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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-10
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1885
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3833 bringen. hat sich zwar die Meng, al-bald und ohae weiter« Gewalt. Giftigkeiten verlause», es habe» aber nachträglich mehrere von den Exccdenten, insbesondere Gustav und Rodert Wolf, sowie Wilkeaing, ihrem Unwille» darüber, baß die öffentliche Autorit-t am Lud« dach zu gebührender Geltung gekommen ist, durch »uliebsame Aeußerungen und Schimpsredeu Lust gemacht. Nachdem wegen dieser Vorgänge die Untersuchung gegen die Be- theiligteu eingeleitel worden, hatte u. A. auch der Dieustkuechl veinitz. der damals bei dem Bater Wols's in Diensten stand, aus lnlrag Gustav Wols's eine Ladung als Entlastungs-Zeuge von dem Herrn Uatersuchungtrichter erhalten. Be» seiner am 1. December vor. IrS. erfolgten Vernehmung halte nun Hetnitz anfänglich zu Gunsten des genanuten Angeklagten ausgelagt, aus Borhalt de- .Herrn Untersuchungsrichters aber erklärt, daß seine Aussage falsch und daß er sowohl durch Gustav Wols als durch dessen Vater durch Zureden und durch die Drohung, bah ihm im Weigerungssalle der rückständige Lohn vorcnthallen werden solle, dahin beeinflußt worden ,e>. daß er in der Untersuchung aussageu solle, er sei am kritischen Abende auf dem Tanzsaale im „Ring" anwesend gewesen und habe wahrgenomnien, daß Gustav Wols bei jenen Vorgängen unbetheiligt gewesen und im Tanjjaale verblieben sei. Es lag übrigens der Verdacht vor, daß Gustav Wols auch auf andere Personen, die als Zeuge in Frage kamen, emzuwirken versucht habe. Der genannte Zeuge Heinitz hatte weiter angegeben, daß ihm auch Robert Wols durch Drohungen eiuzuschüchtern und von Neuem dazu zu bestimmen sich bemüht habe, er solle sein Zeugnis; ändern und zur Motivirung dieses Widerrufes behaupten, er sei vom Schneider Zeidler gegen Lols'S ausgehctzt worden und er habe sich dem Letzteren freiwillig zum Zeugnlß angeboten. Insoweit lag also gegen die Gebrüder Wols und deren Bater die Beschuldigung vor, es unternommen zu habe», einen Anderen zur Begehung eines Meineids im Sinne von 8- 154 des R.-Str.-Bes.-B. zu verleiten. Die Angeklagten suchten mit wenigen Ausnahmen ihre Unschuld zu erweisen: theilS wollen sie bei den Vorfällen im Tanzsaale sich passiv verhalten haben, bezw. nicht anwesend gewesen sein oder dem Transport Wachsmuth'« sich nur als Neugierige angeschlossen haben, theils wollen sie selbst mit gedrängt worden sei»; genug» eS machte sich zur Herstellung dcö Schuldbcweiscs die Abhörung einer größeren Anzahl Zeugen uothwendig. Nachdem am gestrigen Abende die Bemeisausuahme geschlossen werden konnte, fanden heute Vormittag die Schlußvorträge der künigl. Staatsanwaltschaft und der Vertheidigung statt. Hinsichtlich der Angeklagten Wilhelm, Voigt und Wols »ea. gab die köaigl. Staatsanwaltschaft die Beurlheilung der Schuldjrage dem Ermessen der Geschworenen anheim, während sie bezüglich der übrigen An- geklagten deren Verurtheilung beantragte. Die Vertheidigung bestritt das Vorhandensein eines Aufruhrs und plaidirte für Freisprechung eventuell für Bejahung lediglich der aus Widerstand gerichteten Schuldfragen. Hinsichtlich der Gebrüder Wols stellte sie die Beant wortung der Schnlosrage »> das Ermessen der Geschworenen. (Wols -wu. und dessen beide Söhne wurden von Herrn Rechtsauwalt Freytag II, Wachsmuth von Herrn Rechtsanwalt Krug, Bomaun und Wilhelm von Herrn Rechtsanwalt vr. Rosenthal und Wilkening und Voigt von Herrn Rechtsanwalt vr. Pansa vertheldigt.) Dem Verbiet der Geschworenen gemäß wurde Wachsmuth wegen Aufruhrs und Widerstands unter Ausschluß mildernder Um- slüude zu 3 Monaten Gesängniß und 2 Wochen Hast. Bomann wegen Widerstands zu 6 Monate» Gesängniß und Robert Wols wegen Widerstands und Verleitung zum Meineid zu 1 Jahr ü Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechts. Ber.ust, Gustav Wolf wegen Widerstandes und Verleitung zum Merneid zu einer Zusatzstrase von 1 Jahr 4 Monaten Zucht- Haus zu der ihn» an» letzten Sonnabend vom