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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-06
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.07.1885
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Srfcketnt täglich früh 6'/, Uhr. Nedaclion nnd Lrptditioa Iohannesgasse 8. Sprrchliinidr» drr Nrdacti«»: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. tztir dt» «ua,»d, «,n^ki,a»lrr M»«>1crw«» »acht ftch du «rd-cNcu nutl »«rdwdltch. «n»ad«e »er für »te »-chftf*l»e«»e Nnmmrr »rftimmtrn Inserate an Wochentagen di? L Utzr Nachnnttaa»» an Loiin- uuv Festtagen srüd bi» '/,S Uhr. In den Filialen für Ins.-Ännahmn Ltto Memm, UniversitätSstrahe 1. LontS Lösche, Katharinenstr. 23, p. nur bis '/.S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage Lv,1«0. ^boniiemrntbvreis viertel,. 4V, Mil. incl. Bringcnohn 5 Mk, durch die Post bezogen k Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf Belegexemplar 10 Pi. Gebühren jür Extrabeilagen lin Tageblatt-Format gesalzt) ahne Postbesörderung 39 Mk. «,t Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6gespaltcne Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichaist. Tadellanschrc n. Ziffernsatz nach höherm Taris. lleclamen unter dem RcdactionSstrich die4gefvalt. Zell« 50 Pf., vor den Familiennachrichteu die Ogespalten« Zeile 40 Pf. Juierate sind stclS an die KxpeSition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeaameriuiäo oder durcy Post- aachuahiuc. .4° 187. Montag den 6. Juli 1885 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Die Anstreicher-Arbeilen dein, Umbau der Plagwitzer Blinke sind vergeben und werden die unberücksichtigt ge bliebenen Herren Submittenten ihrer Offerten hiermit ent bunden. Leipzig, am 2. Juli 1885. . Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Gringmuth, Asteflor. Vekanntmachllllg^ Der am S. Februar 1848 zu Kreischa geborene, unter Polizei aussicht gestellte Gärtner Karl August Männchen hat sich seit 17. Mai diese» Jahre- der Aufsicht entzogen und treibt sich der- luuthlich arbeitslos umher. Wir bitten aus gedachte» Männchen zu fahnde», deaselbe» im Belietungssalle zu verhaften und uns schleimigst davon zu be nachrichtigen. Leipzig, am 30. Juni 1885. Das Polizetamt der Stadt Leipzig. Bretschueider. Rsdr. Faldix. 8itxunA <1l>8 rii'/lliclloii Lexirks- V6r^il18 lloi' 8tiu1t laSIPLIA. Aoutug, «len 6. cknll ^deocks 6 lldr Iw 8a»Iv der Lösten LUrxersvdnle. Tngesarcknunx: 1) IValü Zweier älit^Iisclsr rum Lebiscls- xeriebt. — 2) vis nur 'Ls<xesorckn»iue ckes XlH. ^srrtstnxs xs- «tellcsn ^llirslsgsulieiten (vz-I. „^errtl. Ver.-Vlutt" bio. 155. p. 59 uml Xo. 158, p. 178). — 3) VVabi äes velsjxirtsu rum Tberrbo- t»K. — 4) Lislivfsrunn ckr llrrtlicb. Lvesoüs rur XLcIibrsir, (Lek. )I. vr. Dieb der). — v) Indras üss 2. Or. Sobllckbacü, bstr. (isZ veili-eluicen-Institut (Leristt cles san.-Lussebu-ües). vr. klos». ddichtamtlicher Theil. Aus Nußian-. * Wir hatten erst unlängst Gelegenheit, zu bemerken, daß seit einiger Zeit in Rußland wieder die Nationalitätenfrage im Vordergründe des Interesses steht. Bor Allem ist es die sogenannte altrussische Partei, welche sich seit fe gegen Alles, waS deutsch, feindlich verhält und daS gestimmte Slawentbnm, „da- unter der Führung und dem Protektorate deS „heiligen" Rußland die Weltherrschaft antrcten soll, vor dem deutschen Einflüsse warnt, welcher, wie die Geschichte erweise, den slawischen Völkern stets überaus verderblich