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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188403154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840315
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840315
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-03
- Tag1884-03-15
- Monat1884-03
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1884
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Erscheint tätlich früh 6'/, Uhr. Le-arti<u und LrPtdUioa Johaane-gafle 33. Hprechkondkn irr Urdactio«: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. trr W Nt>a,«b« etnzelanttn M»»ulcri»«e «acht sich du di«t»cu»n «cht »rrtui»Uch, >»a«H«e »er für »ie «Schftf«l<e»de Nummer destimmten Inserat» «« v»chr»ta,en di« 2 Uhr Nachmittag«, an Sann- und Aesttagen früh »t«'/,» Uhr. 2« ien Filialen liir Inf.-Annahmn Ltl« Rlemm, UniversitätSftraße 21, t!-M« rösche, Kathariaenstraße 18, p. «ur bi« '/,L Uhr tivriger und Tagtblalt ^ 75. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Lonntag, den 1«. März, Vormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpsäMon Ä68 Livlprlrsr l'Lxvdlkttes. Amtlicher Theil. Bckann>Mlilh»»g. Für Lombcird-Darlehne gegen ausschließliche Verpfändung von Schuldverschreibungen des Reichs oder eine« Deutschen Staat« beträgt der Zinsfuß bi« aus Weiteres et» h»lbet Vroceut über dem jedesmaligen Discontosatze. Berlin, den 12. März ,85 t. ReichSbanL. Dtreetort«». - von Deckend. Koch. Anzeiger. Auflage L8,»0». Ll>«unnne,it»»rris Viertels. 4'/, Mk. mcl. Bringerlolm 5 Mk.. durch die Von bezogen 6 NN. Jede »inzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren iür Extrabeilagen ohne Postbeiörderung 39 Mk. «U Posldcivrderung 48 Mk. Inserate Sgeipaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schriften laut unterem Prri«. verzeiwniß. Tabellarischer u. Zifierniatz nach höherm Tarif. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Sonnabend den IS. März 1884. Am 10. April lausenden Jahre« sind die einjährigen Zinsen von 2300 .E Capital, nämlich 150» Legat de-Herrn Stadtältesten Hentze, 800 Geschenk der Erben deS Herrn Kaufmann Thärigen und KOO -F Geschenk einer Ungenannten, an arme blinde Leute in hiesiger Stadt zu verthcilen. Bewerbungen um diese Spenden sind bi» zum 31. laufenden Monats schriftlich und unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse bei uns einzureicken. Leipzig, den 3. März 1884. Der Rath der Stadt Lelvziq. vr Georgi. Kretschmer. Waldpflanzen-verkauf. Bon dem städtischen Forstreviere Connewitz können in diesem Frühjahre durch den Revierverwalter Herrn Scbön- herr in Connewitz bei Leipzig nachbenannte Holzpflanzen zu den beigeseyten Preisen gegen Baarzablung oder Nachnahme und Vergütung der Selbstkosten für Verpackung und Transport zur Bahn rc. bezogen werden: L Hun dert Stück Hinsichtlich der Ablagerung, sowie auch der Abfuhr der bei dem Betrieb der Schlächtereien sich ergebenden Abfälle, al«: Därme, Darminhalt, Theile deS Magen», Flechsen, Sehnen und dergleichen, haben sich hierorts mehrfache Miß- stände gezeigt. Hin und wieder sind dieselben ohne Weitere« in Aboetgrubcn geworfen worden, wo sie nicht nur in Folge ihrer schnellen Zersetzung eine ungewöhnlich penetrante und gesundheitSschäolicke Ausdünstung verursachen, sondern auch die für diese Gruben ringcsührte Entleerung mittelst der Danipsluflpumpen beeinträchtigen. Aber auch bei der Ab lagerung dieser Abfälle in den bei der Concessionirung von Schlächtereianlagen jedcSmal zur Bedingung gemachten be