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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-10
- Tag1883-10-11
- Monat1883-10
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1883
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Erscheint täglich ftüh 6'/, Uhr. Le-actiou nnd Lkpkditio» Johannetgasse 33. AprrchKundrn -cr Nr-arlion: Lormitlags 10—12 Uhr. NachurillagS 5—K Uhr. «Or »t, «,-N-^ur vi»»u>cri«l, «ach» sich »>« Red,«»»» nicht »ei»>»»lia. »er für die «üchftfrlgkad« Nn»«er »estt«i»teii Juscrate «u W»chrnta>k>» bi» 8 Uhr Nachmittag», au Sau«, nu» Festtage» früh dis '/.!> Uhr. 3» dt» /Malen siir Zns.-^nnalimc. Ott« Ule««» UniversitLtsstrab» 21, L««i» Lösche, Kaiharinenstraße IS. p. uur dt« '/,» Uhr Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und GeWftsverkchr. Meß »Auflage LS,»Q« ^bonnnnratsvreia Viertels. 4'/, Mit. incl. Bringerloha b Rk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren kür Extrabeilage«! ohne Poslöeiördernng M Mk. Mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile SO Ps. Gröbere Schriften laut unserem Preit- vcrzcichniß. Tabellarischer». Zlssernsay »ach höher« Tarif. Nerlamen unter dem Nedactionsstrich die Svaltzeile 50 Pf. Inserate sind stet» an die EppkSItion zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prrwuuiiwimittlu oder durch Post- uachnaime. 284» Donnerstag den 11. October 1883. 27. ItthlMNg. Amtlicher Thetl. Dekannlmllihnng. Die diesjährige MichaeliSrneffe endigt mit dem 12. October. An diesem Tage sind die Buden und Stände ans den Plätzen -er inneren Ttadt bis 4 Uhr Nachmittags voll ständig zu räumen und bis spätestens 8 Uhr Morgens deS 14. October zu entfernen. Die aus dem AuflnstnSplntze und ans den öffent lichen Wegen und Plätzen der Vorstadt befindlichen Buden und Stände sind bis Abends 8 Uhr de» 13. October zu räumen und in der Zeit vom 15. bis 18. October, jedoch lediglich rrährend der Tagesstunden, von 6 Ubr Morgen- bis 7 Uhr AbendS. abzubrechen und wegzuschafsen. Vor dem 15. October darf mit dem Abbruche der Buden und Stände aus dem Augustuöplatze nicht begonnen werden. Dagegen ist eS gestattet, Buden nnd Stände aus dem Roßplatze, welche vor Beendigung der Moste leer werden, früher, jedoch nicht am Sonntag den 14. October abzubrcchen und wegzuschassen, dascrn nicht dadurch Störung vcS Ver kehr» oder Bcnachthciligung deS Geschäfts in den stehen bleibenden Buden Herbeigesührt wird. ES bleibt auch diesmal nachgelassen, die Schaubuden auf dein Roßplatzc und König-Platze, sowie diejenigen Stände daselbst, an welchen nur Lebensrnittel feilgeboten werden, noch am 14. October geöffnet zu halten. Die Schaubuden, sofern sie aus Schwellen errichtet, in gleichen die EarronffclS und Zelte sind bis Abend» 10 Uhr de» 16. October, diejenigen Buden aber, rücksichtlich deren da» Eingraben von Säulen und Streben gestattet und eine längere Frist zum Abbruch nicht ertheilt worden ist, bi» längstens den 20. October Abend» 8 Uhr abzubrcchen und von den Plätzen zu entfernen. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften, für deren Befolgung beziehentlich auch die betreffenden Bauhandwcrkcr over Bauunternehmer verantwortlich sind, werden mit Geld strafe bi» zu 150 oder entsprechender Haflstrafe geahndet werden. Uebrigen» haben Säumige auch die ObrigkritSwegen zu verfügend« Beseitigung der Buden re. zu gewärtige». Leipzig, am 2. October 1883. Der Nath der Stadt Leipzig. Ar, vr. Georgi. Hennig. Dekamilulllchllllg, die staatliche Einkommensteuer betreffend. In Gemäßheit deS Finanzgesetzcö vom 1. März vorigen Jahre- und der Ausführungsverordnung dazu von demselben Tage ist der dritte Termin der diesjährigen staatlichen Ein- tommcnsteuer am 2«. September diese- Jahre- «tt der Hälfte de- 4kormalstenersa-eS fällig. Die hierorts Steuerpflichtigen werben deshalb aufgesoroert, ihre Steuerbeträge ungesäumt und spätestens binnen drei Wochen, von dem Termine ab gerechnet, an unsere Stadt- Stcuereinnahme, Brühl 5l, bei Vermeidung der nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen eintretenden gesetzliche» Maß nahmen abzusührcn. Leipzig, am 26. September 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Im Monat September 1883 erlangten das hiesig Bürgerrecht: Ernert, Emil Richard, Fleischermeister. von Jagrmait». Friedrich Emil, Tborcontroleur. Kristin, Emil Theodor, königlicher Ober-Zoll-Jnspector. LUienttzal, Albert, Kaufmann. Rustdan«, Mendel, Kaufmann. Vaul. Friedrich Wilhelm. Zimmermann. Reiüdrudt, Theodor Robert Pani, Kaufmann. Rather, Earl Theodor, Buchhändler. Schneider, Earl Hermann, Kaufmann. Schröter, Hugo Ernst, Kaufmann. Stock, Friedrich Hermann, Rathsdiener. Wehner, Earl Heinrich, Privatmann. Wetzet, Friedrich Arno, Maler. dtklninlniachimg. Das 10. Stiict des diesjährigen Gesetz- und Verordnungs blattes für das Königreich Sachsen ist bei uns cingegangen und wird bis zum SS. dsS. MtS. auf dem'Rath- hauSsaale zur Etnsichiuahuie öffentlich ausliängea. Dasselbe enthält: Nr. 35. Verordnung, die Expropriation von Grundrigen- thum für Herstellung eines Bahnwärterhauses an der Bahnlinie Werdau-Weida betreffend; vom 3. September 1883. Nr. 36. Bekanntmachung , die Eröffnung de» Betriebs der Schwarzenberg-IohanngeorgenstädterSecundäreisen- bahn betreffen»; vom 10. September 1833. Nr. 37. Bekanntmachung, eine Anleihe der Actiengesellscbast „Deutsche Jute-Spinnerei und Weberei" zu Meißen betreffend; vom 11. September 1883. Nr. 38. Bekanntmachung, die Verlegung der Blindenvor- schule von HubcrluSburg nach Mcritzburg betreffend; vom 19. September 1883. Nr. 39. Bekanntmachung, die Ausgabe einer Vlll. Serie von auf den Inhaber lautenden Pfandbriefen der Allgemeinen Deutschen Creditanstalt zu Leipzig be» treffend; vom 20. September 1883. Nr. 40. Berorvnung, die Abtretung von Grundeigenthum zur Erbauung der schmalspurigen Secundairrisen- oahn von Döbeln Über Mügeln nach Oschatz be treffend; vom 21. September 1883. Nr. 41. Verordnung, die Ausführung der tztz. 44 und 84 de» Reichsgesetzes über die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 betreffend; vom 28. September 1883. >r. 42. Bekanntmachung, die Versammlung der Stände de» Königreich» Sachse» zum nächsten ordentlichen Land tage betreffend; vom 30. September 1883. Leipzig, den 3. October 1833. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stvß. Die RatbSwaagen befinden sich bis aus Weitere» ln der Gasanstalt l an der Eulritzscher Straße. Leipzig, am 8. October 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Cichorlu». Vekliulllmliihiliig. Die Freitag, Sru 12. Lctobcr. 