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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188501034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-01
- Tag1885-01-03
- Monat1885-01
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.01.1885
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Erscheint täglich ft»h S'/.llhr. L«ö«N<i> und ErpkLMsu J*hauue«qofle 33. -»rechkuude, »er Nestartioa: Vorwittag- 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. »ti tti ma»»», Vl»«il«ra>l, »ach« -ch b« nicht v«»>»»UO. »er für »t« »ß«ftf»«,e»üe N»««er üeftt«»te« Inserate a, Sachentage« di« z Uhr Nachwitiag», an Sann- «» -efttage» früh dt»Uhr. 3» den ^Uiilrn für 3«s.-An»ah«e: VN« Sle»». llniversiiätSstraße 21, L««ts Lösche, Katharinenstraße 18, p. nur dt« '/,S Uhr. ciMM TlyMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. A»fl«gs »S,7OG ^donnnurnt,preis viertelt. 4'/, KL incl. vrinaerlohu 5 Ml., durch die Vast bezogen 6 Mk Jede einzelne Nummer SV Ps velegeremplar 10 Ps. Bebildern für Extrabrilag»« (in Tageblatt-Format gesalzy «hne «ostbestrderung 39 Mk. «U Vaftdessrderung »8 Mk. Inserate Sgespaltene Petitzeile LO Pf. Grsbere Schriften laut uni. Prei-verzeichniß. Tabellarischer o. Zifserniatz nach HSHerm Tarif. llrciämrn »ntrr dem RedarttouSstrich dlesgrspalt Zeile SO Ps. vor den Familiennachrtchten die kgespalreue Zeile 40 Ps. Inserate sind stet» an die Kpprdtttaa zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeouwarsväo oder durq Pust. Nachnahme. z. Tonnabenb dm 3. Januar 1885. 7S. Jahrgang. Zar gefälligen Beachtung. Unsere ExpedMon ist morgen Sonntag, den E. Januar» Bormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpeältlon ävs I^elprlxer 'raxedlntleg. Amtltcher Theil. vrtiiuutmachm». Dllhrend der Dauer der -Reujahrömeffc wird der T»»«tagS Postdienst bei dem hiesigen Postamte I (Augustu«platz) wie folgt wahrgenommen. 1) Die Briefbestellnna, sowie die Bestellung der Seldvrtefe und Postanweisungen wird am Tonutag, den 4. Januar, wührenv de« ganzen TageS in demselben Umfang wie an den Wochentagen ausgesührt. Am Festtage Erscheinung Cbrisii, DieaS» tag de« S.» sowie am Sonntag, de« RI. Januar, findet die Brief- uud GeldbesteUung an den Vor mittage» ebenfalls wie an Wochentagen statt. 2) Die Dieuststunde« für den Verkehr mit dem Publicum werden am 4., 6 und ll. Januar von 8 Uhr Vormittags bi- 8 Uhr Abend« abgehalten. Vei den übrigen hiesigen Postämtern findet eine Aus dehnung der Brief- und Gelvbestellung und de« Schalter- vieusteS an den in die Meßzeit fallenden Sonn- und Fest, tagen nicht statt. Leipzig, 2. Januar 1885. Der Kaiserliche Ober-Postdirector. Walter. Bekanntmachung und Bank. Zu den reichen Haben, weiche in jüngster Zeit den, der Pflege der Musif in Leipzig gewidmeten Instituten zugeflvfsen sind, ist heute durch eine Schenkung von Aüuftaafeud Mark, welche ein Fönnrr und Freund der GewandhduS-Coacerte de« Orchester-Pensions-Fonb« überwiesen hat. eine ne« hin zugetreteu. Wir spreche« dem hochsinnigen Stifter, dessen Namen zu nennen un« verwehrt ist, den wärmsten »nd aufrichtigsten Dank für diese Zuwendung an«. Leipzig, am 3l. December 1884. Der