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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.06.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188506087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850608
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850608
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-06
- Tag1885-06-08
- Monat1885-06
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.06.1885
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Erscheint täglich früh S'/,Uhr. Krüaltion und Lrprdition JohanneSgasse ö. Sprechstunden der Kedaclion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. tzlit di« «US,ad, eui,«t«ntlrr M»iu>!cr,»lr »acht ftch «>« «t«d»c»l»- m»l ««iduldtlch. Nnnatz«e der sür die nächfts«lsen»e Nummer destimmten Inserate an Wochentage» bis 3 Uhr Nachmittags, an La»»- uns Festtagen früh bl»' ,S Uhr. In den Filialen für Ins.-Ännahm^. Ltto Klemm, Universitälsstraße 1. Louis lösche, Lätharinenstr. 23, p. nur bis V,3 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- and Geschäftsverkehr. 159. Montag den 8. Juni 1885. Anflage IV,LVO. Abonnnurnlspreis viertelj. 4V, Mk. incl. Bnngenohn 5 Mk„ durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilagen sin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbcsörderung 39 Mk. mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate Sgejpaltene Petitzeile 20 Pf. Gröhere Schriften laut ans. Prrisverrrichniß. Tabellanscher u. Zffsrrnsatz nach HSHerm Tarif. Nrctamen imter dem RedartionSstrich die 4 gespalt. ZeileL0Pf., vor den Familiennachrichtcn die ^gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die Expeüttion zn senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumeraocko oder durch Post- Nachnahme. 79. Jahrgang Amtlicher Theil. Vekanntmachung. Der diesjährige international« Produetenmarkt wird nicht, wie in unserer Bekanntmachung vom 2. lausen den Monats auf Grund einer irrthümlicben Angabe der Be- theiligte» iiiitgelheilt war. Sonnlag, de» 2. August, sondern erst Montag, den A. Äugust dieses IahreS, in den Ranmen des hiesigen ArystallpalasteS abgebalten werde». Leipzig, den 6. Juni 1885. Der Rath der Ltadt Leipzig. vr. Georgi. Kretschmer. Auctions-Veklmnillilllliuiig. Mittwoch, den 10. Inn» dieses JahreS, Bormittags 0 Uhr sollen im Stadthaus« (Eingang Mühlgaffe Nr. 7) allhier verschiedene Mobiliargegenstände, Kleider, i Wind» staube, 1 Wanduhr, mehrere Taschenuhren, 2 goldene Ntiige und dergl. mehr an den Meistbietenden gegen sofortige baare Bezahlung öffentlich versteigert werde». Leipzig, den 5. Juni 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Christoph. Geukralvkrsammlnng der OrtSkrankencaffe VUl für die Industrie der Holz- und Lchnitzstoffe zu Leipzig und Umgegend. Behufs Wahl des Vorstandes der Orlskrankeiicasse haben wir nach tztz. 34 und 37 deS NeichsgcsetzeS vom l5. Juni 1883 und tz, 52 oe- Caffcnstaluts Generalversammlung aus DiessLtaq, den O. Juni L88S auberauint, und werden deshalb die gewählten Vertreter der Arbeitgeber wie der Caffenmilgliever geladen, zu dem ange gebenen Tage Abends 8 Uhr im Stadhause, Obstmarkl Nr. 3 allhier, 2. Obergeschoß, Zimmer Nl sich einzusinden. Tagesordnung: 1) Wahl eines Vorstandes. 