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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188503073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850307
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850307
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-03
- Tag1885-03-07
- Monat1885-03
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1885
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»rfch-krt täglich früh «'/.Uhr. Net«tt»« »nt LkPktM«» Zohaauesgefie SL. SPrechk»»te» trr LetiU»»: MermMags 10—12 Uhr. Nachmittag« Uhr. »»»«»« «»nähme der M, hte »üchftfel,«»»« Knwmer heMmmte« Anserete e» Sechente,e» »t» 8 Uhr Nechmtttee«. «n Senn- un» -eftta,en früh »t»',» Uhr. Zn ttn /slialkn für 2»s.-L»«,h»e: Ott« Klemm, Universttitsstrahe »1, Lents Lischt, Katharrnenstraßr 18, p. mee »11 '/^ Uhr. UchMrrIWtblM Anzeiger. vM« för Pslitik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage LS,SS» Ävannementeprei» Viertels. 4'/, iacl. Bringerlohn b Mk., durch di« Pest bezog«» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Formal gesalzt) ohne Postbeförderung 39 Ml. mit Postbeförderung 18 Mt. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Ps. Gröbere Lchrislen laut on>. PkriSeerzeichetttz Tabellarischer u. Ziffern?»- nach höherm Dans. Rrclämrn u>Ukk den, Redactions strich dlesgespali. Zeile üOPs., vor den Familiennachrichteu die Ogespaliene Zeile 40 Pf. Inserate sind neis an die Ex-etztttan zu senden. — Stabalt wird nicht gegeben. Zahlung prneauinoraniio oder durch Post- nachnahine. '' Sonmrbe«- den 7. Mürz 1885. 79. Jahrgang: Jur gkliillMU VeachlMg. Unsere Exp^itton ist morgen Tsnrrtag, de« 8. März, Bormittags nur bis -8 Uhr geöffnet. LxPeMlo» äos I^elprtsvr Inxedlnttes. Amtlicher Theil. Veschnerde« »»er »te Fassung »er Lonnoffementr. Die Aelteftcu der Berliner Kaufmannschaft haben «nter Dar legung der Uebelstände, welche den Abladern von nach überseeische« Häsen bestimmten Gittern aus der Aufnahme gewtfser, die Haslpflicht des Mieders einschränkender Elauseln in das Lonnossemeat erwachsen, bei dem Präsidium des Deutschen Haodrlstags eine Erhebuug oar- tber beantragt, welche Punctr in de» Lonnoffements-Formnlaren begründeten Anlaß zu Beschwerde» geben »nd ans welche» Wege diesen Beschwerden abgeholfen werden könne. Zur Mitwirkung bei dieser Erhebnng aafgefordert, richte» wir an alle betheiligten Handlung-firmen unsere- Bezirks hiermit das Ersuchen, un- durch Miltheilung ihrer Erfahrungen und Rathschläge ju unterstützen und dieselben »t« »«« 17. ». M. «» unser Bureau, Neumarkt 19, I., wo auch die bezügliche Denk- schuft des Berliner AeltestcriFLollkgiums zur Eenntnlßnahme ans- liegt, gelangen zu lasse». Leipzig, den S. März 188b. Die va«»el»ka>m»er. A. Lhieme, stellt,. Vorsitzender. vr. Grnsrl, S. Oeüentlieke 8an6el8lekran8la1t. Legärm ckea 55. ^eduliabre» an» 18. ^prll ä. ll. Oie Keike- ienxni»« 4er dtzbereu IdtdoUn», äer tiastnlt (ckreliüdri,«' Cursu») doroeütisvll rum LinM.riL-Prsi^illürevüienil«. ?ür suozxs I>sute, velob« «cd «len Serecktizeuiuxaoodelu mun kiosäkrik-krei'eillizu'nilienats errrorbeu Kaden, i»t ein kassiert»»« »ekuttUoder Our»u» von Sakresäauer bei 30 lekrotuuäen in äer lVoedo eingerichtet. Unterricht in allen 2»ei,en cker llamlsla- »i,!