D«rwaltuugSa,»schu- de« Orchester- PeastonS-Fond«. vr. Georgi, Vorsitzender. Wilisck, Ast. Vrklillnlwachllng «ad ilind. Wiederum ist dem Theater-PensionS-Fonvs eine ansehn liche Schenkung zu Theil geworden, indem beim Jahre«schluß dem Unterzeichneten für jenen Fond« der Betrag von Fünftausend Mark al< .Geschenk eine« Theaterfreunde«" übergeben wurde. Leider müssen wir uns versagen, den Namen de« hoch herzigen Geber» zu nennen, wir sprechen ihm aber auch hier durch unfern innigsten Dank für seine reiche Gab« au«. Leipüg. den 2. Januar >885. Der Derwaltuag« «««schuch de« Theater» PenstonS-Foud«. vr. Georgi, Vorsitzender. Dilisch. Ass. 0kl>inatmachll«r. Die ExpeditionSzeit bei der städtischen Sparcasse ist für ve» Monat Januar nächsten Jahre« auf die Tageszeit von 8 Vhr Morgeu« bi« 2 Uhr Nachmittag- beschränkt. Leipzig, den 29. December 1884. Der -tat- der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Freygang Holz-Audion. Moutaa, de» L2. Januar I88S. sollen auf dem diesjährigen Mittelwaldschlage in Abth. Ilo und 14» de« Burgauer Forstrevier« am Leutzsch-Wahren« Fahrweg und ve» Militairschießständen ca. 220 starke Abraumhausen UN» - 270 - Langhaufe« unter de» öffentlich aushänaenden Bedingungen und der Üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: früh S Uhr aus obigem Schlage am Leutzsch Wahren« Fahrweg und der Fluthrinne. Leipzig, den 24. December 1884. De« Rath« Forst-Deputation. Vrennliolz-AllLtioil. Mittwoch, de» 14. Januar sollen von Vor mittag« 9 Uhr an im Forstreviere Eonuewitz auf dem Mittelwaldschlage in Abtheilung 35» und 3t» o «u 93 Haufen Abraum « 173 - Schlagret-ig (Laughaufea) und » ISO Bund Dornen unter den öffentlich aushängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Holzschlage in der Conne witz« Linie an der StödelbrScke. Leipzig, am 2. Januar 1885. De« Rath« Forstdeputation. Gesucht wird der a» 21. Juni 1839 zu Hos bei Oschatz geborene Puinuaurer Johann Khristlteb Thoma«, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leippg, den 24. December 1884. Der Nath der Stadt Leipzig. (Armeuamt.) Ludwig.Wolf. Iltm. rSnisliches Gymnastin». Osteraufnahme. Anmeldungen zur Osteraosnahme werden angenommen (im Gym nasium, Partdenstrabe 1, l.) Donner«»«, den 8.. Freitag den S. ««» Sonnabend den 10. Januar von 1« dt« 1 ll»r. ES wird gebeten, die letzte Lensur de» Schüler« für die An meldung mitzubringen. Leipzig, am 9. December 1884. Richard Richter, Rector. Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Oberkellner RochuS Wals au« Alt-Döbern, welcher der Unterschlagung uud der Verletzung de« Briefgeheimnisse« verdächtig und flüchtig ist, ist die Untersuchung«. Haft verhängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaftea und in da« nächste AmtsgerichtS-Ge'ängiiiß abzuliesern. Bernburg, den 24. December 1884. Herzoglich Anhaitische Staatsanwaltschaft. Schiele. Beschreibung. Alter: geb. SS. December 1860; Statur: schlank: Haare: blond; Bart: Schnurrbart. Nichtamtlicher Theil. Neue Ausgaben. Wir stehen vor einem neuen Abschnitte unsere« Ler» sassungsleben«, darüber hat un« die Abstimmung de« Reichs tage« vom l5. December und ihre Folgen belehrt. E« hat sich mit voller Klarheit herausgestellt, daß die alten Partei- Verbände