2) Beschlußfassung über Zutritt zu einem Localverbande im Sinne des tz. 46 deS ReichSgesetzeS vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiler. Leipzig, den 28. Mai 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. (RrankrnversicherungSamt.) Wrnter. Uhlmann. Bekanntmachung. Die Herstellung einer Thonrobrschleuße auf dem Haupt wege der VI., VII. und VIII. Abtheilung LeS neuen JohanniSsriedhoses soll an einen Unternehmer in Accord ver dungen werden. Die Bedingungen sür diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Verwaltung, RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 5, auS und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleustenanlage JohanniSfriedhof" verscbcn ebendaselbst und zwar bis zum 12. Juni 1885, Nach mittags 5 Uhr, einzureichen. Leipzig, den 3. Juni 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Bau-Deputatton. Erstatteter Anzeige zufolge ist der ledigen vertha Lina Zwicker aus Liebertwolkwitz das ihr vom Gemeindevorstnnd dortselbs! unter Nr. 156 am 13. Juni 1878 au-gstelltc Dienstbuch abhanden gekommen. Wir bitten dasselbe im AiiffindungSfallc an un- abzugeben. Leipzig, den 4. Juni 1885. Das Poltzetamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Zwangsverileignung. Aus Antrag des Verwalters im Toncursversahren über das Ver mögen der Handelsgeiellschast Bergmann L Schirr zu Halle n/S. sollen die zur Loncurs,nasse gehörige», im Grundbuche von Halle a/S., Band 94, Blatt 3630. Artikel N82, auf den Name» der Handels- qesellschast Bergmann k Schl» eingetragenen, Mersedurgerstraße Nr. 32 belegenen Grundstücke: Wohnhaus mit Hosranm und Garten, sowie Schuppen, Eisengießerei und Werksiallgebäuden, am IS. August Vormittag» 1i> Uhr vor dem unterzeichueien Gericht, an GerichtSstelle, Zimmer Nr. 31 zwangsweise versteigert werden. Die Grundstücke haben eine Fläche von 1 Hektar 29 Ar 52 lUMeter und sind mit 4660 .41 Nutzungswerlh zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steiicrrolle, beglaubigte Abschrift de- GrundbuchblattS, etwaige Abschätzungen und andere die Grundstücke betreffende Nachweisungen, sowie beiondere Kausbedingungen können in der GerichtSschrciberei, Zimmer Nr. 29, eingesehen werden. Alle Realberechtigle» werden ausgesordert. die nicht von selbst aus den Etlicher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung deS Ver steigerungsvermerks mchi hervorging, insbesondere derartige Forde- rungen von Capital. Zinsen, wiederkeheenben Hebungen oder Kosten, spätestens im BcrsteigerungStermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, salls der ConcurSverwalter wider spricht, dem Gerächte glaubhaft zu machen, wivrigensalls dieselben bei Feststellung deS geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Veriheilung des itau'geldeS gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range znrücktretcn. Diejenigen, welche das Eigenlhum der Grundstücke beanspruchen, werden anigesorderl, vor Schluß des VerstcigerungsterminS die Ein stellung des Verfahrens herbcizusübren, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug aus den Anspruch an die Stelle des Grundsiück« tritt. Dar Unheil über die Erthellung des ZiffchlaqS wird am 21. August 1885 Mittags 12 Uhr an GerichtSstelle verkündet werde». Halle a/I., den 2. Juni 1885. Königliches Amtsgericht. Abth. VII. Nichtamtlicher Theil. Zur Frage der Sonntagsarbeit. * Bei der parlamentarischen DiScussion sowohl al» auch in de» Preßerörterungen über ein Verbot der Sonntags arbeit hat man sich vielfach aus die in Oesterreich bereits erlassene, wenn auch noch nickt i»S Leben getretene Gesetz gebung berufen, die etwa so verfahre, wie die dculichc Reichs- tagscommission vorschlug. Am 1l. b. M. tritt nun in Oesterreich die Gcwcrbeorvnungsiiovelle in Krast u»c erläßt daS HandelSininisterium aus Grund der ihm über tragenen