sonderen Abfallsgruben und bei der von Zeit zu Zeit erforder lichen Räumung der letzteren, auf welche daS hiesige Dünger» export-Regulativ vom 8. Januar 1882 nicht anwendbar ist, findet häufig große Gestanksverbreitung statt. Zur Abstellung dieser Uebelstäude verweisen »ir zunächst aus tz. 2 Absatz 4'deS TUngerexport-RegulativS, »ach welchem alle« Einwersen von Gegenständen, welche die Entleerung durch Pumpen erschweren, in die Abortgrubea mit Geldstrafe bis zu 00 --k oder verhältnißniäßiger Haftstrase bedroht ist, und haben im llcbrigen nach Geiör de« gemischten Gesund- heitSauSfchusse» und deS StadtbezirkSarzte« folgend« Bestim mungen getroffen: Säuimtliche hiesigen Schlächterei-Inhaber haben von jetzt ab, dafern sic e« nicht vorzichen sollten, die Schlächtereiabsälle in mit festschließcnden Deckeln versehenen Tonnen oder Kübeln anzusammeln und in möglichst kurzen, höchsten« 8tägigen Zwischenräumen absahren zu lassen — wa« i« aesundbeit- lichen Interesse am EmpfehlenSwerlhesten ist —, die zur Auf nahme der Schlächtereiabsälle bestimmten Gruben möglichst häufig, insbesondere aber bei der jedesmaligen Entleerung derselben und nach jedem Hauptschlachttage durch Eingießen von Eisenvitrioltösung oder Kalkmilch dermaßen vollständig zu dcSiiificiren, daß bei der Grubenentleerung, welch« niemals de« Nacht» erfolgen darf und deren Bornahme stet« dem Oberausseher für de» Düngerexport, Herrn Klipphann — Stadthaus, II. Obergeschoß, Zimmer 102 —, mit Angabe de« ZeitpuncteS wegen der von Letzterem zu übenden Controle vorher anzuzeigen ist, keinerlei Geruchsverbreitung stattfindet. Hicrnächst ist noch außer den Knochen, über der«» «ruch lose Aufbewahrung und Abfuhr wir bereit« durch Bekannt machung vom 14. Februar diese« Jahre« Bestimmung ge troffen haben, deS Talges, als eine« Producteö der Schläch terei, zu gedenken, daS häufig zur Luftverpcstuna und Ver breitung von Fäulnißkeimen Anlaß giebt. Der Talg wird, soweit er nicht in frischem Zustande zu Genußzwecken a«S- gelassen wird, von den Fleischern meist in Fässern angesam melt u»d oftmals in bereits zersetztem Zustande an «Seifen sieder und Talqschmelzer abgegeben. Es kommt abe«: auch vor. daß die Fleischer, besonder» Nacht» oder spät Abend», da« Ausschmelzen solchen Talge» selbst auSsühren, wa« dann zu intensiver Gestanksverbreitung Anlaß giebt. Beide», sowohl da- Ausbewahren zersetzten Talge», als da« Aulschmelzen desselben, ist unzulässig, letztere« schon deshalb, weil da» Talg schmelzen ein besonderes, nach tz. 16 der Gewerbeordnung eoncesstonSpflichtigcS und mit der Schlächterei nicht zusammen, hängende« Gewerbe ist. E« darf daher der Talg von den Fleischern nur in frischem, unzerfetztem Zustande zur Abfuhr gebracht und mit Aus nahme desjenigen, welcher zu Genußzwecken in ihren Läden zum Verkauf gebracht wird, nicht ohne besondere Eoncession zur Talgschmelzerei von ihnen ausgcschmolzen werden. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden, soweit nicht schon durch tz. 16 icto. 147 Absatz 2 der Reich», Gewerbe-Ordnung eine höhere Strafe festgesetzt ist, mit Geld, strafe bi« zu 00 oder entsprechender Haftstrase geahndet werde». Leipzig, den 27. Februar 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. kohfe. BtkinmlWch««-. Da« von vr. Iohaa» Christian Hebeastrelt im Jahre 1792 gestiftete Stipendium für Studirende aus hiesiger Universität ist auf drei Jahre von Ostern d. I. an zu ver geben. Zu berücksichtigen sind hierbei solche, welch« au« der Familie Johann Hebcnftreil'S, der im t7. Jahrhundert Pfarrer zu Neunhofen bei Neustadt a. d. O. war, stammen und allhier Mrdiein, oder Theologie, oder Jura studiren, und in Ermangelung solcher Verwandter hiesige Bürger-svhne, welche allhier Medicin studiren. Wir fordern diejenige« Herren Studirendeu. welche sich in einer der gedachten Eigenschaften um da« bezeichnet« Stipendium bewerben wollen, auf. ihre Gesuch« nebst den erforderlichen Nachweisen bi» zum 31. lfvn. Monat» schriftlich de» nn« «iazureichen. Leipzig, den 8. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kretschmer. 2000 3000 5000 bOOO 2000 SOOO 300 500 5000 3000 3000 2<00 5« «0 Holzart Höhe Meter SZtück l. Laubtzötzer. ») Sämling«: Ijähr. Eichen, tzuare^veckune. . 1—2jähr. Eschcabl. Ahorn, ^eor nexunsio Ijähr. Rothbuchen, kngw- y-I- rntiv» Sjähr. de»gl 3jähr.Frldrüfter«, vlwanoawpeet. b) verschalte: Lichen, Ousro. poäuno. , . . Birken. Letul» alb» .... Eschenbl. Ahorn. 4e«r ueennäo. Eiche» (Ausschuß) zu Remisen und Stummelpflanjuiigrn, kräftig ». park bewurzelt, 2-4 ew stark IT Nadelhölzer. 2 Mal »ingesch. Fichten mit Ballen zn Parkanlage« . . drrgl. . dergl. . dergl. . 1 — 5 — W 2-2'/. r't.s »0 120 - Leipzig, den 14. Februar 1884. DeS RathS Forst-Deputation. stesseiillleliv tlsmlekIeliiMMit. Lepill» äe, 54. Kodnljnlir«, a» 21. Lprll ck. 4. vis KeiLeevenlsss äer diktieren .Lbtliellunx «1er Anstalt («IreiMnser Ouno») vereditixen rum küizjaürüx-b'rsiniiliLeiiilienats. kür juoes l,eute, velelie sicu «len vorecl>ti§unun»cksm mim VinjLhrix-krelvillixenäienate ernorden linden, ist ein kued- Wlnaevsvdnktlleker Curmi» ron ck»I,re«ä»uer bei 30 Ledretunäen io ckor VVveks eloxerichtet, kklr valodsn «las Sedulxvlä 240 U»rd dsträxt. ^uwsläunixan »bittet »iod cksr voterreictmet« tu äen IVoedea- tng/s» von 11—12'/, lkdr. 1-eiprix, lm kedrunr 1884. Onrl ptolkruw, virector. Nichtamtlicher Theil. Jur social-politischen Reform. * Unsere Zeit ist jedenfalls eine sehr bewegte. Im Gegen sätze zu den Bestrebungen der Vergangenheit, welche aus schließlich «nrn politischen oder nationalen Charakter trugen, steht gegenwärtig di« sociale Frage oder richtiger da» schwierige sociale Näthsel obenan. Aber selbst die Partei, welche für die Lösung diese« die BolkSmasscn bewegende» Problem« im agitatorischen oder gar gewaltsamen Wege ein- gelreten ist, hat sich bereit- in zwei Lager gespalten, von denen jede« da« Universalmittel zur Beglückung der Mensch heit zu besitzen glaubt. Man wird leicht errathen, daß wir hier von den Sccialdemokraten und Anarchisten sprechen wollen. Die Bewegung, welche von den ersteren in Fluß ge bracht und von den letztgenannten zu den unsinnigsten ver brecherischen Gewaltthaten mißbraucht worden ist, hat selbst die Negierungen veranlaßt, der socialen Frage in wohl wollender Weise näher zu treten, um im Wege der Gesetz gebung thatsächliche Mißbräuche und Ungerechtigkeiten zu be seitigen. Solche dem Interesse de« DolkSwohle« entgegen kommende Schritte sind zumal seiten« der deutschen Regie rung gethan worden, wa« jedenfalls unter den verständigeren Thkllen der Bolksmassen sehr zur Beruhigung beigetragen bat. In dieser Richtung sinden wir in vrr Münchener „All gemeinen Zeitung" eine Reihe Betrachtungen, welche unS so interessant erscheinen, daß wir dieselben unseren Lefern nicht zanz vorenthalten wollen. Tie Tinge haben sich allmälig o entwickelt und gewandelt, heißt c« da, daß man zu der Einsicht gelangt ist, Theorien, Meinungen und Ansichten seien nickt im Weg« de« Strafgericht- zu verfolgen, weil sie nicht gefangen gesetzt