sich mit der Meinung und den Wünschen de« Boikc« nicht mehr decken, denn an der Atreßbewegung haben sich nicht blo« Conservative und Nationalliberale belbeiligt. sie «streckt sich weit in den Krei« der deutschsreisinnigen Wähl« bis in die Reihen der ehemaligen Fortschrittspartei hinein. Man würde scblgreisen, wenn man die Adreßbewegung al« die Folge de« Votum« vom 15. December allein betrachten wollte, die Gründe desselben liegen weit tiefer und bestehen darin, daß große und nicht zu beseitigende Meinungs verschiedenheiten zwischen einem bedeutenden Bruchtheil der Wäbler und der Volksvertreter obwalten. Der Direktor im Auswärtigen Amt würde eine so umfassende Kund gebung i,n deutschen Volke niemals hcrvorgerusen haben, wenn sich iu der Ablehnung derselben nickst die Absicht der Mehrheit de« Reichstages ausgedrückl hätte, die vom deutschen Volke mit Beifall begrüßte deutsche Colonialpctitik zu de- tämpsen. Es isi offenkundig, daß viele Abgeordnete im deutschen Reichstag sitzen, welche unter keinen Umständen ein Mandat erhalten hatten, wenn inan von ihnen nickst voraus gesetzt hätte, daß sie die Colonialpolitik unterstützen würden. Die liberalen Wähler hielten das für so selbstverständlich, daß darüber in den meisten Fällen keine besondere» Abmachungen zwischen Mäklern unv Gewählten erfolgten, und die deutschfreisinnige Partei hat es auch nicht unter lassen, der Meinung bei den Wählern Vorschub zu llistcn, daß sie der Colonialpolitik zustimmen werken. Jetzt kam ab« die ReichstagSsitznng vom 15. December, in welch« der neue Dircctor gestrichen wurde, und damit ja kein Zweifel übrig blieb, wie dieses Votum eigentlich gemeint sei, kamen am folgenden Tage die Abstriche im Bereiche >e« Consulat« Wesens, die GehaltSreduction für die Consnln in Capstadt und aus Korea und die Ablehnung der drei neuen Bice- consulate in der Sübsec. Nebenher zogen sich die Coiiimis- sionssitzungen in Sachen der Postvampservorlage ins Unab sehbare, Fragen wurden aus Fragen gestellt, deren Beant- wortung ganz unmöglich war, und aus dieser ganze» Taktik war nur daS Eine mit Sicherheit zu entnehmen: die Abneigung VcS CentrumS und der Deutschsreisinnigen, die Subvention zu bewilligen. Jetzt wurde vielen Tausenden von Wählern klar, daß sie sich mit den Abgeordneten, welche sic gewählt hatten, über eine hochwichtige Angelegenheit nicht in Ueber- einstimmung befänden, eS war aber zu spät, den gemachten Fehler zu verbessern, und deshalb griffen di: Wahl« zu dem Ausweg der ZustimmungSakresse. Die Frage liegt nahe, warum denn die Wähler sich nicht von ihren Abgeordneten getrennt haben nach den Erfahrungen, welche sie i» diesem Puncte mit ihnen in der letzten Session de« alten Reichstages gemacht hatten; aber so nabe sie liegt, so erklärlich ist auch' die Thatsachc, daß der Schritt eine« FractionSwechsel« nicht so leicht und schnell gethan wird, al« « nothwendig wird. Die Aufgaben de« Volksvertreter» sind mannigfaltig, sie beschränken sich nicht allein auf ein bestimmtes Gebiet, und die Uebernahme der Verpflichtung, gegen alle freihcitsfeindlichen Maßregeln zähen Wider stand zu leisten, erscheint den Wählern der Deutsch freisinnigen stet« al« die Hauptsache. Dafür