>ev8edatt. kranrNsiseko uock englisch« Sprache odlieawriaek, Ilalieoisoko nnä »panioode Sprach« üwultatir. Sedulzelä 240 ^l kür ckas ckahr. Lnweläuoxeo erbittet »ied cker Ilnterreicdnste in äeo äVocden- tsxc-n von 11—12'/, Ukr. l.eipni§, im kedruar 188S. Oarl Volkruuo, vireetor. Nichtamtlicher Theil. England und Deutschland. Die Spannung zwischen England und Deutschland scheint bereits ihren Hvhcpunct überschritten zu haben. Die oeuesten «uS London vorliegenden Nachrichten lassen das Streben aus englischer Seite erkennen, die begangenen Fehler wieder gut zu machen. Graf Herbert Biömarck, welcher schon einmal nach England gesandt wurde, um die hervorgclretenen Zwistig keiten in Colonialangelegenheiten auszugleichen, befindet sich gegenwärtig wieder dort, um an Stelle des Notenwechsels den mündlichen Verkehr von Regierung zu Regierung treten zu lasten. Die „Times" begrüßt diese- Ereigniß mit dem lusdruck der Hoffnung, daß dir bestehenden Mißverständnisse ihren Ausgleich finden und daß Eifersucht und Unfreundlich keit, die memal» hätten entstehen sollen, wieder verschwinden werden. Demgemäß schlägt auch da- neueste englische Blau- duch Uber die südafrikanischen Angelegenheiten einen ganz ande ren Ton an als die vorhergehenden Veröffentlichungen des englischen Auswärtigen Amtes Uber Colonialverhältnisse. Da wird z. B- von einer Unterredung berichtet, welche Lord Granville mit dem deutschen Botschafter gehabt hat; diese ist in einem Sinne geführt worden, welcher durchaus versöhnliche Absichten athmct. Lord Granville versichert, daß die englische Re gierung keine Einwendungen gegen die Ausdehnung des deutschen flrotcctoratS über die Düste des Damara- uud NamaqucilandeS elbst bi» zum 2V. Längengrade erhebt. Was die von Deutsch land erworbene Stellung im Kamerungebiete anlange, so be trachte die britische Regierung die Anwesenheit Deutschland» in der Nachbarschaft ihrer jüngsten Erwerbungen im Gebiete des OelflusseS. sowie die Ausdehnung seiner Besitzungen nach den oberen Gewässern de» Kalabcirstusses ohne Eifersucht. Aber man darf dabei nicht außer Acht lasten, daß Lord Granville nicht versäumt, ganz bestimmte Grenzen zu be- zeichnen, innerhalb deren er die Ausdehnung des deutschen Schutzgebiete» als einwendungsfrei erklärt. E« macht auch diese cinlenkende Bewegung noch den Eindruck, daß England jeden Schritt Deutschlands in Westafrika ängstlich überwacht, mit es ja nicht mit den britischen Interessen in Wider st gerälh. Wenn wirklich aufrichtige Freundschaft an die Stelle der eiiwärtigei, Spannung treten soll, dann muß England sen Standpuncl der Angst und eifersüchtigen Wachsamkeit vllsiändig aufgcbcn uud Deutschland in seinen Colonisations- ikebungen frei gewähren lasten. Man mache sich nur den «bverhalt klar, der bis zur Entfaltung deutscher Eoloni- ationsbestrebungen bestand. Bevor die Absicht der deutschen icrung in England bekannt wurde, Angra Pequena unter ea Schutz zu stellen, hat kein englischer Minister daran t, die englischen Besitzungen in Wcstasrika zu der en. England fühlte sich in, Besitz seiner afrikanischen olonien völlig befriedigt und zeigte nur die Neigung, die >oer» weiter nach Norden zu drängen. Sobald aber Deutsch- nd seine Hand aus Angra Pequena legte, niachte sich eine kegsamkeil Englan'bs in Bezug aus Wesiasrika bemerkbar, i« nur dahin gedeutet werden konnte, daß England ganz dwestasrika als sein Eigenlhnm betrachte, und Irden, der ihm an irgend einem Puncte streitig machen wollte, als n frechen Eindringling ansibe Dieser Standpunct wurde gar in öffentlicher Parlamenl-sitziing vom Colonialmiiiister rd Derby noch im vorigen Jahre allen Ernste» vertreten, ist das freilich