hiesigen lüoigl. Schwurgericht wegen Meineids und Zeugeuinei». eid« ouferlegten dreijährigen Zuchthausstrafe und zu 5 Jahre» Ehrenrechts-Verlust verurtheilt. Wols »so., Wilhelm, Wll- keniug und Voigt wurden sreigesprochen. In dem Berichte über die VIV. SchwurgerichtSsitzuug in Nr. 189 dieses Blattes hat sich ein sinnentstellender Druckfehler eingeschlicheu; eS muß in Zeile 17 heißen „Zeugeneid." Nachtrag. * Leipzig, S. Juli Am 15. Juli beginnen bekanntlich die Gerichlsserien; dieselben dauern bis mit 15. Sep» tember. Wahrend dieser Zeit werden nur in sogenannten Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen Ferien fachen sind: 1) Strafsachen; 2) Arrettsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen; 3) Meß- und Marktsachen; 4) Streitigkeiten zwischen Vrr- miethern und Miclhern von Wohnungs» und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselbe», sowie wegen Zurückbehaltung der von, Micther iii die Mielhsräume eingebrachten Sachen; 5) Wcchseisachen; 6) Bausachcn, wenn über Fortsetzung eiiwS angefangencn Baues gestritten wird. DaS Gericht kann jedoch auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie besonderer Beschleunigung bedürfen, aiS Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Besugniß bat, vorbehaltlich der Entscheidung dcS Gerichts, der Bor- sitzende. Zur Erledigung der Feriensachen können bei den Landgerichien Fcrlenkammern, bei den Oberlandesgcrichtcn und vem Reichsgerichte Feriensenake gebildet werben. Aus da« Mahnverfahren, das ZwangSvollstreckungs- unb das ConcurSversahren sind die Ferien ohne Einsluß. * Leipzig, S. Juli. Bon competenter Seite wird uns mitgetheilt, daß die gestrige auö der Stadtcassen- rcchnung w.itgetheilte Ziffer von 115,000 nicht daS Deficit des Bundesschießens bezeichnet, sürweiches die Stadt in Folge der Garantie aufzukommen har, sondern Laß diese Summe nur der augenblickliche Vorschuß der Stadl- casse an daS Comitü für das VIII. deutsche Buildesschivßen ist. Eine endqiltige Abrechnung hat wegen des langsamen Verkaufs des Inventars noch nicht erfolgen können; soweit sch jedoch jetzt die Ziffern gruppiren, wird nach Verwerlhung diese- Inventars und der Zahlung der Garantiesumme der Leipziger Scbützengescllschast der Beitrag, der zu Lasten ver Stadl fällt, sich aus ungefähr 90,000 belaufen. Bei Ausstellung dos derzeitigen FinanzplancS hatte man unter Berücksichtigung aller Umstände ein Deficit von 76,000 ^ berechnet, und wenn mau weiß, welche Schwierigkeiten eS macht, von vornherein bestimmte Ziffern anzugcbe», so ist diese geringe Ueberschreitung von 14 000 .-tl bei den große» Dimension des Festes nur ein Be weis vasür, daß das Festcomits seiner Ausgabe auch in finan zieller Beziehung gewissenhaft zu entsprechen gesucht hat. (Wir haben sehr gern der vorstehenden Mitthellung Raum gegeben, müssen aber doch zu unserer Rechtfertigung hemerken, baß die betreffende Mittheilung in der Stadtcaffenrechnung keine andere Auffassung zuließ, als sie von uns in ver letzten Nummer zum Ausdruck gebracht worben ist. Es ist daselbst mit keiner Silbe vo» einem „Vorschuß", sondern von dem „Beitrags zu den Kosten deS 8. deutschen Bundesschießens die Rede. Die Redaclion.) * Leipzig, 9. Juli. Ein Gesuch der Fischerinnung, ihr zu gestatten, daS Fischrrstcchen künflighinaus dem Roscntbal- tciche abhaltcn zu dürfen, hat der Rath abzulehnen beschlossen * Leipzig. 9. Juli. Zu den» heule statlgesundene» LicitalionStermine, betreffend die Verpachtung von vier der Stadtgemeiiide gehörigen an der Eutritzscher Straße gelegenen Garte nparcellen, hatten sich 13 Bieter eingestellt und ist aus Nr. 27 52 Nr. 28 50 Nr. 29 60 ^ und auf Nr. 30 70 geboten worden. — Nächsten Sonntag, den 12. Juli, verkehren aus den sächsischen StaalSerfenbahnen folgende Personen extrazüge: AbendS 8.50 von Gaschwitz nach Groitzsch, Abends 10.25 von Groitzsch nach Gasckwitz. Abends 11.47 von Glauchau »ach Gößnitz. Nachts 12.28 von Gößnitz nach Glauchau, 8.5 Vorm.. 10.35 Vorm.. 12.5 Mittag« und 3.10 Nachm, von Dresden nach Schandau, 10.15 AbendS von Meißen nach Dresden. Nachm. 