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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504069
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850406
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-06
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1885
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Erscheint täglich früh S'/,Uhr. NeiarNou und Lrpeditiov IohanaeSgasse 8. Sprechstunden der Ueöactiia: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- S—6 Uhr. sttlr di» «»a»»d« ->nqel«ndter Msu>ulcrlrt« »acht -< dl« »tcd»clu!ll «j»t »irdwdlich. Lnnatzme »er für »t« nSchstf«l,e»d« Nummer destimmte« Inserate an Wochentagen tt» 3 Nvr Nachmittaas. an Sonn- und Festtage» früh bis '/,SUvr. 3n den Filialen für Ins.-Annahme: Otto Klemm, UniversilStsstraße I. Louis Lösche» Katharinenstr. 23. p. unr bi» '/,S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. SK. Montag vm 6. April 1885. A«flage L»,»»0 Ädrunementaprei, viertelf. 4V, Md. iacl. Brinaerlohn 5 Mk., durch die Löst dezogea 6 Mk. Jede einzeln e Nummer M Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iür Extradetlagea (in taaeblott-Format gefalzt) ohne Pvstbesörderung 39 Mk. mit Postbesvrdcrung 48 Mk. Inserate Ogespaltme Petitzeile 20 Pf. Gräßer« Schriften laut uns. PreiSoerzetchMß. Tabellarischer o. Ziffernsatz nach höhcrm Tarif. Herlämen «ter dem RedactionSstrich die4gespült. Zeile SO Pf., vorden Familien Nachrichten die Ogefpaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die bftpcottian za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»emum>ranä<> oder durch Post nachnahme. - * ^ - ' - 7S. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vrkanntmachung. Bon heute ab beträgt bei der Reichsbank der DiScont 4'/, Procent, der Lombardzinösnß für Darlehne gegen aus schließliche Verpfändung von Schuldverschreibungen deS Reichs oder eines deutschen Staates 5 Proccnt, gegen Verpfändung sonstiger Effecten und Maaren 5'/, Procent. Berlin, den 4. April 1883. NvichSbanL-Directorinn». Dekanntlnalhimg. Di« diesjährige Lsssternieffc beginnt osficiell am 2V. April und endigt am v. Niai. Während dieser drei Wochen können alle ln» und aus ländischen Handelsleute, Fabrikanten und Gewerbetreiben den ihre Maaren hier öffentlich scilbietcn. Doch kann der Großhandel in der bisher üblichen Weise bereits in der zum AuSpacken bestimmten Vorwoche vom 18. April an belriebcn werken. Daö AnSpnckon der Maaren ist den 'Inhabern der Meßlocale in den Häusern ebenso wie den in Buden und auf Ständen feilhallenkcn Verkäufern in der Woche vor der Bötlchcrwocke gestaltet. Zum Einpacken ist das Offenhalten der Meßlocale in dcn Häusern anch in der Woche nach der Zahlwochc erlaubt. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Offenhalten eine- solchen Berkaus-localcS, ebenso das vorzeitige AuS packen an den Ständen und in den Buden wird mit der sofortigen Schließung und außerdem jedesmal, selbst bei der ersten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstrafe bis zu 78 oder entsprechender Haftstrasc geahndet werden. Auswärtigen Spediteuren ist von der hauptzollamtlichen Lösung des WaarenverschlusfeS an bis mit Ende der Woche nach der Zahiwoche das Speditionsgeschäft hier gestattet. Leipzig, den 8. Februar 1888. Der Rath der Ttadt Leipzig. Georg:. Kretschmer. Vekannrinachnng, die Bezahlung der Jmmobiliar-Brandcafsen« beiträge Herr. Nack der in dem Dresdner Journal dom 27. Februar diese- Jahre- enthaltenen