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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188403219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840321
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840321
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-03
- Tag1884-03-21
- Monat1884-03
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1884
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Retiti»» »»» Lr»r-tti»» JohanneSgaffe 33. Hprechkpnle, der Leßartis»: vormittag« 10—13 Uhr. Nachmittag 3-3 Uhr. l«» n»,«c»»»«r «-»»««»«, ch« mr»«»»iL T—h«« »er f»r »te »tchftf-l,«»»« A«,«er »eM««te» Inserate «, »«Ae,»«,»» »t» 3 Uhr Ztachmittag«, «« Emu»- «,» -eft»«,e» frstt »t«'/,» Uhr. I» d» FUiilkn siir 3>s.-Allllah«e: vtt« Klem«. Uuiversttätsstraße »1. L«»t» Lösche, Kathariueastraße 18,». mir »t« vhr UeiWgerIWMlÄ Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. ^»81. Frvitag den 21. März 1884. Auflage LS»L00. Ldonnementsnreis Viertels. 4'/, Mt», incl. Bringerloh» 3 Mk„ durch die Post bezogen 6 ML Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilagen «tz,e PoftbefSrderung 39 ML »it Postliesörderung <8 Mi. Znlerate Sqespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer n-Ziffernsa- nach höher» Tarif. Lulamen unter dem NeL-cN«»»ßrrch die Spoltzeile SO Pf. Inserate sind stet« an die Expe-ttta« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praevnmeranäo oder durch Post- uachnaqme. 78. Jahrgang. Amtttcher Theil. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Deutschen Kaisers wird Toimabend, den LL. -. Mts., Nachmittags » Uhr ein Festmahl im Krystallpalast stattfinden. Diejenigen Herren, welche sich daran betheiligen wollen, werden ersucht, die Tafelkarten t 4 Mark bis zum Abende des 21. d. Mts. auf der Nuntiatur im Rathhause zu entnehmen, Leipzig, den 7. März 1884. Der Math der Ttadt Leip;ig. vr. Tröndlin. Or. Wangemann. Veliamlmxhmg. Nut die für daS Jahr 1383 festgesetzte Dividende der Reichsvankanlhcile im Betrage vo» S,25 °/- wird die Rest zahlung mit 82,50 Mark st» de« Dividendenschrin Nr. 9 vom 20. d. Mt», ab bei der Reichsbankhauptcasse zu Berlin, bei den Rcichsbankliauptstellen zu Bremen, Breslau, Cöln. Danzig, Dortmund. Frankfurt a.M., Hamburg, Hannover, Königsberg i. Pr., Leipzig. Magdeburg, Mannheim, München. Posen, Stettin, Straßburg i. E. und Ststtgart, bei den Reichsbankstellen zu Aachen, Augsburg, Bielefeld, Braunschwcig, Bromberg. Cassel, Chemnitz, Coblcnz. Cottbu«, Crefcld, Dresden, Düsseldorf, Etbcrfelv, Elbing. Emden, Erfurt, Esten. Flensburg. Frankfurt a. O.» Gera, Gleiwitz, Giogau, Görlitz. Graudenz, Haste a. S.. Karlsruhe, Kiel, Landsberg a. W-, Liegnitz. Lübeck, Mainz. Memel. Metz, Minden, Mülhausen i. E„ Münster, Nordhause», Nürnberg. Osnabrück, Siegen. Stralsund, Stolp, Thorn, Tilsit, bei den Reichsbank-Commauditen zu Cocslin und Insterburg, sowie bei den Reicksdanknebenstellen in Bochum, Duisburg und Wiesbaden erfolgen. Berlin, den 11. MLrz 1884. Der Netch»Sa»zler. In Berlrelung: von Boetticher. «ekamtmachilil-. A« unserer Nealschnle II. Ordnung ist zu Ostern diese« Jahres die Stelle eine» Oberlehrers für den Unterricht im AranzSfifchen und Englische« mit einem Gehalte von 200» lährtich zu besetzen. Akademisch gebildete Be werber, welche die FacullaS für Oberctassen besitzen und bereit- längere Zeit als Lehrer an einer höheren Schule thätig gewesen sind, wollen sich unter Einreichung von Zeugnis abschriften und eines Lebenslaufe- bis zum A. April «i. e. bei uns melden. Leipzig, den IS. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. ^ vr. Tröndlin. Lehnert. Bekanntmachung. Die Erneuerung de« PsostenbelagS auf der Kirschwebr- brücke im Schleußiger Weg« soll an eiuen Unternehmer in Aecord vergeben werden. Die Bedingungen und BlanketS können bei unserer Tiefbau- Lerwaltung. Rathhaus, II. Etage, Zimmer Nr. 14, ent nommen werden, woselbst auch die Offerte« versiegelt und «it der Aufschrift: „Reudielunader Kirschwehrbrücke" versehen bi» zum 29. März ». o. Nachmittag« S Uhr ein« zmeichen sind. Leipzig, den 17. Mär, 1884. DeS RathS der Stadt Leipzig Stragendaudepatattoa Zur Feier deS Geburtstage» Sr. Majestät deS Kaisers findet in den hiesigen Volksschulen ein Fest, aetnS statt. Derselbe beginnt in der 1. Bürgerschule sür Knaben früh 8 Uhr, in allen übrigen Bürger- und BrzirkS- schulen um 9 Uhr. Zu dieser Feier laden hierdurch ganz ergebenst ein die Direktoren der Leipziger Volksschule«. Königliches Gymnastum. Feier de» Geburt-tage« Sr. Majestät des Kaiser» und zur assnag der Abiturienten Sonnabend den 22. März 10 Uhr Actus, z» welchem im Namen de» Lehrer-Collegium» ergebenst einladet Leipzig» am 20. März 1884. Richard Richter, Reetor. rhomasschule. Z» dem Sonnabend, den 22. März, früh 10 Uhr abzu- haltrndeo SchulactuS beehre ich mich im Namen des Lehrerkollegiums ergebenst einzulaben. zig, am 20. MLrz 1884. vr. Iungmann. Nlcolaigymmikum. dem am 22. März al« am Geburtstage Gr. Waseftit de« vormittags 10 Uhr in der Aula de» Nicolaigymnasiums >de» yestactu», mit welchem zugleich die Entlassung der tc» verbunden sein wird, ladet hierdurch ehrerbieiigst ein Leipzig, den 20. MLrz 1884. . vr. Theodor Vogel. Oeüontlietie llaritie^leliraiistalt. An 4» am Saonnbenck, Lea 22. IlLrr, Vormittag, 10 vbr im 8a»la ckar XottLlr ^»ttüoüeaü-o keler 4e, «ebartatNL«» 8r. Negoattt 4e« ventneden Kaiser, beehrt aicd im kamen ckea lwdeee-Lollegiaow erxedevet eiurulacken Varl ^'oltruw, vireetar. Brkannimachllng. Die Losführuug der diesjährigen comiuualichen Pstasternngs- arbeiten soll au einen Unternehmer vergeben werden. Di« Vedingungen hierfür können im hiesigen Gemrindeamte ein- -esehen. beziehentlich eutuommen «erden. Offerten wolle man versiegelt vnd mit Aufschrift „Pflasterung»- arbeiten" versehe» ebendaselbst b>« zum II. Mir, dtese» Jahre« Erreicht«. Gahpch de» 18. März 1884. Der Gemelndeeath Panlnk 20 2 6 3m Monat Februar n. e. gingen beim Armenamte hier ein: Sühn« in Sachen H. S.K., « - « « G W./A. Z. durch da- Gewerbe« schiedSgericht», Einnahme bei Gelegenheit eine» carnevalistischen Eon- certs im Burgkrller. Sühne in Sachen N./S. O « » B B B B G B S B M B B B durch Herrn Friedensrichter G. A. Iauck »sn., - W./B. . W./D. - W./D. . T./W. . A.,H. . 3/B. - R./A. . H /L. i « S./R. s durch Herrn Friedens- « W /C. i richlrr Conrad, . N. H. j - H.U./A. L. I m YE R -durchHerrn Frieden». E. WM. Z: rcLler Nagel, - - . E. D./K. K. 1 zum Ankauf von 100 Speisemarken und Bertheilung derselben an 100 arme alt« Männer. 97 Summa. j Dankend quittirea wir hiermit. Leipzig, am 12. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. (Ar>«eaa»nt.) Lubwig-Wols. M. Iunghäknek. B B B Der im hiesigen Georgenhause detiaict gewesene Hanvarbcilec Friedrich Rndalptz Becker, am 11. Januar 1857 allhier geboren, ist von dem ihm am 14. vor. Monat- gestatteten AnSgange nicht zurückqckebrt und treibt sich jedenfalls wieder liederlich herum. Wir bitten ihn im Betretungssalle seftzunehmca und uns unge säumt Mitlheiluna zu machen. Leipzig, am 18. März 1884. Da» Palileiamt »er Stutzt Leipzig. Bretschneider. S. Sv. reformiere Gemeinde. Die Eltern, deren Kinder zu Ostern 1885 in der resormirten Kirche confirmirt werden sollen, werden hierdurch aufgesordert, die- selben im Laufe der nächsten Woche anzumelden! die Knaben bei Herrn v. Dreydorff (Querstr. 2l). die Mädchen bciHerrn Lie. SimonS (Lchrcbcrstraße 1). Beide Prediger sind am sichersten zwischen S und 5 Uhr Nachm, zu sprechen. Sclbstanmeldungen der Kinder sind unzulässig. Leipzig, de» 21. März 1884. Ev. res»r«trte» PfarrumL Nichtamtlicher Theil. Die ILnfallgesehgetmng in Le« europäischen Staaten. i. *Na«hdem sich herausgcstellt hat, daß so ziemlich bei allen Parteien de» deutschen Reichstag» der Wille vorhanden ist. in der Unsallgesetzgebung einen entscheidenden Schritt vorzu gehen, schemt es, daß die Berathung der UnfallversicherungS- vorlage in der Commission zu irgend einem positiven Er- gebniß führen wird. Die Angelegenheit, ivelche daselbst berathen wird, ist «in« hochwichtige und stellt entscbieoen den Beginn eine« neuen Abschnittes in unserem socialen Leben dar. Fürst Bismarck hat nicht umsonst auf die Stein- Hardenberg'sche Gesetzgebung hingewiescn und in kurzen Worten angedeutet. welch großer Werth sür Preußen in der damaligen Gestaltung der bäuerlichen Verhältnisse liegt, ein Werth, der jetzt nach langen Jahren erst voll gewürdigt wird, wenn wir unsere Blicke aus die Verhältnisse in Grogbritan- nien lenken. WaS damals die weitsichtigen Staatsmänner der Reorganisation sür den Bauernstand schufen, da» wirb sür den Ärbeilerstand die Unfallversicherung sein und wenn auch der Abgeordnete Kayser meinte, daß die Arbeiter gar nicht vor anderen Ständen bevorzugt sein wollen, so stimmt das sehr schlecht mit den Anklagen der socialistischen Führer überein. Wenn der einzelne Stand einen Fortschritt in seiner socialen Stellung deshalb nicht annehmen wollte, weil ein anderer Stand einen analogen Fortschritt gleichzeitig nicht macht, so wird eben jede Reform ausgeschlossen und die ganze Hoffnung aus eine Revolution gesetzt. Glück licherweise ist dieser Gedanke noch nicht die Richtschnur einer realen Politik und man hält sich im Verfolg der letzteren a» da» absehbar erreichbare Ziel. Man steckl sich seine Aus gabe nicht so weit, daß man sie vielleicht nie erfüllt, sondern man theilt sie und greift nach und nach einzcll.e Theile an, wie es jeder Feldherr zu machen sucht, um den endliche» Sieg zu erringen. Auch der bevorstehende entscheidend« Schritt ist schon von lange her durch die Haftpflicht vorbereitet worden. Eine sebr brauchbare Ueberiicht über die Entwickelung der Haft pflicht und über die „staatssocialistifche" Strömung der Jetzt zeit. wenn man die versuchte Ausgleichung der Gegensätze orr Stände mit diesen, Namen bezeichnen will, giebt der Reicbs- commissar sür die Unfallversicherungsvorlagc, Geh. Rath Bödikcr. i» seinem hier bei Duncker >L Humblot erschienenen Buche „Die Unsallgesetzgebung der europäischen Staaten." 