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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188501287
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850128
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-01
- Tag1885-01-28
- Monat1885-01
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1885
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I«Kl ' I IMLI N.- mui KA »»« 'Ll rr^Tb »4° 4 ll10.- «N.1: 10»» 1 Ulu» 0«4», K»de h» ,NI«° taE ü> -N«rr> M»dl >Nl«r» rdttr» 7Ä' dl»l«> >all) »»l<l» »kr. dvl»»o >ri»» » r»t«d> :d«rt> itko» u,r«l I,V. 4^4 Ut. e «» tSil ««t «- »«: 97- «4» Sr»!, 4 l18k WL söuc UL- i2.- >«.!L IM^ t>7^ t»- iöl il»", ««8. rr»> 9.7? «U VN/0 178-c. 7» »««« d»d» «Löo »o»I80 du 168.75 >«. p«r >.vrll- 146 5« X » 43ü»^. uü-4uxn«t — Kübsl 5S.S0 LpeU-Lm (Sestes 8timmu»L: »t, 10.000 i TvrknuN. von einem >). M«»»e- tUi«San,i »r.D«m»>«r »er »ord- stsche Post' Erscheint tLgltch früh SV,Uhr. Nr-actt«m und LrprdMoa JohaaoeSgafie 33. -Ptrchstundrn der trebacliun: Bormillags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. kntie »iil<l,-d, M-nuicrw», mach» Sch tu Nedicn,» llutl v«:om»l«. TaMM An»«tz«e »er für »ie a-chftfol,eu»e Nummer »eftiiumtru Inserate an Wschentagrii bis S Utzr NachmtttagS. an Lanu» un» Kefttaae» früh bt«U»r. In den Filialen für Ius.-Annahme: Ltt« Atem«, UawersttätSstraße 31, raut» Lüsche, Kalhariuenstraße 18, p. nur bt» '/.» Utzr. Anzeiger. — — ! WMT1—' Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels and Geschäftsverkehr. ^ 28. Mittwoch den 28. Januar 1885. »afla-e LS,?»0 Abonnnnriff «Preis viartelj. 4'/, incl. Brtngerlvhn 5 Mk, durch dl« Post bejogeu S Mk. Jede einzeln» R«mma R> velegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeil»»«« (in Tageblatt-Format gesatzst «tz»e Postdeiördcrung 3» Mk. «11 Poßbef-rderu», 48 Mk. IufenNe Sgespalteve Petttzeite N0 Pf. GrStzere Schriften laut uns. PrelSver^ichuch. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach höhenn Tarif. Kerl amen uater dem RedacttouSftrich di«4aespalt. Zell«50Pf., vor den Familieunachrtchten die Kgespaltcae Zeile 40 Pf. Juserate sind stet« an die Exvebttian ja sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pravllumerauä» oder durch Post. Nachnahme. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekannlinachuns. Nachdem mir mit Zustimmung der Stadtverordneten „für da« auf der dtordseit« der Stadt Leipzig gelegene, bis zur Flurgrenz« von Gohlis, Eutritzsch, Mockau und Scbvneseld reichende Areal" einen ,,B«bau«ngSplnn" festgkstelit baden, bringen wir dies hierdurch mit dem Hinweis voraus zur allgemeinen Kenntniß. daß dieser Plan vier Wochen lang zu Jedermanns Einsicht auf unserem Bauainte (Tiesbau- Abthellung, Zimmer Nr. t4) auSliegt, sowie daß Widersprüche gegen den gedachten Bebauungsplan bei deren Verlust binnen vierwöchentlicher, von» Tage der Veröffentlichung gegenwär tiger Bekanntmachung in den „Leipziger Nachrichten" ab zu berechnender Fnst schriftlich bei unö änzubringen sind. Leipzig, de» IS. Januar 1885. Der Skath der Ttadt Leipzig. vr. Georgi. Wilisch, Aff. Holz-Auction. Freitag, den G. Februar d. I., sollen von Bormittags S Uyr an aus dem dle-jShrigen Schlage im Rvsenthal zwischen der Leibniz- und der Waldstraßcnbrücke, sowie am Gohliser Dammwege 8 Xmtr. Eichen-Nutzschett« I. und II. El. 118 - Eichen» i V : LL.".! 