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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310235
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-10
- Tag1883-10-23
- Monat1883-10
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1883
- Autor
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Nedarliou und Lrpr-Mon Iohannc-gasse 33. Sprrchlinndrn der Ledartiou. Bormittag« 10—13 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. fi>r tu NUagobr emqeiandlkr Nianuicrcpte «»ch> »ch d>e R«t»cnou nichl «rdl-vix». Ni»,ahme der für die «Schftkolgeitdr Nummer bestimmte» Inserate oi Wochentage» bis 3 Uhr Nachmittage an Sonn- und Festtage» früh bi«Uhr Zn den Filialen wr Zns.-Annahm? Otto Klemm, Universität«ftraße LI. Louis Lösche, Katharinensttaße 18. v nur bis /,3 Uhr WDlger.TllgMM Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anflag« LS,I0«. ZU>annr«kNt,»rei» Viertels. 4'/, iacl. Briagerloha b ML. durch die Post bezogen 6 Ml. Jede einzelne Nummer LO Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» Ohne Postbesürderung 39 ML »il Poftbesörderung 48 Mt. Znseratr 6gespaltene Petitzeile SO Pf. SrShere Schriften laut unserem Prei«- verzeichn^. rabellarischer «. gtfferusatz nach hdher« Tarif. nelia«ra unter dem Redacti-u»strich die Gpaltzeile SO Pf. Inserate find stet« an die Expetzttt»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnsnuweranüo oder durch Post- uachuahme. ^ 2SK. DienStag den 23. October 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Wegen der am 2F -s-. Mt», stattfindenvcn Enthüllung deS Leibnizdenkmals und der Vorbereitungen dazu wird am LS. und LS. ds«. MtS. der Obstmarkt vom ThomaSkirchhofe aus den Aletscherplatz verlegt Leipzig, am 22. October 1883. Der Nath der Stadt Leipzig. I»r. Georg». Heunig. Stadtbibliothek. Ausstellung von Drtginaldrucken Luther'scher Schriften, Bildnissen Luther'« und sonstigen Luther- erinnerungen. Von Sonntag den 7. bis Sonntag den 28. October täglich geöffnet von 10 bis 3 Ubr. I)r. Wustmann. Erledigt bat sich untere unterm 29. August d. I. erlassene, den Handarden-r Richard Wilhelm Stricker von hier betreffende Bekanntmachung. Leipzig, am 20. October 1883. Da» Polizeiamt »er Stadt Leipzig. Bretschneider. W. Airb-akls - Vekan ntmachung. Bestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Ein Geldbetrag von 61 ^l, in einer Doppelkrone, vier Kronen und einem Markstücke, ferner ein ManuSrock von schwarzen, Lüfter, drei we,kleinen« Betttücher, zwei Bettüberzüge, roth und weiß-, bez. blau und weißcarrirt, ein weißes Oberhemd, zwei weißieinene Mannshrmdc«, ein ebensolche» von grnuem Barchent, zwei Paar braune Unterhose« und sechs weiße Taschentücher, gez. I. IV., aus einer Wohnung im Souterrain in Nr. 9 b der Turncrstraße, in der Zeit vom 1. bis IS. September dss. I.; 2) ein ManuSjaqnet vou blauem Stoffe, mit zwei Reihen chatten HornknSpsen, Seitentaschen mit Patten und schwarzem AollatlaSsutter, zwei Paar Drrfihosen, eine ebensolche Jacke und ein BootSüberzng von Segelleinwand, mit Messt»,lösen und Holj- stäbchen, mittelst Einbruchs aus einem Schranke in der Nähe der Schwimmanstalt, vom 11. bi» 12. dsS. Mts.; 3) ein- goldene Damev-Re«on»«ir-Lavanette »Anteruhr, mit reichlicher Bravtrung aus beiden Sehen und im Innern de« Gebäuse» mit der Fabriknummer L8560l. nebst kurzer goldener Kette mit runden Gliedern, mit einer Quaste und als Verlogne ein kleiner weißer Operngucker und eine Han» von Bernstein, au» einer Wohnung in Nr. 7 der Hohen Straße, am 12. d. Mts.; 4t ein grauleinener Sack, enthaltend einen schwarzen Schafpelz mit schwarzgrauem Ueberzug, einen