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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188506054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850605
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850605
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-06
- Tag1885-06-05
- Monat1885-06
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1885
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Erste üeilllge M Leipstger Tageblatt und Aiytiger. .1° 15V. Freitag ven 5». Juni 1885>. 7!». Jahrgang. polnische prriWnnikll. * AlS der englisch-russische Conslict cm der afghanische» Grenze Europa beunruhigte, da wurde es wieder aus der ganze» polnischen Linie lebendig. Die Polen sind nämlich der festen Ucberzeugung, dag ihre Sache noch lange nicht verloren und auch nicht verloren sein könne, weil gerade seit einem halben Jahrhundert und auch »och in der Gegenwart das NationalitätSprincip eine so grosse Rolle spiele. Wenn man nun fragt, wie es denn den Polen möglich sein werde, ihre nationalen Wunsche zu erreiche», so erbalt man zur Antwort, daß die Verwirklichung derselben nur eine Frage der Zeit sei. Alle Polen und ihre Presse sind der Ansicht,, daß die politisch-staatliche Lage Europa» eine unnatürliche und gegen die Freiheit und Selbstbestim mung der Völker gerichtet« sei, die seit dem Ende des deutsch französischen Krieges sich noch mehr verschärft habe Europa sei gegenwärtig in zwei große Lager, in ein freiheit liches und gewaltsam absolutistisches, gelbeill; beide standen ans Kosten der Völker in Waffen und beobachten sich gegen seitig mit mißtrauischen, heranssorderndcn Blicken. Dieser Zustand, heißt cS in den polnischen Blättern weiter, könne unmöglick ewig dauern; einmal müsse cs znm Bruche und großen Entschkidungokampse kommen, ans den sich ganz besonders die Polen vvrbcreite» und rüsten müßten. Diese und die übrige» europäischen Frciheitsbeslrebunge» hätten in Europa nur zwei Feinde: Rußland und Deutschland, gegen welche der allgemeine Kamps früher oder später ausbrechen werde. — AuS diesen Acnßerungen ist also zu entnehme», daß die Polen vor Allem aus einen förmlich europäischen Krieg rechnen, durch den ihr nationaler Wunsch, die Wiederherstellung Polens, erfüllt werde» soll Aus diesem Grunde kam auch den Polen der englisch-russische Eonslicl überaus erwünscht, denn er mußte im Hinblick aus die Möglichkeit eines kriegerischen Zusammen sloßes zwischen England und Rußland di« polnischen Hoff nungen neuerdings beleben, ja wesentlich steigern. Man erinnert sich wohl noch der Drohung der,.TimeS" welche dieses englische Blatt zur Zeit, als der englisch-russische Streitfall seinenHöhepnuct erreich! hatte, gegenRußland richtete. Damals schrieb das Eitliorgan in wörtlicher Ilcbcrsctzung: „Rußland möge sich wohl vorschen, mit England in Asien einen Krieg zu beginnen, der natürlich auch in ganz Europa einen lauten Widerhall finden müßte. Sollte Rußland wirklich znm Kriege drängen, so würde England ihn auch in Europa mit dein größten Nachdrucke führen und namentlich gegen Ruß land gewisse europäische Fragen anfrollcn, in denen es sehr verwundbar sei." Die gesammte polnische Presse, zumal die galizische, die ja mit ihren großpolnischen Wiedcrhcrstellungsgedanken nie mals hinter dem Berge hält, gerietst über die angeführte Drohung der „Dimes" in großen Jubel. Damals schrieb die Lemberger „Gazeta Narodowa" (National - Zeitung): „Was können denn das für europäische Fragen sein, welche England gegen Rußland, wie die „Dimes" ankündigt, auszurollen gedenkt? Diese „Fragen" bestehen natürlich nur in einer Frage und diese heißt die polnische, die unter der Führung Englands Rußland allerdings sehr arg mitspiclcn könnte. Freut Euch also, liebe Lands leute, denn die polnische Frage lebt noch immer und wird auch immer wieder i» de» politischen