werden können: vom staatSpolizeilichen Stanv- puncte dürfe e» sich lediglich gegen Verabredungen zur Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, gegen Eom- plote. Attentate und ähnliche Gewaltthaten handeln. — Daß die Theorien bezüglich der Besserung der gesellschaftlichen Zustände, der Reform der Erwerb-Verhältnisse, frei zu geben seien, lag von de», Augenblicke aus der Hand, wo der SocialiSmuS von StaatSwraen al« eine berechtigt« Zeitsrage anerkannt wurde. Wir gebrauchen diesen Ausdruck: »der SocialiSmuS von StaatSwegen" mit bestimmter Absicht; denn er besagt nicht» weiter al» die gesetzgeberische Behandlung de» Gegenstände«, ganz abgesehen von der Bethciligung der Staatsgewalt und der Executive bei der Durchführung der betreffenden Gesetz«. Man kann und muß den Unterschi.'d, vrr hier immer vorhanden bleibt, stark und wiederholt be tonen; e« giebt einen GtaatSsocialiSmu« und einen Socialis- mu« von Staat«- brzirhung«weis« von Gesetzeswegen. Bei dem einen wird Alle« von oben herab gemacht, geordnet, geleitet, centralisirt; bei dem anderen tritt die individuellc und gemeinschaftliche Thätigkeit in den Vordergrund. Der «ine ist mehr Diktatur, der ander« mehr Selbstbestimmung de« Staatsbürger«. kierlmarn nntrr dem Ne-artionsKrich die Svaltzeile 50 Ps. Jlli'rrale sind strls -» vie trpoeditio» zu lenden. — Rabatt wird nichl gegeben. Laklung pra»oo»»-r»u>it» oder durch Post- liaaiaa:>me. 78. Jahrgang: - LZ ^ Gesetz fick selbst entwickeln zu lassen. sachlicher Zustand den Erlaß ->nes neuen G-setzs« vcrla gl. st allerdings viel mühsamer, schwieriger. m deu Augen , „er starken Nature., undankbarer; sie lau!en dab-i G.iah . m^ aar,u viel von ihren Ideen, ihrem «ysteme verwirklich! zu sehen denn da« Leben ist kurz, die Kumt lang. Dazu kommt nock als wesentliche» Moment d,e E.genaA der verschiedenen Völker, d.e unmöglich nach der,, den Schablone glücklich zu macken sind, da zum „Gluck nick allein die materielle Förderung der der Wille gehört, und dieser eben, ,e nach der Docksnalnr e,, verschiedener sein wird. So wird in England °°r S^'S social,»,,,,.» niemals Boden gewinnen wenn nuch die ,//rage de« GrundeigenthumS nur durch die Staatsautorität geregelt werden kan»; im klebrigen besteht der Engländer aus freier Gruppirung, wie e» seine Grwcrkverc.n- i,nv Freundschaf S- arsellschaflkii schon lange bewiesen haben; seine „Eooperativ- gcnosscttschastcn" dringen sogar, aus Grund der freien Ver einbarung. bi» an die Schwelle der eigentlichen Frage. In Frankreich wird viel mehr von oben herab möglich sein: die verschiedenen, wiederholten Revolutionen, welche das Land Vnrchgemacht, bedeuten ja seit hundert fahren nichts andere« als da» Bestreben, sich denjenigen Staat endlich zurecht zu legen, der am besten die gesellschaftlichen Jnteresscn wahrt, die gesellschaftlichen Bedürfnisse befriedigt unv de» verletzten und Berküinmerten zu ihrem Rechte verhilst. Ge- leqenttich de» jüngsten Arbeiteraufstande» in den Kohlenbezirken wurde die Regierung direct darum angegangen, den Aus schreitungen der Unternehmrr zu wehren und »m Hungernden wird.