gewesen sei Nach der Meinung der Altrussen wären Germanismus und SlawiSmuS zwei scharf zugespitzte Gegensätze, zwischen Venen früher oder später, ja gewiß mi nächsten Jahrhundert, ein gewaltiger EnlscheidungSkamps geschlagen werde» müsse. Bor dem AuSgange desselben, führen die allrussischen Politiker und Publicisten weiter aus, dürfe daS Slawenlhum nicht bange haben, denn dasselbe sei an Zahl den Deutschen um mehr alS das Doppelte überlegen, ganz abgesehen davon, daß letztere auch unter den übrigen Nationen Europas zahlreiche Feinde haben, ja im ent scheidenden Augenblicke kaum aus einen einzigen zuverlässigen Freund rechnen bürsten. A»ö diesem von den Altrussen in Aussicht gestellten Ent scheidungskamps soll alsdann die Regeneration deS im Un glauben und Materialismus versunkenen europäischen Wclt- tbeilS hcrvorgehen. Alle Cultursortschritte. welche derselbe gemacht, beißt eS weiter, seien für das Slawcnthum völlig werlbloS und unbrauchbar. Liberalismus, Verfassungsstaat, Börsenherrsckast und wie die übrigen zweifelhaften west europäischen Errungenschaften und Einrichtungen noch heißen mögen, hätten im Slawenthume keinerlei Raum. Die Grund lagen des slawischen StaatSwesenS müßten Gott, die Liebe zum Zaren, die Familie und einfache patriarchalische Ver fassung und Sitte sein, lauter Bedingungen, für die unter de» entarteten Völkern Westeuropas bereits vollständig die Begriffe fehlen. Bezeichnend ist auch die Art und Weise, wie die all russische Partei über Deutschland, seine Siege im Jahre 1870/71 und die Wiedererrichtung deS deutschen Reiches denkt. Diese Erfolge, nieinen die Stimmführcr deS AltrussenthumS, seien nur "als daS letzte Ansflackcrn veö Germanismus vor feinem völligen Zusammenbruche zu betrachten, da das Germanen- lhum, wie aus seiner Geschichte bervorgehe, feine Rolle längst anSgcipielt stabe. Nicht daS eigentlich nationale und histo rische DeuNchlaiid, sondern Preußen habe das Provisorium deS deutschen Reiches errichtet, Preußen, dessen Name gar lein deutscher, wodl aber ein slawischer sei. Auch sonst, versuchen die altrussischen Blätter weiter auSznsübrcn, habe man bei der Wiedererrichtung deS deutschen Reiches die geschichtlichen und nationalen Ueberlieserungen der Tculschen, die doch jedem Bolke theucr sein sollen, gar nicht berücksichtigt. So ist nicht daS alte historische Frankfurt a/M. mit seinen zahlreichen nationalen Erinne rungen die Hauptstadt NeudeulschlandS geworden, sondern Berlin, besten Name wieder ein slawischer ist und daS auch U-aliäcblich ans altslawischem Boden stebt, der, woblbemerkt, gegen Rußland hin keinerlei natürliche Grenzen besitzt. AuS diesem Grunde und noch mancher andere» Bedenke» wegen ist auch die Art und Weise, wie das deutsche Reich wieder hergesiellt worden, bei vielen Deutschen auf Abneigung und Widerstand gestoßen, welchen Gefühlen man auch noch gegen wärtig in einen» großen Theil der deutschen Presse begegne, Zoomit die Altrussen wahrscheinlich die ultramontanen Blätter meinen. Auch an die Wiedererwerbung von Elsaß-Lothringen knüpft die genannte russische Partei höchst bezeichnende Hinter gedanken und Pläne. Die Deutschen, heißt eS da, konnten für die Wievererobcrung Elsaß-Lothringens keinen anderen Rechlslitel geltend machen als den sehr fraglichen, daß einst diese Länder zum allen deutschen Reiche gehörten. Wiewohl aber die Bewohner derselben von den Deutschen durchaus nicht- wissen wollten, wurden jene dennoch annectirt. Wir