10 » Rüstern- 1 gegen sofortige Baarzahlung und unter den öffentlich auShängenven Bedingungen an den Meistbietenden verkauft werden. Zusa««enPunst: «n der Leibnizbrücke. Leipzig, am IS. Januar 1885. De» Rath» Forstdeputation. Holzauktion. Mittwoch», den II. Februar e. sollen aus dein Mittelwaldschlage in Abth. 34» und 35a deS Durgauer Forstrevier« im sogenannten Riederholze, hinter den: neue« Gchützeuhause ans der rechten Leite der Fluthrtnae und den» Fustwege vo»» Rosenthal nach de« Schütze»»-an» I1V Langhaufen uno vv Abraurnhaufe» unter den öffentlich aushängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werben Zusammenkunft: Früh 9 Uhr auf obigem Schlage an der Fluthrinne. Leipzig, am 26. Januar 1885. DeS Rath» Forst-Depntation. Vrkanntmachung. Gesucht der früh«»« hiesige Restaurateur Johann Julius Paul Kattcrbe, ^«boren den 2. August 1850 i» Hochkirch, welcher zur Für- org« für seine Kinder anzuhalten ist. Leipzig, am 24. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) Luvwig-Wols. Werner 8 Vekanntmachung für die Herren Vormünder. Die bei dem Unterzeichneten Königl. Amtsgericht in Pflicht siebenden Herren Vormünder werden hiermit veranlaßt, die wegen ihrer Pflegebefohlenen -u erstattenden LrztehungSberichte längstens bis »n« »1. Januar 188.» anher «iuzoreicheo. Formulare zu diese» Berichten sind in dem Amtsgerichts gebände, Zimmer Nr. 79, 85, 94 und 107 zu erhalten. Bei der Ausfüllung der gedachten lkrziehungsbertchte ist aber neben vollständiger Beantwortung der vorgedruckten Fragen noch weller und zwar: ». bei ehelich geborenen Pflegbefohlenen der volle Name, Stand, letzte Wohnort und das Todesjahr des verstorbenen Vaters a»4«g«beu, d. bet unehelich Beboreneu sind di« Worte bcizusügeu: „unehelich geboren." Auch wollen di« Her»»« Vormünder etwa eintretende Mohnungs Veränderungen hier zur Anzeige bringen. Leipzig, den 6. Decrmbcr 1884. 1iönt,liche» Amtsgericht, Abttz. V. Mannsfeld. Nichtamtlicher Theil. Zur Frage der Arbeitsgesetzgebung. * Seit Fürst Bismarck mit der ihm innewohnenden Energie die Socialrcsorm in Angriff genommen hat. als deren erste Früchte wir da« Gesetz über die Krankenversiche rung und über die Unfallversicherung haben entstehen sehen, ist von allen Seiten der Versuch gemacht worden, die Social reform weiter auszubilden, und eine Anzahl Anträge im Reichstage zeigen "deutlich die Spuren, welchen man die jociale Reform folgen lassen möchte. ES unterliegt keinem Zweifel, daß die Anträge Hertling, Ackermann ic. ehrlich gemeint sind und daß die Antragsteller in jeder Hinsicht überzeugt sind, daß, bei Annahme ihrer Wünsche und bei Einkleidung derselben in GesetzcSform, einem Theil« der arbeitenden Elasten de« deutsche» Volke« geholfen wird, immerhin nur einem Theile und cS ist daher nicht be fremdend, daß jetzt der andere Tbeil sich durch die Aufstellung dieser Forderungen beeinträchtigt sieht und gegen die Erfüllung derselben mit allen Kräften ägitirt. Mau wird sebr leicht geneigt sein, diese Agitaliou - selbstsüchtigen Interesse» zuzu- ichreiven und eine gewisse Presse hal cS den» auch schon sertig gebracht, de» Beschluß veS Ausschusses deS Eenlral- verbandeS deutscher Industrieller in dieser Hinsicht herab- zusetzen und den Großindustriellen den Vorwurf zu machen, die weitere Entwickelung de« ArbeitrrschutzeS aus die lange Bank zu schieben. W»r haben durchaus nicht die Aus gabe, diesen Ausschuß gegen diese Ausführungen in Schutz zu nehmen, ebensowenig als seinen Beschluß zu erörtern, aber wir können doch nicht umhin, zu sagen, daß wir e« tat sächlich in dem Stadium, i» welchem sich jetzt die vor bereitenden sociatresormatvrischen Gesetze befinden, für eine Neberstürzung