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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188311263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-11
- Tag1883-11-26
- Monat1883-11
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1883
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Erfch-tnt täglich früh 6'/, Uhr. Redaktion und Expedition Jobannesgasje 33. Sprechkundrn drr Rrdactioa: Bormiltags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—8 Uhr. tztn dt« I ««nähme »er für »ie nächftfalgende Nu»»rr defti««te» Inserate an W«chenta»en dis 8 Ndr Nachmittag», an Sann- und Festtagen srüh di»'/,» Uhr. 2n den Filialen für 3ns.-^nnahme: Ott« Klemm, UniversitStsstraße 21, Laiu» Lösche, Kathattnenstroße 18, v. nur dis '/,S Uhr Wger.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L8,LV« Tldoiuirmcntsnrris viertel,. 4'/, Ml. inrl. Bringerlob» 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede »inzclne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren »irr Extrabeilage» «hne Postbesörderung 38 Mk. «U Postveiörderung 48 Mk. Inserate Sgespaltene Petitzeile SO Pf. Gröber« Schritten laut unierem PrriS- verzeichniß. La bellarischer n. Ziffernsatz nach höhen» Tarif. Leclamrn unter dem Redaction»Knch die Svaltzrile 50 Ps. Inserate sind stet- a» die Vxpedtti«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuuuwramio oder durch Lost- »achaaume. 330. Montag dm 26. November 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Bewerbung um Rath-diener- »>b SchutzmauuSstelleu betreffend. Nachdem in letzter Zeit die Gesuche um Uebertraaung von RathSdiener- und Schutzmann-Kelle« sich in einer das vorhandene Bedürsniß weit übersteigenden Weise gehäuft, in sehr dielen Fällen aber den an sie zu stellenden Anforderungen keineswegs entsprochen haben, sehen sich der Rath und das Polizeiamt der Stadt Leipzig veranlaßt, nachstehende Bestimmungen zur öffentlichen Kenntniß zu bringen: Gesuche um Uebertragung einer Rath-dienerstelle sind an den Rath, Gesuche um Anstellung als Schutzmann dagegen an daS Poltzetamt zu richten. ÄlS Bewerber können nur gediente Milttair-, und zwar in der Regel nur solche zugelassen werden, welche wenigstens die UnterofficierÄcharge bekleidet haben. Die Gesuche sind von den Bewerbern eigenhändig zu schreiben. Tcnsclden sind ein vom Gcsnchstellcr selbst ver faßter LebenSlauf sowie die Zeugnisse über die bis herige Führung, »anientlich ein militatrischeS Führung»« attest in Abschrift (zunächst nicht im Original) bet en. äon denjenigen Gesuchstellern, welche bei Besetzung einer bestimmten vacant werdenden Stelle in Frage kommen, wird alsdann weiter noch die Beibringung der Origtnal- »ugniffe, sowie eines bezirks- bez. polizeiärzttichen Zeugnisses über ibre Diensttauglichkeit unv übervieS die Anfertigung einer Probearbeit erfordert werden. Gesuche, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, werde» nicht angenommen, bez. bi» zur Wiederabholung unberücksichtigt liegen gelassen. Leipzig, den 24. November 1883. Der Rath und daS Polizeiamt der Stadt Leipzig, vr. Georgi. Hcnnig. Bretschneider. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 26. November 1883. * AuS einer hockosficiösen Notiz der „Norddeutschen All gemeinen Zeitung" erfahren wir, vaß die Ausarbeitung eine» neuen Unfallversicherung»^ehe», nachdem Geh. Rath Lokmaiin, die Aufgabe nach den Intentionen deS Reichs kanzler» auözusiihren. sich außer Stande erklärt hatte, zwei jüngere Beamten, den Geh. Räthcn Gcmp und Bödickcr, übertragen worden. Worin die Differenzen zwischen dem Reichskanzler und dem Geh. Rath Lohmann bestanden, wird nicht bestimmt gesagt; indessen kann man die officiöse Notiz nicht wohl anders verstehen, als daß