Bekanntmachung der Königlichen BrandversicherungS-Commissio» hat daö Königliche Ministerium de- Innern genehmigt, daß für dcn ersten diesjährigen Hebe termin — I. April — bei der GebäudrversicherunqS- Abtheilung Ein Pfennig und bei der freiwilligen Ver sicherung Einundeinhalb Pfennig von der Beitragr einheit erhoben werde. Es werden deshalb alle hiesigen Hausbesitzer resp. deren Stellvertreter hierdurch aufgesordcrt, ihre Beiträge spätestens binnen 8 Tagen, von dem Termine ab gerechnet, an unsere Stadt-Steuereinnahme, Obstmarkt Nr. 3, Part., bei Ver meidung der sonst eintretenden ZwangSmaßregcln abzusühren. Leipzig, den 30. März 1885. Der Rath der Ttadt Leipzig. vr. Georgi. Noch. Manntmchun-. Wegen der sofort nach Ostern beginnenden Regulirung der Dresdner Strafte wird dieselbe sammt den Ein mündungen der Seitenstraßen auf den jeweilig in Ausführung begriffenen Strecken, soweit die- die Arbeiten erfordern, aus die Dauer derselben theilS für den durchgehende«, theilS für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Wer sich erlaubt, mit Fuhrwerk irgend «iner Art die gesperrten Strecken unbefugt zu befahren, wird um Geld biS zu «0 Mark oder mit Haft bi- zu 11 Tagen bestraft werden, und zwar in der Regel bereits im ersten Falle mindestens nm 10 oder mit Haft von 2 Tagen. Wahrend früherer Sperrungen hat man sich erlaubt, auf dem Gleise der Pferdebahn die cbgesperrten Strecken zu durchfahren. Wir machen daher ganz ausdrücklich hierdurch daraus aufmerksam, daß eS auch während der bevorstehenden Arbeiten bei obcngedachter Strafe verboten ist, den ans den abgesperrten Strecken für die Pferdebahn wagen sreigelaffenen Ranm mit anderen Wagen unbefugt zu befahren. Leipzig» 2. April 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. l)r. G e orgi. Hemng. Vekannlmachnng. Anher ergangener Verordnung zufolge wird zu Ausführung der von der trigoiiometrischen und topographischen Abthcilung der Landesaufnahme im Königreich Preußen projectirten Vermessungen, welche inncrbalb deS sächsische!» Staatsgebiete» im Besonderen auch in Beobachtungen ans der Station Leipzig bestehen werden, von dem mit der Leitung dieser Arbeiten beauftragten königlich preußischen Oberst » la suito de- GencralstabeS der Armee, Herrn Schreiber, und von den demselben unterstcbcnden Dirigenten, Officieren. Trigo« nomeicrn und Hilsslrigonometcrn bas Gebiet deS Königreichs Sachsen betreten und werden auf demselben die bezüglichen Arbeiten, welche Milte deS Monat« April ihren Anfang nehmen sollen, vorgenoiiinien werde». Wir bringen dies mit dem Ersuchen zur öffentlichen Kenntniß, die feiten- gedachter Personen beansprucht werdenden Hilfeleistungen, für welche Bergütung erfolgt, bereitwillig zu gewähren und überhaupt die ÄnSsnhrung bcregter Arbeiten thuniichst fördern zu Helsen. ES wird hierbei noch bemerkt, daß die betreffenden Personen durch offene Ordre legitimirt sein werden.. Leipzig, am 2. April 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. — Or. Georgi. Hentschel. Städtische Gewerbeschule^ Der Unterricht im r»m«crsemestcr 188» beginnt Montag, »c» 13. April er., der Tagescursna früh 7 Uyr, der AbeiidciirsiiS um 7 Uhr. Leipzig, de» 6. April 1888. Ter Direct«»: .. M.E». . vr Ludw. Rirper. DK «chlllerardetten »lei»en »ente »och «»»»eftelt. Submission. Die rtschlerarßette» für »rn Neubau »e» NathhauseS in Lützen sollen im Wege der öffentlichen Submission vergeben werden. Die Zeichnungen und Bedingungen liegen im Magistratsbureau zu Lützen täglich von 9—12 und 2—6 Uhr auS. Copien der Letzteren können gegen Erstattung der BervielsältigungSkosten dort entnommen werden. Offerten sind an das genannte Bureau, ver siegelt »nd portofrei mit der Aufschrift: „Offerte aus Tischlerarbeiten skr den NathvanSban in Lützen" bis zun, Montag, den 13. April, Vormittags II Uhr einzusenden. um welche Zeit sie dort in Gegenwart der erschienenen Submittenten geöffnet werden sollen. Lützen, den 4. April 1885. Der Magistrat. Nichtamtlicher Theil. Vas schweizerische Auslieferung!!-Verfahren. * Schon oftmals hat der verständige Theil der schweize rischen Presse über die ungleichen, nicht selten sich völlig widersprechenden Iustizverhäilnisse des Landes Klage geführt, welcher bedenkliche Uebclstaiid in dcr sogenannten Souvc- rainität der Cantone, beziehungsweise in ihren verschiedene» Gesetzgebungen wurzelt. Diese Ungleichbeiten »nd Wider sprüche treten ganz besonder- im AuslicferungSversahren hervor. Handelt es sich um eine Auslieferung von Canton zu Canton, so wird diese nur dann als eine Justizangelcgen- heit betrachtet, wenn der zur Auslieferung aufgesorderte Canton e- ablehnt. dieselbe zu bewilligen. Der Verfolgte selbst hat kein Recht, gegen seine Auslieferung etwas einzu- wcndcn, wenn die betreffende Cantonsregieru'ng seine Aus lieferung beschlossen hat. Alles ist erledigt, wenn einmal der Regierungsbefchluß gefaßt worden ist, was gerade nicht mit den freiheitlichen Grundsätzen eines republikanischen Staatswesens im Einklänge steht. Dem von der Auslieferung Betroffenen ist jede Berufung verschlossen, und so beseitigt dcr Regierungsbeschluß alle gesetzlichen Bedenkkn. Wer i»teh die sehr verschiedenartigen schweizerischen Iustizverhältnisie kennt, wird nicht bejahen können, daß es für einen Angeklagten glcicbgiltig ist, vor dieses oder jenes Cantongrricht gestellt zu werde». So merkwürdig ist es noch zur Stunde mit der Strafjustiz in mehreren schweizerischen Cantonen bestellt, daß man jüngst gelegentlich der Bcrathung eines neuen Militair-Strasgesehbuckes allen Ernstes verlangt hat, für gemeine Verbrechen, wie Diebstahl, Mord u. s. w., wenn sie von unter dcn Waffen stehenden MilitairS verübt werden, die Militairgerichtsöarkcit als allein entscheidend zu erklären und die bürgerlichen Gerichte völlig auSzuschließcn. Ein Angeklagter kann sich noch glücklich schätzen, wenn ein fremder Staat, dessen Iusiizverhältnisse Gewähr für eine gerechte. Schuld und Schuldlosigkeit gewissenhaft abwägendc Entscheidung bieten, die Auslieferung verlangt. Wird diese aus einen von dcr Schweiz mit jenem Staate abgeschlossenen Vertrag gestützt, so darf nämlich dcr BundeSralh über dcn Verfolgten nicht ohne Weitere?, ohne seine Einwendungen zu hören, die Auslieferung verfügen. Bestreitet der Verfolgte die Zulässigkeit seiner Auslieferung, so hat seine Einsprache daS BundeSgericht zu erwägen, und dieses hat nach aus schließlich rechtlichen GesichtSsmnctcn, ohne Rücksicht, ob die Auslieferung oder die Verweigerung derselben vom politischen Standpuncle auS ein Aergerniß bereiten kann, über die Ein sprache zu urtheilcn. In vollem Umfange besteht dagegen noch die RechtSlostg- keit des Verfolgten, wenn ein auswärtiger Staat seine Aus lieferung verlangt, mit dem die Schweiz einen AuSlicfcrungs- vertrag nicht abgeschlossen hat. Dann muß zwar daS AÜS- lieserungsbcgehrcn wohl auch an den BundeSralh gerichtet werden, aber dieser übermittelt cS lediglich