Slawen wüsten uns dieses Verfahren merken, äußerte unlängst Herr Kalkow, weil auch wir von den Deulschen manchen altslawischen Grund und Boden zurückzuforvern haben, ja sogar weite Länderstrecken, die geographisch uns gehören und nur im gewaltsamen Wege deutsch geworben sind .... — Man wird unschwer begreifen, waS eigentlich Herr Katkow mit dieser Drohung meint. In neuester Zeit ziehen seine »MoSkowSkija Wjedomosti" wieder gegen die deutsche Industrie in Rußland zu Felde und verlangen dagegen von der russischen Regierung Schutz maßregeln. .Die Zahl der deutschen Fabriken und Handels häuser an unserer westlichen Grenze", schreibt das Kalkow'sche Blatt, „vermehrt sich nicht jährlich, sondern täglich wie Gift pilze. Die Grundlage dieser Unternehmungen heißt zu meist schamlose Ausbeutung und Betrug (Obman). Das geschieht unter dem Schutze unsere« Tarifs, über den sich die Deutschen lustig machen. Deutsche Sz>eculanten und Schnapp hähne, welche sehen, daß mit der Einführung unsere- Zoll tarifs der Absatz ibrer Maaren nach Rußland erschwert wird, errichten eine Maste Fabriken an unserer westlichen Grenze und beuten so unseren Staat und unser Bolk auS. OstmalS sind diese Fabriken nur in ganz geringer Entfernung von der preußischen Grenze errichtet, so, daß die ausländischen Arbeiter nur zur Arbeit auf russisches Gebiet kommen, sonst aber auf preußischem wohnen. Es ist un» nicht recht begreiflich. waS sich unser Finanzministerium dachte, alS eS die Errichtung dieser deutschen Fabriken an unserer westlichen Grenze ruhig geschehen ließ, die offenbar die Interessen der russischen Industrie und Volksarbeit aus daS Schwerste schädigen. Und man betrachte nur einmal diese deulschen Fabrikate und Waaren, welche selbst ein deulschcr Nationalökonom als .billig und schlecht" bezeichnet hat. Bei unS in Rußland heißt eö aber „lheuer und schlecht", und so schleppen diese deulschen Fabrikanten binnen kurzer Zeit große Capitalien aus dem Lande. Die preußische Regierung hat unlängst etwa 30,000 (!?) russische Unterlhauen au» Posen und Westpreußen auSgrwiesen, weil sie dort als landwucth- schaslliche Arbeiter der einheimischen Bevölkerung Concurrenz machten, und wir sollten unS in Rußland die deutsche Aus beulung gefallen lasten? Nein, da- muß ander» werden." Mit diesem Ausrufe schließt daS Katkow'sche Organ. daS in seiner Dcutschfeinvlickkeit auch von anderen russischen Blättern, zumal den .Nowosti", unterstützt wird. Wenn auch diese Auslastungen aus keinen besonderen Erfolg Anspruch machen bürsten, so scheint cS doch nicht ganz überflüssig, aus dieselben warnend hinzuweisen. Leipzig, 6. Juli 1885. » Der Magistrat uud die Stadtverordneken-Bersammlung der Residenzstadt Potsdam hatten anläßlich de» Ab lebens de» Prinzen Friedrich Karl an Se. Majestät den Kaiser eine Condolenz-Adreste erlassen. Hieraus ist folgende Antwort ergangen: „Aus der Adresse des Magistrats und der Stadtverordneten habe Ich mit Wohlgesalleu ersehen, wie groß die Verehrung gewesen ist, welche Mein Neffe, der Prinz Friedrich Karl, königliche Hoheit, unter den Bewohnern Meiner Residenzstadt Potsdam genossen und wie tiefeS Leid, in gerechter Würdigung seiner hervorragenden Ver dienste um daS deuljche Vaterland, sein unerwartetes Hinschcidcn bei Ihnen hervorgeruse» hat. Durchdrungen von der Aufrichtigkeit einer solchen anhänglichen Gesinnung, wie sie sich Mir und Meinem Hause gegenüber so osi bewährt, bi» Ich durch Ihre warme Theil- nähme