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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-02
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.06.1884
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Erscheint täglich früh 6'/.UHr. irrdaclioa und Lrpeditio» IohanneSgasse 33. Spkechkundeu der Kedaction: vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag; 5—6 Uhr. «d> tit SNIckgod! ei««el»ndin >r,n«Icei»t« »acht ftch tu Stctacuoa «Uht »»duUlich. >«aß«e »er für »te «Schftkolgende finmmer ßestimmten Inserate an Sochrntagrn bi» S Uhr Nachmttta-«, «„ Laim- u»S Festtagen früh bi» '/,S Uhr. 2n den Filialen für 3ns.-Iinnahme-. Otto klemm, UniversitätSstraße 21, Lauts Lösche, Katharinenstraße 18, p. «ur bis '/.» Uhr. 154. Amtlicher Theil. Se-entliche Sitzung der Stadtverordueteu, Mittwoch, a«, K. Juni 188k, Abend» 8 , Uhr, im Saale der I. Bürgerschule. TageSorv nung: Bericht de» Berfaffui^gs- und Finanz-AuSschuffe» über de« Antrag hinsichtlich des Gesetzentwürfe» betr. die Abänderung des Gesetz"» wegen Erhebung von Reichsstempel - Abgaben. MpMtr.TllgMalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Montag dm 2. Juni 1884. Auflage L8,60O» Abounementsprri» oiertelj. 4'/, Mt. incl. Vringerlohn 5 Mt., durch die Post bezogen ü Mt. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage« (ia Tageblatt-Format gesalztt Ohne Postbesörderuug M Mk. »lt Postbesörderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schristca lau« unserem Prei»- verzeichniß. Labellarischer u. Zlffernsatz nach hüherni Daris. Peclamrn unter dem lledartionaArich die Spaltzeile 50 Ps Inserate sind stet« an die Hypetzttt»» j» senden. — Rabatt w»rd nicht gegeben. Zahlung praeuuiurralnio oder durch Post- Nachnahme. 78. Jahrgang. Vekglintumitzuns, den Handel mit Lheaterbillet» betreffend. Nachdem in neuerer Zeit wiederholt Klagen darüber laut geworden sind, daß der Zwischenhandel mit Theater» billet» aus den Straßen und öffentliche» Plätzen, namentlich ia der Nähe de» Neuen Theater», in einer da» Publicum belästigenden Weise überhand genommen, erscheint e» angezrigt, von Neuem auf die in der Bekanntmachung de» Rathe» vom 20. März 1875 enthaltene Bestimmung hinzuweisen, wonach bei Vermeidung von Geldstrafe bi» zu 60 oder Haft strafe bi» zu 14 Tagen für jeden ZuwiderhandlungSscill da» sseilhalte«, da» Anbiete« und der Ver kauf von Billet» zu den Vorstellungen der Stadl» tbeater in den Borräumen, Zugängen und auf den Vorplätzen der städtischen Theater sowie aus dem AugustuSplatze, der Goetbestraße und den an da» Neue Stadttheater anstoßenden Promenadenwegen, desgleichen aus dem Theaterplatze, der Thealergasse und den die Umgebung de» Alten Sladttheater» bildenden Promenadenwegen und zwar Wochentag» während der Zeit von lO Uhr Vormittag- bi» 3 Udr Nachmittag», sowie von 5 Uhr Nachmittag» bi» 7 Uhr Abend», an Sonn- und Feiertagen aber überhaupt verboten ist. Die betreffenden Billethändler suchen diese Vorschrift viel fach dadurch zu umgehe«, daß sie die Billet» nicht selbst bei sich führen, sondern die Vorübergehenden nur fragen, ob sie solche zu kaufen wünschen, und bejahenden Fall» dann die llcbcrgabe der'Mllet» am dritten Orte, wo sie solche zuvor »ietergelcgt. bewirken oder Lurch Andere bewirken lassen. ES wird darauf aufmerksam gemacht, daß auch ein solche» Gebahrcn al» ein Feilhallcn und Anbietcn der Billet» anzu- schcn