11 ttvr vormitta,» ur Niiclio» kommenden eisernen Träger ic. liege» nicht RenschSnefeld, ander» Neustadt am sogenannten Schöncselder Spritzeuwege ans dem Kohlen- resp. Nangiebahnhose der Leipzig-Drc-Ln» Eisenbahn in der Nähe der Kohlenhandlung von Künicke. Leipzig, den 10. Octob» 1883. Thierbach. Serichttvollzieher. Nichtamtlicher Thetl. Der neue französische Kriegsminister, General Cainpeuon, hat da» Unglück, da» Portefeuille des Krieges immer in dem Augenblick z» übernehmen,, in weichem eine baldige Erledigung deS Posten« vorauSzusehen ist. Schon einmal war cr KricgSminisicr im Muiiiicrium Gambelka, weiche« die Geschäfte nur zwei Monate führte. Damals war er znm AclionSministcr aulersehen, während e» heute fast den Anschein hat, als sollte er nach den Beunruhigungen, welche Thibaudin über Frankreich gebracht hat, durch weise Mäßigung wieder in regelmäßige Zustände hinüberleite». Tie beide» anderen Generale, mit welchen wegen Uebernahme des KriegSministeriuin« verhandelt wurde, Saussier und Leval, haben dem General Eainpenon bezeugt, daß cr das Ver trauen der Armee besitze. Ein solche» Zeugniß bei solcher Gclegenbeit scheint da« gegenthcilige Zeugniß für den ab- trctenten General Thibaudin einzuschtießen. und da muß denn allerdings hinzugefiigl werde», daß Thibaudin dagegen daS Vertrauen Grevy's besaß, den» dieser hat ihn nur fallen lasten, weil er die Ucberzeugnng hegt, daß die Tage te« Ministeriums Ferrh gezählt sind. Grevy's Schwiegersohn hat sichdarüberin seinem Organ, der „France", deutlich genug ausgesprochen. .Al« Grevy seine persönlichen Sympathien zum Opfer brachte, ließ er den Ministern die volle Freiheit, aber auch die volle Verantwortlichkeit, und die Stunde der Verantwortung wird für da» Ministerium schlagen." Diese Sprache, deren Billigung durch Grevy vorausgesetzt werden dark, eröffnet für Eamvenon sehr > eringe AuSsichten ans Dauer seiner Amtsführung, Grevy und Wilson scheinen aus de» baldigen Sturz de» Ministerium Fcrry mit Sicherheit zu rechnen und sind sich dabei de» Einverständ nisses mit de» Vertretern der radiealcn Partei bewußt. E« ist charakteristisch für die Stellung, welche Grevy der gegen wärtigen Krist« gegenüber einnimmt. daß er die Sache deS NadicaliSmuS im Gegensatz zu der LcS OrleaniSmnS zu der sei- »igen macht, denn die „France" sagt ausdrücklich: .Für die radikale Partei war Tbibaudin cme Bürgschaft gegen die Verschwörungen der Prinzen." DaS ist also die Basis, auf welcher Grevy seine Präsidcntcnstelliing gegen die Angriffe Ferry's zu vertheidigc» gedenkt. Zu allen übrigen Anschul digungen, welche gegen Fcrry gerichtet sind, kommt noch als letzte »nv bedeutendste die, daß seine Politik den Bestrebungen der Orlcanistcn in die Hände arbeitet. Die Fechtcrstelluiig, welche Grevy und sein Schwiegersohn Wilson sür de» bevorstehende» Zusammentritt der Kammern gewählt habe», läßt an Kühnheit nichts zu wünschen übrig, kenn sic suche» Deckung bei denjenigen Elementen der Be völkerung. von welchen Grevy selbst zum König Alphon« äußerte, daß die französischen Gesetze keinen Schutz gegen ihre Ausschreitungen gewähren. DaS Ministerium Fcrry hingegen sucht seine Stütze bei der liberalen Vereinigung, also bei den jenigen Republikanern, welche das Programm Gambetta's vertreten oder doch zu vertrete» Vorgehen. Grevy hat bis zu einem gewissen Grade gemeinschaftliche Sache mit Denen gemacht, welche die Beleidigung de« König« Alphon« als ihre Aufgabe betrachtete», denn er stellt sich jetzt offenkundig aus die Seite Thibaudin'», welcher