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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188211165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-16
- Monat1882-11
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1882
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—. — M, ,e), Irimmaischer pteinweg 6 NdlllNg. irr ,ie sämmtliche» prei-werrheste, rn, al»r rüvlt«, n et«. >>»e. «» en. LV lL r Erste Beilage rum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Z32V. Deutscher Protestantrn-Verriu. r. * Leipzig, 15. November. Der hiesige Protestanten« Verein ervffnete am gestrigen Abend die Reihe seiner öffent lichen Wmlerversammlungen mit einer solchen im Saale der Ersten Bürgerschule, die recht zahlreich betucht war und in der Herr Professor vr. Seydel einen hochbedeutungsvollen, von den Anwesenden mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgten Bortrag Uber daS Thema „Nur unsere Schwäch« ist Rom- Stärke" hielt. Wir glauben den Bortrag, der so recht in unsere Zeilverhältnisse patzt und dem Mahnruf, den neulich Professor Bevscblag in die Reihen der Bekenner des ProtestantiSmu» hinauögehen ließ, in kräftiger, UberzeugungS- vollcr Weise sich anschlictzt, seinem vollen Wortlaut nach wiedergeden zu sollen. Herr Pros. Seydel führte Folgende« au<: Als im Jahre 1866 aus den böhmischen Schlachtfeldern daS Schicksal de- alten deutschen Bunde« sich entschied, und durch die Siege PreutzenS über di« mit Oesterreich verbün deten deutschen Mittelstaaten die wesentliche polititche Eini gung Deukschiands für die Zukunft besiegelt war, da haben bei Weitem nicht Alle, auch nicht alle von Herzen patriotisch gesinnte deutsche Männer diesen Veränderungen zugesubelt. Wer die entgegengesetzten Stimmungen aus ihren tieferen Grund zurückzudeuteu verstand, der konnte bemerken, daß hinter dem Zwiespalte eine fast unlösbare Frage verborgen lag: die Frage, ob uns die einheitliche Macht sicherer und schneller zu den inneren Culturgütern führen werde, dir der eigentliche Zweck de« Leben« sind, oder ob der Besitz dieser Güter zuvor erkämpft und befestigt werden müsse, ehe daraus hingearbcitet würde, ihn zwischen den Ringmauern einer starken, einheitlichen Herrschcrqewalt zu bergen? E« ist in jenen Heilen indetz gar Manchem möglich ge worden, alle Scrupcl und Besorgnisse dadurch zu überwinden, datz er an der einen unumstößlichen Wahrheit sich sesthiclt: hier ist politische Macht Eine« mit dem LebrnSquelle nnsere« geistigen und sittlichen Gedeihen«, denn sie ist dem Staate rn die Hand gegeben, den die Vorsehung zum Haupte und Schwerte de« deutschen evangelischen Christen» hum«, zum Horte de« Protestantismus ersehen hat! Da faden auch die wärmsten Freunde de« Süden- den an Rom geket teten Rivalen nicht mehr ungern auS dem deutschen Verbände scheiden, da fingen sic an. jede- Opfer al» eine Pflicht zu begreifen, lieber Alles konnte und kann beute noch da- ein zige Wort cmporkebcn: die politische Einigung Deutschland- unter PreutzenS Führung ist die Fortsetzung de» deutschen Donnerstag den 16. November 1882. ll, a. ILFche». lkskiaH««-. . 2. ÜLV ilmimutklrche. «ch «» «t Hab« KUa,e» auiilien verschiedener Eigenart und doch gemeinsamer Leben- fit te. friedlich beisaninienmohnend sich der freien Entfaltung rbrer Anlagen, der ernsten Erslrebunq alle- Besten in Religion. Au»st, Wissen, Lebcnöpraxis in frohem Austausche überlassen dürfen. Bon mir wenigsten- gestehe ich r« unumwunden, daß m jenen kritischen Tagen alle« Schwanken im Urtheil erst geendet war. al- ich von der Wahrheit der Worte getroffen »ard, mit welchem der treffliche H. Krause in der „Protest. Kirchenzeitung" die politischen Wandelungen auSlegte: „Im Wechsel der Hegemonie zwischen Preußen und Oesterreich ist die neuere deuiiche Geschichte verlaufen, eine