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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831020
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831020
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-10
- Tag1883-10-20
- Monat1883-10
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1883
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Erscheint tätlich früh 6'/, Uhr. Reöaclisn und LrprdM«» JohanneSgaste 33. Sprrchflundrn ter Urdacti««. vormütagS 10—12 Uhr. Nachmittag- ö—k Uhr. >>iir tu NiuiS-v« »N»»«I«i>lrer Vtaiuilcrat» «»cht Ich tu R,»«r»»o «»dl »lidmdt,» >»n«h«e der sür öle «ichfts»li»»d« Nummer drstimmteu Inserate i« Wocheutaieu bis 3 Uhr Nachmitta««, a» Lsnu- und Fefttaien frü» di»'/.» Utzr. 3« den Filialen für Ins.-^nnahmr Otto Klemm, UniversitätSstraße Sr, L»»ts Lolche. Lalhgrinenstraße 18. v nur bi» '/,S khr Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeMtsverkchr. Auflage LS LOQ. Ldanne»eat»»rri» vienelj. 4'/, Mi. iacl. Bringerloh» 5 Mk.. horch die Post bezogen ü Mk. Jede einzelne Nummer SO Pf. Belegezemplar 10 Hs. Gebühre« >ür Lptrabeilaaeu «b»r Postbeiörderung 39 ML »tt Postbeiörderung 48 Mk. 2userate «gespaltene Petitzrile LO Pf. Grügerr Schriften laut unserem Prell- verzeichniß. Dabellattscher «.Zijferuiatz nach höhen» Tarif. Serlanra autrr de» Kedactioaiikrich die Svaltzeile SO Pf. Joserate sind stet- an die Exp,ditto« »» lenden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueuumerumto oder durch P»ft- nachnabme. 2»3. Tonnabeud den 20. October 1883. 77. Jahrgang. Jur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 21. Oetober, Vormittags nur bis jzS Uhr geöffnet. kxpeliitlon ües L.e1p7.1xer 'raxodlnttvs. Amtlicher Theil. Bekannlmachung, die am S0. „nd 2L October dieses Ja-reS statt- siudenden Nennen zu Leipzig betreffend. Au» Anlaß der am 20. und 21. October lausenden Jahre» aus dem Rennplätze bier stattsmdenden Rennen wird zur Ausrechterhaltung der Ordnung, sowie zur Sickerung de» Verkehr» hiermit Folgendes bestimml: 1) Bon 12 Uhr Mittag» bi» 6 Uhr Nachmittag» bleibt der Scheibcnweg vom Schleußiger Wege bi» zum Zohannapark für den öffentlichen Kahr- und Reitverkehr, sowie de» Scheibenweg vom Schleußiger Weg ab bis zuin Ccheibengehölz auch für de» Fust- »erkehr gesperrt. 2) Wagen, welche zur Rennbahn gelangen wollen, haben de» Hinweg über den Flohplay, durch die Diisonr- straße und über den Schleußiger Weg, den Nückwxg aber durch da» Scheibengrhvlz und den Johannapark zu nehmen. 3) Wage». welche nur bi» zur Kreuzung de» Scheiben- und Schleußiger Weges fahren, haben den Rückweg durch die Mablmann- und Körnerstraßc zu nehmen. 4) Alle in der Richtung nach der Rennbahn verkehrende» Wagen müssen vom Flcßplatz ab in einer Reihen folge fahren und dieselbe slreng cinhallen. 5) Der gesaniiute Fährverkehr hal sich aus den von ihm benutzten Straßen und Wegen sictS recht» zu halte» 6) Auf dem Schleutztger Wege diirfen Wagen aicht halte«. 7) Die Droschkeafiihrer müssen da» Fahrgeld von de» Fahrgästen »or dem Einsteigcn erheben. Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnungen, für deren strenge Beobachtung die Schutzmannschasl Sorge tragen wird, werben mit Geldstrafe bi» zu 80 oder entsprechender Hakt bestraft. Leipzig, am 1k. Oktober 1883. Der Rath «nd da« Polizeiamt der Stadt Leipzig. Dr. Tröndlin. Bretschneider. Or. Nienholdl. vermikthimg in der Neischhalle am Planen'schen Platze. I» obiger Flciscbhalle soll die micthsrei »verdende Ab theilung Rr. L7 vom 8. Roveinber d«. IS. an gegen etumonatltche Kündigung Sonnabend, den 27. diese« Monat«, Bormittag« I» Uhr aus dem Rathhause. 