2.10 und Nachts 3.10 von Radebeul nach Moritzburg-Eisenberg, Abend« 6.58 von Moritz burg »Effenberg nacki Radebeul, Nachm. 12.33 von Klotzsche nach Königsbrück, Abend« 7 35 von Königsbrück nach Klotzsche. Abends 9.35 von Reichenberg »ach Zittau, Abends 10.50 von Zittau nach Reichenberg, früh 4.20 von Hainichen nach Chemnitz, früh 6 0 von Ehrmnitz nach Hainichen, AbendS -.30 von Aue nach Ehrmnitz, Abends 8.40 von Reitzenhain «ld Abend« y.io von Olbernhau. sowie Abend« HL von Flöha nach Chemnitz, Abend« 10.0 von Flüha nach Olbernhau uud Reitzenhain im Anschluß an de» 9.27 Abend« von Chemnitz abgehendcn Zug, Abend- 1145 von Chemnitz nach Flöha, Abends 11.25 von Hohenstein nach Chemnitz, Nach mittag« 2.55 von Greiz nach Berga, früh 5.5 von Freibrrg nach Klostergrab. AbendS 8.18 von Alostsrgrab nach Ariberg, srüh 6.35 von Dresden-Neustadt nach Görlitz, mit Anschluß von Kamenz und Reichenberg, Abend« 10.40 von Görlitz nach DreSden-Neustadt. Zu den Extrazügcn Freiberg-Klestergrab und Dresdcn-Neustadl-Göriitz werden Billet» zu ermäßigten Fahrpreisen auSgegebcn. * Leipzig. 9. Juli. Bei Gelegenheit de« Dresdner Turnfestes wird auch der Ausschuß der deutschen Turncrfchast zu einer Plenarsitzung zusammentreten. Die Tagesordnung verzeichnet u. A. folgende Berathungsgegcn- stände: 1) Anträge de« KretsauSschusseS des Kreise» IX: „Der Ausschuß wolle die agitatorische Thätigkeit zur Verwirklichung der an- geftrebten Abkürzung der dreijährigen Präsenzzeit sür turuerisch gut ausgebildete Angehörige des deutschen ReichSdeere« wie- der ausuchmei,". Berichterstatter: Kreisvertreter Reuter. 2) Erörterung der Fragen: n. Ran» die Einsührung de» GauzwangS in einem Kreise rück wirkende Kraft aus das Verbleiben der vor Einführung des GauzwaugS der deutschen Turnerschast und dem Kreise, aber keinem Gaue angehörigen Vereine in Turnerschast uud Kreis rechtlicher Weise ausüben? d. Verträgt sich die Ausnahme der Bereiue in die Gaue und dadurch in Kreis und Turnerschast aus dem Wege der Abstimmung mit Eiosührung dcS GauzwangS? Bericht erstatter Gortz. 3) Welche Mittel sind zu ergreifen, um da- mit einer gesunden Entwickelung der deutschen Turnerschast unverträgliche Ver- bältuiß abzuändern, daß ein Fünstheil der zur deutschen Turnerschast gehörigen Vereine das Organ derselben, die „Deutsche Turn-Zeituug", nicht hält und liest? Berichterstatter Goetz. 4) Antrag deS KreisvertreterS Büthke: „Der Ausschuß wolle die Gründung von Ulisall-Unterstützungscasseu anregea". 5) Erörterung der Frage: „Ja welchem Maße und mit welche» Mitteln ist dem Ueberwucheru der Gipselübungen, besonders bei Turnfesten, eatgegenzutrelen, dez. wie läßt sich beim Turn- fest in Dresden das allgemeine Kürturnen benutzen, um eine» Ersatz sür daS ehemalige allgemeine Riegcnlurnca zu bieten?" Berichterstatter kreisvertreter Böthke. 6) Eventuell: Antrag des KreisvertreterS Schmidt-Berlin aus Abänderung des 8- 7 der Turnsestordnung über die äußere Gestaltung der Festzüge bei deutschen Turnfeste». * Leipzig, 9. Juli. Seit heute verkehren ,aus der Pserdebahnlinie Leipzig-Reudnitz die Wagen von 5 zu 5 Minuten; eine Einrichtung, die nach Fertigstellung der Psiasterarbcilen auf der äußeren Zeitzer Straße auch aus der Connewitzer Linie, vom Augustusplatze auS, in« Lebe» treten soll; man hofft, bereits im Lause der nächsten Woche mit der Pflasterung der Zeitzer Straße endlich fertig zu werden und daö Publicum der Belästigungen deS Um- steigenS überheben zu können. Für die einzulegenden Zwischen- tourel» ist der Wagenpark zum größten Theil bereit« einge troffen; die Wagen sind von demselben Kaliber wie die seit heule aus der Neiidnitzcr Linie verkehrenden Einspänner. Dann hofft man auch mit dem Bau der Tour vom Fleischer- platz nach dem Blüchcrplatz im Lause der nächsten Wochen fertig zu werden, um auch hier den Betrieb ausnehmen zu können. »Leipzig, 9. Juli. Die Bäckergesellen hielten gestern Nachmittag im Locale Windmühlenstraße 16 eine öffentlich« Versammlung ab, die sich eines sehr zahl reichen Besuches zu erfreuen hatte. Die Herren Grabig, Büchner und Grote wurden zu Vorsitzenden bez. Schrift führer erwählt. Al« erster Punct