Vollmacht die AussültrungSbestiinmungen, unter welche» die Ausnabmc», welche bezüglich der Arbeitspausen, Sonntagsruhe. Nachtarbeit und NormalarbeilSIag allgemein zugelassen sind, einen erheblichen Rauin einnebmen. Wir lassen hier die über Sonntagsruhe gegebenen Bestimmungen zu nächst folgen: Sonu tagSruhe. Die Sonntagsruhe hat spälestenS Sonnlag um 6 Uhr früh, und zwar sür die ganze Arbeiterschaft gleichzeitig, zu beginnen und volle vierundzwanzig Stunden von ihrem Beginn an zu dauern. Für die nachstehenden Kategorien von Gewerben wird die gewerblich: Arbeit ganz oder lhellweisc auch an Sonntagen gestattet. Wegen Unthunlichkeit einer Unterbrechung de» Betriebe» ist die SonniagSarbeit gestaltet den Handelsgärtnern während einiger Tagesstunden, den Eisenhüttenwerken die volle SonntagSarbeit für die eine Unterbrechung nicht zulassenden Verrichtungen; ferner ist cs zulässig, wenn der Betrieb von Puddelwerken, Walzwerken, Eisen- und Metallgießereien und mechanischen Werkstätten im Lause der Woche während einer Dauer von 24 Stunden oder mehr unter brochen war, den dadurch entfallende» Arbeitstag durch Heranziehung eines Sonntags anSzugleichen. Endlich darf die Nacht, welche aus den eine ArbeilSpause veranlassenden Sonntag solgt, in den er wähnten Werken zum Anftrize» der Oesen benutzt werden. Bezüglich des auf einer BergwerkSverleihung beruhenden Betriebes von Schmelz-, Rüst- und Kokesösen hat diese Verordnung nicht Anwen- düng zu finden; hiersür gelten dir Bestimmungen des Gesetzes vom 21. J-ni 1884. Den Mennig- und Glätiesabriken ist die SonniagSarbeit sür die im continuirlichen Beiricbe beschöstigrcn Arbeiter gestattet. Eilen- Emaillirwerken (Emailgeschirr-FabrikenV Kupfer-, Messing-, Tcni- dack- und Packsoagiverke». Zink- und Zinkweißöicn ist die Sonntags- arbeit für die eine Unterbrechung nicht zmasse»den Arbeiten gestattet. Maschinenfabriken ist die Sonittagsarbeit für die unausschieblichen Reparaturen gestattet. Kalk-, Eeineni-, GvpS-und Ziegeivrennerclen ist die SonniagSarbeit gleichfalls sür die durch den continuirlichen Betrieb nothwendigen Arbeiten gestattet. Der Tdonwaaren-Jndustrie ist die SonntagSarbeil für die Oesen mit continuirlicher Feuerung gestattet. Im GlaShüItenbetriebc ist die Sonittagsarbeit sür daS Heiz- und Schmelzpersonal, ferner, insoweit die Schmelzarbeit auf den Sonntag »och nicht verlegt ist, auch sür die Glas macher und deren Hilfsarbeiter gestattet. Färbereien dürfen Sonntags höchstens zwei Morgenstunden arbeiten. Bei der Scidensärberci ist die Soiiniagsarbeit den Schwarzsärbern wiahreud der dringend nothwendigen Zeit erlaubt, den Blciaiereien wrd die SonniagSarbeit aus einige Stunden jur die dringendsten, durch den chemischen Proceß bedingten Verrichtungen gestattet. Die Zeugdruckereicn dürfen die sür den Wochenbctrieb unaufschiebbaren Vorbereitungen treffe», mit der Beschränkung auf die unabweiSlich notbwendige Zeitdauer. Bei den Papier- und Halbzcugjabriken dürfe» die im continuirlichen Betriebe befindlichen Maschinen bedient werden. Müblenindustrie: Sonittagsarbeit für das Ueberwachniigs- personal der Maschinen. Zuckersabriken: Volle Sonntagearbcit sür die eine Unterbrechung nicht erleidenden Beinebssradicn. Shrup- und Traubenzuckersabriken: Bolle SonntagSarbeit. Eonservenerzengung: Sonittagsarbeit zur Verarbeitung des Materials, welches sonst dem Verderben ansgesetzt wäre. Kasseesurrogaisabriken: SonniagSarbeit tm Herbste. Bierbrauereien. Malzfabriken, SpirittiSbrenncreien dürfen den vollen Sonntag arbeiten. In Essigsabriken