und Uebereilung halten, tiefeinschneidende Gesetze aus einem Felde zu mache», welches noch lange nicht genügend erkannt ist. Will mau beute, wo wir uns noch in einem lebhaften Parteilreiben befinde», Ivo mau Demjenigen, der Vorschläge zur Besserung der socialen Lage macht und nicht jener Richtung angehört, welche ganz allein sich im Besitze deS HeilungSrecepteS zu besindeu wäbul und welche jedem Andersdenkenden daS Recht abspricht, mitzuredcn. die Arbeiter- gesetzgebung, bester allerdings Arbeitsgesetzgebung, resormiren, so wird man mehr oder minder ans die Partei Rücksicht nehmen und seine Entschlüsse von politischen Erwägungen beeinflussen lasten. Man wird beute, wie dies ja in den Äuträgen ziem lich deutlich gesagt ist, zu Gunsten der Fabrikindustrie Gesetze ertasten, weil man der Ansicht ist, daß der größte Theil der Unzufriedenen Fabrikarbeiter sind, und man wird, ohne mit den Verbesserungen Jemand zufrieden zu machen, die Haus industrie in ihrem gesundheilsgesährlichen Zustande belasten, weil man den Arbeitern selbst doch nicht gut vorschreiben kann, wie lange sie zu Hanse arbeiten dürfen. ES ist ja selbstverständlich, daß solche Gesetze, wie sie der Abgeordnete v. Hertling wünscht, dem Fabrikarbeiter nützen, insofern als sie dein Fabrikanten einen gewissen Zwang auferlcgen; eS ist aber die Frage, ob sie im Stande sind, überall Zufriedenheit zu geben oder ob sie nicht bei den HanSiudnstriearbcitern nur »och eine größere Verbitterung Hervorrufen. Ohne Zweifel bedarf es einer ganz gründlichen Reform der Arbeitsgesetzgebung, einer Reform, welche von Grund aus, auf der Basis aller wistenschasllichcn und praktischen Er gebnisse der Hygieine, die gesundheitlicbcn Verhältnisse in der Industrie resorinirt und welche zugleich auch den politischen und wirtbschaftlicken Forderungen Rechnung trägt, welche die Zustände innerhalb der Industrie haben mit Recht entstehen lasten. Allein zu dieser Reform ist, wie bemerkt, der jetzige Zeitpunct ein durchaus ungeeigneter und zwar aus verschiedenen Gründen. Als ein Grund erscheint uuS die an der Tagesordnung bcsiudlichc PvPularitätS- bascherci, welche sich immer bemüht, eS den am lautesten Schreienden recht zu machen, und welche eS dahin gebracht bat, daß selbst ini Reichstage, der sich doch der größten Otjectivitäl befleißigen und daü Wohl deS Staates ohne Rücksicht aus die Tagesstrownnge» im Auge haben zollt,7 man sich nicht davon befreien kann, hin und wieder zu be tone», daß die oder jene Parteimänncr die Interessen dieses oder jenes Standes vertreten habe», Behauptungen, die leider nur zu wahr sind, von dem gemeinsamen Interesse abcc nicht« verspüre» lasten. Man ist viel zu geneigt, Gesetze wegen augenblicklicher Verhältnisse zu machen," und den besten Beweis gicbt hierfür die neuerliche Debatte über die Rüben- zuckersteucr, in welcher man durchaus der Zuckerindustrie goldene Brücken bauen wollte, obgleich schon seit Jahren auf das Ein treten dcö Kraches hingewieseu worden ist. Es ist ein Verdienst des Ministers vr. Lueius, in Vieser Frage so ziemlich allen Par teien die Wahrheit gesagt zu haben. Sv lange man nicht dein Staate die Vormundschaft über jede» Angehörigen überträgt, so lange muß es auch den Leuten gestattet sein, sich zu ver- spcculiren und die Finger an einem Feuer zu verbrenne», daö groß genug war, um gesehen werden zu können. Nachdem »unmebr die Notb da ist, wünschen alle Parteien zu löschen und sich jede bei den Zuckerbanern populär zu machen. Dieses Beispiel von Augenblicks-Gesetzgebung