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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840610
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840610
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-10
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1884
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7^- — — " " Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Lrdartion und Lrpkditisa JohonneSgaste 33. Sprechstunde» der Urdacti«»: Vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. sür dt« IMikßadi ei»»Iandtn M«nulcrl»t« »acht sich »k N«d»ct>o» nicht »rrdindlich. Auuchtz«« der für Ute nSchftkoI,en»e Nmnmer »estiminte» Inserate a» Sschentage» bt» 8 Utzr Nachmittao», s«G»»n- m,» Festtasen früh bis ' ,V Uhr. Zu den Filialen fiir Zus.-Ännahme: Ott» <le««, Universitätsstrabe 21, 8»>tS Lischt, Katharinen siraße 18, p. «nr »i» '/,3 Uhr. nmMr.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. 1K2z Anflage 18,«»«. AbonnemrntsPreiv oiertelj. 4^/, Mk. incl. Brmgerlohn b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren >ür Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gefalzt) ohne Postbesörderung 39 Mk. «it Postbejörderung 48 Mk. Inserate sigespaltenIHetitzeNe 20 Pf. Größere Schriften laut uaferem PreiS- verjeichniß. Tabellarischer u. Zissernsatz »ach höhcrm Tarif. Urclamrn unter dem Uedartionsstrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pinoniunernwla oder durch Post- Nachnahme. Dienstag dm 1v. Juni 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachsng. Da» Dtacouat zu Lauech« mit Pfarramt zu Psrtitz kommt Anfang Juli lausenden Jahre» zur Erledigung. Da» Einkommen dieser Stelle beträgt neben freier Wob- »ung 2754 55 ^f. Bewerber wollen ihr« Gesuche nebst Zeugnissen bi» zum SO. Auut diese» Jahre» schriftlich bei un» anbringen. Leipzig, den 29. Mai 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Gcorgi. Kretschmer. Bekanntmachung. Ln den hiesigen Bezirkssehulen sino eine größere Anzahl Aretstellen zu vergebe». Bewerber um dieselben haben die Gesuche persönlich aus der Schul - Expedition (RathhauS, ll. Etage, Nr. 12) anzubringe». Für Schüler der 1. bi» 4. Bezirksschule werden die Ge suche io der Woche vom 10. bis 14. Juni, für Schüler der 5. bi» 8. Bezirksschule in der Woche vom 16. bi» 21. Juni Lormittag» von 8 bi» 12 Uhr und Nachmittag» von 2 bi» 5 Ubr angenommen. Leipzig, den 9. Juni t884. Der Schul» Ausschuß der Stadt Leipzig. Vr. Panitz. Lchnert. Uirschoerpachtlmg. Die diesjährige Kirschnutzung aus der Mockauer Etraße vom Magdeburg-Leipziger Bahnübergang« bis zur Alurgrenze der Petzscher Mark soll an den Meistbietenden unter den vorher bekannt zu machenden Bedingungen Mittwoch, den II: d. MtS., BormtttagS v Uhr, i« der Marstall-Sxpeditio« verpachtet werden. Leipzig, den 5. Inn; 1884. De» SlafhH He^anomte-Inspektion. Vremitiolrauctioa. Mittwoch, den I I. Juni er., sollen von Nachmittag» 3 Uhr an aus dem Mltciwaldschlage in Abtheilung 34 des Forstrevier» Coiincwltz ' ca «0» Laufen klein gewachte», harte» Storkholz u»d ca. S8 Haufen Abraum unter den öffentlich au-dängenken Bedingungen und der üblichen Anzahlung an.Ort.und.Stelle meistbietend verlaust werden. Zusammenkunft: aus dem Holzschlag« in der Conne- witzcr Linie oberhalb der Rödelbrücke. Leipzig, am 29. Mai 1884. De^ Rath» Forst-Deputation. Auctionslocal des König!. Amtsgerichts. Gin Heller'schrS Musikwerk, acht Stücken spielend, ein Pianino, Pretiosen, Tlutzuhren, Regulaleure, Spiegel, Bilder, fünf LSachSköpsc, eine Lopirpreffe, ein Gisschrank, ein Bicr- bruckapparal, eine Schuhmachernähmaschine, Nähmaschinen, eine Tafelwaage, ein Petroleumrcservoir. ci» Lloset, Ladentaseln und Regale, eia Waarenschrank, ein Geldschrank, seiner eine Kopsbruck-, rlne Augsburger Schnclldruck- und eine Bcrgoldepresse, eine Schräg- schneide- und eine Belchneidcmaschine, ein Pferd, zwei Rüst-, rin Knilch- und eln Handwagen, Pserdekummele und Geschirre, Leder- snn«, Sattel. Ledcrdccken, ingleichen eine größere Anzahl ein fache «u» feinere Möbel, Bettstellen mit Matratzen, Federbetten, Kleidungsstücke, Tamenhüte, Mvirepapier, Schurzleder und viele andere Gegenstände, sowie 280 Bände des Werke» „Runftübende Frauen", 2«« Sxemplare „Luther i» Wart nn» vtld" und » andere Werke, deren Nüchcrzahl circa 75V Bände beträgt, sollen Donner-tag, den IS. ds». Mt».. »on 1v Uhr v-rmittag« und S Uhr Nachmittag» a» versteigert werden. Besichtigung kann Mittwoch Nachmittag erfolgen. Leipzig, den 7. Juni 1884. ————— Birlß, Gericht-Vollzieher. Versteigerung. Arettss, den IS Juni 1884, dsn Nach«. » Uhr a», sollen die auf dem in Reudnitz (Täubchenweg) gelegenen Holzplotz» der Firma W. Fischer Löhne für fremde Rechnung lagernden Nutzhölzer. als: 9 Stück geschnittene eichene KlStze, 1 ungeschnittener dergl., ca. 220 Stück eichene, erlene, fichtene und Ahorn- Pfosten, eine Partie Schwartenpsosten, eichene» Quadrat- und Lagerholz, eichene, fichtene und Ahornbretter, 1 geschnittener Lindcnklotz u. s. w. meistbietend gegen sofortige Barzahlung öffentlich versteigert wrrde». Leipzig, den 7. Juni 1884. Stein deck, Gerichtsvollzieher. Sirbstakrls-Vrkanntmachllllg. Gestohlen wurden allyier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Lin Regenschirm mit schwarzem halbseidenen Ucberzug, Stock von Bamdu-rohr mit gebogenem Griff und drei Quasten, aut einem Gelchästslocale in Nö. 1 der Grimmaischen Straße, am 28. vor. MtS. Abends r . . 2) ein Portemonnaie von gelbem Leder, mit Messingbügel, enthaltend drei Markstücke und einen LcihhanSschein über einen »erpISndeten Radmantel, au» einer Wohnung in Nr. 11 der Ulrichs- gaffe, am 29. vor. Mts.; 3) ei» Manu-tachnrt von schwarzgraumelirtcm Stoffe, mit ti,er Reihe Steinnußknövfc», Seitentaschc» mit Palten, schwarzen, Woll- atla-snttrr und mit dem eingcstickten Namen „llomrioü Tlua»»«o" oul,r dem Henkel, au« einem Arbeit-locale in Nr. 76/77 am Brühl, vom 28. bi- 31. vor. Mi-.; 4) eia «beniolches Jogurt vo» grauem kleincarrirten Stoff, mit braune» HornknZpsen, Lc>tentaschen mit Potte», Rücke» ungelüttert, »nd schwarzem Fniter, sowie em Packet, enthaltend vier iveißle>nene Taicheutüchcr. S. II. bez. L. L. gez.. au- einem Wartesaol im Dresdner Bahnhof, am 31. vor. Mts.; ö) ei» schwarzer Frack mit blau- und weißgestreiftem Aermel- o»d schwarzen, Schooßsutler, au- einer Schlafstube in Nr. 19 der Ringstraße, vom 23 vor. bi- I. dss. Mts.; 6) ei» Grlbbetrag von 4 ^l 5V in Silber- »nd Nickel- münz«, au- einer Wohnung in Nr. 60 der weststraße, am 2. df». Mt-. Abend-; 7) ein schwarzlederne» Portemonnaie mit w:ißem Bügel, e»t> haltend 5v^j und icch« Badcblllcl» für da« Friedrichsbad. sowie er» draunlederncs Portemonnaie