1. Etage, Zimmer Rr. 17. an den Meistbietende« anderweit vermiethet werden. Die BermielhungS- und VcrsleigcrungSbcdingungen liegen ebendaselbst aus dem großen Saale schon vor dem Termine zur Einsichtnahme au». Leipzig, den II. Oktober 1883 Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Äeorgi. Stütz. Bekanntmachung. Im Monat September a. «» gingen beim Armen amte ein: SOVO Bermächtniß von dem am 18 Juni d. I. ver storbenen Herrn Kaufmann Earl Theodor Schacffer. 1500 - Bermächtniß von dem verstorbenen Herrn Eduard Koch-Teubiier, 1000 » Bermächtniß von dem verstorbenen Herrn Privat mann Johann Emil Zeitz, 1 » Zeugengebllhren von Frau Bierbaum, 50 - anstatt der Unsitte der Trinkgelder, bei Ueler- sendung von Blumenschmuck für Dahingeschiedene, von Th. N., 25 - 2 - 3 » 5 - 12 . 10 . 1 - 1 « 2 , 15 . « - » . 1 « 4 - 20 « 5 « 20 - 5 « 9 . 2 - . 50 - 5 « -755 -ck von den Garteiiiiihabern de» westlichen Schreber- verein», al» antheiligcr Betrag au» der Gartenbau- NuSstellungS-Verloosung, von Alb. G. R. L. von den Herren Mantel L Riedel, al« Sühne in Sachen H. /. S. > » » - » K 7. Et. - - - - T. V-P l « - » » Sck.'/. B l - » - » » S - B » BBS » « » - - - B - - - - - » B » M - » B » - » H. /. W s durch Herrn » Sck. '/. L- > Friedensrichter » D /. K. l H. A. Jancknvn. . S. -/- W. 1 . M. /.P. 1 - I. /. S. I . K. /-T. / . A. D. . T. M. . O. N. - A. C.K . I K /. M. '/- H -/. F. E. -/- S. S. '/- F v- 5 L . LZ» sc» « » von H K. » Geschenk von H Mit Dank gegen die Geber obiger Vermächtnisse und Geschenke quittirrn wir bicrmil. Leipzig, den 5. October 188.'). Der Rath der Stadt Leipzig. tArmeu-Amt.) Ludwig-Wols. L. Luclion. von dem Unterzeichneten Armenamte sollen im Stadt hause allhier (Eingang Müblgafle Nr. 7) Montag, den 23. October ». Vormittag» von » Uhr an, eine größere Partie getragene Kleidungsstücke, eine Doppelsteppstich-Rähmaschine (System Grover L Baker li>) sowie einige Möbel, HanS- und Küchcngeräthc, Dellen rc. meistbietend versteigert werden. Leipzig, den l3. October 1883. Da« Armen »Amt. Ludwig-Wolf. Junghähncl. In unserer Verwahrung befinden sich eine Anzahl prciitzifchc Stempelmarkrn. welche Ende August ». e. in einem Schallerraumr im Hauptpost gebäude ausgcsunden worden sind. Der unbekannte Berlustträqer dieser Marken wird hierdurch auf- gefordert, sich zur Tnroiangnuhme derselben in unserem Toiniiiissariat zu melden, andern Fall» den Rrchlen gemäß darüber verfügt werden wird. Leipzig, am 18. October 1883. Das Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretichneider. Graf. Nichtamtlicher Theil. Spanien. Spanische Berbälknisse sind für unS Deutsche von jeher schwer verständlich gewesen und diese Schwierigkeit ist sogar sprichwörtlich geworden, was wir nicht verstehen, da» kommt un» »span.sch" vor. Die Regierung de» König» Alscnso schien eine Ausnahme von dieser Regel darzustellen; an dem jungen König war unS AllcS vrrstäiidiicb, was wir tiber ihn erfuhren, sein ganze» Wesen berührte nnö sympathisch, weil cS unserer Art zu denken nnd zn empsiuken entsprach. König Alsonso erschien unS weniger spanisch al» deutsch und darüber hatte» wir ganz vergrfsen, daß er Spanien« König ist, und dem gemäß auch die dortigcn Berhällnisse so nehmen muß, wie sie sind, spanisch. Deni Grasen Hatzfeld wurde cS zum besonderen Verdienst angerechnet, daß er aiS Lerlrcter DenischlandS in Madrid so große Geschicklichkeit bewiesen halte, er balle damit die diplomatisch« Feuerprobe bestanden und sich für dar. teilenden Posten an der