ist und daher unter obige« Verbot fällt. Die Beamten der Rath-wache und Schutzmannschast smb angewiesen, auf die strenge Durchführung der vorstehenden Bestimmung zu achten und Zuwiderhandelnde nicht nur zur Anzeige zu bringen, sondern auch alsbald wegzuweisen und im UngehorsamSsalle an Amt-stelle zu sistiren. Leipzig, am 30. Mai 1884. Der Rath und da» Poltzetamt der Stadt Leipzig. Or. Gcorgi.Bretschneider. Heumg. Bekanntmachung. Am S. Juni diese» Jahre» wird mit der Pflasterung der Lveststraße von der Schloßdrücke bi» mit der Kreuzung der Plagimtzer Straße begonnen werden. Deshalb werden die jeweilig in der Ausführung begriffenen Strecken diese« Slraßentheile» auf die Dauer der Arbeiten für allen un befugten Fährverkehr gesperrt. Zunächst wird die Strecke zwischen der Schlostbrücke und der Moritz« straste in Angriff genommen. Leipzig, am 30. Mai 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georg». Hennig. Bekanntmachung. Wegen SchleußenbaueS wird die Pou»at»W»ky-Straste vom S. Juni diese» Jahre» an auf die Dauer der Arbeiten für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 30. Mai 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. In der Zeit vom >S. bi» mit 26. Mai 1884 erlangte» da» hiesige Bürgerrecht: Abicht, Hermann Bruno, Markthelfer; Berger, Ernst Heinrich, Expedient beim Amtsgericht; Bergmann, Earl Gustav, Mechanik»»: Bernhardt, Christian Ferdinand, Eisendreher; vlüthner, Heinrich Theodor, Instrumentenmacher; Böhme, Emil Bernhard, Factor; Böhne, Albert Edmund Otto, Glaser; Brcitstld, Gustav Leopold, Steindrucker; Bürger. Friedrich Oswald, Buchhandlung-gehilse; Talge, Wilhelm Emil, Kupferstecher; Franz, Georg Albert, Graveur; Friedrich, August Oscar Robert .Lomptoirist; Geilster, Friedrich Gustav, Flkischermeister; Gränz, Friedrich Ernst,'Schlossermeister; - Hering. Johann Gotilieb, Tischler; Herrmann, Han» Arthur, Xylograph; Hoffman«, Earl Christoph, Instrumentenmacher; lerwitz, Ernst Otto, Friseur; zrmschcr, Hermann Richard, Eopist; «inner, August Adolf Christian, Tartoonagenfabrikant; «unckrr, August Alexander, CommiS; teil. Eduard Bruno, Expedient: kellrrmaiin, Carl Bernhard, Schriftsetzer; Kirsten, Wilhelm Emil, Fleischer; Kiösel, Friedrich Carl, Schriftsetzer: krodttsch. Franz Gottfried, Markthelfer: krabltzsch. Friedrich Carl, Productenhändler; Lang. Carl Reinhard, Schlaffer; Lnscher, Adolf Robert, Instrumentenmacher; Ohme, Friedrich Franz, VuchhaudluugSgehilfe; Vtttlchast, Xaver William, Klempner; Nrich«, Friedrich Hermann, Tischler; Richter, Friedrich Hermann, Restaurateur; Tchudert. Julius Hermann. Fleischer; Schulze, Gustav Balentin, Handarbeiter; Sichling, Johann Paul. Xylograph; Söiinrr, August Hermann, Prwaffecretair; Gbarberl, Gotiiried Hermann, Stellmacher; küßespeck, Friedrich vermann. Buchdrucker; Th»m, Carl Moritz Eduard, Mechaniker; llriah, Friedrich August, Schlaffer; Wrigeldt, Heinrich Bictor. Buchbinder; Aritert, Hermann Eduard, Buchdrucker; NeNolS. Wilhelm Heinrich, Schlaffer; Ailsrath. Heinrich Bruno, Buchkandlungrgehilse; aasptl» Fricd.lch Carl, Tischlermeister. ,« Anmeldung Ans^lnff an die Ttadt-Fernsprechetn» rtchtnug für Leipzig und Bororte. Anschlüsse an die Stadt - Ferusprecheinrichtung sür Leipzig re., deren verstehn«, «och im lausendcn Jahre gewünscht wird, sind, spätesten» bl» zu« 1. Juli bei der Ober-Postdireclion an zumelden. Eine bestimmte Zusicherung, daß