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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850704
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850704
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-04
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1885
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. lie-aclion und Lrpediti«« Johanue-gasie 8. Aprrchllundki» drr Kedattion: Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag- b—6 Uhr. ÜIIi die Nudgav, o»,tt»adlkr M»nulcr»r, »E ft« t» »!»»ctioa inchl »«rdmtiuft. An««tzme »er für die nächstf«1»e»de Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an Sonn- nnv Festtagen früh bis '/,S Uhr. 3n den /ilialrn für Zns.-^nnahme: Otto Klemm, UniversitStsstraße 1. Louis Lüsche, Katharinenstr. 23, p. nur bt» '/.» Uhr. 185. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage IV,roo. ^vonnemrnlsvreis viertelj. 4^/, Mk. ivcl. Bringerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen k Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemvlar IO Pi. Gebüdren für Extrabeilagen lin Tagevlatt-Format gesalzt) ohne liostbeiörverung39 Mk. ont Posldesvrderung 48 Mk. Inserate 6geipalttne Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uni. Preisverzeichuib. Tabellarischer u. Ziffernl'ap nach hüherm Taris. jirclamen unter dem Redactionsstrich die4gespalt. Zeile 50 Ps., vordcn Fam ilien nach richten die 6gcspaltene Zeile 10 Pi. Inserate sind ueis an die tvxpeüition zu senden. — Rabatt wir» nicht gegeben. Zahlung prnemimerLiuio oder durch Post. Nachnahme. Sonnabend den 4. Juli 1885. 7«. Jahrgang. Jur gefälligen Achtung. Unsere Expeditton ist morgen Sonntag, -en S. Juli, Vormittags nur bis S Uhr geöffnet. Expedition dos I-eiprixer ^axedtrtttes. Amtlicher Thetl. Vcrkeigmmg aus -en Abbruch. . Die Bttulichkeiten der hier am Nicolaikirchhof Nr. 7, 8, » und Ltt gelegenen Prcdigerhnuser, Nr. 160 Ablhl. teS Brandcakaslers, sollen Montag, den II. Juli d. I., Vormittags II Uhr im Saale der Alten Waage, Kalbarinenstraße Nr. 1, ll. Etage, «ftts etu Ganzes aus den Abbruch versteigert werden. Die Versteigerunqsbedingungen können schon vor dem Termine in unserem Bauamie, RathhauS, H. Elaqe, Zimmer Nr. 5, eingesehcu, auch von selbigem gegen Erstattung der Schrcibgebstbr abschriftlich bezogen werden. Behufs Besichtigung der Äaulichteilen werden dieselben am S, 10. und II. Juli d. I. je von 10—12 Uhr Bor« mittag» geöffnet sein. Leipzig, den 26. Juni 1885. Der Skath der Stadt Leipzig. vr. G-orgi. Stvß. Bekanntmachung, die Abgabe animaler Lymphe auS dem hier bestehenden staatlichen Jmpsinftitut betr. Wir machen hierdurch bekannt, daß das m hiesiger Stadt für den Ncgierungsbezirk Leipzig in diesem Jahre errichtete und unter Leitung des Herr» I)r meck. Blast hier stehende staatliche Jmpfinstitut nicht nur an öffentliche Jmpfärzte, sondern auch an Privatärzte, und zwar an letztere gegen ein Entgelt von 50 ^s pro Eapillare, animale Lymphe abgiebt. Leipzig, am 30. Juni 1885. Der Skath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Renker. Vekanntmachnng" Die von un» zur Submisstou ausgeschrieben gewesenen Arbeiten zur Herstellung von Tbonrohrschleußen aus der VI., VII. und VIII. Ablbcilung dcS Neuen JobannessriedbosS sind vergeben und entlassen wir die unberücksichtigt gebliebenen Submittenten hiermit ihrer