Winterüberzirher von rolh- braunem glatten Stoff, mit schwarzem Samnitkragen und schwarzen, Futter, einen ebensolchen von olivensarbigem rauhen Stoff, mit grau- und grüncarrirtem wollenen Futter, ein Paar lederne Haus schuhe, ein Paar ebensolche Pantoffeln, ein weißleinencS Manns- Hemd, eine blaulcine»« Schürze, ein Paar lange grouwollene Strümpfe und eine Quantilät Lucker, 5'/, Kilo an Gewicht, aus einem Wage», welcher aus dem SönigSplape gestanden hat, am 13. dsS. Mls. Vormittag«; b) ein Sommerüberzteher von braunem Stoffe, mit zwei Reihen Knöpfen. Seitenlaschen mit Patten und schwarzem Woll- atlaSsutter, ein Iaquet von dunkclgrauem Stoffe, mit einer Reihe Hornknöpfen, schwarzem WollatlaSfutier und im Henkel mit dem Namen „Voigt Leipzig", sowie ein kleine« Trichin, Hinterlader, mit braunem Schaft, mittelst Einbruch» aus cmcni Garte,ihänschc» im Grundstück Nr. 4 an der Harkorlstraße, i» der Nacht vom 14. zum IS. dss. MtS.; 6) ein großer Operngucker in schwarzem GehSuse, am oberen Theil der Fassung ein Stückchen auSgebrochen, nebst schwarzem Futteral mit dem Firmenstempel „Daubsrt, Lsiprix", aus dem Parterre des Alten Stadttheater-, am 16. dss. Mts. Abend«: 7) eine Geldsumme von ca. ISS in einem Hundertmark- scheine, einer Doppelkrone, einer Krone und div. Münze, mittelst Nachschlüssel», aus einem Beschüstslocale in Rr. 48 der Reichsstraßr, i» der Nacht vom 16. zum 17. ds«. Ml«.; 8) ein Gtnterübcrzteher von braunem Diagonal, mit schwarzem Sammtkragen, Seitentaschen und schwarzem Futter, an» einem Bast locale in der Centralhalle, am 17. ds«. Mts. früh; st) ein Portemonnaie in Form einer Taschenuhr, nebst kurzer Messingkctte mit zwei Quasten, au« einer Wohnung tu Rr. 2ü am Brühl, vom 17. bis 18. dss. Mt«.; 10) zwei Deckbetten, zwei Unterbetten »ud zwei Kopfkissen mit roth und weiß jchmalgestrcisten Inlett«, gez IV. IV., ein Deckbett und ein Kopfkissen mit rothem Inlett, nebst blau und weißcarrirten Uebcrzügcu. zwei Unterbetten und zwei Kopfkissen mit rothem Inlett, zwei weiße Bettüberzüge, drei ebeiisolche Kissenübcrznge, zwei bi« drei rothcarrirte desecte Bettüberzüge, zwei meißle,neue Betttücher, zwölf weiße Vorhänge, ein Coupon blaugrauer Lüfter, ca. 7 Mctrr haltend, ein Rest blau und weiß schmalgestreiste Leinwand, etwa 9 Meter lang, vier Reste graue Leinwand, zehn bis zwölf Borhemdchen, drei graue Handtücher und ein großer schwarzer Schafpelz, mit weißem Pelz in den A-'meln und Ueberzug von hellgrauem Cassinet, mittelst Einbruch» an« einem Schuppen im Grundstück Nr. 43 der Frankfurter Straße, im Lause der letzivergangenen 4 Wochen; 11) ein Doppelhobel, ein Hammer, mittelgroß und mit der Kahl 4 gezeichnet und zwei Packele kleine Drahtstiste mittelst Einbruchs aus einem Neubau an der Arndtstraße, vom 13. bi« 15. dss. Mt«.; 12) eine silberne Sylindernhr mit Sccnnbe, abgenutztem Bold- rand und geriefter Rücksciie mit Schildchen in der Mitte, einem Betrunkenen in der Treppenflur in Rr. S2 der Sebastian Bachftraß« au« der Tasche, in der Nacht vom 18. zum 19. ds«. Mt«.; 13) ein zweirüdriger HaudMageit, welcher an einer Seite die Namen „Lvalä L Sreilt" trägt, an« dem Hofraum de» Grund stück« Bahnhosstraße Nr. 19. vom 19. dt« 20. di«. Mt«.; 14) ein schwarzer halbseidener Negenschirm mit braunem Naturstab und gebogenem Griff, von einem Berkauststand auf dem Thvma«kirchhos, am 20. ds«. MtS. Nachmittag»; 15) ein Urberzietzer von dunkelbauem RatinS, mit schwarzem Sammtkragen, zwei Reihen Knöpfen, Seitentaschen mit Patten, schwarz- und weihgeftreistem Aermel- und schwarzem Wollallasfutter im Schooße, ein Aagnet von dnnkelblauem starken Stoff, mit einer Reihe Knöpfen. Hellem Aermel- und schwarzem Schooßtutter, — in einer Tasche befand sich ein rothlederne« Cigarrenetnt —. ferner ei« Paar Hosen von dunkelblauem Stoffe, mit schwarze» Metall- knüpfen» an» dem Loorsaal einer Wohnung in Nr. 9 der Laucharr Straße, am 21. ds«. Mi«, vormittag«. Etwaige Wahrnehmungen über de» verblieb der gestohlene» Sachen oder den Thätrr find ungesäumt bei nuferer Criminal- «btheilung zur Anzeige zn bringe». Leipzig, am 22. October 1888. Da» Polizei-Amt »er Stabt Lei»»»«. Bretschneider. 