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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840617
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840617
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-17
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.06.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. »itarN-n «uß «rprditio» Johannesgaffe SS. Aprechlkn-k» der KrSaciüm: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» b—6 Uhr. »»»«, N»a^>« eM,8«»ter ä^» sich »» tü»aru»» »ich« »«rtwvtich. - »er f»r »te »i«Mol,«n»e »«»«er »rfttmmten Inserate an Wochentagen 21« » Uhr Nachmtttaa«, ««Ga««»««» Fefttngeu fräh ht«'/,» Uhr. I« de« Filiale« für Las.-Aimahiae: Ott« Oie»», UniversitätSstraße 21. rants Lischt, Katharinenstraße 18, p. «nr »t« '/.» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anflage 18,60«. Adonnementvpreis oiertelj. 4'/» Ml. incl. Bringerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Kummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne PosibelSrdkiung 39 Mk. «it Postbesörderung 48 Mk. Inserate ssaespaitem Petitzeile 20 Pf. Größere «christen laut unserem Prel»- verzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz »ach höherm Tarif. Reklamen unter dem Ncdactionsstrich die Spaltzcilc 50 Ps. Inserate sind stet» an die Eypedtti»« z» senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pkTallumeruiiäo oder durch Post nachnahme. 189. Dienstag den 17. Juni 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. SeMbe-Vermielhun-. Eingrtretener Umstände halber ist da» rrither an Herrn Kaufmann Küntzel vermicthet gewesene sog. Bühnen- newülhe Rtr. L unter dem Rathhanse (Marktscite) sofort oder später gegen etahalßjährlteh« Kündigung anderweit zu vereniethr«. Mietbgesuche werden auf dem Rathbause, 1. Etage. Zimmer Nr. 17, entgegengenonimen, auch können ebendaselbst Me BermiethungSbedmgungen und das Jnventarium de» zu l»«rmleihenden Gewölbe» emgesehen werden. Leipzig, den 12. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stög. Bekanntmachung. Die zur Submission ausgeschriebene Lieferung der zur Dampskesselbeizung der hiesigen Sladtwasierkunst auf die Zeit vom 1. Juli dieses JahreS bis zum 30. Juni 1885 erforder lichen Steinkohlen ist vergeben und werden die unberücksichtigt gebliebenen Herren Bewerber deshalb hiermit ihrer Offerte» artbunden. Leipzig, de» 14. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Elchoriu». Bekanntmachung. Bei der kürzlich begonnenen Heuernte ist, wie auch schon in den Vorjahren, die Bemerkung gemacht worden, daß auf de« der Stadt Leipzig gehörigen und größtentheil» verpachteten sogenannten RathSwiesen vielfach, insbesondere von Frauen und Kindern, schon nachgeharkt wird, bevor da» Heu voll ständig abgefahren ist. Es hat diese« Gebühren schon wieder holt zu Klagen und Beschwerden seiten» der Pächter Anlaß Ageben und wird daher darauf aufmerksam gemacht, daß da» Betreten der Wiesen zu obaedachtem Zwecke vor vollständig beendeter Ernte verboten und nach ß. 368 eud g des ReichSstrasgesetzbuch» in Verbindung mi! Artikel 8 sub 2 und 5 de« FcrststrasgesetzeS vom 30. April 1873 mit Geldstrafe bis 60 oder mit Haft bi« zu 14 Tagen zu bestrafen ist. Gegen Zuwiderhandelnde wird unnachsichtlich «ingeschritten werden. Leipzig, am 14. Juni 1884. Das Polizrianet der Stadt Leipzig. Bretschneider. N. Don dem Unterzeichneten Armenamte sollen im Stadthause allhier (Eingang Mühigasie Nr. 7) Donnerstag, den 1». Juni ». Dorin. von S Uhr an eine Partie getragene Kleidungsstücke, einige Möbel, Hau»- und Küchengerät!,e. Taschenuhren, Betten