3a kurzen Worten führt er daselbst aus, daß da« gemeine Civilrecht and die von diesem beherrschten deutschen Parti- cularrechte im Allgemeinem von dem Princip ausgingen, daß sür den durch Vorsatz oder Nachlässigkeit verursachten Schaden nur der unmittelbare Urheber verantwortlich zu machen sei. War der Scbadenstisler Vertreter einer dritten Person, so hatte der Auftraggeber, sofern nicht seine Ersah- pslickt durch besondere Umstände wie die Wiverrechtlichkeit des Austrage« oder bei Schissern, Gast- und Stallwirthrn durch das Dienstverhällniß an sich begründet wurde, nur sür er weisliche Versehen bei der Auswahl seine- Beauftragten zu hasten. Die letztere Verbindlichkeit hatte das preußische Landrccht noch weiter dadin beschränkt, daß derselbe nur sub sidiär sür den durch einen untauglichen Bevollmächtigten verursachten Schaden einzustehen habe. Daß eine in so enge Grenzen eingeschlossenc Verantwortlichkeit den bei industriellen Unternehmungen durch widerrechtliche Handlungen Beschä digten nur in sehr seltenen Fällen Aussicht aus Schadloo- baltnng gewäbrte. liegt aus der Hand. 3n der Thal haben Doctrin und Praxi- den durch das römische Recht über kommenen Normen eine weitere Ausbildung zu geben sich bemüht, ohne daß es ihnen jedoch gelungen wäre, zu über einstimmenden Ansichten in diesem Punkte zu gelangen. 3n diese starren Normen, welche der rvmi'ch - rechtlichen indivi dualistischen Anschauungsweise entsprechend aus die socialen Pflichten der Gesammtheit irgend welcheNücksichten nicht nahmen, Bresche zu legen, war dem preußischen Gesetze über die Eisen- babnuntcrnehmungen vom 3. November 1834vorbehalten.indem dieses zuerst einsm Belriebsuiiternehmer auserlegte, falls er nicht haftpflichtig sein wollte, seinerseit zu beweisen, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder eigene Schuld des Ver sicherten verschuldet sei. Liese« Princip, die Schuld de» Unternehmers zu präsumiren, wurde sür den Eisenbahn betrieb von vielen Staaten au« dem preußischen Gesetz übernommen, für den Fabrik- w. Betrieb bisher allgeniein nur von der Schweiz und in geringem Umfange von England. Dieselbe Anschauung findet sich auch in dem deutschen Handclsgesttzbuche und in dem am k. März 1869 in Oester reich erlassenen Gesetze über die Haftung der Eisenbahn» unlernchmunzen wieder. Es werden daselbst die Eisenbahnen bezüglich der ihnen zur Beförderung übergebenen Güter sür allen Schaden verantwortlich gemacht, sofern sie nicht die höhere Gemalt oder die natürliche Beschaffenheit des Gutes al« die Ursache de» Verluste« oder der Beschädigung «achznweisen vermögen. Z» Gunsten der Reisenden würde diese Bestimmung auch sprechen, obgleich sie nicht ausdrücklich gemacht worden ist. dagegen wurde eine Haftpflicht der Angestellte» der Bahn oder dritter Personen seiten» der Babiiverwaltuiig hier nickt substiluirt werden können. Für Bergwerke, Fabriken re. War damit jedoch immer noch keine Vorsorge getroffen; hier griff erst da» Hastpflicht gesetz von 1871 ein, doch geht auS den Motiven zu dem selben hervor, dag nian eS nicht wagte, den Grundsatz de» Eisenbahngesetzes für solche Betrieb« in Kraft zu setzen. Die nächste,, Wirkungen des Haftpflichtgesetzes charaktcrisirt Herr Bvcdlkcr dahin: dag sür die Eisenbahnarbeiter in einer großen Anzahl von Unfällen ausreichend gesorgt wurde, wenngleich auch sür sie der Werth dieser Fürsorge dadurch nicht wenig vermindert wird, daß die ersatzpflichiigen Unfälle .beim Be triebe" sich ereignet habe» müssen, daß ferner die Arbeiter ihre Ansprüche im Proceßmege — gegen mächtige Gegner — durckzusctzeil haben, und daß endlich sie sich die Einwände der höheren Gewalt und deS eigenen Verschulden» entgegen