abbröckelung von Reich-thcilen, die von czechischer, polnischer und slovenischcr Seile so hartnäckig betrieben wird, nicht gelingen möge, in diesem Wunsche begegnet sich Berlin mit Wien und Deutschland mit Oesterreich und die lauteste und nachdrücklichste Kundgebung für die Einheit und Festigkeit von Gcsainint-Ocstcrrcich ist bei Gelegenheit der Schlußsteinlegung de- neuen Wiener RathhauseS erfolgt. Die Antwort de- Kaiser- auf die Begrüßimg-rede de- Wiener Oberbürgermeister- Uhl hat freudige und allgemeine Zu stimmung bei der Bevölkerung de- dculschc» Wien gesunken. Die Versammlung brach in stürmische Hochrufe au-, c.l- der Kaiser sagte. Laß er mit innigem Wohlwollen da» Vekennt- niß der Treue der Wiener z« seinem Hanse und znm gr- sauimten Vaterland au» dem Munde dc- Bürgermeister- ver nommen habe und hinzufügt, daß, so tief wie die angestammte Treue der Bürgerschaft zum Hause HabSbnrg und dem ganzen Baterlande sei. so tics gcmurzelt und unerschütterlich sei auch sei» Vertrauen aus sie und seine Liebe zu seiner und seiner Bälcr Residenzstadt. Die Wiener habe» diese Worte aus genommen. als ob sie Erlösung brächten aus langer Trauer und Trübsal, sie athmeten wieder aus und richten ihre Hoff nung auf die Zukunft, die Alle- wieder in da- alte Glei- zuriicksührcn unv Ersatz biete» soll für da-, waS der schwere Irrtbmii dreier Jahre verschuldet hat. Und zu dieser schönen Feier war von der Wiener Bürger schaft auch der Oberbürgermeister von Berlin v. Forckciibeck eingcladen worden, aber zum Leidwesen der Wiener hat er wegen Krankheit abgelehnt unv hat nicht Zeugnis; abgelegt für die Sympathien der Berliner mit der Wiener Bevölke rung. Unv in der Thal hat der Oberbürgermeister von Berlin auch Ursache zur Unpäßlichkeit, und wenn vielleicht sei» leib liche- Befinden weniger zu wünschen übrig läßt al- sein Gcmiitb-lcbe», so kann man cS ihm auf» Wort glauben, daß er sich nicht in festlicher Stimmung befindet. Die bevor- st«Pdc Auslösung und Neuwahl der Stadtverordneten versammlung bereitet ihm ernste Sorge und er siebt der Zukunft der Berliner Stadtverwaltung nicht ohne schlimme Befürchtungen entgegen. Die .National-Zeitung" hat des halb sehr Recht, wenn sie die gegenwärtigen Verhältnisse der Berliner Skalvcnvaltung al- ungünstig >ür eine Vertretung nach außen erklärt. Da« hindert aber nicht, daß Berlin den wärmsten Antheil an dem Wohlergehen der Schwcstcrstadt Wien nimmt, und besonder» angenehm muß der AnSsprucb der „National-Zeitung" in Wien berührt haben, daß sich im geistigen Leben der beiden deutschen Weltstädte eine unaus gesetzte Annäherung vollziehe, sie könnten nur nebeneinander nicht gegen einander gedacht werden. Ja, so ist eS in der That, da» eigenartige frisch pulstrrnde Leben, welche- Wien bewegt, kann nur dan» Vieren, anregend und fördernd zu wirken aus die Bestrevunge Berlin» als Hauptstadt de- deutschen Reiche-. Vor Allem tritt Berlin der Austastung entgegen, al- sei Wien keine deutsche Stadt. Mögen auch in Wien zahlreiche Angehörige anderer Nationalitäten nebcu den Deutschen leben, mag Wien eine Musterkarle de» Bvlkergemisch» darbieten, welche» sich unter dem Doppel adler Oesterreich-Ungarn« zu'ammeiifindet, so ist doch da» gemeinsame Band, welche- alle diese Oesterreich« und Ungarn mit einander