Offerten. Leipzig, den 29 Juni >885. Drr Nath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Krumviegel. Vekanntinachnng^ Die Lieferung der l>» Jahre 1886 erforderlichen Schleußen- Sohlstücke auS Granit soll an einen oder mehrere Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen für diese Lieferung können von unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau», H. Etage, Zimmer Nr. 14, bezogen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Lieferung von Schleustensohlstücken" versehen ebendaselbst und zwar bi» zum 28. Juli diese» Jahres. Nachmittag» 5 Uhr, einzureichen. Leipzig, am SO. Juni 1885. DeS RathS der Stabt Leipzig Strastenbau-Deputatton. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Adorf i. v. betr. Die Tladigemcmde Adors beabsichtigt die Aufnahme einer mit jährlich 1000 und unter Zuziehung der durch die theilweise Tilgung ersparten Kosten zurückzuzahlcnden Anleihe von 100,000^! durch Verausgabung vierprocentiger Schuldscheine ft 200 zum Eourse von 10t. Zeichnungen darauf bitten wlc bei un- bi» den 25. k. Nt. bewirken zu wollen und bemerken dabet, daß nach dem Zeichnungsplan die Stadtgcmeinde Adors sich vorbehült, Len Erfolg der Zeichnung abzuwarte», ehe sie selbige sie verbindend anerkennt, die Zeichner sich sonach der Bedingung zu unterwerfen haben, daß die Stadl Adors zur Lieferung der Schuldscheine nicht verpflichtet ist, wenn sie von der Au-sührung de» Plane« ganz absieht, während die Zeichner 6 Monate an die Zeichnung gebunden bleiben. Die Zuiszahlung erfolgt halbjährlich, die Einzahlung de« ge- zeichneten BciraqS kann auf einmal oder in 4 vierteljährlichen Raten erfolgen, im Faste der Ueberzeichnung behält sich der Unterzeichnete Stadirath die Reductton der einzelnen Zeichnungen nach Ver- hältniß vor. Adors, den 29. Juni 1885. Der Etadtrsth »«sel»st. Nichtamtlicher Thetl. Jur braunschweigischen Lrbsolgefrage. Der preußische Antrag, den Herzog von Cumberland für unfähig zur Thronfolge in Braunschweig zu erklären, ist am Donnerstag im Bunvesratbc zur Erledigung gelangt, nachdem der JustizauSfchuß de» BundesralheS den Antrag einstimmig ongcnom»en batte. Die Begründung de» Anträge» scheint nicht zur Diskussion gestellt worden zu sein; der BnndeSrath hat sich tiraus beschränkt, die Ueberzeugung auszusprechen, daß eine Negierung de» Herzog» von Cumberland in Braun schweig mit den Grundsätze» rer Bunde»verträge und der Rcichsoersassnng unvereinbar sei, da der Herzog sich in einem dem reichsversassnngsiuäßig gewährleisteten Friede» unter den BundrSglietern widerstreitenden Verbältnisie zu Preußen be finde und Ansprüche ans Gcbielstbcile Preußen» geltend mache Ob diese Meinungsäußerung aus Grund des Artikel» 76 der Bunde-verfasiung erfolgt ist oder nicht, ist gleickgiltig- e» ge nügt, daß der BnndeSrath die Thronbesteigung de» Herzogs pon Cumberland in Braunschweig für unmöglich erklärt hat; damit ist der Agitation in Braunschwelg, welche die Ruhe deS Landes gefährdete, der Boden entzogen. Jetzt bliebe also nur noch die Wahl eine» ankeren Thronfolgers übrig. Der Herzog von Cambridge bat als nächster Agnat deS verstorbenen Herzog» von Braunschweig schon am 25. Oclober 1884 Anspruch aus die Regentschaft erhoben und diese An- priicke wiederholt zuletzt in Form einer Rechtsverwahrung geltend gemacht. Die Ansprüche de» Herzogs sind ohne jede