anders geworden, England hat sogar gegen die Auldrbnung des deutschen Besitze« an der afrika nischen Westküste bis rum 20. Längengrade nichts einzuwende» und «iebt, wenn auch «iderstrebead, seine Einwilligung, daß ich Deutschland a» Oelfluste und am Kalabarfluffe sestsetzt. Das ist aber immer »och nicht genügend, denn England kan» ich von der Vorstellung noch nicht losmachen, daß es Drutsch- and über die Grenzen seine« Gebiete» in Westafrika Vor christen machen könne. England hat einfach Da» anzuer- "ennen, wal wir mit unserem Colonialgebier zu vereinigen für weckmäßig erachten. Sollte dabei eine Verletzung englischer Interesse» mit unterlaufen, so versteht cs sich von selbst, daß Deutschland dann ohne Weitere« ans solchen Besitz Vcrzicbt leisten wird, wie ja das Frankreich gegenüber au» eigenem Antriebe geschehen Ist. aber davon muß England zurückkommc». daß es glaubt, die Grenzen der deutschen Eolonialbewegung bestimmen zu dürfen. In der Südsec bestehen ganz gleiche Verhältnisse wie in Destafrkka Neuguinea war bis vor Kurzem »ur von Holland au< cnlonisirt. Der weit überwiegende Tbeil der großen Insel befand sich im Urzustände und harrte seiner Colonisatoren. Sobald aver Deutschland Miene machte, sich aus der Insel estzusetzen, erschien sofort ein englisches Kriegsschiff, uni im Namen der englischen Regierung von der Süoküsie Besitz zu ergreifen. Ein Mitglied des englischen Unterhauses bezcichneke diese- Verfahren mit Recht als eines großen Reiches unwürdig. Das läßt sich doch nur dann verstehen, wenn man annimmt, daß England un» den Besitz einer herrenlosen Insel nicht gönnt, di« sie bisher unbeachtet gelaffen hat. Unter solchen Umständen waren wir genvthiat, unsere Absichten geheim zu halten. Die deutsche Gesellschaft für Colonifation in Ostafrika schickte nach den Erfahrungen, welche wir mit England wegen Angra Pequena gemacht hatten, ihre Abgesandten unter falschen Namen nach Ostafrika unk über raschte die Welt mit der Thatsache der Erwerbung eine- Gebiete» im Westen von Zanzibar in der Ausdehnung von 2500 Quadratmeilen. Solche Kunstgriffe wären nickt nöthig gewesen, wenn man nicht durch die englische Eifersucht dazu gezwungen worden wäre. Heimlich und unter Vermeidung zeglichen Aussehens muß die deutsche Colonifation betrieben werden, wenn sie nicht mit der englischen Habsucht i» Wider streit gerathen will. Mit Noth und Mühe ist e» geglückt, die Samoa-Inseln der englische» Ländergier zu entzieoen. Fürst Bismarck hat in seiner Rede vom 2. März aus drücklich wiederholt, daß die deutsche Regierung die deutsche Colonialbewegung nicht leiten wolle, sondern daß sie ihr lediglich folge und nur solche Gebiete unter ihren Schntz stelle, in weichen deutsche Handelsintereffen in Frage kommen. Mit dieser Erklärung sollte sich England zufrieden stellen und sich der Action überall da enthalte», wo deutsche Handels- inkercsscn zu wahren sind. Wenn sich England darauf be schränkt. eine gleiche Colonialpolilik zu besolgen, wenn c» sich um englische Handelsintereffen dreht, dann wird Deutschland mit England niemals auf dem Colonialgebiet in Streit gerathen und dann ist das gute Einvernebmen zwilchen beide» Mächten wieder hergestellt. England hat offenbar heute weit mehr Veranlassung die deutsche Freundschaft zu pflegen, als das umgckeyrt aus Seile Deutschlands Eng land gegenüber der Fall ist. England befindet sich im Sudan in einer beklagenSwerthen Lage und naturgemäß wnd seine Stellung in Egypten