ver betreffenden CantonSregierung und diese entscheidet , ob sie, wen» auch durch keinen Vertrag gebunden, die Auslieferung vollziehen soll. Selbst wenn cS zweifelhaft scheint, ob ein politisches Verbrechen vorlicgt oder nicht, wie seiner Zeit in dem Falle deS russischen Nihilisten Netschascw, so ist cS ganz dem Canton überlassen, ob er die Auslieferung bewilligen oder verweigern will; weder BundeSrath, noch Bniidesgericht haben darüber zu entscheiden. Die »Neue Züricher Zeitung- kommt auch auf den Rigaud'schen Fall zurück, der jetzt im Geschäftsbericht deS BundeSgerichtS über daS Jahr 1884 eingchehenv erörtert wird. Rigaud'-'Auslieferung ward von Frankreich verlangt, weil sich dcr Angeklagte einer fahrlässigen Tödtung schuldig gemacht hatte. Im Auslieferungsvertrage mit Frankreich von 1869 findet sich dieses Vergehen nicht erwähnt; wohl aber hatte dcr BundeSrath im Mai 1884 von Frank reich die Auslieferung eines in der Schweiz wegen fahrlässiger Tödtung Angeklagten und nach Frankreich Geflüchteten ver langt und sie auch erwirkt, aus die Zusicherung hin, daß die Schweiz in gleichartigen Fällen Gcgenrechl üben werde. Nicht aus dcn Vertrag, wohl aber auf diese Gegenrcchts - Zu sicherung stützte Frankreich sein AuSlixferungSbegehren. Rigaud protestirte: er berief sich auf dcn Sta'atSverträg, in welchem die fahrlässige Tödtung nicht unter den strafbaren Hand lungen aufgczählt ist, um deren willen zwischen der Schweiz und Frankreich die Auslieferung stattfinden muß. Der BundcS- rath wie- die Einsprache Rigaud'- an da« BuiidcSgcricbt; dieses aber erklärte sich incompetent, weil nickt nach dem Vertrage diese AuSlieserungSsrage zu beurtheilcn sei »nd nur über Auslieferungen, die. gestützt auf Staatsverträge, begehrt werden, das BundeSgericht zu entscheiden habe. Der Bundes» rath hat keine Competenz, allein StaatSvcrträge abruschlirßen, dazu bedarf er der Zustimmung der Bundesversammlung. Eine GegenrrchtS-Zusichernng, welche der BundeSrath ab gegeben hat, ohne die Bundesversammlung zu befragen, kann rechtlich nicht einem StaatSvertrage glcichgcachtet werden. Nach dem bisherigen Grundsatz hätte, wenn nicht rin AuSliesrrung-vertrag angerufcn werden konnte, die CantonS- regierung zu entscheiden gehabt. Rigaud war in Gens ver haftet. Aber wenn die Genfer Regierung die Auslieferung abgeschlagen hätte, so wäre der BundeSrath, welcher Frank reich da« Gegenrecht zugesichert hatte, arg compromittirt gewesen. Er durchschnitt den Knote», indem er auS eigener Machtvollkommenheit beschloß, Rigaud sei den französischen Gerichten anSzuliesern (19. September 1844). Enthielte dieser BundeSrathSbeschluß nur einen Ueberzriff in eine bisher vo» den Cantonen geübte Besugniß, sc könnte man sich darüber hinwegsetzen; denn an sich wäre cS nur al» ei» Fortschritt zu begrüßen, wenn internationale AuSlieserungS- sragen ausschließlich von der Bundesbehörde, freilich nicht vom BundeSrathe, sondern vom BundeSgericht entschiede» würden, auch wenn das AuSlieferunaSbegehren sich nicht aus einen Staatsvertrag stützen kann. Aber schwerer wiegt eS, wenn dcr BundeSrath in die verfassungsmäßigen Befugnisse der Bundesversammlung übergreift. WaS dl» Bundesver sammlung genehmigt und beschlossen hat. daS ist der AnS- lieserungSvertrag mit Frankreich: der BundeSrath hat kein Recht, diesem Vertrage noch weitere für die Schweiz verbind liche Klauseln anzuhängen. Bon diesem GesschtSpuncte au- gewinnt der an sich un interessante Rigaud'sche