rechtliche Grundlage; denn nickt die Verwandtschaft mit dem verstorbenen Herzog von Braunschwcig giebt ein Anrecht aus die Thronfolge in diesem Lande, nachdem di: Nachfolge deS Herzog- von Cumberland beseitigt ist, sondern die Bestim mungen de» RegecktschastSgesctze« bilden die Richtschnur für da? weitere Verhalten der Reick»- und Landes-Organe. Gras Görtz-WriSbcrg hat deshalb mit vollem Reckt aus den tz. 6 deS RegentschastSgcsctzeS verwiesen, welcher bestimmt, daß bei dauernder Behinderung de» Thronfolgers eventuell nach Ablauf eines Jahres ei» Regent aus den volljährigen, nicht regierende» Prinzen der zum deutschen Reiche gehörigen souverainen Fürsten häuser zu wählen sei. Aus diesem Hinweis wird der Herzog von Cambridge erkannt haben, daß er keine Aussicht hat, zum Re genten oder Thronfolger inBraunschweig gewählt zu werken, und daß von einem Recht seinerseits aus die Regentschaft in Braun schwcig nicht die Rede sein kann. Gras Görtz hat noch hinzugefügt, daß in dieser Sache zunächst das Reich zu ent scheiden habe, und dein Herzog anheimgestellt, seine Ansprüche bei den Reich-organen zur Geltung zu bringen. Ob sich der Herzog von Cambridge dazu entschließen wird, erscheint nach dem Inhalt seiner Schreiben au den braunschweigischen RegcnlschaftSrath zweifelhaft, er wird sich nicht verhehlen können, daß er auch an dieser Stelle nur eine abschlägige Ant wort zu erwarten hat. Der braunschweigische Landtag hat sich am 1. Juli nach Kennttüßnahme von der Correspondenz zwischen dem RcaentschaslSralh und dem Herzog von Cam bridge bi» auf Weiteres vertagt. Damit ist die Sache ab- gethan, irgend welcke Folge der RechtSv-rwahrung de- Her zog« ist nicht zu erwarten, die Weltgeschichte ist dadurch nur um ein neues Curiosum bereichert worden. ES fragt sich nun, ob bei der gegenwärtigen Sachlage noch Veranlassung zur Wahl eines Regenten vorttegt, ooer ob es nicht vielmehr daS allein Richtige ist, die Tbronfolgesrage cnkgiltig zu entscheiden. Die Wahl eines Regenten, der nicht zugleich Thronfolger ist, würde ein neue- Provisorium an Stelle de» RegentschaftSrathe» schaffen, und ein solche» hätte nur in dem Falle einen Sinn, wenn Aussicht bestände, baß die Hindernisse, welche der Thronfolge de» Herzogs von Cumberland im Wege stehen, beseitigt werden könnten. Welchen Eindruck es machen würde, wenn der Herzog von Cumberland sich zu einem ausdrücklichen Verzicht aus seine angeblichen Rechte auf das ehemalige Königreich Hannover verstände, läßt sich nickt vorherbcstimmcn, aber eS wäre nicht undenkbar, daß dann die ganze Angelegenheit eine andere Wendung bekommen würde. Der preußische Antrag an den BundeSrath hat auch Viesen Fall in Betracht gezogen und sich dahin ausgesprochen, daß auch ein persönlicher Verzicht teS Herzog» von Cumber- lanv auf die von ihm erhobenen Ansprüche an Hannover der preußischen Negierung keine Bürgschaft für daS Aushörcn der aus Losreißung Hannovers von Preußen gerichteten Be strebungen der Wetsenpartei gewähren würde. E« ist kaum anzunchmen, daß vor Ablauf de» im Regent- schastSgesetze vorgesehenen Jahre« eine Entscheidung getroffen werden wird. Vermuthlich wird der braunschweigische Landtag kurz vor Ablauf de» Jahre« zusammentreten, um die Tbron- sotgefroge im Einverständniß mit dem Bunde-rathe zu lösen. Der Regenlschast-rath wird sich, wie dies Graf Görtz in