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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188212135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-13
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1882
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Erscheint täglich früh 6'/, UhL Redarlion und ErpedUi«» Iohaanesgaffr 33. LPreÄünndrn der Aedarlioi. vormittag« 10—12 Uhr. Aachmittag« L—6 U>»r. tzur »»« «tisz-d» ,«,kt»ntlrr M.miicn»!« »a «», vrrdmtllch. «un-pme »e, sßr »te »Lchlttst,«,», «i.mmrr brstimmten Inserat» an Wochentagen b>» 3 Udr Nachminap«, «, r«»«.NN» Fektagen »rn» dl«'i,9 Utzr. VttNlgcr.TagMatt Anzeiger. Auflage L7,S»O. Xdonnrmrnlsprris vrenelj. 4'/, incl. Brruqerlobn L M-. durw die Lost bezogen 6 Mk. Jede einzelne stummer 2ö Ps. Lelegexenipiar 10 Pf. Gebütiren ,ür «xtrabeilaqen ohne tzostdesörderung 80 Mk. «Ul Ponbeivroernnq 4t> Mk. Inserate «qespaltene Petitzeile SO Pf. Größere schnür» laut unjerem Preis verzeichnis. Tabellarischer Lay na« höherem Tarif. Keetamen unter den Uedactionsjtrich die Lvaltzeile öO Pf. Intern» üad uns an die Eypedman zu Ltt« Klemm. Unwert!tätSfrraße 21, LsülS Lösche, üaiharinensrraße 18. v. «»r bi« Utzr. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. ieaoeu. — Rabatt wird nicht gegeoen. Zahlung prneuun,»nii»io oder durch Post» nacynaqme. Z317. Mittwoch den 13. December 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachung. Nachdem mit dem heutigen Tage die öffentlich« Eisbahn am Scbleußiger Wege eröffnet worden ist, erlassen wir für rie Benutzung derselben folgende Bestimmungen: 1) Die Bahn ist errichtet für Kinder unbemittelter Eltern und darf nur von Kindern im schulpflichtigen Aller benutzt werden. 2) Erwachsenen ist das Betreten derselben nur zu dem Zwecke gestaltet, ihre Kinder baS Schlittschuhlaufen zu lehren. S) Die Bahn darf nur zur Tageszeit benutzt werden; mit eiiibrechenver Dunkelheit ist dieselbe aus daS vom Aus setzer gegebene Zeichen sofort von allen Eisfahrern zu ver lassen. 4) Den Weisungen de» von «ns bestellten Aufseher», dcS Fischermeister» Herrn MetAver, ist unweigerlich Folge zu leisten. Leipzig den 12 December l882. Der Rath der Ttadt Leipzig. Dr. Georgs. Hennig. vckanntmachllllg. Unter Bezugnahme auf den Aufruf desHilsS-Com'tLS zur Unterstützung der Ueberschwemmtcn am Rhein, Main und an der Mosel bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß wir unsere StistungSbuchhalterei (RalhbauS, l. Etage) zur Annahme von Beiträgen und Uebermittelung derselben an das CemitL angewiesen haben. Leipzig, den 11. December 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgs Harrwih. VekanntiliachW Nach tz. 6 der ortsstalularijchen Beiummungen über den LchulauSfchnff der Stadt Leipzig haben in letzteren alljährlich 4 ständige Srhnlnranner, «ater denen «indesten» is Direetaren sein «äffen, neu einzutretcn »,ib es sind diese 4 Mitglieder von den Direktoren und sämmt- lichcn ständigen Lehrern und Lehrerinnen der hiesigen städti schen Volksschulen zu erwählen. Indem wir hiermit die Dahl für das Jahr 1883 aus Sonnabend, de« diese» Monat», Rachnrtttag» »o» A dt» « Uhr, anberaumen, ersuchen wir die Herren Direktoren und ständigen Lehrer und Lehrerinnen der hiesigen städtischen Volksschulen, die Stimmzettel in der genannten Zeit im Saale der I. Bürgerschal» persönlich abzugeben. Leipzig, am 8. December 1882. Der SchuianSschust der Stadt Leipzig. De. Panitz. Vehnert. Nichtamtlicher