mit 22 4 Inhalt, au- einer Ankleidezelle im Friedrichsbad, am 3. ts«. MtS. Abend-; 8) ein Iaguet vo» bräunlichem, carrirtem rauhen Stoff, mit zwei Reihen Knöpfen, Seitentaschen mit Patten und schwarze», Woll- atla-sutter, »in Paar Hosen von schwarzein Tuch, säst neu, mit gelbe» Knöpfen, ei» Paar dergleichen alt (aus de» Knöpfen ist die Firnis „Oloweuo Daniel», ?»ckerdorn' ausgeprcßt) und eine schwarze Tuchweftc, ferner ein Nock vo» geriestem Stoffe, mir einer Retde schwarzen Horuknöpsen und schwarzem WollallaSsuiter, au- einer Schlafstube in Nr. 1 der Dresdner Straße, vom 2. bis 4. dsr. Ml«.; 9) ein Loiumerüberzirher vo» grauem rauhen Stoff, mit einer Reihe Steinnußknöpsen, verdeckter Batterie, Seitentaschen mit Palten, braunseidenem Futter und unter dem Henkel mit dem ein- gestickten Namen „4. Dllrpe", au» dem Borsaal einer Wohnung in Nr. 63 der Südstraße, ain 4. ds«. Mt«. Nachmittag-; 10) drei Deckbett«« und vier Aopskiffc» mit roth- und wetß- gestreisten InletS, erstere IV. 8. gezeichnet, zwei Deckbetten und ein Kopfkissen mit blau- und weißgestreiiten InletS und ein Kops- kisscn von rother Farbe mittelst Nachschlüssel- au- einer Boden kammer in Nr. 6 der Südstraße, in, Lause der letzivergangenen 8 Tage; 11) zehn Kaninchen, von grauer, schwarzer bez. weißer Farbe, mittelst Einbruch- au- einem Stalle in einer Gartenabtheilung am Dösencr Wege, in der Nacht vom 3. zum 4. dss. MtS.; 12) ei» schwarzer halbseidener Regrnschir«, mit braunem Stab, gebogenem Griff und Messt ngbcscklag, au- der Flur de- HauseS Kümg-platz 13, am 5. ds«. MtS. Abend-; 13) ein schwarzlederne- Portemonnaie mit Stahlbügel, ent- haltend 7 ^l 2» 7>j, in zwei Thalern und kleiner Münze, au« einem Sarderobclocale in Nr. 24 der Peter-straße, am 6. dl«. Ml-, Vormittag«; 14) ei» Zehnmarkstück aus einem Schlaslocale in Nr. 6 An der Pleiße, zu derselbe» Zeit; 15) eine silberne Ghlinbernhr mit Secunde, Goldrand, auf dem Zifferblatt mit der Firma „Onrl IVernnIre, Ltasskurr" und ciselirter Rückseite mit Schildchen, nebst kurzer Talnttkrtte, aus einer Wohnung in Nr. 109 der Berliner Straße, vom 6. bi« 7. ds-. Mt-.; 16) Vierzehn weißleinene Taschentücher, theil- mit rother, theil- mit blauer Kante, zwei Paar weiße baumwollene Unterhose» und eine weiße baumwollene Unterjacke, sömmiliche Stücke „Ueinix" gez., in der Zeit vom 31. vor. bi- 4. ds» MtS. au- einer Wohnung in Nr. 8ö der Windmühlenstraße; 17) Lin kleiner Glut von schwarzem Leder, enthaltend einen goldene» Ni«» mit der Gravirung 6ott »cdütre Dick oder Ledüt Dick Sott, sowie ein Mannsjaqnet von schwarzem Lilstre, au- einer Wohnung in Nr. 8 der Seeburgstraße, in der Zeit vom 1. Januar bi< Mitte April ». e. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Errminal- Abtheilniig zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 9. Juni 1884. Da» Polizei-Amt der Ltadt Leipzig. Bretschneider. Kneschke. Nichtamtlicher Theil. Rußlands außereuropäische Politik. * Seit der Wiederannäherung Rußland- an Deutschland kann man nur mit Befriedigung die Wahrnehmung machen, daß die Petersburger Politik bezüglich ihrer Beziehungen ,u Europa eine thatsächlich friedliche geworden ist. Diese Ruhe schließt aber freilich nicht au», daß die russische Diplomatie ihre Adsichlcn und Pläne in Mittelasien und an den Küsten dcS Stillen Lccau» fortwährend im Auge behält. In