der Reichskanzler an dem ReichSzuscbuß unv den korporativen Genossenschaften de» vorigen Entwurf» auch jetzt noch festkält. Unter günstigen Auspicien kündigt sich der Gesetzentwurf, über dem ein eigener Unstern schwebl, auch jetzt auf alle Fälle wieder nicht an. * ES wird in Aussicht gestellt, daß sich das preußisch Abgeordnetenhaus demnächst anläßlich eines von dem einzigen Demokralen deS HauscS ausgehenden Antrages mit der Frage de» Politischen und communalen Wahl recht» zu beschäftigen haben wird. Die Einführung de» allgemeinen gleichen directcn und geheimen Wahlrechts zum Abgeordnetcnhause und zu den kommunalen Vertretungen soll beantragt werden. Daß der Antrag im Abgeordneten hause eine Mclirbeit finden wird, ist nicht anzunehmcn. Nur daS Centn,», dürste eifrig für denselben eintreten. Dagegen findet die Forderung, wenigstens so weit sie sich aus da» communale Wahlrecht bezieht, selbst in der Fortschritt-Partei starken Widerspruch, und zwar mit gutem Grund. Wa» z. B. aus dem »glänzenden Sieg- der Fortschritt-Partei bei den jüngsten Berliner Eommunalwahlen geworden wäre, wenn nicht die beiden ersten Elasten den Ausschlag zu geben gehabt hätten, braucht nicht weiter auSgcführt zu werden. Der ganze Antrag scheint un- eine ziemlich nutzlose Zeit- Verschwenkung. WaS man immer gegen daS »elendeste aller Wahlgesetze" einwenden mag, schön ist da« schrankenlose gleiche Wahlrecht, wie wir cS bei den Reichstag-Wahlen besitzen, mit seiner immer zunehmenden demagogischen Agitation gewiß auch nicht. * Am heutigen Montag tritt da» preußische Abge ordnetenhaus mit der ersten Berathung de» Etat» in die eigentlichen Geschäfte ein. Die EtatSberathung wird der Finanzminister von Scholz mit einer umfassenden Darstellung der Finanzlage einleilcn. Ein Tbeil deS Budget» wird auch in diesem Jahre wieder an die Commission verwiesen, der andere im Plenum durchkeralhen werden. In die Commission werden namentlich alle Extraordinarien, der Eisenbabnetat, die Elasten- und Einkommensteuer, die Berg- unv Hütten Verwaltung, der Titel für Elementarschulen, Polizciverwal tung. StaatSschuldenvenvaltung u. A verwiesen werden. * DaS Gesammtergebniß der Reich»tag«wahl in Marburg beträgt 5928 Stimmen für Iustizrath Grimm lconservativ) und 2144 Stimmen für Professor Westercamp (nationalliberal). » * » * Eine von der „Schles. Ztg." mitgetheilte Correspondenz au» Petersburg, welche au» deutschen Kreisen stammt, tritt mit Entschiedenheit unbegründeten Alarm-Nachrichten über Truppcn-Vcrmehrungen in den russischen Grenz Provinzen entgegen; eS beißt darin weiter: Daß in den weltlichen Provinzen zahlreich» Trappe,masten staiionirt sind, ist seit Jahren, Ipeciell durch die Ende 1879 er- schieaene DislocationSkarie der russischen Armee von TrSllsch, bekannt. Seitdem ist die gleichsall- bekannte Vermehrung der regulären Eavallerie um zwei Schwadronen pro Regiment erfolgt und vor etwa JohreSlrist eine Jnsanterie-Division, die 41.. vom Kaukasus nach Minsk dislocirt worden, an deren Stelle dir 18. Infanterie-Division von Minsk nach Bjalvstock rückte. Jene Dislokation, namentlich aber die Vermehrung der Savallrrie, hatte einige an sich unbedeutende Verschiebungen zur Folge, durch welch« Infanterie- und Tavallerie - Truvpenthrile in kleine Ort- schatten der Grenzgcgend verletzt wurde«. In Brrückstch- tigung diese- Umstandes und in Anbetracht besten, daß bereits vor 2 Jahren eine allgemeine Taiernirung der gelammten Armee im Princip angeordnet worden ist. beantragte General Gurko, mit der Easernirnng zunächst i» den Grenzprevinzea zu beginnen. In de» Motiven diese- Antrages ist ausdrücklich erwähnt, daß durch eine Casernirung die Möglichkeit geböte« wäre, die Truppe« von der Grenze zurückzuziehea «nd i» de« größeren Städten de« König reich« zu vereinige«. Die» sei im Interesse der gleichmäßigen dienstlichen Ausbildung wie der Aufrechtcrhalrung der Di-ciplia uud Bewahrung der Mannschaften vor schädlichen Einflüssen in hohe,» Grade wünscheuswerth. I« Wirklichkeit hat man bereit- init der von General Gnrko gewünschten Di-loeiruog begonnen. Da- „Dragoner-Regiment der Kaiserin", welche- t« Wirballen und Umgegend w Garnison stand, ist vor Kurzem «ach Wilna irückvcrlegt, die Tavallerie a« der Grenze somit um ein egtmeut vermindert worde«. UebrtgnrS ist die DiSlocinmg der russische» Armee ebensowenig eia Geheimuiß wie die der deutschen, vierteljährlich erscheint ln Rußland eine Art Rang- »nd Qnartierliste, in welcher neben den namentlich aus- esührten höheren Befehlshaber» auch die Garnisonen zu finden find. Sie letzte Liste ist im Oktober diese- Jahre- erschienen. Wo- nun die großartigen Truppenbewegungen in Polen anbelangt, von denen die Zettungen vor einigen Wochen berichteten, so dürsten dieselben auf die Herbstmanövcr zurückzusühren sein. Zu denselben waren im Ganzen etwa 75.000 Mann an verschiedenen Stellen vereinigt, deren Hin- und Rückbesörderung nicht, wie in Preußen, per Eisen- bahn, sondern per Fußmarsch erfolgte und natürlich LantvnnementS- Wechsel u. dergl. mit sich führte. Schließlich möge man bedenkrn, daß die deutsch« Armer hier durch hochgestellte Officiere so vorzüglich vertreten ist, daß größere Truppenverich>ebungen ihr sicherlich nicht entgehen würden.... Die Entsendung einer BegrüßungsflottMe nach Genna hat doch in der evidentesten Weise gezeigt, daß mau in den hiesigen maßgebenden Sphären nicht gewillt ist, ven Franzosen zu schmeicheln und sic in den Wahn einzuwicgen, daß man hier mit zlcicher Sehnsucht wie in Pari- dem Lage der Rache an Deutsch, land entgegensetze. * Sämmtliche Professoren. Privatdoccntcn und Beamten der Universität Oxford haben aus Anlaß der Luther- Her an den deutschen Kaiser eine Adresse übersandt, welche, wie folgt, lautet: „An Se. kaiserliche Majestät Wilhelm, von Gottes Gnaden, deutscher Kaiser und König von Preußen!" „Wir die Unter zeichneten Rectoren (Iisuckn ok kouie»), Professoren und Graduirten rer Universität von Oxford, tiesbewußt der Segnungen, welche der Sache der Freiheit, Gelehrsamkeit nnd Religion au- der großen Bewegung entstanden, d:e ihren Ursprung durch die Frömmigkeit, das Genie und den Muih Martin Luther'- gesunden, wünichrn Ew. kaiserl. Majestät und durch Ihre Majestät dem ganzen deutschen Volke unsere tiefgefühlteste Sympathie auszudrücken mit Ihren Festlichkeiten am 400. Jahre-tagc der Geburt de- großen deutschen Reformator-, dessen Dienste, die er der Menschheit all der Läuterer der Religion, der Befreier de- Gedanken« und der Gründer einer nationalen deutschen Literatur geleistet, stet- in dankbarem Andenken von dem Volke England- und nicht am wenigsten von unserer alten Universität gehalten werden sollten." * Der in London verhaftete .Proletarier" Wolfs hatte — so behauptet wenigsten- die Londoner Polizei — sich daS deutsche BotsckastSbotcl zum Gegenstand seine- geplanten Attentat» auSersehen. Nach den bisherigen Nachrichten zu schließen, scheint derselbe unter derjenigen geistigen Verirrung oder Verwirrung zu leiden, welche ihren Ursprung au» den in der letzten Zeit immer häufiger gewordenen Dynamit- Attentaten ableitct und sich epidemisch und stetig wachsend Uber immer weitere Kreise verbreitet. Daß durch eine Sprengung deS deutschen Botschaft-Hotel» die politischen Ziele nicht zu erreichen sind, welche der Verhaftete andeutet, ist cdcm Menschen mit gesundem Sinne klar; aber von jener rankheit ersaßt, die man vielleicht al» Dynamitmanie be zeichnen könnte, kann cS einem