Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-01
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.04.1885
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ikrschetnt täglich früh 6»/,Uhr. «»9 LrPktitio« JvhauueSgaste 8. Sprechldmdkn der Kestuti»»: Bormittag« 10—18 Uhr. Nachmittag« 5—8 Uhr. " "'SLLÜttLSSS!'» A»«ch«« »e, für »te »üchksa»«»»« Nummcr »«stimmte« Iuseratr «, rSochrutage» tt« » Uhr Nachmtttaa«. «„?,»«,»«» Seftt«,«frsttz »»»',.» Uhr. 2» ökn Filiale« für Z«s.-An»ah«e: Ott« Kte«», UniversttStSstraste 1. LouiS --sch«, Katharineastr. LS, p. «rr »- »tzr. apriger Anzeiger. Vr-a« für Politik, Local-es-i-te, Handels- «nd GeschSstsverkehr. Auflage L8,»SV ÄlionnrmrnlsPrris Viertels. 4'/. Mß. iacl. Bringerlohn 5 Mk,, durch die Post bezogen 6 Mi. Jede einzelne Nummer 20 P>. Belegexemplar 10 Pi. Bebülireu sür Extrabeilage» (in Tageblatt. Görmar gesalzt) ohne Pcstbesürderung 39 Mk. Mit Postdrsvrdcrunq 48 Mk. Inserate 6gcjpc>ltktw'Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schrift«» laut uni. Preisverzeichuist. Tabellarischer u. Zisserm'av »ach HSHerm Tarn. Reclamrn »ater dem NedaclionSstrich die4gesoalt. Zeile 50 Pß, vor den Familien na chrichtc» die 6gcspalte»e Zeile 40 Pi. Iaserate sind ilets an die ErpeSition zu senden. — Rabatt wir» n ctn gegeben. Zahlung pru-'vnmeruwto oder dura, P-'st- nachnahnw. 91. Mittwoch dm 1. April 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. «tltatmlmchmo, die Bezahl««« der J««od1V«r^vra«de«Or«o betträge bete. Nach der in dem Dresdner Journal vom 87. Februar dies-- Jahre- enthaltenen Bekanntmachung der Königlichen BrandverstcherungS-Commission hat da- Königliche Ministerium de« Innern genehmigt, daß für den ersten diesjährigen Hebe- termia — 1. Avril — bei der Gebiiudeverstcherunq-. Abtheilung Gin Pfennig und bei der freiwilligen Ber- sicheonng Gtuuudeiuhalo Pfennig von der Beitrüg-, einheit erhoben werde. ES werden de-halb alle hiesigen Hau«befitzer resp. deren Stellvertreter hierdurch anfgesordert, ihre Beiträge spätesten« binnen 8 Tagen, von dem Termine ab gerechnet, an unsere Stadt-Sleuereinnahme, Obstmarkt Nr. 3, Part., bei Vrr- meidung der fönst eintretenden ZwangSmaßregelu abzusiihren. Leipzig, den 80. März 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. 11r. Georgi. Koch. Sitttische «rnerteschrle. Dl, Vrüfnn« der Echüler soll Dien-ta,. den LI. Mürz, und Mittwoch, den 1. April vormitio,« »«» »—1» »tzr. » Schullocale vor-rnomme« werde». Ss beehrt sich hierdurch ergebenst ettlzulode» Leipzig, de« 28. März 1885. Die Schülerarbeit«» find an genannten Tagea*^>» 8—1 Uhr Mittag- -»«gestellt. Srund-ücks-ver-kigerung. Die der Stadtgemeinde leytwillig hinterlassenen beide« Hans» «nd Gartengrundstücke LSHr's Platz Nr. Fol. 1278 de« Sruad- und Hypothekenbuch«- für die Stadt Leipzig, und Rordstraße Nr. iMZ. Fol. 1288 de« Grund- und Hypothekeubuche» für die Stadt Leipzig, sollen in Gemäßheit testamentarischer Bestimmung «nd zwar znsa««e» als ein Ganzes Arettag, de« 17 April dieses Jahres, Dornrtttags 11 Uhr, t« Saale ber Alte» Waage, Katharinenstraß« Rr. 2», II. Etage, zn» Dersaaf« »ersteiaert werden. Der BersteigernngStermin »vird pünktlich zur angegedenen Stunde eröffnet und die Versteigerung selbst geschlossen werden^ wenn nach dreimaligem Au-rufe kein wettere- Gebot mehr erfolgt. Die Bersteigeruna-bedingungen liegen auf dem Rathhauö- saale, l. Etage, zur Einsichtnahme au« und werden Abschriften davon auf Verlangen gegen Bezahlung der Schreibegebühr