Theil. Marschall Serrano. In Spanien wird seit Kurzem ein Mann wieder genannt, ivelcher mit den Ereignissen deS Jahre» 1868 eng verknüpft war. Marschall Serrano sammelt die Gegner der gegen- wärligen Dynastie, um sich unter dem Vorwände, Spanien mit einer freisinnigeren Verfassung zu beglücken, als ihm seit 1876 zu Theil geworden «nd — als es voraussichtlich zu er tragen vermag. Der Marschall suhlt das Bedürfnis nach der langen Zurückgezogenheit, in welcher er gelebt hat, wieder einmal eine Rolle zu spielen. Zn dem Ende holl er die Verfassung de- Jahres 1860. also au- der Zeit der Republik, welche nach der Vertreibung der Ät'abella cingesübrt wurde, aus der Vergessenheit hervor und muthct dem Spanien AlsvnS' XII. nichts Geringere» zu. als daS allgemeine Stimmrecht und freie Religionsübung. ES sind jetzt nahezu acht Jahre her, daß AlfonS XU. daS Theresianum in Wien mit dem Königspalast in Madrid ver tauschte und sich der Führung von CanovaS del Eastillo anvcrlraute. DaS ist für spanische Verhältnisse eine sehr lange Zeit, und man mußte sich m der That wundem, daß die Regierung deS jungen Königs bisher so ohne alle schlimmen Wechselfälle von statten gegangen ist bi» aus das Attentat, welches ja glücklicherweise ohne traurige Folgen abgelanfen ist. Aber seit einiger Zeit regen sich die Socialisten und die Earlisten wieder und es scheinen sich Ereignisse vor zubereiten, welche die ganze Thatkraft LeS jungen Königs in Anspruch nehmen werden, wenn sie ohne Gefahr für seinm Thron vorüber geben sollen. Sck'vn bei der Präsidentenwahl für dm Eongreß zeigte e» «ich, daß die Regierung nicht mehr die unbestrittene Herrschaft über die Parteien besitzt. Wenn die Zahl der Gegner der Regierung in den EorteS schon 82 und im Senat gar 95 Stimmen erreicht, so ist daS ein sehr schlimme» Zeichen, welches bedeutet, daß die Regierung sich auf ernst« Dinge gefaßt machen muß. In de» EorteS erhielt der ReaierungScanvidat Posada Herren» 223 Stimmen und sein Gegner General Lope, - Dominguez 82 Stimmen, im Senat fielen dem RegieningScandidaten ltv Stimmm, der Eoalition der Eon- 'ervativen und der Linken 06 Stimmen zu. In Spanien zeigt sich die ungewöhnliche Erscheinung, daß die Unzufriedenen von link» und rocht- sich die Hände reichen, um die Regierung zu stürzen oder ihr mindesten» Verlegenheiten zu bereiten. Es kann sich dabei natürlich nicht um bestimmt« Parteigrundsätze bandeln, sondern lediglich um die Personen- oder Machtfrage. Daher ist auch der Eanvidat der Opposition ein General, der iür etwaige Fälle als Fübrrr bei einem Pronunciamento dienen kann. In der Teputirtenkammer bat der Marschall Serrano die Rolle de- Führer» der Opposition übernommen. Sine ganz unvorbereitete Mittheilung setzt unS plötzlich davon in Kenntniß, daß Serrano in der Kannnersitzung vom 7 December die Einführung der Verfassung von 1868 ! o« Stelle der von 1876, welche gegenwärtig in Kraft ist. in l Aorf<b1ag gebracht hat. Der Bericht spricht von einem I Programm des Marschalls, welcher das allgemeine Stimm- !E. die bürgerlich« Eheschließung. Freiheit der Presse und ' ^ religiösen Bekenntnisses, Herabsetzung der direkten Steuern, rbesserung de- StaatScrevitS und Reform der Krieg-- und karineverwqltung umfaßt. Diese Vorschläge, in dieser Form orgebrachl, bedeuten nicht mehr und nicht weniger als eine Revolution im ganzen Sinne de- Wortes, und wenn AlfonS XII seiner Sache sicher wäre so könnte er daraus nur durch einen Berhaslsbesehl