die bis zu dem an gegebenen Termine angemeldeten Anschlüsse noch in der diesjährigen Vaupertode zur Ausführung gelangen, kann indessen nicht gemacht »erden. Einer Erneuerung der bereit» vorgemerkteu Anmeldungen bedarf es nicht. Leipzig, den 2S. Mai 1884. Ter kaiserliche Ober-VostSirector. Walter. GrundkSlksverkeigerung. Bon dem Unterzeichneten Amtsgericht sollen ans Antrag der Liquidatoren der in Folge andauernder Krankheit eine- Theilhabcr« aufgelösten Firma H L W. krabltzsch in Leipzig die die'er Firma gehörigen, in knauttlceherg gelegenen, an« Dampsziegelci, Oecouomik-, Wohn- und Nebengebäuden, Feld und Wiesen besteben- de, Grundstücke Fol. 83. 8«, 88 und 104 de« Grundbuch«. Nr. 223, 288. 28». 805. 306, 226, 234, 235. 225, 230. 2V3. 12« und 126» de« Flurbuch« für Knautkleeberg nebst den dazu gehörigen Maschinen und lebenden und tobten Inventarftücken im Gcsammtwerth von ca. Il 3.000 «ark «ttt»och, »eu 18. Juni 1884, vormittag« tl vhr an Unterzeichneter Gericht-stelle freiwillig öffentlich versteigert werden. Di« Beschreibung und Taxen der Grundstücke, Gebäude. Maschinen and der Jnventarflücke, sowie die BersteigerungSbediagungen sind au« den im Bernau'schen Gastbos ia Knautkleeberg und am Gericht«, drei hier auSHLagendcn Anschlägen ersichtlich. Markranstädt, den 28. Mai 1881. königl. Amtsgericht tzaseltft. Flohr. I. Nichtamtlicher Theil. Die EhescheiLunysfrage in Frankreich. Eine vollständige Auflösung der Ehe, wie sie daö protestantische Deutschland kennt, mit dein Recht, eine andere Ehe zu schließe», gicbt e» in Frankreich seit dem Jahre 1816 nicht. Bi» zu diesem Zeitpunkt bestand vom Jahr« 1792 ab ein Zustand, von welchem der französische Justizminister sagt, daß er zu beklagenSwertbcn Folgen führte. Damals war cS nämlich den französischen Eheleuten gestaltet, die Sweidung durch gegen- «eilige Zustimmung herbeizuführen. Ein solche» Recht führt folgerichtig zur Aufhebung keS Instituts der Ehe, Leun sie beueht nur so lange, als beide Tbeile darüber einverstanden sind, daß sie bestehe. Die Grundlage des geordneten Staats- Wesens der Gegenwart ist aber die Familie und der Staat ist am besten organisirt, welcher die Entfaltung eine» auf sittlichen Anschauungen beruhende» tzamilic»- leben begünstigt. Weil die« in Deutschland mehr als audcrSwo der Falt ist. deshalb ist auch unser staatliche» Lebe» bisher gesund geblieben, erst wenn die Bande LeS Familienlebens sich lockern, wenn die Ehe zu einer rein äußerlichen Ein richtung herabsinkl, dann ist auch der Verfall de» staalliche» Lebens nicht mehr zu verhindern. Die Entwickelung des Heranwachsenden Geschlechts kann sich nur in dem Falle aus naturgemäße Weise vollziehen, wenn die Eltern ihre Be mühungen vereinigen» um den Kindern den Weg ins künftige Leben zu bahnen, in ihnen die Keime des Guten hegen und dafür sorgen, daß tüchtige und rechtschaffene Menschen au» ihnen werden. In den Ländern, in welche» die Kinder entweder der Geistlichkeit oder Fremden vor- zugSweise zur Erziehung anvertraut sind, fehlt da» Haupt- ersorderniß für eine gedeihlich« Erziehung, und die Erfahrung hat e» in Frankreich gelehrt, welche Früchte die Auflösung und Zerrüttung de» Familienleben» zeitigt. Für ein gesunde» Familienleben ist aber auch nöthig. daß die Möglichkeit vor» Händen ist, ein unhaltbare» eheliche» Verhältnis anszulösen. In Frankreich fiel mau au» einem Extrem