7>r. Denecke. Vekrnilitmmhung. Da- Färben von 600 Stück wollenen Decken soll im Wege der Submission verdungen werden. Reflektanten haben die im Bureau der Unterzeichneten ver- Wallung — Schloß Pleißenburg, TliurmhauS Nr. IS — auSliegendcn Bedingungen einzusehen und zu unterschreiben. Die Offerten, welche den Preis pro Stück nach ausliegender Probe enihallen niüffen, sind schriftlich und versiegelt bis zum 26. October o., vormittag« 11 Uhr an die unterzeichncte Stelle abzugeben. Leipzig, am 19. October 1883. königliche Garntson-Berwaltnug. Xrcimlligt Äullhiikation. Von dem unlerzeichnctcn Königliche» Amtsgerichte soll de» 25 Oktober 1883 ans Antrag das Frauen Johanne'» Christiane'» vertu Lang- rock geb. Beier genannt LiebcrS in Stötteritz zugehörige, daselbst an Der Hanptstrahe «ud Nr. 23 gelegene Grundstück, Nr. 22 des LocalbrandversicherungSkatasters, Nr 76.,,76b deS Flur buchs und Aolium 106 des Grund- und HhvothtkenbucheS iür Stötteritz, oberen The>l«, welchem Grundstück am 12. September 1883 ohne Berücksichtigung der Oblaste» aus 10.200 Mark acwürdert worden ist, unter den in der Gerlchtsschreibcrci de« Königlichen Amt-gerichiS Leipzig, Abiheilung II, ausliegendeu Be dingungen im Gafthofe zum Löwen in Stötteritz freiwilliger Weise versteigert werden. Lciozig. am 13. September 1883. Das Königliche Amtsgericht daselbst, Attßeil««» ll. Steinberger. Nichtamtlicher Theil. Zur Lage. AIS der Berliner Hofprediger Ltöcker im Jahre 1878 die „christlich-sociale Arbeiterpartei" gründete, wurde rr wiederholt von Arbeitern interpellirt, welcher Partei er angehöre, bez ob er sich den Conservaliven anzuschließen gedenke. Herr Stöcker, der damals noch vermeinte, einen größeren Theil der Arbeiter für sich gewinnen zu können, war zunächst bemüht, jeder bestimmten Antwort »ach Mög lichkeit auS dem Wege zu gehe», als er aber immer mehr gedrängt wurde, erklärte er, daß er kc »cSwegs zu de,» Conservaliven gehöre. Von den socialdemvkratijchcn Fort - rungen erkenne er die melsten a>S begründet an. nur mieten die Arbeiter die Monarchie als unantastbar anerkennen. Als dann zwei Jahre später Herr Stöcker in demselben Wahl kreise wie Stroßer — in Herford, Bielefeld, Halle — zum Mitglied«: des preußischen Abgeordnetenhauses gewählt worden war, hatte er seine frühere Erklärung bereits vergessen, er bvSpilirle zunächst bei der conservaliven Fraktion, um bann bald in dieselbe einzutrclen. Und da die Bezeichnung „Arbeiterpartei" einerseits seinen parlamentarischen FractionS- geiioffei, nicht gefiel, andererseits auch mit den thatiächlichen Verhältnissen im Widerspruch stand, da de», „christlich- socialen" Conventikel nur sehr vereinzelte Arbeiter beitrate» und Herr Stöcker also suchen mußte, andere Bevölkerungs kreise zu gewinnen, nannte er seinen Verein kurzweg „chnsttich- sociale Partei". Wen» wir sestzustekleu haben, waS Herr Stöcker und seine „Partei" bis heute geleistet, so ist eS in positiver Hinsicht gleich Null, in negativer aber sehr bedeutend. Herr Stöcker, welcher angeblich gegen die Socialdemokratie zu Felde zog, hat von den Männern