zum Tbeil friedliche Fortsetzung de- dreißigjährigen Kriegs; in der Schlacht van töniggriltz hat endlich der 30. Krieg seinen Abschluß >esunde»: der nationale Gedanke und der Protests». iSmliS haben gesiegt . Preußen ist aus vrotcstanitschem Samen gezeugt, sein Staatswesen ist mit der Reformation groß ge- wachsen und hat aus ihr seine kräftigsten Impulse empfangen; alle eine Grundlagen sind protestantisch: die Selbstständigkeit der StaatS- regieruna gegenüber der kirchlichen Autorität, die freie Bewegung und Entfaltung der Wissenschaft nach allen Richtungen, die durch greifend« Herrtchaft der Gewissensfreiheit, welch« Preußen« Fürsten von frühester Zeit zur Geltung gebracht haben, die energische sittliche Thätigkeit in allen Zweigen der Verwaltung und de< Volkslebens, die Förderung der allgemeinen Volksbildung und aller materiellen Fortschritte: da« Alle- sind Züge eines protestantischeuAotlitze-, welches die Geschichte PreutzenS uns entgegenhält." Sie Alle erwarten, verehrte Anwesende, daß ich zu diesen krinnenmHen nun heute die Enttäuschungen in Contrast stellen werde» die un« die letzten Jahre und zumeist ver letzte Sommer gebracht haben. Ja, ich will e«, ich will allerdings an diese brennende Wunde rühren, aber wahrlich nicht ohne den Trost, ohne daS Gotlverlrauen, da« derselbe verstorbene freund, dessen Worte ich soeden benützte, unmittelbar nach diesen also auSsprach: „In dieser Hoffnung sollen un- keine Intentionen der politischen Machthaber irre machen: Ehr«, volle Ehre den Männern, die durch ibre Thatkrcst alle Hin dernisse überwunden und die gewaltigen Erfolge errungen haben: aber der die Geschicke der Völker lenkt, ist «in Größerer; wa« er sich vorgenommen. setzt er durch, auch wenn Bi-marck und Napoleon sich dagegen vereinigten sollten!" Da« Tbatsächliche ist Ihnen wohl Men bekannt. Aber die innere Bedeutung der bekannten Thatsacben ist theil« Ver wischt worden durch eine scheinbare Ausgleichung, theil« zu« gedeckt und in Vergessenheit gebracht durch da« rathtose Schweigen, da« allein übrig geblieben ist. und da« dem raschen Wechsel immer neuer Gegenstände de« Interesse- un- so leicht widerstandslos Überliefert Ich meine, c» ist vor Allem noth« wenLig. jenen Tbatsacben bi« auf den tiefsten Grund zu sehen und ihren innersten Sinn ohne jede Abschwächung vor unser protestantisches Bewußtsein zu bringen. Fürstbischof vr. Herzog in BrcSlan. der de- Gelöbnisse- der Unterordnung unter die StaatSzrsetzc bei seiner Einsetzung vertrauensvoll entbunden worden war, hat dieser von poli tischer Friedensliebe kiclirtcn Erleichterung feiner Ausnahme in unser protestantische« StaatSwescn Augenblicks dadurch ge tankt, daß er diesem StaatSwesen und der frommen Sitte der Mebrzabl sriner Glieder auss llnverbohlenste die Verach tung und sittliche Herabwürdigung inS Gesicht geworden hat. die ver Kirche NomS leider allerdings naturgemäß ist. Er hat dies gethan in der Behandlung der zwei Lcben-gebiete. in welchen der protestantische Christ vor Allem die irdische Verwirklichung de« Heiligen liebt und verehrt und darzu stellen trachtet. — da» sind die Ehe, die Familie, do- Heiligthum deS häuslichen Herde», unv sodann der Berus, die vom Staate verliehene oder doch geschilpte Thätigkeit für dir de» Menschengeschlecht« gestellten Ausgaben. Freilich, «a- ist den, Römlinge Ehe und Familie, wa- ist «hm ein Staatsdienst, ihm, dessen Glaube», und geschichtlich« lieber» lieserun« ihn anweist. daS Heilige nur da vollendet z» sehen, »o die Natur gemitzkantelt, Gatten- und Elternliebe geflohen «d abaeschworen, die nationale» Güter- unv GemrinschastS- band« hinter sich gelassen sind wie glücklich geflohene Stricke de- Teufel- unv der Welt! Ibm giebt e» nur Eine Familie, die der Kinder de» Einen heiligen Vater», und nur Einen Staat, den