EentralsteUe fähig gezeigt. Die Er eignisse der letzten Tage habe» nnS darüber belehrt, daß Spanien unter Alsonso seine alle Eigciilbümlich'eik, für die übrige Well unverständlich zu sein, behalten hat. AlS König Alsonso am 29. Ccpkcnibcr von der Pariser Bevölkerung beschimpft wurde, ging ein Slurm der Ent rüstung durch ganz Spanien, mit einem Schlage war die Opposition gegen daS Königthnm verschwunden, Monarchisten und Republikaner vereinigten sich, um dem beleidigten StaalSoberbaupt Spanien- in Madrid einen Empfang zu bereiten, wie er noch kam» einem König dieses Landes zu Theil geworden ist. TaS war allgemein verständlich, weil naturgemäß. Unter so veränderten BerhäNuisien war eS auch wünschciiSwertb, ja sogar nolhwendig, daß die an der Spitze der Negierung stehenden Personen nicht bloS eine Partei, sonder» die Mehrheit des Landes ver traten und aus diesem Grunde ivar ein Mmisterwechsel naheliegend. Auch daS vermögen wir zu verstehen, daß die Partei der dynastischen Linken, welche dem zurückkehrende» König bereitwillig ihre Unterstützung angcbolen kalte, in dem neuen Ministerium ihre Stell« fand und daß ein sogenanntes BersöhnuiigSniliiisteriiim gebildet wurde, aber darüber hinan» vermögen wir der Eiitsaltmig spanischer Eigen, art nicht mehr zufolge», denn von jetzt ab wird die Sceiierie plötzlich „spanisch" im sprichwörtlichen Sinne de« Worte». Die Verwandlung ist so vollständig, daß von Versöhnung der birber niit rinander streilenbc» Parteien nicht mehr die Rede ist. an die Stelle des Einflüsse« der Constitukioiiellc» ist einfach der Serrano'S und seiner Partei getreten, die Mobren Martinez Eampo» und Bega de Armijo haben ihre Arbeit gelhan. sie können gehe» und die Scrranisten Lopez Domin- gucz und Ruiz Gomez treten an ihre Stelle. Um sich dar über zu vergewissern, daß dieser Scenenwcchsel keine Sinnes täuschung. sondern rauhc Wirtlichkeit ist. braucht man blo» ein Madrider Telegramm de» „TempS" vom l3. Orlober zu lesen, in welchem e» wörtlich heißt: „In der auswärtige» Politik ist unter dem Einfluß Serrano'S unk Marko«' außer- balb de» Ministerium» und Mvret'S, Sarboal'S und Ruiz Gomez' im Eabinct sicher, dcß da» neue Eabinrt den herz lichen Beziehungen zu Frankreich günstig und Gegner jeder abenteuerlichen Politik sein wird, weil Diejenigen, welche das selbe bilden und beeinflussen, stets Freunde Frankreich» und Gegner der Politik des Marquis Bega de Armijo waren." Und um die Wahrheit deö Telegramms zu bestätigen, erklärt der bisherige Mii»stervräsideiit Sagasta öfsenllich, Laß er den Zwischenfall vom 29 Scpt durch die sreliiiükbige» und sreund- schöstlichen Bersicherungen, die Ferry und EliallcinelLacour dem Botschafter Fernan Nunez gaben, als erledigt belracble und daß von drin Augenblick an, in welchem die sranzösischc Regierung Spanien bevollmächtige, durch ein diplomatisches Rundschreiben oder aus andere Art, die so herzlich durch Grevy kargebrackle Genubthuung zu vcröfsenllicken, die spanische Poesie »nd alle Parteien 1» Spanien die Angelegenheit als geschlossen an sähen. TieseS Rundschreiben hat Bega de Armijo noch vor seinem Rücktritt erlassen und damit ist die spanisch-sranzösische Freundschaft wieder hergesirllt. und eS verlautet bereits, daß Fernan Nnnez zur Besiegelung dieser Freunkschast aus seinem Posten verbleibe. Wie gesagt, daS komml uns .spanisch" vor, weil mir einen so schnellen Uebergang von leidenschaftlicher Entrüstung über einen u»S angelbanen Schimpf bi» zu innigster Frriiiivschasl und herzlichst.,» Einvernehmen nicht verstehen, solche Eonlraste widersprechen