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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188505147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850514
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850514
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-05
- Tag1885-05-14
- Monat1885-05
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1885
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Erscheint täglich früh «'/.Uhr. lir-action und Lrrrditio« IvhanucSgaste 8. Sprechüon-ru ürr Lrd«ctt«>: Bormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—8 Uhr. «itr tl, Aluttalx «maetautter Lt»iu>icrcpt» «I« «>»»cr>»» nicht nersuldüch. >»«atz«e »er für »t, «HchMvil»e»tz« Zmmmer tzefN«»te« T,s,r«te „ S«che„tagen dt» 8 Uhr Nachmittag«. «» Saun- nn» Fefttage» frttz »t«ft,» Uhr. 2n drn /Uialeu für Zns.-Annghme: Otto Ule»«, Universitäi«straße 1. Louis Lösche, Katharinenstr. 23, pu „nr »i« ft,S Uhr. ttpmcl'.Tagcklatt Anzeiger. Organ für Politik, 3-calgcschichte, Handels- «nd GeschSstsverkehr. Auflage Ikd ttvv Ädonnrmentsv' no viert?!;, r . incl. B q-rlokn ö M! durch di, bezvgraSM!. Jede ernzetnr '.>!»n,a , Belegeirurplar 10 Pi. Gebühren für Extrabeilage, (in Tageblatt-Format gesalzt) ^«r «vftbesvrderniig 5!' Mt. «t» Postbeförderung 48 MI Inserate Kgespaltene^etitzeile 20 Pf. Größere Schrisren laut »ni. Preisoerzeichnih. Tabellarischer u. Zifftrnwtz nach höher« Tarif. itrllinnrn «Mer dem Nrdactionsftrich tzie4gefpalt. geile KO Ps., vor den Familien Nachrichten die ögespalteu« geil» 40 Pi. Inserate sind stet« a» die tüxpedltivn zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. gablvng prneuumernnäv »der dura, Pst Nachnahme. 1Z4. DormerHtag veu 14. Mai 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Infolge vielfacher Beschwerden von Pächtern städtischer, an Flüssen gelegener Wiesen machen wir wiederholt daraus aufmerksam, daß her Besitz der von der hiesigen Fischerinnung au»gesiellten und von dem Polizeiamte beglaubigten Fis«h- karte« keines»««» zu«, Betrete» der a« de« Flüffe» «»liegeuve« Grundstücke berechtigt, viel mehr da« unbefugte Betreten von Wiese» »or deeudeter Trute nach tz. 368 Per. s de« Reich-strasaesetz. buche« mit Geldstrafe bis zu st« oder u»tt Haft bis zu IT Tagen bedroht ist und den Pächtern außerdem in Gemäßheit tz. 488 de« Bürgerlichen Gesetzbücher da- Recht der Pfändung zusteht, übrigen- von un» auch wiederholt das bestehende Verbot des Betretens der städtische« Waldungen au-erhalb der gebahnte« Wege unter Strafandrohung eingeschärft worden ist Leipzig, den 12. Mai 1885. Der Siath -er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stütz. Bekanntmachung. Laut Angabe der am 2t. November 1865 zu Kopenhagen geborenen Marie Friederike Bernhardtue Wendel «st deren von un« im Iabre 1880 unter Nr. 654 ausgestellte« Arbeitsbuch in hiesiger Stadt verloren gegangen. Wir bitten, dasselbe im AusfindungSfalle anher, Obst markt 3, ll. Etage abliesern, zu wollen. Leipzig, den 8. Mai 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cichorins. Vekanntmachnng. Die Arbeiten zur Ergänzung der BlitzableitunqSanlaaen auf den Gebäuden der Ga-anstalt I, sowie die Dachdecker arbeiten auf dem Feuerbause V derselben Anstalt sind ver geben. Es werden daber die unberücksichtigt gebliebenen Herren