u. dergl. m. meistbietend gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 12. Juni 1884. ' ' DaS Armenarnt. . Luvwig-Wols. Junghäbnel. Da» am 20. März 1870 von der Unterzeichneten Behörde für Artesrich Hermann Hrlliing von hier ausgestellte Dienstbuch ist »or längerer Zeit abhanden gekommen «nd im AnsfindungSfalle anher abzuliesern. Leipzig, am 14. Juni 1884. Las Voll,eiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. BiMahls - Bekanntmachung. Gestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Gin schwarzseidener Regenschirm, fast neu, mit gelbe« Rohr- st»b und Hirschhorukrücke, au» der Flur de» Hause» Nr. 29 der Hoi« st ratze, am 27. vor. Mt». Vormittag»; 2) ein brauner Regenmantel, mit Sammet avSgeputzt und einer Reihe Hornknöpfen, au» dem Borsaal einer Wohnung in Nr. 1 b der Fregestraße, am 6. ds». MtS. Nachmittag»; 5) ein ichwarzlederiieS Geldtäschchen mit weißem Schlößchen und einem Inhalte von 12 in einer Krone und einem Zwei markstücke» au» einer Ankleidezelle im Dianabad, am 7. ds». MtS. Abends 4) eme silberne Anker-Remontairnhr mit Secund«, kiselirter Rückseite mit wappenähnlichem Schildchen, im Innern de« Gehäuses mit der Nr. 16,285. I8/I5 nebst kurzer Rtckelkettr, daran als Berloque ein Conwatz, aus einer ebensolchen Zelle in demselben Lad« zu gleicher Zeit; b) eine neusilderne Eyllnderuhr mit geriefter Rückseite mit rmidem Plättchen und den, im Innern des Gehäuses eingetritzelten Zeichen ö. 1015, au« einem Locale im Hose deS Grundstücks Nr. 11 der Kleinen Fleischergasse, in der Zeit vom 7. bi» S. ds». Mts ; 6) eine neusilderne Lpindeluhr mit wappenförmigem Schildchen in der Mitte der Rückseite, nebst kurzer Messingkettr, auS einem LrbeitSlocale in Nr. I5d der Pfaffendorfer Straße, am S. dsS. Mt». Nachmittags; 7) ein alte» schwarzlederne« Geldtäschchen mit Stahlbügel, ent- -altend 52 ^!, in Thalern, Zwcimark- und Markstücken, ferner ei» vergoldeter Siegelring mit rothem Stein, ein ebensolcher Ring «it rundem weißen Stein, eine versilberte Luttzrrdenkmänrr. ein kleiner weitzer Varton, darin zwei goldene gerieste Trauringe, L. 8., bez. 8. X. ck. 27. Novbr. 1867., ferner ein goldener »ring mit Granaten, ein Paar goldene Ohrringe mit weißte nen, eine silberne Vyltndernhr mit Secunde, Goldrand, goldenem Bügel und woppenähnlicher Berzicrung ans der Rückseite und eine kleine Glasnlocke über ein Talchenuhrgehäuse, mittelst RachschlüstklS «l» emer Wohnung in Nr. 18 der Magazingaffe, zur nämlichen Zeit; 8) ein weitzwollener Frauenunterrock, eine Leroietke, ein Hendtnch und eine Tischdecke von braunwollenem Ripr, mit gelb- seidener Kante, aus einer Wohnung in Nr. 18 der Südstraße, in der Zeit vom 26. vor. dis 10. dsS. Mt«.; 9) ein weitzleinenes Betttuch, gez. II., ein Riffenüberzug von weißem Piquö, eine kleme gehäkelte weiße Tischdecke und ein «etße» Täpfche» mit Fett, au» dem Borlaal einer Wohnung in Nr. 22 am Ranstädier Steinweg. am 11. ds». Mt». Mittag»; lv) zwei Fischnetze mit Reisen von Schwarzdorn, au» dem Meißen flösse in der Nähe der Thomatmühlr, in der Nacht vom 11. zum 12. ds». Mt« - 11) rin Geldtäschchen von schwarzem Leder mit gelbem Schloß, «Mhalteud Id ^l ad aj. in einer Krone, einem Fünfmarkscheine, etnem Zweimark-, zwei Markstücken und kleiner Münze. a»S einer Mohuuuz in Nr. 10 der Magazingaffe, am 12. ds». Mt». Abend«; em Mannsrsck von graumelirtem Stoffe, mit einer Reih« schwarzen tzornkuöpfen und schwarzem Futter, eine blauwollene ge- ßücktr Jacke, mit schwären Hornknöpfe», ein blaue» Taschentuch und ein Fahrbaud, von einem Arbeitsplätze am Gohlisrr Wege, am 13. ds«. Mi». Vormittag»; 