Mittel asien werden große Anstrengungen gemacht, die in jüngster Zeit gewonnenen Etappen aus dem Wege nach Indien zu sichern und mit Stiitzpuncten sür weitere Unternehmen zu versehen. In den Oase» der Mcrw-Turkmenen werden Be festigungen und Gebäude errichtet, die, im Bcreinc mit großen militairischcn Magazinen, auch die Angriffe einer stärkeren Macht abweisen lasten, als die der benachbarten asiatischen Horden. Russische ErsorschungScomiiiissionen durchstreifen die weiten Strecken zwischen dem KaSpisec, Merw und dem OxuSthale, um Studien zur Anlage einer Militair- und Handelsstraßeanzustelle», welche die inTurkcsian vorgeschobenen russischen Posten verbinden soll. Man beabsichtigt, diese Straße mit starken Fort» zu schützen. Brunnen. Cistcrnen und Sammelbecken an den rasch versiegende» kleinen Wasserläufen der Steppe herzustellen, um so den Marsch gewaltiger Truppen- masten und die Mitführung großer Heervcn und vieler TranSporlthiere zu ermöglichen. Wo größere Oase,» den Betrieb von Feld- und Gartenbau gestalten, sind militarrische Ansiedelungen in Aussicht genommen. Schon längere Zeit beschäftigt man sich mit dem Plane, hinter dieser Linie eine Elscnbahn zu errichten, ja es haben dazu thettweise in den dichter bevölkerten Gebieten der turkrstanischen Khanate die Vorarbeiten schon begonnen. Gleichzeitig wird auf dem äußersten linken und rechten Flügel eine weitere Vorrückung versucht. Südwestlich von Merw ist von den Rüsten Sarach» militairisck besetzt worden. daS nach englischen Karte» schrn aus afghanischem Boden, nach der russischen Generalstabskarte allerdings noch inner halb jene» turkmenischen Gebiete» liegt, aus welche» Persien wiederholt Ansprüche gemacht, ohne aber Liese dauernd behaupten zu können. Im Osten, in dem sogenannten afghanischen Turkesta». arbeiten die crbgesrssenen Stammes häuptlinge aus russische Rechnung, um die Oberhoheit des EmirS in Kandahar abzuschüttcln. Die Bewegung ist dort, am oberen OxuS, während dcS Winter» so ernst geworden, daß der Emir zu einem Feldzüge gegen die Rebellen sich ent schließe» mußte; er sammelt gegenwärtig unter den Mauern seiner Hauptstadt ein Heer, dem er, Dank Len reich lichen Unterstützungen, die ihm au» der englisch indischen StaatScasie zugeslosten, einen viermonatlichen Sold voraus zu bezahlen vermochte. B>»»e» einigen Wochen wird man von blutigen Tressen ans de« asghanisch-turkestanischen KriegSschauplatze hören, welche al» Vorspiel der Kämpfe gelten können, di« dort immer unvermeidlicher werden, je näher die russischen Grenzen dem indisch - britischen Reiche rücken. Vorläufig dienen allerdina» „och die sogenannten unab hängigen Staaten de» Zwiscbenlanve» al» Sloßdallen; allzu lange vermögen sie aber nicht Widerstand zu leisten. ES hält nicht schwer, die Zeit zu bestimmen, in der dieser Wider stand völlig gebrochen sein wird und al-dann stehe» sich Englänter und Rüsten unmittelbar gegenüber. Lange werden sich beide kaum friedlich betrachte» und der große Enschei- dunaSkamps wird zwischen ihnen jedenfalls geschlagen werden müsie». Weniger klar in den Zielen und in der Wahl der Weg« geht die russische Politik am Stillen Oceane vor; aber auch dort rüstet sie sür weitaus blickende Pläne Seit einem Menschenalter, zumal aber seit der Besetzung deü Amur- gebiete», ist dort Rußland der unmittelbare Grenznachbar