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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-13
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1884
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Erfchstrrl tS-ltch früh 6'/,Uhr. Krtartton «ad Lrpe-Mo« Iohannetgssse 33. HPkechftanden der Ledarti««: Vormittag» 10—IS Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. »««ch«« «er für dt« »Schftf»l«e»«e «»«er öeftt»«tr« In «ernte n« S»«enta,e» »>« Z Uhr Nachmittag«, « »ah Festtagen früh bi» '/,S Uhr. 3« dra Filiale« für Ins.-A««ahme: Ott« Oie«», Universiiät-straß« 21, Leut» Lösche, Katharinrustraße 13, p. nur bi» '/.» Uhr. rMgrrIaMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschüftsderkehr. Auflage LS,«0O. Adonnkmentsprei» oiertelj. 4V, Md. incl. Bringexlohn 5 Mk.. durch dir Post bezogen ü Mk. Jede einzelne Nummer SO Pf. Brlrqrxrmplar 10 Ps. Gebühre» skr Extrabeilagen sin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Poslbesörderung 30 Mk. mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile LO Pf. Größere Schristen laut uajerenr Prril- verzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach HSherm Tarif. dlrrlamen «nter dem Nedaetianostrich die Epaltzeile SO Ps. Inserate sind sic:« an die vrprtzittan zu sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemimeraoilo oder durcy Pcst- nachuahme. ^S165. Freitag den 13. Juni 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Di« zur Submission au-aeschriebene» Arbeite» für die Au-führung der durch den Bau der Lutherkirche bedingten Kegeverlegung im Iohannapark. sowie für die Herstellung einer Thourohrschleuße daselbst sind »ergebe«, und werden daher die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten ihrer Offerten hiermit entbunden. Leipzig, de» 4. Juni 1884. Der Rat- der Stadt Leipzig. ' Elchonu» vr. Georgi. Veklumtmachuilg. Im Monat Mai a. e. gingen beim Ärmrnamte hier rin: 1500 ^tk Dkrmächtniß von dem am 28. März d. I. ver» / storbenen Privatmann Herrn Moritz Eckhardt, durch Herrn RcchtSanwalt Karl Scbrry, 2 « al» nicht beanspruchte» Finderlohn von Herrn Post- " seeretair W., 12 » al» Geschenk von Herrn Gustav Arnold, 20 - « . . N. N., durch die königl. Staats anwaltschaft, al» Finderlohn für eine goldene Damenuhr, - Sühne von Fräulein S„ « - - in Sachen I. /. Sch. - - H. /. L. 5 5 10 1 15 2 » 1 30 20 1 20 3 durch Herrn Friedensrichter G. A. Iauck »so. durch Herrn Friedensrichter Eonrad. 1850 Mit Danl quittiren wir hierdurch. Leipzig, den S. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) Ludwig-Wolf.Laug«. Vkkanntmachllilg. Dl« im hiesigen Georgenhaus« detüiirte, am 8. December 1840 t» Vahren geborene Friederike Amalie Küchler geb. Lange ist von dem ihr am 23. vorigen Monat» verstakleien AuSgange nicht «itb« zurückgekehrt und treibt sich vermuthlich lüdrrlich umher. Wir bitte», gedachte Küchler im Betretung-salle zu verhaften und un» schleunigst Nachricht zu geben. Leipzig, am S. Juni 1884. Ta» Pelizeiamt her Stadt Lethztg. Bretschneider. Rsdr. Faldix. Vekanntmaihllllg. In unser Gesellschaft-Register ist bei der murr Nr. 44 eingetragene» Firma: vereinigte Shlaner nn» rammitzscher Ttzenwerke Acttengesrlschaft zu S-la» mit einer Zweigniederlassung in Dommitzsch in Spalte 4 zn Folge Verfügung vom heutigen Tage folgender vermerk: Da» Vorstandsmitglied Juli«» Löhltng ist au» dem Vorstand auSgeschieden und der Techniker Luge« Dühltng in den Vorstand al» Mitglied eingetretr» heute emgetragen worden. Torgau, den 3. Juni 1884. Rünigl. >«t«-Gericht. Nichtamtlicher Theil. Vas Lonferenzprojecl UN- die Türkei. Rach einer Meldung von „Reuter » Bureau" vom 11. Juni hat die Pforte es abgelehnt. die Eonserenz zu beschicken, sofern nicht die ganze egyptisch« Frage berathrn oder nicht vorher ein Einvernehmen über diese Frage zwischen der Türkei und England gewonnen werde. Da» ist die allein richtige Antwort der Türkei aus da- widerspruchsvolle, schwankende und von der ganzen Welt verurtheilte Ge- bahren England« in Egypten und im Sudan. Hat England »S nicht für nöthig gehalten, zum Bombardement von Alexandrien und zum Kamps gegen Arabi die Zustimmung der Pforte