Bewerber ihrer Offerten entbunden. Leipzig, am 7. Mai 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Gringmnth, Assessor. vekanntmachung. Die unter dem Namen .hölzerner Handweg" bekannte Straße, weiche zwischen der Magdeburger Eisenbahn und der Thüringischen Verbindungsbahn in der Nähe der Erlenstraße oon der Eutritzscker Straße in östlicher Richtung aus der Grenze der Fluren Eutritzsch und Leipzig abgehk, ist in Ueber> nnstimmung mit dem Gcmeinderath von Eutritzsch Lherestenstra-e benannt worden. Leipzig, den 11. Mai 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Gringmuth, Assessor. Vekanntmachung. Von dem Unterzeichneten Armenamte sollen im Stadthause allhirr (Eingang Mühlaaffe Nr. 7) Freitag, den LL. Mat ». «. BorniittagS von v Uhr an eine Partie getragene Kleidnngsstilcke, Möbel, Hau»- und Küchengerätbe, Betten und dergl. mehr meist bietend versteigert werden. Leipzig, den S. Mai 1885. DaS Armenanrt. Ludwig-Wols. Iunghähnel. Generalversammlung der OrtSkraakeacaff« ILL für Verfertigung von «nstkalifchea Instrumente» z« Leipzig »nd Umgegend. Behuf« Wahl de« Vorstände« der OrtSkrankencaffe haben wir nach tzß 34 und 37 de- ReichSgesrtze« dom lü. Juni 1883 und ß. 52 de» Eaffen-Statut« Generalversammlung aus Freitag, de» IS. Mat er»»., anberaumt, und werden de-halb die gewählten Vertreter der Arbeitgeber wie der Eassrnmitglieder geladen, zu dem an- grgebeneu Tage «bend« 8 Uhr im Stadthaus«, Obstmarkt Nr. 3 allhirr, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 111, sich einzufinden. Leipzig, den 5. Mai 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. <Kra«ken»erst«heruugSan,t.) Winter. Uhtmann. Tage«ord»»ngr 1) Wahl eine« Vorstände«; 2) Beschlußfassung über Zutritt zu einem Local.Verbande im Sinne de« ß. 46 de« ReiL-gesetze« vom 15. Juni IkHS, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter. ValdgrSstreiverpachlnng. Im Forstreviere <konne»ttz soll Mvntag, de« I». Mal d. I. di« dir-jährige Gra-nntzung unter den im Termine noch näher bekannt zu gebenden Bedingnngeü uad gearn sofortige Bezahlung »ach dem Zuschläge pärcellcnweffe meistbietend verpachtet »erden. Zusammenkunft: 17 Vormittag« » Uhr am Pflanzgarten hinter dem Streitteick« bei Connewitz, ll. vormittag« ll Uhr an der Meitze» Brück« auf der Eonnewitzer Linie, tztipzig» am s. Mai 1885. Des Raths Aorst-Drpntatto« Im Anschlüsse an unsere Bekanntmachung vom 8. April diese« Jahre« wird den concessionirten Droschkrnbesitzern hiermit zur Kennlniß gekrackt, daß die Gen-ralr-visikon über die Droschken, mit welcher auch diesmal eine Prämiirung der drei besten Geschirre verbunden sein wird, am Montag, den 8. Juni dieses JahreS, und Dienstag, den 8. Juni diese- Jahres, aus der neuerbauten HauptzugangSftratze von der Sptetzbrücke nach dem Rennplatz stalismven wird. Die Aussahrtszeiken werden wie folgt festgesetzt: E« haben ihre Geschirre vorzusahren die Eoncessionare mit den Anfangs buchstaben ä und 8 am 8. Juni a. vormitt. 8 Uhr, 6, v, L und k' . - « . . »/,l0 - O « « » « » ll» v » « » » Nachm. ft»4 - ^ und L - - « - - >/,5 » I, und Ll « « - - . ,/i6 » v, k und tz am S. Juni a. Vormilt. 