dadurch sehr beeinflußt. Nun kommt zu allem Unheil auch noch die AngrissSbewegung Ruß land» aus Herat, durch welche die englischen Jnlerrffen in Indien in der empfindlichsten Weise berührt werden, also hat England allen Grund, seine Freunde nickt zu beleidigen und ihnen nicht daS Leben schwer zu macken. Es würde nnS heute zu weit führen, die Stellung Englands Frankreich, Italien und Spanien gegenüber zu beleuchten: die obigen Andeutungen reichen bin, um zu beweisen, baß England nur den ersten Geboten der Klugheit folgt, wenn eS sich mit Deutschland auf den besten Fuß setzt. * Leipzig, 7. März 1885. * Die ..RationalliberaleCorrespondenz" schreibt vom Donnerstag: Heute ist der Jahrestag der Vründuna der dentsch- sresfiuuigeu Partei. Mit welch stolzen Hoffnungen und An- sprüchen ist vor Jahresfrist die neue Parteislhüvsung in« Leben getreten, »nd was hat sich davon verwirklicht! Em Jahr erst alt und schon der vollend« , greisenhafte MoraSmuS! Die Lache hat vollständig den Berlins genommen, der stet- vorau-gekagi wurde. Der Hinzuiritl der ehemaligen Secessionisten hat an den« Wesen der alten Fortschrittsvartci nickt- geändert, von einem mäßigenden Einfluß war nicht da- Mindeste zu spüre», oder Radicali-mu- und unsruchibarr Negation herrschen mehr denn je und geben sich als Kenn- Zeichen de-einzig wahren Liberalismus au». D>e Partei, die da' gejammle Bürgerihum in Stadt und Land zu vertreten beansprmlie, hat in chrei» kurzen Dasein ein einzige- Mal Belegenheil gehabt, die Stimmung des Volkes durch Wahlen zu erforschen, und diese einzige Probe hat die Zahl ihrer Vertreter um zwei Fünftel geschwächt. Uud es wäre ihr wahrscheinlich noch trauriger gegangen, wenn sie nicht durch wahrhaft unerhörte Mauvöcr im vorigen Sommer dem Svcialistengesetz zum Sieg verholsen und damit Neuwahlen unter diesem Zeichen diniertrieben hätte. Die siliiichk Entrüstnng gegen da- Ausnahmegesetz und da- Bbcominandiren von Tugenden von Stimmen zur Rettung eben diese- verwerflichen Gesetzes war ein Blanzpunct in den Leistungen dieser Partei, der niemals vergessen werden wird. Ob die Herren Rickeri und Stauffenberg selbst heute de» Geburtstag ihrer neuen Partei mit sehr gehobenen Ge- fühlen gefriert haben? Ob sie wohl einmal einen Vergleich anstelle» zwischen der Rollt, di« sie jetzt im Gefolge von Eugen Richter spielen, uud der Stellung, die sie einstmals in defferer Vergangenheit ol- Führer einer gemäßigten, das nationale Interesse allem Andern voran- stellenden liberalen Partei eingenommen baden? Der unverant wortlich« Fehler, der mit der „Secession" begangen worden, Hai seitdem seine für den deutschen Liberalismus verhängnißvollen Eon- sequeuzea weiter »nd weiter gezogen. Von den verbitterten alten Parlamentariern ist auch die Sühne dieser Schuld nicht mehr zu erwarten, di« Heilung muß au- dem Volke Hera»- kommen, und daß dieses in immer breiteren Schickten de- iactiösen Oppositio»-- treiben« der deutschsreisinnigen Partei müde ist, daiür Hai man ja erfreuliche Anzeichen genug. Di« Ausreizung der Mafien verfängt nicht mehr, auch wenn man die kräftigsten Mittel auwendet, wie die „Blutsteuer" und den „indlrecteu Mord" der Getreidezölle, um mit dem „Reichsblatt" zu rede»; dir Masse des Düraerthum- in Stadt und Land wendet sich auf der einen Seite den Parteien der Ord nung und Mäßigung, aus der andern der Socialdemokratie zu. Da- zwischen bleibt nichts mehr für den bürgerlichen Radikalismus mit seiner vollständigen Verneinung