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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188404054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-04
- Tag1884-04-05
- Monat1884-04
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1884
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Erscheint tä^lteb früh 6'/, Uhr. Redaktion und Lrvedition JohanneSgasse 33. SPrechKundril -er Rrdartio»: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. l>> ti>NtM,»be «mzelEer M«imicrwt, «acht sich »I» «kt««»» nicht rertladtich» Nu«at«e »e, s»r »i, ,ächftfal,e«0e Nummer bestimmten Inserate au rSachentaoen bi« S Uhr Nachmittag«, a» r«nu-uu» Festtage« früh bi«'/,» Uhr. 2n den Filialen lnr Zns.-^nnahmr. Dtta Klemm, Universstät-straßr 21, Louis Lösche» Katharinenstraße 18, v. nur bis '/.S Uhr Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage LSLVV. Lvonne»eat,»rris viertelf. 4'/, Md. iacl. Priugerlotm 5 Mk„ dar cd die Post bezogen 6 Mt. Jede -inzelue Nummer 20 Ps Belegexemplar 10 Ps. Gebühren ,ür Extrabeilagen «hur Poftbeiörderuag 32 Mk. mu Poftdejörderung 48 Mk. Inserate Sgespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schritten laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer ». Zisjcraiatz nach htlher» Tarif. Lerlanen «uter dem Redaktionsftrich die Svaltzeile SO Ps. Inserate sind stet» an die ErZebitian zu senden. — Nabalt wird nicht gegeben. Zahlung prneoawernoäo oder durch Post nachnahme. Sk. Sonnabend den 5. April 1884. 78. Jahrgang. Zur gtliilligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den « April, Bormittags nnr bis j S Uhr geöffnet. Lxpvtlltlon <168 I.elprlxer Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Da« 9. Stuck de« diesjährigen Re>ch-gesetzblatte» ist bei uns eingegangen und wird bis rum 21t. diese- MouatS aus dem RatkbauSsaale zur Einsichtnahme öfsenliich au-hängen. Dasselbe enthält: Nr. 1533. Uebereinkunst zwischen Deutschland und Luxem- bürg, betreffend die gegenseitige Zulassung der in den Grenzgemeinden wohnhaften Medicinal- personen zur Ausübung der Praxis. Vom «. Juni 1883. Leipzig, den 2. April 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Bekanntmachung. Anher ergangener Verordnung zufolge wird zu Aus führung der von der trigonometriscven und topographischen Abteilung der Lande-anfnahme im Königreiche Preußen projectirten Vermessungen, welche innerhalb deS sächsischen Staatsgebietes im Besonderen auch in Beobachtungen aus der Station Leipzig bestehen werden, von dem mit der Leitung dieser Arbeiten beauftragten königlich preußischen Oberst lieutenant b I» suite de- Generalstab«« der Armee, Herrn Schreiber und von deu demselben unterstehenden Dirigenten. Ofsicieren, Trigonomrtrrn und Hils-trigonomelern das Gebiet deS Königreichs Sachsen betreten und ans demselben die be züglichen Arbeiten, welche Mitte de« Monat« April ihren Anfang nehmen sollen, vorgenommen werden. Der unterzeichnet« Rath der Stadt Leipzig bringt die« mit dem Ersuchen zur öffentlichen Keuntnltz, die seitens gedachter Personen beansprucht werdenden Hilfeleistungen, für welch« Vergütung erfolat, bereitwillig zu gewähren und überhaupt die Ausführung veregter Arbeiten thunlichst fördern zu belsen. E« wird hierbei «och bemerkt, daß die betreffenden Per- sonen durch offene Ordre legitimirt sein werden. Leipzig, am 2. April 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Wangemann. Bekanntmachung. Die Herstellung einer Schleuß« III. Elaste in der ehe maligen Verbindungsbahn ist vergeben und werden die un berücksichtigt gebliebenen Submittenten deshalb hiermit ihrer Offerte entbunden. Leipzig, den 31. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. ClchoriuS. Bekanntmachung. Die Reparaturarbeilen de« Plrißensteg« am Naundörfchen sind vergeben und werden die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten deshalb hiermit ihrer Offerten ent bunden. Leipzig, am 29. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. CxroriuS. VekmmliMihm-. Die Regulirung dcr Fußwege in ver Weststraße, au deren Strecke von dcr Schlvßbrücke bis zu der Plagwitzer Straße, soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RalbhauS, Zimmer Nr. 14. au» und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „LrottoirS ia der WrststraSe" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 17. lausenden Monat» NackmittagS 5 Uhr einzureicben. Leipzig, am 3. April >884. DeS RathS der Stadt Leipzig Straßenbaa-Depatatio«. Nichtamtlicher Theil. Zur polnischen Frage. Al« Dindthors« in der Sitzung de« preußischen Abqeord- nelenbause« vom 3l. März in leidenschaftlicher Weis« die vom Minister verlesene Erklärung kritisirte, daß die Staat«- «gierung die Staalsleistungen in den Erzdivcesen Gnesen und Posen nicht wieder auszunebmen gesonnen sei und die Angabe von Gründen für ihre HandlunaSrreise ablchne, er tönte an» dem Eentrum der Rns: „Die Regierung hat keine Gründe". Die „Nordd. ANg. Ztg." hat jetzt den Eommentar zu der ministeriellen Erklärung gebracht, und auS diesem ist ersichtlich, daß die Regierung in dcr That triftige Gründe bat. die Diöcesen Gnesen und Posen von der Gewährung de« Gtaat-zuschuste« auSzuscbließen. Die polnische Insur- reclion«partei hatte gehofft, daß ein Krieg zwischen Rußland und Deutschland die Erfüllung ihrer Wünsche nach Wieder berstellung Polen» ermöglichen würde, da sie aber durch die Au-söhnung Rußland» mit Deutschland ihre Hoffnungen ver- eitelt sieht, so sucht sie wenigstens die deutschfeindliche Agi tation im Schwünge zu halten. Diesem Zwecke sollte nach der „Nordd. Allg. Ztg " die Interpellation Iazdzewtzki dieaen, di« preußische Regierung läßt sich aber dadurch in ihrer friedlichen Politik den katholischen Unterthanen gegen über nicht irre macke». Winvthorst erklärte in seiner Antwort auf die ministerielle Erklärung, daß alle Katholiken die Sache der Polen al» die ikrigc ansehen, er suchte also eine ganz specisisch nationale Frage zu einer GlaubenSsache zu stempeln, diesem Beginnen ist jetzt durch die Enthüllung der „Nordd. Allgem. Zeitung" ein Riegel vorgeschoben, die GchaltSsperre ist nichk gegen die Katholiken unter den Bewohnern dcr Provinz Posen gerichtel, ondern gegen die polnische» Agitatoren im Pnestergewande. E» ist notorisch, daß die deutsckseindliche Agitation i» der Provinz Posen von den katholischen Geistlichen polnischer Nationalität als die vernebmste Lerusspslicht ausgesaßl wirk, man erkennt dieS au» der Art, wie sie ihren Einfluß aus ^aus und Schule, namentlich aus dem Land« benutzen. Die „olgen haben sich in der Pvlonisirung ganzer Landstriche gezeigt, welche bis dahin der deutschen Nationalität ange- hörlen, und noch die jüngste Bergangenheil