verbindet, die deutsche Sprache. Ti« Polen sind Ezechrn, di« Ungarn und Slovenen, die Ruthenen und Kroaten mögen noch so eifrig auf di« Be wahrung ihrer nationalen Eigenart halten, sobald sie Antheil nehmen wollen on dem Gesammtleven Oesterreich-Ungarn«, wie r- in der Hauptstadt de» Reiche- sich kund giert, so müssen sie sich der deutschen Sprache bedienen. Die deutsche Nationalität ist die tonangebende in Wien, sie bildet den «iaentlichen Aern der Bevölkerung und deshalb ist die Ver kehrssprache in Wien di« deutsch« und zwar in einem eigen artigen sebarf markirtrn Dialekt, der sich von allen anderen deutschen Mundarten sehr charakteristisch unterscheidet, ohne deshalb an echt deutschem Wesen irgend welche Einbuße er litten zu haben. Und gerade dieser Wiener Dialekt ist e«, welch» auf di« Deutschen außerhalb Oesterreich», zumal in Norddeutschland» «ine ungemein sympathische Wirkung übt, e< ist echte* deutsche» GemüthSleben, da» sich darin auSspricht. der Wiener trifft den richtigen Ton, den paffenden Ausdruck für da», wa» der Berliner, der Norddeutsche nur fühlt, die Sprach« de» Wiener» ist weit modulatioii-sähiaer. weit au-druck-voller, und dadurch stimmt sie so harmonisch zu unserem deutschen GemüthSleben, deshalb fühlen wir un« so magnetisch hinge- zogen zu unseren österreichischen StammeSgenosten. Und darum ist e» auch wahr, daß Wien und Berlin nur nebeneinander »nd nicht gegeneinander gedacht werden können. Beide Weltstädte haben die Bestimmung, sich gegenseitig zu ergänzen, sie sind gegen seitig anseinanver angewiesen, wa» der einen fehlt, da« hat die andere und die neidlos« Anerkennung der beiderseitigen Vor züge bildet da» Bindemittel, welche» Berlin unv Wik», da» deutsch« Reich unv Oesterreich immer fester an einander» ketten muß, al» wären erst beide zusammen ein Ganze«. Aber weil dem so ist. deshalb fühlen wir e« auch in Deutsch land mit, wenn unsere StammeSgenosten in Oesterreich leiden, und wenn sie sich wohl befinden, so steigert sich unsere eigene Gesundheit, zumal die Frische und Freudigkeit, welche nur ein heitere-, zufriedene- Gernüth bringen sann. Möge Wien wachsen und gedeihen unter steter Wohlfahrt seiner gelammten Bürgerschaft, da- ist unser inniger Wunsch, in welchem wir un< mit Berlin einig wissen. Leipzig, SV. September 1883. * Der „Act weitgehender Friedensliebe", der der Eurie wegen ihrer Entscheidung in der Di-pen-srage von ultramonlänen Blättern nachgerühml wird, erweist sich auch bei wohlwollender Betrachtung lediglich al« die An nahme eine» der Kirche im Interesse der Wiederherstellung der Seelsorge gemachten staatlichen Zugeständnisse- ohne irgend welche Erwiderung unv Gegenconccsnon Nur wer e- für die richtige und conseguenkePolitik der Curie gehalten hatte, alle vom preußischen Staate für Herstellung de« Frieden» unter nommenen Versuche und alle, wenn auch noch so entgegen kommenden und für die Kirche noch so vortheilhasten An erbietungen schroff »nd trotzig ziirückzuwcisen, bi- der Staat den äußersten Forderungen der Curie nacbgegcben baden würde, nnr der kann in der neuesten Entscheidung de» heil. Stuhles ein Zeuguiß der Frieden-liebe und Nachgiebigkeit erblicken. E» handelt sich bekanntlich um Folgende«: Zur Au-nutzung der Bestimmung de- neuen Kirchengesetzes, wonach