ans soeiol- und wirihschasts-politischem Gebiet. Ihren ersten Geburtstag hat dl« deutschfreisinnige Partei heute gefeiert. Wie viele wohl noch Nachfolgen werden? * Ter NcichStagSabqeordnete vr. Arnsperger- KartSrube erklärt iw der »Bad. Lanteszeitunq" die Nachricht, daß er sein Mandat »iedergelegt habe, für unrichtig. Die Angabe beruhte auf einer gänzlich unbegründeten Ccmbinatis», die sich an dic Thatsache geknüpft hat, daß die Berussgeschäsle VcS Herrn vr. Arntpcrger sich in jüngster Zeit infolge de» Todes «ine» College» erheblich vermehrt haben. Da Herr Arnsperger nur in hartem Kamps? gegen eine Coalitio» von Iltramoiitanen, Demokraten und Socialdemokraten gewählt werde» ist, sc begreift sich aus Seite der letzteren der Wunsch, möglichst bald de» Ansturm auf den Karlsruher ReichStagSsitz wiederholen zu können. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" be merkt an leitender Stelle: Die Rede, welche der Reichskanzler am letzten Montag im Reichstage gehalten hat, wird nicht nur von ausländischen Blättern, sondern auch von unserer Opposition-Presse aus die Tendenz zurüclgesührt, dem Ministerium Gladstone die Existenz zu ersanvereu nnd zu seinem Sturz bcizuiragen. Daß dies eine will kürliche Einstellung der Wahrheit ist, wird Jedem klar werden, wenn er die Rede liest. Dieselbe enthält nicht eia Wort über Herrn Gladstone und sein Ministerium. Da- Motiv der Rete erzieht sich ans das Deutlichste au» ihrem Inhalt, al^ da- Bebürfniß, zu verhüten, daß befreundete und benachbart« Regierungen, mit »eichen das gute Einveruedmen zu erhalte» dir deutsche Politik erfolgreich bemüht ist, nicht durch die Lutstellungen der Thatsochen, wie sie vou englischer Seite aus gegangen und in der Presse verbreitet stad, tu ihrem Vertrauen zu der Zuverlässigkeit der deutschen Politik irre gemacht werden. Die Erfindung, daß der Reichskanzler Egypten einfach den Eng ländern angeboten habe oder ihnen gerathen habe, es zn nehmen, ist nicht zum ersten Male jetzt ausaetaucht. aber doch zum ersten Mal« in der amtlichen Form ministerieller R-deu und Depeschen. Wenn cs wahr wäre, daß der Reichskanzler in diesem Sinne die englische Regierung bearbeitet hätte, so müßte da durch natürlich da- Vertrauen bei allen den Regierungen, deren Juteresse durch die englische Annexion Egypten- verletzt worden wäre, wesentlich erschüttert werden, also in erster Linie bet der Pforte, über deren Reichsgebiet ohne fie verfügt worden wäre: dann aber auch bei Frankreich, bei Rußland und selbst bei Oesterreich. Alle Mächte sind vertragsmäßig bei der Integrität de- türkischen Gebietes inieresfirt, und es muß ihnen daran gelegen sein, daß nicht Theile desselben von anderen G>oßniächren eimeitig auneetirt werden. Es war demnach für den Reichskanzler geboten, den englischen Veröffentlichungen gegenüber de» wahren Sachverhalt klarzustellen, um den nachtheiligen Folgen vorznbeugen, w iche sich an- einer Entstellung hätten entwickeln müsse». Da» Motiv der Rede de- Fürsten Vismorck liegt so klar zu Tage, daß man dasselbe ohne die Absich: L< 7 Entstellung kaum verkennen kann. * Der Schützenverein in Kopenhagen ist. wie wir bereits meldeten, das Streitobjekt zwischen den Radikalen und den Anhängern de» conscrvaliven Mini steriums Estrup geworden. Beide Parteien wollten sich die Herrschaft in diesem politisch farblosen Verein, der etwa 300 Mitglieder zählt, sichern und veranlaßten ihre Anbänger, nack Tausenden sich neu in den Verein aus- »cbmcn