an Meiner Trauer wohllhuend berührt, und Ich sage Ihnen Meinen herzlichen Dank daiür. Möge die Bürgerschaft dem allzu- früh dahingeschiedenen Prinzen, dessen sterbliche Hülle m der friedlich stillen Umgebung Potsdams ihre letzte Ruhestätte gesunden hat, noch über daS Grob hinaus ei» treues Andenken bewahren. Berlin, den 21. Juni 1885. Wilhelm. An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Potsdam. *Dcr Chefder Admiralität veröffentlicht im „Marine- VerordnungSblatt" folgende Bekanntmachung vom 25. Juni d. I.: Seine Majestät der Kaiser und König haben geruht, dem Gon- verneur für daS Schutzgebiet von Kamerun den Rang der Räthe I. Llasse, den Conimissaren für da? Togo-Gebiet und da« südwest- asrikanisch- Schutzgebiet den Rang der Räthe III. Clasie mit der Maßgabe beizulegen, daß diese Raiigclassen den bezeichnelen Colonial- beamtcn nur innerhalb der betreffende» Schutzgebiete uud für ihre Amtsdaucr »ustehen. Hierdurch ist der Gouverneur dem außerordentlichen Gesandten, die Commlstare den Gencralconsuln gleichgestellt, und eS haben innerhalb des betreffenden Schutzgebiets die einschläglichen Be stimmungen deS Flaggen- und SaluireglenientS in Kraft zu treten. * In der Plenarsitzung de» BundeSrathes vom Sonn abend wurde der Beschluß des Reichstages, betreffend die im April 1883 gegen die Abgeordneten von Bollmar und Fr ob me in Kiel und Dietz in Neumünster vorgenommenen UntersuchungShandlungen zur Kenntniß genommen. Der aus der Tagesordnung stehende Bericht de« 3. und 4. Ausschusses betreffend die Zollbchaiidlung der gefüllt mit Mineralöl ein gehenden Fässer, gelangte nicht zur Verhandlung. * Die schon erwähnte „Aushebung deS Erlasses einschließende Declaration" des Paderborner D ivc es a»-Erlasses liegt bereits in der Form der nachstehen den an die Dortmunder „Tremonia" gerichteten Zuschrift vor: Paderborn, 1. Juli 1885. Die unter dem 37. Februar or. von uns getroffenen Bestim mungen über daS Studium der Theologie sind Gegenstand der öffentlichen Discussion in einer Weise geworden, die uns veranlasseu muß. die Sache, wie hierdurch geschieht, klar zu stellen. Der Erlaß vom 27. Februar er. ist nach seinem Inhalte, wie nach der Form, in welcher derselbe — mit Umgehung der Publi- cation im amtlichen Kirchenblalte — zur Kenntniß der betreffende« Herren Geistlichen ^gebracht ist, eia vertrauliches Schreiben. Dasselbe enthält eine lediglich für die Geistlichen bestimmte An weisung, wie die Tbeologie-Studirenden über den Gang und die Ausdehnung ihrer Studien mit Rücksicht aus die spätere Verwendung in der Diöcesc zu belehren sind. Eine allgemein bindende gesetz liche Diöcesan-Vorschrist soll in dem Erlasse nicht gegeben sein. Außerdem bezeichnet sich die Verfügung ausdrücklich als eine provisorische, die mit Wiedereröffnung der hiesigen philosophisch- theologischen Lehranstalt von selbst außer Geltung tritt. Einer laichen provisorischen Maßregel glaubten wir nicht entbehren za können. Mit dem Eintritte in daS Priesterseminar erholten die Theologie» Studirendea der Diözese Paderborn den stistungSmäßigen Anspruch, auf Kosten des hiesigen Klerikalsemiuar» unterhalten und später unter Uebernahmc auf den Seminartitel geweiht zu werden. Die Stellung des SeminartischtitelS schließt aber die weitere Verpflich tung ein, dem so geweihten Geistlichen eventuell bis »u seiner An- stellling standesmäßigen Unterhalt zu gewähren. Nach Lage der jetzt geltenden Gesetzgebung können ln Preußen Geist