8 Uhr, 8»» » - » ft,l0 - 8-- «» - ft,11 « 8cd » - - « Nachm. ft,4 » T, V und V-»». - 5« V und 2 - - - - , »/«6 - und zwar derart, daß die Droschke« nickt etwa nach und nach zu anderen als den vorgcdachten Stunden ansahren, sondern daß die fämmtlichen zu ein und derselben Zeit vor- zusahrenden Wage» auf ein Mal und pünctlich zur festgesetzten Stunde auf dem Aussahrt-platzc. der von den Auisichk-organen an den Tagen der Rcviyon noch speciell angewiesen werden wird, zur Stelle sind. Die Eoncessionare haben bei Vorführung ihrer Nummern zugegen zu sein. Zuwiderbandlungen gegen diese Anordnung werden nach H. bl de« Regulativ« unnacksichtlich bestraft werden. Leipzig, den >1. Mai >885. DaS Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Mühlner. Nichtamtlicher Theil. Lismarck und Windthorst. IedeSmal wenn eine persönliche Annäherung zwischen dem Reichskanzler und dem Führer der Uttramontanen, Windt- Horst, stattfinbet, dann darf man auch auf eine Ueberrascbuna gefaßt sein. Man weiß, daß Windthorst und seine Partei genossen niemal« etwa» umsonst leisten, ihre Zustimmung zu Zollerhöhungen wurde schon im Jahre 1S7S durch Zugeständ- nisse aus kirchenpoiiliscbem Gebiete erkauft, und der Gedanke liegt sehr nahe, daß auch die Unterstützung, welche die Ultra- montanen der Zollnovelle haben angedeihcn lasten, nickt ohne Gegenleistung bleiben wird. E« ist bekannt, welchen Werth da« Eentruni au> die Besetzung der beiden erzbischöflichen Stühle in Köln und Gnesen-Posen legt; es ist von uitramontanerSeite kein Mittet unversucht aelassen worden, um in dieser Beziehung zu einem für sie befriedigenden Resultate zu gelcnigen, aber leder Ausgleich mußte von vornherein an der Forderung scheitern, daß Melcher» und LedockowSkl wieder in ihre Aemter eingesetzt werden sollten. Seitdem hat sich die Sack lage geändert; das Eentrum hat eingeseben. daß e« aus diesem Wege nickt zum Ziele kommt, und deshalb ist die Forderung nach der Rehabilitirung der beiden abgesetzten Bischöfe fallen gelaffen. DaS Hauptorgan de» CentrumS, die .Germania", hat die Nachricht gekrackt, daß Bisckof Cremcntz von Ermeland da» ErzbiSthum Köln erhallen solle, und für da» ErzbiSthum Posen - Giesen wurde ein Mit glied deS polnischen Adels genannt, der aber aus staatlicher Seite als nicht annehmbar erschien. Da« sind ganz unziveiselhafte Anzeichen schwebender Unter handlungen über diese Angelegenheit, und eS ist mit Sicher heit zu erwarten, daß die Besetzung beider ErzbiSlhünier in nächster Zeit erfolgt. Damit wäre ei» Haupljtreitpunct be seitigt, und cS blieben dann vorläufig nur da» BerbannungS- aesetz und da« Gesetz wegen Verbots de« MesselesenS und Sacramentspenden« durch staatlich nicht anerkannte Geistliche al» Steine de« Anstöße» bestehen, welche nach dem Wunsche de« Eentrum« zu beseitigen wären; der organischen Revision der Maigeschc nickt zu gedenken, deren Hauvtziel die Aushebung deS KirckengerichtShoscS bildet. ES bestehen also noch viele un erfüllte Wünsche, welche al» Eompensativnsvbjecte für Gegen leistungen deS EentrumS von der Reich«reaieru»g und der preußi schen Regierung benutzt werden können. Daß man aus staatlicher Seite damit sparsam umgeht, erscheint durch die mit dem Eentrum gemachten Erfahrungen sehr gerechtfertigt. E« ver steht sich von selbst, daß in der kurzen Spanne Zeit, welche sür die Arbeiten de» Reichstag« noch übrig bleibt, dir Gesetz gebung nickt mehr in Bewegung gesetzt werden kann, um bisher unerfüllt gebliebene Wünsche deS EentrumS