13) vier weißleinene Arautnhemdeu, fast neu, zwei leinene Schürzen, ein Spitzeushäwlche«, zwei diuderhemdchrn. drei Kindcriätzchen, drei ebensolche Jäckchen, ein« Arauenjack« von gelbem Kattun, ein Rock von grauem Lüstre, ein Paar Gurt« pantaffelu. ein Rest weiße Leinmaud, ca. 3 Meter haltend, und ein kleiner Spiegel, sowie ein Paar bunte baumwollene Frittien- strüwpse, au« einer Wohnung in Nr. 16 der Ho-pitalsiraße, zu derselben Zeit; 14) ein irdener Tops, enthaltend 2 Kilo Butter» sowie eine Flasche bayerisches vier, mittelst Einbruch» au» einer Kellerab« theilung in Nr. 25 der Slsterstraße, zur nämlichen Zeit; 15) ein vierrädriger Handwagen, blaugestrichcn, mit Kasten- aussatz, der vordere Schutz jehlt, an der linke» Seite ist der Name „W. Belte, Volkmarsdors' angebracht und in den Eisenbeschlaa der Deichsel ist ein L eingcschlagcn, au» dem Hosraum de» Grundstücks Nr. 47 der Nicolaistraße, am 7. ds». Ml». Vorm.; 16) ein Paquet in grauen, Papier mit der Adresse: v. Otto A»nin in Duden und dein Lig». ck. 6. 890, enthaltend vier Sensen, von einem Handwagen, welcher aus dem Neumarkt gestanden >ta>, am 14. ds». Mts. Vormittag«; 17) ein schwarzlederne« Portemonnaie mit gelbe», Schlößchen, enthaltend 2 .6! 93 -H. in einem Tbaler und kleiner Silbrrmünze, sowie einen goldene,, Trauring, gez. 8. I,. ä. 15. Ootbr. 1883, einen kleinen Schlüssel und einige Visitenkarten auf IVillielm Toll, lautend, auS einer Ankleidezellr im Dianabad, an demselben Tage Abends; 18) zehn bis zwölf Flasche» Rothwein mit div. Etiketten, mittelst Einbruchs ans einer Kellerablhtilung in Nr. 4 der Pro- menadenstraße, von, 12. hi« 14. ds». Mi».; 19) eine Vlrchmarke mit der Nr. 32. auS einer Zelle In der städtischen Schwimmanstalt, am 14. dis. MtS. Abends. Gegen die Marke war eine silberne Ankernbr mit Secunde, Goldrand, rsssigem Zifferblatt« und geriester Rückseite, nebst kurzer starkgliederlqcr Rlckclkrttc, daran eine Denkmünze und «II Ligorrenadschneider, sowie ein schwarzlederne» Portemonnaie ,»il weißem Bügel, ent- haltend ca. 9 ^l, in zwei Markstücken und kleiner Münze, an der Lasse der Schwimmanstalt abgegeben, welche Gegenstände von dem Dtebe gegen Abgabe der Marke erhoben worden sind; 20) zwei Taseltkchcr von Damast, fast neu, au» einer Woh. »ung i» Nr. 19 am Tösener Wege, in der Zeit vom 29. vor. bi st. dis. Mt«.; 21) eine Flasche Rottzwet« und drei Stückchen Butter» mittelst Einbruchs au» einer Kellerabtheilung in Nr. 3 der Waldstraße, vom 9. bi» 10. diS. MtS.; 22- ein MannSrock von dunkelblauem carrlrten Stoff, wlr^iner Reihe Steinnuhknöpsen, roth- und weißgestreistem Aermcl- und schwarzem Schooßsuttce, ein Iaquet von ^aumelirten dicken Stoff, mit einer Reih« Hornknöpsen und grauem Futter, ein weiße» vor- hrmdchki», ein weiglcinene.» Taschentuch, ein schwarzer Thlip» und ein Markstück, au» einer Wohnnng in Nr. 23 der FriedrichSstraße, am 10. ds». MtS. Nachmittags: 23) sieben Kaninchen, englische Raffe, von grauer bez. schwarzer Farbe, au» einem Gartenhä,iSchen am Dösener Wege in der Nacht vom 10. zum 11. ds». Mt».; 24) ein MannSrock vo» braunen, glatten Stoff, mit einer Reihe Knöpfen, braun- und weißg-strcistem Aermel- und schwarzem Woll- atlaSsutier im Schoost, ein Paar Hose» von schwarzem gemusterten Stoff, mit gelben Knöpfen, ein Paar cbensolche von rauhem Sloffe, m-t gelben Knöpfen und eine Weste von demselben Stoff, mit zwei Reihe» Knöpfen, aus einer Stube im Rayon des Berliner Bahnhof», am 1l. dss. MtS. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sacken oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Criminal- Abtheilung zur Anzeige zu bringe». Leipzig, am 16. Juni 1884. Da» Polizei:A»,r der Stadt Leipzig. Bretschneider. vr. Denecke. Anctionslocal des Bönig!. Amtsgerichts. Ein Landauer, ein Ambulance- und ein Stangeuwage». eine Pappen- und eine Papierbeschneidcmaschine, ein Geldschrank, ein Pianino, ein Kronleuchter, ferner 3 Fast Schmirgel, Sohlleder, Stieselschäste, Gummischläuche und Gunimiplatte. Packungen, runde Schnüre, inglelchen eine größere Anzahl gut gehaltener Möbel, a!S: VerticowS, Schrcibsecretaire, Bücherschränke, Commoden, Näh- oder Waichtische, Tische, Spiegel, Bilder. 2 Doppelpulte, Bettstellen mit Matratzen, sowie eine Copirpreffe, Regulaieure, Federbetten, Herren- kleidungSstücke und viele andere Gegenstände sollen Donnerstag, den 19. dieses Monat», vo» 13 Nbr vormittags an, versteigert werden. Leipzig, am 13. Juni 1884. vielst, Gerichtsvollzieher. Nichtamtlicher Theil. Die klerikalen Erfolge in Belgien. * Wir hatten bereit» in unserer letzten Freitag-nummer Gelegenheit, in übersichtlicher Weise aus kie schwere Nieder lage hinzuweisen, welche in Belgien gelegentlich der Wablcn die liberale Partei durch die klerikale erlitten hat. Das ganze Ercignig ist von solcher Bedeutung, daß cs jedenfalls nicht überflüssig scheint, auf dasselbe nochmal» zurückzuko», men Da sei nu» vor Allein bemerkt, daß bis zur Stunde über die eigentlichen Ursachen deS Wahlergebnisses weder die klerikalen, noch die liberale» Blätter Belgiens eine zuverlässige Auskunft zu geben vermögen. Nur so viel steht fest, daß in, Lanse der jüngsten sechs Jahre durch den von Frstre-Orban in Scene gesetzten Culturkamps die kirchliche Partei bedeutend erstarkt ist und, einmal am Ruder, mancherlei Mittel zur Verfügung hat, ihre Stellung noch mehr zu befestigen. Gerate die freisinnige belgische Verfassung gewährt den Kleri kalen viele Waffen der Bertheibigung und de» Angriffe-, die sie gegen die Liberalen mit großer Rücksichtslosigkeit zu ge brauchen verstehen. Tie kluge Mäßigung, welche sich seiner Zeit die kirchliche Partei anserlegtc, ist schon lange vorüber, ja sie dauerte eigcnllich nur ein Jahrzehnt nach dem belgischen Unabhängig, kettskampfe. Dieser kam nämlich, wie geschichtlich bekannt, durch die Bereinigung der katholischen Partei mit der a»S der französischen Schule hcrvorgrgangenen liberalen zu Stande, welche beide von der ihnen gleich verhaßten protestantisch-holländischen Regierung nicht» wissen wollte». So lange die Unabbängigkcil Belgiens nicht völlig gesichert schien, bewährte sich riese Parleivcrcinigung; als aber die Selbstständigkeit tcs neugeschasfciie» Königreichs von keiner Seite mehr angesochkcn wurtc unb Europa te» Bestand desselben verbürgte, war e» mit jener Parteisrenntschast sofort vorüber. De» letzten Versuch, dieselbe zu erhalten, unteriiabm das Ministerium Nothomb im April 1841. Nach dein Falle jenes EabinctS felglen abwechselnd bald liberale, bald klerikal gefärbte Ministerien iu rascher Reihenfolge; erst dem Eabinete Frsre-Orban war eine sechsjährige Amtsdauer beschiede», aber gerate unter tiefe», verschärfte sich der Kampf aus beiden Seiten bis zur fanatischen Leidenschaftlichkeit. Die Liberalen Belgiens beschuldigen die Klerikalen, daß sie den Staat und dir Slantscinrichtungen nur als Mittel für ihre Zwecke benützen. Tie Bischöfe und Pfarrer, beißt e», werben zwar vom Staate besoldet, aber die ersteren vom Papste, die letzteren vom Episkopate criiannt; der KlcruS benutze taö liberale Vereinsgesetz zur Gründung zahlloser Klöster, welche in ihrer totten Hand ungeheuere Reichthümer aiisanimeln; überdies werte versucht, vie