der Staat bei Hils-geistlichen auf die Anzeige verzichtet, bedurfte e» in den meisten Fällen einer Dispensation von den Vorschriften der maigesetzlichen Vorbildung. Diese gemäß den Bestimmungen de» vorjährigen Gesetze- bei der Regierung nacbzusuchen, wird jetzt gestattet, aber ohne principielle Anerkennung der die Vor bildung betreffenden gesetzlichen Vorschriften, nur für die Vergangenheit und für diese- eine Mal. mit dem ausdrück lichen Zusatz, daß eine gleiche Duldung für die Zukunft nicht eintreten könne. So wird denn mit bereitwillig ertheilter Di-pensation die Einsetzung zahlreicher Hils-geistlichen ersolaen und damit der Srelsorgernoth zum großen Theil abgeholsen werden können; ein Interesse, welche- doch gewiß in erster Linie ein kirchliche- ist, wird unter bereitwilligster Mitwirkung de» Staate- und mit sehr kühler Zurückhaltung, mit Vor behalts «nd RechtSverwakrungen der Curie befriedigt werden nnv 1*1 alledem giebt sich die Kirche de» Anschein, dem Frieden ein große» Opfer gebracht unv dem Staate «i» Entgegenkommen bewiesen zu haben, welche« den ge« rechten Anspruch auf weitere Zugeständnisse de» letzteren begründe. AIS nächste Forderung wird in nltramontanen Blättern die Begnadigung der vier abgesetzten Bischöfe, also sogar de-" Herrn Lcdeckow-ki. verlangt I That- ücblich hat die Kirche nur die Gnade, von den dargcbotenen Wohllhaken und Erleichterungen ohne irgend rin Opfer ihrer- cits Gebrauch zu macken. Ihr selbst wird dieser mühe- und kostenlose Weg wohl gangbarer und zweckmäßiger erscheinen, al» die Organisation der famosen „Geheimieelsorge", mit welcher die „Germania" und Herr Windthorst mitunter zu rcnoniniiren pflegen und schrecken zu können sich einbilden. ES verdient sehr beachtet zu werden, daß bezüglich de» noch ausreckterhaltenea Tdeil» der Auzeigepflicht, der Benennung Ür dauernd zu besetzende Seelsorge-Aemter, eine» Angel punkte- de» ganzen Streit-, die Curie auch in ihrer neuesten Entscheidung vollständige» Stillschweigen bewahrt, also nicht gesonnen ist, die Anzeige der Pfarrer für den Verzicht aus die Anzeige der Hils»seelsorger zuzuaestehen. Da- ist da« große Zugestänvniß und die weitgehend« Friedensliebe der Curie! * Neben dem großen Kampf, welche» Herr EugenRichter gegen die nationalliberale Partei in deren Wahl kreisen zur Freud« und Befriedigung der Welsen und Ultra montanen zu führen belirot, unterhält er in der „Fort» cbrittlichen Correspondenz" einen stetigen kleinen Krieg gegen einzelne nationalliberale Abgeordnete. Heute macht er über Herrn von Benda. morgen über Herrn Hodrecht, übermorgen Uber einen anderen seiner Tollegen einen von Uebelwollrn und Verdrehung strotzenden Artikel zurecht, dessen sich dann die radical-demokratische und die ultramontane Presse mit Iubelrus bemächtigt. Augenblicklich ist die „Fort schrittliche Correspondenz" sehr unzufrieden darüber, daß dem Abgeordneten von Eynern bei Gelegenheit der Eröffnung einer neuen Eisenbahn in dessen Wahlkreis aus einem Festmahl einig« freundliche Worte seiten» seiner Wählet: gesagt worden sind. Bekanntlich hat Herr Eugen Richter bei der letzte» Wahl vergeben» versucht, durch eigene- persönliche» Eingreifen und durch Com» mandirung de- hevorragcndsten Theil» seine» Generalstabe», dem genannten Abgeordneten