wird manche Meinungsverschiedenheit in andern Dingen mit in den Kauf genommen, und die Wähl« trösten sich wohl mit der Hoffnung, daß in allen nationalen Fragen stet» die erforderliche Mehrheit vorhanden sein werde, auch wenn die Abgeordneten der Opposition sich ablehnend verhallen. Es ist leik« so. daß viele Wähl« Abgeordnete wählen, von denen sie mit Bestimmtheit annebmen müssen, daß sie antinational stimmen werden au» bloß« Principienreiterei und OppositicnS- sucht, und wenn nachher die Abstimmung da ist. dann sind nicht nur die Wähler, sondern womöglich auch die Abgeordneten mit dem Ergebniß der Abstimmung unzufrieden. Unter diesem Gesichtspuncte betrachtet, wäre e« vielleicht besser gewesen, wenn die Mehrheit für die Verlängerung de« Socialistengesetz-s am lO. Mai nicht zu Stande gekommen und der vorige Reichstag in Folge dessen ausgelöst worden wäre. So geschah cS, daß die Mehrheit für das Gesetz zu Stande kam. obwohl der größte Theil des CentrumS und der Deutscbsrei- sinnigen mit Nein stimmte, und dabei beruhigten sich die Wähler beiderParteien. Nun trat aber am l 5. December der umgekehrte Fall ein, daß eine Maßregel, die von den meisten dieser Wähler für gut und zweckmäßig erkannt wurde, dennoch nicht die Mehrheit fand; die in ihren Erwartungen getäuschten Wähler mußten sich demgemäß die Frage vorlegen, wa« Venn nun zu thu» sei, um solche Vorkommnisse für die Folge zu vermeide». Die Adreßbewegung ist die natürliche Bethätiaung de« EinheitSbrange« gegenüber der tief im deutschen Wesen begründeten Neigung zum Fraktion«- und Cliquenwesen, de« großen nationalen Gedanken« gegenüber der Engherzig keit, der rechthaberischen Kanaegießerri.der streit süchtigen Ueberhebung impotenten Philisterthum«. Mit der bisherigen Art, dieRechteund Interessen de« deutschen Volke« im Reichstage zu vertreten, ist e« vorüber, da« haben die bisherigen Sitzungen de- am 28.October gewählten Reichstag« unwiderleglich bargethan, die Wähl« müssen sich lo«machen von den altgewohnten Partei- und Fractionsunterschieden, von wohlgesrtztcn Programmen, die so zahlreiche Aufgaben aus- zählen, baß die Verfasser selbst nickt im Stande sind, die Puncte alle au« dem Gedäcktniß aufzuzählen. Für eine Partei genügt e«, wenn sie z. B. folgende« Programm zur Richtschnur wählt: Wir stehen aus dem Boden der NeichSversassung» wir sind bereit, mit dem Bunde-rath zur Er füllung de« Reich-zwecke« unbeschadet der sorg fältigen Prüjunq der Gesetze-oorta gen zusammen zuwirken, wir hekämpfen die auf die Herrschaft der Kirche über den Staat gerichteten Be strebungen ebenso wie die Versuch« der Umsturz partei, Staat undGesellschast nach ihrem Belieben umzugestalten. Unser Wahlspruch ist: Deutsch land jederzeit voran und Jedem da« Seine. Das ist ein Programm, welche« jeder liberale Wähler unbedenklich unterschreiben kann, und innerhalb diese« Rahmen« bleibt es den Candidatcn. welche sich um ein Mandat für den Reichstag bewerben, unbenommen, sich über bestimmte Einzelheiten auSzusprecken; die Wähler haben dann zu ent scheiden, wem sie ihre Stimme geben wollen. Das ist etwa» ganz Andere«, als wenn die Frage lautet: Welcher Fraction gehört der Candidat an? Ist er