abgegeben. -MMiisch-resernittc Semriade. Dieje»iae» Elter», deren Kinder zu Ostern 1886 conftrwtrt werden solle», werden gebeten, dieselben am 7., 8. oder 9. Avril aazumelden, die Knaben bet Herrn Pastor lüo. Simon« (Lchreber- troße 1), die Mädchen bei Herrn Pastor v. Dreydorff (Quer. »raste 81/23). Beide Herren Pastoren sind hierzu am sicherste« von S—5 zu sprechen. E« wird gewünscht, dost die Kinder znr Anmeldnng »itkomineu. Selbstanmclduugrn der Kinder sind »»zu- lälsig. Gnnngeltfch-reforwirte« Pfarramt. Israelitische Relizionsschiile. L?"'." 'ÄL und Schülerinnen finden Donnerstag. den 2., «nd Freitag, den 3. April, vormittag« von 10—12 Uhr im Kanzleilocale der Synagoge statt. Da« »e»e Schuljahr beginnt Sonntag, den 12. April, vormittag« 8 Uhr. Leipzig, so. März 1885. Der Dtreetor: Vr. «. M. Goldschmidt. Im Dtetze'schen «onrnrse »ird auf Antrag de» Eonenr-ver- Walter- eine Glänbiger.Bersammlung auf de« 1s. AprU er„ Vorwittn«» 1s Uhr, behllf« Beschlüsse« über die Anerkennung geltend gemachter Au«, und Abfoaderuug-ansprüche »nd über die Fortzahlung der Leben«. Versicherungsprämie berufen. Mühlberg, de» 18. März 188k. KsninNche» A»t«,ericht. Begl. Hohman» al« Geruht« schrei der. Die Larnlei da» I. «. 1 dporrrichiich-unaaris»«» «onfnlatr« beßnd« sich 1. April d. I. ab Metch-ftrofje 1, erpo Stage. Nichtamüicher Theil. I«m siebzigsten Geburtstage Lismarck's. Wegen Besichtigung der Grundstücke wolle man sich an den HanSmaun, Löhr's Platz Sir. 2, im linken Seitengebäude t. Stock, wenden. Leipzig, den 24. März 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Cerutti. Holz-Auktion. Sonnabend, den 4. April a. o. sollen von vormittag« S Uhr an auf dein Bauareale an der Ecke der Bi-marck- und MoschelcS-Straße 2 Sichen Rntzklötze, 4 Raummeter Sichen- und Pappeln-Brenn- scheite »nd 3 Abraumhause« gegen sofortige Baarzahlona nach dem Zuschlag« und unter der Bedingung, da- die Abfuhr bi» z«« Abenb erfolgt sein muH, nach dem Meistgebole verkauft werden. Zusammenkunft: an der Ecke der BiSmarck-Straße. Leipzig, am St. März 1885. Der Rath der Stabt Leipzig. Lr. Georgi. L. Der Inhaber de« abhanden gekommenen Sparcassen- Ouittung-buche« Serie II Nr. 58377 wird hierdurch ausge fordert. sich damit binnen drei Monaten und längsten» am 3. Juli 1885 zur Nachweisung seine« Rechte«, bezw. zum Zweck der Rückgabe gegen Belohnung bei Unterzeichneter An stalt zu melden, widrigenfalls der Sparcassen-Ordnung aemäf dem angemeldeten Berlustträger, nach erfolgter Beeidlgmij seiner Anzeige, der Inhalt diese« Buche« «»«gezahlt werden wird. Leipzig, den 30. Mär, 1885. Die Verwaltung des Leihhnnses und der Sparkasse. Da« am 29. April 1882 von der Unterzeichneten Behörde für Nun« SrneMne Hedwig Luqe von hier ao-gestrllte Dienstbnch ist vor längerer Zeit in hiesiger Stadt verloren gegangen »nd im Lussinbung-ialle anher abzuliefern. Leipzig, am SO. März 1885. La« Polizeiamt der Stndt Leipzig. Bretschnetder. Mannt»»«!«»-. Seit dem 4. März dss. IS. befindet sich Hierselbst die untern näher beschriebene Person u. A. wegen Diebstahl- und Betrug-Ver such» in Untersuchungshaft. Dieselbe gab anfänglich an. Rupert Renwatzer »o heißen und befand sich auch im Besitze eines aus diesen Namen lautenden öster reichischen MilitairpasseS. Nachdem ihr die Unrichtigkeit dieser An- gäbe nachgewiesen worden, nennt sie sich Wilia« John V»««e> und behauptet am 30. April 1863 j„ London geboren zu sei«. Thotsächlich festgestellt ist. daß der Beschuldigte am 21. Febrnor ds«.J«. mit dem