liche. welche die in unserem Erlasse auf ieNeUte» Forderungen nicht erfüllt haben, eine Anstellung in einem öst nllichen Amie nicht erhallen. Dieselben sielen also, wenn sie unler Uebernahme auf den Seminar- titel geweiht wären, rückstchllich ihres UaterhalleS eventuell dem Seminarfonds zur Last. Wir glauben demnach nur pflichtmäßig zu handeln, wenn wir die Theologie. Studirendea daraus Hinweisen lassen, daß sie in den Genuß der von dem hiesigen Klerikalseminar zu gewährenden Wohl- thaten nur eintreien können, sofern sie die Aussicht bieten, in der Diöcese in der Seelsorge verwendet zu werden. Darüber hinaus hat unser Erlaß nichts bestimmen wollen. Am allerwenigsten haben wir daS Studium der künftigen Priester in dem Rahmen der maigesetzlich umschrie benen Forderungen eineiigen wollen. Soweit der Wortlaut unseres Erlasses zn der Deutung Veran lassung geben könnte, als hätten wir staatlicherseitS erlassene Vorschriften über die Vorbildung desKlerus im Gegensätze zu den kirchlichen Verordnungen aner kannt, müssen wir dieseDeutung als eine unseren In tentionen durchaus widersprechende bezeichnen. Wir wissen uns in der vollen Unterwerfung unter die kirchlichen Bestimmungen und in drr treuen Hingabe an den Apostolischen Stuhl Eins mit dem gesammten Episkopate. Das Bischöfliche Beneral-Bicariat. Wir wüßten nickt, daß die .Germania" besonder» Anlaß hätte, sich dieser Erklärung zu freuen. Denn der sehr realistische Gedankengang derselben ist einfach folgender: Kommen die Theologie-Candidaten nicht dem Artikel 3 deS Gesetze» vom 31. Mai 1882 nach, so können sie keine An stellung erhalten, fallen also unserer Seminarcaste zur Last; als gute Finanzpolitiker haben wir also die jungen Leute daran erinnert, daß sie nur dann in daS Priesterscnnnar ans- genommen werden können, wenn sie sich die maigesetzlich vorgcsckriebenen Kenntnisse haben bescheinigen lassen. Es hat etwas Erheiterndes, wie hier daS nüchterne materielle Interesse dem non possnmus der frommen Donguixoterie ein Schnippchen schlägt und den ultramontanen Fanatismus an seine irdische Bedürftigkeit erinnert. Die feierlichste Be- thcuerung, man wolle da» theologische Studium nicht in den maigesetzlichen Rahmen einen gen, man wolle die Jünglinge nur belehren, nicht eine allgemein bindende gesetzliche Diöcesanvorschrist erlassen, Helsen über diese unerbittliche That- sache nickt hinweg. Grundsätzlich und theoretisch genügt 'eine provisorische und bedingte Vorschrift vollständig, um den Beweis zu erbringen, daß die Erfüllung einer staatlichen Forderung, welch« der UllramontaniSmuS seit Jahr und Tag als mit dem katholischen Gewissen unvereinbar verschrieen hat, mit Religion und Gewissen nichts zu thun hat. Der Bischof von Paderborn hat auf einen gangbaren Weg verwiesen, aus welchem der Seelsorgenoth ein Ende gemacht werden kann, und er hat diesen Weg thatsächlich belckritlen zum großen Leidwesen der ul tramontanen Presse, welche diese Seelsorgenoth al« Agitationömittel so nothwcndig braucht wie der Pfarrer daS Meßbuch. Woher soll diese elende Presse, welche ihr Gist Tag für Tag gegen Alle» auSspritzt. waS dem deutschen Bolke theuer ist, Stoff zu lärmenden Artikeln nehmen, wenn durch eine nicht sormclle, aber tatsächliche Anbcquemung an ein Maigesetz die Verwaisung der Gemeinden gelindert wird? Wahrhast traurig aber ist es, daß die klerikalen Demagogen eS ver mocht haben, den weltcrsalirencn und lebenSklugcn Männern, an denen die höhere