in- andere. Nach dem 24 Jahre lang ein Gesetz in Kraft gewesen war, welche» die Ehe zu einer leeren Form erniedrigte, kehrte man im Jahre 1816 zu dem Zustande zurück, welcher bereit» al» unhaltbar erwiesen war, man hob die Ehescheidung aus und machte das eheliche Berhältnitz wieder unauslv-lich. Die Folgen, welche sich daran» ergaben, sind bekannt. E« bildete sich allmälig diejenige Sorte von Ehen herau«, welche die Heiligkeit der Ehe al» ein Phantasiegehilbe betrachtet und die Ehe nur al» di« bequemste Form erkennt, um den gesellschaftlichen Anforderungen z« genügen. Mann und Frau sind darüber stillschweigend einverstanden, daß jeder von beiden seinen eigenen Neigungen folgt, vorau« gesetzt, daß der äußere Schein gewahrt wird. Ein in dieser Beziehung begangener Fehler zieht dann die Wirkungen nach sich, welche in den französischen Ehebruch», dramen mit so vielem Raffinement geschildert sind. Ta» französische Familienleben in den großen Städten namentlich in Pari», hat sich demgemäß in einer durchau» ungesunden Weise entwickelt und eS ist jener Zustand in den böheren Gesellschast-claffrn die Regel, welcher aus den Namen Ehe oder gar Familienleben kaum Anspruch machen kann. Die Kinder werden entweder Klöstern oder Erziehungs anstalten übergeben, im elterlichen Haus« verbleiben sie gewöhnlich nur im zarten Kiad«»alter, um dann erst wieder, nachdem sie erwachsen sind, zu den Erzeugern rurück- zukehren, wenn diese bi» dahin e» nicht vorgezoge» haben, eine faktische Trennung zu vollziehen. S» scheint fast, al« wenn gegenwärtig, da der französische Patriot,«»,»« sich mit s, größer Leidenschaftlichkeit ans die mititairische Ausbildung de, Nation wirst und Frankreich in ein große» Heerlager verwandelt» in welchem all« übrigen Beschäftigungen neben den militairischen Hebungen nur als Nebensache erscheine«, auch da« Bckürsuiß sich geltend machte, da» Familienleben wieder aus die gesunden natürliche, Grund lagen zu stellen. Da-Ministerium Frrry will nach den Erklärun gen, welche der Justizminister in der Senatssitzung »o» 24. Mai abgegeben hat. beide Fehler, welche bisher begangen wurden, in Zukunft vermeiden, weder die Ehe zu einem jederzeit lös baren Lerhältniß erniedrige», noch durch die Nnauslö-lichkeit derselben der Unsittlichkrit Vorschub leisten. Die Scheidung soll nur in den Fällen zuläisig sein, in welchen heute die Trennung von Tisch und Bett einzutreten pflegt. Liegen wirklich iristige Gründe sür eine Trennung der Ehe vor. so soll den getrennten Ehegatten auch kein Hinderniß in den Weg gelegt werden, eine anterweile Ehe rinzugchcn. Der Senat bat seine Geneigtheit, den Wünschen der Regierung zu ent sprechen, dadurch zu erkennen gegeben, daß er da» Gesetz von >816. welche« die Ehescheidung verbietet, mit 160 gegen litt Stimmen annahm. E» läßt sich schwer sagen, wa» die eigentliche Triebfeder zu der Wiedereinführung der Ehescheidung in Frankreich ge wesen ist, ob der Gesetzentwurf einem tiesgesühltcn sittliche,, Bedürsniß seine Entstehung verdankt. oder ob er in erster Linie vestimmt ist, die Macht der Kirche zu verringern. Eine kirchliche Ehescheidung wird nach wie vor in dem katholischen Frankreich unmöglich sein, denn die katholische Kirche kennt nur eine Trennung, von Tisch und Bett, die Ehe bleibt auch nach ergötzter Trennung bestehen , sie ist nach kirchlicher Anschauung unlösbar. Dagegen will sich der französische