« zu ihrer Arbeit »»d ihre« Loh« t» verhelfe«. Da« roäre in England ganz undenkbar. Wie wenig ader senil die Ministerien der Republik den GtaatSsocialiSmu» zu ent wickeln vermochten, gehl ganz greifbar au« ihrer Machtlosig keit hervor, der französischen Eisenbahnkönige Herr zu werden, beziehungsweise dem Staate diese» gewaltige BerbindunaS- mittel dienstbar zu machen. Da ist sogar der österreichische Staat stärker als der französische! Deutschland scheint, dem Charakter de- Volke« nach, die Mitte zwischen England und Frankreich zu Hallen, so daß sich eigentlich Autorität und Freiheit hier in der Mitte des WegcS begegnen müßten. Leider hat aber der deutsche Gründcharcikler durch da» lange Brachliegrn Noth gelitten; die Art. wie er sich wieder aufrichtete, war noch nicht dazu angelhan, natürlich unverfälschtes Wesen wieder zum Durch brüche zu bringen; an socialen Theorien wurde allzuviel au- ^rankreich importirt. Und so kam eS. daß allerdings zwei Strömungen sich begegneten, ohne jedoch sich zu verstehen. Im Grunde waren aber beide ivenlisch; Fürst BiSmarck ging nämlich von der Autorität au», und die Socialvemokratcn strebte» der Autorität zu. Letztere mißtrauten der Macht deS Reichskanzler», weil sie ihnen nichl alS die gewünsckle, richtig« erschien, und dennoch hätten sie in ihrem Interesse besser gelha», den Staat, sowie er ist, zum Imperator und Leiter der Gesellschaft machen zu Helsen; sie verfochten dabei nur ihre eigenen Grundsätze. Die Mäßigung der SlaatSautorität, da» englische Ele ment. läßt in Deutschland noch immer aus sich warten. Ter Reichstag und mit ihm die Presse ist in zu viele und schroffe Parteien zerschlagen, als daß beide jene» fehlende Element grundsätzlich vertrete» könnten. Mit dein Be schneiden der Regierungsvorlagen und dem vorangehenden Gezanke sowie mit den, ängstlichen Festhalten alter An schauungen und Interessen ist wahrlich nickt» gethan. Der Deutsche Reichstag bat noch nicht da» volle Herz für die sociale Frage, und so muß man sich nur freuen, daß der Reichskanzler in der Verfolgung seiner im großen Stile ge haltenen Pläne nicht nackläßt. ES ist eine Thatsache von mehr al« theoretischer Be deutung, daß der SocialiSmuS in Europa eine ossicielle Wich tigkeit erlangt hat. Bon allen Seiten wird dies, wenn auch halb verschleiert, nicht nur zugcstanden. sondern ausdrücklich Hervorgehoden. Di« Doctrinalren Uberschleicht dabei ein ge- Heime« Grauen, weil sie sich durch die Ausbesserung der Arbeiterlage schon zu den Tobten geworfen sehen. Jene sprachen nur immer von .Maare" und .Markt", daß aber hinter beiden auch Mensche» von Fleisch, Blut und mit einem Magen stehe», darum haben sich diese sonderbaren „Gelehrten" niemal« bekümmert. Nun ist aber die Zeit gekommen, wo ein energischer ytaat«n,ann da« große Wort au«sprach: .Ich möcht» am liebsten jede» Deutschen versichern". E« käme nur aus die Erklärung de« Begriffe« „Versicherung" an. um in dieser Aeußerung den Gang ver ganzen zukünftigen wirthschaftlichen Entwickelung zu erblicken. Kein Einzelner, selbst nicht der Milliardenstaat, kann eine solche .Versicherung" bemerk- stelligen; c« muß der Begriff der vollsten Gegenseitigkeit huiAutreten, um daS flcmze Borhaben möglich zu machen. Stehen aber die Tinge so. dann kann von einer Ber- ^ soc'iillst'schen mehr sein, xkrvr Lheori« darf dann nur al» ein. wenn auch verfehlter Beitrag zur Lösung der großen Frage betrachtet werben. Da be.ut e« dann wirklich: „Die Wissenschaft und ihr, Lehre N-Uürlich haben sich all« dies» Beiträge. Vor- »läge und Lehren innerhalb der Grenzen. Prüfung, Unter- Debatte zu halten und dürfen gegen den Staat und dessen gesetzliche Einrichtungen nicht verstoßen; „ ailt I«, Reformen die Bahn zu öffnen, aber nicht Revolution ,u machen. Da ist vi« Grenzlinie zu ziehen; wa« darüber hmauSgrht, verfalle dem Strafgerichte. rivilisirten Staaten wahrlich nicht genieinschastliche Sache mit jenen ruchlosen ganz verlorenen Mensche», dir