vom Staate und den Gemeinden erhaltenen Schulen dem maßgebende» Ein flüsse der Kirche zu unterwerfen. Dadurch habe der Klerns allmälig das gcsammle Staal-wksen für seine Zwecke aus- zmlntzei, und eine Art von Theokratie mit Hilfe des modernen Verfassungs-ApparalcS zu begründen versucht. Von klerikaler Seite wird umgekehrt den liberalen consessionelle Ver gewaltigung und Gewissenszwang zum Vorwurse gemacht, und zumal werde» die neuen „sreimaurerlschen" Schulgesetze als Hauptaiiklagepuncle hervorgehobcn. Hier muß bemerkl werden, daß der belgische Culturkamps im Lause der jüngsten Jakre sich namentlich »in die Herr schaft über die Schule drehte. Die vom Eabinete Früre- Orban cingesührte Schulreform beseitigte nicht nur die kirch liche Oberaussicht über die Volksschulen, sondern entfernte auch den Religionsunterricht aus denselben. Dadurch wurde eine Gegciibcwegung hervorgerufen, welche sich zu de» schärf sten Eonflicle» mit dem Episkopate und schließlich bis zun, Abbruche oer diplomatischen Beziehungen mit dem Vatican zusxitzte. Tue kirchliche Partei begnügte sich nicht bloS mit Protesten und Gcgcnmaßregelii innerhalb ihre- geistlichen MacktkreiseS. Sie verbot nickt allein den Schülern der StaatSschulen den Kirchenbesuch und den Ellern der Kinder den geistlichen Trost zu spenden, sondern ergriff noch andere Gegenmaßnahmen, zu denen auch die gehörtes »» ganzen Lanke eine Unzahl geist licher Lehranstalten zu gründen, ein Vorgehen, gegen welche» die überaus liberalen verfassungsmäßigen Gesetze Belgiens nickt- cinznwcnden vermochlen. Die Zahl der Schüler an Len geistlichen Volksschulen übertrisft gegenwärtig fast die an den öffentlichen Laieuschulc», ja die klerikale „Freie Universität" in Lüttich hat ebensoviel Zuhörer, wie diebeiden StaatSuniverfitäten zusammen. In diesem erfolgreichen Kampfe um die Schule erstarkte die klerikale Partei, und dieser Erfolg dürfte da« Wahlcrgebniß wohl mehr und besser erklären, als die Un einigkeit im liberalen Laaer. Das ist aber kein sehr günstige» Vorzeichen für das rasche Wwdereinporkvmiiien Le- Liberalis mus, da voraussichtlich da- Ministerium Malou nun aber mals die Staats- und Gemeinvelehranstalten. also daS ganze ErzichungSwescn ini Lande, der kirchlichen Aussicht unterwerfen wird. Malen hat dieS bereits während der Wahlen in Aussicht gestellt. Sein Plan soll dahin gehen, in jeder Gemeinde von" je zwei Gegenschulen nur jene mit Staatsmitteln zu unterstütze», deren Sckülerzahl die stärkere ist. Dieser Grundsatz sicht sehr demokratisch auS, würde aber in der Praxis nur die von der Geistlichkeit geleiteten Lehr anstalten begünstigen. Unter solchen Umständen wird also in Belgien der Kamps um die Schule abermals entbrennen, der auch das Haupt merkmal deS gefallenen System« gewesen ist. Tie klerikale Partei bal aber unleugbar einen so bedeutenden Sieg errungen, daß die Liberalen jedenfalls einer längeren Zeit zur Samm lung und Wiederaufnahme des Kampfes bedürfen werden. Leipzig, 17. Juni 1884. * Unter der Ueberschrist „Nationalliberale und Deutsch-Freifinnige" schreibt die amtliche „Wciniarische Zeitung": De» wüsten Angriffen, die im Reichstag aus die Natio na l- liberale» von Seile» der Deutsch-Freisinnige» und de» LcntrumS gerichtet worden sind, soigen die Angriffe in der Presse dieser Parteien, zu denen sich bedauerlicherweise auch einige konservative Blätter gesellen. Die Angriffe der letzteren sind ein politischer Fehler, denn man soll ans konservativer Seite niemals aus den Augen lassen, daß der NatioualliberaliSiiiuS ein Factor ist, mit dem verständige Politiker rechne» müssen, gleich