wird genügen, um zu zeigen, wie vorsichtig man in" der weiteren Arbeits gesetzgebung sein muß, einer Gesetzgebung, von der schließlich auch die Nübensteuergcsetze ein Theil sind. Sprechen wir also der heutigen Zeit in politischer Beziehung die Befähigung zu einer durchgreifenden,allenTheilen gcrechlwerdeiidenArbeilSgesctz- gebung ab. so werde» wir dazu noch aus dem Grunde bestimmt, weil die Fundamenlalgesetzc der Socialresorm, die Kranken versicherung und die Unfallversicherung, »och nicht in der Weise in daS Fleisch und Blut der Nation übergegangen sind, als es nölbig erscheint. Besonders die bernssgei'ostcn- schaftliche Organisation, von welcher wir so viel erwarte», steckt noch in den Kuiderschuben, und selbst berufene Vertreter der Industrie, Leute, die an der Spitze der Verussgeiivsscii- schafk sieben, haben oftmals keine Ahnung, in welcher Weise die BerusSgenostenschaft von epochaler Wirkung sein wird. Hier müssen wir gleich etwas aussprechcii, Las uns schon lange aus dem Herzen liegt: Die Arbeitgeber haben zum weitaus größten Theile keinen Begriff von der Organisation und Tragweite der neuen Gesetze. In ihren Kreisen herrscht eine unschuldvollc Unkennlniß der Wirkung und der Bedeutung dieser Gesetze, nicht in finanzieller. sondern besonders in wirtbscbaslS- politischer Beziehung. Es ist bedauerlich,wie wir schon ost betont habe», daß die Vertretung der Arbeiter in den Bcrusö- genostcilschafteii seitens des Reichstags so sebr beschnitten worden ist. Bei dein Bestreben der Arbeiter, sich eingehend über sociale Fragen zu unterrichte» and der Intelligenz der deutschen Arbeiter, würde eine bessere Vertretung derselben in den Bcrussgenossenschastcn einen frischeren Lustzug in die bis jetzt noch sehr formell behandelte Organisation gebracht haben. Ta dies jedoch nicht der Fall ist, so ist es nun an der Zeit, daß die Arbeitgeber den ihnen gestellten Ausgaben gerecht werden und nicht bioS die Unfallversicherung als ein Gesetz, daS sic belastet, ansehcn, sondern sich auch der weiteren Ausgaben desselben bewußt werden, daß sie vor Allem auch die BernsSgenosienschast zu einem Orte machen, wo alte Fragen der Industrie geprüft und voructheilSlos besprochen werden. Den besten Beweis, wie schwer es ist, eine durchgreifende, allen Theilen gerechlmcrvende Arbeitsgesetzgebung zu schasse», giebt die socialdemokratische Partei. Mit so viel Emphase ist der Entwurf derselben angckünvigt worden und dis jetzt haben die kreißenden Berge noch nicht- geboren. Keineswegs liegt dies etwa an der Unthätigkeit der Herren Svcialdciiiokralen, ii» Gegenlbeil. wir sind überzeugt, daß sie sehr stark an der Arbeit sind, aber auch ihnen, obgleich sie ausgesprochener Maßen nur da« Interesse der Arbeiter vertreten und auch sonst mit Radikalmitteln und sehr „durchgreifenden" Vorschlägen nicht hinterm Berge halten, scheint die Herbeisübrung rer allgemeinen Glückseligkeit im Rabmcn nuferer Verhältnisse sehr schwer zu werde». Sie werden schließlich auch kein anderes Mittel als tabu!» ra^a in ihrem Sinne, wie die Ha»d- werkerpartei die tabula ra^a in ihrem und die Deutsch- freisinnigen in ihrem Sinne finden. Die große sociale Ent wickelung, in der wir uns jetzt befinden, läßt sich überhaupt nicht streng in Gesetze zwänge», und s» lange dcr GäbrnngS- proccß dauert, müssen die cmzelncn Factorcn ans Grund rer bestehenden Gesetze, die ja allmälig gelockert und erweitert werden können, anskommen, Vereinbarungen wegen Normal- arbeilötag, Frauenarbeit rc. frei treffen