zu ersülle»; also handelt es sich offenbar um Vereinbarungen für die Zn« kunft. Die Wahlen sür den preußische» Landtag stehen vor der Thür, und e» fragt sich, «d di« Regierung dir Wahl agitation de« Eentrum« gewähren lasten oder tekämpsen soll. Geschieht daS Erster», dann bietet sich die Ehance. daß die Wahlbündnisse mit der freisinnigen Partei ver mieden werden, Vie allcrding« bei den Landtag-Wahlen nicht so schwer in» Gewicht fallen wie bei den Reich«tag«- wahlen, aber d»ch immerhin in Rechnung zu ziehen sind. Man bat gesehen, daß der Bund zwischen den Evnservativen der Richtung Kleist-Retzow-Stöckee leichter zu schließen war, al« er wieder auszulösr» ist. deSbalb müssen Vorkehrungen getroffen werden von Seiten der Regierung, um au» diesem vorläufig nickt zu lösenden Biindniß die größtmöglichsten Borlheile zu ziehen. Auf diesem Wege sind sich Fürst Bis marck und Windthorst begegnet und daber der vertrauliche Berkehr Beider beim Frühschoppen am DienStag. Ader e« giebt noch andere heikle Fragen, welche zur Er ledigung drängen, und unter diesen nimmt dir erste Stell» dir Wiederbesetzung deS braunschweigischen Tbrone» «in. lieber die Absicklen der RcickSregierung in dieser Beziehung ist Schweigen beobachtet worden, nur so viel steht seit, daß die Absicht besteht, die staatliche Unabhängigkeit de« HerzagtbumS Braun- sckweia ausrecht zu erhalten. Ueber den Herzog von Eumber- lanv schien man bereit« zur Tagesordnung Ubergegangen zu sein, weil er kein« Neigung zeiate, aus sein angeb liche« Erbrecht in Hannover förmlich zu verzichten und di« fett dem Jahr« 186« in Kraft getretenen Verhältnisse in Deutschland anzurrkennen. Uber die jernente Annäherung zwischen Fürst BiSmarck und Windthorst macht Bedenken auch nach dieser Richtung hin rege. Man wird sich erinnern, daß Windthorst bei Berathung der Etat-posttion: Damps- barkasse für den Gouverneur von Kamerun init Emphase den Satz verkündet batte, daß der deutsch« Reichstag dem AuS- lande gegenüber stets einig sei. Da« war eine Phrase im Munde Windthorst'«,aber sie bewie« wenigsten», daß er i» politischer Be ziehung nickt genau aus dem Stanbpunctr der Welsen steht,sondern daß er nur die kirchenpolitiscken Ziele mit dieser Partei gemein bat. Fürst BiSmarck nahm in der Reick-tag-sttzung vom 11. Mai Gelegenheit, die Aeußerung de« Herrn v. d. Decken Über seine Stellung zur R-ichSreqirrung al« den Ausfluß lande«- und reichSverrStherischer Gesinnung z» kennzeichnen und dem hannoverschen Adel, welcher an der Hoffnung der Wieder herstellung Hannover« festhalte, den Untergang zu prophezeien, da er sich an der Mauer de« nationalen Bewußtsein« und der Festigkeit der Regierung den Kopf eiurennrn werde. Da« war sehr deutlich gesprochen, und im Zusammenhall mit der vertraulichen Besprechung mit Windthorst beim Frühschoppen deS folgenden Tage« erzieht sich di« Thalsache, daß der Reichskanzler zwischen den welfiscken Bestrebungen und denen de» CentrumS einen erheblichen Unterschied macht. E« ist allerdings sehr schwer, die Grenz« zu ziehen zwischen Centrum, Welsen und Polen, sie bade« gemeinsame Be rührungspunkte. und die Gemeinsamkeit der Interessen wird den Polen gegenüber »och weniger vom Eentrum verleugnet, als den Welsen gegenüber. Hier liegt der diplomatische Punct, um welchen sich di« gegenseitige Action