Dampfer „Fulda" in Breinenhaven von New-Pirl auS angelangt ist. Der Umstand, daß eine Anzahl von anarchistisch-revolutionairra Flugblättern „An da» arbeitende Volk von New-Mark »nd Um gegend" bei ihm ausgefunden wurden, läßt vermuthen. daß der Be schuldigt« den anarchistischen Bestrebungen nah« steht, und deuten vie "Widersprüche, in welwe sich Derselbe bei den Angabe» über seine Persönlichkeit verwickelt, daran» hin, daß er einer strafrechtlichen Verfolgung wegen einer bis jetzt noch nicht festgestellten strafbare» Handlung zu entgehen versucht. Roch seinen Auslassungen scheint der Angeschulbigte ln Aachen, Köln, llonstanz und in Belgien sich längere Zeit ansgehalte« zn haben. Behörden und Private, welche im Stande sind, über die Pres«»- Iichkeit des Beschuldigten Ausschluß zu geben, werde» ersucht, bald» möglichst Nachricht hierher senden zu wollen. Signalement: Alter ca. 23 Jahre, Statur schlank, Größe 1.7k Meter, Haar« hellblond. Augen bla». Bart: blonder Schnurrbart, Gesichtsfarbe blaß. Sprache: hoch-und plattdeutsch, englisch, sranzSsisch. Kleidung: schwarzer Kammgarnrock. Weste und Hose, kleiner Hut. Düsseldorf, den 24. Mär, I88S. De» Unterinchnn,«richter I. »et de« Känipl. S«np>ertcht. Oedrnkovra. BiSmarck« Gestalt steht schon heute so abgeschlossen und klar erkennbar vor un«, al« wenn dieser Staatsmann vor hundert Jahren gelebt hätte. Da-, wa« er für Preußen und Deutschland geleistet hat, steht fertig da für alle Zeiten, e« bedarf nicht erst der Klarlegung der Beweggründe, der Enthüllung von Staat-geheimnissen, wie sie zur richtigen Würdigung der Staatsmänner der Vergangenheit nöthig waren. Was der Welt über die Thaten Bi-marck« und die Ziele, die er an gestrebt hat, zu wissen »oththut, hat er ihr niemal« vor enthalten; geschwiegen hat er nur dann, wenn e« zum Heile de« deutschen Baterlande« unerläßlich war. Deutschland hat da» große und seltene Glück erfahren, einen Mann sei» eigen zu nennen, welcher da« Wort summa Isx «»Ins reipudlieuo, da« oberste Gesetz ist die Wohlfahrt de« Staate«, stet« al« die Richtschnur seiner Handlungsweise betrachtet hat und sich in der einmal gewonnenen Ueberzeugung von der Heilsamkeit eine- Schritte» für da» Wohl de« Ganzen durch nicht« erschüttern ließ. Wa« Deutschland heute ohne Bismarck wäre, daS läßt sich kaum durch die au«scbwcifendste Phantasie au-malen. Aber so viel läßt sich mit Sicherheit behaupten, daß an ein geeinte- Deutschland nicht zu denken wäre. Wenn nicht im Jahre 1862 eine eiserne Hand die Leitung der preußischen Regierung übernommen hätte, wenn die Mehrheit de« preußischen Abgeordnetenhauses die Oberhand gewonnen und die Militairreorganisation rückgängig gemacht hätte» dann wäre Deutschland heute ein Spielball österreichischer und französischer Willkür, die napoleonischen EroberungSgclüste hätten wahrscheinlich ihr Ziel erreicht, und statt der Rück gewinnung von Elsaß-Lothringen gehorchte die deutschredende Bevölkerung auf dem linken Rheinufer dem Scepter Frank reich«. Der Bundestag in Frankfurt a. M. führte wohl noch sein trauriges Scheindasein, und alle feindlichen Kräfte wären eifrig an der Arbeit, um au» der deutschen Zerrissenheit für ihre Zwecke Capital zu schlagen. Bor einem so beklagen«- werthen Schicksal sind wir durch Bismarck« Genie und That- kraft bewahrt geblieben. Aber Deutschland hat nicht allein da» Glück gehabt, diesen Man« sein eigen zu nennen, e» hat ihn auch so lange be halten, bi» di« Schöpfung desselben die Prob« bestanden hatte, bi« die