China» geworden und mit diesem in lebhaften Verkehr ge treten; c- hat mit China gehandelt, gezankt, sich verglichen und abermals Streit begonnen. Russische Forscher haben den größten Theil des chinesischen Reiche» durchstreift und sich ge nauen Einblick i» besten materielle und militairische Verhält nisse verschafft; russische Diplomaten von der vielgewandlcn asiatischen Ablbeilung haben die StaatSknnst ihrer bezopften College» in Pekin studirt, während russisch-orthodoxe Missio- naire in den Handelsstädten jenseits der großen Mauer sich ergebene Gemeinden zu schaffen wußten. AuS dieser unermüdlichen Thäligkeit Rußland» ergaben sich vorerst allerlei materielle Bvrtheilc sür die Gegenwart, während späterhin immer deutlicher der Plan hcrvorlrat, an dem Tage, an welchem China die Beute fremder Eroberer werten sollte, de» Löwenanlhcil Rußland zu sichern. Seit die Franzosen in Tonki» sich festgesetzt, wachte die russisch- asiatische Ablbeilung eifersüchtig über deren Fortschritte, ja gegenwärtig, seit dem überraschenden Friedensschlüsse von Tsien-Tsin wird im russischen Nackbargebiele eine geradezu aus- sällige Thäligkeit entwickelt. Die Garnisonen werden verinchrt, die Kosakonansiedelungen läng- der Grenze verstärkt, ncueHafen- vrte angelegt und die alten stärker befestigt. Angeblich soll die« AUcS geschehen, um in Bereitschaft zu sei», wenn die Vollendung de« Panama-CanalS die Verhältnisse am Stillen Ocean u»>- gestalten und die Küstengebiete Ostasien» neuen Unterneh mungen erschließen werde. In Wirklichkeit gilt e» aber nur, die Frieden-Pause in Europa auszunützen, um sür den Ein tritt einer großen Katastrophe i» China gerüstet zu sein. Dabei werden auch keinen Augenblick die Vorbereitungen in Mittelasien unterbrochen, weil Rußland stets den Tag im Auge behält, an welchem e» sich um den Weiterbestand der britischen Herrschaft am Indus und Gange- handeln wird. Leipzig, 10. Juni 1884. * Zur parlamentarischen Lage wird ofsiciöS ge schrieben: „Die Zeitungen beschäftigen sich mit dem gewachsenen Arbeitspensum deö Reichstages und sind der Mei nung, daß derselbe »ach Erledigung der Unsall-BersicherungS- vorlage auseinander gehe» werde, um im Herbste noch einmal »usammen zu kommen. Diese Auffassung contrnstirt doch seltsam mit der Hingebung und dem Fleiße, welchen die BnnkeSrathS-Ausschüste der Bearbeitung der gegebene» Vor lagen widmen — sie sitzen jetzt täglich 5, 6 Stunden bei einander, um daS vorhandene ArbeitSquantum zu bewältigen. Das Programm der kommenden Sitzungen ist freilich ein großes: zu der Unfallvorlage, dem Aclieiigesetz. den PensionSgesetze», derDanipscr-Subventioniriing sind neuerdings nock dicGesckästö- steuer- und Znckervorlage gekommen, sowie die Zolttansnvvelle. Nichts desto weniger sind wir der Ansicht, daß an ein so baldige» AnSeinandergehcil de» Reichstages nach Erledigung der Unsall- vorlage nicht gut zu denken ist. In dem setzigen Reichstage sitzen gerate >enc Mitglieder, welche am eifrigsten die Vor legung von Gesetzentwürfen betr. daS Acticnwescn, die Börsen» bcsieucruiig und dcS ZuckerstenergesetzeS verlangt habe». Die Regierung ist diesem Verlange» durch Vorlegung der Gesetz entwürfe »achgekommc» und hat gewiß keinen Anlaß, jetzt zurnckzutrelen, nachdem sämmtliche NessorlS de- Reich« sich seil Monaten in der angestrcnglesien Arbeit befunden