derartigen Verblendeten nicht viel daraus ankommcn. welche» Objert er für sein Attentat wählt. Ein Privattelegramm der »Vossischen Zeitung" au» London von Sonnabend meldet noch folgende Einzelheiten: „Wolfs ist »ach Angaben seiner englischen Frau Schweizer, nach anderen Berichten polnischer JSraelit. In seinem Haufe wohnten und verkehrten viele junge Ausländer. Eine» Tage» wurde eine laute Explosion gehört, welche die Polizei veran- laßte, da» Hau» zu überwachen. Aus der deutschen Botschaft ist von einen, Eomplot nicht» bekannt. Graf Münster ist aus dem Lande (in Toddington, in Glonccstershire, zum Besuch bei Lord Sudeley), kehrt aber sofort zurück. Die Botschaft ist seit gestern unter Polizeischutz gestellt. Da« angebiiche Attentat gegen da» Botschaft-Hotel sollte heute Abend auSgesührt werden, die sogenannten Höllenmaschinen sollen nicht sehr gefährlich sein. Die Zeitungen drücken ihre Entrüstung aus und verlangen strenge Bestrafung de- Schuldigen; Deutschland habe al» befreundete Macht Anspruch aus Englands gute Dienste." * Im Batican herrscht große Besorgniß, daß di« französische Regierung den Culturkampf in aller Form wieder ansnrhmen könnte. Nachdem der päpstlich« „Moniteur de Rome" dem Cabinet Iule« Ferry bereits wiederholte Ver warnungen ertheilt hat, veröffentlicht er nunmehr unter der Ueberschnft: „Die religiöse Knsi» in Frankreich" einen Artikel, in welchem daraus hingewiesen wird, daß Frankreich in diesem Augenblicke eine entscheidende Krifi» durchmache, „in welcher seine wichtigsten LebcnSinteressen im Innern, sowie im Aus lände auf dem Spiele stehen." DaS Blatt unterläßt nicht, daraus Hinzuwelsen, daß derjenige Staat, welcher die Unterstützung der Kirche zurückweise. oder deren große „moralische Action" hemme, sich der werthvollsten Hilfsmittel beraube. Insbesondere wird dann gegen de» ehemaligen Unterricht»- und CultuSminister Gambetta'S, Paul Bett, zu Felde gezogen, dem vorgeworsen wird, daß er in da» Con- cordat derartige Risse bringen wolle, daß nur Stücke davon übrig bleiben. Nun ist zwar Paul Bert nicht zum Nachfolger Iule» Ferry'S im UntrrrichtSressort ernannt worben, al» Präsident der einstlißreichslen Parteigruppe, der gambettistischen Union republicaine, ist er jedoch in der Lage, aus die Ent schließungen der Regierung wesentlich einzuwirken. Die Er klärungen der letzteren anläßlich der Beralhung de» CultuS- etat» sind denn auch nicht geeignet, di« Besorgnisse der Ultramontankii zu zerstreuen, welche da» Concordät nur in> soweit gelten lassen wollen. a>» e» ihren Bestrebungen dient. Die Beschlüste der Depntirtenkammer, durch welche da« Ge balt de« Erzbischof» von Pari» von 45,000 auf l5,000 FrcS. herabgesetzt und die Stipendien für die Scminarien auf geboben werden, werden daher den Groll der Klerikalen von Neuem erregen. * Die Colonialpolitik beider Westmächte scheint in eine bewegte Lage eintreten zu sollen. Der Ausdruch de» Krieges zwischen Frankreich unv China steht uumittelbar bevor, und die Niederlage HickS Pascha » im Sudan kann nicht ohne Rückwirkung aus die Stellung England» in Egypten bleiben. Schwierigkeiten thllrmcn sich dort wie hier empor, und wenn sie auch nicht gerade unüberwindlick sind, so si»o sie doch aroß genug, ui» Veiten Machten zu schassen zu machen. Dabei dürften recht artige Friichle der sogen, „westmächtlichen Allianz" zu Tage trete». Es ist ein«, wenn- leich nicht officiell eingestandene Thatsache, daß der treibende Factor de» zähen chinesischen Widerstande- gegen die fran zösischen AuSdehnung-gelüste in Ostasien nicht so sehr der Dünkel und der Fanatismus de» chinesischen oder anamiti- schen Mandarinenthum», al» die entschiedene Abneigung Englands gegen ^ Errichtung eine» großen französi schen