darf das de» GSHrungS- proceß überwachende Personal arbeiten. Kunsteissabriken ist die SonntagSarbeil sür den continuirlichen Betrieb gestattet. Der Fabri kation chemischer Produkte ist die SonntagSarbeil für de» eine Unter- brechung nicht zulassenden Betrieb, sowie den dabei beschäftigten Arbeitern gestattet. Da» Gleiche gilt sür die Fcttindui'trie, aber nur sür den Bormittag, es sei denn, daß die Arbeit am Nachmittag un- umgänglich nolhwendig wäre. Den Petroleumsabriken ist die SonniagSarbeit unter gewissen in der Verordnung näher bestimmten Modalitäten, welche sich aus den Umfang und die Art des Destillir- processcS beziehen, gestattet. Gasfabriken ist die volle Sonntogs- arbeit gestattet. Mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Consuinenten werden so!- gendc Ausnahmen zugelaffen: Bäckern ist die SonntagSarbeil ge- stattet, und zwar bei der Erzeugung von Bäckcreiwaaren in den Vormittagsstunden de» Sonntags beziehungsweise in den dem Montag vorhergehenden Morgenstunden, beim Verschleiße am ganzen Sonntag. Zucker-, Kuchen- und Mandoletti-Bäckern ist die Arbeit bei der Er- zeugung am Vormittag, beim Verschleiße den ganzen Tag. Fleisch. Hauern und Wildprethändlern bei der Ausschrotung und beim Ber- schleiße bis 10 Uhr Vormittag», Fleischsclchern und Wursterzeugern bei der Erzeugung nur Vormittags, bis längstens 10 Uhr. beim Ver schleiße den ganzen Tag gestattet. Bei den Gast- und Schankgewerben entfällt die Sonntagsruhe vollständig. Die Erzeugung von Soda- Wasser ist in der Zeit vom 1. Apri! bi» 1. Oktober an Vormittage!!, die Waarenzustellung und der Verschleiß n«,rciid de» ganze» Jahres gestattet. Photographen. Friseuren, Raseuren und den Bade-An- stallen ist die SonntagSarbeil gestattet. Dem Handel mit Lebens mitteln, den Fragnern. Greißlern, Hökern, Obst-, Milch-, Mehl- Händlern, GrieSlern, Spezerei-, Lolonialwaarcn- und Delicatessen- HSndleön, Mineralwasserhändlern, dann Blumenhändlern ist die SonniagSarbeit sür den Verschleiß, allen anderen Hondelsgewerben nur sür den Waarenverkaus in dem dermalen zulässigen Umfange, längstens aber bis 12 Uhr Mittag», gestattet. Den Trödler- und Prandleihergewerbca ist die SonntagSarbeit bit längsten» 12 Uhr Mittags gestattet. Mil Rücksicht aus die Bedürfnisse de» öffentlichen Verkehrs ist die Sonittagsarbeit gestattet: Omnibus- und Stellwogen - Unterneh- mungen, Lobnluhrgewerben (Fiakern, Einspännern u. s. w.), Schiffer- gewerbea aus Binnengewässern, LeichendeftatiungS-Unternehmungen, ttnternebmuiigen sür öffentlich; Dienste (Dienstmann-Jnst,tuten w.); Lade-Arbeiten, und zwar beim Entladen der von drr anschließenden Eisenbahn aus die Industriegleise gestellte» Wagen durch die Hilss- arbeiler des betreffenden industriellen Etablissement», dann beim Be- laden, insofern daS Etablissement durch Einhaltung der Sonntag-- ruhe gegenüber der anschließenden Bahnunternebmung ln materielle Nachihetle (Pönallen wegen zu langer BenukimgSdauer der Wagen und dergleichen) verfallen würde. Ferner ist dir Güterbeförderung zur Ausgabe von Eilgut bel Eisenbahnen und Dampffchiffen, be- ziehung-weise »nr Uebernahme und Zustellung von Eilgut a» die Emplänger gestattet. Die Inhaber aller in dieser Abtheilung an geführten Gewerbe lptbei, für entsprechende Abwechslung der Arbeiter zu sorgen, so zwar, daß jeder einzelne Arbeiter nur jeden zweiten oder dritten Sonntag oder an jedem Sonntage nur sür die Hälfte de» Tages zur Arbeit kerangezogen werde. Nach Zählung de» Wiener ..Fremden-BlatleS" sind für nahezu 200 Gewerbe generelle