Geistlichkeit so reich ist, ihr hartes Joch wenigstens balbwegS aufzubrängcn. Die Erklärung zu dem Februar-Erlaß ist dem Bischof von Paderborn durch diese clcricalcn Schreier abgerungen, sie hat aber wenigsten» das Gute, daß sie einem der 'Hauplhetzer, der Ger in ania die heuchlerische Maske vom Gesichte reißt. Diese« Kampsblatt behauptet, die liberale und conscrvalive Presse habe den Erlaß falsch gedeutet, und eS benutzte dann dies« angeblich falsche Deutung alS einen Deckmantel für ihre wüsten Drohungen gegen den Bischof von Paderborn und die gemäßigte Hierarchie. „Der Erlaß enthält nicht daS, WaS ihr Liberalen in ihm sucht, aber wenn er eS enthielte, dann zucke der Blitz aus unsere glaubenslose Hierarchie." Dieses Gaukelspiel muß angesichts der Erklärung zum Paderborner Erlaß ein Ende nehmen, die Germania muß jetzt Farbe bekennen, sie muß den Muth haben, die bischöfliche Behörde cmzugreisen oder sich demüthig in Schweigen hüllen. * Die französische NegierungSmaschine ist gegen wärtig nahezu vollkommen in Stillstand gerathen. ES läge nahe, den Grund dieser Erscheinung in der politischen Ereig- nißlosigkeit zu jucken, welche der Hochsommer, in seiner Eigenschaft als „saison mortv", mit sich zu bringen pflegt, allein damit wäre immer noch nicht erklärt, weshalb dann wenigsten» die schwebenden Angelegenheiten, die ibrer admini strativen Entscheidung harren, nicht zu Ende geführt werden. Thatsächlich ist denn auch die «uson worto an der herrschen den Unthätigkeit sehr schuldlos; die Ursache des Stockens der gouvernciuentalen Geschäfte hängt vielmehr ausS Innigste mit dem Zustande zusammen, der die herrschenden republikanischen Parteien samint und sonders ergriffen hat, nun eS gilt, sich über ein gemeinsames Programm im Hinblick aiis die im Herbst stattsinvenben parlamentarischen Neuwahlen zu ver ständigen. Die bisher unternommenen Versuche haben zu keinem anderen Ergebnisse geführt, als zu tiejgehendcn Meinungsver schiedenheiten der tonangebenden Fractione» über wichtige Fragen, über Fragen, betreffs deren eine Verständigung herbei- gesührt werden muß, wenn überhaupt von einem geschlossenenEin- treten der Republikaner in den Wahlseldzug die Rebe sein soll. Das Ministerium nun. lwelches gewissermaßen von der Gnade der herrschenden Parteien existirt und mit den Vorbereitungen zur Schaffung republikanischer Wahlen beauftragt worden, kann sich den lähmenden Wirkungen, die auS der Zerfahren- beit der Parteien folgen, nicht entziehen. In Ermangelung einer zuverlässige» Majorität, ängstlich besorgt vor CoaliUoncn, beschränkt eS sich aus Durchführung eines BcrschteppungS- nnd BertagungSsystems, und ist eigentlich conscquent nur in seinen Inconsequenzen. ES weiß nicht, ob eS sich mit Ribot oder Clemenceau. oder Liane oder mit wem sonst einlassen soll, ohne sich zu compromittiren. So geschieht eS, daß die Action deS CabinetS gleich Null wird. Fast in jeder seiner Sitzungen beschäftigt sich der Minislerratb mit drei oder vier wichtigen, einer dringenden Lösung bedürftigen Fragen, aber am Schluffe des Sitzung-Protokolls kebrt die stereotype Phrase wieder, daß eine endgiltige Beschlußfassung vertagt wurde. Eö ist klar, daß solche Zustände nicht lange dauern können, aber einstweilen sind sie da. und Niemand getraut sich, hier die bessernde Hand anzulegen. Vleriigkes Stiftungsfest -es Allgemeinen Turnvereins zu Leipzig. i. * Leipzig, 5. Juli. AIS in Deutschland immer mehr die Erkenntniß Platz