vermeintlichen GotteSstaat der Gläubigen Rom-. Kur damit dieser Eine Staat und diese Eine Familie wachs« »der ihr Ansehen niedre, möchten sie jede« «»dere StaatS- «der Familienwesea ganz unv sür immer in ihr« Hand be- kimmeu; um diese« Hohen Zwecke« willen Da«, wa- wir Vtaat und Familie nennen, zu untergraben, zu zerstören, wa« Kklte sie daran hindern, al« höchsten« e,nc zeitweilige Klug heit. — da ihnen oll die«, worin wir unsere heiligsten Ge- Innungen legen, nur elende weltliche Gesäße sind, di« besser icht wären? Aber wir suchen vielleicht zudiel m jenen Lctea, di« wohl nur in der Eonseayenz der kirchlichen Gesetzgebung und Praxis lagen, ohne ein sittliche« Urtheil enthalten zu sollen Über die Gebiete, die sie betrasen? Zum Glück sprechen die bischöf lichen Erlass« so deutlich, datz^unS jeo« Kunst der Au-legung erspart ist, und daß dirSmal kein Protestant im Zweifel bleibt, woran er mit der katholischen Kirche daran ist. Da« ist der Segen dieser an unv für sich nicht bedeutend erscheinenden Ereignisse» daß sie den allgemeinen Hintergrund römischen Denken- und ThunS. der sich niemals bi» ans diese» Tag geändert hat, eiiimat wieder so grell beleuchten, daß Jedermann ihn sehen muß. Wir protestantischen Christen schließen unser« Ehen mit dem vollen Bewußtsein ihrer Heiligkeit vor Gott und Men schen in den Formen, die un- dargeboten sind, ja, wir wissen, daß. wo un« diese Formen gebrechen müßten, die innere Weihe nicht geraubt werden könnte durch den Mangel der äußeren. Wir deutsche« Staatsbürger schließen unsere Eben in der selten Ueberzeugung ihre» rechtlichen Bestände» nach den Ge setzen, die un« gegeben sind, und wisse«, daß nur der Mangel diese« Recht-titelS den Makel ausdrücken kann, der von ge sellschaftlicher Anerkennung au-schließt und den Ehrennamen der Ehe auihebt. Unv endlich unser,» sittlicven Gewissen unterscheidet sich die Ehe von der rosse» Gemeinschaft in sinn licher Lust durch die Reinheit der Liebe, durch die Treue ge meinsamer Lebensführung, durch die opferbereite Hingabe an d»e Pflichten de» Hausstande-. Wa» sagt un» der Mund Rom»? Er verkündet laut und feierlich, daß die Ehe keine Eb« ist. welche .bei verschiedener Eonfcssion der Acltera vor dem StandeSanüe geschlossen und gar nicht kirchlich oder protestantisch kirchlich cingesegnet worden; er giebt also deutlich zu erkennen, daß die religiöse Weihe unserer Kirche in den Augen Rom- nicht nur keine Weide, sondern nicht einmal ein wirksam ehestistende« Band ist, geschweige daß man schon in der staatlichen Eheschließung ein solche« Band anerkannte, und folgerecht erklärt man die Kinder sür un eheliche. welche au» Mischehen, die nicht katholisch einge- segnet würden, hervorgchen. Freilich, die katholische Kirche ist auch vorsichtig und weiß sich für alle Fälle za docken. Ihre Bcrtheidiger werden uns daraus aufmerksam machen, daß Kinder einer solchen Ehe in jenen Erlassen nur al- kirchlich uneheliche gelten sollen, weshalb auch die Mutter nach der Taufe keine» Kirchaaiig halten dürfe. Nur kirchlich unehelich? wa« soll daS heißen? Doch wohl, wa- der Staat, wa- die protestantische Kirche eine Ehe nennt, «i* nennen e» keine! — wir behandeln eS al- da- Gegentheil! — wir behandeln eS ebenso, wie ei» unrrchtlicheS. unsittliche«, unchristtichc« Verhältnis, gerade so, wie sonst, überall ein uneheliche« Bcrhältniß behandelt wird! Ja, mit geraden Worten sagt daS Berliner Proclama. daß die protestantisch getraute Mischehe keine christliche Ehe sei. Sind wir keine Christen? Ist unser Gott nickt Gott ? Ist unser Gebet, daß die göttlichen Segen hcrabfleht, kein Gebet? Ist da- fromme seelsorgerische Wort, da« dem Paare Gottes furcht, christlichen Sinn und echte Galtcnlicbe »e» zu stärken sucht, ist e« ohne Wirkung, ist eS keine religiöse Thal, keine christliche? Ist