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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504267
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850426
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850426
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-26
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1885
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Erste Mage M Leipziger Tageblatt md Anzeiger. 11k. So«nt«tz den 26. April 1885. 79. Jahrgang. Die ungarische „Handelsflotte". * Seit einiger Zeit wirst sich der magyarische Größen wahn wieder mit besonderer Leidenschi,stl'ichkeit auf gewisse politische Phantastereien, welche von der gesummten ungarischen Presse überaus breit auSgesponneu und als die Hauptgrund tagen der zukünftigen magyarischen Weltmacht bezeichnet werden. Dies« heißblütige chauvinistische Agitation bezieht sich sowohl aus die innere als äußere Politik Ungarn« und zeichnet derselben Bahnen und Ziele vor, welche das Land zu der geträumten Größe und Macht bringen sollen, in Wirk lichkeit aber dasselbe mit den schwersten Gefahren bedrohen. Bezüglich der inneren Politik lautet schon lange die Parole: „Magyarisiren wir um jeden Preis und so rasch alS möglich alle nicbtungarischen Nationalitäten deS Landes, weit nur eiu einheitlich nationales Ungarn Widerstandskraft und Zukunft haben kann." — Diese gewalttbätige Tendenz äußert sich gegenwärtig ganz besonder- in den in ganz Ungarn massenhaft auftauchenden „Magyarischen Culturvereinen". für welche ganz ansehnliche Geldmittel gezeichnet werten. Diese Vereine »erfolgen ausschließlich und in rückhaltsloser Weise die Magyarisirung des Lande» und wenn sich auch dagegen die Siebenbürger Sachsen und Rumänen nachdrücklich erklärt hoben, so ist doch zu besorgen, daß sie im Lause der Zeit dem sanatischen Anstürme der Magyaren unterliegen werden. Eine eigentlich äußere Politik kann Ungarn, »linkestens vorläufig, freilich nicht verfolgen, weil, zum großen Aerger deS osficiellen und nichtossiciellen Chauvinismus, sich Oesterreich die Leitung der auswärtigen Politik deS dualistischen StaatSwesenS Oesterreich-Ungarn Vorbehalten hat und demzufolge das Auswärtige Amt nach wie vor seinen Sitz in Wien hat. Aber einen eigenen magyarische» Handels minister haben die Ungarn in Budapest, der die ungarische Handelspolitik, auch nach außen hin, nur im Interesse Groß- magyaricns und durchaus nicht in dem Oesterreichs leitet, was schon miederboll zwischen den beiden dualistische» „RcichS- hälften" zu bedenkliche« Conflicteu Anlaß gegeben hat. In neuester Zeit ist man in den Pester NcgicrnngSkreisen sogar bestrebt, der Handelspolitik nach außen hin einen größere» Aufschwung zu verleihen und zu diesem Zwecke die „ungarische Handelsflotte" wesentlich zu vermehren. Diese welterobernde Absicht lesen wir wenigstens schwarz aus weiß in dem hochossiclösen „Nemzek", hinter dem wahrscheinlich der mit großen Zukunstöplänen vielbeschäftigte ungarische Handels minister selbst steckt. Da wird vor Allem bemerkt, daß in die gegenwärtige Periode der allgemeinen große» Concurrenz- bewegung auch die Gründung der ungarischen Sceschifsfahrt- Geseilschaft „Adria" siel. Diese sollte die Ausgabe ver folgen, durch regelmäßige Danipserfahrten von dem „unga rischen" Hafen Fiume nach den westeuropäischen Küsten- puncten den Export ungarischer Product« zu heben nnd überhaupt den WaarenauStausch zu befördern, zu welchem Zwecke die ungarische Regierung einen Subventionsbeitrag leistet, der aber, wie die Pester Ossiciösrn plötzlich entdeckten, zu einer großen handelspolitischen Action viel zu gering be messen erscheint. Die „Adria", wird weiter auSgcsührt, welche die ungarische Handelsflotte thcilwcise vertritt, ist in ihrem gegenwärtigen Verhältnisse ein