viel ob er im Reichstag 150 Vertreter zählt, wie vor Jahre», oder 40 wie heute, oder noch weniger. De»» derselbe umfaßt weile Schichten der Bevölkerung, deren Denke» und Empfinde» in ihm ihren Ausdruck finde», und er ist eben deshalb eine poliliicheMacht, auch wein, er keine parlamentarische ist. Daß er eine Macht ist, zeigt am besten gerade die sanntische Wuth, mit der Centrum und Fortschritt ans den Nationalliberalismus lospauken. Seit Jahren sprechen sie vo» ihm als von einem Leichnam, als von etwas ganz Bedeutungslosem und Gleichgiltigem — aber wäre dem so, wozu dann die leiden- schaftlichc Wuth der Herren Richter und Schröder in der nculichen ReichsiagSsitznng gegen die Natioiiallibernlen? weshalb die Ber- döhnung der vierzig nationalliberalen Abgeordneten in der frei- sinnigou Presse, die gegen den Windthorst'schc» Antrag stimmten? Elfteres zeigt doch nur, daß man auch in dem numerisch ge schwächten NationallideraliSmuS noch einen gefürchteten Gegner sicht, das zweite, daß man sich und andere mit wüstem Lärm über die eigene Fahnenflucht täuschen möchte. Ob daS Votum der Nationalliberalen gegen den Windlhorst'schen Antrag richtig war — sst eine Frage, die hier außer Acht blciben kann. Ganz gewiß aber waren Herr Richter und seine Trabanten nicht zu ihren Ausfälle» gegen die Nalionalliberale» berechtigt, weil diese in dem ExpatriirungSqesetz einige milde und humane Maßnahmen sahen. Denn Niemand ander- als Herr Hänel selbst bat mit denselben Worte», als c» sich um die Einsühruiig jene« Gesetzes handelte, die Zustimmung der FortschrittSvartei zu demselben begründet. Denn Herr Richter heute deshalb ei» Anathema über die Nationalliberalen ausspricht, so trifft er damit die eigene Partei sehr schwer und demonstrirt am Körper derselben, welch« Bewandtniß eS mit der vielgcrühmten Principienlreue der Frei sinnigen hat: vor zehn Jahren finden die Herren ein Gesetz weise und human, da» sie heute nicht schlimm genug schildern können! In nationalliberalen Kreisen ist ma» begreiflicher W.iie sehr verletzt durch daS Gebühren des Herrn Richter und seiner Genossen. Freilich ist e» etwa» spät, wenn man jetzt entdeckt, daß unter den Auspicien jene» der Ion der RcichSlugSdedatte» sich immer ver schlimmere, und daß diese Erwägung Herrn v. Bennigsen vor Augen stehen mochte, al» er aus dem Berliner Parteitag sorderte, der Reichstag möge von seine» Reckten eine» würdigen Gebrauch machen. Uni diese Weisheit zu predigen.bedurstc c-s dazu erst derAuseinanderietzung zwischen Richter und Hobrecht? Wäre man nur früher aus nativnalhhcraler Seile nicht !o nachgiel ig gegen sorlichrittliche» Uebermulb gewesen, hätte man energisch LleUung gegen den Nachbar zur Linken genommen, statt immer mit optim-, opllm« zu erwidern, sobald nur Herr Hänel an Stelle deS Herrn Richter den Mund öffnete, io würde die Stellung der Partei eine sedr viel mächtigere sei»; die Forilchrittler würden sie gewiß mit derselben Feindschaft, aber nicht mit solchem belei- digenden Ucberinuik angreiien. „Kriegserklärung aus Tod und Leben' nenn« der „Hannoversche Lourier" da» Aujtreteu Richter'». Werden die Nationalliberalen auch demgemäß handeln? Dazu bc- dar? eS aber vor Allem, daß sie sich nach andere» parlamentarischen Führern umsehen, als sie jetzt besitze». Sie haben eine zeitlaug schwer darunter gelitten, daß sie zu viel Führer hatte». Aber noch gefährlicher ist der jetzige Zustand gänzlicher Führerlosigkeit. * Man schreibt u»S auS Nürnberg vom l5. Juni: Schon n» Lause de» gestrigen Tages waren zahlreiche Deleqirte zum Parteitag der Nationalliberalen