die Inbrunst de- Dankes zu Gott und ver Gedel-drang, welcher eine junge Mutter zum Kirchgänge treibt, kein cbristlich-religioieS Gefühl, keine wahre Frömmig keit. so daß die katholische Kirche genvthigt wäre, diese- Rohr zu knicken und diesen Docht zu löschen durch da» rauhe Don- nerwort: Du darfst keinen Kirchgang hatten!? So saßt die Kirche Rou«S ihr Hirtcnamt, ihre Seelsorge aus! So hält sie sich allein sür christlich, wen» sie aus« llnchristlichste handelt und durch Versagen de« christlichen Wunsche« in dem Mutlerherzen vielleicht die letzte inntsie Anhänglichkeit an ihre Kirche, an daS Ebnstenthum, an die Religion zerstört und so mitschuldig wird an der in unserem Volke unheimlich wachsenden Un- frvmmigkeit. Werdet ihr nicht in der zurückgestoßenen Müller auch da« fromme Dankgefühl, da- sie trieb, in Bitterkeit ver wandeln und zuletzt da. wo eure Bannstraklen austrcffen. auch noch den letzten Rest religiösen Bedürfnisses vernichten? Und nicht blos keine christliche, sondern überhaupt keine Ehe soll jene Ebe sein in euren Augen! Also staatlich ge schlossen, protestantisch geschlossen und durch unsittliches und gesetzlose« Begehren geschlossen — die« Dreie« gilt der katholischen Kirche für ihr Bei halten gleich und auch den Kindern läßt sie eS gleich entgelten. Nur EincS macht ihr die Ehe zur Ehe. nur EincS hebt ihr den Makel de» „Unrhe- licken" aus, ihr eigener, ihr specisisch katholischer Segen! Nickt Recht und Gesetz, nicht sittliche treue Liebe, nicht Frömmigkeit, nickt Christenthum. nicht Vertiefung in Gotte- Wort und ernste« heilige« Gelübde vor dem Altar, — nein! nur viese Form, nur dieser Ritus, nur die nackte Unter werfung unter da» römische Gesetz. — da» macht hier die Ehe zur Ehe, da- allein unterscheidet sie in ihrer Behänd- lung und in ihren Folgen von wüster Unsitte und Unehre, da« allem befreit sie und die Kinder von dem Prädicate der Verwerfung, dessen die Sprache Aller sich nur bedient, „m die sündige Entehrung der Menschenwürde zu strafen. Deutsche Protestanten, so denkt Rom. unv da« sagt e« euch in deutscher Sprache, und mit solcher Lehre und Praxis treibt eS einen breiten spitzen Keil tief zerklüstend in unsere Nation und hat sich zu einer Macht aufgethan, mit der unsere Regierenden rechnen müssen, wie mit einer nvalirendcn Großmacht! Müssen — warum müssen? Diese Frage legt sich un» schwer auf- Herz. Nur wie ein Hohn trifft es un«, wenn man un» be ruhigen will durch die tröstliche Nachricht, daß ja dic-mal Rom mit un- habe rechnen und da- schroffe Proclama in Betreff der Mischehen habe zurücknehmen müssen. Jawohl! Einen Indult, eine Nachsicht, ein gnädige« Nack lassen hat man bewilligt in den Provinzen, die nun einmal nickt — oder noch nicht — al- eigentliche Provinzen de« römi schen Reich- zn betrachten sind. AuS Nachsicht will man unsere christliche Einsegnung für christlich, will man unsere Ehe für eine Ehe halten. Aber nickt nur die Ehe» auch einen staatlich eingesetzten Dienst, eine staatlich anbrfohlene Amtsführung, die Ausübung eine- staatlich angewiesenen Beruf-, haben wir in den Actione,, de« schlesischen Fürstbischof- al- eine kirch lich« Sünde verdammen hören, die gebüßt werden müsse. E« widersteht mir, so ausführlich sortzusahren, wie ich be gonnen. obwohl Über diese Angelegenheit, die der sogenannten Staat-pfarrer, mindesten« ebenso viel unv ebenso schwer zu Nehmende» gesagt werden könnte, wie über den ersten Punct. Den Anschein hat e« »war, al« handle e« sich hier mehr nur um eine innere Angelegenheit der katholischen Kirche, die ja Macht hat über ihre Diener und tadeln, verurlheilen darf, zur Buße und Rückkehr auffordern darf Jeden, den sie für einen Sünder an ihrem Dienste hält. Allein aus Zweier lei möchte ich doch Hinweise«. Aus die Stellung der katho lischen