und dessen Epecialcollegen, Herrn von Cunh, Len Wahlkreis zu entreißen; »r hat dabei schlechte Geschäfte gemacht. Seitdem haben die Veröffent lichungen in der „Köln. Ztg." über die Abstimmungen de» Abg. Richter bei den Kirchengcsetzen, worin ihm ein offener und erlatanter Widerspruch mit seinen neuesten Behauptungen nachgewiesen wurde, sowie einzelne Abweisungen seine» Uedrr- muty» im Parlament, den Zorn de- Herrn Richter zu einem hochgradig-nervösen gegen Herrn v. Eynern hrrau-gebildet. Unter dem Einfluß diese» Zorne» schreibt die „Fortschrittliche Correspondenz" einen unglaublichen Wust von persvnlichen Angriffe» und Invectiven gegen den genannten Abgeordneten rusammen. Wir quittiren darüber dankbar und sind gern bereit, auch die folgenden ähnlichen Artikel der .Fortschritt lichen Correspondenz" niedriger zu hängen. * Di« .Nationalzritnng" schreibt: „Wie wir hören, wirb im Justizministerium der Gedanke erwogen, die R«cht»anwaltschast «nd da» Notariat künftig in Preußen durchweg zu trennen. E» ist nicht >u ver kennen. daß eine solche Maßregel »ine natürliche Comeqnenz der Freiheit der »dvoeatur sein würde. An sich gehört die letztere, «No die Vertretung der Ansprüche streitender Parteien, unv da» Notariat, d. h. die unparteiische Beurkundung von NechtS-Üandlungen, durchaus nicht zusammen. In den alten preußischen Provinzen beruhte bi- znm Inkrafttreten der Reich«-Iustizgesetz« Vit Bereinigung der beiden Functionen daraus, daß der Rechl-anwalt rin vom Staate ernannter Beamter war. Seit der Frcigebung der Avvocatur haben wir aber zwei Kategorien von Anwälten, di« vor dem 1. October 1878 «nannten, welche zugleich Notare sind, »nd diejenigen Anwälte, welche sich seitdem al» solche niedergelassen haben und mit wenigen AnSn bmen nicht Notare sind. Selbstverständlich wird die Function al» Rotar immer nur von der Regierung übertragen werden. niemals mit der Advoeatnr, welche jeder Assessor übernehmen kann, von selbst verbunden sein können. Andererseits ist e« aber einleuchtend, daß der Besitz de» Notariat-, abgesehen von seiner Einträglichkeit, auch die Eoncurrenz. betreffs der eigentlichen Anwalis-Geschäfte, einem Rechl-anwalt erheblich erleichterl. Die Berleihnng de» Notariat- an einen Rechtsanwalt wird daher immer thatsächlich al- eine Begünstigung desselben wirken und. da äußere Vorbedingungen dafür sich schwerlich gesetzlich scststellen lassen, kehr häufig Anlaß zu unliebsamer Kritik der für die Justizverwaltung maßgebend gewesenen Gründe geben. E» scheint daher in der That viel für eine Regelung der Sache zu sprechen, wonach die jetzt im Besitz de» Notariats befindlichen Anwälte dasselbe behalten, in Zukunft aber zu Notaren nur Personen ernannt werden würden, welche nicht al« Anwälte snngirrn, sei eS, daß sie die Praxi- als solche bebnsS Ilcbernahme de» Notariats anfgeben, sei e». daß diese- ankeren juristisch qualificirten Personen übertragen würde. Andernfalls bliebe wohl nur übrig, jedem Anwalt, der eine gewisse Reihe von Jahren al- solider sungirt hat, ohne sich DiSciplinarmaßregeln zugezogen zu haben, al-dann zum Notor zu ernennen; doch würde die» beispiel-weise an Orten, an denen e- nur jüngere Anwälte gäbe, nicht dem Bedürsniß nach Besorgung der Notariat-geschäfte genügen, und eS können