Vordergrund treten, sobald ein großer europäischer Conslict droht, in den Ruß land verwickelt ist." — "Nach der „Gazeta Narodowa" hätte jene Drohung der „Times" auch in Berlin große Bestürzung erregt, weil mau in dem scheinbar allgewaltigen Preußen wohl wußte, ivas ein Krieg zwischen England und Rußland in der Ostsee und ein damit in Verbindung stehender Ausstand in Liiaueu und Polen längs der Grenze Preußen» sür dieses zu bedeuten hätten. "Nach den Versicherungen des genannten polnischen Lcmberger Blattes hätte auch jene Drohung des Cityorgans die preußische Diplomatie bezüglich einer friedlichen Vermitte lung zwischen England und Rußland in eine fieberhafte Thätigkcit versetzt, und zwar nicht dcS europäischen, sonder» deS specifisch preußischen IntereffeS wegen, welche» sich durch die von der „Times" angedrohte Ausrottung gewisser euro päische» Fragen auch höchst bedroht fühlte. Seit null der englisch-russische Streitfall tbatsäcblich einem friedlichen Ausgleiche gewichen ist, sind die Polen nnd ihre publicistischc» Örgane allerdings etwas kleinlauter geworden, aber ibre genugsam bekannten Hoffnungen haben sic deshalb »och keineswegs ausgegeben. „WaS soll auch dieser faule Frieden bedeuten", schrieb unlängst ein anderes polnisches Blatt, die Krakauer „Noma Rcsorma"; „wird etwa dadurch der englisch-russische Conslict in Auen aus der Welt geschasst? Keineswegs; er wird durch die jämmerliche diplomatische Flick arbeit nur vertagt auf morgen oder übermorgen. So wird er plötzlich wieder zum Ausbruche gelangen und schließlich z» einem groß», gewaltigen Kriege führen, der zwischen zwei Staaten stets unvermeidlich ist, deren politische Interessen sich nicht versöhnen lasten. Die Interessen Englands und Rußlands stehen sich aber in Mittelasien diametral gegen über, und so muß eS einmal zwischen Beiden naturgemäß zum Zusammenstöße kommen. Mit diesem", fährt das polnische Blatt fort, „wird und muß auch wieder die polnische Frage zu ihrer großen Bedeutung gelangen, weil eine Demnlhigung Rußlands und seines Verbündeten, Preußens, ohne der Lösung der polnische» Frage nicht denkbar ist. Daö weiß ina» auch in England genau, weshalb wir Polen unser ganzes Augenmerk ans die englisch-russischen Beziehungen zu richten haben." AuS diesen Acußerungen der polnischen Presse geht deut lich hervor, wie große Hoffnungen die Pole» für ihre Sache aus einen Kriegsfall zwischen England und Rußland setze» Ob schließlich, wenn cs auch wirklich zum Kriege käme, die Polen von England nicht abermals gemißbraücht würden, wie eS ihr großer Protektor Napoleon I. gethan, daran scheinen die Polen gar nicht zu denken, weil sie eben aus ihrer Geschichte nichts gelernt haben und niemals lernen werden. Das neue Siechenhaus in Leipzig. -'Leipzig, 4. Juni. Zn denjenigen Projectcn, deren Verwirklichung sür die Stadt Leipzig als dringliche gelten müsse», gehört nächst der Erweiterung der städtischen Wasser leitung rc. vor Allem auch die endliche Erbauung cinc» Siechen hauseS, einer Anstalt, die dazu berufen ist, die bcdaucriiswertstesten Mitmenschen auszunehme». Die Räume des Georgenhaus-S, in denen seit Jahren solche Unglück liche »ntergebracht werden, sind längst als unzureichend und geradezu unpassend von ärztlicher und anderer Seite erkannt worden, und wenn irgend rasche Abhilfe Noth timt, so ist cs i» dieser Angelegenheit, mit welcher sich die städtischen Be hörden seil Jahren beschäftigt haben. Zuletzt hat daS vom Ratbe auSgearbeitete Prcject dcm Stislnugs-, Bau- und Oekonomie-Ausschuß der Stadt verordneten Vorgelegen, welche, wie bei Gelegenheit der gestrigen Plenarsitzung des ColleginniS aus dem Referate des Herrn Iti. Zenker sich ergab, i» zwei längeren Sitzungen und unter Bclhe>lig»ng des Herrn Bürgermeister Itr Dröndli» und Bautireetor Licht die Vorlage bcratbeu haben. Nach dem Rathsproject