deutschsrcisinnig. ist er nationalliberal. bekennt er sich zur deutschen Rcichepartei oder ist er conlervativ? Wir stimmen nicht mit der „Nordd Allg. Ztg." überein, wenn sie sagt: Es wird nicht eher ander« werde», al« bi« die Wähler au- dem Wahlkamps der Parteien zur freien Selbstbestimmung gelangt sein werden. Die freie Selbstbestimmung würde der Zustand sein, in welchem jeder Wähler sich seinen eigenen Candidaten aussteüt. Da« ist ein unmöglicher Zustand; bestimmte Grundsätze müssen zur Richtschnur genommen werden, aber sie müssen sich auf die Hauptsachen beschränken, die Einzelheiten bei Seite lassen und der freien Bclhätigung der Individualität Raum lassen. Aber wa« wir unbedingt bekämpfen müssen, da« ist die Viel gestaltigkeit de» Wahlprogramm», da« Auigehen in Einzel heiten, welche die Freiheit der Bewegung fesseln und den un befangenen Blick de« Volksvertreter« trüben. So wie die Sachen heule liegen, würde e« für die deutschsreisinnigen Wähler z. B. genügen, wenn sic aus da« Programm wählten: Sämmtliche Regierungsvorlagen s»nd, weil sie von ^F^ser Stelle auSgehen, abzulehnen, jede /Lo!/^/ist zu unterstützen, nur nicht di«j«»tge, -ei«s ,>k/der Bundesrath empfiehlt. Da« ist da« Pro- g?17.mK der Herren Richte, »nd Consorten. Beim Centrum liegt da« Vcrhiiltniß ähnlich. Bei dieser Partei heißt es: Jede Vorlage ist zu verwerfen, die der Kirche nicht eine» Bortheil über den Staat gewährt. Bei den Socialbcmokraten endlich lautet die Parole; Wir nehmen nur DaS an. wa« dazu dienen kann, den bestehen de» Staat und die bestehende Gesellschaft zu er schüttern und zu Grunde zu richten. DaS sind ge meinverständliche Programme, die in dieser Kürze und Bündig keit dock wohl so manchen Wähl« zum Nachdenken bringen und ihn veranlassen würden, sich die Frage vorzulegen: darfst du einem Candidaten deine Stimme geben, der solche Ziele verfolgt? * Leipzig, 3. Januar 1885. * Der Reichstag wird sich nach den Ferien mit der Frage der Arbciterschutzgesetzaebuna zu beschäftigen habe». Der bekannten Hertling'schen Resolution und dem Anträge Lohren aus Einschränkung der Frauenarbeit soll sich ein seit längerer Zeit angekünvigt« umfassend« Gesetzentwurf der Socialdemokraten anschtießen. Wie sehr auch da« Be streben, für Leben und Gesundheit der Arbeiter möglichst wirksame Maßregeln durchzufübren, zu billigen ist, so ist doch nicht außer Acht zu lassen, daß ein Vorgehen mit staatlichem Zwange auf diesem Gebiete nur unter größter Vorsicht er folgen darf. Biele der gewöhnlich erhobenen Forderungen haben weit mehr eine agitatorische, al« eine praktisch wohl- lhätige Bedeutung. Man wird sie sämmtlich der schärfsten Prüfung zu unterziehen haben. An V« Spitze pflegt da« Postulat de« Normalarbeitstages zu stehen. Den theore tischen Gründen uudGegkngründen.auS welchen sich die DiScussion üb« die« Thema von Alter« her zusammcnsetzt, sind neuer ding« die in der Schweiz gemachten praktischen Erfahrungen hinzugetreten. Sie laufen bekanntlich in. Großen und Ganzen daraus hinaus, daß durch den NormalarbeitStaq gar nicht« geändert ist. Wie sollte e« auch anders sein? DaS schweizerische Gesetz beschränkt die Maximalarbeit-zeit aus ll Stunden. Länger ist in den Fabriken auch