auch andere Gründe gegen eine solche Regelung der Angelegen heit geltend gemacht werden. Auch m manchen anderen Ländern, z. B- in Frankreich, sind Anwaltschaft und Notariat getrennt." * Die ihrem Hauptinhalt nach bereit» skizzirte Verfügung de- preußischen Cultn-mimster- über den Turnunter richt an den höheren Schulen lenkt die Aufmerksamkeit der Provinzial-Schulcollegien auf verschiedene Puncte, in Betreff derer dieser wichtige Unterricht-gegenständ noch einer Verbesserung fähig ist und bedarf. Diese Puncte sind vor zugsweise folgende: 1) Lehrer. Die gedeihliche Entwickelung de- Toruru» an de» höheren Schulen Ist vornehmlich dadurch bedingt, daß dieser Unter richt seine Vertretung in dem Bereich de» Lehrerkollegium» selbst finden und daß er «derhanpt nur Männern anvertraut werde, welch« ihre Vorbildung zu seiner zweckmäßigen Ertheilung ordnungsmäßig erwiesen haben. Gegenwärtig aehSrea d»a den mit dem Turn- unterricht an den gedachten Schule» betraute» Männern »narsähr Dreivkertrl den betreffenden Lehrerrollrgleu selbst an, »ab Zweidrivel haben ihre LehrbefSdignug ordnungsmäßig nachaewiesen. Die Leatralankalt znr Au»bildong von Turnlehrer» führt Vtnttrenrsu» dnrchschuittlich Ü0 Lehrer »» der Vesähignnz für »«, Turnunterricht an höhere» Schule«. Anzahl begründet die Erwartung, daß ln nicht z» ferner Zeit der 'LE: »»». »kl. Tnrnnnterricht an de» HSHerrn Schule, «wsch^esötch in denHSndrn solcher Männer ruhe, wird, welche dag« dt» erforderlich« Ausbildung erworben haben. Z» demjenigen Theist der Turnlehrer, welche den betreffenden Lehrerkollegien selbst augehSrr», stellen bst Lehrer von seminaristischer Vorberettona ein ungleich größere», etwa doppell so große» Eonttngent, al» die Lehrer von UnlversiiütSbilduug; ebenso ist die Benutzung der Lentralanstalt durch die Letzteren erheblich geringer, al« durch die Erster«,. L» ist dagegen wünschenSwetth, daß mehr nnd mehr der Tnrnnnterricht, namentlich der oberen Elasten, in die HL«de derjenigen Kategorie von Lehrern komme, welch« die entschridend« Einwirkung auf die GrsamnNbildung der Schüler au-übe». Lin sachliche» Hinderniß dürste dem Eiatretrn jüngerer wisstnichaltlicher Lehrer in deu Eursu« der Lentralanstalt schwerlich rntaegenstehen. Der «usrnthalt in Berlin wird denselben Auch zeigt die " ahme durch Unterstützungen an» Lentralfond« erleichtert. Beobachtung über mehrere Jahre, daß in der Theilnahme der akademisch gebildete» Lehrer gleichmäßig gewisse Provinzen au», reichend, andere nicht vertreten find; r« ist also vorauSznsetze», daß ulcht rin sachlich«» Hinderniß «ntgegeusteht, sondern da» Interesse noch nicht überall gleichmäßig geweckt ist. klebrigen» ist zu er matten, daß anch noch aus anderem Wege eine größere Anzabl der wissenschaftliche» Lehrer an den häheren Schulen zugleich me Befähigung sür den Tnnnmterttcht erwerben wird. Aa mehreren Universitäten wird da« Turnen mit lebhaftem Elfer «nd erfreulichem Erfolge betrieben. Stndirend«, welche sich dem Lehrberuf« widmen »ollen, erworben «ns Grund der so gewonnenen turnerische» Aus bildung gegen den Schluß ihrer UniversitSiSzest durch da» Ablegen der Turnlehrerprüfung die fraglich« Bedingung. Tiefe« Verfahren, bei welchem dst Ausbildung für den Turnunterricht »war einigen Zeitaufwand «rfordrtt, zugleich aber auch zu einem Mittel der Er holung »on geisnger Anstrengung wird, ist in unverkennbarer Aus nahme begriffen. 