und somit selbst eine natürliche, alle Theile des Volks und alle wirthschafllichen Verbältnisse, Börse, Hausindustrie, Frauenarbeit in ihrer Verzweigung, Zölle, Dienstbotensrage, landwirthschastliche Frage u. s. >v., treffende Arbeitsgesetzgebung vorberciten und herbeiführen. Leipzig, 28. Januar 1885. * Dem Reichstag ist dcr Gesetzentwurf, betreffend den Beitrag des Reicks zu den Kosten deS Zollanschlusses von Bremen, zngcgangen. * Die.NationalliberaleCorrespondenz" schreibt zur Lage: „DaS AuSspielen und Ansbetzen des Volks gegen den Reichstag, wie eS angeblich in dcr „Ent- rüstungsbewcaung" stattgesunden haben soll, ist in den letzten Tagen von klerikaler und deutschsrcisinniger Seite in der schärfsten Weise verurtheilt und al- ein geradezu re volutionäres Beginnen, da« au die Terrorisirung deS fran zösischen EonventS durch den Pöbet erinnere, bezeichnet worden. Wie kann aber ernstlich Jemand, zumal ein libe raler Mann, den Staatsbürgern und Wählern verwehren wollen, ihre Meinung über politische Fragen, die das ganze Volk beschäftige», jrci zu äußern und auch dem Reichs tag gegenüber etwaige abweichende Ansichten zur Gel tung zu bringen? An Allem in dcr Welt soll Kritik erlaubt sein, nur nicht a» der unfehlbaren ReichStagS- majorität. Ihr gegenüber soll das Volk in stummer Ehrfurcht verharren, und wenn Millionen einen ReichSkagsbeschluß für verkehrt halten, sollen sie doch kein Wort dcr Mißbilligung äußern dürfen. Denn darunter könnte das Ansehen dcr Volksvertretung und damit deS constitutioncllen Systems leiden, so lautet die in den letzten Tagen verkündigte klerikal- sreisinnige Doctrin. DaS Ansehen deS Reichstags hat aller dings gelitten, aber nicht durch die „Entrüstung", sondern durch die Dinge, die sie hervorgcrusen haben. Und wie machen cS denn die Wähler der Unantastbarkeit der Volks vertretung in denjenigen Fällen, wo sic in der Minderheit sind'? Haben die Ultramontanen etwa stillaeschwiegen und in stummer Ehrfurcht ausgeblickt, als die Maigesctze bcrathen und beschlossen wurden? Haben sie niemals ihrer Entrüstung i,n Mißbilligung Ausdruck gegeben? Haben ihre Führer etwa k > gegen die kircheupclitische Gesetzgebung gerichtete Bewegung erstickt u.ld unterdrückt oder sie rc'.cht v'<>mehr ru der leiden schastlichsten Weise geschürt? Oder die Freisinnigen? War cS nickt Herr von Forckeiibeck, noch dazu der Reichstags- Präsident, der das Volk gegen die Lebenvinittelzölle „aus die Schanzen" ries, als sie vom Reichstag beschlossen wurden? Sehen wir nicht jetzt gerade wieder, wie eine sehr planmäßige Agitation gegen die Erhöhung dcr Getreidezöllc von „frei sinniger" Seite ins Werk gesetzt wird, eine Agitation, die freilich nur der Socialdemokratic zu gut kommen wird? Wir sind begierig, ob die freisinnige Hetze gegen die Kvrnzölle ver stummen wird, sobald de: Reichstag sein Votum abgegeben hat. Nein, Klerikale und Dcutschfreisinnigc sind die aller letzten, die ein Recht haben, über Verhetzung und Aufwiegelung deS Volks gegen seine legitime Vertretung zu klagen, sie, die unausgesetzt in systematischer Weise Das wirklich treiben, was sie Andern ungerechter Weise zum Vorwurf machen." * Der Abg. Nickert hat in dcr Sonnabendsitzung deS preußischen Abgeordnetenhauses die Behauptung ausgestellt, iii dcr Vndgetcommisston deS Reichstags hätten auch die nationalliberalen Mitglieder gegen die Forderung für ein General er» n s n l a t in Eapstadt gestimmt. Diese Behaup tung ist unrichtig, und dcr Redner ist von dem Vor wurf dcr Leichtfertigkeit um so weniger sreizusprechen, als er selbst Mitglied der Bndgclcoiiimission ist und über die dor ligen Vorgänge unterrichtet sein müßte. Eine ähnliche wahr beitSwidrige Bebauptung hat auch vor Kurzem dcr Abg. Alcrander Meyer in der „Breslauer Zeitung" bezüglich deS Tircclorpostens im Auswärtigen Amt ausgestellt. Es scheint fast System in der Sache zu fein. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" be schäftigt sich heute an leitender Stelle mit Herrn Nickert Daö Blatt schreibt: Trotzdem Herr Rickert bei der Reichstags-Abstimmung des 15. vor. Mvn. nicht zugegen gewesen ist, und ihn also keine Ver antwortl'chkeit sür die Ablehnung der zweiten Direclorstclle im Aus wärtigen Amt trifft, so hat er eS doch für angezeigt erachtet, in den, Redckampf, welcher neulich sowohl im Reichstage, als auch in dcr preußischen Volksvertretung über die au- Anlaß jener Abstimmung an den Reichskanzler gerichteten Adressen zum Ausbruch kam, sich in das äußerste Vordertresfen zu stellen. Aus de» erste» Blick hat die Thatlache etwas Auffälliges; indeß bei näherer Betrachtung ver liert sie diesen Charakter. Herr Rickert hat wohl etwas von dem Ehrgeiz Cäsar'S an sich; er ist lieber der Erste aus dcr Ministerbank, als dcr Zweite aus den Bänken der „ircisinnigen" Partei, und mit Rücksicht auf die Er habenheit des Ziels hält er jeden Weg dazu für gestattet. Nachdem er bereits verschiedene Wege versucht, hat er sich nunmehr sür eine Coalition zwischen Demokratie und Ultramontanismus entschieden, und eben hieraus erklärt e- sich, daß ci am Schluß dcr vorigen Woche wieder Arni in Arm mit Herrn Richter uud Herrn Windl Horst aus den Kamvsplatz getreten ist. ES ist unS sogar sehr wahrscheinlich, daß Herr Rickert der eigentliche intellcetuelle Urheber dcr nculichcn Vorgänge ist. DaS Eentrum wurde zuerst vorgeschickl, im Reichstage Herr v. Huene, im Abgeordnetenhaus» Herr Bachem. Aber kaum waren die ersten Schüsse gewechselt, so griff Herr Rickert ein, und zwar, wie wir glaube», in dem sehr richtigen Gcsühl, daß, wer die Sache an gezettelt hat. auch thatsächlich Mitwirken muß. Wie das Mittel dem Zweck sich aupaßt, welchen Herr Rickert versolgt, ist leicht begreiflich. Wen» eine enge Verbindung zwischen Eentrum und Fortschritt sür Herrn A ckert die Leiter zum Ministerium bilden soll, muß er das neuüche Abschwenken Herrn Richlcr's von dem Wege, den Herr Windlhorst vorgeschriebe» hatte, für einen taktüchen Fehler halten und die Waffenbrüderschaft durch einen neuen gemeinsamen Kamvs befestigen. Weiter scheint cS unS sehr erklärlich, daß sowohl Herr Windlhorst, al- auch Herr Richter dem ehemaligen Führer der Secession bereitwillig rntgcgengekomnicn sind. Herr Windthorst findet dabei seine Rechnung, und sür Herr» Richter ist daS augenblickliche Bedürfnis dcr Rickert'schen Unterstützung be stimmend. Indeß, wenn wir auch das Verhalten Herrn Nickert'ö verstehen, so müssen wir demselben doch unsere Anerkennung ver sagen. Wir »vollen vom eigenen politischen Gtandpunct ganz ab sehen, wir wollen die moralische Seite der Aktion gar nicht berühren, sondern beschränken uns daraus, da- neuliche Verhalte» Herrn Rickert's vom Standpunct der poliiischcn Klugheit auS zu bcurthcilen; aber auch dann kommen wir zu dem Schluß: 8i »aeuissesll Her; Rickert besitzt einen weiteren Blick als Herr Richter: aber er sieht doch noch uicht weit genug in die Zukunst hinein, und sein Lalcul ist ei» falscher. Er will sich eine Majorität in der Volks vertretung verschaffen: eine andere Begründung seines