hat bewiesen, daß die Bewegung auch in den Städten Wurzel gefaßt hat; Volksversammlungen haben stattgefunden in der Provinzial hauptstadt, welche für den Religionsunterricht in der Volks schule in polnischer Sprache die Stimme erhoben, und bekanntlich Kat die SlaalSregierung diesen kundgegebenen Wünschen entsprochen. Es geschah da» zu einer Zeit, al» noch die Hoffnung be stand, daß auch mit den Katholiken polnischer Nalionalilät ein Ausgleich möglich sei. Bald mußte sich aber die StaatS- reqierung überzeugen, daß alle Concessionen an die pol nischen Katholiken nur dazu dienten, deren Ansprüche zu steigern und von ihnen al- Vorstufe zur späteren LoSreißung polnischer LandcStheilc von Preußen angesehen wurden. Es war wohl von vornherein klar, daß diese Bestrebungen gänzlich au« sicht-los seien, aber man kann dock auch von der wohl wollendsten Regierung nickt verlange», daß sie solchem Be ginnen auch noch ihre Unterstützung leihen und di« Leute, welche sich zu Trägern der Bewegung machen, mit den nöthigen Mitteln auSstattcn werde, damit sie sich dieser immer hin staat«gesährlichen Beschäftigung ungestört widmen können. E« klingt allerdings traurig genug, wenn der Abgeordnete von StablewSki in vorwurfsvollem Tone der vielen pol nischen Katholiken gedenkt, welche bei Annäherung de« Tode« vergeblich nach den Tröstungen der Religion be gehren, aber er hat dabei zu erwähnen vergessen, daß die Bringer dieses Tröste« zugleich den Samen de« Hasse« gegen die deutsche Nation in die Familien senken und die Ausübung ihre» geistlichen Beruf« mit politischen Zwecken in Verbindung setzen, gegen welche eine einnchlige und ihrer Ausgabe bewußte Regierung energisch einschreilen muß. Der ehemalige Erzbischof von Gnesen-Posen war da» Haupt dieser Bewegung, er hat feine Stellung dazu miß braucht. um Wünsche in der polnischen Bevölkerung zu hegen, welche niemal« in Erfüllung gehen können. Polnische Blätter von Bedeutung, wie dcr „CzaS" in Krakau, haben das Märchen verbreitet, als bestände ein heimliches Ein- verständniß zwischen dem Fürsten Bismarck und der polnischen Aristokratie über die lhcilweise Wiederherstellung Polens. Gras LedochowSki hat von Rom aus diese Agitalivn stets gefördert, und trotzdem glaubten die Führer de» Eentrum», daß die preußische Regierung selbstvergessen genug sein würde, um diesen polnischen Agitator im B'scbossornat wieder a» den Sitz seiner lanbeSverrätheriscken Thäligkeit zu berufen, und als sie sahen, daß ihre Bemühungen zwecklos seien, suchten sie wenigsten» au« der Fortdauer der GehallS- sperre in dcr Hiöcese Gnesen-Posen politisches Capital zu schlagen. Die kalte Abweisung vom Ministertische wirkte wie ein Sturzbad, aber es war gut. daß von Seiten der osficivscii „Nord». Allg. Ztg." noch einige erklärend« Zusätze erfolgten, die öffentliche Meinung bedurfte eine« Hinweises von maß gebender Seite aus Tyalsachen, welche an der Centralstelle besser und klarer erkannt werden, als die» dem nur im Zuschauerraum Befindlichen möglich ist. Die Erklärung de» Ministers v. Goßler war nur zur kleineren Hälfte in das CulluSreffort gehörig, die größere leitet ihren Ursprung aus dem Ministerium deS Auswärtigen her. Dort ist der Central- punel, von welchem die Beziehungen zwischen der preußischen Regierung und der römischen Curie und zu den auswärtigen Mächten ihre Impulse erhalten. Das Verhältnis; zwischen der preußischen Negierung und der römischen Curie ist ein internalionale», und daß eS ein solche« ist, wird einmal durch die Thatsache der Anwesenheit eines preußischen Gesandten bei der Curie und andererseits dadurch erwiesen, daß die Haltung der Regierung einer testimmlcn preußischen Diöcese gegenüber durch die Beziehungen Preußen» zu Rußland beeinflußt wird. Rußland hat ein naheliegende- Interesse daran, daß die aus Wiederherstellung Polen» gerichteten Bestrebungen keinerlei Stärkung und Unterstützung erfahren. Es kann also der russischen Regierung nur willkommen sein, wenn die preußische sich mit aller Macht gegen die rcvolulionairen Tendenzen der polnischen Katholiken zur Wehr setzt. Die Zurückberufung LedochowSki'S nach Posen würde ein Schlag sein, der in Warschau und St. Petersburg seine Wirkung äußerte. Die Wiederaufnahme der StaatSleisiungen in den Diöcesen Posen und Gnesen würde nicht sowohl den Wünschen der dort wohnenden Katholiken al» der polnischen Agitatoren ent sprechen, und auch von diesem Act wllrven die Rückwirkungen »n Russisch-Polen bald genug verspürt werden. Man ersieht daraus, daß es unmöglich ist, die kirchen- politische Frage von der auswärtigen Politik zu trennen. DaS halbamtliche Organ, die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" /siche den Wortlaut de« Artikels an anderer Slelle. D. Red.), hat die« selbst durch seine neueste Kundgebung ausdrücklich an erkannt, und deshalb wäre eS auch nur eine leere Fori», wenn da» Ministerium deS Au-wärtigen in Preußen aus eigene Füße gestellt und von der Thäligkeit deS Reichskanzlers, als deS Minister de-Au-wärligen, für da- deutsche Reich getrennt würde. Die Leitung der au-wärtigen Angelegenheiten Preußens und de« deutschen Reiche« muffen stet» in einer Hand ver einigt bleiben. * Leipzig, 5. April 1884. * Unter rem Vorsitz« de« Staatsminister« von Bötticher und demnächst unter vem Vorsitze de« königl. preußischen Staat«, und Finanzminisler» von Scholz wurde am 2 April eine Plenarsitzung de» BundeSrath» abgehalten. Die Mittkeilungen de« Präsidenten de- Reichstag« über die Be- schlüffe deS Reichstags wegen unveränderter Annahme der Gesetzentwürfe, betreffend die PnsengerichtSbarleit und be treffend die Conlrole deS ReichshauShalt» und de» Landes- Haushalts von Elsaß-Lothringen für da» EtatSjahr l883/84, gelangten zur Vorlage an die Versammlung. Dem Beschlüsse deS ReichSkagS zu de», Gcsrtzenttvurs, betreffend die Bewilli gung von Mitteln zu Zwecken der Marineverwaltung, wurde durch Annalmie de» Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung eines Nachtrag- zum ReichSbauShaltSetat sür da« EtatSjahr 1884/85, die Zustimmung erkheilt. Den zuständigen Au«' schliffen wurden zur Vorberathung überwiesen: die Gesetzent würfe, betreffend die Verpflichtung der Privateisenbahnen zur Herstellung von Anlagen im Interesse der Landcsvertbeiviaung und betreffend die Befugniß von Fahrzeugen, welche der Gat tung dcr Kauffartrischiffe nicht angehören, zur Führung der RcickSflagge, sowie der Antrag Preußens, betreffend Verlängerung dcr Frist sür die Einsendung de» Materials zur Herstellung einer Statistik der öffentlichen Armenpflege. Aus den Antrag Sachsens wurde beschlossen, da» der land ständischen Bank im königlich sächsischen Markgrafenthum Oberlausitz b:S mit Schluß deS Jahre» 1885 ertheilte Privilegium zur Ausgabe von Banknoten bi» zum 1. Januar 1891 zu verlängern. Ablehnend beschicken wurden dir Eingaben, betreffend Zollbefreiung der Oele zur Fabrikation von Schmiermitteln; Zollbefreiung der zur Verwendung in Jntespinnereicn bestimmten Mineralöle; die steuerfreie Abstempelung von Aclicn; Verweigerung der Ausstellung eine« Legitimationsscheine» für ein Ouantum Tabakstengel. De», Anträge Bayern», betreffend die Abänderung de- EkatS der ZollvcrwaltungSkosten für da» Königreich Bayern, ertheilte die Versammlung die Zustimmung. Nachdem sür die Verhandlungen im Reichstage Eommiffarien gewählt worden waren, faßte die Versammlung schließlich Beschluß über die gchchäslliche Behandlung mehrerer Eingaben. * Die Heidelberger Erklärung süddeutscher Ee» miißigtliberaler ist allerwärts al» eine Kundgebung von größter Bedeutung ausgesaßl worden und ihre Besprechung nimmt in der Presse einen hervorragenden Platz ein. Bon konservativer und regierungsfreundlicher Seite wird gerühmt, daß sie die Möglichkeit einer Annäherung und eine« aemeinsamen Zusammenwirkens in einer Reihe von wichtigen Zeilfragen eröffne; in demselben Maße, wie der Erklärung von rechts her Anerkennung zu Theil geworden, wird sie von link- als Au-druck eine» unberechligten Vertrauen« zur Politik de» Reichskanzler» und al» rin Bewei«. daß in der national- liberalen Partei neuerding» eine Wandlung vorgegaugen kez. dargestettt. Die Unterstellung einer solchen Wandlung ist sowohl nach rechts al- nach links hin aus« Enlschiedcnste zurückzuwrisen. Die Erklärung enthält nicht «inen einzigen Satz, nicht eine einzige Forderung, nicht ein einziges Zugeständniß, welche mit den alten Grundsätzen der nationalliberalen Partei nicht vollkommen übereinstimmten; siedeckt sichsachlich vollkommen und in jeder Beziehung mit der Er klärung vom 29. Mai 1881, welche noch immer als das ossicielle Parteiprogramm anzuseben ist. Die beiden Erklärungen stimmen sachlich überein und sind ganz von demselben Geist durchweht. In den jüngsten Reden der „deutsch- freisinnigen- Führer, namentlich in Kaiserslautern, ist gegen die Heidelberger Erklärung manch herbe- kritisches Wort gesprochen worden. Da« hat aber Herrn Hänel nicht abgehalten, sich nickt nur über die auswärtige, sondern auch Uber wichtige Bestandtheile der inneren Politik de» Reichskanzlers in einer Weise zu äußern, die vielleicht manchem Unterzeichner der Heidelberger Erklärung allzu anerkennend erschienen sein wird und jedenfalls von dem Ton der Hamburger .Schweine- politik--Belrachlungcn seines Freunde- grell abstach. Ein bessere» Zeugniß, daß die Heidelberger Erklärung der in den nationalen und liberalen Kreisen SüdbculschlandS vor herrschenden Gesinnung und Stimmung durchaus entspricht, kann eS nicht geben, al» die Art. in der Herr Hänel e« ge- rathen fand, in Kaiserslautern seinen politischen Standpunkt zu kennzeichnen. * Zur Laye wird un» au» Berlin geschrieben: .DaS Bündniß zwischen den Klerikalen und den Con- servativen geht immer mehr in die Brücke. Wenn schon wiederholt die Anträge de» Centrum- in dieser Session nicht die Unterstützung der Conservation, gesunden haben, wie im vorigen Jahre, wenn von den Conservativen nur Herr von Gerlach ganz sür die Forderungen de» Centrums ein- gctreten ist und dc-halb von seinen eigenen Parteigenossen, vor Allem von Herrn von Hanimerstein, verleugnet wurde, so ist auch auf Seiten de- CentrumS eine gewisse Gereiztheit gegen die konservative Partei nicht zu verkennen. Die« zeigte sich auch in der letzten Sitzung de« Abgeordnetenhauses, als der Antrag de» Abg. Slöcker, dem kirchlichen Nothstande dnrch Staatsmittel abzuhelsen, zur Berathung stand. Die Mitglieder des CentrumS überschütteten durch den Mund deS sonst so sanften Abg. Reichenspcrger (Köln) den Aba. Slöcker und seinen Antrag mit Hohn. Freilich ist auch zu oerücksich- tigen, baß die agitatorische Art de« Herrn HospredigerS, und zumal seine Iubenhetze, von Seiten de» CentrumS jeder Zeit verurtheilt wurde. Die .Kreuzzeitung- gjebt ihrem Schmerz und ihrer Entrüstung über da« Benehmen der Ultramonlancn in einem längeren Artikel Ausdruck und bezeichnet daS Vor geben de» Abg. Reichensperger al« „hämisch". Aber oller Schmerz und aller Aerger wird hier nicht- Helsen. Man geht nicht fehl in der Annahme, daß von Seiten der Reichs regierung eine Annäkerurig an die gemäßigt liberalen Elemente gesucht wird, um der Unterstützung deS CentrumS zu entrathen. Wenn von einem Organ der „freisinnigen" Partei die Ansicht vertreten wird, daß die Wulh de» CentrumS nur eine scheinbare sei und daß e« Herrn Windtborst gelingen werde, die große Mehrheit seiner Partei zur Zustimmung für da« Socialistengesctz zu bewegen, so ist diese Auffassung eine durchaus irrige. Es ist richtig, daß da» Eentrum zunächst einen AuSweg suchen wird, um da» Socialistengesetz zu amendiren; da eS aber vorher weiß, daß von ver Regierung diese Vor schläge verworfen werben, so haben dieselben eben nur den Zweck, die Entscheidung hinzuhalten, und diese dürste von dem größeren Theil de» CentrumS in verneinendem Sinne auS- sallen. Wenn auch von Seiten der freisinnigen Partei ein kleiner Theil sür va» Socialistengesetz stimmen wird, so ist dessen Durchdringung noch keineswegs gesichert. Der Ab geordnete Richter und die ihm anhängenden Blätter der früheren Fortschritt-Partei vermeiden e«, sich in klarer Weise über die Zulässigkeit der zustimmenden Stimmabgabe der .Freisinnigen" zu äußern. Sie fürchten eben, daß von der Partei noch immer mehr Mitglieder ab- sallen könnten. Außerdem steht fest, daß wenn eine Auflösung de» Reichstage» erfolgt und die Regierung an die ruhigen Elemente deS Staate» die Forderung deS SocialistengesetzcS stellt, die Gegner desselben in einer geringen Minderzahl ge wählt werken würden. Die „Freisinnigen" würden jedenfalls eine bedeutende Einbuße erleiden, und eS ist erklärlich, daß die Herren Rickert und Richter c» nach Möglichkeit vermeiden, sich über die Frage zu äußern und die Wahlagitation bereits jetzt nach Kräften betreiben. Ihnen würde eine Auslösung de» Reich-tageS am meisten unerwllnscht sein." * TaS CcntralwahlcomitS der nationallibe- ralen Partei in Berlin ist zur Zeit definitiv constituirt. ES besteht auS den Herren Abg. Ho brecht» als Vorsitzendem, Abg. von Benda. Abg. vr. von Cuny, Abg. Francke. Abg. vr. Gneist. Abg. vr. Hammacher, vr. Friedrich Weber, Abg. vr. Max Weber. Die Geschäftsführung übernimmt Herr vr. Jerusalem, zur Zeit Redakteur der .Hessischen Morgenzeitung- in Kassel, der in nächster Zeit nach Berlin übersiedelt. ES ist dringend zu wünsche», daß nunmehr in allen Wahlkreisen die Partei genossen die localen Organisationen prüfe», Eandidaten für die bevorstehenden Reich-tagSwahlcn aufstellen und Vertrauens männer bezeichnen, mit denen sich die Centralleitung in Ver bindung setzen kann. Ueber daS GeschästSbureau deS CentralwahlcomitSS behalten wir unS in kürzester Frist weitere Mttkheilungc» vor. Zur Entgegennahme und Beantwortung von aus die Wahlvorbereitungen bezüglichen Mittheilungen sind sämmtliche genannten Herren bereit. * Da- p reußische Abgeordnetenhaus hat jetzt auch Ferien gemachl und wird am selben Tage wie der Reichs tag, am 22. April, seine Tbätigkeil wieder ausnehmen. Der unerquickliche Zustand des gleichzeitigen Tagen» der beiden Parlamente wird lomit nach Ostern, und zwar voraussichtlich mit gesteigerter Inlensikät, forldauern. Beide Parlamente stecken noch außerordentlich lies in ihren Arbeiten, und ob sie beide, oder eine« derselben, bis Pfingsten ibre Geschäfte zu erledigen im Stande sein werden, läßt sich heule noch nickt übersehen. Im Reichstag wird e« vornehmlich von dem weiteren Gang adhängen, den die UnfallverficherungSfrage nehmen wird, i» Abgeordnetcnhause von den Steuervorlagen. Die Berathung der letzteren ist trotz angestrengter Arbeit der Commission noch immer weil im Rückstände, und die Aus sichten. daß e» »och in der gegenwärtigen Session gelingen werde, zu einer Verständigung zu gelangen, sind ziemlich trüb. * In der UnfallversicherungS-Commission stanv wie schon erwähnt, am Mittwoch die Frage der Carenzzeit zur Entscheidung, und sie crhiell, wie wir glauben, eine Lösung, welche die Hoffnung auf das Zustande kommen deS Gesetzes verstärkt. Mit dem Aufdruck „Larenzzeit" bezeichnet man bekanntlich diejenige Anfang-Periode, während welcher ein Vcrsich-rter u. s. w. noch nicht die volle» Rechte der Mitgliedschaft und namentlich keinen Anspruch aus Unterstützung n. s. w. hat. Der Grundgedanke dabei ist, daß ein gewisse» Maß von Leistungen angesanimclt sein soll, che die Gegenleistungen beginnen. Bei dem Unsallver- sicherungSgesetz liegt die Sache insofern ander«, als Beiträge von den Arbeitern uicht gefordert und dieselben immer bei den Un fällen u. s. w. unterstützt werden. Die Frage ist nur, während welcher Zeit und in welche». Maste nicht der Unfallversicherungs- träger, sondern krankencassen oder Dritte die durch Uiisall be schädigten Arbeiter unterstütze» sollen. Nach der Regierungsvor lage sollten die Krankencnssen, wie sie bei gewöhnlichen Krank- heiirsälle» für dreizehn Wochen die Unterstützung zu leisten haben, auch die Unsallbeschadigten in den ersten dreizehn Wochen unter- stützen. Damit würden 85 Procent aller Unfälle den Krankenkassen, zu denen die Arbeiter und der Arbeitgeber nur '/, beiträgt, ausgebürdet werden. Gegen den Umsang dieser Belastung haben sich schon im vorigen Jahre alle liberalen Stimmen und auch Auto- riiäten au- der Industrie erklärt. In dem ersten Unsallvcrsicherungs- Enlwurs von 188l war von der Regierung nur eine Larenzzeit von vier Wochen vorgeschlagen. Bei Beginn der Berathung recht fertigte der Staat-minister oon Bötticher die Entlastung der eigent lichen Unfallversicherung von den Kosten während einer Larenzzeit wesentlich damit, daß die Brtheiliaung der Krankencassen die Arbeiter veranlasse, gegen Simulation u. s. w. selbst nuf der Hut zu sein, daß ibre mittelbare Mlttragung der Kosten die Rechtfertigung ihrer Mitwirkung bei ondern Ausgaben der Unfallversicherung, sei e< in Gestalt der Arbeiterausschüsse oder in anderer Form, enthalte, und daß bezüglich der Zeit die Analogie der Bestimmungen im kranken- casjengesetz sestzuhalten sei. Während von verschiedenen Commissi»»-. Mitgliedern die Richtigkeit der ersten beiden Gcsicht-puncte anerkannt und die Ueberzeugung ausgesprochen wurde, daß die Regelung der kleinern, kürzer verlaufenden Unsallkrankheiten durch die Kranken kassen in jeder Beziehung empfchlenswertb sei, vorbehaltlich der Ersatz- psllcht seiten- der Unfnllversicheningsträger, wurde mit Recht bestritte», daß au- den Bestimmungen beim krankencassengesctz etwa- Ent scheidende- für die jetzt in Frage stehende Regelung gefolgert werden känne. Unter de» zu den betreffenden Paragraphen gestellten An trägen entfernte sich am weitesten von der Vorlage der Antrag Syjoldt, Hirsch und Genossen, welche jede Larenzzeit beseitigen, d. h. von Ansang an olle Kosten dem Unsallversicherungsträger de- Gesetz- entwurfs auslegen wollten. Dieser Antrag wurde mit allen gegen die neun Stimmen der FractionSgcnoffen der genannten Herren ab gelehnt, ebenso ein Eventual-Antrag derselben, die Larenzzeit auf zwei Wochen zu beschränken. Dagegen fand der Antrag der Abgg. Oechelhäuser und Genossen, der aus vicrwSchciitliche Carenzzeit ging und mit dem sich ein snbevcntueller Antrag der freisinnigen Fraction-- aenossen deckte, Annahme: ebenso zwei weitere Anträge der Abgg. Buhl und Genossen, wonach bei nicht versicherung-pflichtige« Arbeitern sür die ersten vier Wochen der Betrieb-unternehmer auszukommen hat, und den krankencassen über die vier Wochen hiaau- «in Ersatz anspruch gegen die Unsallversicherungsträger gewahrt Bon den weniger principieven Anträgen der Abgg. Eyloldt und Genossen zum ß. 5 gelangten »och zur Annahme, daß bei Berechnung der Rente auch der 4 täglich übersteigende Lohnbetroa in Anrechnung kommen bars und bei theilweiser Erwerb-unsihigkeit auch über 50 Procent des Arbeit-lohnc- gegeben werden kann. Der Antrag der genannten Herren, statt de« Uusallrentensatze- von 66'/, Procent, welcher in allen k>i«herigen Uusallgesetzvorlagen unangefochten geblieben ist, eine Lrhähung aus 75 Procent zu beschließe» wurde mit 17 gegen 9 Stimmen abgelehnt. Die Schlußbestimmung de« 8- 5. wonach die Ansprüche der Hinterbliebenen auch dann auf recht erhalten werde», wenn der Verunglückte den Betriebsunfall vorsätzlich herbeigesllhrt hat, wurde gemäß dem Anträge der Ab geordneten Evioldt und Genosse» nach lebhafter Erörterung mit großer Mehrheit abgelehn». Der Schlußabsatz de- Paragraphen lautet jetzt danach: „Dem Verletzten und dessen Hinterbliebenen steht ein Anspruch nicht zu, wenn er den Betriebsunfall vorsätzlich herbei- gessihrt hat." Bei den 88- 6. ? und 8 wurde ohne Widerspruch der Regierung-Vertreter der geringste Satz der Beerdigungskosten ans 30 .M erhöht, die Rente der Kinder von 10 ans 15. und bei Vater- und mutterlosen Waisen von 15 aus 20 Proc.; ebenso wurde der Höchst« betrag der Renten der Wittwen und Kinder von 50 aus 60 Proc. de« Arbeit-Iohne- erhöht. Nicht angenommen wurde der weitere Vor schlag, dir Rente der Wittwen von 20 aus 25 Proc. zu erhöhen. Za 8- 7 wurde nur eine durch redaktionelle Vergeßlichkeit veranlaßt« Eta-
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