ihre eiaene Radikalmittel gegen da« All. schastliche Elend betrachten und ohne jede Einsicht in dw Natur de« Hebel». Mißstände durch Verbrechen beseitigen wollen und sich dadurch selbst außerbatb de» Gesetzes stellen. Ihr fanatische» Wnthe» gegen die friedliche Arbetter-Agltativn kennzeichnet viese Gewaltmenschen am richtigsten. Sie wer den indeß der guten Sache^ nicht schaoe», vielmehr zu einer balvigen, nothwendigen Schelvung der beiden qruiidverschieke- nen Elemente und zu einer Klärung der Pruicipien bei- ^Daß solche Mörder und Verbrecher unter der Maske politischer Flüchtlinge i» irgend einem civilisirien Lande sicher sein und sich de» Asistrechtes erfreuen sollten, davon darf nickt gesprochen werden. Kein wahrer Freund der Arbeiter und ihrer Interessen wird daS Geringste gegen gemeinsame Maß nahmen ver europäischen Regierungen bezüglich solcher gesabr- lichcr Verbrecher und gegen deren Auslieferung an die Bc- bvrden ihreö LandkS einzuivenden haben. Nur muß jeder ein zelne Fall von der Regierung des Lande», von der die A»s- lieserung verlangt wird, gehörig untersucht werde», damit nickt unter dem Vorwände des Anarchismus, NilulwiiiuS rc. thal- sächlich politische Gegner der Rache ihrer Regierungen preis- gegeben werben. In dieser Beziehung ist die größte Vorsicht iwtkwendig, weil die RcchlSbegrifse verschiedener Staaten sehr verschiede» sind. Da wird man beispielsweise England und Ruß land nicht so obncWeitere»zusamnienwersen könne». Abcrgerade in dieser Verschiedenheit bars man in dem entwickelten Frei heit«- und RechtSgesühl einiger Staaten die Bürgschaft gegen unbereckkiglc Verfolgungen und internationale Polizei- „laßregeln erblicken. Ohne allseitige Zustimmung kann eme solche Üebereinkunst nicht zu Stande kommen; die Regierungen dct freien Staaten haben e« mit ihrer Gesetzgebung und der ösfenllichen Meinung zu thun, vor denen eine so wichtige internationale Neuerung sich erproben muß. Man kann aio sagen, daß. wenn Europa einig ist. auch daS vorsichtigste Gewissen «ine gemeinsame Maßnahme gegen den Anarchismus willkommen heißen wird. Frankreich und England haben sich ja schon im Privatwcge bezüglich der Ueberwachung der Dynamilsciidungen verständigt, ja Frankreich hat die Noth- wenvigkeil eine, polizeilichen Controle in seinen Häfen bereit willig anerkannt. Wird die nvthige Vorsicht geübt, der BersolgunaSwuth die gehörige Grenze gestickt, so kann kein vernünftiger Mensch eine Einwendung dagegen machen, daß der Anarchismus al ter gemeinsame Feind ganz Europa» behandelt und verfolgt werde. Wir denken aber von dem Augenblicke ab, wo thal- sächlich lociai-volilische RechlSzuständ« im Wege eine« ge waltigen kiv'lisatorischen Fortschritte« eiutreten würde», wäre der wilde Lnarchismu«, der gegenwärtig s, drohend sein häßliche« Haupt erhebt, für immer abgelhan. Leipzig, 15. März 1884. * Dem Reichstag liegt der Bericht über die Thätig- keil de« ReichScommissarS für da« AuSwan- vcrungSwesen während de« Jahre» 1883 vor. Wir ent nehmen demselben die folgenden Mitthcilungen: Die Beför derung der Auswanderer au» den drei deutschen Häfen Hamburg, Bremen und Stettin fand im verflossenen Jahre ausschließlich vermittelst Dampfschiffen statt, während im Jahre l882 noch 1 Segelschiss mit Auswanderern expedirt worden war. Gegenüber dem im Jahre 1881 erreichten Höbcpnncte ist schon im Jahre 1882, noch mehr aber im verflossenen Jahr eine rückgängige Bewegung eingetreten. ES wurden im Jahre 1883 über vie gen an» len Häsen be fördert 20l,303 Personen, darunter 