de« Reichskanzlers und Windthorst'- gruppirt. Windthorst muß sich darüber klar sein, daß er al« Führer Le« Eentrum« nur etwa« erreichen kann, wenn er den LoSreißungllbestrebunqen der Welsen und Polen jegliche Unterstützung entzieht, sein« Wünsche in kircken politischer Hinsicht haben nur in dem Falle aus thrilweise Erfüllung Aussicht, wenn ihnen jeder landeSverrätherisch« Hintergrund fehlt. Die Besetzung de« erzbischöflichen Stuhles in Posen und die Anerkennung von Ansprüchen an den braunschweigischen Thron haben den gemeinsamen Bcreini- gungSpunct der Anerkennung de« Deutschen Reiche« und de« Verzicht« aus jegliche Agitation zum Zweck der Erschütterung seiner Grundlagen. Die polnische und die welflsche Frage darf vom Eentrum in Zukunft nicht mehr al« Mittel zum Z,ne " kirchenpolitische Bestrebungen gemacht werden, wenn vie letz.eren irgendwie ans Erfüllung Anspruch machen wollen. Daß selbst in diesem Falle di« staatlich« Autorität der Macht der Kirche gegenüber gewahrt bleiben muß. darüber kann Windthorst sich keiner Täuschung hingebeu. Der Augenblick ist offenbar ein kritischer, e« stehen Dinge von höchster Wich tigkeit aus dem Spiele, und um da« Steuerruder de» deut- sehen Reiche- in solchem Augenblicke durch alle Fährlickkeiten und Klippen sicher hindurch zu geleiten, dazu bedarf e» einer festen Hand, über welche da« Reich ja glücklicher Weise verfügt. * Leipzig, 14. Mai 1885. * Dem Reichstag ist nun auch noch der Gesetzentwurs, betreffend Acnderungen und Ergänzuugen de« Gericht«- versassungSaesetze« und der Strasprozeßordnung, zugegangrr». Die ziemlich umfangreiche und sehr wichtige Vorlage hat freilich keine Aussicht, auch nur zur ersten Lesung aus die Tagesordnung gestellt zu werden. Von der Wieder einführung der Berufung gegen die Urtheile der Straf kammern hat der BundeSrath bekanntlich abgesehen, die jetzt vorgeschlagenen Abänderungen beziehen sich namentlich auf eine Erleichterung de« Geschworenendienste«, eine anderweite Regelung der Gesckäftrbehandlung bei den Collegialgerichten. die erweitert« Zulassung de« Eontumacialverfahren« und die Beeidigung der Zeugen. Bezüglich der Schwurgerichte schlägt der Entwurf vor, daß die Geschworenenbank statt mit zwölf in Zukunft nur mit sieben Geschworenen besetzt werden soll. — Die Begründung wird mit folgenden allgemeinen Bemerkungen eingeleitet: Die Ltrasproceßordnunß vom 1. Februar 1877 hat schon bald »ach ihrem Jnkraslirete» vielfach eine u»gü»ftia« Kritik erfahren, i« nlcksi wenige ihrer Vorschrift» sind sowohl in den Kreisen der Fach- männer wie in denen von Laien lebhaft angrsochten worden. Ins besondere ist e« al« ein gesetzgeberischei Mißgriff getadelt, daß gegen die Urtheile der Strafkammern di« B eusung nicht zugelassen sei. Nachdem die aus dir Einsührung diese« Recht-mittel« gerichteten Bestrebungen in immer weiteren Kreisen Unterstützung gesunden hoben, »ud nachdem wiederholt auch i« Neich-tage Anträge ein- aebracht und mit Beifall o»sgen,min»» sind, welch« aus eine Aeudernng de« bestehenden System« der Xechttmuiel in dem bezeichne«» Sinne abzielten, vergl. Drucksachen de« Rrich«taa» 5. Leg.-Per. kl. Gestio» 1882 Nr. 17, ». - IV. - 1884 . S7 bi« 29, S. - I. - 1884 . 