seinem Schreiben vom SO. März an den Herzog von Cam bridge ausdrücklich hervorgehoben hat, in dieser Beziehung vollständig neutral Verhalten und die Entscheidung dem Reiche überlasten. Diese» wiederum wird nicht einseitig Vorgehen, sondern sich mit dem RegentschaftSrathe über die Person de» Thronfolgers verständigen. Wenn Elwas zu Gunsten de» bisherigen schleppenden Ver laufs der braunschweigischen Tbronfolgesrage spricht, so ist eS die Tbatsachr, daß keinerlei Uebereilung oder Ueberstürzung stattgesunden ^at, sondern daß erst dann Schritte gegen den Herzog von Cumberland nnternommen wurden, als die in seinem Namen geschehenen Umtriebe eine Abwehr als unerläßlich erscheinen ließen. Durch die ganz allmälige und schrittweise Entwickelung der Sache ist es möglich geworden, daß die öffentliche Meinung im deutschen Reiche und in Braunschweig insbesondere zu voller Klärung gelangen konnte. Die Partei de» Herzog» von Cumberland hat nicht« unterlassen, was dazu dienen konnte, die Sache de» Herzog« zum Siege zu führen, und dennoch hat sich sowohl der BunveS- rath, als die braunschweigische Landesversammlung im Ein- vcrständniß mit dem RegentschastSrath einstimmig dahin erklärt, daß die Thronfolge deS Herzogs von Cumberland in Braunschweig mit den ReichSinteresten unvereinbar ist. Da diese Frage so lange und so allseitig erwogen worden ist, läßt sich der Vorwurf nicht erhebe», daß die Sache übers Knie gebrochen worden und von einem einseitigen Interessen- standpuncte auS entschieden worden ist. Al» feststehend darf angenommen werden, daß di« Erhal tung Braunschwcig» als eine» Cinzelsiaate» gewährleistet ist, e» handelt sich nur noch um die Wahl der Persönlichkeit, welche zur Thronfolge in Braunschwcig geneigt und geeignet ist. Eine der ersten Meldungen bezog sich aus den Prinzen Albrecht von Preußen, und e» scheint, daß mit diesem Fürsten in der That Verhandlungen stattgesiinden haben wegen Ucber- nahme der Thronfolge in Braunschwrig. Alle übrigen Namen, welche al» Throneanvidaten genannt worden sind, konnten sich nicht über da» Niveau de» Versuch» ober der Vcrmulbung erheben. Al- wesentliche Eigenschaft de» Thronfolgers in Braunschwrig ist zu betrachten, daß er nicht zugleich erb berechtigter Thronfolger in einem anderen Bunde-staatc ist, weil dadurch eine Collision erzeugt werden würde, die im Interesse beider Staaten vermieden werden muß Deshalb ist die Canbibatur deS Erbgroßhcrzog» von Bade» ebenso als auSgeschlosse» anzusehen wie die des Prinzen Wilhelm von Preußen. Braunschwrig hat den Wunsch, ein Par- tieularstaat zu bleiben, welcher niit keinem anderen Bundesstaat in Deutschland zusammengesaßt wird. Des halb war man auch in Braunschweig schon vor dem Jabre 1866 der Bereinigung mit Hannover unter dem König dieses Landes abgeneigt. DaS waren lediglich dynastische Interessen, für welche die braunschweigische Bevölkerung keine Sympathie hatte. Wenn »er Augenblick eintritt, in welchem Braunschwrig einen neuen Herrscher erhält, dann will eS die Gewißheit oder doch die hohe Wahrscheinlichkeit haben, daß da» neue Geschleckt, welches über Brannscbweig herrscht, diesem Land auch dauernd erkalten bleibt, daß nicht inner halb eines absehbare» Zeitraumes wieder eine neue Thrvn- erlekigung zu befürchten steht. Nach diesem GesichtSpunct wird die Thronfolgesrage in Braunschwrig voraussichtlich