Kirche, di« sich hierbei gezeigt hat gegenüber den Ver pflichtungen. die der Staat feieriiw übernommen hatte und zu leisten versprochen, und gegenüber den Motiven, die ion hierbei beseelten. In den sogenannten Maigesetzen befand sich die Bestimmung, daß in einem in staatlich« Ver waltung genommenen viSthum. wo also rin staatlich aner- kan^ier Bffck>os ooer Bi-thum-verwrser nicht vorhanden, ei« erledigt^ Pfarramt von dem Patron oder von der Gemeinde selbst wieder besetzt werden dürfe. In Schlesien unv Posen sind zahlreiche Stellen aus diese Weise von Privatpatronen besetzt worden. Für diese Pfarrer, denen die bischöfliche Approbation mangelte, wohl aber au-vrücklich der Schutz ver EtaatSregierung gegen alle etwaige künftige Beeinträch tigung zugesagt wurde, brachten die Ultramontanen den Spottnamen „Staat-pfarrer" aus. Bischof Herzog hat von ihnen alsbald nach feinem Amtsantritt gefordert, daß sic die durch Annahme der Stelle begangene schwere Versündigung an, schuldigen Gehorsam gegen die Kirche durch sofortige Niedertegung der Stelle und Enthaltung von jeder Amts handlung büße», ohne daß ihnen auch nur mit einem Worte eine Hoffnung aus anvermeite Anstellung eröffnet ward. DaS war der Dank, daß diesem Bischof das Gelöbniß der Unterwerfung unter die Staalsgesetzc erlassen worden war! Da stehen wir vor einer Thatsache. wie sie lauter sprechend nicht gesunde» werden kann: ES giebt i», prote stantisch regierte» Großstaate eine anerkannte, weiigebiclenke Macht, welche diesem Staate sagen darf: deine Anstellungen sind eine schwere Sünde, die gebüßt werden muß; sie a»zu- nehmen ist ein Ungehorsam wider Gott, der nicht geduldet werden darf, der schlechterdings zurückgenommen werde» »iuß; Deine Schutzverbeißungen sind leerer Wind, sie gelten Nick'lS, wo wir sie nicht gulheißen. Wer regiert da? Ist ein Staat, der sich solche- bieten lassen muß. noch ein Staat? Viel ist in den letzten Iabren und Jahrzehnten über Auf lockerung der Autorität wehklagend gesprochen und geschrieben; Maßregeln sind ergriffen worden, um die rebellischen Um triebe abzudämmen und die Heyrufe verstummen zu mache», denen man jene Auflockerung vor Allem zuschreiben mußle. Giebt eS aber ein wirksamere« Antastcn der Autorität oeS Staat-, seiner Gesetze, seiner Krone, als DaS, welches im Namen dc-Z Heiligsten, im Namen ver anerkannten Religio» eine« großen TheileS der eigenen Unlerlhanen geschieht, unk welches geschieht mit einen» innerhalb des Staates selbst gesetzlich geschützten Rechte, in Ausübung de- höchsten kirch lichen Amts? Und »un betrachte» wir die Motive, welche den Staat geleitet haben, die Anstellung jener Pfarrer ru ermöglichen und zu garantiren. Hak er e« geihan zu feiner eigenen Ebrc, um der Erweiterung seiner Macht willen? Nein! Er ibat e-, um seiner katholischen Unicr- thancn willen: um sie nicht länger kessen entbehren zu lasten, was issr katholischer Glaube, wa» ihr gewohntes religiöse« Bedürfniß heischte, um geistliche Zuspracke. sroinme Erhebung, sittliche Stärkung, erweckenden EultuSbrauch ihnen nicht länger entzogen zu sehen Der Staat ward katholischer Seel sorger, er stellte sich selbst aus den Standpuncl deS katholisch gläubigen Unlertbancn. er versetzte sich in bas Innerste seiner Hcrzensbekürsniffe, und dafür, dafür zu sorgen, war eS ihm zu tlnin. Alles dies ist dieser Kirche qleichgiltig. Es scheint, diese inneren Wirkungen ibrer eigenen Religion ind ihr hier' ebenso wenig wertb, wie bei de» Mischehen, ondern einzig und allein die-, daß ihren Institutionen ge horcht werde, daß sie herrsche, daß neben ihr keine andere Macht bestehe, die ihren Gliedern Etwa» zu sagen habe, lind damit haben wir den Nerv deS ganzen Kampfe« getroffen. Rom sieht sich an al« die alleinige wahrhaft berechtig!