Staat aus den protestantischen Standpunkt stellen und seinerseits eine gerichtlich gelöste Ehe als voll ständige Sckeidung gelten lasten. Bei solchen Ehen, welche nur civilrechtlich geschloffen wurden, ist die Sache klar und Eonflicle sind nicht denkbar, wenn aber da» Ehebündniß außerdem die kirchliche Weihe erhalten hat, dann bleibt sür die geschiedenen Ehegatten da» moralische Hinderniß besteben, welche» die kirchlich unauflösliche Ehe sür eine etwaige Wiederverheirathung bildet. Obwohl da» Institut der Civilcbe in Frankreich seit tanger Zeit gesetzlich bestellt, so ist eS doch die Regel. Laß di« kirchliche Trauung dem standeS- amtlichen Acte folgt, da» neue Gesetz würde also keine wesent liche Veränderung herbriführcn, e» sei denn, daß cS zu der Praxi» führte, die kirchliche Trauung in Zulu,ist zu unter lasse». Der heutige Zustand besteht ia Frankreich seit 68 Jahren, «in Zeitraum, welcher hinreichl, um diese» Zustand der lebenden Generation al« unumstößlich er scheinen zu lasten. In Dingen, bei denen die reli giösen Gefühle der Bevölkerung in Betracht kommen, ist eine Acnderuirg stet» ein Wagmß, mindestens ein Versuch, der auch sehlschlagen kann. Tie Franzosen sind meist in religiöser Beziehung indifferent, aber sie hasten an den Formen und eine solche Form erscheint ihnen die kirchliche Trauung. Ist die Forderung nach der Auslösbarkeit der Ehe aus de», Bewußtsein ihrer sittlichen Nothwendigkeit bervorgegangen, dann wird der Verzicht auf die kirchliche Trauung in Frank» reich von der Mehrheit angenommen werden, tritt Liese Wirkung nicht ein, dann ist da« neue Ehescheidung-gesotz ent weder ein Schlag in» Master oder e» wird der Moralität in Frankreich nur noch größeren Schaden bringen, alS sie bisher schon erlitten hat. * Leipzig, 2. In ui 1884. * Die Einladungen zu der Feier der Grundstein legung zum ReichSlagSgebäude sind in den letzten Tagen andieReichStag-abgeordneten versendet worden. ES ist dringend wünscheuswerth. daß die ReichSbotcn durch möglichst vollzählige Anwesenheit den Eindruck der Feier er höhen Helsen. Die Vorstände verschiedener Fraktionen haben diesen Wunsch ihren Parteigenossen noch ausdrücklich mit- getheilt. * Wie man hört, liegt der Kronprinz in letzter Zeit sehr eifrig politischer Arbeit ob und conserirl zu diesem Zwecke säst täglich mit dem Slaatssecrrtair Grasen Ha^seldt entweder im kronprinrlichen Palai» oder in dessen Ttzenst- wohnung. Mit dem Fürsten Reichskanzler siebt der Kronprinz iu regem schriftliche» wie telegrapbischen Verkehr und Fürst Bismarck selbst ist in Friedrichsruhe unausgesetzt in StaatSgeschästcn thätig. Täglich geben ihm zwei Mal und zwar n»t dem Expreßzuge und dem Nachtzuge der Ham burger Bahn die aktuellen Schriftstücke zu und auch der Telegraph zwischen dem Au»wärtigem Amt und FrievrichS- ruhe ist in iebhaster Thätigkeit. * Kaum haben sich sür eine kurze Ruhepause die Pforten de» englischen Parlament» geschloffen, so hat auch der Kamps der Parteien in den Wahlkreisen wieder begonnen. Allenthalben halte« die Parteiführer Meeting» ao und «ameutlich die Eonservativen sind äußerst rührig, dem Cabinet ia de» Provinzen den Garau» zu machen. In dieses Rede- tornier hinein dröhnten nun die Dynamit-Explosionen wie eine Mahnung an die Parteien, nicht zu vergessen, daß noch eine dritte Partei, die seuisch«, sür welche der Kamps mit geistigen Mitteln ein überwundener