ent schieden werde». Die Hauptbedingung für eine gedeihliche Entwickelung dieser Angelegenbeit, die Beseitigung dcö Herzogs von Cumberland als Thronfolger, ist erfüllt, da» Ucbrige wird sich glatt und leicht erledigen lassen. * Leipzig, 4. Juli 1885. * Wenn wirklich i» den höheren Regionen der kirch lichen Hierarchie, bei der Curie und bei den Bischöfen. einmal eine friedliebendere und versöhnlichere Richtung zum Durchbruch kommen sollte, so wird sie einen harten Kamps mit den ultramontanen Eiferern, mit der hetzenden kleri kalen Demagogie zu bestehen haben. Dafür hat man jetzt wieder Beweise m der Stellung, welche die klerikale Presse gegenüber dem Paderborner Studienerlaß ein- uimmt. Es werden da directe Drohungen und Emscküchte- rungSversuche gegen einen Bischof laut, der eS gewagt hat, die Härten de« Culturkampses einigermaßen zu mildern und für eine ungestörte geistliche Wirksamkeit nach Kräften Sorge zu tragen. In der klerikalen Presse wird der schuldige Bischof in herrischem Tone ausgesordert, seinen Erlaß zurückzunehmen bezw. ihn so zu deuten, wie eS den nltramonlaneii Fanatikern genehm ist. Thut er die« nicht, so wird die Curie in nicht minder barschem Tone ausgesordert, dem der Friedensliebe verdächtigen Bischof den Stankpnnct klar zu machen, und wenn die- auch die Curie nickt thut, so werden wir eS bald erleben, daß die klerikalen Heißsporne, die nun einmal Culturkamps um jeden Preis haben wollen, auch der übelberathenen Curie und ihrem unfehlbare» Haupte ihre mißbilligende Meinung nicht vorenthalten. So tritt den kirchlichen Autoritäten, wenn sie je einlenken wollten, der TerroriSmu» der klerikalen Demagogie entgegen, eine gerechte Strafe für die jahrzehntelange Duldung und Förderung eines san-lische» agitatorischen Treiben». Recht lehrreich ist übrigens auch eine an diese Vorgänge anknüpscndc Ausein andersetzung zwischen der „Germania" und der „Frankfurter Zeitung". Der letzteren wird von klerikalen Blättern vor geworfen, sie gehe daraus au-, die Erbschaft de» CentrumS noch zu besten Lebzeiten für die Demokratie einzuziehen, und dazu bemerkt die „Germania": „Dieser Calcul geht insofern von einem richtigen Gedanken au», al- diejenigen Katholiken, welche an der siegreichen Durchführung de» Culturkampsc» verzweifeln sollten, fast au-nahmeloS nicht zu den Bivmarck- parteie» abfallen würden, sondern link» vom Centrum ihren Platz fänden, die unteren Stäube mehr bei der Social- dcmokratie, die mittleren und höhere» mehr bei der Demokratie und dem linken Flügel der Deulschfreisinnigen". WaS sagt dazu derjenige Thcil der konservative» Partei, welcher »nt der „Krcuzzritung" in dem Ccnlruin die brauchbarsten und natürlichsten Bundesgenossen für eine echt conservative Politik erblickt? * In der „Kölnischen Volk»-Zeitung" veröffentlicht Herr vr. Paulus MelcherS sein „Abschiedswort" an die DiScese Köln, deren Erzbischof er srüher war; im Ein gang heißt e«: WaS schon seit Jahren zu erwarten stand, da» ist durch die un längst ersolgle Entschließung de- heiligen Vater» zur Bcwchheit ge- worden. Er hat, wie es bereits durch di« öffentlichen Blätter be sannt geworden, beschlossen, mich abzurusen au- dem Orte meine« Exils und von meinem obcrhtrtllchen Amte mich zu entbinden, weil alle seine Bemühungen, mir die Rückkehr tu dle Erzdiöccse zu er möglichen, erfolglos geblieben