Regierung-- bcrufeS vermag er vielleicht selbst nicht ausfindig zu machen, und zum Glück paßt dieselbe ja vollkommen in daS System des parla mentarischen Regimes, als dessen Verfechter er — vielleicht in Folge einer richtige» Sclbslerkenntniß — von jeher ausgetreten ist. Aber selbst wenn mau Politik nur unter dem niedrigen Gesichtspunkt einer aiigewaudlen Arithmetik betreiben will, ist die Sache nicht so leicht, wie Herr Rickert anzunebmen scheint. Der Werth der in Frage kommenden Factorcn ist dem Wechsel unterworfen, und die Vorausberechnung derselben erfordert Fähigkeileu, welche Herr» Rickert offenbar abgeheu. Ein Ministerium Rickert, verbrämt mit einigen in allen ätteln gerechten Bureaukraten, muß sich in erster Reihe auf die fortschrittliche Demokratie stutzen. Ader diese Grundlage reicht nicht aus; damit läßt sich keine Majoriät schaffen, selbst nicht unter dem Hochdruck der Wahlpressivn, den die Herren unzweifelhaft ausüben würden. Wie soll dal Manco gedeckt werden? Aus da« Bündnis; mit dem Centrum darf Herr Rickert wohl rechnen, wenn cS ficki darum handelt, die Regierung zu stürzen, aber nicht, wenn er selbst daS Ruder führen will. Uud sollte selbst ein Theil dcS Cenlrums — der demokratisch angekränkelte —auch dann zum Fortschritt halte», so würde derselbe doch in dem Augenblick, in welchem er Regie rungspartei würde, sehr viel schwächer werden. Die getreueste» welfischen Mamelucken de« jetzigen Führers werden nicht in den Dienst einer regierenden Partei treten können; sie sind eben Welsen, und dasselbe gilt von den übrigen HilsSlruppen und Vasallen des LeutrumS — den Polen, den Gocialdemokraten, den unzufriedene» Elsässern. Kurz, die jetzige geringe Majorität, welche der Fort schritt mit dem Lcntruin und dessen Hiljsvotkcrn künstlich I>erstrllrii kann, ist ganz undenkbar, sobald Herr Rickert regieren soll: der „dcutschsrcisilinige" Mintsterprätendcnt hat sich in diesem Punct verrechnet. Wir würden vor der taktischen Veranlagung Herrn Rickert's mehr Respert bekommen haben, wenn er die Reichstagsabstimmung vom 15. v. M. dazu benutzt hätte, um seine» alten Freunden in der nationalltbcralen Froction wieder näher zu treten und daS Joch abzuschütteln, daS er heute im Dienste dcS Eenl«ms trägt. Er hal statt dessen vorgczogen, sich der sortschrittlich-kierikaleu Majorität, der er aagehürt, »och fester einzuverleibrn, und also unseres Er achtens das politisch« Examen diesmal nicht bestanden. Wir find auch zweifelhaft darüber geworden, ob er in Zukunft damit glück licher sein wird. Statt den Kops aus der Richter'schen Schlinge zu ziehe», hat ec sich immer fester in dieselbe verwickelt — und der Vogelsteller Windlhorst ist vollständig berechtigt, sich vergnüg: die Hände zn rcibeu. * Die Beralhung de« Gesetzentwurfs über die Zu- sammenleczuncz dcr Grundftücke im rheinischen Recht«izel'iete wurde am Montag vvn dcr mit derselben beauftragten Eommffsivn de« preußischen Abgeordneten hauses begonnen. Die Commission beschloß zunächst, die SkaatSregierung ii«: eine speciellere Bezeichnung aller der jenigen einzelnen Gesetze zu ersuchen, welche im Falle der Annahme der Vorlage zugleich mit derselben am Rheine cin- geführt werden würde». Bei der SpecialdiScussion wurde zu tz. l nach längerer Beralhung ein Zusatz angenommen, wo nach die Zusammenlegung nur dann stattfinden soll, wenn die Antragsteller nicht bloS mehr al« die Hälsle der Fläche besitzen und mehr alS die Hglste deS Kcttaslralreinertrags repräseiittren, sondern außerdem, mindestens ein