halten lassen müssen; daß für die Arbeiter in Bergwerken und Fabriken eine neue Aera in Bezug aus ihre Sicherstellung gegen Unfälle und in Bezug aus ibre Entschädigung bei Unsällen anbrach: in Bezug auf ihre Sicherstellung insofern, al« die BelriedS- besitzer durch da» Gesetz zur Unfallverhütung erzogen wurden, in Bezug aus ihre Entschädigung bei Unfällen, weil auch sür die durch ein Verschulden der Werksührer w. herdeigesührlen Unfälle seitens der Unternehmer Ersatz zu leisten war. Eine Bestimmung ist hier noch einznschalten, nämlich die jenige, welche sich in der Gewerbeordnung tz. 120 Abs. 3 findet und nach welcher alle Gewerbe-Unternehmer verpflichtet sind, die für die Betriebssicherheit nothwendigen Einrichtungen zu treffen. Selbstverständlich gehören hierher auch die Straf bestimmungen der Gewerbeordnung und des Strafgesetzbuchs. Trotz dieser verschiedene» aus die Unfallverhütung gerichteten Gesetze machten sich doch immer mehr und mehr die Uuzu- träglichkeit und Unzulänglichkeit derselben bemerkbar, so daß sich ein weiterer Schritt nach vorwärts auf der einmal betretenen Bahn als Nothwendigkeit heraussiellte. Disculirt wurde nun seit 3ahren die Frage, ob die Haftpflicht al» solche zu erweitern sei, bi« vor etwa drei Jahren die Regierung mit ihrer Prin- cipiellen Vorlage der Versicherung jede« Unfall» hervortrat. 3m Laufe dieser kurzen Zeit haben sich nun die Meinungen soweit geklärt, daß man sagen kann, alle Parteien sind mit diesem Vorschlag im Principe einverstanden, wenn auch manche aus taktischen Gründen große Ausstellungen zu machen baden. Die kläglichste Rolle spielt freilich die neue sog. deulsch-freisinnige Partei, welche noch vor sehr kurzer Zeit nur von einer Erweiterung des Haftpflichtgesetze« etwa» wissen wollte, aber nicht blo« von den ihr nicht beigctretenen Freunden und ihrem wabiverwandtcn Abg. Sonnemann cme» Besseren belehrt wurde, sondern sich der Strömung im Volke selbst nicht verschließen konnte, da» peremptorisch in seiner großen Mehrheit envlich Positive« sehen will. Wir möchten eine eingehendere Beobachtung der VolkSsttkmung auch bei dieser Gelegenheit den leitenden Kreisen in der national- liberalen Partei an« Herz legen. Man scheint sich daselbst immer noch nicht ganz mit dem Gedanken vertraut machen zi, können, daß dem socialen Ausbaude» Reichs ein, wenn nicht größeres, so doch gleiche« Gewicht al» dem politischen bcizulegcn ist und eine feste principirll« Stellungnahme dazu nicht mehr zu umgehen ist. Leipzig, 21. MLrz 1884. * Für Donnerstag stand die kritischste Vorlage der ganze» Session, die Verlängerung de« Socialistengesctze», aus der Tagesordnung des Reichstag«. Noch läßt sich bei der Hinterhältigkeit de« Centrnm« und seiner Neigung, die Entscheidung binauSzuschiebe». das Schicksal der Vorlage nicht übersehen. Dolle Klarheit wird man wahrscheinlich > auch au- der erste» Lesung nicht nupsangen; man kennt ja I die Art, wie Herr Windthorst redet, wenn er sich sein letzte» I Dort noch Vorbehalten will. Die Einsetzung einer Com Mission ist ziemlich sicher und in dieser werden sich die ent scheidenden Verhandlungen abfpielen. Die Nction deS Centrnm» wird zunächst, wie sich jetzt erkennen läßt, aus eine Ersetzung des Ausnahmegesetzes durch ein „NechtSgesetz*. auf die Rückkehr zum Boden deS gemeinen Rechts gerichtet sein, und man wird diesem Versuche auch seiten» anderer Parteien 3nteresse und Synipalhic entgegenbringen. Weder