der Umsturzpartei auch nicht einen Einzigen eines Besseren zu belebren oder zu be lehren vermocht, dagegen hat er in einzelne Bürgerkreise eine Unruhe und Agitation hineingetragcn, von der sie vorher völlig frei waren und vor Allem durch die Aufbauschung der „Judenfrage" Neid, Zwietracht und Haß gestiftet, Erbitterung erzeugt, und an viele» Stellen, wo vordem ein einträchtige» Zusammenwirken nie in Frage gestellt war. einen Raffen- unv Elassenkamps herbeigesührt, der an manchen Orten noch verschärft wird durch religiösen Fanatismus. Waö das Schlimmste ist. Herr Stöcker hat conservative Kreise so für sich zu interessircn verstanden, daß die frühere conservative Partei nicht mehr wieder zu erkennen ist. Tie „Kreuzpeilung" büßt mehr und mehr ihren ruhigen und vornehmen Ton ein und öffnet ihre Spalten den Ergüssen des Herrn HospredigerS, und Professor Adolf Wagner, welcher noch vor drei Jahren in dem christlich-socialen Verein zu Berlin ausgezischt wurde, weil er gewagt hatte zu behaupten, daß die Frage des Schutzzolles oder Freihandels mit der Religion nichts zu thun habe, ist heul« „Viccpräsident" der Partei. Herr Wagner ,st auch in den preußischen Landtag ge wählt worden und hat dort bald so socialistifch« und commu- nistifche Grundsätze zum Besten gegeben, daß er der conser vative» Partei anfing, unbequem zu werden. Aber trotz aller Abmabnungen fährt der Herr Professor fort, Reden zu halten, und dieser Tage hat er eine dreistündige „Ansprache" ge halten. Wiederum eiferte der gelehrte Herr gegen die An sammlung der Reicbthümer, gegen die Freihändler und Manchesterpartei, schall aus die Börse, prieS die Verstaat lichung der Eisenbahnen und sorderl« eine möglichste Aus dehnung de» Staatsbetriebes aus den verschiedensten Gebieten, darin wenigstens nicht unähnlich Bebel und Laffalle. Aber baS wäre nicht besonder- hcrvvrzuheben, denn dasselbe hat Herr Wagner schon sehr oft gesagt. Doch ist eS bemerken-« werth, daß der Herr Professor sich mit recht energischen Worten gegen da« klerikal - conservative Bvndnitz aussprach. Der Redner erklärte eS geradezu für nothwendig, daß di« Conservaliven sich nach anderen Bu»de»genoffen Umsehen, um die Gefahr eine» übermäßigen Einflusses der CenlrumS- partei abzuwenden und empfahl ausdrücklich das Zusammen gehen seiner Parteigenossen mit den Freiconservativen und dem rechten Flügel der Nationalliberalen. Wir haben bereits vor einigen Tagen aus einen Leitartikel der „Kreuzzeitung" bingrwiesen» welcher, auS der Feder de» Herrn Stöcker geflossen, sich mit den schärfsten Worten gegen die Freiconservativen und den „Leichnam" der National liberalen wandte, deren „Halbheiten" daS Volk satt habe. Nun, e« ist bezeichnend genug, daß gerade der Freund Stöcker'« zunächst Anlaß nimmt, nicht nur ausdrücklich diese Austastung zu verwerfen und zu bekämpfen, sondern ganz bestimmt da« Bünvniß der Eonservativen mit allen gemäßigten Elementen zu fordern. Herr Wagner hat immerhin mit maßgebenden Kreisen weit mehr FUvlunaalS Herr Stöcker, und der von jenem soeben verlantbarte Wunsch entspricht durchaus der in der letzten Zeit von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" zur Schau getragenen Haltung. Daß die „Germania" wüthend Uber Wagner herfällt, ist erklärlich genug, ebenso daß sie sich sofort aus den erwähnten Artikel der „Kreuzzeitung" beruft, um darzuthun, daß nicht einmal an ein Bündnis zwischen Conservaliven und Frei- conservativen zu denke» sei, geschweige denn der ersteren mit den Nalivnalliberalen. Aber wir denken, die „Germania" dürfte sich sehr bald von ihrem Jrrthum überzeugen. Fürst BiSmarck wäre