gejpn den Marschall antworten. Statt dessen spricht der Ministerprä- itent Sagasta angesicbkS einer so ofsenkundigcn HerauS- orderung und Verspottung des König» und seiner Regierung eine Freude darüber aus, daß Serrano sich alS Anhänger der Dynastie bekenne und wagt nur einige bescheidene Be denken gegen die Vorschläge de« Marfchalls zu äußern. Aber kaum hat Sagasta geendet, alS sich die Scene verändert und der Marquis Orodio im Namen der Conservativen den Bei tritt zn dem soeben entwickelten Programm Serrano'» erklärt. E» liegt klar zu Tage, daß diese Zustimmung nicht der Eingebung de» Augenblick« enlsprang, sondern aus vorheriger Verabredung beruhte, durch welche Sagasta allem Anschein nach ebenso überrascht worden ist. wie die nicht in die Verschwörung eingcweihren Spanier und dir übrige Welt. Zwei Tage später war bereits die allgemeine Aufmerksamkeit auf die in der Entwickelung begriffene Kata strophe in Spanien soweit gerichtet, daß der Telegraph da» Ergebuiß der Senatssitzuxg vom 9. December nach allen Windrichtungen meldete und uns darüber unterrichtete. daß Sagasta auch dieser Körperschaft gegenüber seine Weigerung ausrecht hielt, da» allgemeine Stimmrecht unv da» Gesetz über die Religionsfreiheit anzunebmen. DaS klingt säst, al» ob er sich zu theilrveisen Zugeständnissen im Sinne der Vorschläge Serrano'S entschlossen hätte und da« könnte er nur auf Be fehl de-König- gclkan haben. Man ist also zu der Annahme genöthigt, daß die Regierung Zeil zu gewinnen sucht, um sich möglichst ohne allzu große» Machtverlust au» den Schwierig keiten der Lage herauSzuziehen und i» aller Stille die nvlhigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schilderhebung Serrano'S energisch zu unterdrücken. AlfonS XII. war schon einmal kurz nach seiner Thron» besteigung gezwungen, sein Heil in der Erprobung der Waffen zu suchen. DaS Glück war ihm damals günstig, die Earlisten wurden aufS Haupt geschlagen und Don Carlos mußte auf eilige Flucht bedacht sein. Seitdem hat AlfonS Ruhe von dieser Seile gehabt und nur von Zeit zu Zelt haben sich die Svcialisten gerührt und schwache Zeichen chre» Daseins ge geben. Jetzt nimmt die Sache wieder eine ernste Wendung, und eS ist nur zu verwundern, daß Marschall Serrano seine Macht aus den lbm ergebenen Theil der Spanier auf diesem ungewöhnlichen Wege erprobt. Wäre er de» Erfolges schon .ganz sicher, so würdn er «icht de», Eongreß zum Schauplatz se»«« Unternehmen» gemacht haben, sondern er wäre an der Spitze einer Truppenmacht erschienen und hätte Köllig AlfonS zur Flucht oder zum Kampfe genöthigt. Für diesen hat daS Auftreten Serrano'S jedenfalls den Vor l heil, daß er seine Maßregeln treffe» und die Kräfte seiner An hänger prüfe» kann. Zeigt sich die Armee fest, dann wird Serrano klüglich aus die AnSsührung seine» thron- stürzenden PlaneS verzichten; ist aber fei» Anhang groß genug, um ein« entscheidende That wagen zu können, so werden wir vermathlich bald über den AuSgang deS Unternehmen» unter richtet werden. In Spanien pflegen sich derartige Dinge schnell zu entwickeln, da» bat der häufige Wechsel in der Scenerie seit dem Jahre >863 bewiesen. Zwei Republiken unv zwei Monarchien umfaßt diese Spanne Zeit, bereits ungerechnet di« Zeit der Eommune. Wenn es Serrano mit der Einsübrung der Verfassung von 1869 Ernst ist. so scheinen wir vor der dritten spanischen Republik seil der Vertreibung der Jsabella zu stehe«; e» ist aber auch ebenso leicht