soll daS SiechcnhauS ans dem Compler zwischen der verlängerten Carolinenstraße, der ehemaligen Verbindungsbahn und dem Wind- mühlenweg errichtet werde»; eS besteht nach dem Bau- programm und den betr. Plänen aus einem Haupt- und einem KinderhauS, sowie aus einem Wirtbschaslsgebände mit Küchen- und VorralhSräume» und entsprechenden Baulich keiten sür die Maschine» zur Heizungs- und bezw. Ventilations anlage. Das Hauptgebäude ist für >80 erwachsene Sieche, daS KinderhauS für 15—20 geistig nnd ebenso viel körperlich Sieche berechnet. Im Mittelbau ist eine Trennung der Frauen- von der Männcrscite, jedoch unter Herstellung einer entsprechenden Verbindung vorgesehen; nicht minder ist bei der Anlage aus die Evenlualilät einer nothwendig werdenden Erweiterung Rücksicht genommen worden. Man bat nun zwar in de» Ausschüsse» dcm Projekt, wie es ausgearbeitct worden, Beifall nicht versage» können, ja sogar die Faxade als sehr gelungen anerkannt; allein die Ausstellungen, welche man zu machen geglaubt hat. richten sich namentlich gegen die luxnriöse und monumentale Doppcl- treppe, die Anbringung von Loggien und die zu hohen Dächer, während man die Wirlbschasts-Näume. die Portier loge, die ExpeditionS- und Aerztczinimer sür zu klein und die Kosten der VentilationS- und Heizniigs-Anlagen alS äußerst reichlich bcmesse» befindet. Weiter sind den Ausschüssen di« Kosten erschrecklich hoch erschienen, es stellt sich darnach der Aufwand pro Bett auf etwa 4000 .//. während der Aufwand bei anderen Sicchenbäusern zwischen 2000, 2000 und etwas darüber vuriirt, übrigens auch in einer frühere» Denkschrist des Herrn Oberbürgermeisters die Kosten ans etwa 400.000 .«il geschätzt worden seien. Im Nebligen hat man »och die Un verläßlichkeit der Herstellungskosten nach bloßen Schätzungen kriiisirt und aus die nach Ansicht von baulichen Sachverstän digen i» dieser Hinsicht bedeutenden Schwankungen hingewiesen. Nach alledem haben die Ausschüsse, wie bereits iu der vorigen Nummer dcS „Leipziger Tageblattes" initgeih ilt worden ist. kein Collegium zwar die Geiiehinignug des RalhsproieetS (nach welchem die Kosten sich aus 805,500 stellen würde»/ empfohlen, dagegen zu dessen Aussühruug nur eine Summe von 700.000 .L aus den Mitteln des Iohannishospilace zu verwilligen. Herr Bürgermeister Iustizratb Do. Tröndlin hielt cs sür unvereinbar, wenn die Ausschüsse daS Projcct sür gut halten und dasselbe aus der aiideren Seite in der angedeuteten Weise bemängeln. Der Rath habe durchaus keine willkür lichen Ausstellungen hinsichtlich der Koste» gemacht; er halte cs nicht für enipfehlensiverlh, wenn für ein» immerhin mo numentalen Bau, bei welchem »ach len Anschauungen des Herrn BezirkSarzt Do. Siegel und anderen ärztlichen Sach verständigen die höchsten sanitären Anforderungen Berücksick tigung finden sollen, gespart werde. Herr Do. Siegel habe sich übrigens bei dieser Angelegenheit in dankenSwerthester Weise belheiligt und der Besichtigung anderer Anstalten sich unter zogen, uin die Ersalunngen bei dem hiesigen Institut ver- werthcn zu können. Mau will dock aber auch berücksichtige», daß die Anstalt, die sür die annen uni unglücklichsten unser r Mitbürger bestimmt ist, doch nicht eines anständige» Charakters entbehre; er finde es nickt woblgethan, an einem Ba» zu sparen, der die Steuerzahler gar nickt einmal in Anspruch nehme. Er bitte deshalb um Genehmigung der Ralbsvorlage. Nachdem Herr Architekt Pom in er sür die Ausschnh- Anträge gesprochen, wendet sich Herr Do Till», auns gegen dieselben, indem er die ganze Anlage als eine ganz vor zügliche, auch vom ärztliche» Standpuncle anS betrachtet, erklärt. Als Arzt habe er sich gesagt, daß der Abstrich ans Kosten des Wohles einer Menschenctasse geschieht, die unser ganzes Mitleid und Wohlwollen verdiene. Herr Do. Ieru salein erklär! sich gleichfalls