viel zu kleines Unternehmen, denn ihr eigener Schisssbestand zählt nur wenige Fahrzeuge, welche selbst für die regelmäßigen Fahrten nickt ansrcichen und deshalb gänzlich ungenügend sind, um den Anforderungen der ungarischen Handelswelt entsprechen zu können. Eine Gesellschaft aber, die mit so beschränkten Mitteln ausgerüstet und fast ausschließlich auf die Charterung fremder Schiffe angewiesen ist, besitzt weder die Eigenschaft noch die nöthige Kraft, um den Seeverkehr von Fiume ab so zu entwickeln, wie es die rasch sich mehrende Güterbcwegung dieses HasenS nnd daö zukunftsreiche Handelsemporium Ungarns verlangen. Die Beschränktheit des Unternehmens, vaS überdies noch mit verschiedene» Äufangsschwierigkeiten nnd Gründungssünden zu kümpsen hatte, mag nun daran Schuld tragen, daß dasselbe bisher mit Unterbilanzen zu schließen gcnöthigt war, die ein belangreiches Erträgniß deS ohnedies beschränkten Acticn- capitals verschlangen, so daß nunmehr ohne eine wesentliche Erhöhung deS Capital-, beziehungsweise ohne Ankauf einer größeren Anzahl seetüchtiger Transportschiffe, keine Aussicht vorhanden ist, daS Unternehmen in seinem weiteren Bestände sicherzustellen. Mit diesem Geständnisse giebt also die Pester RegierungS- preffe daö FiaSco zu, welches der „ungarische" Seehasen Fiume und der von dort geplante „Weltverkehr" Ungarns erlitten haben. Der starrköpfige magyarische Größenwahn und Fanatismus lassen sich aber durch solche beschämende Erfahrungen noch keineswegs abschrecken. Deshalb verlangt auch gegenwärtig die gesammte ungarische Presse, die Nation möge dem in Fiume begonnenen Unternehmen „zum Ruhme deS Vaterlandes" werkthätig unter die Anne greifen. Die osficiösen Blätter meinen indeß, die Beschaffung der nöthige» Geldmittel sei nach der gegenwärtigen Lage des Finanzmarktes nur dann denkbar, wenn die Regierung im Interesse der weiteren Entwickelung deS Seeverkehrs, um dieselbe gegen alle Wechselsälle zu sichern, sich zu einer entsprechenden Er höhung de« SnbvcntionsbeitrageS entschließen würde, da ohne kräftige finanzielle Unterstützung die Fortsetzung der regel mäßigen Tampfersahrtcu von Fiume ab nicht mehr möglich sei. — In ganz ähnlicher Weise läßt sich auch der zweite HauptofficiosuS, der „Pester Lloyd", vernehmen Die solcher gestalt gemachten Erfahrungen, meiut dieser, taffen es als absolut nothwendig erscheinen, daß Ungarn der Entwickelung seiner Seeschifffahrt noch größere Sorgfalt als bisher zuwendc, nachdem diese einen unentbehrlichen Behelf bildet zur Siche rung der Exportmöglichkeit und zur Steigerung deS An- theiteS d«S Landes am Welthandelsverkehr. Immer schwieri ger gestalten sich bekanntlich die Absatzverhältnisse für Ungarn- Product«; somit ist Alle-, waS deren Mobilmachung erleich tert, rasch zu veranlassen, wenn verhütet werben soll, daß Ungar« von den ihm nolhwcndigen Märkten abczcdräligl werde. E« ist wohl kaum »okbwendig, darauf hinzuweisen. wie sehr man allcrwärtS bestrebt ist, die Handelsflotten zu ver mehren. Jedes Sechanbel treibende Volk, welches nicht im Besitze einer derartigen zulänglichen Flotte ist. bleibt in seinen geschäftlichen TranSactionen dem Zufall anhenngegeben. Für di« Dauer kann cS den sich immer mehr fühlbar machenden Bedürfnissen nicht genügen, wenn durch die Subventwns« ertheilunq an eine fremdländische Gesellschaft bestimmte regel mäßige CurSsahrten ab Fiume stattsinden. Abgesehen davon, daß aus Ausländer unter gewissen Eventualitäten kein Verlaß ist, wird auch unter normalen Umständen nur ein ein heimische- Schifffahrtunternebmen thatsächlich die Interessen Ungarn?, beziebungsweise FiumeS wahrnehmen. Die Er fahrung bat gelehrt, daß der Güteraustausch in seiner Ent wicklung hauptsächlich unterstützt wird durch die Häufigkeit der Transportmöglichkeit. Hat