nicht der große Staatsmann, als den ihn die ganze Welt anerkennt, wenn er eö je für angczcigl und der Wohlfahrt deS Staates entsprechend halte» sollte, dem Radi kalismus, ob von rechts ober links, maßgebenden Einfluß zu vrrstatlcn. Der Reichskanzler läßt sich nicht Lurch Parteien gängeln, und die Forderungen der Rückschrittler gehen nach Ansicht aller gemäßigt Gesinnten bereits weit über das Zu lässige hinaus, Herr von Goßler wird bereits fast ebenso schroff von den Ultrainonlanen und den Leuten der „Kreuz- zeitung" angcgrissen, wie seiner Zeit Herr I)r Falk. Fürst Bismarck wird dafür sorgen, daß die Bäume der Rück schrittler und Klerikale» nicht in den Himmel wachsen, mag daS nun der „Germania" genehm sein oder nicht. Die „Kreuzzeitung" aber hat sich noch niemals durch be sondere Einsicht und Weisheit ausgezeichnet, gleichwohl aber hat sie wiederholt gezeigt, daß sie ans ein gegebene» Zeichen rüizulenke» versteht. In der letzten Zeit bat cS an wieder holten Poleinike» zwischen ihr und der „Germania" nicht gefehlt, die Innigkeit beider ist längst nicht mehr so wie vor einem Jahre, und ivenn cö gefordert wird, wird sie nicht bloS erkennen, daß die nationalliberale Partei noch lebt, sondern selber kommen und um Vergebung bitten. Wir sind überzeugt, der Moment ist näher als heute mancher glaubt. Wir haben nicht nöthia zu versichern, die nationalliberale Partei hat cS durch ihr Verhalten oft genug bewiesen, daß ihr das Wohl des Vaterlandes höher siebt als alles Partei- aczänkc. Wenn ihre Zeit gekommen sein wird, wird man sie bereit sinvcn, stark und gewappnet wie vordem; sie wird aber auch zu zeigen wissen, daß die Lehren der Geschichte bei ihr nicht tauben Ohren begegnet sind. Leipzig, 23. Oktober 1883. * Wie die „HerreS-Zeitung" erfährt, beabsichtigt die ReichSregierung sowohl die Novelle zum Mrlrtarr- peusionsgesetz als auch daS Militair-Relictcngesetz dem Reichstage in seiner nächste» Session wieder vorzulegrn. Doch würde die erstere keineswegs der Forderung, die Osficiere auch zur Communalbesleuerung heranzuziehen, entsprechen, dagegen die Bestimmung enthalten, daß die nach dem alten PkiitioiiSgcsetze pensioinrten Ossiciere, die während dcö Krieges i 870/71 dem Heere wiederangehörten, auch der Ver günstigung dieses Gesetze« theilhastig werden. DaS Militair- Relictcn-Gesetz hoffe die Reichsregierung dadurch zur Annahme zu bringen, daß die Beiträge der Reichs- und StaalSdiener, für die bereits ein solches Gesetz bestehe, zur Wittwen- und Waisencasse überhaupt in Wegsall gebracht und zu diesem Zwecke die zunächst disponibel werdenden Mehreinnahmen verwandt würden, da dieselben zu einer entsprechenden Er höhung der Gehälter der StaalScrener noch nicht auSrcichten. * Eine äußerst interessante Parallele zwischen der deutschen und der französischen Wehrkraft bringt der Londoner „Standard" auS der Feder eines niilitairischcn Fachmannes. Der Verfasser wägl die numerischen Verhält nisse der beiden Armeen ab und findet, daß sie säst gleich sind. „Doch zögere ich nicht zu erklären, daß wenn morgen ein Krieg ausbrechen sollte, drei Wochen hrnrcichen würden, um de» Nachweis zu führen, daß Frank reich in militairischer Hinsicht nicht annähernd Deutschland ebenbürtig ist." Der Artikel stellt hieraus eine» für Frankreich durchaus nicht günstig ausfallenden Vergleich zwischen der französischen Territorial-Arniee und der Landwehr und dem Landsturm in Dculsckland an und weist alSVan» darauf hin, daß daS nagelneue französische MobuisirunaSsystem noch nicht im kleinsten Maßstabe erprobt worden. „Wenn die Franzosen jemals von einem Marsche nach Berlin