Gefahren, welche dem neuen Staatswesen drohte», glücklich überwunden waren. Al« eine solche Gefahr ist vor Allem die Partei zu betrachten, welche da» neugeeintc deutsche Reich zu einer Domäne de» Papstthum« machen wollte. Mit derselben Thatkrast, mit welcher Bi«marck die Uebergriffe Oesterreich« und die Einmischung-gelüste Frankreich« zurück gewiesen hat, ist er ans dem Kampfplätze erschien«, um der Herrschsucht de« Papstthmn« entgegrnznwirken, und wenn auch heute noch eine zahlreiche Partei diese Wünsche im deutschen Reichstag vertritt, so ist doch die Uebermacht dieser Partei heute gebrochen;, da« deutsch« Volk in seiner groß« Mehrheit weiß, wa« e« von dieser Seite zu erwart« hat, «nd richtet danach seine Haltung ein. Za, noch mehr. Fürst Bi-marck vollendet heut« sein siebzigste« Lebensjahr mit dem Bewußtsein, daß auch diejenige Partei, welche ihn während seiner ganz« Ministerlausbahn bekämpft und seine fegenGkeich« Wirksamkeit gelähmt hat. beute nicht mehr die Kraft besitzt, «« seine national« Bestrebungen lah« z» leg«. . . Di« Großthaten Bi-utarck« am heutig« Tage auszu- shlen, können wir un- um so eher versag«, al- sie im Gedächtniß de« deutschen Volke« leben; aber wa« wir nicht verschweigen dürfen, da« ist die werthvolle Walirbeit, daß Bi«marck trotz aller scheinbar« Wandelbarkeit seiner An- lchten doch an Charakterstärke und Consequeuz von keinem ander« Staatsmann erreicht, geschweige denn übertrcsfen »ird. Ein AuSfpruch, d« er in der Reich-tagSsitzung vom 21. Februar 1879 gcthan hat, zeigt, wie wohl sich Bismarck elhst dieser Eigenschaften bewußt ist. und daß er als ein Rann im ganz« Sinne de» Wortes stets da» Ziel vor Angen hatte» waS er auch, nachdem cS erreicht war» sesizu- jalten als seine Leb««ausgabe betrachtet. „Ich bin, che ich Überhaupt in» Amt trat, in derselben Weise beurtheilt worden auf jede politische Befähigung, wieich jetzt beurtheilt werde in Be ug aus mein Recht, ich möchte sag« meinePflicht, inwirthskbaft- ltchen Dingen m itzureden. Ich erinnere mich, wie ich nach Frankfurt al» BnndcStagSgesandter ernannt wurde (t8. August >851), kam in den Blättern, die den Politisch« Freunden de» Abgeordneten Richter von damaliger Zeit, vielleicht seinen Vätern und Oheimen angehörtm, die Bemerkung über mich: Dieser Mensch würde, wenn man ihm daS Commando einer Fregatte anvcr- traute oder eine chirurgische Operation zumuthcte, sagen: Nun, ich habe e« noch nicht probirt, ich will e« einmal versuchen. Das war die Schilderung, mit der man mich den Frankfurter Collegen und vor all« de» österreichische» in den liberalen Blättern empfahl. Nun, meine Herr«, diese chirurgische Operation ist nachher zu Ihrer Zufriedenheit, wie ich glaube, vollzogen worden." Dieselbe Kurzsichtigkeit, welche die Fortschritt-Partei in d« Conflict-jahren in Bezug auf diese sogenannte chirurgische Operation bewie«, zeigt sie heute wieder in der Colonialsrage. Aber heute steht de« Reich«tage die Erfahrung der Dcr- ganWiyeit znr Seite, er hat e« nicht riskirt, die Wege des preußischen Abgeordneten!,ause« in den sechziger Jahren zu wandeln. Wenigsten» die auswärtige Politik des Fürst« Bismarck gilt heute so über jeden Zweifel erhaben, dag die Fiebersurcht Birchow's und die Schrcckbilder von drohend« Kriegen, welche Bamberger dem Reichstage vorgesührt hat, nicht mehr dieselbe Wirkung zu üben vermochten wie die Philippiken der Oppositionsredner auS vcr ConflictSzeit. Der Reichskanzler vollendet sein siebzigstes Lebensjahr, nachdem er daS