zu taffen. Etwa 6000 Radikale und Sociat- demokraten folgten dieser Aufforderung; als die Eonservativen die» erfuhren, veranlaßten sic etwa t0,000 der Ihrigen, daS Gleiche zu tbun. Schon in der ersten Versammlung dieses chützcnvcrciiiS kam eS zu heftigen AuSeinandersctzungen zwischen beiden Parteien; kie zweite Versammlung, welche am Sonntag Abend unter freiem Himmel abgehalten wurde, war stürmisch. Die Eonservativen setzten eS durch, daß eine Aendernug der Statuten erfolgte, wonach Massenaufnahmen nickt mehr 'tatt- stnden dürfe». Die Radikalen, welche gesehen batten, daß sie vic Minorität bildeten, enthielten sich der Abstimmung, lieber den Sieg der Eonservativen waren namentlich die socia- tistischen Elemente ergrimmt und zogen, die Arbciter- marseillaise singend, nach der Wohnung de- sociatistischen Abgeordneten H>üw - Kopenhagen. Nachdem die mittler weile auf 2000 Personen, größtenlheilS Arbeiter, ange wachsene socialvemokratische Masse ihrem Führer Holm eine stürmische Ovation dargebracht, begab man sich eilenden Schrittes vor die Wohnung deS Ministerpräsidenten Estrup, um demselben eine Katzenmusik darzubringen. Hierbei kam eS zum Zusammenstöße zwischen Socialdemokrüten und Polizisten; letztere zogen blank und mehrere Socialbemokraten erhielten Wunden. Nunmebr wollte die Menge auch eine Demonstration vor dem Schlöffe >»S Werk setzen; die Polizei in Verbindung mit der Wacke verhinderte dies jedoch, wobei eS wiederholt zu Reibereien zwischen Polizei und Sociatdemo- kraten kam. Da man glaubte, daß der Köniz Christian sich im Tbeater befinde, so beabsichtigte man hier zu demcnstriren. unterließ die« aber, at» bekannt wurde, daß der König im OsficierSverein sich ausbielt. Eine Anzahl Verhaftungen »ahm die Polizei vor; die Meiige löste sich Abends auf. Die Stim mung gegen daS Ministerium Estrup ist von Tag zu Tag eine gereiztere geworden. Auslösungen des FolkethingS habe» bis jetzt nur die Opposition vermehrt; Adressen an de» König wurden ertasten, um sich von Estrup zu trennen; der König wie» die Zumuthung zurück. Der parlamentarische Eonflicl bauert nun schon seit Jabren; es scheint nun, daß andere gefährlichere Conflicte sich vorbereite». * Ueber die Nnruhen, welche am 1. März in Warschau stattgesunden haben, theilt ein dortiger Corresvondcnt mit, die Polizei habe schon seit geraumer Zeit unter den un beschäftigten Arbeitern eine gewisse Aufregung bemerkt, die nach den angestellien Beobachtungen durch die Umtriebe ge heimer Agenten hervorgerusen worden sei. Die Polizei habe auch in Ersabrung gebracht, daß die Arbeiter mit dem Plane umgingen, sich maisenbast vor dem Schlöffe zu versammeln und dort in stürmischer Weise von dem Generalgouvcrneur Brod und Arbeit zu verlangen. Würde diesen Forderungen nicht Gehör gegeben, so sollten sie sich aus die nächsten Per- kausslädeu stürzen und fie auSplündern. Dieser Plan ist nun am 1. März insofern auSgesührt worden, als sich mebrere Hunderte von Arbeitern an dem genannten Tage in der Nähe de« SckloffeS versammelten und die Absicht lundgeaeben baden, vor da» Schloß selbst zu ziehen. Die Polizei yatte jedoch rechtzeitig Maßregeln getroffen, um die Unruhe im Keime z» ersticken. Mehrere Führer der Arbeiter wurden sofort ver- hastet, viele polizeilich »otirt und die Anderen zerstreuten sich darauf. — Unter den Verhafteten soll sich ein anarchisiischer Agent befinden, der schon seil einiger Zeit von der Polizei überwacht wurde. Seine Aufreizungen und