doch durch sein Fehlen' beim Enipsang des Königs aus dem Bahnhof den Skandalmachern gewissermaßen daS Signal zu ihren pöbclhasten Äursckreilunge» gab. Thibaudin ist heute in Paris eben so der Mann de« Tage«, wie am 29. September König AlphonS die Ziel scheibe der Ehanvinisten und Deutschenhasser war. Der größere Theil der Franzosen, welcher den Ulancn-Oberst AlphonS beschimpfte, jubelt heule Thibaudin entgegen und bereitet ZustlMmun.qSadrcsten an den entlassenen Kriegs minister vor. DaS ist sür Thibaudin insofern sehr günstig, als er allein cousiquenl erscheint, während die Monarchisten und Republikaner, welche ihren Haß gleichfalls an König AlphonS ausließcii, auS OpportunilätSrücksichten Fcrry beisiimmen, welcher dem König Gcniigthuung sür den erlittenen Schimpf gab und verschaffte, und ihn doch wieder als Parteigegner bekämpfen. Es ergeben sich daran» die widersprechendsten und verwickcltstcn Situationen nnd dieser ganze Wirrwarr wird und muß beim Wiederzusainmentritl der Kammern, also in kauin 14 Tagen, zum AnSlrag kommen. Ferrh giebt sich den Anschein, als ob er die Sache der Republik gegen die Monarchisten ebenso führe und vertrete wie Grevy, aber er will die Ausrechthaltung der bestehenden Beziehungen zu den auswärtigen Mächten und diese ist unter Beibehaltung eines KriegSministerS von der radicalen Parteistellung Thibautin'S nicht möglich. Da» wäre Alles schön nnd gut. wenn nur nicht die Orleanistcn daständen, jederzeit bereit, die Zügel der Regierung im günstigen Augenblick zu ergreifen. DaS ist der eine wunde Puncl in der Lage de» Ministeriums Ferrh und der andere ist die Tonkinsrage. Auch in dieser Frage ist Grevy Ferry gegenüber im Bor theil, denn e» ist bekannt, daß er gegen die Verfeindung mit China ist und jede Verantwortung sür daS Vorgehen Ferry's gegen Anam von sich abweist. In dieser Beziehung ist sür Ferry äußerst gravirend, wa» in neuester Zeit bekannt ge worden ist. Tricou hatte den Auftrag, nach Pcckinz zu gehen und der chinesischen Regierung eine Forderung von mehr si tz Millionen Franc» sür die Kosten der Tonkin-Erpedition vorzulkgen. Dadurch hat sich di« Erbitterung der Chinesen aus» Höchste gesteigert und hierin liegt auch der Schlüssel sür die Unmöglichkeit de« Au«glcich». Ferry hofft allen Schwie rigkeiten durch die Erfolge Courbet'S und Harmanv'S zu be> geqnen. Die Unterwerfung der Mandarinen und die RLu mung SontayS durch die Schwarzen Flaggen sollen alle Be denken wegen der Verwickelung mit China »erstreuen. Er scheint nur dabei zu übersehen, daß die chinesische Regierung den Nachfolger Tüdüc'S bisher nicht anerkannt hat, daß also alle Acte der Nachgiebigkeit gegen die Franzosen, welche von dieser Seile auSgehcn, wcrthloS sind. Die Frage, welche die Kammer Ferry zunächst vorlegen wird, lautet: Wie steht Frankreich mit Cbina? und ans diese Frage vermag Ferry keine befriedigende Antwort zu geben, daS wird sein Ministerium zu Falle bringen und wenn auch viele Abgeordnete im Punctc der Feindschaft gegen Wilson ans seiner Seite stehe» möge». E« scheint nicht sowohl darum sich zu handeln, ob Fcrry bleibt und Grevv geht, oder um gekehrt, als darum, ob die Radicalen die Partie gegen die Orleanistcn oder diese gegen die Radicalen gewinnen. Der Fall deS Ministerium« Fcrry bleibt von diesen Kämpfen völlig unberührt, wie wir da« schon früher an dieser Stelle an-gesührt