gegriffen, daß die üblen Wirkungen der einseitigen Vergeistigung, welche mit der fortschreitenden Civilisation der letzten Jahrhunderte verbunden waren, nur durch eine planmäßig geleitete Erziehung des Körpers beseitigt und ausgeglichen werden könnten, als die turnerischen Bestrebungen Anerkennung und zugleich in de» breiten Schicklcn deS Volke» Anhänger gesunden, da viel auch der Gedanke: daS Turnen zu einer allgemeinen VolkSeinrich- tuug zu gestalten, auf empfängliche» Boden. Leipzig erfaßte, tüchtige und mit Eifer für die Sacke cintretenk'e Männer dafür erwärmend, diese Idee mit lebhaftem Interesse und schuf mit Hilfe dieser Kräfte im Iabre 1845 daS der allgemeinsten VolkSwohlsahrt gewidmete Institut: den All gemeinen Turnverein, der seine Gründung in eine Periode nationalen Aufschwunges verlegte, aus welcher sich später die Zeit nationaler Begeisterung entwickeln sollte. Im Hinblick aus diesen gewichtigen Zeitabschnitt von 40 Jahren veranstaltete der Allgemeine Turnverein, dem eS auS Anlaß der vaterländischen Erhebung von 1870 nickt möglich gewesen, sein 25jährigcS Jubiläum begeben zu können, in diesen Tagen eine seiner Stellung n»d seinem Ansehen innerhalb der deutschen Turncrschasl angeiuessene Feier, die am Sonnabend durch einen i,n rotbei» Saale des Krystall- palasteS abgchaltenen C omm er S ihre erste Einteilung erjuhr. Der weitaus größte Theil der Turncrschasl deS gedachten Vereins lieh mit zahlreichen Gästen dieser geselligen Zusammen kunft seine Anwesenheit. In seiner, nach vorhergcgangenen Musikvorträgcn und dem Gesänge von Liedern, gehaltene» Ansprache, gab Herr W. A. Vogel, Vorsitzender des Turnrathe». namenllich der Freude darüber AuSdrnck, daß die Wichtigkeit des Tage« so allseitig anerkannt worden, daß ein lebhafte» Wohlwollen dem Verein gegenüber bethätigl werde» für das man dankbar sei. So schmerzlich eS auch berührt habe, daS 25. StistungSsest aus Anlaß der Ereignisse von 1870 nicht feiern zu können, habe doch daSVerzicktcn aus dieses bewiese», daß ein Drängeln nach Festlichkeiten im Verein nickt vorherrsche, eine Eigenschaft, die sich letzterer immer bewahren möge. Die morgige Prüfung, die zugleich eine große Vorbeteuiung für die in wenig Tagen vor der gesammten deutschen Turner- schast zu bestehenden Ausgaben habe, möge in ihrem Ausfall die günstigsten Erfolge zeigen. Der Verein stehe da. wie eine kräftige deutsche Eiche, die, wenn man sie ans ihre Beschassen- beit prüfe, quantitativ und qualitativ sicherlich dem dentscken Walde nicht zur Unzierde gereiche. Der heutige Abend biete nun älteren und jüngeren Mitgliedern einen Bortrag, der gleich lehrreich, wie interessevoll. Alle fesseln müsse. Damit schloß die Begrüßung deS Vorsitzenden Herrn Vogel. In seiner daraus folgenden Festrede*) .Zur Geschichte des Vereins" betonte Herr Direktor Or. I. C. Lion, daß der Verein, welcher am Vorabend einer Jubiläumsfeier stehe, Rechenschaft über seine Ziele und seine Leistungen ab zulegen habe. DicS solle in Bildern aus den Lebensjahren, welche der Verein hinter sich habe, zu Herzen reden. Am 23. Juli 1845 trat im Eckützenbause aus Anregung des verstorbenen Professor Bock eine Anzahl Leipziger Bürger zusammen, um das Programm des Verein« festzustellen; aus Grund der vorgefchlagenen Fassung desselben: „Zweck deS Vereins ist: Männern und der männlichen Jugend Gelegen heit und Anregung zu geregelten Leibesübungen zu geben", constituirte mau sich am 30. Juli 1845. ES geziemt