auch die anderer geheimer Agitatoren, von denen die Polizei annimmt, daß sie mit fremder» Gelbe nach Warschau gekommen waren, um dort Propaganda für den Anarchismus zu machen, baden jedoch den erwarteten Erfolg nicht gehabt. Die- rübrt hauptsächlich daher, daß der Notbstand unter der, Arbeitern keineswegs so groß ist, wie man sich bemüht, ihn darzustellen. Einerseits ist von der Prrvatwohlthätigkeit viel zu Vesten Milderung geschehen, und sodann sind auch von der Polizei Maßregeln ergriffen worden, um daS Ansammeln unbeschäftigter Arbeiter in Warschau zu verhindern. Einen volle» Erfolg haben diese Maßregeln ru der Thal nicht gehabt, wobei jedoch nicht unberücksichtigt bleiben darf, daß man oft mit dem bösen Willen von Arbeitern zu kämpfen hat. die eS verziehen, sich ernähren zu taffen, als zu herabgesetzten Lökmen zu arbeiten. Anarchistische Agitatoren finden daher uuter der Arbeiterbedölkerung nur insofern Anklang, als sic ihre Aufreizungen durch Geldspenden unterstützen. * Frankreich und China befinden sich, wie au» den osficiellen Erklärungen der französischen Negierung an dieMächte hinsichtlich der KriegScontrebcmdc bervorgehk, nunmehr in offenem Kriegszustände. Den französischen Kammern gegenüber wurde, wie seiner Zeit betont worden ist, an der Fiction sestgebalten, daß auS Anlaß der Vorgänge in Tonkin gegenüber den Chinese» nur ein Zustand der „Repressalien" herrschte. Seitdem aber die Engländer erklärten, >ni Hinblick aus die Pflichten der neutralen Staaten die fran zösischen Kriegsschiffe nicht ausreichend niik Koblrn versehen zu dürfen, lag e» im Interesse oer sranzöfiscben Heeresleitung, nunmehr auch alle Rechte einer kricgfübrenden Macht zu bean sprüchen. So erfolgte die Erklärung der französischen Re gierung, ReiS in gewissen Fällen alS KricgScoiilrcbairde zu betrachten. Weiter liegen nun telegraphische Mitlheilungeu vor, auS denen hervorgeht, baß der Landkrieg in Tonkin anscheinend direct aus chinesisches Gebiet hinübergespielr werken soll. Nach der Einnabmc von Langson an der chinesischen Grenze ergriff General Nögrier, wie telegraphisch «meldet wird, Maßregeln zur Verfolgung der Chinesen. Lie Redouten, welch? die Straße nach China zu decke» bestimmt waren» wurden am 24. Februar genommen, worauf sich die Chinesen unter Zurücklassung «nei TheilS ihres Kriegsmaterials in der Richtung aus Thatkc zurückrogen. Thatke liegt nördlich von Langson aus chinesischem Gebiete, und man darf annehmen, daß die fran gegen die in der chinesischen Grcnz):rovinz Hunnan befindliche Armee dormarschirt. Ob die bereits in Tonlin vereinigte» französischen Streilkäste kür einen Landkrieg in China selbst auSreichen würden, muß bezweifelt werden. Die französische Regierung wäre aber, sobald erst der Kriegszustand »it China auch in den französischen Kammern anerkannt worden ist, in der Lage, Truppen zu mobilisiren nnd aus diese Weise dem Bedenken zu begegnen, welche im KricgSministerium selbst, insbesondere von Seiten deS Generals Campenon. al« der selbe das Portefeuille noch innchatte, erhoben wurden. * ES mag dem Höckstcommandirenden der englische» Sudan-Expedition schwer genug gefalle» sein, da» erste Signal zum Rückzüge an die vormarschirenden Eolonnen zu geben, aber, nachdem einmal da« zögernde Widerstreben unter dem Drucke der zwingenden Nothwendigkeil dahingesunken, nimmt LordWolseley nun auch keinen Anstand mehr, alle Consequenzen seiner unhaltbar werdenden Lage zu ziehen Nock ist das GroS des