Ausnahmen von dem Verbote der Sonn tagsarbeit zugklosse»; berücksichtigt man, daß außerdem noch von den Provinzial- und Localbedörden besondere Ausnahmen zuge laffen werden können, so springt in die Augen, welchen Schwierig keilen »in generelle» Verbot der SonntagSarbeit in Oesterreich be gegnet; sür unsere Verhältnisse die Nutzanwendung hieran» zu ziehen, behalten wir un- vor. Leipzig, 8. Juni 1885. * Auch in der kleinen Verwickelung, in welche Deutsch land mit Zanzibar geralhcn ist, kann man unmöglich englische Anzettelungen verkennen. Ist doch der englische Einfluß auf den dortigen Gewalthaber ganz ausschlaggebend. DaS kleinliche gehässige neidische Treiben, weiches allerorten ärgerliche Jnlnguen anstlslet und Andere aufhctzt. ist be zeichnend sür die dermalige englische Staatskunst. Vor jedem energisch erhobenen Anspruch, vor jedem drohend auftrelende» Gegner weicht England kläglich zurück, wir haben das ja in allcrjüngster Zeit m Afghanistan wie im Sudan in einer für da« stolze Großbritannien recht beschämenden Weise gesehen. England hat gar nicht mehr die Kraft und Macht, einen ernstlichen Kampf aufzunebmen, seine Weitstellung beruht zum größten Theil nur uock aus dem Glauben der Völker, nament lich der weniger civilisirlen, an eine Kraft und Macht, die thatsäcklich nicht mehr vorhanden ist. Es kann aber nicht ausbleiben, daß dieser Glauben stark erschüttert wird, das werden die Vorgänge in Afghanistan und dem Sudan schon besorgen und die Rückwirkung wird sich vielleicht sehr verhängnißvoll fühlbar machen. Mlt dem kleinen Ränkespiel, in welchem die englische Staatskunst mehr und mehr aufgeht, hat sie nicht« Andere- erreicht, als Eng land in aller Well Feinde zu machen und es vollständig zu isoliren. Ganz besonders die deutsche Eolonialpolitik hat Eng land von Anfang an mit allen Kräften zu stören und zu durchkreuzen gesucht, nickt offen und gewaltsam, aber durch Ränke, Winkelzüge und Hetzereien. Die deutschen Weißbücher haben darüber lehrreiche Millbcilungen genug gebracht, sic haben aber auch bewiesen, daß der Leiter unserer auswärtigen Politik nicht der Mann ist, sich durch dergleichen beirren und ein- schüchlcrn zu lassen. Tie deutsche Eolonialpolitik ist bereits viel zu weit vorgeschritten, als daß wir ohne Schädigung unserer Ehre jetzt noch rurückkönnlen, auch wenn wir mit noch viel mehr Hindernissen und Schwierigkeiten zu känipsen ballen, als wir sic bi- jetzt qesunden. und noch weit größere Opfer zu bringen hätten. ÄZaS die Vorgänge in Zanzibar anlangi, so werden übrigens ernste Verwickelungen daraus schwe.'üch zu befürchten sein. Das deutsche Geschwader, welches aus dem Wege dahin ist, wird schon durch sein bloßes Er scheinen die nölhige heilsame Wirkung auSübcn. Die ganze Angelegcnkeil wird nur dazu beitragen, das Ansehen Deutsch lands in jenen Gegenden zu erhöhen, und wird dadurch auf die Entwickelung unserer afrikanischen Unternehmungen nur von günstigem Einfluß sein. Vielfach wird auch von der Aussicht gesprochen, bei dieser Geleqenbeit einen Stützpunkt an der ostafeikanischen Küste zu gewinnen unk damit unseren dortigen Schutzgebieten den Zugang zum Meere zu ver schaffen. * Am Donnerstag fand unter dem Vorsitze de« StaatS- ministerS StaatSsecrelairs des Innern v. Boetticher eine Plenarsitzung deS BundcSralhs statt. In derselben legte der Vorsitzende Mitlheilungen des Präsidenten des NeichslagS über die Beschlüsse des letzteren, betreffend die im April 1883 gegen die Abgeordneten von Vvllmar und Frohmc in Kiel und Dietz in Neumünster vorgenommenen