haben, cs handelt sich »ur darum, ob die Republik die schiefe Ebene nach dem Radikalismus weiter hinabrvile» wird, oder ob die Anhänger der Monarchie die Oberhand gewinne». Die Rolle de» General« Eampeno» ist vorauS- sichliich binnen 14 Tagen an-gespiclt, ob aber Thibaudin sein Nachfolger wird, wie er sein Vorgänger gewesen ist. da« hängt von dem AnSgang des KampseS zwischen Republik und Monarchie ab. Leipzig 11. October 1883. * Im Anschluß an die Nicderwaldfeicr hat der Abgeordnete vr. Bamberger dieser Tage in seinem Wahlkreise Äinge» Alzey eine Rede von Stapel gelaffen, welche an sich nicht gerade bcmcrkenSwcrth wäre und dem geistvollen Rhetor kein neue« Blatt zu seinem RnhmeSkranze beiträgt. Aber Herr Banibergcr konnte auch diese Gelegenheit nicht vorüber Hetzen lasten, ohne gegen die nativnalliberale Partei zu polemisiren. Es ist merkwürdig, daß sich der geehrte Herr dabei in denselben Widersprüchen bewegt wie unsere fort schrittlichen und rückschrittlichen Gegner. Alle behaupten sie. die nationalliberale Partei habe den Todesstoß erhalten, sie zähle im polilischcn Leben nicht mehr mit, ja sie sei überhaupt bereits vom politischen Schauplatz verschwunden Und in demselben Satze werken dann der Partei über ihre Mäßigung von rechts und link« die heftigsten Vorwürfe gemacht und gute Lehren gegeben, was sie zu thnn habe, um wieder größeren Einfluß in weiten Kreisen de» Volke- zu gewinnen. Herr Bamberger erzählt, daß Fürst BiSmärck im Jahre 1871 die Absicht gehabt habe, den Reichstag nach Versailles zu berufen, und nur durch daS Abrathen de» secessionistisckcn Parteiführers von diesem Plan adgcbracht worden sei. Wir wollen nicht glauben, daß .Herr Bamberger der Wahrheit entgegen Behauptungen ausstellt, aber in' diesem Puncte dürste er sich doch einer starken Selbsttäuschung hingcben. Der Reichskanzler bat von vornherein und bi» aus den heutigen Tag den deutsche» Reichstag als den stärksten Kitt sür Deutschlands Einigung und den Bestand des deutschen Reiches gehalten und ist dem ent sprechend für daS entsprechende Maß der Würdigung der Vertretung der deutsche» Nation in der Verfassung eingetreten und hat in dieser Beziehung aus keiner SeitcWidcrspruch. vielmehr bei unserem erhabenen Kaiser und de» verbündeten Fürsten bereiteste- Vcrständniß und Entgegenkommen gefunden. Aber der Hauptfehler der Secessionisten liegt in einer hoch gradigen Selbstüberschätzung und dem Mangel an Fähigkeit, sich untcrzuordncn. So viel Köpfe, so viel Sinne. Jeder der sceessionistjschen Abgeordneten glaubt sich besonder- zur Führung einer Partei berufen, und wir haben e« erlebt, daß in wichtigen Fragen im Reichstage die wenigen Secessionisten auch unter sich uneinig waren. DaS Wirken der national- liberalen Partei wurde schon vor dem Jahre 1880 stark gehemmt durch die Unfähigkeit der Secessionisten, im Partei- intcrcsse die erforderlichen Opfer zu bringen. Jetzt aber isteö doch ein sehr starke-Stück, wenn Herr Bamberger so weit geht, daß cr zu behaupten wagt. Rudolf von Bennigsen habe durch seinen einstweilige» Rücktritt vom politischen Leben ein werthvolleS Zeugniß sür die Richtigkeit der Secession geliefert. Herr von Bennigsen steht zu hoch, um sich in einen derartigen Disput und zumal in dem gegenwärtigen Zcil- runct, «inzulassen. aber wir zweifeln nicht, daß ihn oiese Interpretation de- Herr» Bamberger höchlichst