Buller'schen CorpS nicht auS Gakdul im Hauptquartier eingetrofsen, die RückzugSordre an die Nilcolonne General Brackenbury'S kaum erst abgesandt, unk schon macht man sich in Korti fertig, den Rückmarsch gen Norden anzutretcn. Das Stadium de» allgemeinen „Saure czui pout" ist über die Sudan-Expedition herein gebrochen. Seine Erklärung findet eS in der lako nischen Meldung, daß der Thermometerstand in Korti aus 104 Grad (!) Fahrenheit im Schatten angelangt ist Diese» eine meteorologische Factum macht alle weiteren Commentare überflüssig. Weniger die Scbaaren deS Ma^i als der Eintritt der glühenden Sonnenkitze treibt das eng lische ExpeditionScorp» vor sich her. General Brackenburn wird seine Bereinigung mit dem Hauptquartier in Korti möglichst in Gewaltmärschen zu bewerkstelligen haben, da der Ausbruch Lord Wolselcv'S gen Dongola, nach der bezüglichen Mittbeiliing de» Telegraphen, obne Verzug ins Werk gesetzt werden soll. Letzterer Ortjist an Stelle de» bisherigen, Kort>. zum Standlager deS englischen HauplquarticrS auSersehen während die einzelnen Tniopenablhe>iu»gen staffelförmig längs de» Niles ihre Sommcrgarnisonen angewiese» erhalte». Man könnte daraus schließen, daß im nächste» Herbst ein zweiter Vor stoß vo» Egypten nach dem Sudan versucht werken solle, wen» dem nickt die Meldung entgegeustäiivc, daß Buller'S Leute Weisung erhalten haben, alle Wiisienbrunncii hinter sich zu zerstören. DaS würde die Benutzbarkeit der Wnsienstraße für »iilitärische Zwecke auch ii» Herbste jedenfalls gänzlich auS- schließen und englische Unternehninngen gegen den Sudan aus Grund der egypkischen OperationSbafi» einzig auf die Wasser straße des Nil» beschränke». Dazu träie eventuell die Nouke Suakim-Berber. für tcn wcniiz wahrscheinlichen Fall, daß eS zum Bau der überaus schwierige» strategischen Eisenbahnlinie kommen sollte. Für jetzt skebt der Feblschlag des Wolscley'- schcn Zuges >>» Vordergründe der Ereignisse und läßt de» Zu- und Zwischensällrn einen io anSa-kednten Spielraum, baß er allen über die nächste Zukunft h»,ausreichende» Mnth- maßungen den Boden entzieht. * Die Lage an der Grenze von Afghanistan nimmt eine für England bedrohliche Gestalt an. Zwar hat die Regierung den „Daily New»" zufolge die bestimmtesten Ver sicherungen au» PcterSblii i erhallen, daß eine Verletzung der afghanische» Grenz? nickt beabsichtigt werde, die Osficiere der russischen Verhüt hätten jedoch Demonstrationen veranlaßt, welche der Emir nicht obne llnb baglichkeit betrachte. Ob denselben von der russischen N'gleruug Vorschub aeleistcl werde, sei eine Frage, die i» wenigen Tagen ihre Lösung finden dürfte Im Falle einer russische» Invasion der Grenzen von Afghanistan werk: Englanb vertragsmäßig gezwungen sein, dem Emir thätigcn Beistand zu leisten. * Die Nationalverlaminliing von Peru ist am 1. d. M rusammeiigetrete». Die Neuwahlen werden am 1. Mai statt- finve» und der Zusammentritt der neuen Kammer zum Zwecke der Präsidentenwahl wird am 30. Auausi erfolgen. Für die Zwischenzeit ist General Jglcsia» als Präsident bestätigt worden. Unfallversicherung. * Jüngst brachten wir den Anfang einer Serie von officisien Ariikeln über die Bildung von Berussgenossenichasten. allein noch zwei Artileln brach das vlficiöie Blatt ab. und wir haben vergebens aus die Fortsetzung gewartet. L- scheint, daß dem Ariikelschreiber vom Reichsversicherungsamt ein kleiner, ober energischer Wink zu
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