Unter such»,igöhandlnngen, eine Eingabe de? PH. Armbrüstcr und Genossen zu Ludweilcr wegen deS Ersatzes für den ihnen bei Abschluß von Holzankaufsgeschäflen mit der deutschen Civil- verwciltnng zu Nancy erwachsenen Schaden und die Ucbersicht der Reich--Ausgaben unv Einnahmen für daS Elalöjahr 1883 6 t vor. DaS Miltheilungsschrciben über den Beschluß wegen der gegen die genannten Abgeordneten vorgenommenen UntersuchmigSbaiidlmigen wurde dem Ausschuß sür Iusiiz- ivesc». daS Schreiben zu dem Beschluß über die Eingabe von PH. Armbrüstcr und Genossen den Ausschüssen sür Jusliz- wesen und sür Rechnungswesen und die Mitkheilimg über den Beschluß, betreffend die Ucbersicht der Reicks-Ausgaben und Einnahmen sür 1883/84, dem Ausschuß für Rechnungswesen überwiesen. Die Uebcrweisung an die zusiänbigen Ausschüsse wurde ferner beschlossen bezüglich einer Vorlage über die zu lässigen Abweichungen der Maße. Gewichte:c. von der abso luten Richtigkeit. Ein Antrag Bremens über die Eorrection der Unterweser und Anträge deS großherzoglich oldcnburgischcn StaalSmiiiisteriums wegen Zulassung von Steuerleuten zur Schisserprüsuiig wurden ebenfalls den Ausschüssen zur Bor- beralhuug übergeben. Von den Ergebnissen deS HeereS- erganziingSgeschäftS im Jahre >884 »ahm die Versammlung Kenntniß und erledigte zum Schluß mehrere Eingaben ver schiedenen Inhalts. * Gegen Mitte Juni wird in Görlitz ein Delegirten- tag der nationalliberalen Partei Schlesiens statt- sinteii. * DaS „NeicbSgesctzblatt" publieirt daS Gesetz über die Ausdehnung der Unfall- und Krankenversicherung vom 28. Mai 1885. DaS Gesetz bezieht sich bekanntlich aus die Dranspnrtgewerbe. während daS aus die land- und sorsi- wirthschasll chen Arbeiler bezügliche Gesetz nicht zu Stande gekommen ist. * Der „Preußische StaatSanzeiger" veröffentlich die Er nennungen von Beamten sür die am 1. Juli in der Provinz Hannover in Wirksamkeit tretenden Bczirksrgierungen und Bezirksausschüsse. * AuS Bremen wird gemeldet: Der preußische Gesandte bei den Hansestädten, Geh. LegakionSratb v. Wcntzel, bat am I. d. M. dem Präsidenten de-Senats ein Schreiben de? Kaisers überreicht, nach welchem er von seinem Gesandten- Posten abberufen worden ist. * Ter Kaiser hat die der Wacht Mannschaft dre Kreuzercorvette „Olga" beigegebenon Obermatrosen zu BoolsmannSmaaten befördert und Jedem der Mannschaft ein Geldgeschenk von 200 .-k znstellcn lassen. * Zum Streit Bebel contra Frobm« liegen heute wieder zweiAeußerungen vor. ReichSIagsabgeordnetc'r Leiser (Schwiegersohn Liebknecht'-) erläßt im „Stuttgarter Neuen Tageblatt" folgende Erklärung: In der heute erschienenen Nummer !>e- „Neuen Tageblatts" besindet sich eine Depefche auS Frankfurt a. M„ welche folgender- maßen lautet: „Bebel erläßt in der „Franks. Zeitung" eine sul- minante Erklärung gegen Frohine, in welcher er demlelbcii Belchimpsunz seiner Person und Verdrehung vorwirst. Lieb- kaecht nimmt gleichfalls Partei gegen Frohme." Darauf habe ich, der ich der fraglichen Angelegenheit als Mitglied der social demokratische» Fraktion de- ReichStng« ebenso nahe steh« als Liebknecht oder sooft loer ein lebhafte- Interesse »o erwidern: erstens: Bebel Hai — wo« in unserer Partei bishrr nnerhört war — damit begonnen, einen seiner Frartiou-aeuossen — Frohme — ln öffentlichen Preßorganen schwer zu beleidigen; di« Folgen sollen also zunächst aus sein eigenes Haupt; zweite»-: e< ist unrühtig, daß Liebknecht auch gegen Frohme Partei ninunt. Liebknecht sagt in der bezüglichen Erllärung nur, daß eine vehanptnag