doch selbst die „Adria" durch die anfangs mit namhaften Opfern bewerkstelligten regelmäßigen Fahrten zwischen Fiume und einige» Häsen Spanien- den Beweis erbracht, wie sehr eine solche regelmäßige Verbindung geeignet ist, Ven Handel ru unterstützen. Schon die hier in Kürze gegebenen Andeutungen lassen erkenne», daß der Fortbestand, oder richtiger gesagt, die Gründung einer nationalen Seeschifffahrt für Ungarn zu jenen wirthsckastlichen Bedingungen zählt, wrkche unerläßlich für da» jjgnd und speciell für Fiume sind. E« wäre bohr Zeit. daR Ungarn- leitenden Kreise sich mit der Sache ernstlich oeschäsliM, u,id dieselbe einer günstigen Lösung zuführen würken AuS dem hier Angeführten geht als zweifellos hervor, daß die Magyaren mit ihrem „Seeverkehr" und ihrer „HandclSflotie", wie vorauSzuseben war. ganz gründlich FiaSco gemacht haben. Di« Zukunft wird nun lehren, ob es in Ungar» noch immer Einfältige giebt, welche geneigt sind, für jene Utopien ihr Geld ins Ävriatische Meer zu werfen. Königliches Landgericht. II. Strafkammer. I. Der Tagelöhner Wilhelm Christoph Ewald au» Töllcda war de- Diebstahl» einer Lampe beschuldigt und gleichzeitig, daß er diesen Diebstahl im wiederholten Nucksall verübt habe. In der Haupiverlnnidlung stellie es sich jedoch heraus, daß dle letzte Be- strasung wegen Diebstahls nach de» beweisenden Gesetzesbestimmungen ioweit zurücklag, daß di« Niickiallsdestunmungen de« tz. 244 dc- R.-Sir..wes .B. nicht mehr in »rast ireken können. D«r Angeklagte kam daher mit einer Gesängnißstrafe von 1 Woche weg. II. Unter der Anklage d«r falschen Anschuldigung erschien die bisher unbescholtene vcrehel. Therese Marie Anna Geyri cke hier auf der Anllagebauk. Die Eheleute Gehricke hatten die dem Hausbesitzer T. in der hiesigen Nürnberger Straße gehSrigen und daselbst gelegenen Restaiirationslocalitäten lm Jahre 188t pachtweise übernommen. Das Verhältniß zwischen dem Wirih nnd seinen Mielhern gestattete sich im Lause der folgenden Jahre zu einem unerquicklichen: T. wollte namentlich nicht leiden, daß die bei Gehrickc'S verkehrenden Gäste zuweilen noch in später Stunde laut waren. Am 8. Juli vorigen Jahres, Abends nach 11 Uhr, war es wieder zu einem Ruhegcbote von Seiten des Hauswirths a» einige im Hose abgetretene Gäste gekommen; daraus hin waren Gehricke's Eheleute aus der Stube heraus in den Haus- stur getreten „nd bei dieser Gelegenheit sollt« die verehel. Gchricke den Hauswirth durch verschiedene beleidigende Acußerungen an seiner Ehre gekränkt haben. Aus erhobene Privaianklaae sand Wege» dieser Beleidigungen Verhandlung vor dem hiesigen königlichen Schöffen gerichte statt, in welcher die Frau und die Tochter T.'S eidlich be stätigten, daß Frau Gchricke Herrn T. in der That durch die be züglichen Schimpfwort« beleidigt habe, während Frau Gchricke dies entschieden bestritt; das Schöffengericht verurtheilte jedoch die Privat angeklagte zu 20 Vt Geldstrase und de» Kosten, während in der Berufungsinstanz das Rechtsmittel der Gehricke von Ersola war, indem bas königliche Landgericht die Einstellung d«S BerfthrenS bcschloß und die Gehricke vollständig sreigeivrochen wurde. (Nicht unerwähnt mag bleiben, daß früher schon einmal von Seilen Gehricke's eia Schädenanspruch im Livilproceß erhoben und in erster Instanz auch Berurthcilung T.'s zu 300 Schadenersatz erfolgt war, während in zweiter Instanz die Abweisung der Klage beschlossen wurde.) Nunmehr erhob die Sehrlck« bei der kSntgl. Staatsanwaltschaft eine Anklage gegen Frau und Frl. T., in welcher sie dieselben beschuldigte, in jener Schöffengerichts-Berbandlung eine salsche Aussage erstattet und dieselbe durch einen Eid bekräftigt zu haben. Sie hatte mit dieser Anzeige ihren Rechtsanwalt beaustragt und war dabei verblieben, nachdem sie derselbe aus