für die Rathsvorlage, und zwar mit Rücksicht daraus, daß die Zustände im G orgenhause geradezu unhallbare sind und einer schleunigen Abhilfe be dürfen und die Kosten des Baues die Steuerzahler nicht berühren. Nachdem auch der Herr Vorsteher Do. Schill, nach den Aussiihrunaen der Herren Vorredner, sür die NathSvorlage, Herr Zwei Niger aber dagegen gesprochen, legte »och der Herr Oberbürgermeister ein kurzes Wort und eine Bitte sür die Ralbsvorlage ein, indem er daran erinnert, daß ihm schon bei seinem Amtsantritte, also vor etwa einem Jahrzehnt, die Herren Nerzte die Nolhwcndigkeit eines SiechenhailseS auS Herz gelegt gehabt und doch stehe man heute »och auf derselben Stelle. Wie bereits bekannt, wurden die Ausschußanträge mit großer Majorität ab ge lehnt und die Rathsvorlage gegen eine Stimme genehmigt. Man darf wobt erwarten, daß »»„ auch mit voller Energie an die Ausführung dieser Beschlüsse gegangen werden wird. Die Schulen der polytechnischen Gesellschaft. O> Leipzig, 3. Juni. Die hiesige polytechnische Ge sell s ch a s t, G c w e r b e v e r e i n L e i p; i g. deren Bestrebungen seit Jahren gewesen ist, unser deutsches Gewerbe zn hebe» und zu fördern, verfolgt diesen lobenswerlhen Zweck haupt sächlich mit durch die von ihr begründeten und auS selbst ständige» Mitteln größtentheilS erhaltenen Schulen, die eS wobl verdiene», daß wir ibre Institutionen dem Leipziger Publicum einmal in detaillirtcr Schilderung verführen, um ihnen vielleicht dadurch zu ihren viele» Gönnern und Freunden neue zuzusübren und ihren Besuch noch z» mehre». Die auSgebreilctste Schule te.runter ist die Sonntagö- gewcrbeschule, die im verflossenen Schuljahr daS 56. Jahr seit ihrer Begründung abjolvirt und bereits sich zu schöner Blütbe entfaltet bat. Ihre herkömmliche Ausgabe besteht auch heute noch darin, Gesellen und Lehrlingen der Gcwcrbtreibendcn Gelegenheit zu bieten, diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten sich zu erwerben, welche nach de» Erforder nissen der Zeit jedem Gewerbtrcibenden zu einsichlevollem Verriebe seines Gewerbe« »öthig sind. Die Lonnlagö- gcwerbeschule berücksichtigt deshalb in ihren Vorc lassen den allgemein sortbilkenten Unterricht und nimmt a»S diesem Grunde solche Schüler aus, deren allgemeine Schulbildung lückenhaft ist, und die bestrebt sind, das in der Volksschule Versäumte oder nur mangelhaft Erlernte nachzuholen und zu ergänzen. Fortbildung« schillern ist die Ausnahme in die Sonn tags gewerbeschule gestattet, den in Leipzig wohnende» aber nur unter der Bedingung, daß dieselben an drei Wochenabeudcn in einer der beiden städtischen Fortbildungsschulen für Knaben ihrer gesetzlichen Schulpflicht Genüge leiste». Fortbildnngs- schüler dagegen, die ihren Wohnort außerhalb Leipzigs haben, werden durch den Besuch der Sonntag-gewerbeschnle von der geschlichen Verpflichtung zun. Besuche ihrer heimathlicheii Fortbildungsschule befreit. Ihre Hauptansgabe aber erblickt die TonntagSschule nicht in ihren VorbereitungSeurse». son dern im gewerblichen Fortbildung«- besonders im gewerb lichen Fachunterrichte, »nd ihr Lehrplan erstreckt sich in dieser Hinsicht ans Zeichnen für Bauzcwerke, Maschinenbauer, Tsscbler und Glaser. Drechsler, Gra veure, Elfenbeinschnitzer. Uhrmacher und Schlosser, aus Modellinn in Tbo» und Wach«. Chemie und Technologie, Pbusik unk Mechanik, gewerbliche Buchsührunz und llebungen in Gcsck'äslsattssatze», kurz, c» findet sich alle- darunter, WaS irgend wie von Bedeutung sür daS gewerbliche Leben sein könnte Im verflossenen Schuljahr war die Schule von LK9 Schülern besucht und zwar staute» dieselbe» im 15. bis znm 34 Lebensjahr. Die Meisten standen im l7. Lebensjahre. Alle Haiidwerksnieister, Lehrherren und Priueipale sollten eS sür ihre Pflicht halten, der Schule dadurch ihre wohlwollende Unterstützung zu Tbeil werden zu