vorher in der Regel nickt gearbeitet worden. Und wo cS doch der Fall gewesen, ge schieht e« auf Grund der Ausnahmebestimmungen auch heute noch. Wie liegen nun die Verhältnisse in Deutschland? Nach den neuesten Berichten der Fabrikeninfpectorcn wurden in den Berlin« Fabriken von lvü» Arbeitern nur k.l über ll Stun den. 15S.7 über lO Stunden, 277.8 aber unter 10 Stunden täglich beschäftigt. Die« Vcrhältniß scheint typisch zu sein für ganz Deutschland; ganz überwiegend wird in den Be richten eine regelmäßige Arbeitszeit von 10 —ll Stunden angegeben; in einigen Kleinstaaten und in Hamburg ist sogar ausdrücklich nur von 10 Stunden die Rcoe. Die „Ueberstunden". welche hier und da in Nothsällrn eingelrgt werden, können da« Gesammtbild nicht ver ändern; sie würden auch nach Einführung de« gesetzlichen Normalarbeitstage« nicht entbehrt werden können. Zu ver kennen ist allerdings nicht, daß in verschiedenen Gegenden, wenn auch meisten« nur in vereinzelten Betrieben, nock die Unsitte einer zweifellos zu h"ch gegriffenen Arbeit-zeit besteht. So wird nc menllick aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf berickket, daß in den Textilfabriken noch vielfach ll'/„ l2und >3 Stunden gearbeitet werde, und daß im Ganzen und Großen di« Arbeitgeber sich gegen eine Kürzung der ArbeitS- reit ablehnend verhalten. Dieser Standpunkt kann nicht scharf genug verurtheilt werden. Immerhin aber handelt e« sich bi« doch nur um eine vereinzelte Ersckcinung. Im All gemeinen wird man sagen dürfen, daß auch in Deutschland die Einführung wenigsten« de« rlfstünvigen Normalarbeit«- tage« praktisch ohne Werth sein würde. Warum aber denn so viel Aufheben« davon machen? * Nicht ohne Bedauern müssen wir darauf verzichten, manche der vielen Hunderte von Adressen an den Fürsten Bi-marck im Wortlaut mitzulheileo, di« schöne und beher,igen«wcrtbe politische Gedanken enthalten. Au« Gegen den selbst, in denen man die begeistert nationalen Elemente nur ganz vereinzelt vermuthete, sind Adressen mit einer statt lichen Zahl von Unterschriften an den Reichskanzler abge gangen. so au- dem Kreise Merziq an der Saar. Weitere warme Kundgebungen sind neuerdmg« aus Heidelberg, da? trotz seiner jetzigen Vertretung im Reichstag treu national ist, und au« Jülich bekannt geworden. Ganz besonder« habe» die D-utschen im Au-lande in sehr lebhafter und beredter Weise ihren Empfindungen Uder den ReichStagSbeschluß vom 15. December AuSvruck verliehen. Al« eine der schönsten unter den vielen solchen Kundgebungen möge die mit 228 Unterschriften bedeckte Adresse der deutschen Colonic in Riga hi« Platz finden. Sie lautet: Ew. Durchlaucht! Beim hiesigen General-Eonsulat wird ein Schreiben ausbewahrt, welches Ew. Durchlaucht am 3. November 1860 aus Petersburg nach Riga schrieben. Fünf arme deutsche Bergleute, von Ew. Durchlaucht mit dem »Sthigen Reisegelde versorgt, sollten über Riga nach Haust. Als preußischer Gesandter schrieben Ew. Durchlaucht ausführlich eigenhSndig hierher, wann jene Leute hier einlreffen müßten, daß Consulat und deutsch« Colooie sich ihrer annehmen machten, uud wie und wo man nach ihnen forschen möge, träfen sie nicht vünctlich eia, denn keiaensaklS sollten dieselben