Einverständniß deS Reichstages znr deutschen Colonial politik gewonnen hat. DaS ist vielleicht daS werthvollste Ge schenk, welche» ihm die deutsche Nation an diesem Ehrentage darbringeri konnte. Noch einer Großthat de» Fürsten DiSmarck müssen wir heute gedenken, und da« ist die Form, in welcher er die Lösung der socialen Frage angebahnt hat. Die socialistische Bewegung ist neben de» Herrschgelüstcn der römischen Curie der gefährlichste Feind de« deutschen Einheit-Werkes, weil sie die Grundlagen deS Staate- der Gegenwart überhaupt in Frage stellt. Diesen Feind galt e« mit ganz eigenartigen wirksamen Waffen zu bekämpfen. ES mußte die Formet gesunden werden» welche diese« Seitenstück zur Quadratur de« Kreise» und zum Perpetuum mobile der Lösung näher brachte. Dem Fürsten BiSmarck ist auch die Lösung dieser unlösbar scheinenden Aufgabe nahezu gelungen. Die Socialdemokratie ist heute bemüht, die Verständigung mit einer Gewalt zu versuchen, welche ihr ehedem al« ei» zur Vernichtung reife« Gebilde erschien. Fürst BiSmarck hat die große Gewalt, welche ihm das Vertrauen Kaiser Wilhelm'« gegeben hat» auf allen Gebieten seiner ungeheuren Thätigkeit für da« deutsche Vaterland nutzbringend zu gestalt« gesucht. Ob ihm daS überall gelungen ist, wagen wir nicht zu entscheiden; auch Achilles halte seine verwundbare Stelle, und ein in jeder Hinsicht vollkommene« Wesen hat unsere Erde noch nicht hcrvor- gebracht; aber da« steht über jeden Zweifel erhaben fest, daß Fürst BiSmarck einer der größten Wohlthäter deS deutscb« Volkes, wenn nicht der größte ist. Daß diese« Bekenntniß ihm heute von einer Seite dargebracht wird, die er oft heiß und «ergisch bekämpft hat» mag ihn manche Enttäuschung vergessen machen. ES sind jetzt zehn Jahre her, daß der Reichskanzler zum ersten Male den festen Entschluß äußerte, zuriickzutrelen. Er hatte geglaubt» daß e« genüge, zehn Jahre Gesandter und etwa während de« gleichen Zeitraum« Minister zu sein, um dann noch den Rest de« Leben« in ländlicher Zurückgezogen heit zubring« zu können. So dachte Fürst BiSmarck im Jahre 1875, aber sein kaiserlicher Herr hatte e« ander« be schlossen, er hatte dm hohen Werth von BiSmarck'« Arbeit für die fernere Entwickelung de» deutschen Reiche» erkannt und schrieb da« berühmte .Niemals" aus da« Entlassung«- gesuch seine« Kanzler». Diesem edlen Entschlüsse unsere» Kaiser« verdank« wir e«, daß Fürst Bi-marck trotz körper licher Leiden di« Regierung de» deutschen Reiche« bi- zum heutigen Tage geführt hat, und daß er auch nach Vollendung de« siebzigsten Jahre» nicht von Rücktritt spricht. E« ist ein nicht hoch genng za schätzende« Glück, daß da« deutsche Reich seinen Kaiser und seinen Kanzler während eine« so langen Zeitraum« besessen hat und noch besitzt, wie da» kaum je zuvor de» Beherrscher eine« groß« Reiche» und seinem oberst« Rathgeber bi«her beschieden war; erst dadurch haben di« Einrichtungen de« deutschen Staat«wesen« diejenige Form und Festigkeit erhalt«, welche ihm die Dauer und die Widerstand-sähigkrit geg« alle Fährlichkeiten verbürgen. ES ist oft die Frage aufgeworfen worden, ob denn daS deutsche Reich auch dereinst ohne seinen Kanzler werde bcsteben könne»; besonder- wenn da» Tbema der Verantwortlichen NcichSministcr im Reichstage verhandelt wurde, ist von fortschrittlicher Seile IctS die Befürchtung ausgesprochen worden, daß eine EtaatS- orm, die dem Reichskanzler so aus den Leib zugeschnitlcn sei. äum die Probe der Haltbarkeit bestehen werde. Dieser Rabengckräch; ist