stand aus der Tagesord nung der Bericht der Delegirten vom Berliner Eongreß Herr Schulze erwähnte hierbei der erfolgten Gründung deS deutschen BäckerverbandeS und betonte, daß durch diesen Ver band etwas Großes und Ganzes geschaffen werden soll und im Uebrigen e« auch im Zweck des Verbandes liege, stets die nöthige Fühlung mit de» Prinzipalen zu halte»». Redner forderte schließlich aus. dem hiesigen Verein zahlreich beizutreten, lieber den zweiten Punct der Tages ordnung, Beschlußfassung über eine Petition an den Reichs tag betreffs Abänderung bez. Kürzung der Arbeitszeit, refc- rirle Herr Grote. Zn dieser Petition, die sich durchaus nicht gegen die Meister weubet. sondern nur über die ArbeitS- verbällmffe im Allgemeinen sich ouSspricht, wird vor Allem die Festsetzung einer bestimmten Arbeitszeit, die nicht überschritten werden darf, gefordert. Ueber die Höhe der Arbeitszeit selbst drückt sich die Petition noch nicht aus, sagt aber, daß bei den jetzigen Verhältnissen die pbysiscbcn wie die geistigen Kräfte der Bäckergesellen (dann aber auch der Lehrlinge. D. Red.) unlergrabcn werden. Sodann wird für eine bessere Sonntagsruhe plaidirt, und zwar mit folgenden Worten: „ES ist nicht genug, daß der Bäckergeselle sür den Consumenten die Woche hindurch die Nachtruhe opfert und eine t6—lkstündige Arbeitszeit täglich absolvirl, nein, auch die Sonntagsruhe wird ihm bei gleicher Arbeitszeit ebenso verkümmert, unv darum müssen wir vor Allem es als unser Reckt fordern, daß andere Zustände durch Gesetz herbeigesührt werden." Mil einer kleinen redactionellen Aenderung fand die Resolution einstimmige Annahme. Mit der Einsammlung von Unterschriften würbe eine besondere Commission betraut. Hiernach fand eine Discussion über allgemeine Angelegenheiten statt. ErwähnenS- werth ist hierbei die Debatte, weiche sich über da» Legat ent spann. welches in alter Zeit von einer BäckerSwiltwe gestiftet wurde, und zwar mit der Bedingung, baß der Nutzen deS Capital- hilfsbedürftigen „Bäckerökiicchlen" (wie der damalige AuSbruck lautete) zu Gute kommen soll. Lxmängelt wurde von ver schiedenen Rednern die Lerwendung der Gelder, wie solche jetzt üblich ist, uns zwar wurde ein UnterstützungSsall ganz besonders scharf lritisirt. Schließlich wurde bestimmt, baß eine Commission unter Vorsitz deS Altgesellen Herrn Schöppe mit der Innung in Verbindung treten soll, um Wortlaut und Verwendung des Legats zu erörtern. Die anderen DiS- cussionSpuncte über die Gcrmaniabücher und dcrgl. m. sind bereits früher an dieser Stelle berührt worden, weshalb von deren Wiedergabe abgesehen werden kann. Der Schluß der Versammlung erfolgte gegen 7 Uhr. — Das vorgestrige Fest ans der Theaterterrasse batte einen alle Erwartungen übertreffenden glanzenden Verlaus. Bei Einbruch der Dunlelheil strahlte das ganze Etablissement nebst seiner Umgebung im Glanz von unzähligen Flammen und JlluminationSefsecten; vor Allem aber war daS Spiel der Fontaine, welche vom Theater aus unter Leitung deS Herrn Theatermeister Römer mittelst der elektrischen Sonne beleuchtet wurde, von überraschender Wirkung. DaS Publicum war so zahlreich erschienen, daß thatsächlich kein Plätzchen aus der weiten Terrasse und ihren Pergolen leer war und erst nach Schluß deS von der Capelle des 107. Infanterie-Regiments unter Leitung des königl. MusikvirectorS Herrn Walther auSgesührte» ConcerleS br aunen sich die Reihen der Besucher zu lichten. DaS außer alb des Etablissements versammelte Publicum zählte nach Tausenden. Wie wir übrigens vernehmen, wird Herr R. Börner, einem vielseitigen Wunsche entsprechend, demnächst eine gleiche Festlichkeit arrangircn. D Leipzig. 