möglich, daß Serrano bereits einen neuen Präleiidenteil in Bereit schaft hat. wen, auch vielleicht nicht Don Carlo», da dieser doch eher alle- Inder« gewähren .würde al» dir freie Reli gionsübung. Leipzig, 13. Deer»ber 1882. * AuS dem Reichstage wird unS vom Montag ge schrieben: „Der Schwerpunkt der heutigen Debatte im Reichstage lag nicht mehr in den Etat-reden. Durch dieselben sollte und konnte Niemand mehr von seinem vorher- gesaßten Einschlüsse, wie er sich zn den Anträgen der Abgg. Rickert und d. Minniczerode verhalten solle, obgebracht oder überhaupt irgendwie beeinflußt werde». Wenn Herr v. Kardorss die Tribüne besteigt, so übt die» zn gleicher Zeit eine beunruhigend« Wirkung auf die Stenographen au» — denn die Dürftigkeit de» Inhalt» sucht er durch dl« Zahl der Worte u»d die Schnelligkeit de, Red« zu ersehen — und eine beruhigende ans dir größere Zahl der Mitglieder, da diese sofort Anlaß nehmen, de« Saal zu verlaßen und sich im Foyer -ei einer Eigarrr von den parlamentarischen Strapazen zu erholen. Wo»Herr v. Kardorss Keule sagte. Jeder hatte e» schon vorder gewußt. Der wundersame Äor- schlag, über dir verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorlegung des Topprlelat» einfach zur Tagesordnung über zugehen und die Budgetevmniisston nur zu befragen, welche technischen Dortbeile oder Nachtheile die gleichzeitige Vor legung zweier ElalS mit sich bringe, — dieser Vorschlag wurde mit überwältigender Majorität verworfen. Bor Herrn v. Kardorss sprach Herr W i n d t h o r st. Dock auch der redegewandte Fübrrr de» EentrumS war in seinen Witzen heute schwächer wie sonst, vermochte nicht in dem Maße wir früher Heiterkeit zu erregen und hatte auch nichts Neue» mehr zu sagen, zumal daS Verhallen der Ultramontanen ebenso wie der anderen Partei«» trotz alle» Schweigen» der „Germania" bereit- vorder bekannt geworden war. ES versteht sich von selbst, daß Herr Win dt Horst auch diese Gelegenheit «icht vorübergehen lasten konnte, obne sein Steckenpferd, den Eullurkamps, zu tummeln. „Wir haben Beschwerden, viele Beschwerden unv empfinden daS Bevürsniß, sie immer und immer wieder vorzu tragen". Die Artikel der Verfassung, welche in der preußischen Verfassung mit^»ffenmäßigcr Geschwindigkeit" beseitigt worden sind, sie müsten vor Allen« rum Schutze der katholischen Kirche wiederhergestettt werde«. Herr Dinvthorst bekannte, daß e< ihm bevauerlsch sei. nicht mit Herrn v. Minnigerobe zusammengeben zu kvnnen, da di« Herren von der con servativen Partei dem Erntrum in der letzten Zeit so oft »geholfen" hätten. Man siebt, e« ist so, wm ich Ihnen gestern bereit« auSsührte, da» Eentnim würde nicht Bedenken trage«, auch diesmal mit den Reactionairen Hand i« Hand zu gehen, wen» nicht die Befürchtung vor dem vertust« de« Mandate« sie zurückbielte. — Der Aus fall der Abstimmung war überraschend genug: 220 gegen 43 Stimmen. Daran war die namentliche Abstimmung Schuld. Man ersieht aus diesen Zahlen, daß ciu großer Theil der Eonservativen und der Freiconsrrvativen es vorgezoaen batte, sich vor der Abstimmung zu entfernen, al- durch den steno graphischen Bericht ihre Gleichgiltigkeit gegen d.e DersassunaS- arlikel durch Aufführung ihrer Namen zu verewigen. ES steht fest, daß nicht wenige der Herren m der Thal durch die Rede, welche Herr v. Bennigsen a» Sonnabend gehalten, in ihrer Festigkeit etwa» erschüttert »erben smd. Da» Hauptinteresse der Sitzung lag aber in dem Wort- vuell der Herren