aus der langen Laudrrise im fremden Land« hilf- und schuylo« bleiben. Mit solcher Umsicht nahmen Ew. Durchlaucht al- Gesandter sich armer Landsleute au. Damals war Preußen klein, die letzte Großmacht, und wer von Deutschland sprach, dem antwortete man hier: „Was ist Deutsch, land? Wir kennen es nicht. Sind Die aus Bayern, Hessen, Preußen oder Anhalt? Ein Deutschland giebt e« nicht." In Deutirbland weiß man das nicht mehr — auch politisches Wohlleben läßt schlimme Lage schnell vergessen. Uns aber klingt's noch deutlich in den Ohren und noch zuckt da« „Wir kennen Deutsch land nicht" um manche« Fremden Lippe, nur daß er'« nicht mehr ou-zulprechen wagt: zu strahlend flammt seit jenem 18. Januar 1871 der Name „Deutschland" aus den Tafeln der Geschichte, al« daß noch Jemand blinzelnd sich an ihm vorbeischleichen könnte. O große Zeit, die wir im Felde theils, theil« in der Heimath mit erlebt, wie stolz hat st« uns gemacht, Deutsche zu sein. Wie schmolz in ihr Ew. Durchlaucht Name mit dem de« theurrn großen Baterlande« so zusammen, daß wir hie Heimath nicht mehr nennen konnten, ohne Ew. Durchlaucht in Bewunderung und Dankbarkeit zn gedenken. Entschlossen, rastlo« haben Sie seitdem de« Baterlande« Ansehen und seine innere Wohlfahrt Zoll um Zoll gehoben. Durch die Erfolge unbeirrt, Körperleiden und den Jahren trotzend, arbeitete» Sie, aus Gott ond Recht vertrauend, an Deutschland- »nd der Deutschen Wohl, in pflichttreuer Hingabe an Kaiser nnd Vaterland jedem Deutschen ein leuchtende« Vorbild. Wen» während dieser langen Frieden-arbeit Ihre schlichte Größe dem Verständnisse eines Lhnlc» der Nation envuch«, einem andern die Begeisterung erlahmte und Sie nur zu »ft in Kämpfen mit Vertretern de« eigenen Volkes di« Llüthen der Vaterlandsliebe »nd Treue retten mußten vor den« Ue'^nrucher» dnrch kurzsichtig«, kleinlich« Selbstsucht «nv bewußte SrchdseliAeit — »tr Deutsch« im AnSlande haben immer tu» »n Ihn»« v-«>de» Mch Meer M»er« als t, dankbar« »e«hm»s gedacht. Die Weitheit und Größe Ihrer Politik erschloß s«»r den mittler» und unter» Schichte» fremder Völker da« VerstäudaiK uud zwang die Widerwilligen mit unerbittlich« Logik, Ihre» Namens Glanz zu bewundern und Deutschland zu preisen ob der großen Zeit, die es unter und Dank Ihrer Leitung durchlebt. Heute dürfen ivir in freudigem Stolze, Deutsche zu sein, unser Haupt da erheben, wo man — noch ist es kein halbe« Mrnschenalter her — eine ve- rusung aus deutsche Nationalität belächelte, und auf der Erde weiter Runde fühlt heute der Deutsche sich geachtet uud geschützt, weil Ihre und Ihre« Auswärtigen Amte« umsichtige Fürsorge ibu so bewahrt, wie Sie vor Jahren die» mit den arme» hilflosen Landsleuten gethan. Da kam da» Votum vom 15. December diese« Jahre« und durchflog die Presse der Welt. Wir können, Ew. Durchlaucht, die Lonstellationen deutscher Parteien den Ausländern nicht erklären. Wir können ihnen nicht begreiflich machen, daß eS sich um einen Act hämischer Feindseligkeit handelt, um eine Ablehnung ln zweiter Lesung — mit der säst ausgesprocheneu Absicht, in dritter Lesung zu bewilligen. Dergleichen klingt SluSländeru nicht glaublich von ernsten Männern, welche die deutsche Nation