Frohme'S mindestens ungenau sei, die Behauptung nämlich, daß, wie Lieb knecht sich ausdrückt, „die Berechtigung de« Briefs, den Frohme gegen die Urheber der Frankfurter Erklärung geschrieben, von der großen Mehrheit der FractionSgenosse« ausdrücklich anerkannt worden" sei. Liebknecht sagt völlig mit Recht: „Unsere Fraktion hat über- Haupt noch keine Gelegenheit gehabt, sich über jenen Brief Frohme'S auszusprechen." Ader Liebknecht übersieht, daß Frohme nur von de» Fractioiisgenvssen und nicht von der Fractton gesprochen hat. Die Fraktion als solche hatte weder über Bebel noch über Frohme bislang zu Gericht zu sitzen — soviel ich aber von der Sache weiß, Hai Frohme durchaus recht, wenn er behauptet, die Fractions- genossen hätten sich, privatim allerdings, in der hier in Rede stehen den Angelegenheit sür ihn und hauptsächlich ganz entschieden gegen Bebel in ihrer Mehrheit erklärt. Soviel — da die satale Angelegenheit nun einmal vor daS Forum deS großen Publicum» geschleppt worden ist — zur Steuer der Wahrheit! Hochachlungsvoll Bruno Geiser» Redakteur der „Neuen Welt", Mitglied deS Reichstag». Von Herrn P. Zollin ger erhält die „Frankfurter Zei tung" solacnde Zuschrift: Herr Redactearl Herr August Bebel hat aus meine» Brief keine andere Antwort gegeben, als daß er mir die Fähigkeit abspricht, meinen Gegnern anders als mit gröbster Beschimpfung der Personen und mit stärkster Verdrehung des Sachverhalts zu dienen. Er würde sich etwas ver geben, wenn er aus ineine Auslassungen einginge. Aus den Ton dieser Aniwort einzugehen, daran hindert mich eine sechzehnjährige Freundschaft und daS Gefühl de- Anstande-, das ich in politischen Kämpfen auch meinem erbittertsten Gegner gegenüber nie verleugnet Hobe. Ich überlasse es dem Unbethei- liglen, über meine Worte zu urtbeileu und den Maßstab de- gesellschasilich Erlaubten an unsere beiderseitigen Auslastungen zu legen. Ich habe ein unbedingtes Recht, in der bereglen Angelegen heit mitzusprcchen; einmal als Parteimann, dem die Hochhaltuna seines Princips über Alles geht, und der es nicht dulden kann, daß dieses Princip durch eine gehässige Bethütigung entehrt wird, zu zweit ans dem Grunde, daß ich seit langen Jahren olles dafür ge- opfert habe, ohne etwas dasür zu verlangen. Ich habe meine ganze Existenz dafür eingesetzt und bin nicht gewillt, mich nach 20 Jahren eu cniustllt! behandeln zu lasten. Wenn mich etwas zu einer solch miserablen Resignation bewegen könnte, so wäre es allerdings nur ein solches Vorgehen. Aber ick bin in meinen engsten Kreisen dem schon so oft begegnet, daß ich mich auch im Weitern nicht ein- schüchlern laste. Herr August Bebel hat sich jetzt wirklich als eine Art Papst auf- gcspicll. Die moral,srlic Anerkennung der „wohlgezäblten Neunzig" einerseits und die mindestens uiicollcgialische Behandlung Frohme's andererseits — von mir gar nicht zu sprechen — zwingt mich zu dem Ausspruch. Ei» anderes Wort kann ich, da Herr Bebel nach beiden Seilen ins Exircin gegangen, füglich sür sein Auftreten nicht gebrauchen. Soll das vielleicht das „edle demokratische Selbst- bewiißtscin" sei»? Seine beiden Erklärungen losten so sehr den Ailioriiälslerrorismns hcrvorlreten, daß man nicht laut genug gegen ihn seine Stimme erheben kann. Wir kennen keine Autorität in solchen Dingen, auch nicht die eines Erste» unlcr Gleichen, und Herr August Bebel als Vorkämvser der Socialdcmokrattc mußte daS schon lange begriffen haben. Wir sind gern gewillt, unter dem Niisnaliniegesetz ihm und seinen Fractionsgenossen eine Ausnahmestellung