Scholz und Hobrecht, und man muß sagen, baß der preußische Finaurminlster. welcher ganz wacker zu fechten versteht, nicht ohne „Abfuhr" davongekomme» ist. So sehr im klebrigen sein Vorgehen den Beifall de« Reichskanzler« erfahren hat, so wenig Dank und Lod dürste er für seine heutige Rede ernte»:, und wären chm nicht zu rechter Zeit »och die Herren v. Bennigsen unv Windl- horst zu Hilfe gekommen, so hätte die partamentansche ..Unschicklichkeit", um mit Herrn Windthorst zu. roden, den höchsten Grad erreich». — aber Herr Hobrecht vielleicht auch die höchste Genuglbuung. Jncesten wurde Herr Scholz durch die längere GcschästSorduungSdebatte sich seine- Fehl griff» bewußt, und die Verlesung eine» geheimen AclenstückS. welche« nur für da« Staatsministerium bestimmt war, unter- blieb. Der Vergessenheit entrissen zu werden, verdient aber immerhin die Bereicherung der staatsrechtlichen Grundsätze durch den preußischen Fi,lanzminister Herrn Scholz: ..Staats angelegenheiten sind öffentliche Angelegenheiten, und öffentliche Angelegenheiten brauchen nicht geheim gehalten zu werden." Wir glauben, daß im ersten juristischen Examen ern Examinand mit derartigen Schlußfolgerungen wenig Glück haben würde." »Au» Berlin wird un« vom Montag geschrieren: „AuS bester Quelle ersahreu wir. daß die Regierung gegen wärtig in verschiedenen LandeStheile» Enqueten Uber die etwaigen Erträge und die sonstige» Wirkungen deS vorgeschlagenen LieenzsteuereutwursS vor nehmen lLt- So wird au« Westfalen berichtet, daß am 4. d. M. em Commissar der königlichen Regierung zu ArnS- berg in Hamm anwesend war, um probeweise EuischLtzurrgen zu veranstalten, indem die Kreise Lamm und Siegen al« maßgebend für de» erwähnten Zweck cru-ersehe» waren. AlS aagebliche« Resultat der versuchsweisen Einschätzung wird berichtet, daß die Summe, welch« der Erlaß der Steuern der vi«, untersten Etafienste^ffluft» dort «gstben würde, durch die Licenzsteuer wahrscheinlich erheblich Übergriffen wird, vcr^nsgesetzt. daß di« betreffenden GeschäftSzweiac- auch bei Einführung der neuen Steuer in dem bisherigen vmsaiige weiter betrieben werden und nickt etwa demnächst ihrllmschlag sich ver mindert oder einzelne etwa ganz eingehen. Daß diese Voraus setzung eine allzu sanguinische ist, leuchtet jedem unbefangenen Beobachter sofort ein; und wenn nicht andere Gründe zur Genüge gegen die neue Liceckzsteuer sprächen, müßte schon die Rücksicht auf d)e tausende bedrohter Privatexistenzeil dazu führen, die Regierungsvorlage abzulqbnen. die jaaiick wirklich, »ack den bisherigen FractionSbesprechungen und ,Beschlüssen der Parteien, nur aus die Stimmen der Freiconservativen und eine- Brucktheil» der Conservativen zu rechnen hat. Wie groß dieser letztere Bruchtheit sein wird, weiß man zur Zeit noch nicht. Denn eS findet gegenwärtig innerhalb der beulsch-conservcrtiven Partei de» Abgeordnetenhauses ein ziem lich erregter Meinungsaustausch statt, der sich um vieFrage dreht, ob eS der Stellung der Fräckion irjcht angemessener sei, sich, wenn auch mit schwerem Herzen, auf die Seite der Regierung zu schlagen, oder ob sie es wagen solle, durch Unterstützung der Waanerffchen Steuerresormvorschläge sich in einen Geaensatz zum Fürsten Bismarck von vielleicht allereinschneidendster Natur zu bringen. ES ist bekannt, daß Profi Adolf Wagner einen Antrag cruSgearbeitct hat, der die Deckung für die aufzu- hebenden vier untersten Classensteuerstufen durch ei»e organische