9. Juli. In einem hiesigen Tanzlocal kam es gestern Abend zwischen einem Bäckergesellen und einem anderen Gaste zu Zank und Streit, wobei Elfterer ohne Weitere» hinauSgcworsen wurde. Einige Kameraden de» Gemaßregelten beschlossen nun, sich an dem HincruSwerser dafür zu rächen, und lauerten ihm draußen aus. Da kam zufällig ein anderer ganz unbetheiligter Gast, ein Restaurateur a»S Thonberg, hinaus, über den die Bäckergesellen in der Meinung, er sei der Gesuchte, sofort herfielen, ihn zu Bode» warfen und mit Füßen traten, auch mit «mein Knüppel über den Kops schlugen und ihn, eine bedeutende Wunde beibrachten. Darüber kam e« zu einer allgemeinen Schlägersi, die erst durch Dazwffchcnkunsl der Polizei beendet werden konnte. Einer der hauplbetheiligten Bäckergesellen wurde polizeilich scstgenommcn unv aus dem Naschmarkte zur Haft gebracht. — Gestern Nachmitlag erschien in einem hie sigen Bankinstitute eine Frau und bot einen Wechsel über 30V zum Dlscont an. Der Wechsel wurde aber so- sort als gefälscht erkannt, die Frau deshalb angehallen und der Polizei überliefert. ES war eine BauunternehmerSsrau von auswärts, welche geständigermaßcn den Wechsel selbst ge fälscht hatte. — In einem Grundstück der Georgcnstraßc nahmen gestern Abend Hausbewohner ein Schadenfeuer auf dem Boden wahr. Sie eilten hinzu und fanden aus dem Boden eine mit Pech und Lederabsällen angcfiillte Kiste brennend und bereits auch Dielen und Ballen angekohlt vor. Es gelang ihnen, daS Feuer zu löschen und die Gefahr der Weiter- Verbreitung zu beseitigen. Noch in der Nacht wurde ein dort wohnhafter Schuhmacher polizeilich verhaftet, der, mit dem Hauswirth in Differenzen lebend, aus Rache den Brand verursacht, auch zur leichteren Entzündung die Kiste mit Petroleum begossen hatte. — In vergangener Nacht ist eine in der Harkortstraße aufgestellte eiserne Säule an der Haltestelle der Pferdebahn von rohen Buben umgebrochen und mitte» über die Straße gelegt worden. Die Thäter sind leider unbekannt. — Gestern Vormittag wurde ein Fleischer- gesellc in der Salomvnstraße von einen mit unvorscbristS- mäßigem Maulkorbe versehenen Zughunde in den linken Arm gebissen und blutig verletzt. Er mußte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. — Bor einigen Tagen wurden einem 5jährigen Mädchen von einer unbekannten Gaunerin, vie das Kind auS der Stadt heraus und mit nach Reudnitz gelockt halte, die goldnen Ohr ringe auS den Ohren herauSqemacht uud entwendet. Al» sich heute daS Kind in Begleitung seiner Mutter auf der Promenade an den Bahnhöfen befand, bezeichnet« dasselbe plötzlich eine vorübergehende Frauensperson aiS jene Diebin und erklärte, daß sie dieselbe ganz bestimmt wiedererkenne. Darausbin veranlaßlc die Mutter die Festnahme der Person durch einen in der Nähe befindlichen Schutzmann uud ließ dieselbe nach dem Naschmarkl bringen. Es war eine Fabrik- arbeiteri» aus Bolkmarsdors, die in der That als die Diebin der Ohrringe entlarvt wurde. * Leipzig, 9. Juli. Bon der dritten Strafkammer de» hiesigen königlichen Landgerichts wurden in den heutigen Hauptvcrhandiungen verurtheilt: 1) der Stellmacher Bern- l>arv Heinrich Oskar Kunze liier wegen des in tz. 176., des R.-Str.-Ges.-B- angegebenen Verbrechens zu 6 Monaten Ge sängniß; 2) der Exporteur Moritz Max Hofmann hier wegen desselben Verbrechens zu 8 Monaten GefSngniß; 3) der Handarbeiter Johannes Maier auS Altbeim wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu 9 Monaten Gesängniß und 2 Jahren Verlust der Ehrenrechte. — Der Antispiritist und Gedankenleser Herr Alfred Berendt welcher bei seinem ersten Auftreten einen großen Erfolg errang, tritt heute, Freitag, nochmals im Sommer- theater zu Plagwitz aus. Die Vorstellung wird dadurch noch ein besondere- Interesse erhallen, daß Herr Berendt sämmtliche Experimente genau erklären wird. — Lindenthal. 10. Juli. Ein seltener Tag derFreude ist mit dem heutigen Morgen angebrochen. Der langjährige treuverdiente ehemalige Lehrer unseres Ortes, Herr Karl Leberccht Oertel. und seine ehrwürdige Lebensgefährtin feiern heute, umringt von braven Kindern, Enkeln. Schülern und zahlreichen Verehrern, den Tag ihrer 60jährigen Ehe. Das Jubelpaar kann sich noch des besten körperlichen und geistigen Wohlseins rühmen. -s- Dresden. 