babc», »m daS Verlangte zu Stande zu bringen. Wenn der Reichs- tag da- Arbeitspensum nicht erledigen wollte, so werden wir wohl eine Hcrbstsrssion haben, aber mit dem neuen Reichstage. — Dem Vernehmen nach haben die BundcS- rathS-Auöschüste den Geschäftsstelle» - Cnlwurs in erster Lesung zu Ende geführt. Man bat dieser wichtigen Materie an zwei Tagen zc vier bis süns volle Stunden aiigestrciigtestcr Arbeit gewidmet — eine Tbatsache, die gewiß so beredt als möglich dafür spricht, daß diese hohe Körperschaft mit Eifer und Hingebung an ihre schwierige Ausgabe hcrangetreten ist und mit größler Gewistenhastigkctt sich der mühsamen Durcharbeitung de- ebenso reichhaltigen als verwicke,..., Detailmaterials unterzogen hat. Wir möchten in diesem Verhalten einen neue» Beweis erblicke», daß der VundeSrath ebensoweit davon entfernt ist, an ihn herantrelende Vorlage» qurmck mkwo zu acceptiren — denn auch der in Rede sichclike Entwurf wird wohl nicht ohne einzelne Acndernnqen au» den Berathungen der genannten Körper schaften Hcrvorgehen — als von einer Abneigung gegen die Materie überhaupt." * Dem BundeSrathe ist al» Antrag Hamburg» folgender Gcsehenlwurf, betreffend die Abänderung des tz. 802 der Civilproceßorvnung, zugegangen: „Einziger Artikel. An Stelle de« ß. 802 der Livilproceßordnung vom 30. Januar 1877 tritt folgende Bestimmung: H. 802. Die Entscheidung über das Gesuch erfolgt im Falle einer vorgünqigen mündlichen Berkiandlung durch Endnrtheil, andernsall« durch Beschluß. Ist der Anest durch Endurtbeil angcordnet, so bedarf es sür die Vollziehung des Arreste- der Zustellung des Unheils an de» Schuldner nicht. Den Beschluß, durch welchen ein Arrest auqeordnet wird, Hot die Partei, welch: den Arrest erwirkt hat, zu- stelle» zu lasten. Die Zustellung wird, wenn der Ausenlhal! des Schuldner- bekannt ist. mit der Ausgabe zur Post iK- 16l) als be wirk» angesehen, wenn der Aufenthalt unbekannt ist. mit der An heftung einer beglaubigten Adichrtsl des Beschluss»« an die Gerichts- talel. Der Beschluß, durch welchen das Arrestgeiuch zurückgewiesen oder vorgöngige Gicherbeitsleistung für erforderlich erklärt wirb, ist dem Gegner nicht nntzutheilen". In den Motiven w rd an-aeführt: Die Vorschrift des ff. 671 der Civilproceßordi'ung. daß die Zwangsvollstreckung vor Zustellung de- Unheil« nicht beginnen ditrs«, bezwecke lediglich die Bcrhinderung einer unbilligen lieber,aiüiung de« Schuldners mit Zivaiigsvollstreckungsmaß- regeln. Diese Rücksicht aber treffe keine-weg- bei Arresten zu, welch- in der Regel zur Voraussetzung haben, daß besorgt werden dürse, der Schuldner werd« ohne den Arrest dt« Zwangsvollstreckung vereiteln oder erschwere». Hier werde allen erforderlichen Rücksichten ge- »Sgend Rechnung getragen. wenn nur da« Nöthig« geschehe, den Schuldner unverzüglich vo» der Anordnung de- Arreste« in Kennlniß za setzen. Dies bezwecke dir beantragte Aenderang. * Der Handelsvertrag zwischen der Transvaal- Republik und dem deutschen Reich, welcher von der in Berlin anwesenden TranSvaal-Deputation mit unserem Auswärtigen Amte vorbereitet wird, soll sich nach dem „Deutschen Montags-Blatt" gleich demjenigen der TranSvaalerS mit Frankreich al» ein solcher gestalten, welcher Deutschland die Rechte meistbegünstigter Nationen einräumt. Daß die Transvaal«Dcpulation nach Berlin gekommen ist, trotz