seit längerer Zeit verstummt. Niemand im deutschen Reicht wagt mehr daran zu zweifeln, daß daS neu- geeinte Reich gegen alle Stürme der Zukunft gescit dastehl. Möge der deutsche Aar seine Schwingen noch lange Zeit über unser geliebtes Vaterland breiten unter den schützenden Händen seiner beiden Schöpfer Kaiser Wilhelm und Fürst Bismarck! * Leipzig, 1. April 1885. * Unter den Beglückwünschungen, welche dem Reichs kanzler heute zu Töeil werden, wird diejenige deS Bnnde«- rathS eine» hervorragende» Punet bilden. Die Gesamml- beit der Bevollmächtigten und der Bcrlreter für diese hohe Körperschaft wird dem Berriebmeii nach in ooi'poro vor dem Fürsten Bismarck erscheine». Aller Voraussicht »ach dürste der BundeSratl' noch niemals vorder so zahlreich versammelt zewesen sein, da außer den ständig in Berlin befindlichen Mitgliedern desselben wabrscheinlich auch eine größere Anzahl von StaatSministcrn der Bundesstaaten in ibrer Eigenschaft als Bevollmächtigte sich daselbst einsinden und an der Begrüßung Theit nehmen werden. In gleicher Weise wie der BundcS- rath wird auch daS preußische Etaatsministcrium in corporv seinen! Chef die Glückwünsche zn der Doppelfeirr dar bringen. * Zum Ehrentage des Reichskanzler« schreibt die .Nationalliberale Corres pondcnz": Zu einem wahren nationalen Feste hat sich der Tag gestaltet, an dem der Reichskanzler sein siebzigstes Lebensjahr antritt. AllerwärtS, wo nicht blinder Parteibast die Gemüther gefangen hält, bringt man heute miserm großen Staatsmann herzliche Glück wünsche und innige Beweise der Verehrung und des Dankes dar. Wer auch nicht in allen S:ücken mit der Politik deS Reichskanzlers in den vielgestaltigen Fragen unseres inneren EtamSieben- einver- siandcn ist, der kann und must docki. we in ihm nicht Parteisanatis- miiS und perl, ulickier Hast die kleinliche Seele erfüll!, nn! dankbarem Herzen die uiiste.i'tichca nalionalm Vcrincustc dieses gewattigen Mannes anerkennen. Man braucht nur zurückzudmken in tw Tage unserer Jugend und die Lage Preußens und Deutschlands vcr dem Aus- trrtcn des Fürsten Bismarck zu vergleichen mit der heutigen Stel lung unseres Reichs »nt, Bolks, um die weltbewegenden Thaten und Erfolge dieses einzigen Mannes sich mit einem Schlag z» vergegen- wärtigcn. Damals Deutschland ein „geographischer Begriff", eine politische Null, zerrissen durch unfähige.itlemstaaterei und den ewigen Widerstreit der cisersüchligcn beide» Großmächte, ein GespSN der Fremden und rin Aelgermst aller Palriotc», die sich in Unwillen »nd Mistninth vom öffentliche» Leben abwandten oder in unfracht- barcm Slnkämpke» gegen politische Erbärmlichkeit sich verzehrten oder auch in nichtigen Träumen von einer besseren Zukunft» von der Wiedergeburt von Kaiser und Reich, von der Aufrichtung eines nationale» Staats schwärmten, Traumbilder, an die sie selber keinen rechten Glauben halten. Und heute steht unser neues Reich als die erste Macht der Welt da. der Hader der Stämme, der unserem Bolk so blutige Wunden geschlagen, ist versöhnt, willig haben die Fürsten dem Kaiser und Reich gegeben, was ihnen gegeben werden liiusttc, und das deutsche Volk hat eine nationale Einhett und damit eine Stärke erreicht, wie sie solche in« ganzen Laus seiner leidens- vollen Geschichte niemals besessen; das schöne leuchtende Ziel, das den Vaterland-freunden unendlich fern schien, ist erreicht; die Ach tung und das Vertrauen des Auslandes oder» wo das nicht der Fall ist, die Furcht vor unserem scharfen Schwerte gewährt