9. Juli. Der Verein »Dresdner Presse" hielt gestern Abend im Restaurant Außendors hier seine erste Jahresversammlung ab. Der vom Vorsitzenden Herrn Rebactcur I)r. Biereh erstattete Jahresbericht ronstatirte mit Genuglhuung, daß dem noch jungen Vereine bereits die hervorragendsten Journalisten uud Schriftsteller DreSbenS angehvren und daß demselben von höchster Stelle wie auS den Kreisen des Publikums daS größte Wohlwollen und die lebhafteste Sympathie entgegen gebracht wurde. Die Finanzlage des Vereins erfreut sich eines günstigen Standes. Für die Zwecke der Altersversorgung der Mitglieder sind bei der königl AlterSreulenbank zu Dresden bereits 4500 an gelegt lvorden. Nack der gestern vollzogenen Neuwahl besteht der Vorstand z. Z. auS den Herren Redacteur vr. Bierey, Schriftsteller Hauptmann c>. D. Eugen Friese. Redacteur Burkhardt. Kunstschrislstellcr Th. Seemann, Redacteur H Tbenius und Redacteur C. Hesse in Dresden, sowie Schriftsteller Moritz Lilie in Kötzschenbroda. s- Dresden, 9. Juli. Ueber das Vermögen des von hier entwichenen Rechtsanwalts vr. Robert Schmidt ist vom königl. Amtsgericht Dresden das ConcurSversahren er öffnet worben. Der Rechtsanwalt vr. Schlegel II. ln Dresden wurde zum Cvncuröverwaltcr ernannt. — Nachdem die Di rektion der Pianosortesabrik,, Apollo" (Acttengesellschast) die streikenden Zusammensetzer in aller Form ent lassen, hat dieselbe jetzt auch sämmtlichen übrigen Arbeitern die Arbeit gekündigt. Die Streikenden hatten dafür gesorgt, daß ihre Stellen nicht durch Zuzug von auswärts besetzt werden könnten, und sogar zugereiste College» durch Drohungen vom Arbeitsantritt in der Fabrik abgehalten, wodurch die Fortsetzung deS geregelten Fabrikbelriebes unmöglich gemacht wurde. Es blieb daher der Fabriklcitung gar nicht» Andere- übrig, als den Betrieb bis auf Weiteres gänzlich zu sistiren. Die Fabrik kann eS. vermöge ihre» bedeutenden Lager« fertiger In strumente und der sonst getroffenen Dispositionen, eine Weile ruhig mit anjehen, wie die Arbeiter feiern. Die Direktion versichert uns übrigens, daß der Streik keineswegs die Folge einer Lohnreduction gewesen, sondern muthwillig vom Zaune gebrochen wurde. Dieselbe wird in Zukunft nur solche Arbeiter cinstellen, welche die mündliche und schriftliche Versicherung abgebcn, daß sie dem sogenannten „Fachverciu der Tischler", welcher den Streik geschürt hat, nicht als Mit- glieoer angehören. -s- Dresden, 9. Juli. In der Wohnung eine« aus der Dinterstraße wohnhaften Maurers hat gestern Nachmittag eine Explosion von Zündmasse ftattgesunden. Der verursachte Knall war weithin hörbar. Der Quartierinhaber wurde am Kopf und am Arm leicht verletzt. Der Tisch» aus welchem die Zündmaffe gelegen, wurde total zertrümmert. Von den Fensterscheiben der Wohnung war auch nicht eine unversehrt geblieben. Der verletzte Dtnurer wird wegen uu- besugten Aus aewahrenS von Explosivstoffen zur Verantwortung gezogen werben. — In Kleinzschachwitz bei Dresden hat sich gestern der noch jugendliche Mitinhaber eines hoch- angesehenen hiesigen HandlungsbauseS wegen erlittener bedeutender Verluste vergiftet. — Seit gestern Abend wird hier ein 14 jähriges Mädchen auS angesebener Familie vermißt. Man vermuthet, daß die Verschwundene sich ein Leid angethan und in der Elbe den Tod gesucht hat. Vermischtes. — Wie schon erwähnt, fand am 6. Juli die Trauung de» Grasen Wilhelm Bismarck mit Frl. v. Arnim in der Schioßknche zu Kröchlendors statt. Ueber die Feier ent nehmen wir nocb Folgendes der »Kreuzzeitung": Vom Schlöffe bis nach der einige hundert Schritte entfernten Kirche war eine breite Leinwand gelegt und mit Blumen und Eichenlaub bestreut. Beim zweite» Läuten der Glocken erschien der Hoch- zeitszug auf der Blumenbahn. An der Spitze derselben zeigten sich zwei liebliche Brautjungfern im zarten Mädchenalter von etwa 12—13 Jahren, junge Anverwandte der Braut. Diesen zunächst schritten weitere Brautjungfer« blühenden Alters, geführt von ihren Cavalieren. darunter der älteste Sohn des Reichskanzlers. UnterstaatSsecretair Gras Herbert v. Bismarck. Nun erschien im weißen Brautkleide mit langer Schlepp« und halbverhüllendem Brautschleier mit dem Myrthenkranze «uch dem Haupte die Braut, geführt von ihrem Bat«, dem Kammerherru von Arnim; ihr folgte vie Frau Fürst« von BiSmarck am Arme ibreS füngsten Sohne«, de« Bräu tigams. Dann kam der Reichskanzler m blauer Kürassier-- llnisorm. Er führte feine