di« Schwere der ausgesprochenen Anschuldigungen ausmerksam gemacht hatte. Diese Anzeige hatte keinen Erfolg, wohl aber drehte sich nun die Sache zu Ungunsten der Gehricke, da die- selbe, wie schon im Eingänge erwähnt, wegen falscher Anschuldigung in Nntersuchung genommen wurde. Die Angeklagte hielt an der Versicherung scft, daß sie bei der fraglichen Gelegenheit Herrn T. nicht geschimpft, sondern ihm, als er und seine Frau aus der Treppe gestanden, zugerusen habe, er wolle ihr wohl auch »och die letzten Gäste vertreibe»; sie würden schon allein für Ordnung sorgen und er brauche sich nicht hineinznmengen u. s. w. Dem entgegen hielten jedoch die als Jeugen Borgeladeneu, Herr, Frau und Frl. T., darau fest und beschworen die«, daß Frau Gehricke an jenem 8. Juli Abends wirklich die Schimpsrcde» gebraucht Hobe und daß dies« Worte gefallen seien, und zwar nicht gleich zn Anfang der Differenzen zwischen T. und den betreffende» Gästen, sondern erst später, als dle Gäste sich schon entfernt oder in die Gaststube wieder zurückbegeben gehabt hätten, während die Gehricke nochmals In das Hau- hinaus- getreten sei. Nach dieser Darstellung hätte sich also rin zweiter Vorgang abgespielt, bei welchem dle Gchricke allein tm Hausflur sich befunden habe. Dem entgegen behaupteten nun aber elnsge Zeugen, daß der ganze Vorfall sich aus einmal abgespielt, ferner daß Frau Behricke Herrn T. nicht beschimpft, sondern sich nur die Einmischung in ihre Angelegenheiten verbeten, daraus sich in die Gaststube und von dort aus in die an die Rcstaurationslocalitäten angrenzende Schlafstube verfügt und dieselbe nicht wieder verlassen habe. DaS Gericht ver mochte. hauptsächlich mit Rücksicht daraus, daß durch die Verhandlung volle Klarheit i» die Sache nicht zu bringen, insbesondere daß der Angeklagte» eine dolose Handlungsweise bei Erstattung der Anzeige nicht nachzuweisen gewesen war, zu einer Berurtheilung nicht zu gelangen, vielmehr lautete das Urtheil aus Freisprechung der Gebricke von der erhobenen Anklage. Der Gerichtshof bestand aus den Herren LandgerlchtS-Director Rein, Landgerichts-Rath Lehmann, Assessor Sturm, Prof.vr.Binding und Dwisions.Auditeur Or. Pechwell; die Anklage führten die Herren Staatsanwalt 0r. Nagel und StaatSanwallschasts-Assessor Bericht, die Bcrtheidigung zu II. Herr Rechtsanwalt Hosrath vr. Ldhjc. Sachsen. * Leipzig, 25. April. Nach dem dreizehnten Vcrzeichniß der Lei dem Reichstag eingegangencn Petitionen liegen auS dem Königreich Sachsen nachstehende Gesuche vor: Rechtsanwalt Temper in Zwickau bittet um Reform der Gebührenordnung für Rechtsanwälte; Rechtsanwalt Martini und Genossen in Leipzig wünschen, daß der Bccicht der Sachverständigencommission über die Prüfung der Impssrage öffentlich bekannt gemacht wird. Gebrüder Thümmler in Zwickau bitte» um Rückerstattung entrichteter Zollbcträge für Cocosgarne; Premierlieutenant a. D. Heger in Dresden ccsucht um Abänderung deS Z. 3 des Gesetze« vom 4. April 1L.74 in Bezug aus di« invalid gewordenen Osficieren zu ge währenden Pensionszulagen; die Bäckergesellen zu Leipzig wünschen Einführung eine- NormalarbeitSIageS, die Schneidcr- innung zu Leipzig, der Vorstand des sächsischen Dachdecker- verbandeS und die Schneiderinnung zu Dresden verlangen die Annahme des von dem Abgeordneten Ackermann und Genossen vorgelezten Gesetzentwurfs, betreffend di« Abänocruug der Gewerbeordnung. — AuS Leipzig wird auswärtigen Blättern gemeldet, daß vr. Hellwig mit kommendem Semester die Universität, an der er drei Semester gelebrt hat, verläßt, um einem Rufe als außerordentlicher Professor deS römischen Recht- und Civilprocesseö an die Universität Rostock Folge zn leisten. Dagegen sei «S gelungen, den nanihastcn Astronomen Pros, vr. BrunS, welcher einen Nus nach Göttingen erhalten