Etandpunct ist, im Verborgenen ebensall« in ihrer Weise «^itirt. Ein Vierteljahr ist seit ven letzten Explosionen resp. Explosionsversuchen aus einer Reib« von Londoner Bahnhöfen, vergangen, eine Reihe von Dynamitard« wurden seitdem verhaftet und schon konnte man sich der Hoffnung hingeben, durch die umsaffenden Prä ventivmaßregeln seien die Verbrecher eingeschüchtcrt. Jetzt zeigt e» sich, wie schwer e« ist. gerade dem heimtückischen, mehr aus die Masten- al» die Einzelvertilgung angeleqten Dynamitverbrechcn mit Präventivmitteln beizukominen. Wen, e« nicht darauf ankommt, ob er nur eine Person, ein Ge bäude oder eine Masse solcher vernichtet, der kann fein Vor haben natürlich viel leichter auSsührcn al» ein Mörder, welcher einem bestimmten einzelnen Opfer zu Leibe gehl. Freilich scheine» die Dynamitard», Anarchisten und Fenier m der Handhabung ihrer „Waffe" der »ölhigen Sicherheit und Ge schicklichkeit »och zu entbehren, denn erreicht haben sie ver- hältnißmäßig noch wenig; Menschenleben sind den Londoner und anderen Dynamit-Attentaten noch nicht zum Opfer ge fallen, und die mit teuflischer Schlauheit geplanten ExplosionS- versuch« von End« Frbruar scheiterten doch schließlich alle an irarnd einer Incorrectheit der „Maschinerie"; von einem der- selben, und zwar dem am meisten gelungenen, aus dem Bictoria-Vabiihof war bekanntlich um ein Haar auch unser Prinz Heinrich bedroht. — lieber di« jüngsten Vorgänge in London berichtet da» „L. D." von dort vom Sonnabend: * London, 81. Mai. I» letzter Nacht wurde der Westen Londons von drei mächtigen Dynamit-Explosionen erichütterl. welche denselben Charakter trugen, wie diejenige, die seinerzeit tue Lsiciocia- Station der unterirdischen Londoner Eiienbabn lieimiuchie. Di« erste fand «ff de» Sentlan» Paed statt, wo e,n Theil der dort befindlichen Sffcnilichen Gebäude, ». A. d«S Houpr PoÜzeiamt durch die Heftigkeit de« Stoße« beschädigt wurden. Ein unglücklicher Polizei»«» wurde verwundet, und ei» Hau- mit großem Schnaps- AuS'chank »nrd« tyeilweise zertrümmert. D»e »weite »,d dritte Erplosio» fand in Gt. IameS Square statt. Hier hMen di« Uebelihäter vor dem Gebäude de« Junior- Larlton-LlNb di« Sprengmaffe angehäuft. Die Gewalt der Explosion, ivwie der «betieekche Luftdruck beschädigte» die Außrnjeite de» Club. Hause« und Mrtrü»«erten alle Fenster der Rachborichast. Dt« dritte Explosion war die heltigfte und ersichtlich gegen die zum Krieg-Ministerin« gehörigen BoulichkeNen in der Nahe drS Armq aud Navy Llad ans der vcstseite d:S 2q»are g<-richlct. Da« Clubgedäude bildet die Ecke von Pallmall und liegt dem Krieg«» Ministerium gegenüber. Am meisten Schaden litten dort da« Winch stcr-HauS und da» Gebäude, welches dem Parlamentsmitglied« Sir A. W Wynn gehört. Don halte eS auch den Anschein, al» ob eine vierte Cxvlosion stattgcsunben hätte, welche das Adair« House beschädigte, ein Regierniigsgckäudc gegenüber dem Army und N.ivy Club; aber die Absprengungen daran sind so gering, daß sie auch müglicheriveise von dem Gegendruck der erste» Explosionen her- rühren können. Wie icho» getagt, scheint der Charakter aller dieser Explosionen die grüßie Aehniichkeit mit denjciugen zu haben, welche lüngst ans der Bictoria-Bahiistation und an den Regierungs-Gebäuden ia Whiiehall vorgenommen wurden. Ein schwarze« Felleisen, mit Dynamit gefüllt und mit etuem Zünder versehen, ist der Polizei in die