«, von Gott berufene Weltherrschrrin, Kaiser, Könige, Nationen als ihre gebornen Uilterthanen, und eS ist »nr „Indull", nur Nachsicht, wenn Rom sich zeitweise Gesetzen fügt, die e« nicht selbst gegeben, unv Machte anerkennt, die nicht von ihn, abhängen. Sollte diese Internationale, übernational sein zollende Liga mit ihren auswärtigen Oberen und ibrer orga- nisirten Armee ungesährlicber sein, als die rotde Internationale mit ihren Häuplcrn in London oder Gens? Und doch soll der Staat, soll da« Reich keine Macht gegen sie baden, soll mit ihr handeln, pactircn müssen, soll ihr die geringste Ein räumung abzukause» genöthigt sein durch schwere Opt'er, nur un, Hossn und Mißachkung dafür zu ernten, und um seine proleiiankiscke Sitte gleickstellen zu lassen entehrender Unsitl- lichkcit? Wa« gieöt dieser Kirche unter unS solche Stärke? Ta ist die Frage, dte an« allen solchen Betrachtungen und Erlebnissen immer von Neuem emporsteigt, wie eine zeh rende Flamme unser» M»th, unser» Zukuiistsglaubcn ver zehrend, so lange die Antwort fehlt, die zugleich Ralb ver heißt. Wie glücklich, wenn die Anlwort so aussicle, daß wir selbst, wir selbst nur unsere Kraft einzusetzen brauchten, um aus eigenem Thun den besten Rath, die beste» Hoffnungen r» schöpfen! Ich habe eine solche Antwort gewagt, wenn ich NomS Stärke nur in unserer eigenen Schwäche suchte, in der Schwäche de« Protestantismus in seiner gegen wärtigen Gestalt. seiner derzeitigen Enlwickelungvkrisio. Vielleicht, datz ich mich irre, aber Gott gebe, datz ich mich nickt irre! Vertrauen wir daraus, datz unsere Sacke Gottes Sache ist, unv daß au» der eigenen Kraft echten protestanti schen Leben» darum der Sieg bervorgeben muß über de» Feind, der eS erlödten möchte! Wellen wir aber dieses Ver trauen aus feste lleberzeugung gründen, so iiiussen wir von Neuem uns klar machen, was der eigentliche Kern des KatholiciSinuS, und wa« eben darum schlechthin unprote stantisch ist, worguS dann von selbst hcrvorgehcn wird, waS allein wahrhaft protestantisch genannl werden kann, und worin wir demnach die Stärke mickersinden muffen, die UN« Rom gegenüber gegenwärtig zu fehle» scheint. Aus Stadt und Land. Crimmitschau, 13. November. Ein etwa l3 Jahre alter Junge von hier besuchte vor acht Tagen den Jahr markt zu Meerane. Erlaubnitz zu dieser Excursion Halle der Junge weder erbeten noch erhallen. Reckt wohl wissend, datz er durch diesen heimlichen Iahrmarktsbesuch dem ge strengen Papa Aerger bereite, sann da- Bürschchen nach einem Mittet, sich straflos au« der Affaire zu ziehen und de» Vater zu versöhnen. Am Abend harmlos aus Meerane zurückkchrend, überreichte er dem ernst kreinblickcnvcn lieben Papa als IahrmarktSgeschcnk eine Eigarrenpfeife, aus welcher sich die Devise befand: „Mensch, ärgere dich nickt!" Ein jedenfalls von richtiger Einsicht in die Bedingungen des eigenen Dortheils Zcugniß ablegendcr Gedanke jene« Jungen * Plauen i,Vogtl., l3. November. Bor einigen Docken wurde durch Herrn Professor Rector Vr. Schubart Herr Eduard Neubner auS Bautzen, Candibat de» höheren Schul amte«, welcher an kiesiger Gymnasial- und Nealschulanstalt sein Probejahr bestehen wird, dem EötuS vorgrstclll. Die Zahl der Lehrer an dieser vereinigten Lehranstalt, worunter sich ein größerer Theil junger Lehrkräfte befindet, dürfte nun die Höbe von 32 erreicht haben. — Während aus den übrigen gelehrten Schulen de- Königreich« Sachsen die Scknilerzabl in» Zunebmen begriffen, so kann man dies bei diesiger Doppel-Anstalt nicht sagen, da seit den letzleren Iabren die Sckülrrzabl eine gleiche geblieben ist. DaS Gymnasium mit der Realschule wird jetzt von circa 375 Schülern besudt; die obersten Ctaflen de» Gymnasiums sind schwach besetzt, Oberprima zählt lv. llntervrima 5. Obersccunva 20 Schüler re. In den letztvergaogcnen Tage» sind eine Anzahl Schüler von genannter Anstalt in einer diesigen Restauration betroffen worden und rrdielten zur Straf« Einige da« tlonrilium »denncki, Einige Eareer; bei dieser Aburtbeilung sollen nun verschiedene Strafen sür ein und dasselbe Berge!»