batte, fernerweit an Leipzig zu fesseln. Die Regierung habe Brun», um ihn Leipzig zu erhalten, sehr vortheilhafte An erbietungen gemacht und namentlich zugesagt, ihm ein neues Observatorium herzurichten. * Leipzig, 25. April. Gestern Abend sand im „Tivoli" eine Versammlung der Maler-und Lackirergebilsen statt, um den Gehilfen Gelegenheit zu geben, sich über die Normalarbeitszeit, die Sonntagsarbeit und die Nachtarbeit auSzusprechea. Die Versammlung verlief in der ruhigsten Weise. In der DiScussion machte» sich zwei Anschauungen geltend. Die Einen wünschten einen Arbeitstag von 7—12 Uhr und 1—6 Uhr und alle Arbeit darüber »nd Sonntagsarbeit al» Uebersiunden zu betrachte», bie doppelt zu bezahlen seien. Die Anderen wollten auch die Normalarbeitszeit von >0 Stunden, wollten aber den doppelten Lohn nur für die Arbeit nach 10 Uhr Nacht- beanspruche», Sonntag- wollten sie mit Wocbc»- lohn zufrieden sein, wenn sie auch die Verminderung der Arbeitszeit »m zwei Stunde» verlangten. Tazwischen liefen noch verschiedene andere Meinungen. Die Vertreter der ein zelnen Richtungen argnmentirten in streng sachlicher Weise. Aus der einen Seite wurde beton). daß man nicht zu viel ven den Meistern fordern sollte, um sie nicht gleich abznschreckcn »nt die Forderung ganz dnrchziisetzen. ans der anderen Seite hob man hervor, daß inan eine mehr ent schiedenere Forderung aufsteüen solle, e- sei ja immer noch Zeit, Theite der Forderung fallen zu lassen. UcbrigenS denke ja Niemand von den Meistern die Erfüllung der Forderung sofort zu verlangen. Die Meister sollten sich erst einrichken, ihre Kunden bei neuen Aufträgen über eine »othwendige Er höhung der Preise, bedingt durch bessere Löhne, ausklären nnd somit im Interesse des Gewerbe» auch eine bessere Entschädi gung der Gehilfen herbeisühren. E» wurde schließlich eine Resolution angenommen, welche fordert: de» zehnstündigen Arbeitstag ohne Abzug der Frühstückspause bei Fortzahlung des bisherigen TagelohnS und die Doppelzahlung aller Ueber- stunden (Abends nach 6 Uhr und Sonntagsarbeit). Zum Schluß wurde eine Commission gewählt, die mit Ven Meister» Verhandeln soll. — Pachtsrei werden die BahnhosSrestaurationen zu Grimma, Unterer Bahnhof, am 30. Juni, z» Meerane. Bischofswerda. Bad-Elster, Flöha, Greiz, Großvogtsberg, Hohenstein-Ernstlbal. Niedcrneukircb, Ocbcran, Schneeberg und Stauchitz am 31. Dccember d. I. unter den aus alle» Stationen einzusehenven allgemeinen Bedingungen. Pacbt- grbote sind bis zum 30. dS. MtS. an die k. Gciieraldircctiou der sächsischen Staatöeisenbahnen einzusenden. — Auch im sächsischen Vogtland gewinnen die Be strebungen zu Hebung der Fischzucht Boden. Die Pachter der zum Rittergut Pöhl gehörige« Fischerei in der Trieb gedenken in diesem Jahre 3000 Stück junge Forellen einznsetzen. — Der im Killig'scben Steinbrnche zn Posta bei Pirna am 24.V.M ebenso plötzlich alS unvcrmutbet erfolgte Nieder gang einer HMstehenden 45 Meter hotnn Felswand und die damit verbundene viertägige Verschüttung de- Stein brechers Bertbold aus Tors Wehlen hat in Folge der be gleitenden Umstände so aussehenerregend gewirkt, daß es gewiß als geboten erscheinen dürste, aus Grund von eigenhändigen Auszeichnungen de? »ach unsäglicher Drangsal nnd Todesangst glücklich Erretteten nochmals spccieltcr aus diese Assaire zurück- zukominen. Schrecklich war bekanntlich die Verschüttung der 24 Steinbrecher zn Postclwitz im Jahre 1882; damals lagen die bezüglichen Verhältnisse aber doch noch immer insofern günstiger, alS die Verunglückten, welche 52 Stunden zwischen den Gesteinsmassen auSznbarren hatten, warme Kleider, sowie auch ciwaS Brov und Wasser hatten, wäbrend Berthold in bloßen Hemdsärmeln, sowie obne alle Nahrung und Trank 98 entsetzliche Stunden in der Tiefe verbringen mußte. Aus die