Reform der Einkommensteuer erzielen will. Rach dem Vor gänge der Osficiöseii minderen GradeS, welche alS Plänkler vorangeschickt worben waren, nimmt nun heute auch die „N. Ä. Z." in dieser Angelegenheit da« Dort, um. ohne Namensnennung de» conservativen Nationalökonomen, ihm und seinen Parleisreuntcn recht ernst und eindringlich in» Gewissen zu reden, daß sie sich jeder Modisication der RegicrungSvcrlchläge enthalten mögen, da Fürst BiSmarck nicht die Unterstützung einer Partei gebrauchen könne, die ihren Wille» durchaus gegen und über den seinen setzen will, wie die- früher die Ncttlonalliberalen aethan hätten. Der letztere Hinweis ist nun freilich so kläglich wie nur möglich, da eS wohl selten, wenn je in irgend einem Lande eine Partei gegeben hat, die so selbstlos und mit wahrhaft idealem Streben stet» rein für die Sache gewirkt und gelebt bat, wie e» dir nalionallibcrale, sich zum Ruhme und Deutschland zum Segen, von Anbeginn gethan. Aber abgesehen hiervon, ist der Avis, den die Rechte durch da- RegicrunaSorgan empfängt, interessant und auch wichtig genug. Die Conser- vativen werden in einer für sie wenig schmeichelhaften Weife zur Raison gebracht, und man darf begierig sein, wie sie dre ihnen gestellte Zumuthung schweigenden Gehorsam» ausnehmen werden." * Der durch da» Wolfflsche Bureau verbreitete Auszug eine» ossiciösen Artikel» der „Berliner Politischen Neuig keiten" ist nur in unserer gestrigen Stadtauflag« wiever- gegeben; wir lasten daher den Wortlaut dieser Kundgebung hier folgen: Ju der opvofitionellen Press« begegoet ma» i, Bezug ,us die in Preußen vorgeschl-genr Bertriedsabgabe von geistige» Betränke^ und Tabak nicht selten der AuSlübruiiq, daß dieser Borlchlaw wenn auch nicht gerade formal versalsung«. widrig, doch drm Sinne und der Absicht der ReichSversassnng nicht entsprechend sei und einen Einbruch ln bereu Sphäre bedeute. Unbegreiflich erscheint r«, wie eine deraettq« «ehuuptung gegenüber ^»«r von de» Fürsten Vl«m«rck genehmigte» Vorlage angesichts der unbestrittenen Thatsach« erhoben werde» soll, daß dem leitenden Staat»«»,, in den Stürmen der inneren Politik von Ansau, de« Reiche» bis zum heutigen Tage die Reichsvrrsassuu» zum llompaß gedient Hot, dir ungeschmälerte Aufrechterholt«», der Verfassung, mäßigen Rechte des Reichs auch den NunbeSstaate* mid uamenMch auch Preußen gegenüber ihm Ausgabe gewesen ist. Jedenfalls sollte eine solche Bedouptung nicht ohne vollstänbi« und gründliche Kenntniß de« einschthig» Material« «nsgestelt, w»rden. «'«daun würde nicht bestritten »erden könne», daß. wenn Me preußiiche Regierung a„s de» Staudpuuc, dg »nndrsrathe« sich stellen wollte, si« eiurn Modus der Besteuerung «ls versassuuas- LAj> »elcher -Ulrich mehr de» H «rt.SS derRk'chsMrsaffuno der v^epgednug dg Reichs Vorbehalten«» bi« vorgescblaaene Vertriebs«bgabe. Den» im Jahr« l8?S hat der Vundrsrath ans Ansachen der meiklenbnrgisch- schwerinischen Regier»», beschlosten, daß noch dem Vorgang der Oewrrbestcner sür Brauer und Brennereien, welche 3 P'ennig bez. 1 Pfennig für jede M»rk von drr im Borjahre an- Reich ent richteten Malz- oder Maijchsteuer beträgt, daß ein» solche Ver anlagung der Zuckerfabrik» »ach Maßgabe der ans Reich zu entrichtenden Rübensteucr nicht »nzuiäffig sei; daß eine solche äußerlich als proccntualer Zuschlag zur Re chssteuer sich dar stellende nnd daher den Schein der Umgehung im höchsten Grade erweckende Abgabe der nach g. 3d der ReichSversaisung