unserer Art zu denken und zu enipsinden. Ein ebenso große» Räthsel giebt un» da» Programm de» Ministeriums Posada Herrera aus. Während zuerst verlautete, daß Sagasta das neu« Ministerium nur in dem Falle unter stütze» würde, wenn e« aus eine Aenderung der Verfassung Verzicht leiste und vor alle» Tinge» da» allgemeine Stimm recht au» seinem Programm berauSlosse, wird jetzt bekannt, daß gerade diese beiden bedenklichen und gefährlichen Refor men den Haiiptlheil de» neue» Negierung-Programm- bilden König Alsonso hal sich also jetzt der Ei»sükr»ng de» allge meinen Stimmrecht» aesügt. gegen welche Sagasta sich so entschieden wehrte al» sieSerrano verlangt«. u> d dielen Angriff aus die Sicherheit und den Bestand der monarchischen Staat», orm in Spanien glücklich abschlug. Serrano und die Scinige» halten niit Zähigkeit an ihren früheren Forderungen lest, nicht sie haben sich den bestehenden Verhältnissen anoequemt, sondern der König Kat gegen den Rath seiner Freunde nnd Hauptstütze» seines Throne» den Ansprüche» Serrano'S »ach- gegeben. Eamacho, welchen daS neue Ministerium gern als Finanzministcr ausgenommen hätte, hat kein Vertrauen aus Dauer und Bestand de» Ministerium» Herrera und scheut sich nicht, e» ossen au-znsprechen, daß er da» allgemeine Etimmreckl für Spanien verderblich hält. Nun, vor läufig besteht ja anch erst die Absicht, e» eiiiznsühren. viel- leichl sinket diese Absicht in den EvrteS lebhaften Widerstand und dann bleibt sic dennoch unausgeführt. Aber auch alle übrigen Puncte de» RegierungSpregrammS sind »ach dem Muster der republikanische» Beisassung dek Jahre» 1889 aus- grstellt. «S ist von Preß- »nd Bersainmlnngssreiheit, von Unter- nchlSsreiheit, Geschwornengerichten und Ervilehe die Rede, vo» lanler Dingen, welche überall ander-wo ihre volle Berechtigung haben, nur nicht in Spanien, welche» nur aus dem Wege des geinäßiglcn Fortschritt- und der allinäligen Eiilwickelnilg vor gefährliche» Umwälznnge» bewahrt werden kann. Wenn die Versölinmig in dieser Gestalt herbeigesührt werden soll, dann iväre eS bester gewesen, daß e- beim Alten geblieben wäre, den» einen so radicalen Umschwung, der die Zeile» von l889 znrückruft, verträgt da« unglückliche Spanien voraussichtlich nickt. Der ganz« Mummenschanz, welchen kaS Ministerium Posada-Hcrrera anssührl, wird nur dadurch ver ständlich, wenn man annimmt, daß hinter den Evulissen ganz andere Acteure stehen und Kraste wirke», welche den bisherige» Ralhgebern de« Königs die Wege zur Rückkehr in ihre Acmter babncn, nachdem die Scrranisten kläglich FiaSco gemacht haben. Vorläufig ist der französische Einfluß in Spanien siegreich, dessen Bedeutung seit langer Zeit der maßgebende war nnd deshalb nicht unterschätzt werden darf, aber gerade weil der sranzösischc Einfluß in Spanien so mächtig ist, deshalb wird auch ei» Scenenwechscl in Frankreich aus Spanien nicht seine Wirkung verfehlen, und ein solcher Wechsel steht, wenn nicht alle Anzeichen trügen, unmittelbar bevor. Wenn Camacho Recht behält, dann wird da» Ministerium Posada Herrera nur eine kurze Episode sein, und daß cS bald wieder vom Schauplatz verschwinden möge, können wir ini Jnleresie der Befestigung der Zustände in Spanien nur lebhaft wünschen. H Leipzig, 20. October 1883. * An» Berlin wird unS vom Donnerstag geschrieben: „Ganz Berlin war heute ein Wab llocal. Es war ein lehr stürmischer Herbsttag, ein eisig kalter Wind segle durch die Straßen, wiederholt regnete cS dazwischen heftig und in die Negentropsen mischte sich ein tüchtiger Hagclschlag. Aber trotzdem duldete