amüsiren wird. Mit süßsaurer Miene bekennt Herr Bamberger bei dieser Gelegenheit, daß auch er Bennigsen hoch verehre. Sehr chmeicheihaft, aber der verehrte secessionistische Abgeordnete beweist doch hier nur abermal», daß feine Fractionögenossen jeder wirklichen politischen Auffassung bar sind, daß sie mehr als Theoretiker und Rhetoren leisten, im Uebrigen aber, wie wir bereit« wiederholt hrrvorgehoben, ihre Kraft m Anlehnung an de» Fortschritt suchen, mit diesem in der Verneinung concurrire» und äbnlich den radikalen Demokraten nur groß sind in der Besehdung der Nationalliberalen. Mit Stolz weist Herr Bamberger auf die Zeit hin, wo auch er positiv lhätig gewesen ist; ja eS war doch eben nur die Zeit, wo auch er noch zu den Nationallibcralen zählte und wo auck cr wenigsten« ahnte, daß im politischen Leben nur durch Verständigung etwas zu erreichen ist, nicht aber, wen» man mit seinen Priucipien durch die Wand rennen will. Die Nationalliberalen sollen sich ruinirt haben durch ihre Nach giebigkeit gegen die Negierung. Wir möchten doch Herrn Bamverger und seine Genossen bitte», un» unserem „Ruin" ^u Überlaste». Er scheut sich nicht, offen eS auSzuspreche», >aß er im Reichstage bleibt, um zu opponiren; nun wir werden darin niemals unsere LebenSausgabc erblicken und ver mögen auch nicht anzucrkcnncn, daß damit dem Reiche und der Nation ein Dienst geleistet wird. Wohl aber erlauben wir un- die Frage, worin sich denn schließlich noch die Secessionisten ven den Fortschrittlern unterscheiden. Man hat bi» jetzt vergeblich aus ein Programm der Secessionisten gewartet. Wen» da« soeben von Herrn Bamberger Vor getragene von ihnen vssiciell anerkannt wird, dann können wir ihnen nur empfehlen, einfach zu den Fortschrittlern übcr- WenigstenS nützen sie dann doch dadurch, daß die ituatio» wieder etwa» klarer wird und sie hätten dann auch die erste positive Leistung aufzuweisen. * AuS Kiel, 8. October, schreibt man der in Marine- Angelegen beiten vorzüglich unterrichteten „Vost. Zlg": /Die aus schutzzSllnerijchen Kreilen ia die Oeffenllichkeii lancirle Meldung, daß der Lhes der AdmiralltSt in Zukunft den englischen Wersten wieder eine grSßrre Zahl von AuslrLgen turnenden wolle, entbehrt in dieser Form sicher der Begründung und ba« wohl nur d«e Bedeutung eines, wie uns scheint, ziemlich über flüssigen WornnngSruseS. Die kaiserlichen Werften sind vollkommen im Stande, nicht nur unsere Schlachtlchifle za repariren und nörhigensallS zu verstärken, sonder» sie haben de» Beinei« geliesert, daß sie sehr starke Panzerschiffe Herstellen können, die wahrscheinlich eine größere Widerstandskraft brsitzen. als die entsprechenden, aus englischen Privolwerften gebauten Schiffe. Unsere deutsche SchifsS- ba»iild„stne hat im Laufe de- letzten Jahrzehnts einen Auischivung genommen, der sie der engllicheii als gleichberechtigt zur Seile ge- stellt hat, und wenn daS Ausland setz: mit Vorliebe deutsche Werste» wählt, um Coiitraete au» de» Bau von Kriegsschiffen mit ihnen zu schließen, so beweist das sicher, daß sie in der internationale» Con- cnrrcuz gut bestehen können. Wir halte» eS iin Interesse unserer Marine aber durchaus für geboten, daß sie auch von den Früchten dieser Concurrenz Nutzen ziehe. Gerade bei einer Flotte von mitt leren, llinsange rächen sich zweifelhafte Experimente und Halbheiten sür recht lange Zeit. Aus