einzuholcn und hat England ohne Zuziehung der Türkei die Neugestaltung Egyptens selbstständig in die Hand genommen, so liegt auch für die Türkei nicht die minvestc Veranlassung vor. jetzt England bei Wicdercinrichlung der gänzlich verfahrenen egyptischen Angelegenheit gute Dienste zu leisten. Wenn die Türkei könnte, wie sie wollte, so hält« n« bei der ersten DrohungScymour'S, Alexandrien in Grund zu schießen, eine Experition ausgerüstet uud ihrerseits den Eng. ländern die Zähne gewiesen; La eS dem Sultan aber am Besten fehlt und er überdies die Widerstandskraft Arabi'S überschätzte, so mußte er e- geschehen lassen, daß die Eng länder eine blühende Hafenstadt vernicklet«» «nd nach der Besiegung Arabi'S ihren Einzug in Kairo hielten. Alle Unterhandlungen über Einschiffung türkischer Truppen und Über die Neuordnung der Tinge in Egypten zwischen Eng- lünd nnd der Türkei waren eilet Spiegelfechterei; der Sultan hätte feine letzten Juwelen darum gegeben, wenn er eS dadurch hätte erreichen können, daß die Engländer auS Egypten Hinausgetrieben worden wären; aber wo nicht« ist. da hat der Sultan sein Recht verloren, und so mußte er denn seinen Arrger bekämpfen. Aber die Nemesis ist nicht auSgeblicben, st» kam in Gestalt des Mahdi und in der immer weiter um sich greifenden Zerrüttung der egyptischen Verwaltung und d»r egyptischen Finanzen. Jetzt erscheint den Engländer» da- roeNialS so stark von ihncn begehrte Egypten als eine Last, dl« sie am liebsten wieder loS sein möchte»; der Suezcanal hat in ihren Augen allen Werlh verloren und dieser einst f» bewunderte kurz« Seeweg nach Ostindien wird von ihnen tftva ans die gleiche Stufe mit einem werthlvse» Sumpf gestellt. Elnia« hölzerne Schnellsegler und Dampser. di« den Weg um daö Eap der guten Hoffnung schneller zurücklegen als andere Schisse, wiegen nach der Ansicht der Engländer von heut« den seichten und leicht unfahrbar zu machenden Suezcanal an Werth vollständig uuf. Die Türkei bewahrt auch dieser merkwürdigen und un erwarteten Wendung gegenüber ihre unverwüstliche N»be und überläßt eS den Engländern, die Suppe, welche sie sich eingebrockt haben, auch selbst auSzurssen. ES wäre in der That eine seltsame Eonserenz über egyptisch« Angelegenheiten, wenn di« Türkei, welche doch das nächste Interesse an der Gestaltung der egyptischen Angelegenheiten hat, von der Theilnahme an der Eonserenz ausgeschlossen werden sollte. DaS ist ein Hinderniß für die englischen Pläne, auf welches Gladstone nicht gerechnet haben dürfte. Im Grgentbeil, er hat ja in neuester Zeit alles Mögliche gethan, um die Türken zu versöhnen: er hat sie aufgcfordcrt, die Häfen am Rothen Meer zu besetzen, nnd Lord Granvillc soll auch, wie von verschiedenen Seiten unbestritten gemeldet wurde, den Vorschlag gemacht haben, daß der Sultan 15,000 Mann zur Bekämpfung de« Mahdi nach dem Sudan senden solle. Gladstone hat das zwar in der UnlcrbauSsitzung vom lO. Juni für unbegründet erklärt, aber die Wahrheitsliebe dieses Staatsmannes ist nicht so groß, daß man ihm Alle« ausS Wort glauben könnte. Die Sache scheint nämlich so zu liegen: dem Sultan ist die Zumuthung gemacht worden, daß die Truppen, welche er nach dem Sudan' senden würde, unter englischen Oberbefehl gestellt werden sollte». und dafür hat er sich, wie ganz natürlich, bestens bedankt. Den Türken fehlt eS nicht an tüchtigen Generalen, daS hat der Krieg von 1877 gezeigt, also brauchen sie sich von den Engländern keine Hcerfnbrer aufdringen zu lassen. England erntet jetzt DaS, waS eS gesät hat. Gladstone streute Europa Sand in die Augen und hielt an der Erdichtung fest, daß die Suzeränilät der Türkei über Egypten unangetastet geblieben sei, bekümmerte sich aber um die LchnShcrrlickkeit der Türkei über Egypten nicht und ging bei Ordnung der egyptischen Angelegenheiten ganz eigen- mächlig vor. Gladstone kam eS vor Allem darauf an, mit Frankreich ein Eiuverständniß zu erzielen über die Grund lagen der in Aussicht genommenen Berathungen. Nach wochenlangen Bemühungen scheint dieses Eiuverständniß jetzt endlich erzielt, aber da kommt plötzlich vie Weigerung brr Türkei, die Eonserenz zu beschicken, und dadurch ist alle bisher