«» auserlegt worden sein, wa« zum Umlauf verschiedener Gerückte Anlaß gegeben bat. Solche und ähnliche Vorkommnisse sind neuer dings zahlreich dagewesen unv es scheint, al- wenn sich der artige Fälle eher vermehrten al- verminderten. Glauchau» 13. November. Der in der Cckießgasse wohnhafte Sattler G- und der Müller E. in der Breilen- straße sind gestern in früher Morgenstunde aus Requisition 76. Jahrgang. de« königl. Polizeiamt- Leipzig verhaftet und nach Leipzig transportirt worden. *CainSdors, 12. November. Bei der gegenwärtige» Ziehung unserer LandeSlotterie bat Fortuna drei brav« Arbeiterfamilien, denen eS wohl zu gönnen ist, ihrer beson deren Gunst gewürdigt unv über dieselbe» aus de», Füllhorn ihre- vielverlangtru Glücke- ihren Segen in Gestatt einr- ZehntelS von dem l 00,000 ^--Gewinn ausaestreut. — Da« „Oekeraner Wochenblatt" schreibt ans Brauns« dorf bei Lichtenwatde: „Be»ga»ge»en Freitag in der sechsten Morgenstunde brach bei Herrn GemeindevorNand Kläß jun. Feuer aus. dasselbe verbreitete sich mit großer Schnelligkeit »iid vernichtete daS ganze Gut. bestehend au« Wohnhaus, Scheune unv zwei Seitengebäuden; an Rettung res leider unversicherten Mobiliars lomile man gar nicht denken, nur daS Viel» konnte geborgen werden. Entrüstet ist man im ganzen Dorfe, daß nur eine Spritze, von Licktenwalve, zur Hilfeleistung aus dem Brandplatzc erschienen war, während zu», Theil nur l5 Minuten entfernte Orle, wie Attenham, Niederwiesa :c„ keine Spritze oder Hilfe sandten. Nach Flöha, dem Kirchkorfe Brauii-dorfS. hatte man sich lelegr.ipbiich um Hilfe gewandt, trotzdem konnte sich hier Niemand entschließen, mit einer der zwei Ortsspritzen zu Hilfe zu eilen." * AuS dem Bogtlande. Im AugustuSstiste in Bad Elster, wclckeS zur Ausnahme unv soiistige» Unterstützung armer und linhemnletter Curgäste in Bad Elster bestimmt ist, haben während der Badefaisv» 1882 55 'Personen Ausnahme und Verpflegung gefunden, wovon -1 der Stakt Dresden. 10 Leipzig, ll Plaue», t Treuen anaehörten und die übrigen 27 sich aus andere Städte und Dörfer unseres sächsischen Vaterlandes vertbciltcn. In diesem zum Heile der krankenden Menschheit von« verstorbenen Herrn Geheimratk Braun ge gründete» Stift haben nun bereits über 1600 Menschen voll ständige Heilung unv Besserung ihrer Leiden gesunken. X AuS dem oberen Bogtlande, t4. November. Am Ende Ver letzten Woche hat sich der Einzug de- Winter- schön durch ein heftige» Schneegestöber bemerkbar gemacht, nach kessen Aushvre» die Fluren mit einer ziemlich hohen Schneedecke überzogen waren. Der Schnee blieb aber nicht liegen, sondern wurde bald in Wasser verwandelt Gestern hat ein kalter Rorvostwinv den Bode» fest gemacht und heute erscheinen die Spitzen der Berge im schönsten Winterkleid«. Schöneck, der Hohe Stein, die Berge nach dein Erzgebirge und nach Böhmen hin, bieten schon die schönste Wmterland» schaft dar. — Der Ecmeinderath von Potschappel beschloß, die Namen derjenigen steuerpflichtigen Personen, vo» welchen auch aus executorisckem Wege Abgaben nicht zu erlangen gewesen sind, in den Restaurationen de« Orte- aus» zuhängen und die betreffenden Wirthe anzichalten, solch« Personen, ohne ihnen Speise und Trank zu verabreichen, aus ihren Localen au-zuweisen. * Priestewitz, 12 November. Hente Vormittag wurd« der Wagenrücker Friedrich Wilhelm Adolf Fleischer auf dem hiesigen Bahnhose beim AuSrangiren ei»eS Viehwagen- von diesem am rechte» Oberschenkel überfahren und mußt« mit dein nächsten Zuge nach Großenhain zur Unterbringung im dortigen Krankenhause tran-portirt werden. Jedenfalls wird sieb die