diesem Grunde sollte man mehr und mehr dahin streben, in ihrer Art auSgezeichncle Schisse z» erwerben. Nicht allein deshalb, weil ein Schiff oder ein Kriegsniiitel ans einer deutschen Werkstatt hervorgegangc» ist, ist eS schon vortrefflich. Wich tiger als die Begünstigung irgend einer nationalen Jndustrie- branche ist das Interesse der LandeSvertheibigung. Es würde also einfach rationell sein, wenn die Admiralität ihre Schisse dort bestellte, wo sie dieselben am besten erhalte» kann. Wir glauben, daß sie e- sür Panzei'chiff'e und Kreuzer am besten in Dcuischland kann. WaS die Torpedoboote betrifft, die wohl im nächsten Etat eine große Rolle spielen werden, so glaube» wir, daß eS jedenfalls zweckmäßig se>n dürfte, wenn »ns.re Marine selbst sich über den Werth der besten englischen, amerikanische» und schwedischen Boole ein Urthell bilden wollte. DaS Bestreben, ein deutsches Norinalboot herzustellen, welches alle schwierigen Bedingungen crsüllt, bleibt ja höchst anerkenne,iSwcrth und verdient jede Ernulntcriing; aber gut wäre es, wenn wir die Vorzüge der sremdeu Torpedoboote in prak tischen Versuche» selbst studirl hätten. Wenn also der Ches der Admiralität, was wir unter der Stosch'sche» Verwaltung bereits dringend angerathcn haben, wirtlich in England einige Boote bestellen sollte, so würde das ein crsreiilicher Beweis sein, daß Herr v. Caprivi entschlossen ist, da- freie Spiel der internationalen Kräfte auf dem Gebiete einer Spccialität des SchisfSbaueS auch zu Gunsten der deutschen Marine zu benutzen. * Die „Nationalliberalc Correspendevz" schreibt zur Partei tage: „Die »euliche Anregun g in Betress derZwcckmäßigkeik der Stichwahlen hak'in der Presse ziemliche Beachtung, sowohl Widerspruch als Beifall gesunden. Unsere Behauptung, daß in vielen Fällen der auS einer engeren Wahl durch daS zufällige Zusammengehen der verschiedenartigsten Parteien hervorgegangeiie Vertreter keineswegs die im Wahlkreis vor herrschende Gesinnung repräsentier und daß die Speculation aus die Unterstützung durch andere Parteien bei den Stich wahlen häufig zu politisch unsittlichen Handelsgeschäften und unwürdigen verwerflichen Wahlcmnproiiiiffen führe, ist un- wikcrlegt geblieben. Auch die , Nalionalzeitung" erkennt die unseren Erwägungen zu Grunde liegenden principirllen Bedenken als richtig an; sie giebt zu. daß bei den letzten allgemeinen Wahlen mitunter Wahlabkonimen statt- gesunden haben, welche die Wahrhaftigkeit und Sittlichkeit de« politischen Leben« und die Selbstständigkeit der Wahlkreise gleichmäßig bedrohten und einem Vc.lreler zum Siege ver- balscn, der notorisch nicht der Ausdruck der im Wahlkreise am meisten verbreiteten politischen Gesinnung ist. Die „Nalionalzeitung" kommt aus einen früheren Vorschlag zurück, bei welchem sie glaubt, daß die guten Seiten der engeren Wahle» zur Gellung komme», die bedenklichen Folgen einiger maßen vermiede» würden, den Vorschlag nämlich, im ersten Wahlgang da« Ersordcrniß der absoluten Mehrheit bri- zubchaltcn, alSdann aber für den zweite» Wahlgang wieder eine durchaus freie Aufstellung von Candidaten slattsinden und hierbei die relative Mehrheit entscheiden zu taffen. Wir erkennen an. daß dieser Vorschlag Manche« sür sich hat. und eS freut uns. daß die Frage in Fluß gclommen ist. Wenn wir auch selbst ihr für de» Augenblick und für die nächste Zeit praktische Bedeutung