lassen, daß sie ibre Gesellen und Lehrlinge, welche zum Besuche der obligatorischen Fort bildungsschule nicht mehr veipflichtet sind, veranlassen, die Facheurse im Zeichnen, Modelliren u. s. w. zu besuchen, nm auf Grund der allgemeinen Schulbildung, die ihnen die Fort bildungsschule gegeben, ihrer spceiellen Fachbildung obzuliegen. Eine Ablheilung der Sonntagsgcwerbeschule ist die Dro- guistensch ule, in welcher in zweijährigem CursuS den jungen Troguisten ei» ausreichender, rationeller Unterricht »i der Chemie und Waarcnkunde geboten wirk. Diese Droguisten- scbule erfreut sich der besonder» Gunst des hiesige» Droguisten- vercinS, der auch Prämie» unter die vorgeschrittensten', tüch tigsten Eleven verthcilt. .Nicht wenig trage» zur Ausbildung der junge» Troguisten die unter Führung ihres Lehrers unk einzelner Herren deS Droguistenvereins unternommene» technischen Exeursioncn in hiesige und auswärtige größere Etablissements bei. Neu begründet wurde im vergangenen Iabre der Ab end en rsuS in der gewerbliche» Geschäftskunde, prak tischem Rechnen, Bnchha l tnna nebst den damit verbun denen schriftlichen Arbeite», praktischer Wechselkunde rc.. der sür die Mitglieder der polytechnischen Gesellschaft ans dem Handwerker- und Gewcrbcstande in populärer Weise crlhcilt wurde. Au duiem AbcnkcursuS nahmen 13 Gcwcrbtreibende Tbeil. der Erfolg war ein überaus lohnender. Was die S onntagsgewerbeschulc und die mit ihr zusainmen- bängenden Institutionen anlangt, so stehen sie unter der rührigen, »msichlige» und mit pädagogischem Scharfblick ge führten Dircelion des Herrn Direktor Fr. Pascinann. der keine Mühe scheut, die ibm anverlrautcn Institute von Jahr zu I.ibr mehr eniporzubeben. Die Heize rschule, welche im letzten Jahre von 38 Schülern besucht war und unter der Leitung des Herrn Ingenieur K nutze ebenfalls tüchtig florirt, giebt Alle», die mit Dampfkesseln zu thun haben, denen insbesondere die Speisung derselben anverlraut ist, eine eingebende, populairc Unterweisung in alle» Dinge», welche in diese», Fache i» Be tracht kommen können und beobachtet werden müssen, um Unglückssälle zn vermeide». Die der Schule engehörigen Zöglinge sind zum großen Theil Heizer, welche bereits in Diensten stehen, aber auch Schlosser, Maschinenbauer und andere Metallarbeiter. Damit möge unser Ueberblick über das Schulwesen der polvtcchnischen Gesellschaft beendigt sei». Ter Zweck dieser Skizze wäre erreicht, wen» sie de» geschilderten Schulen neue Gönner unk Freunde und vor Allem neue Schüler in reicher Anzahl zusübrtc. Neues Theater. * Leipzig, 1. Juni. Die Flagge deckt daS Gut: so ist denn unter der Flagge der Frau Geist ingcr auch das Wiener Volksnück „ T H ercsc K ro »es" von Carl H a s s»e r aus kw Bretter des "Neuen Slacllheatere gelangt, wohin es au und sür sich nicht gehört; denn cs ist ei» Stück sür Vorsiaklbühncn, obne kranialischen Zusammenhang und Ab schluß, lauter Skizzen und Bilder, einige interessant und »nzwbend, andere von grotesker Possenhaftigkcik; dazu Couplets. Liedereinlagen. Ballets, rin Potpourri, tramati'che tnlti liutti, ein Allerlei, von den: man sich nur wundert, daß cs noch genießbar geblieben ist; den» seitdem wir Frau Geist,nger zuerst in dieser Rolle gesehen, ist aus mancher Schonung ei» Heber Wald geworden — auch i» der Politik und in der Literatur. Es ist ja bekannt, wie viel Macnlatnr die berühmte» Virlnosen in ihrem Reisesack mit sich führen. Daß aber Frau Gcistinger die Rolle der Therese Krones zu ihrer LieblingSrollc gewählt bat, dars nicht Wunder »chmen; denn diese giebt ihr Gelegenheit, die ganze Vielseitigkeit ihrer Begabung zn bewähren. Da sehen wir Anfangs vor uns die bewegliche, kecke Wiener Soubrette mit ihrem Lied von Lieb' und Treu' und clwaS Falschheit dabei, und dieser Charakter der lebenslustigen Soubrette bleibt auch der gefeierten Künst