Colomalstaate» an drr astatischen Küste de» Großen Ocean» ist. England erstrebt die Monopolisirung de» ge- ammten chinesischen Außenhandel» und steht in der Fest- ehung Frankreich» in unmittelbarer Nähe der chinesischen Grenze eine dauernd« Bedrohung seiner eigenen dortigen Bestrebungen. ES ist daher kein Zweifel, daß in dem bevor stehenden sranco-chinesischen Consucte England« Svnipathien aus China» Seite sich befinden werden. Andererseits hört man, daß die Truppen de» Mahdi» welche da» Heer Hick« Pascha'S vernichtet haben, von einem Franzosen organisirt und befehligt worden sind, der unmittelbar nach dem Bom bardement Alexandrien- sich zum Mahdi aus den Weg ge macht und da» Vertrauen desselben (vielleicht durch directe Empfehlungen de» französischen Vertreter» in Egypten?) ge wonnen hatte. Dazu kommt, daß gerade jetzt die mit den Regierungskreisen Fühlung haltenden Pariser Blätter von der englischen Politik in Egypten sowohl wie auch in Syrien wieder so wegwerfend sprechen, al« wie je in den Tagen der Enttäuschung, da England seinen „Freund" und „Bundesgenossen" in so unzweideutiger Weise au- Egypten hinauSromplimentirte. Die Katastrophe im Sudan wird von den französischen Blättern ohne ein Wört chen des Bedauern» verzeichnet; ja au» der Art und Weise, wie sie von dem Ereigniß Notiz nehmen, merkt man die in-geheim empfundene Genugtuung herau», die sich sehr wobl erklären läßt au» der in Frankreich zum Durchbruch gekommenen Erkenntniß, daß den eigenen AuSdchnungS- bestrebungen aller Orten und zu allen Zeiten die englische Eifersucht und Nebenbuhlerschaft hemmend in den Weg tritt. Alle künstlich gedrechselten FreundschastSbetheuerungen Helsen über den Umstand nicht hinweg, daß England» und Frank reich» coloniale Interessen colliviren unv daß mithin beive Mächte auch da in Gegensatz zu einander gerathen, wo sie von vornherein direct gar nicht engagirt zu sein scheinen. «ver Leiegrapy vringi uoerau» »urmizwe «criwie Kairo und von Tag zu Tag vervollständigen sich die s richten über die Niederlage der egyptischen Ai jm Sudan. Wenn Depeschen au» Kairo da« Heer Der Sieg des falsche» Propheten. Der Telegraph bringt überau» stürmische Berichte au» Nach rmee Heer de» Mahdi auf 300,000 Maiin schätzen, so ist daraus nur wenig Werth zu legen, aber soviel mag man auch daraus ent nehmen, daß seine Sireitkräste viel bedeutender, al» bisher angenommen, sind und daß HickS Pascha ohne Kenntniß von der Stärke de» Feinde« vorgerückt ist. Wir geben nachstehenv einen Bericht der .Kölnischen Zeitung" au» London vom 22. d. M., welcher die Katastrophe sehr anschaulich schildert AuS Kairo kommt die Bestätigung de« Gerüchte» von der Ber- nlchtung de- HickS Pascha und seine- gesammten Heere». Ein Kopte brachte die Kunde nach Kharthum, andere nach Ducin am Weißen Nil. Nur ein einziger entkam dem Blutbade: wie eS heißt, eia europäischer Künstler, vermmhlich der Berichterstatter einer deutschen illustrirten Zeitung. Drei Tage lang dauerte die Schlächterei. Nicht weaiger als 300,000 Mann stundet» der kleiue» Schaar de- Eng länder- gegenüber. Fanatische Derwische eilte» ihnen voran-, die ' lse Allahs anrufend und versprechend; ihnen folgten Beduinen, grr und Linientruppen. HickS Pascha hatte seine Streilkrä' in zwei Trupp- eingetheilt, welche sich nach dem ersten Angri vereinigten und langsam den Angriffen de- Mahdi unterlagen. An 10,500 Mann müssen aus egvptischer Seite dabei um- Leben ge kommen sein. In Kairo herrscht selbstverständlich große Bestürzung; vorläufig wurden Befehle gegeben, alle verfügbaren Trupoeu im Sudan zu Khartum, Due.n und Goba zu vereinigen. WaS aber die gukuust bringen soll, ob Preisgebuug de- Sudan- oder seine Wiedereroben'ng, weiß noch Nie*»«nd. Sir