13,18, haben bi» verbündeten Negierungen sich sür verpfiichtet erachtet, die Berichtigung diese« Verlangen» in ernstliche Erwägung »« nehmen. Es ist nun allerding« von verschiedene» Seilen glaubhaft bezeugt, daß die Erwartungen, welch« an die Alirksamkeit der in der Stras- proeeßordniing nui Rücksicht «ns den Wegfall der Brrusnng den An- geklauten gewährten Garantien geknüpft waren, sich nur unvollständig ersülli hätte», und auch die Hvsfnung, daß di» zur eudgiltigen Ent- scheidung über thatstchlich» Fragen beruseuen Richter in dem Gefühle erhöhter verantworilichkeft in der veweiswürdignng mit um so größerer Genauigkeit und Strenge zu Werke gehen würde», scheint wenigsten« nicht überall ihr» vesialiqung gesunde» zu haben. Wenn hiernach »war anzuerkenue» ist, daß in den bezeichnet»» Richtungen Uebelstänv« zu Tage getreten sind, s, haben bi« verbündeten Regierungen gleichwohl nicht zu der Ueberzeugnng geleng«» können, daß di« Einfuhr»»»» der Berufung gegen dir Urtheile der Stras- kammern — eine Maßregel, welch« in die hrftehrndr Organisation der Gerichte ties «ii,sch»e>dk, würde — da« geeignete Mittel sei. um jenen Uebelstönden abzuhelsen. Dir Nichtzulassung der Berusung gegen dir bejeichueten Urtheile war ein bewuhie« Weiierschrrttea aus dem Wege, de» di« Rrcht-eniwickelnng in Deutschland in den letzten zehn Jahren vor dem Zustandekommen der Inftizgesetz« genommen batte, und beruhte aus der zu immer allgemeinerer Geltung gelangten Ansicht, daß die Gewährung diese« Rechtsmittels mit den Grund sätzen der Mündlichkeit und Unmilteli>arkeit des Verfahrens, deren Dnlchsührung als ein unerläßliche« Gebot sür eine gerechte Strafrechts pflege angcseven wurde, unvereinbar sei. Unter diesen Umständen würde eine Aendernng der Gesetzgebung in den, hier fraglichen Pnncte nur dann gerechtfertigt erscheinen, wenn hie in der verhältnißmäßig kurzen Zeit seit dem Inkrafttreten der Strosprorrßordnung gemachten praNiIchen Eriahrungen den Beweis lieferten, daß gerade das Fehlen des Rechtsmittels der Bernsung zu besonderen Schäden geführt Hab« In Uederrinftlmmung mit der überwteaenden Kahl der darüber von den Gerichten und den staatsanwaltschaftliihen Behörden eingezogeite« Gutachten haben di« verbündeten Regierungen einen solchen Nach weis nicht alt erbracht angesehen. Sie stnd der Ansicht, daß di« Eingewöhnung der Bevölkerung und der Gerichte In die neue Gesetzgebnng von selbst daju sühren wird, eine» großen Theil der jetzt erhobene» Klage» verstummen zu lasten, und sie glauben sich daher darauf deschrünkrn zu sollen, die besternt»« Hand nur an einzelne oudenveite Vestinimui.grn de» Gesetzes zu legen, welch« in der Praxis als besondere nachilieiliq wirkend empfunden werde», uud über deren Unzweckmäßig««,! sia> schon jetzt «in so abschlteßendes Urttzeil gebildet hat, daß es s. lilerli.m wäre, die Abänderung bis zu einer etwaige» allgemeinen Revision der Sirasproceßordnung auszuschieben. Bei dem Zusammenhänge der Justlzgrsetz« unter einander konnte» übrigens dir Aendernng«» naturgemäß nicht aus das G-tn,i dcr Strafproeeßordnuntz begrenzt werden, machten vielmehr zun. Timt auch ein Uebergrnfen f» dasjenige de« Gericht-versastungsgesetzc ersorderlich. Wenn der Entwurf »war davon abfieht, a» den grunb'egend -, Principien der nenen Iuftizgefetzqebung zu rühren, so da, , so wohl erwartet werden, daß durch dir Einführung der in ihn, ! haltenen Reformen de, aus dem