143.947 Deutsche, gegen 23l,557 Personen, darunter 169,034 Deutsche im Jahre 1882, und 247,346 Personen, darunter l 84,369 Deutsche im Jahre 1881. Al» eine Folge des Untergangs deS Dampfers „Cimbria" darf e» betrachtet werden, daß seiten« der Ham burg-Amerikanischen Packelsahrt-Actien-Gesellichast jetzt nack und nach, wie schon früher vorgeschlagen worden ist. die eisernen Querschotten, die die Schiffsräume in einzelne Aö- lheilunge» tl,eilen, voll abgeschlossen werde», sobald Passa giere an Bord genommen werden sollen, indem die bisher in den Eisenwänven befindlichen DiirchgangSthüren eiitiernt und die Oefsnungen mit aufgeschobeiien starken Eisenplatten verschlossen werden. AlS eine weiter« Folge de« «Cimbria" - Unfälle« sind mehrfach neue Erfindungen von Rettungsflößen hervorgctreten, dock sind vie damit eingestellten Versuche noch nicht so weit gediehen, um ein endgültiges Urthcil über die Zweckmäßigkeit dieser Rettungsflöße abgeben zu können Von den im Jahre 1883 über die drei deutschen Häfen beförderte» 201.308 Personen wurden 89.465 über Hamburg. Ill.295 über Bremen und 548 über Slelli» befördert. Von den >43,951 deutschen Auswanderern (80,150 »lännlichen und 63.801 weiblichen Personen) ging weitaus der größte Theil. nämlich 138,886, »ach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, nur mit wenigen einzelnen oder Hnnderlen sind, andere Länder bc- lhciligl. Die stärkste Auswanderung fand wie auch in früheren Jahren, in den Monaten April, Mai und Oclober stakt. Bon außereuropäischen Ländern nach den deutschen Häsen wurden zurückgcbracht 26,765 Personen. * Der Abg. vr. Paascke hat bei Gelegenheit seine» UebertrittS zur nationalliberalen Partei zur Motiv,- rung dieses Schrille- am 12. März an die „Rostockcr Zeitung" folgende Erklärung gesandt: Al- ich bei Beginn der jetzigen Legislaturperiode mich der „liberalen Bereinigung" anschlotz, geschah e-, weil bei der Lon. siiluirung derselben von den Führern der Pariei mtt besonderem Nachdrucke hervorgehoben ward, daß die neue Bereinigung keine Fraktion im engeren Sinne, daß keine? ihrer Mitglieder «n die Beschlüsse der Mehrheit gebunden sein solle, vielmehr jedem volle Freiheit der Einschließung znstehc» und die Bereinigung den Kry- slalliiativu-punci bilden solle, an den sich von rechi- und link- die liberalen Elemente zur Schaffung der großen liberale» Partei an schließen könnten. Da ich bi-ner keinem Fractionsverband« an- gehürt hatte, glaubte ich in dieser neuen Bereinigung am besten meinen Platz zu finde». Seitdem ist die Bereinigung immer mehr eine Fraciio» mit eigener Fraclion-poliiik geworden: die erhofften Anschlüsse von reckst- blieben au-, wohl aber neigte sich die Mehrheit immer mehr und entschiedener nach link-. An« dem „secessioni-ischen Anhänge der Fortschritt-Partei" ist jetzt rin Theil der „freisinnigen Partei" geworden, in der die früheren Mitglieder der Fortschritt-- Partei zum Mindesten der Zahl »ach die Oderhand haben werdea. Scho» vor etwa '/. Jahren war ich, wie mir der Abg. Vüsing und andere Lollegen bezeugen können, fest entschlossen, au- der secrssio- niftilchen Froclton au-zuiretrn. wetl in ihr, noch dem Zurücktreten de- Abg. LaSker, immer mehr die extrem sreihindlerilche und den socialcelormatorischen Plönen der Regierung oppositionelle Rich tung die Oberband gewonnen. Da ich nun von der Uebrr- zeugnng der Noihwendigkeit der socialen Reform durch» drungen bin, auch den Plänen der Reich-regierung betreff-
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