Amputation de- rechten Beine- nothwendig machen. Fleischer ist 26 Jahre alt, verheiralhet und Later von zivei Kindern. — DaS Gemeindeamt in Löbtau bei Dresden beschäftigt sich augenblicklich mit Erörterungen, welche Personen in den frühere» Jahren unv bi« jetzt die Gemeindeanlagen hintrrzoge» haben. ES sind diese Erörlerungen bi- zetzt äußerst ergiebig gewesen, indem HinterziehungSsälle auf 7 Jahre zurück ausgedeckt worden sind und die Restante« veranlaßt werken, tüchtig nackzuzablen. Die Nachzahlung«» belrage» bei manchen Personen über SV abgesehen vo» den verwirkten HinterziehungSstrasen. — Der der österreichischen Nordwest - Dampfschifffahrt-« Gesellschaft gehörige Rcmorgueur „Adele" wollte am Montag Nachmittag kurz nach 4 Uhr aus der Bergfahrt nach Sckantau mit einem an« 4 Fahrzeugen bestehenden Schlepp- zua da» dritte Iock der Dresdner Auguslusbrück« passiren, doch gelang ihm dies in Folge des hohen Wasser- slandeS trotz wiederholter Versuche nicht Bei dem dritte» unk letzten Versuche schlug die „Adele" mit weithin vernehm barem Gelöse an den betreffenden Strompseilcr, ohne jedoch dabei leck zu werden. In Folge der inzwffchen eintretenden Dnnkelbeik mußte der Eapttai» von weiteren Versuchen ab« sehen u»v ging deshalb in der Nähe de- reckten Elbuser- mit seinem Schleppzug vor Anker. Am TienSlag früh nach 6 Uhr ist nun. nachdem während der verflossenen Nackt der Wasserstand der Eide noch etwa« gesunken, die Turchsabrt abermals versucht worden und auch sofort glücklich gelungen. vermischtes. — Ter Reichskanzler Val angeordnct. daß Unsang» nächsten Jahre- von den bclbeiligte» Behörden ein Bericht üöer den Umfang de« GeiverhebelrtebeS der Slowaken er stattet werde, welche fertige Weißblech , Eü'en- und Zinkblech«, sowie Trablbinde» - Daarcn in, lln>I erziehen zum Ver kante anbiele». Die B riblc solle» das Jahr t882 um saffen und namentlich fcsiiielle», cd der gedachte Hausirbetrieb zu Klagen der seßhaften Geiverhelreihe»den u»V Ladenbesitzer oder deS Publicum« geführt habe, sowie angedrn, wie viel Bestrafungen relp. Landesverweisunge» belheillgler Personen verhängt worden sind. — Berlin. >4. November. Wie die „Nat.-Z " meldet, bestätigt sich die Nachricht, daß der Generalinipecteur der Artillerie, Gencrallieulenanl von Bülow, dem Kaiser sein AtzichiedSgesuch eiiigereichl bat. nachdem derselbe seine jetzige Stellung, die er seil dem Tode des Generals der Cavallerie von PodbielSki, welcher Ende Oktober I87V vkillaib, bekleidet, drei Jahre inne gehabt hat. M>» der Genegiiiiguiig »«» Abschiedsgesuche- des Generals dürfte auch die Beförderung zum General der Cavallerie «riol,,-,,. da Gencrallirutenant von Bülow zu den älteste» Liste eien seiner Charge zählt. Da nun auch der Gouverneur von Berlin, General von Fransecky, in nächster Zcil vo» seinem Posten zurück- lritt, so werden in das ehemalige Palais de« verstorbenen Prinzen Adalbert von Preußen an, Leip; ger Platz, in dem »ch die Dienstivobnungen des Gouverneur' und de« General- iiispectcurs der Artillerie befinden, demnächst zivei neue höher« Ojsiciere einzieben. — KarlSrnke. >4. November. Der Rhein war heute früh bei Mannheim aus 6!»7 gefallen, auch der Neckar ist bei Mannheim andauernd im Falle»; der Main dagegen war gestern Abend bei Wertbeim aus 378 gestiegen. — Paris, !4. November. Tie Angelegenheit der „Union gLnsrale" wird am 5. Iccrmber vor der 8. Strafkammer Hierselbst zur Vcrbanvlung kommen. Briefkasten. „^Iter Abonnent" k. W. Durchaus nicht; es müßte sich denn um ein schwereres Verbrechen handeln, welche- de» Verlust der bürgerlichen Ekrenrechie nach sich gezogen hat. <3. Ihre Beschwerde haben wir an compelenter Stelle zur Sprach« gebrach». V. v. 8. Desgleichen. I-. U. Diese- Verbot besteht allerdings.
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