obengadachken Aufzeichnungen nunmehr eingehend, ersehen wir in erster Linie, daß Berthold bei dem Herei,«brechen deö Gestein- bie Flucht deS Hohlmachcr Pietzsch und Räumer Ein bacher wohl bemerkte, denselben aber nicht nacheilte, sondern einige Schritte zurück unter die Wand trat und in demselben Augenblicke da»» auch schon von dem prasselnde» Steifcngchölz darnievergedrückt wurde. Der Verschüttete glaubte zuerst noch Tageslicht durch daS gesaltene Gestein zu erblicken; gewaltig vermehrte sich dann aber sein Schreck, als er gewahr wurde, daß aus einmal finstere Nacht ihn umgab und nirgends an eine lichte Stelle zu gelangen war. Mit einem ausgesunvenen Stein bohrer schlug nun Berthold fortgesetzt an die Steinbänke, Niemand vermvchte ihn aber zu hören. Die erste Nacht warnach der Aussage deS Genannten b»e schlechteste für ihn, da die Steinmassen sich noch tiefer zu senken und aus ihn hernieder zu brechen drohten. Schlafen konnte Berthold nicht, da es zu kalt war und der Verschüttete auch fürchtete, daß der Schlaf ihm den Tod bringen würde. Durch Händeschlagcn und Füße aus stampfen suchte er sich so viel als möglich warm zu erhalten und zugleich die nöthige Bewegung zu machen, um daS Ein schlafen zu verhüten. Als die Leute früh wieder mit dein Ar beiten begonnen, wiederholte Berthold sein Anschlägen niil dem Bohrer, wie er auch feine Hilferufe zu verstärken suchte, waS jedoch vergebens blieb, da die mit den ReltiingSarbcitcn be schäftigte» Leute eben zu weit von der Unglücksstelle enlserilt waren. Am dritten Tage glaubte Bertkolv gewiß, daß seine Befreiung erfolgen würde; ganz im Gegeulhell sagte ihm dann aber daS Schwächcrwerbcn deS vernommenen Geräusches, wie die Arbeiten »och an einer entlegeneren Stelle betrieben wurden, da man eben den Verschütteten nach den Aussagen eines Ar beitsgenossen desselben ganz wo ander« vermnthete, als dies wirklich der Fall gewesen. Inbrünstig betclc der Aermste zum Himmel, aus daß er ihm Erlösung sende, die dann auch nach der unter unsagbaren SchreckenSgesüblen verbrachten Nacht glücklich erfolgen sollte. Zum frühen Morgen hörte Berthold den Kettendampser pfeifen, waS er an den voraufgegangenen Tagen nienialS vernommen hatte. Er hielt dies für ein gutes Zeichen dafür, daß die Lust sehr rein sein müsse, weshalb er dann auch beschloß, nochmals alle seine Kräfte zusammen- zunehmen und mit den, Bohrer an die Steinbänkc zu schlagen, sowie so laut alS möglich nach Hilft zu rufen. Zu seiner größten Freude bemerkte er hieraus, daß die ÄrbeitSlcute naher an ihn gelangten. Die Ruse deS Verschütteten blieben »och eine ganze Weile nutzlos, endlich erhielt Berthold aber die be seligende Zuversicht, daß man ib» draußen gehört habe und nun doppelt herzhaft an dieWegräumnng der Vteinmassen ging, um zu ihm gelangen zu können. Bald hatte man eine Oessnung erbracht, welche dem Lebendigbcgrabenen wieder das erste Tageslicht zufiibrte und rasch sorgte man dann auch dafür, um durch Hinablasscn von Wein und Milch zur Stärkung deS Verschütteten beizutragca. Als die Oessnung größer war, empfing warmer Händedruck den Geretteten, den man als bald, nachdem man ihn hcrvorgeholt, fürsorglich in einen wannen Pelz einwickelle und mittelst Siechlorbcü in die Woh nung deS Bruchmelsters Schöne übersührte, der sich neben dem Hphln.aLer Pietzsch so große Verdienste um daö Rettungs- Werk erworben hat. Nach einigen Tagen wurde Bertbold seiner hochbeglückten Familie zurückgegeben; immerhin dürste aber doch noch geraume Zeit vergehen, ehe derselbe wieder vollständig arbeitsfähig wird, da namentlich die Füße durch daS Hin- und Herrutschen stark zu leiden hatten, wie auch Berthold durch eine Steinschale am Rücken getroffen worden war. Zur Erholung ist dem Geretteten nnnniehr der mehr- wöchentliche Genuß einer