de» recdtSrheini- lche» Bayerns hier cingetroffeu und hatte» sich am Abend in der „Goldene» Rose" mit de» Mitgliedern dcS hiesigen liberalen Ver eins zu zwanglosem geselligen Verkehr zusainmeiigefundr». Heute Morgen fand eine vertrauliche Vorbesprechung eine» engeren Kreises von Delcgirte» statt, und nach gemeiuschastlich eingenommenem Mittagsmahl wurde ui» 2'/, llhr die Hauptversammlung durch Herrn Cominerzieurath v. P »scher (Nürnberg) eröffnet, der den Erschienenen dankte und im Auftrag der an der vorerwähnten Bordewrcchnng Vethei- ligtcn Herrn UnwersilätSproscssor Vr. Wislicenus ^Wur^durg) zum Vorsitzende» vorschlug. Die Versammlung ratisicirle diesen Vor schlag unter lebhaften Zustimmungsrufen. Herr Pros. vr. Wislicenus übernahm den Vorsitz und auf seinen Vorschlag wurde Herr vr. Aub (Feuchtwangcn) zum 1. Stellvertreter. Herr Commerzienrath Pa bst (Selb) zum 2. Stellvertreter deS Vorsitzenden und zu Schriftführern Herr LandtagSadgcordneter Stöcker (Lengenseld) und Herr Fort meier (Fürtd) gewählt. Es sprachen nun die Herren vr. Aub» Reichstagsabgeordneter Vr. Marquardsen (Erlangeu), Frhr. v. Kreß (Nürnberg) und Laudtagsabgeordneter vr. v. Schaub (München). Die Redner Hobe» die Nothweudigkeit hervor, daß die Nationalliberalen Bayern- in selbstständiger Organisation ouftreten und sich aus eigene Füße stelle», damit da» Volk sehe, daß eS noch liberale Männer gebe, welche den Bedürfnisse» der Zeit Rechnung zu tragen verstünden. In entschiedenster Weise und unter dem Bci- fall der Versammlung wendeten sich alle Redner gegen die deutsch, freisinnige (Fortschritts-) Partei und ihre Art, die Andersgesinnten anzuareisc» und Agitation zu treiben; namentlich fand auch da« jüngste Auftreten Eugen Richter'» im Reichstag gegen die Natio nalliberalen die entschiedenste Zurechtweisung. Die Redner erörterten ferner die einzelne» brennenden Tagetfragen und die Stellung der nationalliberalen Partei, deren oberste» Ziel Kräftigung dt» Reti-«- u»d Hebung de» Volkswohl», zu denselben. Schließlich wurd« fol gende Resolution einstimmig angenommen: „Die heute zu Nürnberg versammelten Vertrauensmänner nationallibrraler Richtung ini rechtsrheinischen Bayern bekennen sich »oll und ganz zu den Grundsätzen der Heidelberger Erklärung vom 23. März l. I. Sie erblicken in dieser, an da» Programm der national- fiderale» Partei vom 28. Mai 18üt sich anschließenden Kund gebung süddeutscher Parteigenossen de« richtige» Ausdruck der Gesinnung großer Wählerkreise im rechtsrheimscheo Bayern »nd die geeignete Grundlage für eine ersprießliche, dem Reick» «tu» Heil und Segen gereichende, politische Parteithätigkeit. "" Sie freuen sich der Wärme und Einmüthigkeit, mit welcher der auS allen Thellen de- Reiche- beschickte Berliner Parteitag vom 18. Mai l. I. die Heidelberger Erklärung begrüßt bat, und erkennen darin die sicherste Bürgschaft für ihre euergische Durchführung. Entschlossen, auch ihrerseits mit aller Kraft für die Selbst, ständigkeit und Unabhängigkeit der nationalliberalen Partei ein- zutreten, und eingedenk de» Ruse», welchen der Berliner Partei tag an die Parteigenoffen aller Orten gerichtet hat. sich zu sammeln und bei den bevorstehenden Wahlen mit voller Hin- gebung ihre politische Pflicht zu erfüllen, — haben sie sich beute zu dauernder Verbindung al» uationallibrrale Landespartrt für da» recht«rheiuische Bayern geeinigt. Sie richten an alle Gesinnungsgenossen im Laude di« dringende Aufforderung, sich dieser Organisation auzuschließru und al-bald ihre Zustimmung zu erklären." ES wurde hieraus beschlossen, einen Lande»au»schuß der nationalliberalen