l'iS zu einer praktischen Grenze zu bewilligen, aber die'e Grenze darf nicht bis zur veracht- Iichen Behandlung seiner aufrichtigen Gesinnungsgcnosie» gezogen werde». Auch Herr Bebel ist nichts ohne unS, wir sind aber etwas auch ohne ihn. Wir haben Herrn Bebel nicht zum Richter in unseren uns zu- nächst angehenden Angelegenheiten gewünscht; sein erster Brief hat »ur eine Berechtigung, die an daS Mittel zum Zweck zu erinnern nölhigt. Zur Schlichtung unserer interne» Vorkommnisse brauchen wir zu allererst „ns selbst und Männer, die unS kennen, nicht solche, die mit vorgefaßten Meinungen »nd bearbeitet von einseitigen Dar- stellungen an mis yerantreten. DaS mögen bittere Wahrheiten sein, aber cs sind Wahrheiten. Herr Bebel war, wie er selbst gesteht, „zufällig" hier und seit langer Zen zum ersten Male. Dieser Aufenthalt dauerte sehr kurze Zeit. Ich bi» unfähig, einzusehen, daß er ein Recht dazu haben soll, in dem Ton, wie cs ihm beliebt, über uns abzusprechen und dem praktischen SocialiSinus seine Sprünge vorzuzeichncn. Herr Bebel sagt, der Streit solle vor einem anderen Forum ge führt tverden. Ich bin auch damit einverstanden; aber ich will mich von vornherein „n Namen meiner Freunde verwahren, daß in deni fragliche» Plenum Herr Bebel zum Selbstrichter seiner eigenen Thaten eingesetzt werde. Zum Schluß »och eine praktische Bemerkung. Wir sollten also dem „Socialdcinokrat" unsere Herzensergicßunge» anvertrauen. Wie reimt sich dann der fromme Wunsch init der Thatsachc zusammen, daß die Fraktion beschloß, überhaupt Nickis mehr darin über die Frankfurter Angelegenheit zu veröffentlichen? Und wenn dem nicht so wäre, solle» wir «ns vielleicht gefallen lassen, daß unsere internen Angelegenheiten in einem Blatte verschleppt werden, das uns durch schnittlich 3 Monate nach seincm Erscheinen ab und zu zu Gesicht koninit? Und vielleicht ließe sich das „ab und zu" noch weiter von gcwissen Seiten hinausschicben, wenn maus eben will. Die Er fahrungen haben wir schon gemacht. Frankfurt, den 4. Juni 1885. P. Zolltnger. * » » * Der Prunk, mit dem Frankreich seinen großen Tovten Victor Hugo begrabe» bat, ist in Berliner RegierungS- kreise» »cicst oisiciöser Versicherung mit Interesse und, man kann sage», mit Sympathie beobachtet worden, da Deutsch- land in Victor Hugo immer nur den hervorragenden Dichter erblickte, und dagegen über den phantastischen Politiker, der sich in Frankreich selbst erbitterte Gegner gemacht hatte, vollständig hinwcgsab. ES ist deshalb auch ausgefallen, daß in dem Trauerzuge vom Triumphbogen nach dem Pantheon gerade die deutsche Fab ne gefehlt hat — unv wohl a»S triftigen Gründen. Die Thalsache an sich ist unerheblich, aber als ein Zeichen der Lage erscheint eS insofern von In teresse. alS es anzeigt, daß trotz der guten Beziehungen, wie sie seil langer Zeit zwischen der deutschen und der fran zösischen Negierung besteben, der Grundton der öffentlichen Meinung in Frankreich Deutschland gegenüber unverändert zu sein scheint, v. h. ein feindlicher geblieben ist. E» wäre überflüssig, weitere Bemerkungen an diese Beobachtungen zu knüpfen; man muß sich die Thatsache aber vergegenwärtigen, um nicht in einseitiges Bergessen zu verfallen. * Der Wiener Correspondent der .Time«' Helft der .Politischen Eerrespondenz" in freundlicher Weise eine Unter redung mit Sir Peter LumSden zur Verfügung, über welche er soeben seinem Blatte berichtet hat. Die Unter redung fand in Wien gelegentlich der Durchreise Mr Peter
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