die Regierung noch irgend eine Partei war oder ist der Meinung, mit dem Socialissengesetz etwa« für alle Zeiten Dauerndes geschaffen zu haben; sonst hätte man da» Gesetz nickt aus wenige 3ahre beschränkt. Daß mit der Zeit die Sicherheit gegen die Gefahr teS socialen Umsturzes auf dem Boden des gemeinen Rechts gesunden werden müsse, kann als übereinstimmende Anschauung aller Parteien gelten. Es sragt sich nur, ob schon jetzt der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt gekommen ist» und sodann wie die Vorschläge zur Ersetzung des Ucbergangs- und Ausnahmezustandes durch ein dauerndes »Rechtsgesetz- beschaffen sein werden. Man wird in dieser Beziehung die Anträge des Centrum» ab zuwarten habe». ES kann nur von einer Revision der-> iciiigen Bestimmungen oe« Strafgesetzbuch« die Rebe sein, welche von Hoch- und Landesverrath und von der Gefährdung de» öffentlichen Frieden- durch Anreizung verschiedener Classen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten handeln, sowie anderer seits von einer Prüfung der Vorschriften de» bestehenden Preß- und Versammlung-rechtes. Es wird dabei immer di« ungeheuere Gefahr nahe liegen, daß man die Abwehrmaß regeln gegen die socialdemokratische Umsturzbewegung auf ander« Bestrebungen und Richtungen verallgemeinert, in denen die Behörden und Gerichte den vieldeutigen Begriff der Ge fährdung der Staats- und Gesellschaftsordnung; erblicke» könnten, daß man somit nicht» erreicht, als eine Verkürzung und Einschränkung der allgemeinen Freiheitsrechte. Man darf nicht vergessen, daß die Fortschrittspartei schon einmal, bei Vereinbarung des ursprünglichen Socialistengesetze» im Jahre 1878, den Versuch gemacht hat. daS Uebel auf dem Boden des gemeinen Rechte» zu bekämpfen. Damals be antragte der Abgeordnete Hänel einen Zusatz zum Straf gesetzbuch, welcher sebr verschärfte und sehr dehnbar gefaßte Strafandrohungen allgemein gegen alle Auüschreitungm ent hielt, die in dem Socialissengesetz nur an der Socialdemokratie wegen deren besonderer Gefährlichkeit geahndet wurden. Der versuch, auf dem Boden de« gemein« Recht- Abhilfe zu schaffen, ist damals wenigstens mißlungen; wäre der fort schrittliche Antrag durchaegangen, so hätten wir strafrechtlich« „Kautschukartlkn" erhalten, welche di« freie Bewegung m Presse und Versammlungen für alle Parteien in die größte Gefahr willkürlichster Unterdrückung gebracht hätten. ES stehen sich hier zwei Bestrebungen, einstweilen unvereinbar, gegenüber: diejenige, von Liisnahmemaßregrln zum ordent liche» Recht-rustand zurvckzukehren, und diejenige, den letztere» vor verschärften und dehnbaren Repressionsbestimmungen z» bewahren. Auf die Versuche zur Lösung diese» Conflictes darf man in hohem Grade gespannt sein. * Da» osficielle Verzeichniß der Mitglieder de» Reichstag« nach den Fraktionen ist soeven erschienen. Es gewährt diesmal besondere» 3nteresse durch das Auftreten der „deutschen freisinnigen Partei". Dieselbe erscheint mit 100 Mitgliedern, indessen erklärt der dabei mitgezählte Aba. Vr. Phillips, daß er dieser Fraction nicht bcigetreten sei, me Zahl würde sich sonach aus 99 reduciren. Von d»n Mit- zliedern der ehemalige» Fortschrittspartei erscheinen die Abgg. scnzmanil und vr. Wendt, voll denen der ehemaligen „Lioercilen Vereinigung" die Abgg. von Löw und Schrvder- Friedberg unter den FractionSloscn, Abg. vr. Paascke unter den Nationalliberalcn. Die Stärke der anderer Parteien beträgt: deutschconscrvative 52, deutsche Reich-Partei 24» Centrnm (einschließlich 9 welsische Hospitanten) lOL, Polen t4, Nationalliberale 45, Volkspartei 9. Socialdemokraten 13, ZractionSlose 27, darunter >5 Elsaß-Lothringer. Erledigt sind die Mandate: 2 Meiningen (sür Laster). 