lerin gewahrt: da spielt sie uns ein Monodrama vor, blättert ein Salonalbum ans mit allerlei köstlich carikirten Damen- portraits; den Gipfel dieser Travestie bildet ihr Gesang am Clavicr mit den ohrenzerreißende» falschen Tönen. Oker sie singt nnS einen Kassecklatich vor mit dem unvcrmcidl.chen Strom einer rastlose» Geschwätzigkeit, wobei zu bewundern ist, wie jede Silbe und jede Note in diesem Wirbel und Taumel einer erhitzte» Plauderei »och zu ihrem vollen Rechte kommt; oder sie singt uno spielt uns ein Duett »nd Duodrama mit Raimund vor, wobei das Publicum hinter die Leichlsüßigkcil unserer deutschen Döjazet AnsrusungSzeichcn der Verwun derung setzt; oder sie jodelt ein Tyroler Lied mit einer Bra vour, welche die Sennerinnen und das Echo der Alpe» eifer süchtig machen könnte. Tan» aber verschwindet die Posse nnd Operette, nnd als hervorragende drainalckche Darstellerin zeigt sich Frau Geislingcr in den Liebes- nnd EiscrsnchtS- scencn nnd besonders in der großen Scene des singirtcn Wahn siunS im ersten Aete. Tic Couplets und Lieder sang Frau Geistinger sehr artig, ge fällig und nicht ohne Krasl, umsvinehrbedauerlen wir das gewagte Experiment mit dem „Betlclstudenten", welches am Abend vorher dazu diente, das Deficit ihres Organs, die fehlende Höbe, recht cmpsinklich zu machen. Blumenkörbe, Blumen- schifse u. dergl. m mit zahlreiche» Hochrusen bewiesen, daß das unverwüstliche Talent der Künstlerin das Publicum jetzt wie früher in seinem Banne hielt. Außer der Therese Krones hat daS Stück nur eine Hauvtrollc: den Dichter Raimund, de» schivermiilhigen Komiker. Herr Büller spielte ihn mit aller Routine, die ihm eigen ist, aber daS Bild des Wiener Possen- dickterS konnte er »nS doch nicht lebendig machen. Herr Büller, der Vorleser Reuler's, ist seiner stanzen Eigen art nach ein norddeutscher Komiker; cü wild ihm sehr schwer, den wienerischen Ton zu treffen, der vom Platt deutsche» so himmelweit verschieden ist; damit fehlt aber auch jenes tiefe Gcmülh, jene Innerlichkeit, die sür einen Dichter wie Raimund cuie» wesentlichen Cbaraktcrzug bildet. Und wenn uns der sinnige Zaubermärchenpoct, der daS schöne Hobcllicd versaßt bat, ans ciunial ei» wenig »lärchenhasleS Pserdebahuconplet vocsingt, da acht dock jede Illusion verloren. Die anderen Rollen sind ohne Aus»ahme Episode». Der Maler Leopold des Herrn Straß mann hatte clwaS Sym pathisches i» seinem Wesen, so daß man über daS eliango?. los clanies im letzten Acte hinwegsehcn mochte. Frl. Schneider als semmelblonde Gärtnerstochter Gabriele war wobl ein wackeres und resolutes Mädchen, aber in ibrcm West» dock von einer zu uiianSacbackcne» Naivctät Den Veibreber SevrL spielte Herr Vi'chcr ganz charaklcrissiich, sckc:- während der Ci'ainpagiicrcopic war er innerlich gebrochen »nd trocknete sich de» crmiiialisti'ck'cii Schweiß ab, bis die Wächter deS Gesetzes sich seiner bemächiigte». Der Tirector deS Leopolkstä dt >'ch »Theaters Herr M e v.- r- n.id sie Mil ab etc", desselben, in erster Linie Herr T ictz als Korntbeuer.der d-e Rolle desverrückienApotbekers mitunbcimlch er Waide spiel:e. t ei kleine Napoleon Tomasckli des Herrn Hänfeler. °>r I »atz Schuss-, des Herrn Herbst, die Huber der Fra» Baumeister, die H loiie deS Frl Nitsch unk die Andere» bildeten eine wohln.laneirlc Künulergeniciuschast. Frl. Wilhelm mußte wiederum eine unliebenswürdige Intrigantin, die Malwina, spielen. Von den kleineren Rollen trälen nur die Madame Herbst des Frl. Buse, der Ehrenzweig deS Herr» Wald heim und vor Allein der Wucherer P.