nicht zuerkenncn, so glauben wir Loch, daß daS bestehende Ncichöwahlsvstcm keineswcg i für alle Zeit nnangctastet bleiben wird. Daß der nächste Anlaß, die Frage anzuregen, die Ottcrndorser Stichwahl, so ganz nngccignct war, können wir übrigen« nicht zugcbcn. E« giebt gewiß craffcre Fälle, aber da« Bedenkliche der Ei>inchl»»g kam auch bei dieser Gelegen heit zum Vorschein; schön und würdig war daS Buhlen um die paar hnndcrt ausschlaggebenden welsischen Stimmen jedenfalls nicht. Uebrigen« haben wir die Frage von ihrer priiicipicllcn Seite, ganz losgelöst von einzelnen bestimmten Vorfällen, betrachtet. In recht leichtfertiger Weise glaubte die .Berliner VoikSzcitung" die Frage mit ein paar spöttische» Äemerkiiiige» ablhiin zu können. Sie hat hcrauSgcrechiicl, daß, wen» bei den letzten Wahlen schon ini erste» Walilgaug die relative Mehrheit entschieden hätte, die Fortschrittspartei k, die liberale Vereinigung lO, die »alioiialliberalc Fraktion 2, die VvlkSparlci uud die Socialdemolralie je I Algeortiieleu weniger gezählt hätten, dagegen 2 liberale Wilde. 5 Conservative. 0 Frciconservative, 2 Polen nnd 3 llllraiiivnlaiie mehr vorhanden gewesen wären. Tie „VolkSztg." fragt n»S, ob u»S ein solche« Resultat besser gcsallen würbe. Gewiß nicht, aber der Gesichlspnncl allein, baß eine Einrichlling Len Interessen unserer oder Verwandler Parteien »achlbcilig ist. kann un« nickot nbballen, unbefangen zu prüfen, ob diese Einrichtung grundsätzlich zu billigen ist oder nicht. Es ist recht bezeichnend sur cicies leitende fortschritt lich: Blatt, daß eü eine aus alle Fälle schwerwi.gende und be» achtens»)»the Principiensrage damit abjerligl, daß es nur fragt, ob sich aus diese oder ans jene Weise ein paar Mandate mehr heranSschlagcn lassen. Uebrigen« ist mit dieser einen. sür die liberalen Parteien allerdings ungünstigen Zusammenstellung durchaus nicht bewiesen, daß sich nun jedeSmal ei» ähnliche« Resultat ergebe» wird. Wir bestreiten, daß daS Ersordcrniß der alsolulcn Mehrheit durchgängig für einzelne Parteien günstig, snr andere nachtheilig wirkt. Zur Bcnrtbeiluiig dieser Frage müßte ern eine umsaffende Statistik sür längere Zeit ziisainmciigcslcllt werden, nickt blo« die Erfahrungen au« einem einzigen Wablkamps. Und «rock wenigcr läßt sich beurtbeilcu, wie Lee Vorschlag der ..National,tg." zu Gunsten oder Unguusten der einzelnen Parteien wirke» würde. Jedenfalls verdiente die Frage eine ernstere Behandlung, al- sie ihr i» de» wobtscilen spöttischen Belncrkuiigcn der „Boiks-.eil»nzu Theil geworden ist." * Oijiciös wird geschrieben: „Tie Frage der Ver längerung Le« Socialisiengesetzes wird augenblicklich vielfach verriilirt und Eombinalionc» ver'ckiedener Art werden daran geknüpft. Es kann nieft zweirelhast sei», daß die Ne gierung den Antrag aus Verlängerung des SvcialiftengesetzcS in der nächste» RcichStagSsession stellen wird, um so weuiger al» sie zur Begründung desselben aus die immerhin doch segensreichen Folgen de« Socialisiengesetzes Hinweisen kann und ihr die Art »nb Weise des heutigen socialdemokratischci' I Treiben« die Ucberzeugnng ausdrängen muß, daß ohne da« I Gesetz wiederum jene Zustände auslcbe» würde», wie sic sich 1 1878 in so schauvervollc» Katastrophen lunv gaben. Mau I Wird cinwenden, c« bestehe ein Widerspruch zwischen de, Be-
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