eS Niemand daheim, All und Jung, Gesunde wie Kranke, wer nur irgend wahlfähig war, war sich heute auch wie seine» Bürgerrecht-, so auch seiner Bürger pflicht bewußt. Nock im letzten Augenblick machlen alle Par teien die verzweifeltsten Anstrengungen, ihre Candidaten turch- zubrinqcn, und eS versteht sich von selbst, daß je nach dem »ivralischcn Werth der Parteien auch die angeivandle» Mittel mehr oder minder schlecht waren. Fast häkle nia» tauben können, sich nicht in de» deulscheu Reiches Residenz z» «finden, sondern in New-?)ork oder Washington zu sein — so echt amerikanisch war wenigste»» da» AgiNren unk die Reclamc der .Bürgerpartci". Es war von den Leuten viel Geld aufgebracht worbe»; einige Industrielle hatten wieder Bedenkendes geleistet, und alle die zahlreichen Beamten der Post, terStener, der Polizei, die Nachtwächter in Uniform, die Slalldiener der königliche» und prinzlichen Marställe, die Portier» der Ministcrhotel» und ähnliche Leute »raten heute in Gala an und gaben ebcnsoviele iiberzeugungSlrcuc Wähler der „Bürgerparkei" ab. Durch die Straßen zogen Ticiistmänner »nt Fahnen und Placaten mit der Ansschrift: „Wählt keinen Inden!" überall waren die Wände nnd HaiiSlhüren, die Laieriienpsählc und Brunnen mit derartige» Placaten und Earricaluren versehen. Wagen fuhren »mhcr, welche den Wählern der „Deutschen Bürgerpartci" freie Fahrt nach den Wahllocalen und zurück nach ihrer Wohnung gewährten, und in allen Restaurant», besonder» dritter Claffc, wimmelte und wogle c« von „Bürgern", deren gar viele von bester gekleideten Herren mit kreier Zeche bedacht und sodann zur Urne ge schleppt wurden In der Mittagszeit waren die Straßen besonder» von Arbeiter» erfüllt, und in der Thal ist es den Socialdemokraten gelungen, einen Candidaten, Herr» Paul Singer, einen reichen Mann und Inhaber eine» bedeutenden ConscctionSgeschästS. durchznbringen. In mehreren cmderen Bezirken kommen die Socialdeniokraten in die Stichwahl. Aber auch von der „Büraerparlei" sind Or. Jrmer undPickeiibach ge wählt und mehrereNiitiscmiten kamen cbeiisall» in die Stichwahl. Ludwig Löwe und Bircbow sind allerdings über ihre Gegner Sieger geblieben, doch gegen eine sehr bedeutende Minorität. Der Arbeitercandidat Tutzauer ist ebenfalls gewäbll worden, wie überhaupt der ganze Ausfall der heutige» Wahl zeigt, daß die socialdemokratische Partei seil dem Jahre 1878 nur sehr wenig zurückgegangcn ist. — Die Blatter aller Parteien sind heule Abend größlcntheilS nur mit Wabl- nackrichten angesüllt — anßer der „Norddeutschen", welche auf einmal sehr gleichgillig tbut. — Tie .Post" behauptet »och beute, daß die Herren Strnßmann und Virchvw zum Nacktheit Berlin» ein Parteiregiment geführt batten, den, eine wirksame Control« fehle, und gerade im Interesse der Selbstverwaltung sei e» notbwendig, daß die „Bürgerpartei" die Oberhand gewinnet Die „Kreuzzeitung" nimmt osten sür den AntifemitiSmu« Partei und ist erbittert über Bircbow, welcher den Kampf gegen die Juden al» unwürdig und uiiconservaliv bezeichnet hatte. Im klebrigen bringt da« Organ der Rück schrittler beute einen vo» Herrn Stöcker geschriebenen, gegen die Nationalliberalen gerichteten Leitartikel, in welchem c». ganz gegen seine sonstige vornehme Weise, von dem „Leichnam" de- NationalliberaliSniii» spricht. Wir bedauern eS auf richtig, daß die „KrenzzeiNiag" sich dazu hergiebt, e» ist aber unser nicht würdig, mit ihr in demselben Tone zu streiten. — Tie Stabtverorknetenwahlen dauern noch zwei Tage, über den beutigen Ausfall ist ouS vielen Bezirken zur Stunde noch