Hände gefallen und zwar war dasselbe gegen das Nelson-Monument auf Trasalgar-Sqnare gelehnt. Die Explosionen erfolgten alle fast zu derselben Zeit — kurz nach 9 Uhr Abends. Die ganze Gegend von Pallmall, St. Iamet Streek und St. James Square enlctiüitcrte unter den scharfen Deto nationen. welche weithin gehört wurden, als ob drei Riesenmörser «iner nach dem andern abgescuert würden. Der Hauplstoß wurde im Junior-Carlton-Club gekühlt, dt« Mit glieder saßen dort gerade bei Tisch, sie hönen den ersten Schlaa, wel-bec am w n gsten heftig war und dem sie keine besondere Aus- merkiaiilkeil schenkten. Um so ärger war da« Getöse des dem zweiten. Lin Droichkciikuiicher, welcher aus dem Bock seines Gefährte» saß, das gerade dem Clubhausc gegenüber an der breiten Sette bä DanimcS hielt, sagt aus, daß er vor dem Bürgersteig de- Clnb» hauseS einen einzelnen Mann stehe» sah, der sich enien Augenblick dort beschäftigte und dann schnell davonlics. Unmittelbar daraus wurde der erste dumpse Krach gehört; ein zweiter Schlag rlß da» Pflaster unmittelbar unter den Fenstern des Clubs aus, drückte die Fenster desselben ein nnd richtete in der Umgebung den meiste» schaden an und zertrümmerte zum Theil die Front de» zu» KriegSiiiinistcrium gehörigen Adair-House. Noch Hane sich lue Nachbarschaft nicht von dem gehabten Schreck erholt, noch war keine Mmule verstrichen, als Ichon die dritte Explosion den Lärm und das Entsetzen de- zahlreich zuströmenden PublicumS erhöhte. Von dem Lustdruck erloschen die Laternen ans den Straßen und die Lampen in de» Zimmern und ein schrecklicher Hagel von GiaS, Steinen und Mauerwerk erfüllte die Luft; da zwischen nwchlen sich die Angstruse erschreckter Frauen und da» Gejammer der Linder. AuS den Häusern wälzte sich Alle« ans die Straße. Sobald die Furcht verschwunden, daß weitere Explosionen erfolgen könnten, wandte sich der fliehende Hause um und drängte, von Neugier getrieben, stürmisch zu den Dhaiorlen. Die herbrieilnche» Loiistabler hatten schließlich die größte Muhe, bis zu dem Attentnts- platze vorzudringen, um den wirklichen Schaden, der übrigen» vcrliällnißuiäsj'g sehr gering war, seslstcllen zu können, sowie den anicheinend verletzten Männern und Frauen benuspringen. Da» Geschrei der Frauen in, Erdgeschoß de» „Junior-Carlton-Club" zag z ierst die Ausmerkiamkeit auf sich, doch sank man bei der ll»«r- siichung, das, die Bediensteten des Clubs nicht so sehr verletzt, als durch die Gewalt der Explosion erschreckt und geängstigt waren. Dt« Frauen wurden schnell in Cabs gehoben und nach dem Lharina- Crvß-Hoepiial gebracht. Hier fand man, daß die Verletzten haupt sächlich im Gesicht und an den Armen und Händen verwundet waren; einige batten Lontusionen an den Schenkeln und Verwundungen a« Kops. Die Polizei zog an allen Zugängen zu dem Sgare Lordou». Die Reservepolizisten wurden aus allen Lheilen London- herbei- gerusen, uin die Zugänge zu Scotland ?)ard zu bewachen, »o et» ähnliches ZerstürungSwerk staltgcfundcn hatte. Hier war der Augrist»- vttnct ei» alleinstehendes Gebäude in der Mitte von Scotland-Yard. Die iür den Angriff gewählte Ecke war her nordöstliche Lhett de» Gebäudes, an welcher ein öffentlicher AnstandSort liegt. Li» Polizist ist an dieser Ecke stationirt, welche ganz nahe dem Gasthaa» „zur ausgehenden Sonne" gegenüber liegt. Die Explosion kam an» dem Innern de- AnstandSorteS, einen, häßlichen