träumen, wie sie die- einst thalen" — fährt der Artikel fort — „sind sie in der That sehr im Jrrtdum. Frankreich laborirt unter einem großen Unvermögen im Ver gleich mit seinem Nebenbuhler. Selbst französische Mililair- zeitungrn stimmen darin überein, daß die Cavallerie weit davon entfernt ist, sich in einem Zustande der Tüchligkeit zu befinden. Dies bedeutet, daß von Beginn des Kriege« ab Deutschland die Macht besitzen würde, seine Cavallerie- Divisionen auf den Boden Frankreich« vom Stapel zu lasse» und durch Sprengung einer Brücke hier oder einer Strecke Eisenbahn dort alle die schönen Berechnungen deS französischen Mobilisirungsplane« über den Haufen zu werfe». Aber wären alle diese technischen Dinge aus beide» Seiten gleich, so giebt es doch einen wichtigen Punct, in welchem alle Franzosen ihren untergeordneten Zustand bekenne» müssen. E« ift einer der besten Charaktcrzüge deS Grasen Moltke, baß er de» Generalstab so orgaiusirt und Generale derartig auSgebildet hat, daß er und die verschiedenen Sieger im letzten Kriege vom Schonplätze abtrrten möge», ohne eine einzige Lücke in der Tüchtigkeit de» Generalstaber oder der CorpS-BesedlSbaber zu lassen. Kann Frankreich einen einzigen General namhaft machen, in welchen da» Land Vertrauen setzt? Da» ist ein sehr schwacher Punct in den französischen KriegSvorbcreitunge»." Der Kritiker de« „Standard" gelangt sodann zur Schlußfolgerung, daß Frankreich vielleicht einer Invasion einen guten Widerstand leisten könnte, aber vollkommen unfähig sei, einen Rachekrieg mit Aussicht aus Erfolg zu unternehmen. * Der „Kölnischen Zeitung" wird an» Berlin ge schrieben : Da« brasilianische „Jornal do Lommrrcio" vom 3. v. MtS. enthält den Wortlaut einer Rede, welche der brasilianische »ckerbauminifter in Ri» de Janeiro bei der feierlichen «er- theilnng der ans der brasilianischen «ntftellnng in Berlin den bra- filianiichcn Kaffeean-steller» verliehenen Diplome gehalten hat. Diese Rede, welche hanptiSchlich ,u beiwecken scheint, die Verdienste der neugegründelen brasilianischen Belellschast „Lentro da Lavoura e da Coinmercio" um den brasilianischen Handel zu verherrlichen, erwähnt hierbei in lympathücher Weise die Beziehungen Deutschland« ,n Brasilien und bewerft unter «nderm: „Niemand kann deute die immer mebr zu Tage tretende Tendenz Deutschland«, sich in Brost- lien einen Markt für seine Erzeugnisse zu schaffen, verkennen, und eben so wenig, daß in Deutschland der feste Vorsatz zu bestehen scheint, jenen «»«Wandererstrom, der bi«her die vereinigten Staaten bereicherte, noch Brasilien zn s-nk-n. Der ln diet-n ^en^e-'-^n--, i!nrerken'''>-'r-^ii<»'rn<1 von Sympathie für Deutschland kann hier anr angenehm berühren; da« Gleiche gilt von allen Knndgebungen, au« denen hervorgeht, daß die thatkrältigen Bemühungen deutscher Kaufleute, fremde Märkte für deuischc Erzeugnisse zu finde» und fremden Produkten unter vor- theilhaften Bedingungen Eingang bei un« zu verschaffen, von gntem Erfolge gekrönt find. Wenn aber der brasilianische Minister all dem Bemühen, die gegenseitigen Handelsbeziehungen zu fördern, den Schluß ziehen zu köuneu glaubt, daß seitens der deutschen Regie- rung Bestrebungen begünstigt würden, welche daraus abziclen, de» Strom brr deutschen Au«wanderer nach Brasilien zu lenken, so wird dies« Auffassung doch als eine irrige zu bezeichnen sein. Die deutsche Negierung erachtet e», wie wohl genugsam bekannt, de» Interessen dä Reich» nicht entsprechend, die Auswanderung, gleichviel nach welchem Lande, zu begünstigen; sie hat sich stet« angelegen sein lassen, auf die zahlreichen Gefahren aufmerksam zu