12 BreSlan (für von Ludwig), Bunzlau (für Richter-Mühlrädlitz). » » * Wir veröffentlichen nachstehend einen AuSzug auS einer Rede des Herrn von Tisza über das Recht und die Pflicht der' Regierung, das Land vor den Verbrechern zu schützen, die unter dem Namen Anarchisten ihr Wesen treiben, und deren gcmringesährliche Thäligkeit geeignet ist, alle civilisirten und geregelten Staaten zur Sorge und Wach samkeit zu ermahnen. — In Beautworluilg einer Interpellation de« radikalen Abgeordnete» Eötvös, welcher daS Vorgehen der Regierung gegen die Anarchisten als inconstitutionell be zeichnet hatte, sagte Herr v. Tisza unter Andern,: „Ja jedem civilisirten Staate muh die Polizei einschrciten, wenn aus ihrem Gebiete die SicherhcilsbeliSrde eines anderen Staates in Folge einer Strafanqelegenhcil LirbrechenSspuren ober Compilern aujfinden zu können glaubt; allein in allen solchen Fällen, nachdem sie diese ibre Pflicht gelha», hat, insofern die Nolhivendigkeit eines weiteren Borgehens obwaltet, das ordentliche Gericht darüber zu ent scheide», was laut den bestehenden Gesetze» und internationale» Ber- trügen weiter zu geschehen habe. Hiervon sind wir in keinem einzigen Fall« abgewicheii .... Eine weitere Bemerkung, die ich nicht unterdrücken kann, ist die, daß ich Jeden, der einen Mord, ja einen Meuchelmord begeht, oder den Meuchelmörder glorificirt und ln Schutz nimmt, selbst Venn er sich in den Deckmantel der Politik zu hüllen trachtet, sür einen gemeinen Mörder halte (Lebhafte Zustimmung), und ich würde es nicht sür corrert halten — vielleicht thut eS auch der Herr Abge ordnete nicht —, daß die Anwendung des AsylrechteS und de« de« politischen Flüchtlingen gegenüber befolgten Vorgehens auf solche Leute gewünscht werde; denn die» wäre eine Beleidigung, eine Erniedrigung der wirklichen politischen Flüchtlinge. (Lebhafte Zustimmung.) » DaS Dritte ist, daß es meiner Ueberzengung nach für eine Re gierung. und für eine ungarische Regierung zumal, nicht blos ei» gutes Recht, sondern meines Ei achtens eine hochwichtig« Pflicht ist, unsere bisher — ich wage zu behaupten — auch in ihren Extremen gleichwohl in Haltung und Vorgehen anständigen Arbeiter gegen da» Gist, welches vom Auslände her eingeschleppt »erd«» will» »ach Möglichkeit zu bewahren. (Lebhafter veisall.)... Das Echubwesen wird noch heute nach den nämliche« Vorschriften geübt, wie es seit 186? immer geübt wurde. Die Abschiebung wird noch diesen Vorschriften aus Individuen der folgenden Kategorien angewendet: aus Landstreicher, gewohnheitsmäßige arbeitsscheue Leute; auf Solche, die ohne behördliche Erlaubniß aus der Straße oder von Haut zu Hau« betteln; ans Individuen, welche mit Grnnd verdächtigt sind, daß sie die öffentliche Sicherheit gefährden, wenn sie in der Gemeinde, wo sie a»getroffen werden, nicht zuständig find. Aus Ausländer werden d,e>e Vorschriften daun angcweudet, wenn sie zu einer der eben ausgczäbltea Kategorien gehöre», oder auch sonst, wenn ihr verbleiben im Lande vom Gesiö ispnncte de» allgemeinen Frieden», oder der Sicherheit de» Staates gesährdat «»- .»r
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