einzige Schwester. Frau Mälwiu» von Arnim. Diesen Hauptpersonen folgten die HochzeitSgäste^ darunter ver Bruder de« Reichskanzlers, Geh. Regierung«- und Landrath von Bismarck. Die Frau Fürstin trug ein hellblaues Damastkleid. Frau von Arnim ein bronzesarbrne« Brocatklcid mit einer Coiffure von glänzender Farbe. Während der Trauung kamen Glückwunschschreiben. Telegramme u. s. w. in großer Anzahl an. Auch von dem Kaiser, sowie von der Kaiserin und dem Kronprinzen erhielt das junge Ehepaar, daS schon in den Nachmittagsstunven seine Hochzeitsreise nach Paris antrat, Glückwunsch-Telegramme. — An die Brüder Adolf und Karl Müller in Als feld (Provinz Hessen-Nassau), deren hervorragende Leistungen aus dem Gebiele der Naturkunde bekannt sind, hat Fürst BiSmarck am 4. Juli, nach seiner Rückkehr von Kissingen, folgendes Schreiben gerichtet: „Ich danke Ihne» verbindlichst für die freundliche Uebersendung Ihres neuesten Werkes. Ihre treffenden und lebendigen Schil derungen der Vettern meines Irenen Gefährten „TyraS" haben mich in hohem Grade inleressirt, und ich freue mich auch, daß in diesem Buche, welches jeder dculiche Hundcsreund mit Vergnügen und Nutzen lesen wird, die deutschen Buchstaben wieder zu Ehren gekommen sind. v. BiSmarck." — Auö der Wittenberger Elbaue wird gemeldet: In der Nähe der Eisenbahnstation Elster ist in den lcyien Tagen bereits der erste Roggen gemähet worden und man rechnet in dortiger Gegend im Allgemeinen aus eine gute Mittelernte. Auch in den nördlich und nordöstlich von Jeffe« belegenen sonnigen Höhenzügen wird in nächster Woche di Roggenernte beginnen. — Der Maurerstreik in Berlin wird fortwährend am Mittwoch fand wieder aus Tivoli eine Maffenversanimlunt statt, in dem geräumigen langhin gestreckten Saal stauben Kops an Kops gedrängt die Streikenden; etwa 5000 Personen mochten anwesend sein, darunter jedoch eine größere Anzahl Putzer und Zimmerkeute. Die angenommene Resolution hatte folgenden Wortlaut: »Die Generalversammlung der Maurer Berlins und Umgegend beschließt: in Erwägung, daß die Beschlüsse der letzten Meisterdersammlung theil« lächerlich sind, andererseits eine zweite Herausforderung der Gesellen enthalten, die am l7. Juni in der Philharmonie angenommene Resolution (also 5 bei zehnstündiger Arbeitszeit) in allen Theilen ausrecht zu erbalten und dieselbe bis zum letzten Mann zu verfechten." Von einem Maurer wurde constatirt, daß von den 13,000 Maurern Berlins 5800 abgereist sind, von auswärts sind hcrgekommen 200, von den Abgcreisten sind 300 wieder nach Berlin zurückgekehrt. Gearbeitet haben bi» jetzt 647 Mann. Die Anwesenden wurden von dem Maurer Krüger aufgefordert, sofort, wenn es möglich wäre, Berlin zu verlassen; lieber möge man die Sense zur Hand nehmen und Erntearbeiten verrichten, als sich dem Meister beschluß unterwerfen. --- DaS Stangen'sche Reisebureau veranstaltet eine Gesellschaftsreise nach Rußland mit 60lägiger Dauer. Die Tour berührt St. Petersburg, Moskau, Nischnij-Nvwgorod, Pjatigorsk, TiftiS, Kachetien, Elisabethpol. Baku, Erivan. Eischmiadzin, Ararat, Tislis, Koutais, Hocü-Alpenland Swanethien. Datum. Jalta, Krim, Livadia. Simferopol, Sebastopol, Odessa, Lemberg. Krakau. — AuS Kassel wird der „Wenn. Zeit." geschrieben: Al« Anfang» Mai d. I. der Sommerfahrplan auch für den Localverkehr der einzelnen EisenbahndircctionSbezirke definitiv festgestellt war, stellte sich aus der Thüringischen Bahn der Mißgriff heraus, daß die beiden neuen Local schnellzüge Eisenach-Bitterfeld und umgekehrt, welche eine recht bequeme und, da hier die Retourbillete Giltigkeit haben, billige Verbindung zwischen Berlin einer seits und den größeren thüringischen Plätzen andererseits Herstellen» ohne Anschluß von und nach Leipzig blieben. Es wird dies allgemein auf da» Lebhafteste be klagt, und überall hört man den Wunsch äußern, daß die er forderlichen Anschlußzüge zwischen Korbetha und Leipzig noch schleunigst, spätestens aber vom 1. k. M. ab, eingelegt werden möchten. (Es ist die alte Geschickte. Leipzig ist, was die Routen nach Thüringen und Berlin betrifft, von den preu ßischen Eisenbahnverwaltungen immer stiefmütterlich, als eine unbedeutende Nebenstation behandelt worden. Die Redaclion.) ---Aus Baden. 