sind, und weil die Abwesenheit de- Oberhirten schon längst ein schweres, nicht länger zu verantwortendes Ucbcl für die ihm anvertrautc Heerde gewesen. ... Da wir nicht zweifeln können, daß die jetzige Entschließung deS heiligen Bater», welcher der Irdische Stellvertreter deS göttlichen Oberhirten unserer heiligen Kirche ist, uns de» Rathschluß dcS göttlichen W'llenS kund- gebe, so ist eS auch ebenso unzweisclhaft unsere Pflicht, diesem Ralh- schluß des immer über AlleS westen und heilige» Willen Gorüs uns demülhig zu unterwerscn. Diese Unterwersung wird uns auch ungemein erleichtert durch den sehr erfreulichen Umstand, baß bereits zu meinem Amtsnachfolger ein schon bewährter Bstchos erwählt worden ist, welcher cs in vollem Maße verdient, daß alle Erzdiöccsaiieil ihn als den von Gott bestellten Oberhirten mit zuversichtlichem P-rtrnucn, mit Verehrung und Liebe ausnehmen und semen Lehre», Eimahniungen und Anordnungen Folgsamkeit erweisen. M>r aber insbesondere wird der Schmerz der Trennung sehr erlcichirrt und gemildert, weil ich eben dadurch befreit werde von der überaus schweren und drückenden, ja unter den obwaltenden Verhältnissen wirklich unerträglichen Bürde der Obliegenheiten dcS erzbischöflichen Amtes, von welchem mich weder die staatliche AmtScnlsctzung noch die nolhwendig gewordene Entfernung von der Erzdiöccse und von den Grenzen des Vaterlandes befreien konnte, obgleich mir dadurch die Erfüllung jeder Obliegenheiten im höchsten Grade erschwert und behindert wurde. Indem ich also alle meine geliebten Erzdiöcesanen cmlade, tm Lichte unseres heiligen Glauben» jenen Rathschluß des göttlichen Willens al« solchen zu erkennen und anzubelen, sende ich ihnen Allen und einem Jeden von ihnen zum Abschied meinen herzlichste» oberhiriliche» Gruß und Segen mit dem Ersuchen, da« seither mir geschenkte Vertrauen nebst den Gesinnungen der Ergeben heit und Folgsamkeit aus meinen hochwürdigsten Herrn Amt-nachsolger zu übertragen. ES sollen dann längere Betrachtungen kirchlichen Inhalts und eine Nachschrift, in der eS beißt: „In Folge einer mir dieser Tage zugeaangenen Aufforderung des heiligen Vaterö, mich ehestens in Rom rinzufindcn, stehe ich im Begriff, noch im Laufe dieser Woche dahin abzurcisen." Ter Nachfolger dcS durch den kirchlichen Gerichtshof seines Amtes entsetzten Herrn vr. Melcher« als Erzbischof von Köln wird bekanntlich der bisherige Bischof von Ermlant. Außer Herrn Vr. MelcherS wird auch Gras LcdockowSki dem gegen ihn ergangenen Ab- setzungSurtheil gemäß auf daS bischöfliche Amt allem Anschein nach bei Lebzeiten verzichten müssen, während mehrere Bischöfe in Folge der Absetzung bis zu ihrem Tode im AuSlandc leben mußten und dadurch an der Ausübung des bischöflichen Amtes verhindert waren. So wirkungslos, wie man klcrikalerscilS e» darzustellen liebt, sind die von dem preußischen kirchlichen GerichlShos gefällten Urtbeile also nickt gewesen; es ist z» hoffen, daß die Erinnerung hieran in der Znkuntt als eine Warnung wirken wird. * Der BundeSrath hat, wie schon telegraphisch erwähnt, in seiner Plenarsitzung vom Donnerstag den nach stehenden vom JustirauSsckuste gestellten Antrag, dahin gebend, der BundeSrath wolle: 1) die Ueberzeugung der verbündeten Regierungen dahin auSsprrchen, daß die Regierung de» Herzogs Von Cumoerland in Braunschweig, da derselbe sich in