Freibavestelle zugesagt worden, wie nicht iitiuver gütige Menschen durch das traurige Schicksal Berthold'S sich veranlaßt sahen, demselben ihre Tbeilnahme zuzuwenden. (Pirn. Anz.) — Mit dem ersten Eisenbahnzuge von Dresden traf Freitag früh der Finanzministcr Frhr. v. Könncritz in Be- gleitung mehrerer Finanzräthe, sowie des königl. Garten- directors Krause in Meißen ein und begaben sich genannte Herren „ach der AlbrechtSburg. Ihr Besuch galt dem Neubau einer neuen großen Veranda im Garten deS Burg- kellerS. soivic der Anlage von Promenaden auf dem Norb- abhange des die Burg tragenden BergeS; beide werden schon in allernächster Zeit in Angriff genommen werden. . Dresden, 25. April. Ueber den Weg. welchen der Festzug zum VI. deutschen Turnfest nehmen wird, sind die Vorschläge deS OidnungSauSschuffcS nunmehr erfolgt. Die Ausstellung wirb, wie bekannt, aus dem AlbertS- platze und den aus denselben strahlenförmig einmündenden Straßen vor sich gehen. Von hier aus soll der Zug die Hauptstraße (Alice) entlang und über die AugustuSbrücke dirigirt werden. Hiernach beabsichtigt man denselben an der linken Seite beS SchloßplatzeS vor und an der rechten Seite desselben zurück, über den Tbeaterplay nach dem Postplatze zu leiten. Nachdem ein Umzug nach der Wettinerstraßc »nd zurück erfolgt ist, schliffst man vor, die Wilsdruffer Straße entlang nach dem Altmarkte, am Rathbause vorüber, schräg nach kein SiegcS - Denkmal? nnd »m d^-i aanz»» Altmarkt nach der Seestraße zu »iarschircn. Darnach sott der Zug die Seestraße. Pragerstraß«. Fcrdinand- straße paftirc», um über den Gcorgspiatz durch die Gewandhaus- und Moritzsiraßc nach dc>» Neu»iartte*(Stadl Berti») zu gelangen. Ein Gegenzug rechts nach der Land- hausstraße, durch dieselbe »ach dem Plrnaischcn Platz und durch die Pirnaische Straße nach dem Fcstplatze an, königl. Großen Garten beenden den Weg des Zuge-. Nach den Bestimmungen deS Ausschusses der deutschen Turnerschast darf der Festzng nicht über zwei Stunden kauern. Die Aus stellung hofft man i» einer stunde zu bewältigen. Es würde veinnach der Zug sich früh 1l Uhr in Bewegung setzen und gegen 1 Ubr aus dem Festplatze anlangen. Den Beginn desselben bilden »ach obigen Bestimmungen die ausländische» Turner, den Schluß der Dresdner Turngau. Die Reihen folge der übrigen Gaue ist verlooft worden. Der Auf stellungsort sänimtlicher Gaue wird in der Festschrift niit- aelheitt, die Sachsen werden sich voraussichtlich in der Alaunstraße und aus dem BischofSweg ausstelieii. --- Der Verein gegen Unwesen im Handel und Gewerbe in Dresden giebt seit einigen Jahren ein Blatt, „Gewerbeschutz", heran», daS sich wie der Verein die Ausgabe gestellt hat. dem Schwindel im Geschäft, den unsoliden Ver läufern Ven GarauS zu machen und kas reelle Geschäft zu beben. Der Verein hat mittelst seines OrganS schon schöne Erfolge erzielt und eS ist jedenfalls zu wünschen, daß der selbe auch serneihi» thatkrästige Unterstützung deS PublicumS findet, Schach. Aufgabe Nr. 7 IS. Doo kr. vuddo in Rostock. 8ek^i»rr. Weiß zieht an und setzt in drei Zügen «alt. LSsung tzo« Nr. 711, 1. I,-r7-e3 2. Db3-°3s 3. Dg6-e6:, Ie3—ekf. L beliebig. 1 ok—e5 2. 11)3—1)5 3. Id5-oö:s. beliebig. i 2. rt»3—«3 ,c. Eingklaiifene Lösungen. Nr. 711 wurde gelöst von Feodor Schaab, Hrrmaau Günther, Friedrich Tag, K. Ä. Winkler. Tchachgesellschaft „Aitgustea". Versammlungsort EafS Hanlsch (Bienenkorb). DicnStag und Freitag Abend. Gäste sind willkommen. Briefwechsel. A. V. IV Heber betreffendes Problemtunsicr können wir Ihnen nichts mitthrilen; fragen Sie doch einmal mittelst Postkarte an. 0. lt. Wir habe» Ihnen ja schon früher einmal daS Erforder liche mitgctheilt! Wen» Eie unseren Rathlchlägen nicht folgen wollen, so kann cS Ihnen ergehen wie dem Patienten, welcher die