de- zuvorkommenden Angebote» dcS Fürsten BiSmgrck, die Verhandlungen in Amsterdam führen zu lassen, bezeichnet nicht etwa daS Vorhandensein besonderer Schwierigkeiten. Die tapferen Transvaal-Deligirtcn wollten Europa nicht wieder verlassen und »ach ihrer fernen Hcimalh zurückkehrcn, ohne den ruhmreichsten Herrscher und de» ersten und leitenden Staatsmann Europas, ohne Kaiser Wilhelm und den Fürsten Bismarck persönlich gesehen und zum Nutten ihre» Landes an Ort und Stelle, das heißt in Berlin selbst, die Interessen der Transvaal-Republik ver treten zu haben. * Ueber das geplante Niederwald-Attentat schreibt ein gelegentlicher Eorrespondent der „Allg. Ztg " a»S dem Rheingau: „Wie ich Ihnen au» zuverlässiger Quelle mit- theilcn kann, war dasselbe nickt, wie vicisach angenommen wird, gegen daS Denkmal selbst und das vor demselben er richtete Kaiserzelt projectirk, sondern sollte den kaiserlichen Zug bei der Auffahrt zum Denkmal treffen. Ein Spreng- versuck in der Nähe de« Denkmals war durch die Vermaue rung sämmtlichcr Bewästerungsröhen unterbaib desselben unmöglich gemacht. Wohl aber wurden in BcwästerungS- röhren, über welche der Fürslciizug aus dem Wege zum Niederwald fuhr, Dynamitquantitätcn aufgesunden." * AuS dem Umstande, daß der präsumtive Thronfolger von Württemberg, Prinz Wilhelm, am Pfingstmontag mit seinem Töchterchen eine Reise nach England an- aetrelen, bat man etwas voreilig aus die Absicht einer Ver lobung mit der noch unverheiratheten jüngsten Tochter der Königin von England, Prinzessin Beatrice, schließen wolen. In Wirklichkeit handelt cs sich um eiuen Condolenzde^rch, de» Prinz Wilhelm seiner vor kurzem verwittweten Schwä gerin, der Herzogin von Albany, abstattet. Die vor zwei Jahren ii» Wochenbett verstorbene Gemahlin de» Prinzen, geborene Prinzessin von Waldeck. war eine Schwester der Herzogin von Albany. Im Ucbrigen scheint die in Oester reich angesessene katholische Linie de- württembergilchen RegentenhauseS mit der Möglichkeit einer Erbfolge schon stark zu rechnen. Der achtzehnjährige Herzog Albrecht, der schließlich zum Throne berufen sein würde, hat sich vor Kurzem an der Universität Tübingen immatriculirrn lasten. * Der frühere braunschweigische Iustizminifter, Wirkt. Geh. Rath vr. Tricps, besten Tod wir gemeldet, war in Braunschweig geboren. Nach beendetem RechtS- sludium ließ er sich in seiner Vaterstadt als Advokat nieder, trat später als ObcrlandeSgerichlsrath in den Staatsdienst, folgte aber sodann einem Rufe als Obergerichtsrath «ach Hamburg. Zum Präsidenten de- Oberlaudesgerichte« in Wolscnbüttel ernannt, trat er wieder in den Braunschweiger Staatsdienst ein und wurde 1874 nach dem Tod« de« Staats minister» v. Campe in da» Ministerium berufen. In der Stellung als Iilffizminister hat sich TriepS bei der Einführung der neuen Gerichtsorganisation im H-rzogthuin da» größte Verdienst erworben, bei dem Herzoge nahm er namentlich seit der von ihm geleiteten ErbschastSregulirung mit der Stadt Gens eine Vertrauensstellung ein. 1882 trat der Verstorben« aus sein Ansuchen in den Ruhestand. « » » * Die Wiener „Neue Freie Presse" widmet der Grnnd- steinlegung de« neuen ParlamentShause» in Berlin ihren ersten Artikel. ES heißt darin: „Es ist ein Licht blick unserer Tage, daß am schönsten Platze der rastlo» wachsenden Hauptstadt des deutschen