sich, daß wir der 37 Männer, die damals den Ausruf zur Betheiligung an dem gemeinnützigen Werke der Zukunft erließen, und von denen nur noch sechs leben, ehrend gedenken. Ende 1845 zählte drr Verein bereits 187 Mitglieder; drei Jahre lang segelte das Sckisflrin deS Vereins in ruhigem Fahrwasser. Es wurde sodann eine Turnhalle erbaut; an der Mitte deS Vereins bildete sich ein Sängcrvcrein. eine Turncrwehrmannschast und eine Lösch- und RcltungS- compagnie. Die Zahl der Mitglieder hatte sich schon auf 770 gehoben. Es walteten die im BereinSstatut ausge sprochenen lallgemeinen Grundsätze: der einzige Zweck i>cs Vereins ist Förderung und Vervollkommnung des Turnwescns. Vom besten Geiste beseelt und in musterhafter Einigkeit strebten alle Mitglieder nach diesem Ziele hin. Spurlos ist auch daS Jahr 1848 nicht vorübergegangen; eS ist dem Turnrath und den besonneneren Mitgliedern deS Verein» damals schwer genug geworden, die jugendliche Leiden schaft zu dämpfen und den Verein in allen Stücken wieder auf di« bi- dahin mit Glück betretene Bahn zurückzusnhren. Redner geht nun aus daS innere Lebe» im Verein und dessen Ereignisse näher ein. berührt die Verhältnisse der Vorturucr- schaft und de» TurnrathS und giebt auS der Turngesckichte auch die Vorgänge recapitulirend wieder, wie sie sich nach außen in Turnfayrten, Festen und Verbindungen mit aus wärtigen Vereinen geäußert habe». WaS die Leistungen de« Vereins anbetnfst, so waren sie danialS, wenn wir den heute gültigen Maßstab anlegen, nicht gar so groß, ein» aber hatten die Leipziger schon damals voran»: die sogenannte „Leipziger Schule". Der Erfolg dieserSchule zeigte sich in vollem Maaße in dem zweiten Abschnitt der geschichtlichen Entwickelung de« Vereins, der, i>» Gegensatz zum ersten, in seiner Verfassung eine» oligarchiscken, in technischer Hinsicht einen monarchischen Charakter tragende Periode, eine aristo kratische Periode genannt werden kann. Ihr folgt die dritte Periode mit ihren Phasen und Zwischenfälle», mit der 1867 eingelretenen Vereinsspaltung, deren Ergebuiß — vermehrte Thätigkeit im Dienste der Sache und — Friede drinn und draußen, hüben und drüben, so Gott will, ein ewiger, aber darum nicht thatcnloser Friede geworden. Als Krone alles seine- StrcbcnS ist zu betrachten, daß der Verein nie ein einseitige? Slrcberlhum auskommen ließ. Mit dem Wunscke, daß der Tag der Reckenschast, der gestrige Tag, dem Verein alle Ehre bringe uns ,»>t den» Ruse: der Allgemeine Turnverein zu Leipzig sin alle Wege, er lebe hoch! schloß Herr Director Or. Lion seinen allseitig mit lebhafter Begeisterung ausgenommcnen Vortrag. Nack demselben sprach der Vorsitzende. Herr W. A. Vogel, Herrn Dircctor Lion den herzlichsten Lank für den erstatteten Vortrag auS, ferner widmete Herr Iustizrath Ansckntz. eines der ältesten Mitglieder deS Verein», in gebundener Rede ein Hoch der echten Tnrnerei und dann ergriff Herr Or. Götz- Lindenan. GeschäslSsührer der deutschen Turnersckast da- Wort, reiche Ehren den kommenden Arbeiten deS All gemeinen Turnverein- wünschend. Der Allgemeine Turnverein sei einer der treuesten Söhne, eine der kräftigsten Säulen der deutschen Turnerschast geworden. Er bringe ihm aber auch als Vorsitzender des Männer-Turn - Vereins *) Wir geben diesen ausgezeichneten Bortrag ans allgemeine- Verlangen noch ausführlicher wieder und begnügen uns denie mit dieser knappen Skizze. Die Redaktion.
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