einem dem reichsversastungSmäßig gewährlcisielen Frieden unter Bundesgliedern widerstreitenden Verhältnisse z» dem Bnndes- slaatc Preußen besindel und im Hinblick aus die von ihm gellend gemachten Ansprüche auf Gebiekslbeile dieses Bundes- staale», mit den Grundprincipicn der Aündnißverlräge und der Reichöversastung nickt vereinbar sei; 2) beschließen, daß die braunschweigische Landesregierung biervon verständigt werde", angenommen. — Ferner wurde daS Regulativ für das ReichSversicherungSamt, die Geschäftsordnung der BernfS- genostenschaften, die Vorlage, betr. die Vermehrung der Silber und Kupfermünzen, der Vertrag zwischen dem Reiche und dem Norddeutschen Lloyd in Bremen, sowie die Vorlage, betr. die AuSsührungSbestimmungen zum Zolltarif, der Entwurf eines Vertrage« zwischen dem deutsche» Reiche und Rußland, sowie einige Verivallungssachen genebmigt. — Da nock einige dringende Angelegenheiten der Erledigung durch den BundeS- rath harren, so findet am nächsten Sonnabend noch eine Plenarsitzung statt. * Von einem angesehenen Mitglied der nationallibe ralen Partei Schlesiens erhält die „SchlesischeZeitung" eine Zuschrift, welche sich über die Ergebnisse der national- liberalen Delegirtenversammlung in Görlitz ver breitet. und in der eS n. A. beißt: „W>e die Verhältnisse in Schlesien liegen, ist in den überwiegend meisten Wahlkreisen unserer Provinz ein Zusammengehen der gemäßigt-liberalen Elemente mit den aemäßigt-conservativcn durchaus geboten. Halten beide fest zusammen, so wird ihnen in sehr vielen dieser Fälle der Sieg bei den LandtagSwablen zusallen." klebrigen» trägt die vom Görlitzcr Parteitag ausgegangene Anregung bereit» ihre Früchte: so ist dieser Tage im Sagan- Sproltauer Wahlkreise ein nalionalliberaler Verein in» Leben gerufen worden. * Man schreibt un» au» Wilhelm-baven, den 2. Juli: „Tie Kreuzersregatte „Stein" mit Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Hernrick, Capitainlieutcnant, an Bord, hat heute nach mehrtägigem Aufenthalt bicrselbst und nach Aus süllen der Kohlenvorräthe die hiesige Rhede wieder verlosten und ist heule Morgen um 8 Uhr in Sec gcbangcn. Der. Prinz war während seine» Hiersein» nur wenig an Land. Dagegen wohnte er einem von der Capelle de» Artillcrie- schulschiffe» „MarS" gegebene» WohtthätigkeilSconcerle bei und ist i.:ebrscich den Einladuftgen der Con-.inandanteii de» genannten Schulschiffe» »nd der Panzersregalte „Friedrich Karl" an Bord gefolgt. Der „Mars" hat beute edensall» die Nbeke verlosten und ist zur Fortsetzung der Schießübungen nach Schillig gedampft. Am 3. d. trffft mit dem Frühzuge der Minister de» Innern, Herr v. Pnltkamer hier ein zur eingehenden Besichtigung der diesigen Marineetablissement»." * Seiten» der badischen und der schweizerischen Regierung sind gemeinsame Maßregeln gegen die Cholera in Aussicht genommen. Wie eS beißt, sollen demnächst Be vollmächtigte beider Staaten in Basel zusammenlrclen, um eine Verständigung zu treffen behufs Regelung der Bahnhos»- polizei bei einer etwa einlretenden Choleragesahr. * Die oberste russische Militairbebörde hat die Verfügung ertasten, daß die au- de» Militairschulen al» Osficierc entlassenen biSderigen Zöglinge sorlan m gleichem Range sichen sollen. Bisher genosien nämlich gewisse mili- tairischc Erziehungsanstalten größere Vorrechte. So wurden z. B- die jungen