und dunkeln Winkel, der mit einem starken, eisernen Dach bedeckt ist. Diese» eiserne Dach wurde quer über die Gasse geschleudert; die Mauer de» Gebinde- barst von unten bi» zum ersten Stock auseinander. Die Explosion deichädigte auch da« gegenüberliegende WirthSbauS und verletzte einige darin befindliche Personen. Zwei in der Nähe stehende Wagen, rin Brougham und ein Landauer, wurden stark beichädigt und unglück licherweise wurde auch ein im Dienst befindlicher Polizist schwer verletzt. DoS Ga« erlosch auch hier überall. Der Schauplatz der Zer störung bot ein merkwürdiges und sür diejenigen, welche Kenntaiß von dem Sachverhalt hatten, ein außerordentlich interessante» Bild. Besonder« machte eine Gruppe tiefen Eindruck. In einem stillen Winkel von Scotland Aard standen drei Polizisten und ein Sergeant vor einem kleinen umfriedeten Platz, welche ein dort ousgeschichtcteS dunkle« Eiwal bewachten. Diese Polizisten waren die Wächter von etwa 17 Pocketen jene» tüdtlichen CxviosionSstoffeS, in welchem «au Dynamit vermnthet. Jede« der Packele ist sauber in braune« Papier gewickelt und mit Zündern versehen, welche glücklicherweise versagt hauen. Diese Explosion-gegenstände wurden unintttelbar nach den staitgehabteu Kalaftrophen am Fuße de« Nelson-MonumentS in dem schon oben erwähnten Felleisen aus Trasalger Square gesunden. Bis heute früh haben noch keine Be r ha stun gen sta»gesunden. Die Behörden glaube», daß die Dynamilfunde aus Trafalgar Square amerikanischer Herkunft seien. * In Egypten werden allerlei Bcrtbeidig>mg»anstalten getroffen, die sich mit den neulichcn Sie^eSprahlereien de» Mubir von Tonqola nicht zusaiiinieiireimen lassen. Der Aufstand breitet sich au» und bedroht jetzt schon KoroSko der gestalt, daß man beschlossen bat. die dortige Garnison, sowie die Besatzung von Wabi-Haisa aus die Stärke je eine» Ba taillons zu bringen. Ei» Bataillon nach englischen Begriffe» zählt aber kaum die Hälsle eiiicö preußischen, und dazu kommt noch, daß die designirlen Truppcntsieiie au» cgyplischen Sol daten zusammengesetzt sind, deren mililairischer Werlh minimal ist. Unter so bewandlen Umständen sind die Berthei« digungSanstalten nicht sonderlich imposanter Natur und werden den Aufständischen schwerlich Rcspcct einflößen. Musik. * Leipzig, 1. Juni. Die gestrige Ausführung der Oper „Fidclio" von L. von Beethoven gestaltete sich zu einem Triumph sür Frau Lug er. welche al« „Lconore" vom Leipziger Publicum Abschied nahm. Mehrfach ist auf diese herrliche Leistung der ausgezeichneten Künstlerin hiü- grwiejcn und zugleich mit Bezug aus dieselbe er örtert worden, daß Frau Lug er den Geist der behre» Tondichtung tief ersaßt nnd eine Ekaraktrrgestaltung ent wickelt hat, welche derselben zum größten Ruhme gereicht. Ausrichtig bedauern wir den Weggang der vorzügliche« Sängerin, welch« durch isirc Kunst dem Publicum so rrinsn edlen Genuß bereitete. Möchten derselben die großartigen Ovationen und überreichen Blumenspenken bewiesen haben, daß in Leipzig die Erinnerung an ihr Wirken sortleben wird! Ein Wiedersehen würde die Kunstfreunde gewiß hoch beglücken. * Am nächsten Sonntag, den 8. Juni, al» am Trinitatisfest« findet in der Mattbäikirche wieder eine geistliche Musik- aussührung statt. Der Ehorgesangverein Ossi an ver anstaltet dieselbe wie früher unentgeltlich, nur sür die Pro»
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