2) Schüler. Durch die Lehrpläne vom 81. März 1882 ist, entsprechend der LabinetSordre vom 6. Juni 1842, der Turnunter, richt an allen höheren Schule» al» obligalorischer Lehrgegenstand festgesetzt, mit der Bemerkung, daß der Director ans Grund eines ärztlichen Zeugnisse» Befreiung davon zu ertheilen hat, jedoch in der Regel nur aus die Dauer eine» Halbjahr«. Die Regel, daß die Di-pensation nur für rin Halbjahr Gilligkrit hat, ist in alle» Fällen etnzudalten, in welchen nicht ein bestimmte» Gebrechen oder Leiden da« Ertorderniß der dauernden Dispensation außer Zweiscl stellt. Tie Zahl der vom Turnunterricht diSpenstrten Schüler hat, für die gesammte Monarchie zusommengesaß«, im Sommer semester 1882 10 Peoceut der gesammte» Schülerzahl be tragen. An den einzelnen Anstalten steigt aber der Procentsatz von 0 Procent an in allmäliger Zunahme bi» zu 42 Procem nnd zeigt hiermit eine Berschiedendrit, welche nicht aus einen, Unterschiede in der gesunden und kräftige» Entwickelung der Schul jugend oder auS einem Gradunterschiede in der Strenge der lkrtbeiliina ärztlicher Zeugmsse abzuleiten ist. Vielmehr findet das meistentheil» seine Erklärung in localen Verhältnisse», insbesondere darin, daß durch die Lage de« Turnplatzes für einen Theil der Schüler oder durch die Zeit de« Turnunterricht« sür die von auSwätt» täglich zum Echulorte kommenden Schüler die Tdcilnahmc am Tnrnnnterrichte einrn z» großen Zeitaufwand erforderlich machen würde und hierdurch deren Di-pensation begründet wird. Aus eine wenigsten« »heilweile Bcsettigung diese« schweren llebelstande« soll hingewirkt werdrn. Die dringend wünschen«wetthe Ausdehnung de» Turnunierrichis aus den Winirr und aus die Zeiten ungünstiger Witterung im Sommer ist durch da- Vorhandensein von Turnhallen bedingt. Die Bereitwilligkeit vieler städtischen Behörden, ihre böseren Schuten mit Turnhallen au-zustalten, verdient in vollem Maße Anerkennung; bei der Errichtung neuer vollberechtigter Anstaltrn au« staatlichen oder städtischen Mitteln wird die Herstellung einer Turnhalle al» noih- wendiger Theil der banlichen Ausstattung betrachtet. Trotzdem eutbehren noch 40 Procent der höheren Lehranstalt«, eigener Turnhollen. Line AuSdilfe für diesen Mangel wird in zahl- reichen Fällen dnvch Mitbenutzung anderweit vorhandener Turn- ballen erreicht, so daß die Zahl derjenigen Schulen, welche den Tnrmiiiterttcht «m Winter ganz au«fttzen, nur 18 Procent beträgt. Aber der Wintrrnnttrricht wird in den meisten Fällen, sogar bei dem Vorhandensein mgenor Turnhallen, e»«weder bezüglich der Scküler oder bezüglich der Stniidrnzahl brlchränlt ertheil». E» soll dafür Sorge getragen werden, daß jedenfalls a» allen Schulen, die eigene Turnhallen besitzen, all« Schüler mindesten» 2 Turnstunde» wöchentlich erhalten. Aus die Beschaffung »on zweckmäßiaen Turnplätzen, thnulfthst ln Verbindung mit den Turnhallen, ist großer Werth zu legen, beim,der« weil eine Reihe von specistschen Uebungen nur im Freien ausführbar ist. Ferner wird die sorgfältige Berücksichtigung per santtairen Verhältnisse znr belvnderen Pflicht gemacht. E« ist «ns
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