Fall eine hohe Bedeutung. Nicht um da- Individuum und um sein Vergehen handelt e» sich, auch nicht um den Umfang, in welchem die Schweiz aus wärtigen Staaten Rechtshilfe in Strafsachen versagen oder gestatten soll, sondern um die wichtige constitutionelle Frage, ob der BundeSrath sich herausnehmen darf, ohne Zustimmung und Ermächtigung der Bundesversammlung, ja ohne auch nur nachträgliche Mitthcilung an dieselbe mit auswärtigen Staaten Vereinbarungen zu treffen, welche einen für die ganze Schweiz verpflichtenden Charakter an sich tragen. ES ist unmöglich, ein so eigenmächtiges Verfahren zu recht fertigen, welches hoffentlich die Bundesversammlung nickt »lit Stillschweigen übergehen wird. Leipzig, 6. April 1885. * Gelegentlich deS Osterfeste» schreibt die „National liberale Correspondenz": Es ist eine löbliche Sitte, daß unsere Presse keinen der hohen kirchlichen Festtage vorübergehen läßt, ohne ihm betrachtende Artikel zu widmen. Mag auch manchen publicistischea Organen, welche sonst in Betreff der religiösen Angelegenheiten unsere- VolkeS eine an Nichtachtung grenzende Gleichgiltigkeit offenbare», dieses Hinübergrcisen aus das Gebiet deS christlichen Empfinden- nicht recht zu Gesicht stehen, daß sie sich überhaupt dazu bereit finde«, zeigt doch immerhin, wie sie hier einen, mächtigeren Druck, als dem ihrer eigenen Ueberzcugnng folgen. Bei aller Toleranz in Sachen deS Glaubens, bel der vollen Gleichberechtigung, welche wir jeder religiösen Meinung zugestehen, halten wir eS dennoch für nötbig, unserem Volke stet- vo» Neuem die Lhatsache vor Augen zu rücken, daß wir in ginem christlichen Staat leben, da« sich nnsere Gesetzgebung, unsere gesellschaftliche Ordnung aus dem Fundamente christlicher Ethik ansbaut. Dueuu, feiern wir auch unser Ostern als ein christliche- Fest. Ter tieje Ernst, welcher sich nm da- Kreuz auf Golgatha gelagert, ist der Freude gewichen, denn der Heiland der Wett hat den Tod bezwungen und uns mit seiner heiligen Lehre den Weg geebnet, ihm nachzufolgen. Sein Evangelium predigt Liebe und nur durch sie kann die sündige Menschheit erlöst werde». DaS Osterfest fällt zusammen mit dem Erwachen des Frühling-; mit dem Keimen und Blühen in der Natur, mit dem jubelnden Gesang der Bögel zieht neue Hoffnung, neue Freude in da- Herz de- Mensche» und er gedenket dankbar der Gnade, welche ihm durch Jciiim Christum zu Theil ward. Der weltüberwindende Glaube, der seine rettende Kraft am Symbol de- Kreuzes gewinnt, er ist noch lebendig in den Völkern, und wSNn jetzt über den Rückgang deS ChristknthumS geklagt wird, wenn überreife Denker erklären, die christliche Lehre habe sich überlebt, so erinnern wir an die über zeugende Gewalt, welche ihr »och immer innewohnt und schlimmere Stürme überdauert hat. Die christliche Religion ist die Religion der Liebe, die Religion der Befreiung vo» Noth und Elend dcS irdischen Daseins unter der sicheren Verheißung einer besseren, höheren Welt; ihre festeste Stütze bildet die Feier der Aus- rrstehung, der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und diese Stütze müssen wir vertheidigen mit Aufgebot aller Kräfte. Mit ihr wird uvieremFamilienlkben, unserer gesellschaftlichen Ordnung, derSicherheit unseres Staate- die sefte Basis entzogen. Schon Rousseau sagte: „Zwei Dinge sind r», welche um icdcn Preis in einem eivilisirien Staate ausrecht erhalten werden müssen, die Achtung vor dem Gesetz und der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele". Aber