Evelyn Bariag, heißt e«, rathe zu erfterem; Egypten müsse sich mit einer stark befestigte» Grenze bei Khartum und Suakim begnügen. Soviel ich mich erinnere, ist eS vr. Schweinfurth gewesen, welcher zuerst aus die von Obsrägypten kommend« Befahr ausmerksam machte. ES hieß damals, er habe den falschen Propheten „er- sunden". Unterdessen aber hat er recht behalten. Ja orientalischen Dingen soll man sich aus Unerwartete- stet- gefaßt halten. Nur den Zahlen darf man mißtrauen; wenn daher drr Krieg-vnbang de- Propheteu auf 300,000 Manu angegeben wird, so begnüge man tck mit einem Drittel dieser Zahl. Aber auch diese- Drittel wäre gefährlich genug: denn «er wird eS aufhaltea, wenn der Prophet einen Siege-laus nach Norden lenkt und vor de« Thoren Kairo- rrschelut? Nachdem der Mahdi dat Herr der Ungläubigen ver nichtet, ist er m den Augen der Mo-ltm nicht mehr der falsche Prophet, sondern der wirkliche Mahdt, der von Allah zur Wieder Herstellung der GlaubenSriaheit «u» der Eigenthum-gleichhelt gesandt »orden. Mahomet Achmet — die» ist sei« Name --- besitzt alle-, wa rm» Propheteithoitdwerk gehört- Er »ard iu der Provin, Dongola «boren, und zwar als Zimmermaunssohn. «ein Vater hieß lbdullahi, hatte vier Söhne und eine Tochter. Mabomct Achmet ward einen, Schiffer in die Lehre gegeben, ärgerte sich aber über die Prügel, die ihm sein Herr gab, und entfloh nach Hoghali, einem Dorfe bei Kbartum, wo er in eine Medreste eintrat, um Derwisch zu werden. In dem frommen Stift, das dort das Grab de- heiliger. Scheck Hoghali umgiebt, ward er in da- Derrvisch-A-B-C eingeweiht, setzte daraus seine Studien in einer andern Schule sott, ließ sich 1870 von dem Fakir Rur-el-Daim (Beständiges Licht) zum Scheck mache» und ließ sich dann aus der Insel Abba im Weißen Nil nieder. Er grub sich eine Höbt«, ries dort nach Derwischmauier vier Stunden täglich einen der Namen de- Allerhöchsten au-, saftete, betete, brannte Weihrauch rc. E» bildete sich um Ihm eine Ge meinde, ei wuchs sein Vermögen, die Zahl seiner Schüler und seine» Harem«. Eine wahrhaft kiese Kenntniß bekundete er in der Haremswitthschast, den» er wählte sich nur die Töchter der reichsten mit Pferden und Rindern gesegneten Schelk« au«, uud um dem Gebot de» Koran-, nicht mehr al- vier Frauen zu haben, zu genügen, oerabschicdete er bi« älter«, eh« er dir jünger« ausnahm Sei» eigeuilicher Propheteulaus aber ging ihm erst vor zwei Jahre» auf. Sr tdeilte die- seine» Eollegr, mit, gab sich für den von Mohomed selbst vorau-qesagten Mahdi au- und sprach s von seinem Programm, welche- allgemeine Gleichheit, Gesetz, ltaion «nd Gütergemeinschaft enthalt. Wer nicht an ihn g aube lalle getöbtet werben, möge er Lhrtst, Mohamedaner oder Heid« sein. Au« diesem Grunde verurtheilte er den Scheck Mahomet Saleh, welchen er mitiammt seinen Derwischen »ach der Insel Abba in sei»« Hödle beschieden hatte, sofort zmn Tod«; denn die'er trieb den Unglauben so weit, daß er statt i, der Höhle zu erscheinen den «aypliichen Gouverneur Rens Pascha von den Plinen de« FonatUer« in Kenntmß setzte. Dieser Berratb schosste ihm denn die eaqptisch« Armee aus Len Hals, deren glorreicher Vernichtung seinem Propßetenlauf die Krone aussetzt. Der Mahdt wird al- ein langer dürrer Mann mit schwarzem Bart und hellbrauner Gesicht-sarbe geschildert. Mit seinem Lesen und Schreiben soll e- mißlich au»> leben; dagegen muß er eine ungemeine »atürliche Schlauheit b« sitzen, wie überhaupt seiu Lebenslai s viele Züge jener mit FauatiS- mu- gepaarten Berechnung enthält, durch welche sich auch der große Prophet auszeichiiete. Ohne eigene Kenntniß der dortigen örtlichen Verhältnisse über die Zukunft seines Prophrtenthums urttieile» zu wollen, wäre Zeilver- ichwendmig. Zum Glück der Journalisten weilt der Er-Khedive in London und dieser hat sich denn mit »ugemc »er Ostenheit schon einem Vertreter der „Pall Mall Gazette" gcg > über beerest» der Folgen des Blutbade- ausgesprochen. Ismail Pascha ist der Me!