der Laade-geietzgebung gezogenen Grenze weit mehr sich nähert, als eine Abgabe, weiche lediglich den BruttoerlüS der Ge tränke und deS Tabaks als Maßstab für die Schätzung des Ae- werbcumsanac« benutzt, liegt auf der Hand. Ader auch für jene Art der Besteuernng ist von dem BundeSrathe der vrincipielle Unterschied zwischen der Gewerbesteuer und der in der ReichSver. sasiung vorgesehenen indirrcken Steuern, welche darin besteht, daß für jene der abzumessende Gewerbsertrag die Steuerquelle bildet, während diese aus den Gewerbsertrag keine Rücksicht nimmt, geltend gemocht. Der Standvnnct. den Preußen damals im BundeSrathe einnahm, läßt sich kurz mit dem Standpuuct des ReichsgedankeuS bezeichiicu. Die mecklenburgische Regierung hatte sich a» den Reichskanzler mit ihrer Ansrage gewandt, und dieser eine Berathung deS Zoll- und SteukrauSschusscS veranlaßt. Während letzterer nun den vorge schlagenen SteucrmoduS nicht für unzulässig hielt, war Fürst Bismarck mit dieser Ansicht nicht einverstanden, woraus Mecklenburg-Schwerin die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der beabsichrigten Veranlagung der Rubenzuckcrsabriken zur Gewerbesteuer vor den Bundesrath brachte. Letzterer trat nun i, seiner Majorität — in der Minorität befand sich auch Preußen — der Amchauung Mecklenburgs bei und die Ausschüsse führten für diese Ansichten auS: Bei der direkten Gewerbesteuer habe man es zunächst mit einem anderen Steuerpflichtige» zu tbun. Die Gewerbesteuer treffe den Gewerbetreibenden, die ReichSstcuer den Producenten. Beide köunreii dieselbe Person sein, begrifflich bestehe aber der Unterschied. Auch daS Steuerobject sei verschieden. Für die Geweibesieuer sei der Betrieb eine» Gewerbes das Object, sür die indirekte Steuer der Verbrauch von Material und die Production. Tie Steuerquelle sei dort der abzumcssende Kewerbeertrag, die indirekte Steuer nehme dagegen aus gewerblichen Ertrag gar keine Rücksicht und betrachte dieselbe al« ganz außerkmld ihrer Sphäre liegend. Hab« nun der einzelne Staat vermöge seiner Finanzhoheit zu bestimme«, so müsse er auch über die Steuerpslicht und den VeranlagungSmoduS bestimmen können. Bei der Gewerbesteuer müsse man den Ertrag deS Gewerbes abschützen und messen. Di« Abmessung nach der Masse der verbrauchten Quali täten sei dabei nicht ausgeschlossen. Die Art und Weise könne hier sehr verschieden sein. Man könne da» Quantum des Materials oder die Summe der Steuer, die sehr leicht zu ermitteln sei, zu Grunde lu^u, das Hab« da»» nnr ein ealculatoriiches Interesse. Man könne auch größere «der kleinere Abstufungen machen, aber auch dann lasse Tich calculatorisch immer das Berhältniß zwischen NeichSsteueru und Landessteuern finde». Habs der Staat einmal schlechthin die Finanz- Hoheit bezüglich der diiecten Stenern, so könne er auch den Beran- lagnngsinodus bestimmen, selbst wenn dadnrch der Schein eines Zu schlags zu einer Reichssteuer entstehe. Wenn trotzdem und obwohl eine direkte Anlehnung an da« System indirekter Besteuerung erhebliche Vorzüge vor der jetzt vorgesehenen Art der Steuer darbietet, die letztere gewählt ist, so liegt dies nicht zum Mindcsicn daran, daß von der preußischen Regierung auch der entfernteste Schein einer iLoucurrenz mit der Reichsgesctzgebung ver mieden werden sollte. Wendet man gegen den vorliegenden Gesetzentwurf ein, er ver- stoße gegen das Reich, so käme man bald dahin, daß in ganz Deutschland keine Gewerbesteuer zu