-ler Wolf hervor, der in seiner Todesangst von Herrn Herz selb recht scharf ckarakterisirt wurde. Das Ballet fehlte natürlich nicht in diesem kranialischen Quodlibet: der „Oberbayerische Lckuhplatll-Tanz". der nn» von Herr» Golinelli vorgesührt wurde, hatte einen recht volkslhümlichen Charakter und erinnerte an die Schwingseste in den Alpen; er ging recht flott. Unsere Solotänzerinnen führten de» Reigen, und die Damen deS Corps de Ballet, welche alS junge Alpensöhnc mit den Herren Golinelli und Born wetteiferten, zeigten anerkenneuswerlhe Kraft und Gewandtheit, indem sie ihre jungen Freundinnen aus den Sennhütten wie eine leichte Last in die Lüfte schwangen. Rudolf von Gvttschall. Llltschti-mlgcn des Reichsgerichts. (Abdruck ohne Angabe der Quelle wird gerichtlich verfolgt.) Der Telegraphist F. zu Berlin ist vom Laiidgerich! ans 8 31k Str-Ä.-B. wegen fahrlässiger Gefährdung eines Eiien- bahnlransports verurtheilt. Als Sachverhalt hat das Land- gerichl Folgendes sestgrstelll: Am 9. Februar 1884 Morgen- gegen 1 Uhr lO Mumie» langie von der Station Friedrichsberg her der fahrplanmäßige Viehzug 2880 an dem CenUal -Vühlwse zu Berlin an. Der Locoinoiivsührer durste, da die optische» Signale „sreie Fahrt" anzeigie», unoedcnklich in de» Bahnhof eüisahren, indem er aniuhincn mußte, daß die sür Befahrung und Ausstellung de.- IngeS bcstimnitcn Gleise frei wären. Letzteres war jedoch »ichl der Fall; vielmehr stieß der ankoniiiiende Zug, welcher durch die Weichenstraßc »ach dem Enilade-Gleis VIII fuhr, hier vor dem östlichen Perron aus 8 leere Eisenbahnwagen. Bei dein Zusamnicnftvße wurden zwei von diese» Wage» beschädigt, einer zertrümmert. Gegen de» "An geklagten ist vom Landgericht sestgestelll: daß er zu Berti» am 9. Februar 1884 als eine zur Aussicht über die Bahn beziehungsweise zur Aussicht über den Bcjördcrungsbelrieb angestellte Person durch Bernachläisigung der ihm obliegenden Pflichten eine» Eiienbahntranövorl in Gefahr gesetzt habe, mW aus tz. 318 Absatz 2 des Sirasgejepbuchs Slrase verhängt. Hiergegen hat der "Angeklagte Revision eingelegt, er wendet eia, daß er nicht als eine zur Aufsicht über die Bahn und den Beförderiingsbctrieb angestellte Person im Sinne des 8 316 Sir. G.-B. anzusehen lei. Das R.-G., II. Strafsenat, hat am 18. November vor. IS. die Nevision verworfen und hat unter Andern, Folgendes ausgcsührt: Das Landgericht hat angenommen, daß de», Angeklagte» die Funclio» eines diensthabenden Siationsbeamle» rite über tragen worden sei; den» F. sei, wenngleich Telegraphist, im Siationsdicnste. »aincnllich aus dem Ccnlra! Bnhhose, ausgebitdet und zur liebernah nie bahnpolizeilicher Functionen qualisicirt, und ihm sei von dem Stationsvorsteher K-, seinem Vorgesetzte», mithin von berufener Seite, sür die Zeit vom 8. Februar 1884 Abends 7 Uhr bis zuin an deren Morgen neben seiner Tbängkeit als Telegraphist der innere und äußere Statioiisdicnst aus dem Ccntral- Biehbos übertragen worden. Die Revision behauptet, daß K. nicht beiiigt gewesen sei, ohne Ge»clnnig»,iq seiner Dü-nsibehöide sich enicn P rireler zu bestelle», auch findet sie eine» Verstoß im Smne des tz. 377 Nr. 7 der Straspioceßoidnuiig darin, daß die Benigniß des K. zur llebei-tragung seiner Geschäfte aus F. nicht scsi >es>elll sei. Leplercr Boiwurs ist unbegründet; den» das Land- gerichl sagt geradezu, daßK. zur Bestellung desF. als dicnst ha benden S »al i on svo rstcberS berufen, d. h. zuständig gewesen sei. Es kann sich mir frage», ob dieser Ansicht ei» Rcchlsirnhiii» zn Griindc liegt Diese Frage nuiß verneint werde». Daß K. bei Uebertragiing seiner Geschäfte eigenmächtig gebandelt habe, ergiebt sich aus dem aiigcsochtencn Uriheilc leiiieowcgS, denn kein Gesetz verbietet den, Llalionsvolsteber eine solche Uebertragiing: viel mehr laßt sich schon aus der Natur d-s Eisenbahnbeiriebes und den ini erste» Uriheilc sestgestcllie» Dienstpslichten d.s 2lat.o»sooisieherS solgern, daß deniselbe» die Möglichkeit gewähr! sei» müsse, i» Fall ii plötzlich einircleiidet Bc>i»-ern»g an der Au,-Übung seiner Fniici-onen vorläufig, bis ans weilere Anordnung dir vvtgejit>e>i Behörde, sür seine Berlreliiiig durch eine» geeigneten Beamten Vorkehrung zn treffen. 