Gebiete der Straft, chispflegc >> ! vo, getretenen Uebelständen in wirksamer Weise begegnet wird. Als Abänderungsvorschläge von hervorrageuder Wichtigkeit dürfen diejenigen bezeichnet werden, welche sich aus die Erleichterung des Srschworeaendlenstes, aus eine anderwrttr Negrluug der Grschästsbchaudlung bei deu Lollegialgerichte», aus d« Erweiterung de« Eontumacialverfahren« »ud aus die Beeid«»»»» der Zeuge, beziehen. * Die augenblicklich erledigten Gesandtschaft-Posten im Haag und in KopenHagen dürften binnen Kurzem neu besetzt werden. Für Kopenhagen wird der bisherige preußische Gesandte in Darmstadt Herr Stumm, und sür den Haag Herr von Saurma genannt, während in Bezug aus die sür den Posten in Tarmstadt in Aussicht genommene Persönlich keit eine definitive Entschließung »och nicht gefaßt sein fest. * In Hamburg hofft man schon nicht mehr ans k>e Dampsersubvention, da Bremen unter allen Umständen den Sieg davontragen wird. Von „gut unterrichteter" Seite läßt sich der .Hamburger Eorrespontent" schreiben: .In Be zug auf Ihre Anfrage über die Aussichten der Dampfer- Subvention kan» ich die in Hamburg anscheinend vorwiegende Auffassung, wonach der H 17 der SubventwnSbedingungen. demzusolg« Offerten nur auf die <Hesammthe>k der Linie,- an genommen werden sollen, die Aussichten der Norkveulscheu Lloyd-Gesellschast ganz wesentlich gesteigert hätte, nur als richtig bestätigen. Anaebote aus einzelne Linien würden »ur dann Aussicht aus Berücksichtigung haben, wen» eine Grsainmt- Osserte überhaupt nickt emgma«- da aber ganz sicher ist, daß der Norddeutsche Lloyd ein« solche Gesammt-Offertr bereit hält, so werden alle anderen Eoncurrrnten schwerlich aus Er folg ihrer Eingaben rechnen können." * AIS Eommtssarien d«S BundeSrath» sür die Beratbung de« deutsch-spanischen Handelsvertrages sind dem Reichstage der Directvr deS Auswärtigen Amts Gras Berchem und der Geheime Ober-RegierungSratb Sebraut bezeichnet. * Die .Rationalliberale Eorrespondenz" schreibt zur par lamentarischen Lage: Der Verzicht Spanien» aus dieBindung desRoggen- »ollS und die dadurch hervorgeruftne Abänderung des deutsch- Ivanische» Handelsvertrags ist sehr überraschend gekommen. Von de» Freunde» einer Erhöhung der Getreidezöll - war zwar sie« Hinderniß sür eine sosortigr allgemeine Erhebung dösten-, Roggen- zölle längst ichinerzlich beklagt, es war daraus hingnoikie» worden, daß Spanien, dessen Getreideexport nach Deutschland gar nictit in Betrach, kommt, so gut w,e kein Intereste an dieser Bestimmung bol. daß es über haupt ein »nausgeklärtts Räthsel ist, wie eine sür Spanien so wcrthlose und sür Deutschland so überaus lästige Bestimmung in den Handelsvertrag kommen konnte und daß es sich wobl verlohnen würde, den versuch zu machen, die spanische Regierung zuni Verzicht aus diese Tlausel zu bewegen. Es hatte indessen gar nichts davon verlautet, daß seitens unserer Regierung Bemühungen in dieser Richtung im Gange seien, und jetzt, uiimittcldar vor Thores schluß, hatte wohl Niemand den Gedanken gestabt, daß eine so w-ch- tigr Verschiebung der ganzen Getrcidrzollsituation noch statlsinde» könne. Es bedars keiner weiteren AuSeinandersetzlina. daß durch das neueste Ereigniß die Sachlage sehr wesentlich vereinmcht >v,rd. Tie fortbestehende Bindung des Roggenzoll- hätte Tculschlaud ,, ötlugt, bi« zum 30. Juni 1887. den Tag des Ablaufs des d .ui,: Punschen Handelsvertrags, sür alle Länder mit Me,sihegu ist, iu»., vertrag u den jetzigen niedrigen Zollsatz für Roggen st izudehali n, in besondere sür Oesterreich.»ngarn. ES wäre dadurch eine dist rentielle Behandlung der Roggenetnftihr entstände», von welch namentlich Rußland betroffen worden wäre, eine höchst tästie und schwierige Eontrol» des Ursprungs de, Emsuhr und wnh icheinlich eine Verschiebung des ganzen Getre dege ä >ls zu U. gunften derjenigen Handelsplätze, tnsbejouderr a» de-. Ost-ee, dm vorzugsweise die russisch« Getreideeinsuh-e veriiiilleln. Aus der andere , Seite können die Gegner der Gerrcidezölle freilich beklagen, d >ß d Erhöhung des Nvggenzoll». deren volle Wi,kiamke,t andernfalls »»e, zwei Jahre wäre hiuauögriihoben worden, nunmehr schon „, volle- Unisang in Kraft tritt. Wir »ci„rn aber doch, auch die Geauer der EetreidezollerhShuna, wenn sie dieselbe nun doch, einmal „ici- abzuwehren vermögen, solllen diele kurze, mit so viel V lau guiige» und Schwierigkeiten verbundene Hmausschiebung der volle» W , k a»>- krit derZollerdühang für diese eineGetreideart nicht so hoch anichlagen. um nicht auch ihrerseits io dem neuen Abkommen einen G winn z, erblicken. Die Eoneesstonen an Spanien iür seine Verzictiile st»,, > solle« wenig ins GenBcht. Es sind Ermäßigungen einiger wenig l-rlang reicher Finonzzölle, Schalen von Südlrüchlen. unreife Pi'nicrai'zeu. Saftan, Oliven. Isbannisbrod, deren Ern«g ani 10.0>Xi e, K,-reN,» ! wird. Das Wichtigste ist die Nichtanwendung drs vom Re ch-ia I in zweiter Lesung beschlossenen Zolles sur Olivenöl in Faiser». Eine nicht geringe Schwierigkeit wird die Behandlung der a»i Grund der bestehenden Zolliätze. tu» nute» und berechtigten Glansten an deren Dauerhaftigkeit, abgefihlostencn Lieftrungsvrrlräge iür Roggen bereiten. Man kan» ja die Frage auf,Versen, ob man Midi in dr, Schonung derartig» Verträge zu weit grhrn kann Man kan» lagen wenn sich die voransfttzunaen ändern, unter denen iolche Lieferung' Verträge abgeichlosirn sind, so war es eben eme veriehlie 2vrc„l,»o-. wie sie jeder Kaufmann stets als Möglichkeit in den Verrieb s ne, Berechnungen ziehe» muß verändeiunae» in der wirlhlchajilichen Gesetzgebung wie zablrrlche andere ungünstige Lonsuctiiren wrvde.- stetS sür viele Betheiligte mit großen Nachtheilen verknüpft! in, ohne daß allemal dasür Entlchädiguiig gewütn ! » 'd darani Rücksicht qr- nomme» werden könnte. Indessen rin V lligkeitsanipriich soll keines- wegs bestritten werden, nnd es wird der Versuch gemach» werde» wüsten, denselben gesetzlich zu ordnen. De Billigkeit, den in R(d- stehenden Geschäften Schonung »»gedeihe» z» taste», w rd >,,» so weniger b,stritten werden können, da derselbe Grundjap »o-ben „och in dem Sverrgesetz anerkannt und bis zu einem gewissen Grad durchgeiührt worden ift. * Der dem Reichstage zuqrgangene am 28 Januar zwischen »em Grasen Herbert BiSmarck und dem Staat» Präsidenten der Südafrikanischen Republik,Transvaal) abgeschlossene Handel»»ertrag räumt den Lettischen in Transvaal (und umgekehrt) in Beziehung aus Handel, Grwe,betrieb, bürgerliche« Recht und richterliches Verfahren, militairische Leistungen, zwang«weisen AmtStzienst und Zwang».
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