nickt» bekannt, da» aber siebt fest, daß unsere vorbersagung richtig gewesen und an dem Gesamnilditde de« bi«brriqen Collegium» nickt» geändert wird " * Unter Denen, welche Taq für Tag den Bankerott der natkonaklibera len 91 oder bereit« eingetretenen Tod verkündigen, steht da« leitend« Organ der Dculscbconservaliven, die „Sreuzzritung", oben an. WaS berechtigt aber aerade da» Sprachrohr dieser Partei u solchen Deklamationen? Keine andere Partei hat in den ctztcn Jahren bei allen RoichStag»wahlen so schwere Nieder lage» erlitten, wie gerade die conservative. Keine andere Partei hat e» so empfindlich erfahren, daß ein Hauch de» leitenden Staatsmannes sie in alle Winde zerstäubt, wie die conservative, so oft sie e» sich beikomme» ließ, einen eigenen Willen zu haben. Wie viel Wahlkreise können die Nationalliberalen noch verlieren, bi» sie zu einer olchen Anzahl hcrcibsiiiken. bei der sich die Conservative» och zn ibren Erfolgen beglückwünschten! Keine andere 'Zarte, hat sich denn auch mit gutem Grund so sehr aller Selbstständigkeit und eigenen Ucberzcnjzung enläußert wie die conservative. Keine ist so fern wie sie von jeder Fähigkeit, a»ch nur ein paar Sätze auszusiellen, die wie ein politische« Programm aussehen. Keine hat sich jemals in eine so unwürdige und erniedrigende Abhängigkeit von einer andern Partei begeben, wie die Conservative» von den Ultra- montanen. Die Erinnerung an alle diese Thatsachen und Ersahrungeu aber hindert die .Krcuzztg." nicht. Tag sür Tag ihren Witz an der nahjonalliberalen Partei zu üben, ihr Gruntsatzlosigkcit vorzuwersen und über ihren Niedergang zu rohlccken. Sie hat darin nur noch an der Berliner „Bolklzta." eine» ebenbürtigen Concurrenten. Wenn wir nur begreilen könnten, wie e» sich für verständige Leute verlohnen kann, um eine dem sichern Tod verfallene Sache noch so viel Worte zu machen! * Tie phrasenhaften und inhaltsarm«» Erörterungen, welche die .Provinzialcorrespondenz" über „die kor porativen Bestrebungen im deutschen Gewerbeleben" im An schluß a» die schwebenden socialpolitischen Aufgaben un. Besten gibt, machen gewiß de» Eindruck nicht, daß die Gesetzgebung zur Socialresorm, selbst nur in ihrer Be- chräntung aus da» Unfallversicherungsgesetz, in energische«, ziclbewußlki» Fortschritten begriffen sei. Wa» wir hier von korporativem Zusammenschluß zur Lösung der socialpolitifchen Ausgaben hören, sind verlegene, schwülstige Redensarten, deua. Jeder znstiminen kaim, weil sich Jeder etwa- Andere» dabei denke» wird. Sachlich wird mit derartigen allgemeinen Be trachtungen gar nichts gefördert und e» verlohnt sich kau« daraus einzugehen, bevor sich au» diesen nebelhafte» Phrasen conerete greifbare Vorschläge entwickeln. Solche Erörterungen müssen den Eindruck verstärken, daß die ganze Socialresor« zur Zeit sestgesabren ist und nicht vorwärt- noch rückwärts kann. Für die bevorstehende NcicbStngSsession hat die Regie rung in ungewöhnlich bindender Weise die Verpflichtung Über nommen, die socialvolilische Gesetzgebung nach den Verheißung«» der kaiserlichen Botschaft ein gute» Stück writerzusühren. Und nun wirb e» immer zweifelhafter, ob anch nur die Lösung der seit drei Jahren verhandelten Unfallversicherung«^«-« gelingen wird. AuS dem Gerede der „Provinzialcorrespondenz" wenigstens wird man günstige Aussichten hierfür sich nicht zu construiren vermögen. * Zur parlamentarischen Lage wird un» au» Berlin geschrieben: „Unter den Andeutungen über die Gegen stände, mit welchen sich die bevorstehende preußische LandtagSlession zu beschäftigen haben wird, vermissen