8. Juli. Dieser Tage kam in Labr ein 8jähriger Knabe (Waise) an, um in dem dortigen RcickS- waise,»Hause ausgenommen zu werden. Der kleine ReichS- bürger kam auS Görlitz und batte die Reise von dort nach Lahr ganz allein ohne jede Begleitung zurückgelegt. Der kleine Bursche trug auf der Brust ein Pappschilb mit der Aufschrift: „Görlitz-Lahr via Leipzig. Frankfurt. Heidel berg, Karlsruhe. Die Mitreisenden haben jedenfalls freund- lichft dazu beigetraqcn, daß der Kleine ungefährdet sein Ziel erreichte. — Der RcichStaczS-Abgcordnete Menzer (Heidel berg) ist einer der Unterzeichner der bekannten Vertrauens» adresse sür Slöcker. Die badischen Zeitungen gebe» ihm dafür ein MißtraucnSvolum — Der diesjährige Extrazug von Berlin nack der Schweiz, der am 6. AbendS die badische Bahn passirte, war viel schwächer besetzt als vorige« Jahr. Er enthielt in 7 Wagen nur etwa 100 Passagiere. — Die Operettengesellschast deS Berliner Walhalla-TheaterS. die gegenwärtig in Baden-Baden spielt, gicbt auch während der Ferien i» Karlsruhe Vorstellungen. Die Gesellschaft erzielt große Erfolge. — Im Stadttheater zu Pforzheim sp-elt gegenwärtig eine große Wiener Operngcsellschasl unter Leitung dcS Dircctorö Stick. Die bisherigen Vor stellungen: Freischütz rc., haben durchschlagenden Erfolg gehabt. — Ueber den verstorbenen ReichstaqSabqeordneten Hermann Valentin yiebl der „Schwäbische Merkur" folgende Notizen: „Wer ist Valentin? wa« ist Valentin? jo konnte man in de» ersten Jahre» des deutschen Reichstages getrost dir Frage auswersen. Der eben jetzt Entschlafene, Justizralh Valentin, war damals Reichsiags- abgeordneter sür Meiningen, natlonalliberal, ein tüchtiger, gewissen hafter Vertreter, nicht hervorragend, aber auch in keiner Welse zurück, stchcud gegen Dutzende anderer. Uud weiter, so sragte man mit Recht, waS ist Valentin? Eine Macht war er, eine parlamentarische Ein- richtung, eine Specialitäl, ein Schrecken, ei» nothwendigeS Uebel, eine Wohllhat — alles je nachdem! Wer die lange» Sitzungen eines Reichs tages mitmacht, die oft endlosen Reden hören muß, wenn längst der Stoff erschöpit ist und do.h noch Biele ihr Licht leuchten lassen wollen, wer einen Begriff hat von der wahren Erlösung, wenn endlich der Schluß der Debatte ausgesprochen wird, — nun, der begreift was ein Mann bedeutet, der in der That. wie Aeolus die Winde, so die geheimniß- vollen Zettel löslich, welche» die Zauberkraft laucwohate, den Rede- flub zu bannen. Im Reichstag kann «in Einzelner den Schluß beautragen, selten gelingt es Einem. Aber da mehrten sich die Fälle, in welchem Valentin schließen wollte, und wett mehr noch, ,n welchen aus seinen Antrag geschlossen wurde. Ansang« lächle man über den Valentin; aber siede da, so oft er den Schlußantrag stellte, so ging er durch; man gewöhnte sich an Valentin, man glaubte an ihn. man folgte ihm, letzt konnte ein Anderer gar nicht mehr auskommen. Valentin mar ein populärer Mann, mehr noch, eine Macht geworden. Man erkannte ihn als solche an. Er war der Schlußmacher. Aber er hat sein selbstgeschaffenes Amt auch mit großem Tact verwaltet. Keine Minute verließ er den Platz, er war neben dem Präsidenten der eifrigste, ausmerkiamste Beodachter des Gange» der Berhandlungen. Wie oft kam ein nach dem Mittagessen Lechzender zu ihm. „Baleatiu, mache. Sie dock Sch uß!" „O n«a, versetzt« er, dazu kp die Debatte noch nicht reis, jetzt kommt erst noch Wlndtherst, daltu Helldorff oder Bethusy, dann Haverbeck, dann Miguel, dann will ich schließen." Genau war er stets unterrichtet, die Großen de« Reichstag« unter, handelten mit idin. Wer reden wollte, bat um Valentin'» Duldung. Mit seinem Verständniß solgte er dem Gong, and immer lm rechten Augenblick letzte er rin, aber ganz unerbittlich war er gegen jede Becufiuffung, böchstens willigte er wvbl ein, wenn Simlon, der Herrscher aus dem Throne, ihn durch eine» Schriftführer um einen Schlußouirag begrüßen ließ. Wurde einmal einer seiner
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