gerade diesen Glauben wollen uns salsche Propheten, welche an Stell« des ewig Unersorschlichen, Unbegreiflichen ihre eigene traurige Weisheit setzen, raube» und leider haben sie schon Anhänger in Menge ge- sunden. DaS ist daS Gefährlichste an unserer modernen, populär- wissenschastlichtn Ucberbilduiig, ebenso wie an der socialdcmokraiischei, Bewegung, daß sie den Blick bla» aus diese Welt lenkt und in ihren materiellen Gütern den einzigen Inhalt des Leben- predigt, sie vcr- lactit »nd verspottet die ideale Kraft des Herzen-, welche sich über diese- Dasein erhebt und allein die Großthaten de- menschlichen Geiste- z» vollbringen vermag. Darum gilt e» vor Allem, die reli giöse Empfindung im Volke wach zu halten und jene Tendenzen zu bekämpfen, welche durch die Ableugnung einer höhere» Existenz dcn Sinnengcnuß dieser Welt zum einzig wahren stempeln. Nur mit dem Glauben an die geläuterte Fortdauer nach dem Tode sind zu- meist die schweren Entbehrungen, die harten Conflicke, wie sie daS Leben bringt, zu ertragen; nehmen wir dem Armen und Elenden diese letzte stützende Hoffnung, weisen wir ihn lediglich aus sein jetziges jammervolles Dasein, so wird ihm dasselbe völlig werthloS erscheinen und in der Mißachtung alles Höheren wird er die Fesseln, welche ihn schnüren, zu sprengen juchen. Das hat die Socialdemokratie sehr wohl erkannt und daruin arbeitet sie mit all ihren Mittel» gegen die Religiosität im Volke. „ES ist einmal nicht anders", schreibt ihr Leiborgan, der Züricher „Socialdemokrat", „da» Thristenthum ist der ärgste Feind der Socialdemokratie .... Wenn Gott au» den Gehirnen der Menschen vertrieben ist, so fällt auch daS GotteSgnadcnIhum, »nd wenn der Himmel im Jenseits als eine große Lüge erkannt ist. so suchen die Menschen sich den Himmel diesseits aufzurichten. Wer also da» Chrtstenthum bekämpft, bekämpft dadurch zugleich Monarchie und Kapitalismus." Solchen verderb lichen Anschauungen gegenüber liegt eS nicht nur in dem Interesse der Kirche» sondern auch in dem de» Staate-, die christlich religiöse Empfindung, vorzüglich in den niederen BolSclassen stetig von Neuem zu beleben und mit Ihr die sittliche Grundlage zu stärken. Möge die Erkeinttniß von der Wichtigkeit, welche diese Frage für unsere gesammte künftige Entwickelung besitzt, in immer weitere Kreise dringen und möge man vorzüglich an jenen Stellen, von denen die heilsame Einwirkung vor Allem auszugehen hat, über dcn kleinlichen Buchstabenstceit die großen Ziele der christlichen Glaubensgemeinschaft nicht vergessen. Bielleicht steht dann zu er warten, daß die Feier unserer hohen christlichen Feste und haupt sächlich des Osterfeste- nicht nur eine läuternde, sondern auch eine einigende Kraft ausübt. * Dem Deutschen Auswärtigen Amt gehen auS allen Theilen Deutschlands zahlreiche Gesuche zu um An stellung und Verwendung in den unter deutschen Schutz ge stellten Gebieten, nm kostenfreie Befördert»,g dahin »nd um Belehrung und Auskunft Uber die dortigen Verhältnisse. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" macht des halb daraus aufmerksam, daß da» Reich Stellen in diesen Schutzgebieten nicht zu vergeben, auch keine Fond» ,ur kosten freien Ilebersührung von Auswanderern zur Verfügung hat. Derartige Gesuche werden vielmehr an diefenigen HcmdiungS- häuser zu richten sein, die in jenen Gebieten Niederlassungen bade», wie z. B. an Herrn F. A E. Lüderitz in Bremen, da- Syiidicat für West-Afrika in Hamburg. daS Comitö dcr Neu-G»inea-Comvagnie oder auch an die Deutsche Ost- Afrikanische Gesellschaft und andere ColomsationSvereine. * Auch in Görlitz, dessen Ehrenbürger dcr Reichs kanzler Fürst Bismarck ist, fanden am t. April zu Ehren desselben zahlreiche Festlichkeiten statt. Die meisten Vereine eierten den Kanzler in Abendvercinigungen, dcr Magistrat ,atte eine Adresse an den Fürsten abgesandt und im Theater ine Feier veranstaltet, bei welcher dcr Oberbürgermeister Reichert am Schluß ein begeistertes Hoch auf den Kanzler auöbrachte. Eine zahlreiche Festversammlung auS Stadt und Landkreis Görlitz trat nach Schluß dcS Theater« zu einem §est-Sonper zusammen, bei welchem der Stadtverordneten- Vorsteher. Zustizrath Bet he, den Toast auf den Kaiser und der LaiidtagSabaeordiicte von Schenkendorff, welcher die Bildung des FestcomitsS für diese Vereinigung in die Hand genommen balle, dcn Fest-Toast auf den Kanzler auöbrachte. Die Lersammlnng schickte dann daS folgende Glückwunsch telegramm an den Kanzler ab: „Zahlreiche patriotische Männer auS Stadt und Landkreis Görlitz, welche zu Ehren deS Ge burtstags Ew. Durchlaucht heule festlich versammelt sind, bringen ein begeistertes Hoch dem Reichskanzler und dem Ehrenbürger von Görlitz! Gott erhalte noch lange unfern Kanzler! Die Festversammlung. Im Aufträge von Schenken- dorss.- Alle Festlichkeiten der Stadt sind auf daS glänzendste verlausen. * Wie leicht vorauszusehen war, lassen eS diejenigen Parteien, welche jedem erneuten Aufschwung unsere- nationalcn Gefühls gram sind, an mäkelnden Randglossen über die BiSmarck-Feier nicht fehlen. Das Berliner Icsuitenblatt „Germania-, welches über die Unterzeichner der Bismarckavrcssen gleichsam ein schwarze- Buch führte und an dem Ehrentage unseres Reichskanzlers kein Wort für denselben an leitender Stelle fand, kann cS nicht verwinden, daß sich die Feier in der Charwocke vollzog und man nicht wenigstens den Fackelzug vor dieselbe verlegte. Ferner hat man auch nachträglich entdeckt, daß analog dem Adresscn- sturme nach der Abstimmung de« 18. December die ganze Bismarck-Feier ebeiisalls nur ein Werk deS „Byzantinismus" ist. Die „Berliner Zeitung", da» Amtsblatt Eugen Nichter's, constatirt mit gewichtigem Ton: „Das BiSmärck- Iubiläum war ein Parteiscst, kein nationales". „An der Spitze standen politische Agitatoren und Börsianer; die Einen schürten den ParteisanatiSmuS, die Anderen gaben das Geld", und der „ReickSsreund", ein zn'cires Organ des Herrn Richter, bestätigt eS, daß die Festlichkeiten zur Geburtstagsfeier des Fürsten von vornherein als Partcisache behandelt wurden. Nun weiß daS deutsche Volk endlich, welche geringe Be- deutung die Feier vom 1. April eigentlich besitzt. Natürlich ist dcr „ReichSfreund" auch mit der Art der Feier äußerst unzufrieden. „DaS ganze Unternehmen, schreibt er, litt an maßloser Uebcrtreibung. Die Broschüre», Lebensbeschreibungen und sonstigen zahlreichen Schriften, welche anläßlich des Festes erschienen sind, stellen sich zum Theil an, al» ob eS außer dem Fürsten Bismarck in Deutschland gar keine hervor ragenden Männer gegeben habe und gebe." Wie man über der Bismarckfcier aber auch nur Herrn Eugen Richter, den leitenden Staatsmann dcS NeusortschrittS, so gänzlich vergesse» konnte! * Domprobst vr. Holzer in Trier, Mitglied de» Herrenhauses, ist, wie gemeldet, am Sonnabend früh 4 Uhr in Trier gestorben. Karl Joseph Holzer ward am 7. September 1800 zu Ehrenbrcitstcin geboren, hat