Reiche« die ersten Steine zu einem gewaltigen Parlamentsbau gelegt werben» der künftigen Geschlechtern die Unverwüstlichkeit des konstitutionellen Gedankens verkörpern wird. Mit dem Hammerschlage, den Kaiser Wilhelm sübrt, erkennt er an, daß daS deutsche Reich ohne die nationale Volksvertretung nicht zu denken ist". * Während die Deutschen in den Stäbten Ungarn» zu Hunderten und Tausenden in das Lager der Magyaren über laufen und gegen eine Gebühr von 50 Kreuzern ihren ehr lichen deutschen Namen mit einem magyarischen vertauschen, während die deutschen Reste im ungarischen Erzgebirge immer unbedeutender werden, da« Dcutschlhum der Zip» nur noch schwache Verbindung mit dem deutschen Mntlerlande unter hält und die Deutschen in den Comitaten Eisenburg, Oeden- burg und Wicsclburg ihre Muttersprache nur lässig gegen Magyarisirungsbeslrcbungen vertheibigcn, Hallen die 224,000 Siebenbllrger Sachsen mit stolzer Festigkeit an deutscher Sprache und Cultur fest und setzen allen ihrem BolkSlhum feindlichen Gewalten beharrlichen Widerstand entgegen. Aber auch die 800,000 „Schwaben" im südlichen Ungarn bewahren treu ihre Nationalität, wenn auch aus ihrer Mitte mehr zu Renegaten werden, als au» den Reihen der siahlhartcn Sachsen. Bor hundert Jahren waren eS höchsten- 80.000 Deulscke. die sich im Temescher Banal, in der Balsckka (BacS-Bodroahcr Eomitat) und in der sogenannten „schwäbischen Türkei" (tcu Eomitalen Tolna und Barauya) nickergelaste» und angcsicdelt halten. Turck spätere schwache Zuwanberungen, allermeist aber aus sich selbst berauS, bat sick riese Zahl in hundert Jahren verzebnsackt, eine Erscheinung, die nur an dem starken Anschwellcn der Franzosen in Caiiara ein Scitenslück hat. Auch heute noch vermehren sich die Schwaben Süd-Ungarnü in starkem Maße. Durch Güterankans und Urbarmachung wüster Strecken breiten sie sich immer noch mit großer Schnelligkeit über rumänische, serbische und auch magyarische Ortschaften au», und weile Landstriche, die vor 50 Jahren noch ganz rumänisch oder scrb-sch waren, zeigen jetzt ein so deutsches Gepräge, daß nichts mehr an die früheren Bewohner erinnert als Flur- und Ortsnamen. Kein Volksstamm Ungarn» kommt den Schwaben an Fleiß, Cparsamkc.l und Kindersegen gleich. In der Regel leben sie, der Cprachensrage wenig oder gar keine Aiismerksamkeit schenkend, ruhig in ihren Dörfern, sehen mir Unwillen, wie ilne sludircadc Jugend sich manvarisirt, und bleiben selbst, wie ihre Vorfahren, wackere, brave Deutsche. Jüngst feierte die deulscke Gemeinde Torzsa in der Batschka daS Fest ihre» hunderljäbrigen BestankeS. Diese Feier ist be sonders dadurch interessant, daß zwei katholische deutsche Geistliche in ihren Steden den oenlschen Slandpunct ganz entschieden betonten, die Pfarrer Bicrdruimcr und Schnre- berger. Letzterer sprach nngcsähr Folgende«: „In dieser Mauern Mille ist echt deulscke Sitte zu finden. In Amerika ist deutsche Sitte geliebt und geacklel; bis zum Kaspischen Meere gedeiht unter ihren Fittichen deutscher Fleiß und deutsche Cultur. In Ungarn hat deutscher Fleiß, deutsche Tugend und Sparsamkeit ein trauliche- He„» gesunden. Emsig und friedlich entwickelt der deutsche Eolouist seine Eolonie. wie der freie Vogel den Bau seines Neste». Wir sahen den deutschen Biedermann nicht nur auf
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