- nung, daß, .wen» nicht sofort größere Truppeumasteii ausgedole» würden, der Prophet sich nordwärts wende» und daS NildeEa über» allen werde. Der Weg stehe ihm osten; er habe nur von Obeid direct nach Dongola zu marschiren, Khartum recht« lieg.-ud lastend und am Dongola nach Berber, nm auf diese Weise «partum und Oberegypten vollständig abzuschneiden. Da nach d. r Ni'.-dermetzelung deS Hauptmaiin- Moncrieff und seiner Truppen Suaktm und dessen Umgebung schon in den Händen der ausiiändiicheit Beduinen sei, brauche der Mahdi letzteren nur die Hand zu reichen. Der Ex- khcdive befürwortet daher einen schleunigen Feldzug gegen die fana- tisirtcn Horden und verwirft den hier austauchende» Plan, de» Sudan sich selbst zu überlasten. Die Picisgebuna des Sudan- bedeute Anarchie und Wiederaufnahme des Sklavenhandels im großartigen Maßstabe. Ismail Pascha spricht von der egyplisckien Politik in Oberegypten mit bitterer Kritik. Den Keim des Aufstande- steht er in der Schwächung der Tentralgewalt in Kairo und in dem von den Engländern und vor ihnen von drr Toppelcontrole eiagesührtcn unangebrachten Knickerei. „Ich selbst", sagte er, „hielt die Der- wische und die anderen religiösen Hüuvter, welche im Sudan große Loralgcwalt besitzen, durch monatliche Geldspenden im Schach Al- die Dvppelcontrole diese Spenden einzog, verbunden die Unznfrie- denen sich mit den Sklaven liäiidlern und spannen ihre Ränke." Un ähnlichen SparsamkeitSrücksichren war die geplante Eescnbah» von Suakim am Rethen Meere nach Berber uuau-gesührt geblieben und doch hätte die Entschädigung, welche die egyptische Regierung a« die Eisenbahn-Unternehmer zahlen mußte, säst für den Bau au«- gereicht. Mit einer solchen Bahn wäre dem Mahdi leicht der Weg zu verlegen. Ismail ist übrigens über da» Bluldad nicht im min desten erstaunt, denn man habe die entlassenen Soldaten Arabi'S wie Vösewichter behandelt und sie ohne Waffen uud Fahnen rhrlos HickS Pascha überliefert; woher sollte ihnen Muth und Begeisterung komme»? Ismail schlägt daher vor, seinen Sohn Hassan zum Gencralgouverneur des Sudans zu ernennen, ihm erfahrene Lenie wie Iemallcdice, Reus und JSmail Ejnb beizugeben und vor Allem eine Armee von 20,000 Mann. Ob da- helfen würde, bleibt frei lich fraglich. Bestätigt sich die Nachricht von dem Untrrgange de» »«««» Heeres, so wäre Englovd um seinen unternehmendsten nnd genialsten Specialberichterstatter ärmer. Herr O'Donovan hat sich HickS Pascha als Vertreter der „Daily Skew-" anaeschlostsn; indessen hat derselbe sich au- viel swwierigern Lagen in Eentratasien herau-gezogr», »nd daher warnt j> tzt schon ei» B'att davor, voreilig um ihn zu trauern. O'Dviiiwan gelang et in Men», den Turkmenen solche Uchttmg -mzuslSßni, daß sie ihn nicht allein nicht adschlachtetrn, sonder» ltm sogar eine hohe Würde verliehe», vielleicht wird er sich beim Mahds in ähnliche Achtung zu setze» wissen — vorausgesetzt, daß er noch am Leben ist. Wie der Vertreter der deutschen illustrirten Zeitung heißt, der entkommen sein soll, ist noch unbekannt. Da- einziqe Londoner illustritte Blatt, welches den Sudan beschickte, ist der „Grapyic", welcher in den letzten Monaten Skizzen von Frank Bizetellq brachte. Daß drr Morsch HickS Pascha'- nach Obeid geradetz» toll kühn war, hat die Hwbspost von seiner Niederlage bewiesen. Die Telegramme, welch« die „Daily News" seit September brachte, zeigen eine beständige Kette von Schwierigkeiten: glühende Hitze, schlechter und spärliche- Trinkwasser, Hinsterben