machen, denen die Auswanderer nach Nord- sowohl wie nach Südamerika eutgegengehen, und eS liegt keine einzige amtlicht oder aach nur halbamtliche Kundgebung vor, die den be züglichen Aeußernagen de« brasilianischen Ackerbauministers eine thalsächliche Unterlage bieten könnte. Daß diejenigen deutschen Kaufleute, welche rege Handelsverbindungen mit Brasilien unter halten oder anstreben, den Wunsch hegen, die deutsche Auswanderung möge sich in Zukunft mehr nach dem Süden als nach dem Norden Amerika- richten, ist leicht erklärlich; aber von einer allgemeinen Tendenz, in diesem Sinne zu wirke», kann in Deuschland wohl nicht die Rede sein. . ' * Heber de» kürzlich im Bulkanpasfe vorgefallenen österreichisch-ungarisch-rumä nischen Grenz-Con- flict geht der .,Politischen Correspondenz" an« Kronstadt folgender aus amtlichen Erhebungen beruhender Bericht zu: Am 4. d. M. ist eine aus einem Postenführer und einem Gen darmen bestehende Streispatrouille, welche zur Eruirung eine« Militairflüchtlingl entsendet wurde, benachrichtigt worden, daß da» neue Wachbau» auf der Alpe Priragu, da« sich 800—1000 Schritte von der Grenze, auf ungarischem Gebiete befindet und zu dem Zwecke erbaut worden ist, damit darin die Posten d«S zur Ver hinderung der Einschleppung der Viehseuche ausgestellten LordonS untergebracht werdeu, durch rumänische Soldaten besetzt und später in Brand gesteckt worden ist, ferner, daß dieselben fünf Schüsse ab- gefeuert haben. Die Patrouille, welch« sich über den Vorfall Ge wißheit verschaffe» wollt«, nahm zwei Führer mit sich und schlug den Weg gegen da» Wachhau» ein, wo selbe auf ungarischem Ge biet« in d« nächsten Nähe de» Wachhauseö nenn rumänische Soldaten bei einem großen Feuer ihre Mahlzeit abkochend vorfand. Die selben ergaben sich ohne Widerstand und wurden sammt ihre« Waffe» und Munition in die Gendarmerü-Kaserne in Vulkan eSrortfti und später dem Stuhlrichter von Petroszeny übergebe». Letzterer begab sich sogleich auf de» Thatort und nahm ein Berhär der Gefangenen und de« Poftenführer« vor. Bei demselben gab der Führer der rumänische» Soldaten an, daß sie am SO. v. M. von Bkedicseny ihren gewöhnlichen Greazwachdieust angetreteu haben. Am 3. October erreichten sie die Grenzwaldungen vou Dosupriluia-nl», wo sie sich vor dem starken Regen und Wind in da« einige hnndert Schritte entfernte Wachhau« flüchteten. Hier verblieben sie vom 3. October Abend« bi» S. October Morgen«, an welchem Tage sie durch zwei ungarische Gendarmen gefangen genommen und ent waffnet wurden. Sie haben von ihren Vorgesetzten nur die Weisung erhalten, die Grenze wie gewöhnlich zu bewachen, die Bauten der neuen Wachhäuser zn beoGchten, die dortigen Arbeiten aber nicht zu verhindern. Ferner wurden sic angewiesen, im Falle eintretendrr kalter Witterung mit Zustimmung der dort beschäftigten Arbeiter in irgend einem Wachhause z» übernachten, im Falle der Rsiht- gestattung jedoch sich unverzüglich zurückzuzichen. Während der Einvernehmung der rumänischen Soldaten erschien bei dem Stuhlrichter der Vorstand des rumänischen Zollamtes, welcher die Erklärung abgab, daß die gefangen genommenen rumä nischen Soldaten nur ihren gewöhnlichen Grenzwachdienst verrichteten und daß dieselbe» von Niemanden einen Befehl erhalten haben, den Ban de« erwähnten Wachhause« zu verhindern, um so weniger, al« die rumänische Regierung von diesen Bauten unterrichtet war. Er stellte schließlich da« Ansuchen, die Verhafteten frei zu lassen, waS auch in Folge Weisung de« ungarischen Ministerium« geschah. Der vernommene Grndarmerie-Posiensührer sagte hingegen au», daß die Gefangenen »ach ihrer