also ein Alter von 84'/, Jahren erreicht. Er war Mitglied des Herrenhauses, in welches er durch königlichen Erlaß vom 6. April 1878 auS besonderem allerhöchsten Vertrauen auf Lebenszeit berufen war. Ec gehörte zu den wenigen hohen katholischen Geistlichen, welche während deS kirchenpolitischen Kampfe- staat-treue Gesinnung bekundeten; den Ultramontanen war er deshalb verhaßt, aber sein KatholiciSmuS war zu unverdächtig, als daß sie dem Trierer Tomprobst etwa- hätten anhaben können. * * » * In Pest ist am 2. April dcr ehemalige ungarische Hofkanzler Anton Graf Forgach gestorben. Als die achtundvierziger Revolution auSbrach, war er 29 Jahre alt und schon einige Jahre im Staatsdienst. Er schloß sich der kaiserlichen Partei an und sungirle, alS die russische Armee in Ungarn einrücktc, als Commisiar im Hauptquartier dc- GeneralS PaSkcivitsch. Nach der Pacificirung Ungarn- wurde er zum Obcrgcspan in Kaschau ernannt und bemühte sich in dieser einflußreichen Stellung, im versöhnenden Sinne zu wirken. Die geringen Erfolge in dieser Richtung scheinen ihn bewogen zu haben, außerhalb Ungarns ein Amt im öster reichischen Staatsdienste anzunehme», und er stieg von Stufe zu Stufe, bis er 1860 Statthalter in Böhmen wurde. Ais 1861 die ersten Versuche begannen, die Ungarn zu versöhnen, wurde Gras Forgach zum ungarischen Hoskanzlcr ernannt und unterstützte Schmerling in dem Bestreben, den österreichischen Einheitsstaat zu gründen. Aber auch in dieser Richtung blieb sein Wirken erfolglos; die Ungar» ließen sich nicht bestimmen, aus ihre staatliche Selbstständigkeit zu versiebten, und zur An wendung gewaltsamer Maßregeln gab Forgach seine Zu stimmung nicht. AIS ein militairischeS Regiment ctablirt und dcr Belagerungszustand über ganz Ungarn verhängt wurde, zog er sich 1864 in das Privatleben zurück. Als 1867 Franz Joseph daS ungarische Staalsreckft anerkannte, wurde Forgach in daö Abgeordnetenhaus gewählt und schloß sich nun auf richtig dcr Deakpartci an. * Wie s. Z. gemeldet, stellte am 4. und 6. Januar d. I. dcr Commandant de« deutschen Kriegsschiffe« „Ariadne" die an der westasrikanischen Küste zwischen dem Rio Pongo- und dem Dubreka-Flusse gelegenen Gebiete K o b a »nd Kabitai durch feierliche Entfaltung dcr deutschen Flagge unter den Schutz des deutschen Reich-. Veranlassung zu dem Vorgeben der „Ariadne" gaben in erster Linie die Verträge, welche Herr Fr. Colin in Stuttgart mit den Fürsten dies e Länder im Juni und Octobcr vorigen Jahre« vereinbart batte, und in zweiter Linie das Bestreben unserer Regierung, dcn Deutschen auch in diesem stark bevölkerten Theile Afrika- ein ZugangS- tbor offen zu halte», lieber den Umfang und die Bedeutung dieser Erwerbungen entnehmen wir dcr „'vranksurtcr Zeitung- folgende auSsübrlicbe Millhcilungcu: Die beiden Schutzländer umsasten ungefähr 24M Quadrat-Kilo meter und werden wie die angrenzenden Gebiete von den Susu be wohnt. Im Allgemeinen huldigt dieser Negerstamm dem Fetisch dienst, doch haben die besseren Elasten da- Aeußerliche der Lehre Mabommed'S angenommen. Bis letzt sind keinerlei Missionen im Lande; krass der von Herrn Fr. Coli» abgeschlossenen Verträge ist indessen christlichen Miisionairc» die Propaganda gestaltet, »»ter der Bedingung, daß dieselben in deutscher Sprache lehren. Koba ist Flachland und bietet eine anmuthige Abwechslung von bebauten Feldern» Palmenhainen und Wäldern von ttonn-Nnß- und ">eren
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