uns Sicherheit; ebenso stark wie friedliebend steht unser Volk, früher der Spott, jetzt die erste Macht der Welt, da: jahrhundertelang ent fremdetes Gebiet ist dem Reiche w.eoerbcigksugl worden: jetzt eben schicken wir u»S an, auch i» sernen überseeischen Landen die Ausgabe zu erfüllen, a» die wir in de» Zeiten unserer Ohnmacht lind Zerrissenheit gar nicht zu denken wagten. Eine große und der Bedeutung des deutschen Volkes würdige Zukunst liegt vor uns, einer glänzenden Gegenwart erfreuen wir uns. Wir sind eine Nation, und ein mächtiger, großer Staat voll starker Wehr nach außen und voll geordneter Freiheit und blühender Wohlfahrt im Innern geworden, lind das ist nächst unscrm ehrwürdigen ruhm reichen Kaiser das Werk des Fürsten Bismarck, der die in der Tiefe unseres Volkslebens schlummernden Kräfte zn wecken und aus un vergängliche Thaten zu richten verstand. Sem Name wird in der Geschichte imscrer nationalen Wiedergeburt sür alle Zeiten i»i Mittel punkt stehen, ll»S Lebenden wird ja der Blick oft getrübt durch kleinliche Widerwärtigkeiten, durch Zank und Acrger des Tages, un seren Nachkommen erst wird das Bild dieses einzigen genialen und gewaltigen Mannes in seiner ganzen weltgeschichtlichen Größe vor- schweben. lind doch, auch i» dem gegenwärtigen Geschlecht und trotz aller Partcivcrbitterung ist dieser Mann zu der volkSItiümlichsten Gestalt geworden, die selbst bei Gegnern stürmische Begeisterung zu erwecke» weist, deren Name» schon als ein nationales Gut von unendlichem Werth betrachtet werden must. Diese hob« Gestalt mit dem eiserne» Willen und der harten durchgreiiende» Thal- kraft bezaubert die Massen: cs beherrscht sic das Gefühl, daß eine solche Krastnatur allein fähig war, das große nationale Werk zu vollstihrcn. Gewiß kann man auch an diesem Manne menschlich-' Schwäche »ud politische Irrlhumcr entdecken. Was ibm aber auch der ehrliche Gegner zugestehen innst, das ist eine wahr hafte Liebe zu seinem Vaterland »nd seinem Volk und die treue bingcbciide harte Arbeit eines langen Menschenlebens, die volle Ein setzung der Kraft sür sein Vaterland »ud sei» Bolk. Der Kanzler steht jetzt an der Schwelle des Grcisciialters, aber von der Schwache dcS Alters läßt dicse wunderbare kräftige Natur noch Nichts ver- svürcn. Wie tapfer »nd siegreich baten nur ihn gerade in den letzte» Wochen wieder kämpseii sehe»! Möge ihm auch ferner ein glücklicher und rüstiger Lebensabend beschieden sei»! Möge er sich noch lange dcS TankcS und der Verehrung der Nation crsrcue», sür die er so unendlich viel gcthan! * Reichstag und preußische» Abgeordnetenhaus treten bekanntlich am I l. April wieder zusammen. I»> Reichs tag. wo der Slbiverpiiiict der Arbeit aus der .Zotlvorlagc ruhen wird, hofft man in vier Werben die Session schließen zu können. DaS Abgeordneteiibaus, wo von größeren Aus gaben nur »och daS Berivc»r»ii,iSgc«etz zu erledige» ist. wird voraussichtlich neck früher fertig werden, man hofft in vier zehn Tage» die Session und damit auch die Legislatur periode schließen zn lönnc», I.dcusalls ist durch das lange gleichzeitige Tagen der beiden Körperschaften die Wirkung erzielt worden, daß die parlamentarische Arbeit vor Pfingsten abgeschlossen werden kann, was seit geraumer Zeit nicht mehr der Fall gewesen ist. * In einer Confercnz dcS ComitüS sür die Erwerbung der Lüderitzschen Besitzungen wurde hauptsächlich die juristisch« Seite der zn begründenden Gesellschaft erörtert und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite