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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188404130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840413
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840413
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-04
- Tag1884-04-13
- Monat1884-04
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1884
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* . ^-. ^ -v . ^.' ' »r. rt, ot. K er- sr >«r -n. ot, -er Ilt. »er dt, »iv >«e La L5. Ll. L «! »1. dl, Kr. alt lüi ast r«r >eo lai l»i i»- rot lnä Ll.. »a dt, ,r »«. üs ur »» «r- wä i»» »4- t«u ab t« -Ur >t»> »a, 'L «», L Ä .7. , >» «i« tkk. t«- c.) ttt sr- u- m- Är el- >rt ri- ii" o" L »> sn s-r m- xr td- chk Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Lrtartion und Lr-rdUii» Johannesgaffe 83. Sprechkunden -er Uk-ar1ii>: Vormittag- 10-1- Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. WX »«, ^«»6-ndler M-nuIcrwtk »»cht g» di «rdactl-n nicht »rrdmdlich. Wanth»« der fstr die «ichftf«l»r»»e »»««er Aeftt««te» Inserate a» >»che»t«ge« »1« L Nhr Nachmittag«, »» Saun- »„» Krsttagei, früh b>»'.» Uhr. La de» Filialen fiir 2ns.-7lnnah«e: vtta »e««. Untverstiättstraße 21, r«»t» L-sche, Katharinenftroßr 18.P. u»r »t« '/.i Utzr. ciWM.TllMM Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^ io». Sonntag den 13. April 1884. Auflage L8,40N. Ldonuementspreia viertclj. 4^/, Mil. incl. Bringerlohu ü Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegeremplar 10 Ps. Gebühre» für Extradeilag«» (i» Tageblatt-Format gesalzt) <h«e Postlxsördcrllug 39 Mk. «it Postbesörderung 48 Mk. Inserate Sgespaltnie Petitzeile SO Ps. Größere Schrillen laut unserem Prei»- verzrichniß. Tabellarischer u. Zisserisatz nach höher« Tarif. Keclamen unter dem Krdartlonostrich die Spaltzcile bO Pf. Inserate sind stet- an die Vppetzltia» »u senden. — Rabatt wird n-chk gegeben. Zahlung praenniuonenilo oder durch Post- uachnahme. 78. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Montag, den IL. April, Vormittags nur bis j-v Uhr geöffnet. LTpvlllUov äv« Livlprlxvr lÄxedlLttvs. i Amtlicher Theil. vcliLnnlmiilhmlg. Di« ,0os»»qS-Lehriae der im Jahr« 1884 in Leipzig, Stadt, gemusterten miUtairpstichtigen Mannschaften sind ein» gegangen und liegen auf unserem Ouartieramte, Stadthau», 2. Geschoß, Zimmer 107. zum Abholen bereit, »atz hiermit z»r Krnnttiiß der Betheiligten gebracht wird. Leipzig, am 7. Aprit 1884. Der Rat- der Gtadt Leipzig. vr. Georgi. L. Vermlethung eines Hausstandes. Der zeither an Herrn Bäckermeister Arohberg ver mietbet gewesene Hausstand in dem der Stadtgemeinde «hörigen HauSgrunbstück Rrich-strage Rr. so soll vom I. Hctoder dS. IS. an gegen riubalbjährltche Kün digung anderweit vermiet-et werden. Mielhgesuche werden aus dem Rathhause, l. Etage, Zimmer Nr. 17, entgegengenommen, auch können ebendaselbst die Bermietbung-bedingungen und da» Jnventarium de» zu vermiethenden Hausstandes eingesehen werden. Leipzig, den 8. April 1884. Der Rath der Stadt , vr. Georgi. ' Stvß. Bekanntmachung. Wegen Vornahme von Arbeiten an der Wasserleitung wird die Dresdner Straße von der östlichen Sette der SalomonstraH« bi» zur »estltchea Seite de» Gerichtsweg» von Mittwoch, den 10. diese» Monat» ad aus etwa E Wochen für den durchgehende» Fahr verkehr gesperrt. Leipzig, den 8. April 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Lhomasschule. Da» veqrtibaiß de» am Lharsreitag gestorbene» Th,ma»schtilrr» Geer» strikte»«! findet am »wetten Ofterseiertag Bormittag 11 Uhr v»a der Leichenhalle de» Reuen Friedhof» an» statt. Ltüreiiburg. Loarertor. 2^eit6 8tü6ti8(;1i6 k'ortbiläuoxG- sekuls tlir Lnaben. via F»««Ickau» neu «introtonSor SebNIor bat l» ck«r 2«it nou Aaotax, 4«n -l., dl, voaoersta», Neu 84. Ipril «r., Vormittazz, non 10—1 Uhr und Kaekmitta», von 4—6 vkr an artlolsm», uaä «rar am 21. voä 22. «>Iobsr »a» di«»i»«u Sobnlen, am 23. «ui 24. Xpril der von »usvttrt, lammenden. vis ksairlce der beiden 8'ttdtinkea kortvildnug^dolea werden baitimmt dureb ein« TbeilnaxiUai«, eeelvbe am k^aubforter Tbor« dexinot, dis kraubturter 8tr»«« di» anr Ix»inu»tr»«« iNokt, darob di« 1««injs,tr»«« tttdrt, Uder dis Promenade oacb d«m Iboauwlcirekkoke «ob «endet, da» Tdoma^Lmoben nud di« Orimmaiaobe 8tr»«« entlang xekt, vder den Xuuu»tn^»1»tr oaeb dar koa«tra,W und vindsnirr»«« aick binaiebt and m der Saab»nr>tra«« an der 8tepk»n»tr»«v endet. TU« »» dte^r Tde»ua»,lial« nud atkrdlieb non der»«Ibea «!««»«» 8tadttd«U« »ekürea dem ösrirle« der «raten (iw Oe- dd»a« der Hk. ö>1r»er«bule, 2od»uo««pl»ta 6i7), di« »Ndikeb deroelben Uerenden dem der »«eite» b'ortddduuxmebid« (im Oeddad« der V. Ldrxerecbnle, 8eb1stter»tra»e 15) an. Leipai». de» 10. TprÜ 1884. vr. lStearl. Städtische Gewerbeschule. AnSftcN»«». Di» von der Schule gefertigten Arbeiten, bestehend in Zrich «wgen. Modellen, Karten und dergleichen, bleiben dt» «tt 14. dirses Monats vorm »en IS—t Uhr t» Lchallocale. Johannerplatz 7. ausgestellt. ES beehrt sich zu dieser Ausstellung im Namen de» Lehrer- loklegiumS ergebenst cinzuladcn Leipzig, den 10. April 1884. der Direktor: vr. Vud«. Kieper. Logis-Vermietkung. N» dem Uni»ersttitSarundstücke. Nitterstrage Nr. 12. ist in der 8 Etage ein Logi«, bestehend au» S Etüden, 2 Ka««ern m>d Röche, nebst voden« und Rederrau«. vom 1. Juli ds«. I « ans drei Jahre meistbietend, jedoch unter Vorbehalt der Au», »ahl unter den Licitaaten. anderweit zu vermiethen. Reflektanten werden ersucht, Mittwoch, den 1«. April Hs«. I»^ Vormittag 11 Uhr, i« >nt»ersttit»-Renta«tr. wo auch die Licttationrbedtngnngen PN Einfichl au»liegen, zu erscheinen nnd ihre Gebote abzugeden. Leipzig, am 7. Sprit 1884. U»i»erstttt«-Nenta«t. «ras. Lncttonslocal des LSnigl. Amtsgerichts Dte«»t«O, den Id. d. M.. von 10 Ubr Vormittag« an. sollen «in« gr»ßere Anzahl feiner« nnd einsech« MSbel, ferner Bettstellen. Matraden, Ladentafrln, vaarenschrönke und Maaren regale, Schreibe- Wkte, «ns Setzrrregale, Nähmaschinen, ra. 30 Vilder in Soldrahmen «in« Lovirpresie. eine Taielwaage, Negulotenre, eine Stutzuhr. in «eiche» Weih-, Portefeuille, nnd Vchnhivaaren. Spartelspitze. Feder> betten, «. 400 Dutzend Rn»pse », DamenNeider,, sowie eine Gtt«pelpeesie. RrstaurationSntensilien. Bücher (Werke gnter kchrist Heller) and anderc Gegenständ« versteigert werde». " de» 10. April 1884. Siel», «ericht-vollzieher Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs von Sachsen wird Mittwoch, den 23. April dieses Jahres, Nachmittags S Uhr ein Festmahl im Etablissement von Bouorand stattfinden. Diejenigen Herren, welche sich daran bcthciligen wollen, werden ersucht, die Tafelkarten zu 4 -ä! bis zum Abend des 22. dieses Monats auf unserer Nuntiatur im Rathhause zu entnehmen. Daselbst werden auch Bestellungen auf Tafelplätze angenommen; ohne vorherige Bestellung werden Plätze nicht belegt werdcri. Leipzig, den 12. Avril 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Vr. Wangemann. Nichtamtlicher Theil. ver Streik -er Grubenarbeiter von Aiyin. Tie französische Deputirtcnkammer hat in ibrer letzten Sitzung vor der Vertagung am 8. April in ihrer große» Mehrbeit den Grundsatz verkündet, daß man die Freiheit aller Arbeiter, sowohl derer, welche die Arbeit einftrllen, al» derjenigen, welche sie fortsctzcn wollen, achten müsse. Von 393 Abstimmenden erklärten sich nur 66 mit diesem Satz nicht einverstanden, die Anhänger von Eloviö Hugue», de»- enigen Abgeordneten, welcher den Streik der Grubenarbeiter von Anzin im socialistischen Interesse aubbeutcn will. Dieser „Arbeitersreund" beklagte sich darüber, daß die Regierung nicht neutral geblieben sei, sondern Soldaten al» Wächter des bedrohten Capital» ausgestellt habe. Die Wadrhcit ist. daß die Soldaten zum Schutz der Arbeiter, welche ihre Arbeit wieder ausgenommen hatten, gegen ihre streikenden Kameraden eingeschritten sind. Da» paßt aber denen, welche für ihre Zwecke eine» Aufstandes bedürfen, nicht in den Plan und deshalb schickten sie Clovir Hugne? vor. damit er der Regierung durch eine Interpellation Verlegenheiten bereitete. Da« Ministerium Ferry hat selten einen so glücklichen Tag zehabt, al» den 8. April, denn e» erhielt von der französischen Volksvertretung au» freiem Antriebe Gelegenheit, als Wächter von Gesetz und Ordnung gegenüber den Vertretern von Aus» rühr und Terrorismus sich zu erkennen zu geben. Der Streck von Anzin ist sehr lehrreich nicht nur für Frankreich, sondern auch für alle übrigen Länder. Es ist eine alte Forderung der Arbeiter, welche sich zu de» Lebrcn deS SocialismuS bekennen, daß sie den vollen Ertrag ibrer Arbeit verlangen; die Höhe de« Ertrage- läßt sich annäkernd ermitteln durch Arbeits einstellung in Folge von Nichtgewährung gesteigerter Loh»- sorterungen. Ist der Arbeitgeber in der Lage, auch nach Be willigung dieser Forderungen die Arbeit sonsetzen zu laste», so ist der Beweis geführt, daß der bi» dahin gezahlte Lohn hinter berechtigten Anforderungen zurückblieb. Natürlich wirb die Forderung nur in dem Falle gewährt, wenn kein AuSweg übrig bleibt, die Arbeit unter den bisherigen Bedingungen sortzusetzen und deshalb liegt cs im Interesse der Arbeiter, daß Alle an der Arbeiksrinstellung tbcilnehmcn, daß nicht ein Theil zu den alten Preisen jvrtarbeitet und daß auch nicht fremde Arbeiter zuzichen. um in die Lücken einzntrclen. Des halb ist e» eine ganz gewöhnliche Erscheinung bei Streiken, daß gegen Arbeiter, welche an der Arbeitseinstellung nicht theib nehmen wollen oder gegen zuziehenke fremde Arbeiter von den streikenden Arbeitern Gewaltmaßrcgeln angcwenkcl werden, um sie an der Arbeit zu verhindern. Ji» Interesse der öffentlichen Ordnung kann aber eine solche Handlungsweise nicht geduldet werden und deshalb schreitet in geordneten Staaten in solchen Fällen die Regierung ein, wenn die Polizei macht auSreicht durch Entfaltung dieser, oder wenn es einer stärkeren Krastäußerung bedarf, durch militairische Hilfe. TaS ist auch in Anzin geschehen und darüber sind die Freunde de« Aufruhr», Clovi» Hugueö und seine Gesinnungsgenossen, ergrimmt. Es kommt in Anzin noch ein andere» Moment in Betracht, welche» das Einschreiten der Regierung rechtfertigt. Tie streikenden Arbeiter geboten nicht über die nöthigen Mittel um den Streik zum siegreichen Ende zu führen und deshalb hatte die intransigente Presse in Pari» Sammlungen ver anstaltet, zu welchen ein socialistisch gesinnter Anstokrat be deutende Summen beigesteuert hatte. Durch diese Hilfe waren die Besitzer der Koblengrubrn von Anzin in eine vangSlage versetzt und genöthigt, jede noch so Hobe Forde rung der Grubenarbeiter zu gewähren oder die Kohlenberg werke unau-gebentet zu lasten. Um so gerechtfertigter war der Schuh der Behörden für solche Arbeiter, welche den Bann des Streik» »u brcckc» und zur Fortsetzung der Arbeit gewillt waren. Als die Unterstützung durch Geldspenden bei einem Tbeil der Arbeiter, welche lieber arbeiten al» Geschenke an nehmen wollten, ihre Wirkung versagte, nahmen die Pariser Agitatoren zur Aufreizung durch BolkSredner ibre Zuflucht und erreichten damit mich in der Hauptsache ihren Zweck, indem sie viele Arbeiter hinderten, dem Beispiel ihrer Kameraden zu folgen und die Arbeit wieder auszunehinen. TaS nennt Clovi» Hugue», die Freiheit der Arbeiter durch Parteinahme für die Arbeitgeber beeinträchtigen, er veraißt aber dabei, daß er nicht nur für die streikenden Arbeiter, so» dern auch für Diejenigen, welch« sich ihrer al» Werkzeug für ihre Zwecke bedienen wollen, da» Recht de» TerroriSmu» in Anspruch nimmt. Er proclamirt daS Recht de» Streik zwange» gegenüber dem Arbeitsschutz. DaS ist ein sehr lebr reiche» Beispiel für die Art und Weise, in welcher die socia listischen Lehren überhaupt nur praktisch Vurchzusühren sind Der Einzelwille verliert im socialistischen Staate vvlh ständig seine Kraft, da» Recht der freie» Bewegung, die Bethätigung der Individualität hört auf und wird zu Gunsten eine» allmächtigen Gesammtwillen» ousgeopsert Statt daß unter den gegenwärtig in allen Staaten bestehen den Zuständen jeder Arbeiter arbeiten kann »der nicht, vor ausgesetzt. daß er Arbeitsgelegenheit findet, muß der socia- Iistische Arbeiter auf diese Freiheit seine» Willen» Verzicht leisten und einfach dem Gebot de» oder der Führer sich unter ordnen, welcher im Gcsammtintereste eine ArbrilSeinstellung vorschreibt. Natürlich kann von Arbeitseinstellungen nur solange die Rede sein, al» der soeialistische Staat noch nicht an die Stelle de» bestehenden getreten ist. aber nach Lage der Verhältnisse dürfte diese» Ueb-rgangSstadium denn doch noch recht lange wäbren und innerhalb dieser Zeit würde dann also di« Diktatur für die socialistischen Arbeiter der regelmäßige Zustand sein. Da» mögen >>ch die Leute doch recht klar machen, welche den Lehren Per Führer bereUwillig ihr Ohr leihen. . .. In Anzin war ein vielversprechender Anfang gemacht worden, einen localen Streik zum Au-gang»pu»ct einer all gemeinen socialistischen Action zu macken. ES handelte ich nack der Absicht Rockesort'S und seiner intransigenten sreunde darum, die republikanische Regierung von Anzin an» zu stürzen und durch eine entsprechende Bewegung in Pari» die »weite Auflage der Commune hrrbeizusühren. Wenn die Interpellation von Clovi» HugncS. wie dieser es hoffte und wünschte, zu einer Niederlage de« Ministeriums geführt hätte, dann wäre der Sturz der Negierung der An- ana der Auslösung der Republik geworden. Die Frage der Verfassungsänderung hätte die ArbeiterenquSte abgelöst, ein Ministerium Elemcnceau-Locrop-Clovi» Hugue» :c. hätte die Führung der Geschäfte in die Hand genommen. Aber so weit find die Sacken in Frankrnch dock noch nicht gediehen; der Kammer bemächtigte sich am 8. Avril eine Vorahnung kessen, wa» im Lande bevorslcb«, wenn sich die Mehrheit der Kammer mit den Interessen der Grubenarbeiter von Anzin idennsicirte. Unter solchen Umständen verliert auch da» Votum des Senat«, durch welches da« neue Municipalgesetz abgeiehul wurde, seine Sck ärse: die besitzenden Franzosen sind darüber einig, daß e« nötlng ist, gegen die Gefahren de» Um- stürze» zusammenzustehen. Wa» man in Frankreich für nölhig erkennt, um der Vernunft zur Herrschaft zu verhelfen, wird i an in Deutschland hoffentlich nicht vernachlässigen. * Leipzig, 13. April 1884. * In Berliner RegierungSkrcisen verfolgt man begreif licherweise alle Kundgebungen bezüglich der Erklärung Preußen» wegen deS Reichs Ministerium» mit dem lebhaftesten Interesse. ES ist bereit» mitgetheilt, daß die Frage, ob die Angelegenheit im Reichstage besprochen werde» soll, in An regung gekommen ist. Nach übereinstimmenden Miltheilungen von verschiedenen Seiten wird davon Abstand genommen. Dagegen wird von gonverncmentalcr Seite verbreitet, der Reichskanzler selbst werde eine oder die andere Gelegenheit wabrnehme», um aus die Vorgänge im BundeSrathe und die Erklärung Preußen» über da» ReichSminlstcrinm zurückzu kommen. * Der Polizeipräsident von Berlin von Madai hat sol- zende Bersügung an den Dirigenten der politischen Polizei gerichtet: Die Exccuiivbeamten der polltlschenPollzei sind in jüngster ^eit von Seiten einzelner Redner de» Reichstags und hieran an schließend in der socialdeinotralischen und' der mit der Socialdemo kratie iympathisirenden Tagespreise in den gehässigsten Ausdrücken öffentlich angegriffen und verdächtigt worden. Diesen Ver. unglimvsnngen ehrenwertlier und pflichttreuer königlicher Beamten gegenüber, die in vollständiger Verkennung der amtlichen Qualität der den öffentlichen Sicherheitsdienst in Livilkleidung versehenden Polizei beamten unter der unklaren und mißverständlichen Collectiv bezeiäiiiuna „Geheimvol > zei" speriell gegen die Executivbeamten der politischen Polizei sich richten, bin ich wegen ihrer allgemeinen Fassung und mit Rücksicht auf die verfassungsmäßige Redefreiheit der ReichstagSabgrordneien zu meinem lebhaften Bedauern außer Stande, den Schutz des Strafgesetzbuchs sür die Betroffenen in An- spruch zu nehmen. Nmsomcbr finde ich Veranlassung, die gedachten Beamten meiner besonderen Zufriedenheit mit ihrem Verhalten und ihrer dienstlichen Thätigkeit ausdrücklich zu versichern. An Ew. Hoch- wohlgeboren richte ich deshalb da» ergebene Ersuchen, dem königlichen Polizeirath Krüger und den demselben unterstelllen Lriminalcommissarten, Wachtmeistern und Schutzmänaern der Poll- tischen Polizei die gegenwärtige Verfügung al» den Ausdruck meiner vollen Anerkennung de» bisher stets von ihnen bewiesenen Diensteifers zur Kenntniß zu bringen. Dabei wollen Ew. Hoch- wohlgeborrn gefälligst meine Erwartung betonen, daß die Beamten in richtiger Erkenntlich der wichtigen Aufgabe, welche ihrer Thätig keit für die Erhaltung unserer staatlichen und gesellschaftlichen Ord nung zusällt, auch den hohen Anforderungen, welch« gerade unter de» heutigen Zeitverhältnissen an ihre Pflichttreue gestellt werden müssen, zu entwrechen wissen, und am allerwenigsten durch die ge hässigen Verhetzungen der öffentlichen Meinung und Provokationen wie die obenerwähnten, sich verleite» lassen werden, den Boden strengster und gewisseohaskester Beobachtung der gesetzlichen Vor schriften in irgend einem Falle zu verlassen. Der Polizeipräsident, Wirkt. Sch. Ober-Regierung-rath ».Modal. * Seil längerer Zeit bestand die Absicht. Kiel durch ring» e« umgebende Befestigungen zu einem Landwasscnpla, ersten Range» zu erheben. Zusammen mit den bereit- fertigen Seejort» Falkcnstcin, Friedrichstavt, Korügen, Etosch und IägerSberg sollten 11 bi» 13 Fort» die Stabt nach der See und dem Lande zu im Kranze abschließen. Nach der .Kölnischen Zeitung" sind nun die sämmtlichen Arbeiten, welche der vorbereitenden Ausführung dieses PlancS diente», eingestellt worden, und eS soll beschlossen sein, vor der Hand diese ganze FcstungSanlage auszugeben und Kiel nach der Landscite nur dadurch zu befestigen, daß vom Westuser der Bucht eine Linie dclachirtcr Fort» bi» zu den Elbbescstigunaen führen, also da» Land über Rendsburg und Nenmünstcr in nordwestlicher Richtung durchschneiden soll. Den An fang soll die Linie bei Pric- machen, einem eine halbe Slunde von Friedrichstadt bclcgenen Dorfe, woselbst bereit» zur Zeit die Vorbereitungen zum' Festungsbau getroffen werden Die Besichtigung, welche der Kronprinz kürzlich vorgenommen. halte eine Prüsuna diese» neue» PlancS zum Zweck. Die Einzelheiten desselben entziehen sich zwar der DessenIlicbkeit man darf aber auS ihnen schließen, daß der neue Lntw», auch die Norkostsee-Eanalanlage in Berücksichtigung gezogen bat. Tie AnSsührung dieses Plane« wird wo^l nickt mebr lange aus sich warten lasten. Ta» frühere Marineministrriuin war der Ansicht, daß ein« Verdoppelung de» schwimmenden Knrgtmaterial» Lortheile vor der Au-sührung der Canal anlage haben würde. Herr v. Caprivi scheint in dieser Angelegenheit von einem anderen GesichtSpuncle auSzugchen. l)a» Dahlström'sche Projekt befindet sich mit der er läuternden Denkschrist noch in den Händen der Negierung; wenn wir recht unterrichtet sind, soll dasselbe der militairischen Kritik zu Grunde gelegt sein. Dieser Plan verbindet da» West user der Kieler Bucht über Rendsburg mit der Elbniündung bei VrunSbUttel. DaS ihm zu Grunde gelegte Prosit bezeichnet eine obere Breite von 58 Meter, eine Soblcnbreite von 22Meler.aber »ur die Wafserliefe von8Meter. Wäre da« Profil also ausreichend ür die meisten Handelsschiffe, so wäre es doch unzureichend ür die Hochsee-Panzerschisse der Kriegsflotte, und deshalb würde zunächst in diesem Pnncte der Dahtström'sche Canal einer bedingungslosen Annahme nicht zugänglich sein. Seine großen Vortheile bestehen aber darin, daß er bei gleichem Wasserstand mit der Ostsee von der MünbungSscl-leuße an der Kieler Bucht nur eine Sckutzschleuße gegen die Ebbe- und "luthbewegungen an der Elbe bcnöthigt. Bier bis süus Eisenbahnen würden mit Brücken die Wasserstraße kreuzen, während zur Verbindung der zu durchsch»eidenden SO bi ss Chausseen und Communalstraßen Dampf- oder Treibfähren angelegt werden könnten. Tie Kosten hatte Herr Dahlström im Jahre 188>. al» er seinen Entwurf der Regierung einsandte, aus 107.400,000 veranschlagt. Die Geldfrage und die mangelnde Aussicht einer ersprießlichen Verzinsung und Tilgung de» Capital» au» dem Betriebe de» Unternehmen» mb die Ursache der langen Verzögerung gewesen, lieber di« Begünstigung der HandclSinteressen nach den verschiedenste» Seilen hin (zweifellos würden an der Wasserstraße al» eine« o bedeutenden Verkehrsmittel in kürzester Zeit Fabrikanlage« i. dergl. neu entstehen), über größere Sicherheit der Schiff ahrt und Zeitgewinn für den Verkehr (man könnte die durch die Canalverbindung hervorgerusene Fabrtabkürzung von der Themse nach der Ostsee aus 200 Seemeilen veranschlagen) jaden bei dem Projecte Zweifel nie bestanden. Indessen auch andere Unternehmungen ähnlicher Art sind Von vorüber«« mit Capitatien n konck» perdu rwcckmäßig angelegt Word«. Der St. Gotthardtunnel ist hiersür ein nahe» Beispiel. Wen» also die gemeinsamen Berathungen de» Krieg»- und Mariue- ministeriuni» mit dem Ministerium de» Innern jetzt daz« ühren sollten, die Bedenken einer von vornherein nicht ge nügenden Einträglichkeit der Wasscrverbindung nicht in di« erste Linie der Erwägungen ihrer Ausführung zu rück«, s» würde die» gewiß im'Jnteresie unsere» Seehaovel» vielseitiger Anerkennung begegnen. * Unter dem 16. März ». o. hat der Ausschuß Uv« deutschen Turnerfchast an den Reichstag de» deutsch^ Reiches folgende», gewiß alle Kreise lebhaft interrssireude Gesuch gerichtet: » „Dem Beschlüße de» vom 24. und 25. Juli 1883 in Eilen«.- versammelt gewesenen Turntag- der deutschen Turn erschaff» entsprechend, überreicht der Unterzeichnete Ausschuß einem Hotz» Reichstage da- Gesuch: Derselbe wolle der hohen ReickSregiernna empfehlen 1) Bei Erfüllung der dreijährigen Dienstzeit solchen Pflichtigen, welche bei ihrem Eintritt ein entsprechendes Maß leiblicher Durchbildung und turnerischer Fertigkc-it bethätigen, aus ge setzlichem Wege bei sonstiger tüchtiger Tirnstsührung eine nur zweijährige Dienstzeit zuzulassen, eventuell wenigsten» eine dem entsprechende Beurlaubung solcher Leute zur Regel z» machen. 2) Eine Abänderung von tz. 11 de» Gesetze« über die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 9. November 1867 dabin zu bewirke», daß bei den Prüfungen sür Erlangung der ltierechtigung zur einjährigen Dienstzeit neben den wisscnschaitlichcn Prüsung»- lächern auch eine Prüiung über die körperliche Leistunat- sähigkeit in den entsprechenden Leibesübungen obligatorisch gemacht werde. Zur Begründung dieser beiden Anträge, die ln gleicher Richtung schon wiederholt von turnerischer Seite vorgelegt morde» sind, erlauben wir un» Folgendes anzuführen. Wir richten an den hohen Reichstag unser Gesuch als Vertreter der deutschen Tnrnerichast, di- gegenwärtig über 2600 Vereine mit weit über 200,000 Mitgliedern zählt. Hierbei sind wir uns aber vollbewußt, daß diese große Zahl gegenüber der Jugend in den Altersklassen von 14—20 Jahren noch eine sehr geringe ist, und wir haben deshalb den Wunsch, daz» bcizntragen, daß in unserer» der leiblichen Kräftigung des Volke- nicht günstigen, nach Erfolg und Genuß jagenden Zeit Alle» nuigcboten werde. daS deutsche Volt nicht nur in seiner Leistuiigssäyigkeit zu erkalten, sondern diese immer mehr und so zu erhöhen, daß dasselbe Allem, was da lamme« kann, gerüstet und geielligt cntgegenzutreten vermag. Ein körperlich und sittlich tüchtiges Volk wird nicht nur in der Vertheidigung des Vaterlandes, sondern auch in der LeistungSsälsigkcit im bürgerlichen Lebe», in der Arbeit sür seine Erhaltung ganz ander- Kästchen, al kin schlaffes. Der in der großen Menge herrschenden Trägheit gegenüber kann nur ein gewisser Zwang von Wirkung sein. Wir wissen nun bezüglich des ersten Anträge« ganz gut, daß gegenüber der gesetzlichen Dienstzeit eine Abkürzung allein aus leil^ liche Fertigkeit und Gewandtheit hin nicht wird gewährt werden wollen, — daß di« Aneignung der speeicll militairische» Kenntnisse und namentlich gute Führung hinzukommen müssen. Allein, die Zeit, welche für nicht turnerisch gebildete Leute vothwendig ist, um sie stehen, gehen, lausen, sich wenden nnd drehen zu lehren, kurz, sie anstellig und gewandt zu machen, dürste den Leuten, welch« diese Kenniniß schon milbringen, durch cme regelmäßige Avkürznng der dreijährigen Dienstzeit aus zwei Jahre, die ja ohnehin schon in sehr vielen Fällen rintriit, wohl anqerechnet werde» können. Wäre die» gesetzlich sestzustellen nicht thunl-ch, so könnte wenigsten» seiten» der obersten Kriegtleitung die entlprechend« zeitigere Beur laubung für so vorbereitete Leute al» Regel sestgellellt werden. — Wenn die wissenjchastliche Ausbildung allein genügt, die Dienüzeit auf rin Jahr zu ermäßigen, so muß doch eine gute Fertigkeit in allen Leibesübungen, welche die militairnchc Ausbildung sicherlich wesentlich erleichtern, eine Verringerung der Dienstzeit aus zwei Jahre sicher ermöglichen, — der militairische Dienst ist ja in erster Linie ein körperlicher, kein geistiger — Gelehrsamkeit allein macht keine tüchtigen Soldaten und giebt auch nicht milüairijche Fähig keiten. — Ter zweite Antrag dürktr, nachdem da» Turnen wohl in allen Schulen, welch« »ur Ausstellung von BerechtigunaSichcinen für de» einjährigen Dienst berechtigt sind, al- obligatorischer Uuterricht»- gegenftand emgeiührt ist, keine Schwierigkeit bieten, sowohl wa« die Eiiisüqnng in da- Ganze der Prüsung, al» diele Prüiung selbst anlangt. ES würde da« Turne» em weitere« Piüsungssach bilde», besten Ergebniß beim Gesammireiullat mit zu rechnen wäre. Wen» eine tüchtige Leistung an leiblicher Uebmig einen etwaigen Mangel in anderen Fächern, z. v. Sprachen, Mathematik, deckt, so giebt daS gewiß nicht minderwerthige Leute. Die erworbene körperliche Tüchtigkeit müßte in beiden Fällen nicht durch turnerffche Kunsi'tücke, iondera durch den Nachwei» eine» bestimmten Maßes von Leisiuiigssähigkeit in Marsch, Laus. Sprung, Hedro. Armwippen, im Stütz und Hang. Hangeln und Kletten, bestedr». Der Erfolg einer Annahme unserer Vorschläge würde sicher der sei», daß die Jugend von 14—20 Jahren, von der rin großer Theil sich jetzt dem Tnrnen noch entzieht, lei eS an« Trägheit oder, wie t«
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