in ihr Parlament entsendet und die sie zu ihren Ersten zählt. DaS Au«lani> wägt nur daS höhnende persönliche Mißtrauensvotum de- deutschen Parlamentes an den Mann, dessen genialer Politik Deutschland so unendlich viel verdankt — un- steigt die Schamröthe in- Gesicht ob der Schmach, die jene« Votum über unser Volk gebracht. Doch wir verzagen nicht. Gesellt zu den Millionen unserer Landsleute, die mit ihrer Zeit gewachsen sind und heute fest ent schlossen zu Ew. Durchlaucht stehen, versichern auch wir Ew. Durch laucht unsrre« unentwegtrn dankbaren BertraneuS. -Botte- Bor- iehung hat Deutschland« Grschick zu wunderbar gelenkt, als daß es zerfahrenen Parteien, deren Egoismus nach völliger Entwickelung sich selbst vernichten muß, Vorbehalten sein könnte, daS herrlich Ge- fügte so bald zu lockern. Wie damals der Rus „zum Rhein" Deutschland- Kräfte zusammenschloß, so wird auch das Drohen innerer Gesahr nur die Bluth sein dürfen, in der olle Gutgesinnte!, sich stählen in der Treue zu unserem erhabenen Kaiser und zum thruren Baterlande i * In Einbeck hat, wie wir im „Hannoverschen Courier" lesen, eine Verständigung zwischen Conservativen, National- liberalen und CenlrumSmitgliedern stattgesunven. der sich sogar welfische Wähler angcscklosscn haben, um dem Herr» Reickstag-abgeordneten von Otder-Hausen mittelst ossencn Sendschreibens zu «klären, daß der Reich «tag-besch luß vom 15 d.M. bei allen gebildeten deutschsühlenden Männer» der verschiedensten Parteien peinliche« Aussehen «regt hal Also selbst in den Kreisen de« CentrumS regt e« sicb^ daher die Wuth der „Germania" über den „gemachten Adresse»- schivinbel". DaS Eindecker Beispiel widerlegt aus« Schlagendste Vir Bebauptung, daß die Mißbilligung jenes Reichstag- beschlusse« ausschließlich von politischen Gegnern der deutsch freisinnig-klerikalen Mehrheit auSgehe. * Dem Uebertritt de» Grafen Herbert BiSmarck al« Unterstaatssecrrtair in da« Auswärtige Amt wirb in diesem Monat entgkgengeseben. Es gilt unter allen Um ständen al» sich«, daß Graf BiSmarck nicht die Stellung eine- UnterstaatSsecretairS al« Commissorium verwalten, sondern den Gcsandtenposten im Haag aufgebcn wird. * Süddeutsche Blätter melden, daß der im Laufe der letzten Wahlbewrgung vielgenannte Bürgermeister von Ulm, von Fischer, nationalliberaler Reichstagsabgeordneter sin den Wahlkreis Ulm, sein Coininunalaml niedcrlegen und eine Anstellung im Rrichsdienst erhalten werde. * Die „Post'" bringt auS Gmunden folgende Nachricht: „DaS Pa tat«, welche« der Herzog von Eumberlan d hiec anffittiren läßt, schreitet seiner Vollendung entgegen; der Architekt, welcher den Bau leitete, wurde nunmehr auch mit der Ausgabe be traut, nicht blo« die Entwürfe für die innere Ausschmückung, sondern auch ssr die kostbare Einrichtung herzvstellen. BemerkenSweith ist hierbei der Umstand, daß die letztere fix und fertig aul Hannover noch Gmanden gebracht »erden wird, da alle Bestellungen auch daselbst erfolgten." Dazu bemerkt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": „Daß der Herzog von Cumoerlauv die Haud- . . - Nah ' ' - - werk« in Hannover in Nahrung setzt, ist an und für sich
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