Leute au» dem Pcigencorp« bei ihrem Ueber- lritt in die Armee sofort zu Premierticutenant» gemacht. I» anderen Fällen rückten junge Osficierc gewisser Militair schulen in höhere AlterSclasien ein alS die Mehrzahl der au» den übrigen kommenden Ossicicre. Nur eine Begünstigung ist beibehalten worden: die besten Zöglinge erhallen für eine besonder» gut bestandene Prüfung ein Dicnstjahr zugelcgt, doch nur, wenn sie in die Armee eintrcten. * Die Budgetberathungcn in der französischen De- putirtenkammer finden, da die meisten Teputirten in ibren Wahlbezirken für ihre Wiederwahl lbälig sind, vor fast leeren Bänken statt. Unter dielen Umständen ist eS sehr er klärlich, daß die Kammer die Budgetdebatte so raick wie möglich zu beenden sucht, und daß kein Aniendeinent, welche» der Budgetauöschuß zurückweist, die geringste Aussicht ans An- nabmc hat. Man hofft, daß die Kammer bis Ende dieser Wocke mit dein Budget scrlig wird. Der Finanzausschuß des Senats wird dasselbe alsdann im Lause der nächsten Woche durckberathen und spätestens am 13. d. M. de,» Scnalc seinen Bericht vorlegen, so daß die Beralhung desselben im Plenum am 16. Juli beginnen kann. DaS Oberhaus pflegt die Berathung dcS Budgets noch rascher zu erledigen als die Kammer, 5 Sitzungen reichen ihm hi». Rechnet mau noch einige Tage für die Annahme der dringlichsten Militairvorlagen, so kann die Session am 25. Juli, wie bereits gcmcllct, ge schloffen werden. Um diese Zeit wird auch der Präsident der Republik wieder Paris verlassen und sich aus einige Monate nach Mont-Sous-Vandrey begeben. * Die „TimeS" ist mit der geplanten Entsendung Sir Drummono Wol ls'ö nach Egypten sehr unzufrieden. Sie bat an dem Abgesandten des coniervativcn Cabinets zweierlei au-zuseyen. Erstens paffe eS sich nicht, dem Khedio« einen Mann in- Land zu schicken, der ihn der Mitschuld an dem Gemetzel von Alexandrien beichuldigl habe. Zweitens sei Wolfs Director der anglo-eghplischen Bank und also in Grld- inleresien verwickelt. Die „Times" kann sich die Entsendung des Vertrauten Curchill's nur unter dem GesichtSpuncle er klären, daß Salisbury damit umgehe, Tewsik vom Throne zu stoßen, und sie bezeichnet in dieser Voraussetzung Wolfs'» Sendung al- ein ungünstige» Wetterzcichen für Salisbury'» cgyptrsche Politik. Der schwache Tewsik bat in der Thal im conservativen Lager wenig Freunde, und die „Morning Post", welche heute für Egypten die Losung: „eine starke Besetzung und ein starker Herrscher" au-qiebt, tritt für JSmail Pascha ein. Aber cs ist weht schwerlich Tewsik'S Schicksal. iraS der „TimeS" am Herzen liegt. Der Arrger deS C>lyblatteS über die Beseitigung Baring'S dürste sich eher au» den Beziehungen Baring'S zu den Bankhäusern der City erklären. * Die „Colonialpolitische Correspondenz" veröffentlicht, wie bereits erwäbnt, ein aus Zanzibar von dem Grasen Pfeil an I)n. Peter» cingelausencs Telegramm, wonach ErslererChutu bi» zum Nufidji für die Ojtafrikanischc Gesellschaft erworben hat. — Zur Erklärung der Meldung möge Folgende» dienen: Gras Pfeil halte sofort nach der Ertheilung de» Allerhöchsten Schutzbricsc» den Auftrag er halten, die Grenzen de» Gebiet» der Deulsch-Ostasrikcmischen Gesellschaft gegen Südosten bis in daS sehr üppige Thal des Rufidji vorzuschieben. Er ward an der Ausführung mehrere
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