Viertel der Kopfzahl sämmtlicher Grundeigenthümer auSmachen. Die Beralhung sollte am Dienstag fortgesetzt werden. * Der „Reichs-Anzeiger" enthältnachstehendeMittbeilung: „Die österrcichisch-uiiAarische Regierung hat den Wunsch zu er kennen gegeben, baß in denjenigen Fällen, in welche» auf Grund der Uebereinkunst von, '20. Juli 1875» nach Maß gabe der Eircularverfügungcn deS Ministers dcS Innern, vom 31. August 1870 und vom 10. März 1880, von Seiten der diesseitigen LandeS-Polizeibchörden dirccte Anträge auf llcber- nabme Auszuweiscnder an die österreichischen Landesbehörden gerichtet werden, von den die Uebernahme beantragenden Bc bördcn auch der Geburtsort des betreffenden Individuums mitgclheilt werde. Der Minister deS Innern hat die Regie rungspräsidenten n»d Negierungen unterm 8. d. M. hiervon mit dem Bemerken in Kenntniß gesetzt, daß es in Betreff der ungarischen Staatsangehörigen bei der erstgedachtcn Circular- vcrsügnng sein Bewenden behält und daß darnach Anträge ans Uebernahme ungarischer Staatsangehöriger auch künftig nicht durch dirccte Corresponvenz zwischen den beiderseitigen Landcspolizei- bezw. Landesbehörden, sondern im diplomati schen Wege zur Erledigung zu bringen sind." * Die königlich serbische Gesandtschasl ersucht die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" um Aufnahme folgender Berichtigung: „In der RcichstagSsitzung vom 21. "l. M. hat dcr Herr Abg Kayser die Veranlassung gefunden, zu behaupten, daß die königlich serbische Regierung ibre Rcichs- kleinvdicn bei dcr Depositenbank m Wien versetzt hatte, und daß zu derselben Zeit die serbische Anleihe verschwenderisch überzeichnet wurde. Tie königlich serbische Gesandtschaft be ehrt sich hiermit zu erklären, daß diese Behauptung des Herrn Abg, Kayser vollständig unwahr und ganz erfunden ist; denn cS hat nicht nur die königlich serbische Regierung keine ReichSkleinodie» und nirgends versetzt, sondern solche cxistircn übcrbaupt gar nicht." * DaS Ergcbniß bei den Senatswahlen in Frankreich ist für die Republikaner, da die Rechte 22Sitze verlor, doch nicht ungünstig, wenngleich die republikanische Hoffnung aus gänzliche Zerschmetterung der Monarchisten getäuscht wurde. Letztere erklären sich mit dem Ergedniß zu frieden. da sie von dem neuen Wahlgesetz und dem Druck der ossiciellen Candidatur Schlimmeres erwartet hatten. Die Republikaner bcwcckrte» überall feste DiSciplin gegenüber den Monarchisten, so daß der Walükamps zwischen ven republi kanischen Parteien meist ausgeschlossen wurde. Neben Spuller's Niederlage ist »och bcmerkenswertb, daß ein Versuch der Radicalcn zur Eroberung Marseilles gänzlich mißlang. Ti: Blatter verschiedener Färbung Wersen dcr Regierung vor. daß sie die Schlappe bei Keelung aus Wahlrücksichien verheim licht habe. * Ein englisches Blatt, die „Western Morning NewS", überrascht alle Welt mit der Nachricht, daß Deutschland de» Fluß Debrecka und alles Land nördlich von Sierra Leone unter seinen Schutz gestellt habe. Wann die deullchc Flagge an diesem Pnncte WcstasrikaS gclnßt worden sein soll, wird nicht gesagt Die Karle reizt auf dieser Küstenürecke ei» buntes Farbenspiel sich wikeriprcchender politischer Besitz ansprüche. Der Fluß Debrecka mündet gegenüber dcr englischen Insel Los und bat de» Berg Kakalimah in seiner linken Flanke. Wir cntnebmen dem Bericht eines deutsche!: Marine Ofsiciers, dcr ans einem Kriegsschiffe die wen- afrikanischc Unlernehmung niitgemacht hat, i» Bezug aus
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