wohlüberlegten Weisungen des ArzteS nicht befolgt, sondern sich selbst jür klüger hält! Neue Schachwerke. „1 Oomplet« 6uick« to tbo Onm« ok Ob?»», krön, tb>> AI,»badet io tko 8olutton »nck Oonatrnotlon ot krodloin»". Von Heinrich F. L. Meyer (Uonäou, Krilrilb aii'I karrnn, IVem 6oru«r nk 8t. I'iiist'n Oliiirekxarä, l,omi«-u). Der «Verfasser dieses hervorragenden Werkes ist ein etwa seit 1866 ln London lebender Deutscher, welcher ans alle» Gebieten des Schachsviels, im Problcm- j jach, wie im Praktiichni Spiel, in Theorie »nd Geschichte, Blindlinas- ui:d Simullaiispiei zu Hause ist und AnerkcnnenswerlheS geleistet Hai. Er bat seinem '..doptivvaterlande in seinem „Guide" ei» Wert geliefert, welch.S, mit ungewöhnlicher Sorgfalt, enormem Flciße und deuticher Gründlichkeit abqcfaßi, den besten Leit faden, daS beste Lehrbuch in eng lischer Sprache bildet! El umfaßt vier Abtheilimgen: I) Die Elemente des Schach; Regel», Gaug> »nd Schlagweije der Figuren, Zeichen und Bedeutung schach Ucher Ausdrücke u. s. w.; 2) erläuternde Partien, Spielgejetze, Notationen, die Spieleröffniingen, Endspiele liebst Lösungen an der Hand zahlreicher Beispiele: 3) Das Schachproblem und die Kunst der Probleincomposition mit 06 ausgewähllen Schachaufgabe» in zwei bis iüns, beziehentlich Selbstmatts bis zu zwölf und meh. Zügen; 4) geschichtliche und bibliographische Bemerkungen. Bc lrachlunge» und Nachnw.ie über deS Schachspiels hohe» Werth: Jubaltsverzeichiiiß. Die Anordnung und Auswahl i't mit Umsict »nd fast pedantischer Gewissenhaftigkeit getroffen, der Druck, das Papier und die Ausstattung schön, das Buch säst 300 Seiten stark Wir machen nachdrücklich aus dasselbe ansnierkiain nnd betone», da>: >.S namentlich in keiner Elub-Bibliothek schien sollte, zumal H. F. L. Meyer in den deutschen Schachkrcisen in bestem Andenken stellt. Humor im Schachspiel. Eine Sammlung anSertcjener Hu inorcsken, Novellen, Skizze», Anekdoten, Miniatur-Partien, Schein Probleme, Schwänke, Calrmbourgs, Aphorismen, Lieder n. j. > . aus dem Gebine deS Schach. Alle» »Hinteren Jüngern Caiffa'e zugeeignet von I. Minckwitz. Mit 12 Diagramme». 2. (Doppel Bändchen der Bibliothek sür Schach freunde. Leipzig 1885. Adolf Roegner, Schach.Verlag. Preis 2 .Sk Das Büchlein, 15 Bogen kl. Ociav stark, enihält süns Ablheilungen, nämlich: l) Zwölf Schaw Novellen, Humoreske» rc.; 2) 20 Miniaturpariie», deren längst 1V Züge zählt: 3) Scherzproblcme u. s. w.; 4) Lösungen; 5) Schaä: lieber; cs bildet in einer trefflichen Collection schachlachlicher PiLcc» das originellste Merkchen der aesaminten Schachliteratur. Kleine Problrmschule. Die Grimdzüge der CempositionSlehre an 88 Aufgabe» eigener Erfindung für daS Selbststudium, erläutert von Hermann von Gottschall. Mit 88 Diagrammen. 3. Bändchen. Ebendaselbst. PrinS 1 ^l Der begabte jugendlich' Problemdichter entwickelt ln klarer, allgemein verständlicher Weise die Grundzüqe der Problemtechnik, wie dieselben von den bekannte» Problemnieistcrn (Or. M. Lange, Kohü und Kockelkorn, Klett, sowie „im ABC des Schachspiel»") in den letzten Jahrzehnten festgcstcllt worden sind, »nd erläutert sie an der Hand von 88 eigenen, durch gängig wohlpointirten, ansprechende» Problemgebilden (deren die Schachipalte des Tageblattes so manche schon geziert haben!). DaS Büchlein enthält nnr d,recte Matlausgaben, nämlich 13 Zweizüger. 57 Dreiziigcr und 18 Bierzüger; es wird sich, da an einem «nie- schließlich dem Problemsach gewidmeten, leicht verständlichen (ungc- labrlen!) Leitfaden Mangel war nnd somit durch das Erscheinen desselben einen« wirklichen Zettbedürfniß entsprochen wird, sicherlich sehr bald Eingang verschaffen und dem Problemsreund» wie dem Schochjünqer Genuß bereiten und Nutzen bringen.
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