0's ist übrigens diese B iuginß >» ß. 1 der vom königlich pienßichen Minister snr öffentliche Arbeiten am 8. März 1878 erlass aen Ticiistinstriiction snr d e nu Staals-Eiicnbahndienstc brschäsiigten Slalioae-vorsteher ausgeip. och, n. Gleichgillig ist snr de» vorliegende» Fall, was de» K. zur Ueler- tragung seiner Functionen an F. veranlaßt hat. Letzterer war nicht berechtigt, »ach dein Grunde zu fragen, er innßle vielmehr dem Befehle seines Vorgesetzten Folge leiste», gibst wen» sür K. eni ausreich »der G.und, welcher ihn a» der Ausübung seiner Funclionen hinderte, mcht Vorgelegen haben sollte. F. tat auch nach der Sachdarstellung des Unheils die ihm ousgetrag»en Filnctioiien unweigerlich aus sich genommen. Daß die An stellung nur aus kurze Zeit erfolgt war, ist ohne Belang. F. war daher in der fraglichen Nacht als di e» st ha bende r Sta tionsvorsteher und in ihm zur Aussicht über die Bah» »nd den Bcsürdcriingsbcliieb «»gestellt. Sachsen. ** Leipzig, 4. Juni. Wie »nS von zuslänkiger Seit« srciindlichst zur Bekanntgabe an i»lcre!sirte Kreise inilgelbeilt wird, können Dispensationen von Mannschaften deS Bcurla übten stau deS von kl -buiizen, sofern nicht plötz liche KraiikheitS- oder Unglückssälle eme Ansncchmc bedingen, nur dann genehmigt, bezw. in Berücksichtigung gezogen werken, wenn dieselben unmittelbar nach erhaltener Ordre bezw. spätestens zehn Tage vor dein Tage des CinlrefsenS ein- gereicht werten. Kurz vor dem Uebiliigsbcgiiin eingehend: Gesuche, ohne ernste Begründung, haben daher keine Aussicht aus Erfolg mehr und sind besser z» unterlassen. Soweit Mannschaften dcö BeurlaubtenftandeS schon vor erhaltener Ordre zui» Cintrcfse» (sei eS durch Z-itungen oder private Mittheilungeil) Keniitniß von den Uebungen ihres Jahr ganges erlangt baben und ilmen eine Dispensation von der ilebung in Anbetracht häuslicher oder gewerblicher Verbält« niss« wliiischenswerth oder nothwendig erscheint, so soll c< ihnen unverivehrt sei», derartige Gesuche bei ihrem BczirkS- seldwebet icho» vor erhaltener Ordre anzubringcn. * Leipzig, 4. Juni. Wir erballen folgende Zu sch r ist: Eine berzcrhebende Wahrnehmung ist es, wie in unseren Tagen und »inieiilüch auch in den Mauern unserer Stadl humane Bestreblinge», welche direct oder indirect aus das Wohl der Gcinini»!be,t hin gerichtet sind, bei Alb» ohne Ausnahme — möge« auch sonst polmsche oder religiöse Anschauungen sie noch so weil von einander trcuneil — stels ein offenes Lhr und ein offenes Her» finden. Der hiesige katholische Gesellenvcrelu, der übrigen! auch eine stallliche Anzahl junger Handwerker evangelijch-lutherücher Eonseisio» mit derselbe» Liebe und Sorge umsaßt, stillt unstieilbar eine nicht unbedeutende Stelle in der Reihe humaner Bestrebungen zum Wollte der gesammte» bürgerlichen Gesellschaft aus. Dean er beniulit fick, de» jungen Handwerkern, namentlich den fremd zu- i-e-isten, Hans- und Familienleben einigermaßen zu ei>ye;i mit sie . zu chntzei! vor dem W>rlh. hausleben mit all seinen Bermel nagen : ar G.^ biciet ibnen Gelegenheit, in de» Note, i.Iiis» üa'l.i n-i'o -»ich reget,» .ßige Vorträge a» ihrer Bild,-, g >>. - »er z» erllca-n. Er hält in >l ne» wach das Bewußtsein i o» r n- > o rn Werth des Haiidwerkerstandrs, aus dem ja doch nnz'vcis>0 >i »in gut T eil dc, besten Hoffnungen dcS ganzen "Bat rl.ade- ':>> »ie Ich.- -> l.-iuben, »nd den es deshalb vor Allem g>e» vor dem Eindringen »topischer und verderblich.." Be streb,in re». E ! l-i i-i ii Miiglieder» aber auch. «,->> , >i der v.ovihaiig rr>, ANvor» und Gelegenheit jliiii Genüsse kilaulill und harinloier L'Ieiie0e„de. So Hai der "Beiein seil 24 Fahren still und anfpiuchsles an seiner l ohe» soc a ,n "Ansgabe sorigcwirkl und sich daS Wohlwollen
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