wir jeden Hinweis auf die Canalvorlage. Al» da» vom Abgeordneteiihause mit großer Majorität angenomene Proiect einer Wasscrverbindung der westfälischen Kohlen- und In- tustriedczirke mit den Emühäsen im Herrcnhause mit sehr geringer Stimmeninajoritäl zu Fall gekrackt wurde, überwog gleich der Eindruck, daß damit die Canalfrage überhaupt für lange Zeit vertagt sei. daß an Stelle eine» ersten große» praktischen Anfangs wieder der Zustand langwieriger theore tischer Studien und akademischer Erörterungen treten werde. Man batte damals allgemein den Eindruck, daß e» der Regierung bei ernstem Willen und energischem Auf treten wohl möglich gewesen sei würde, ihre Vorlage auch durch oaö Herrenhaus zu bringen, daß ihr aber die Ablehnung im Grunde gar nicht unwillkommen ge wesen sei. C» ist inzwischen nicht» geschehen, WaS diese An nahme entkräften könnte. Es verlautet weder etwa» von der Wiederaufnahme de« alten, »och vo» der An-arbcitung eine» neuen erweiterten ProjecleS. Der Minister der öffentlichen Arbeiten entfaltet in der Durchführung des Staat-bahnsystemS und in der Ausdehnung de« Secundairbahnneye« Energie und Eifer ohne Gleichen, und wir sind weit entfernt, ihn darum zu tadeln. Ein kleiner Theil dieser Energie und diese» E>serS auf die Canalfragc verwenbcl, würde genügen, auch diesem Verkehrsmittel, über dessen wirthschastliche» Werth sich bock allmälig ein ziemlich allgemeines und feststehende» Urtheil heraii-gebildct bat, die wünschen-iverthe Pflege zu Theil werden zu laste». Allein den Vorwurs etwa» zu einseitig ,Eise»balmminister" zu sein, wird Herr Maybach nicht von sich abwehren können." * Mit welchem Ernste man in Bayern auch seiten» de» Ministeriums und der Volksvertretung die „Bier- frage" behandelt, davon liefern die Berichte süd deutscher Blätter über die jüngste Sitzung de» Finanz- Ausschusses der Abgeordnetenkammer ein anschau liche» Bild. Tel» Anschein »ach wurde beinahe die ganze viertbcttbstündige Sitzung anügeiüllt mit der Borberathung de« Etats de« königl. Hosbräuba useS in München. Mit Rücksicht aus die günstigen Resultate der letzten Jahre beantragte der Rejerent. Abg. Burger, die Eliinahmen um 5500 Mk. gegen den Voranschlag, um >73,770 Mk^aegen den Etat de» Vorjahre», im Ganzen aus l,471.000 Mk. z« erhöhen. Die StaalSregierung erhob keine Eimrendunaen dagegen. Ueber die sich nun anschließende Debatte sagen oi« Berichte: Abg. Or. Dalker hält die Lrhöhung für za gering und deau- tragt die Einsetzung von 1,50i,OiX> Abg. v Trainer kommt auf den eigenniümllchen Bierbaudel zu sprechen, der zur Zelt betrieben «erbe. Man kause da« Vier von Masse, in vtaltach uw 17 >4 und zwinge die Filialen, eS um 28 zu nehmen Darüber sei Aufklärung notbwendig. FinanMimster v Riedel stellt da- Vorhandensein eine« vierhandel« in Abrede. Rur u« »»tb- wendige Reporaiuren v»rz»nebmeu und die Verleitgabe von vier »icht völlig zn fiftiren, bade man eine übrigen- keineswegs namhafte Qnaniitüt angetanst. ES lei übrigen- - »geschlagen, daß es »icht HvsbräiihauSbier, sondern Llaliacher Vier lei. Daß man gerade die Vranertt von v. Maste, gewähit, habe seinen «rund tu dr» Umstand«, daß der k»l>» de« HosdrüiihauSiueifterS in GtaUach sei und man deSbald hosten knnute. das vier w^d» dem de« Hos- drüudauft« ähnlich sein Die Maßregel lei übrigen- schon früher getroste« worden und könne jetzt nicht mehr abdesiellt «erde». Dieselbe empfehle sich auch de-dalb, damit nicht ieder Mirth da» vier nehme, wo et ibm beliebe, »nd eS dann sür Hosdrüuhaut Vier
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