Partei zu wählen, und zwar wurde zunächst eine Anzahl anwesender Herren in denselben gewählt, damit losort die Lonftituirung erfolgen konnte. Dieser AuSsckuß soll nun durch Looptation entsprechend erweitert werden, so daß aus jedem Wahl kreis zwei bi» drei, wenu nicht mehr, Herren in den Ausschuß kommen; besonder- soll daraus gesehen werden, daß auS den land- wirthschaftlichcn Kreisen eine entsprechende größere Anzahl von Ver treter» in, Ausschuß sich befinde. Der letzte Redner war Herr Prof. Vr. Wislicenus, der in warm empsundencr Rede die Nothweu- digkeit von deutschen Lolonien betonte und die Unterstützung aller daraus hinzielenden Maßnahmen empfahl. Aus seinen Antrag wurde folgend« Resolution angenommen: „Die aus dem Heidelberger Parteitag versammelten Mit glieder der nationalliberalen Partei sprechen ihre freudige Ueber- einstiinmung damit aus, daß die »ationalliberale Fraction des Reichstages beschlossen hat, den Regicrungscntwurs sür die Unterstützung deutscher tranSoceanischcr Dampsickisssahrlsver- bindungen zuzustimmen, und hegen die Zuversicht, daß die deutschen Colonialbestrcbungen durch die nntwnalliberale Volks vertretung in jeder wirksamen Weise gefördert wird." Damit schloß die Versammlung, »ach welcher sich der LcmdeS- auSschuß sofort constituirte. Zugleich wurde auch cm engerer gc- schästssührender Ausschuß gebildet. Es besteht also jetzt eine selbstständige iiationalliberalc Partei in Bayern. Ter Parteitag ist in vollster Einmüthigkeit verlausen; eS machten sich keine Sonderbestrcbungen geltend. Ter zahlreiche Besuch der Haupt versammlung, an der ca. 800 Dclegirtc aus allen Theilen Bayerns Theil nahmen, legte Zeugniß ab von dem Interesse, das man überall im Lande an der Sacke nimmt, und der stürmische Beifall, mit dem alle Redner von der Versumnilung acclamirt wurden, bewies, wie sehr sie alle den Versammelten aus dem Herzen gesprochen. * E: * Nach den Berichten, welche die Professoren v. KrauS und Stcinwendcr aus der letzten Hauptversammlung in Graz erstatteten, hat der deutsche Schutverein in Wie» auch im verflossenen Vereinsjahre sich eine« ansehnliche» WacbS- tbumS zu erfreuen gehabt. Die Zahl der Ortsgruppen er höhte sich von 036 aus 831. Aus Böhmen entfallen jetzt allein 368, auf Mähren 107, aus Schlesien 39, aus Wien und Nicderöstcrreich 126, aus Obcröslcrrcich 52, aus Steier mark 74, auf Kärnten 37, aus Tirol »nd Vorarlberg l5, aus Salzburg 7, aus Kram und daS Küstenland und auf die Bukowina 1 Ortsgruppe. Die Zahl der VcrcinSmit- glieder ist gegen daS Vorjahr um 22,000 gewachsen und be trägt gegenwärtig gegen 86,000, so daß jetzt schon auf 93 Deutsche in Cisleilbanien ein BercinSmitglied eutsällt. Erfreulich ist die Thatsacke. daß auch die deutschen Frauen sich immer lebhafter an der Sacke deS kenlscken SckulvereinS beiheiligen und auch der Hobe österreichische Adel dem natio nalen Vereine seine Unterstützung zu leihen beginnt. Die vor Kurzein erst ins Lebe» aernsene Frauen-OrtSgrnppe zu Graz hat eS i» wenigen Wecken bis auf 1000 Mit glieder gebracht. Die Gesammt-Einnahmen deS Schul derem» sür da- verflossene VcinSjahr betrugen 222,947 fl. gegen >V5,2l5 fl. im Jahre 1882; seil der Gründung deS Verein» sind überhaupt 615,642 fl. der Hanplrassc zugcflossen. Für Schulzwecke wurden i»> Ganzen >883 l«,2,360 st. be willigt »nv verausgabt. Der unantastbare GründersondS, der sich au- den einmaligen Beiträgen von mindestens 20 fl. zusammcnsctzt, erhöhte sich von 84.690 fl. auf l03,52t fl. Für da» lausende Jahr hofft die Vcreinslcitung auf 300,003
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