der Kamele, Anwachsen de- FeinvcS. Die letzte Nachricht flammt vom 10. Oktober au- dem Lager von Saage Hansered, 45 englische Meilen südöstlich von El Dann Eie lautete: „Wir haben drei Tage gehalten wegen der Unsicherheit der Wasterzusuhr. Hier sind wir vollständig aus seichte Ptützen angewiesen. Ein RecognoscirungSritt von 30 Meilen hat gestern ergeben, daß diese Pfützen kaum bi» zum Dorfe Saran»» au-reichen" u. s. w. Al- einzige Auskunft blieb Hick- Pascha, wenn er nicht an den Nil zurückkehren wollte, der schleunige Vor marsch au> Obeid übrig, und die- that er denn unter Aufgebuug aller Verbindungen mit Kliattum. „Wir haben die Brücke hinter u»S abgebrochen . schrieb O'Donavan. Vermuthlich vertraute HickS aus die so oft erprobte Biereckstellung. Aber schon bet Suaktm wurde diese gesprengt, indem mehrere Araber ihre Schilde aaeia« ander ketteten und so die Linie durchdraih,eii. Dasselbe mag bei Obeid geschehen sein, wenn ander- die 10,500 nicht durch die lieber- maebt von 300,000 erdrückt wurden. Der Sudan ist ein großes Gebiet, ist von Assuan bi» an den Aequator 2940 km lang und vo» Massowa bis Darfur 2240 Iw» breit. Er wird von zwei grundverschiedenen Racen bewohnt; im Norden von Arabern, welche Mohamedaner und Nomaden sind; im Süden von heidnischen Negerstäinmen, die feste Wohnsitze haben. Bis vor 60 Jahren machten sich hier eine Menge von Königen unter beständigen Kämpfen die Herrschaft streitig, bis im Jahre 1829 Mchemet Ali vo» Egypten, der Beschäftigung für seine Söldner suchte, mit ihnen andand. Im klebrigen ward der Sudan zwar besiegt, aber nie vollständig uiilerworien, trotzdem die Regierung tüchtige Ausländer, wie den Deutschen Munzinger und die Engländer Baker und Gordon, gegen die Bcrgsläiiime ousschickle. Neues Theater. Leipzig, 25. November. Aus „Elavigo" folgte im Goethecyklus gestern „ E g m v n t ", eine Aufführung, ».eiche durch die von unserem Orchester kreislich cxecutirte Bcetßoven'sche Musik noch eine besondere Weihe erhielt. Die Besetzung der meisten Hauptrollen ist nicht neu; sie sind schon von uns besprochen worde».Gestern gaben sich alle Darsteller besondere Mühe; jede Vorstellung des ToethecykluS soll ja zugleich eine würdige Trägern» deS Ganze» sei». Herr Bax in an », suchte seinen Egmont von alle» pathetischen Accenten, die ihm andere Darsteller ost zur Unzeit ankränkcln, sreizuhatten, ihm einen naljlrlicken ungezwungenen Ton zu geben; dock fehlte dieser Natürlichkeit ein gewisser poetischer Hauch, da- leicht Entzündliche und leicht Bewegliche deS Sanguinikers, na mentlich auch in der LicbeSscene mit Clärchen. Dagegen brachte er den großen Austritt mil Alba und die schwung haften Msnologe deS letzten Acleö mit markiger Kraft zur Geltung. Der düstere energische Alba des Herrn Grube ist ein gut gezcickntcle? Charakterbild. Frl. Salbach sucht ihrem Clärchen einen frischen lebendigen Zug ru geben; sie hatte in der Rolle Momente, die durch ansprechende Natürlichkeit und warmen Ton fesselte». Ganz reichte sie indetz für dieselbe nicht auS. namentlich „i '.tt für den Schwung, den die Scene aus dem Markte verlangt. Auch muß sie im Geberdenspicl eine gewisse Einförmigkeit zu vermeiden suchen. Die Margarethe von Parma deS Frl. Trnh» Halle den Ton der Herrscherin; der Wilhelm von Oranien deS Herrn Meyer fand für den Schluß seiner Scene warme Accente. Der Macckiavell de« Herrn Door war gewandt und verständig. Frau Baumeister als Eiärcken'S Mutter stattete die kleine Rolle mit einigen wirksamen Nuancen auS. Herr Hosmann war uns neu in der Rolle deS Bracken- burg; er stellte die stille wchmülbige Resignation und Ver zweiflung deS nnolücklich Liebenden in sympathischer Weis«
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