Recht bestehen könne. * Im Seniorenconvent de» Reichstag« hat man sich bezüglich der TiSposi tion der Gcschäs te dahin ver ständigt, daß der Reichstag am Mittwoch oder spätestens am Donnerstag seine letzte Sitzung vor Weihnachten halten und seine Arbeiten am 9. Januar wieder ausnehmen soll. A»S einer langen Debatte bei Festsetzung der Tagesordnung sür die nächste Sitzung ergiebt sich, daß das Plenum sich dieser Abmachung auschließt. Voraussetzung ist dabei, daß daS preußische Äbgeordiietciihaus seine Sitzungen wenigstens so lange unterbrechen wird, bis der Reichstag den Etat sest- grstellt hat. Auf diese Weise würde erreicht werden. waS ja sehr wünschenSwerth ist, daß der preußische Etat erst nach dem Reichsetat zum Abschluß kommt. Spätestens vom Februar an indeß würde daS Zusainmcntagen der beiden Parlamente mit allen seinen Mißständen wieder eintreten. Man wird sich nachgerade darein sinken müssen, daß die gegenwärtige parlamentarische Saison biS zum Ende unter der ungünstigen Eonstcllation verbleiben wird, unter der sie seit dem 30. November leidet. * Im Foyer de» Reichstag» bildete am Montag der Beschluß der Wahlprüsuiigscomiiiisüon, die Wahl deS Prä- sibenlen v. Levctzow zu beanstanden, den bevorzugte», Gegenstand de» Gespräch». Man findet allgemein, daß in dem Vorgänge etwa» Peinliche» liege. Herr v. Leveyow übrigen» hatte sich kein» Beginn der Scision, im Frühling diese» Jahre-, nur schwer bestimmen lassen, wiederum das Präsidium zu iibernebmeu, da er eS »,cht sür angemesien Kielt, da^ der eriväblte Erste der deutsche» Volksvertretung in der Sicherheit seines Mandat» durch Wahiproteste vo» vielleicht begründetem Charakter beeinträchtigt werde. Wie correct seine Empfindung gewesen, zeigt sich jetzt. * Die Parteien in, Abgeordnetenhaus« kalten eS zum Tsiril sür erforderlich, zu der Frage der im Etat ciuSgeworienen 16.000 „st Diäten sür die preußischen BolkSwirlh- schast-rath» Mitglieder in erneute» FraclionSbefprechungen und -Beschlüssen Stellung zu nehmen. Namenllich die An sicht, daß sich die Nationalliberalcn durch eine frühere ge legentlich« Aenßerung des Abg. v Bennigsen gegen jene Diäten engagirt suhlen diirske», ist unbegrimdet. Man hält innerh ld der Partei die Siluatio» den» dock für eine wesent lich andere als >n> vorigen Jahre, wo die VerfassungSmäßig- keit de» BolkswirlbschaslSralbS als e'ner durch bloße Ver ordnung ins Leben geriistme» Institution in Frage stand, während jetzt durch die Tiälensorderu g der Negierung und durch da» somit trni Hause zugestandene Reckt, über die Existenz ver Körperschaft selber abzuslimmen, den staat-recbt- tichen Bedenken Genüge ge,Han ist. Möglich immerbin, daß auch jetzt die Nationalliberaien (wie die« unzweiselbast die Fortschrittspartei unv die Secessionisten lku» werden) die Diäten ablrhnen; aber präjudicirt durch die früheren Vor gänge suhlt sich Herr v. Bennigsen und seine Freunde, wie gesagt, keineswegs , « » » Nachdem deutsche und österreichische Offieivse in diesen Tagen die Festigkeit de« Bündnisse« der m i tte l eu ro- päischen Kaisermächte so unumwunden und mit bisher noch nicht dagewesenem Nachdruck hervorgebeben haben. Ist den Neidern und Feinden der deutsch-österreichischen Freundschaft der Faden de» Verständnisse» sür die GierS'sche Reise augenscheinlich verloren gegangen. Sic wißen nicht recht, sollen sie von einem vcllcn oder nur balben Erfolg, rcspeclive V
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