EScoriirung vor ihm und dem Direktor dcr Contumazonstait ausgesagt haben, daß sie mit dem strengen Befehl zu dem Wachhause abgeordnet wurden, die mit der Beendigung der nock rückstänoige» Arbeiten betrauten Arbeiter nicht nahe kommen zn lasse» und wenn sie bei eventuellem Gebrauche der Waffen nicht genügende Stärke zu Zurückweisung hätten, sich an die Geenzcoinpagnien von Bradisscni zum Suecurs zu wenden. DaS erwähnte Wachhaus ist thatsächlich durch 150 rumänische Soldaten unter Führung ihrer Osficiere, welche sich nachher aus die Grenze zurückzogen mit» in der Nähe lagerten, zerstört und in Brand gesteckt worden. Demnächst wird übrigens eine aus Deleairten beider Staaten „-stehende Commission zur Untersuckiunn dieser Angelegenheit zu- sammentreten und eS ist wohl mit Sicherheit zu erwarten, daß eS V-.selben gelingen werde, den Intentionen der beiderseitigen Regie- .„ngen gemäß den obigen Zwischenfall in entgegenkommender Weise de.zulegen und einer Wirdcrholung für die Zukunft vorzubengen. * Einer der Wiener Cvrrespondenten dcr „Post" schreibt über die Anwesenheit Mukbtar Pascha'S in Wien: Auch wen» das Wesen der Mission, welche Mukhtar Pascha >>uch FriedrichSruh und hierher geführt, nicht durch die Mitlheilungcn d-, „Nordd. ANg. Ztg." bekannt geworden wäre, würde man schon au« de» Aeußerlichkciten des Empfanges, dcr dem türkischen Mar- schall hier zu Theil geworden, und ans dcr Dauer seines Aufent haltes den Schluß haben ziehen müsse», daß nian cS mit einem Hochvolltische» Zwecke geltenden Besuche zu Ihn» habe. Nur darf man sich nicht zu dcr Annahme verleite» lassen, al« handle es sich um bestimmte Vereinbarungen oder als beweise die Hierherknnst Mukhtar Pascha'«, daß die eine oder die andere schwebende Frag« in ein acute«, Entscheidungen erheischende« Stadium getreten sei. Daß Mukhtar Pascha die Ausgabe gehabt hat, in Friedrich«ruh und hier die Beschwerden der Pforte, be treffend die bulgarische, cgyptische und armenische Angelegenheit, zu erneuern und zu moiiviren, ist bereit« durch die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" constatirt worden. Solche Beschwerden vorzu dringen, hat sich die Pforte seit Jahr und Tag wiederholt bemüßigt gesehen. Wenn sie sich nun zur Erneuerung derselben und zur Ent sendung eines Speriol-Gesandten von dem Range Mukhtar Pascha'« für diesen Zweck bemüßigt gefühlt hat, so geschah die« augenscheinlich mit Rücksicht aus Eventualitäten, die sich aus der weiteren Ent wickelung der Frage», aus welche sich ihre Beschwerden beziehen, ergeben könnten, und in der Absicht, sich über die Stellungnahme der Mächte zu diesen Beschwerden zu oricnttreu. Man scheint in Konsiontinopel eingesehen zu habe», daß die« am sicherste» ge schehen könne, wenn einem in, vertrauen de« Sultan« und der türkischen Regierung stehenden Würdenträger die Gelegenheit ge boten wird, in persönliche Berührung mit den leitende» Staats männern zn treten und an Ort und Stelle Wahrnehmungen über die Anschauungen derselben zu machen, wodurch sich eine sicherere Klärung erreichen lasse, als durch «inen Schriftenwechsel. Dieser Zweck scheint denn auch durch die Mission Mnkhtar Pascha'» erreicht worden zu sein. E« hat in der letzten Zeit nicht an «ersuche» gesehlt, da» Urtheil der Pforte darüber, wo sie ihre Frennd« »nd wo sie ihre Gegner ,n suchen habe, zu trüben und den Sulla, topischen zu machen. Die Berichte weich« Mufthar Pascha nach seiner Rückkehr de« «roßberrn zu erstatten in der Lage sein wird, werden drmselbe» eine unzweideutige Ors-n«ir„ng bieten und ihm die Möglichkeit »e«
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