aufgcwendete Mühe vergeblich geworden. Dean die Ostmächle werden sich kaum dazu verstehen, an einer Eon- screnz über die egyptischen Angelegenheiten theilzunehmen, welcher die Türkei fern bleibt. Und ist denn daS etwa un billig, waS die Türkei von England verlangt? Entweder soll die ganze egyplische Frage der Eonserenz unterbreitet oder vorher ein Separatabkommen zwischen Engtanv nnd der Türkei über Egypten getroffen werden. DaS ist nach Lage der Sache daS Allergeringste, waS die Türkei mit Fug und Recht ver lange» kau». Englanv schien ganz vergessen zu haben, daß am Bosporus auch noch Leute wohnen, welche ein Interesse an der Gestaltung der egyptischen Angelegenheiten haben; diese Macht hat sich durch ihre in fremden Lankern befolgte Politik allmälig daran gewöhnt, kie berechtigten Eigenthümer derselbe» als gar nicht vorhanden zu betrachten. Aber der allcrgewöbnlichste Anstand fordert, daß die Türkri zur Con- screnz zugelassen wird, und deshalb ist c» sehr wahrscheinlich, daß der Plan der Eonserenz an der Weigerung der Türkei scheitert. DaS wird aber England um jeden Preis zu verhindern suchen, und darum wird sich Gladstone entschließen müssen, dem Sultan in dieser oder jener Form den Willen zu lhun. WaS wird aber daS Ende vom Liede sein? Wenn England der Türkei den kleinen Finger reicht, so wird diese sogleich die ganze Hand beanspruchen und sich nicht eher zufrieden gestellt erklären, als bis sie in aller Form in ihre Rechte al« souzeraine Macht in Egypten wieder eingesetzt ist. dann wird sie, wie da- nur recht und billig ist, den Vorsitz in dcr Eonserenz beanspruchen und al- ersten und cinzigen Antrag bei Eröffnung derselbe« di« Forderung stellen, daß England Egypten räumen und di« fernere Ge stattung der Tinge in Egypten diesem selbst und der Pforte überlasse. So würde der Verlauf der Eonserenz sein, wenn eS ordnungsmäßig und mit rechten Dingen dabei zugehen sollte. Aber leider ist ein Hinderniß vorhanden, welche» die Türkei zwingen wird, ihre Reckte weniger schroff geltend zu machen. Die leidige Geldfrage ist in Egypten so geartet, daß die Macht, welche dort züchtigen und loslassen will, auch die Schulden Egypten« bezahlen müßte, sonst kommen die Gläubiger und legen ihre Hand auf daS Land al» Psandobject. Die Hauptgläubiger sind England und Frank reich und diese werde» sich durch ein einfache« Machtgebot der Türkei nicht mit ihren Ansprüchen zuriickweisen lassen. Wenn die Türkei wenigstens noch durch militairisch- Macht- cutsaltung in Egypten dcr Geltendmachung ihre Rechte Nack druck verleibe» könnte, aber auck damit ist e- schwach bestellt, denn die Einschiffung und Hinüberschaft'ung einer größeren Truppcnzahl nach Egypten kostet Geld und daran leidet die Türkei den empfindlichsten Mangel. So bleibt denn unter so traurigen Umständen für die Türkei nichts übrig, als a»S den augenblicklichen günstigeren Verhältnissen möglichst große Vortbcile zu ziehen und den Engländern die erreichbaren Zugeständnisse abzuvringen. Ja, ja, die Eonserenz bat große Schwierigkeiten zu überwinde», bi- sie endlich ins Lebe» trete» kann, und dann kommt eS „och sehr daraus an. ob ihr Verlaus den Hoffnung«» entsprechen wird, welche Tlad- stone aus sie geletzt hat. Allem Anschein nach wird da« Ergebniß für England kein vorlheilhasteS sein. * Leipzig, 13. Inni 1884. * Da- RcichSaesetzblatt veröffentlicht beute daS Gesetz gegen verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen. Dasselbe trägt da« Datum dom S. Juni 1884. * Die Entscheidung über den Innung-antrag Ackermann ist eine von den Abstimmungen, bei denen der Zufall in ausschlaggebender Weise inilgewirkt hat. Tie Zusammensetzung de« Reichstags ist keineswegs eine der artige, daß diese» Eraehniß mit Nothwendigkeit eintrcten mußte und dorherzusrye» war. Man konnte bi« zuletzt zweifelhaft sein, wie die Entscheidung auSsallen würde. ES war allerdings vorher schon a»f die großen Anstrengungen der Eonservativen und de« EentrumS, ihre Parteigenossen vollzählig herbkizurnscn, hingewicscn und die entsprechende Mahnung an die Liberalen gerichtet worden. Tie dringenden Aufforderungen sind leider vo» den erste«» besser all von letzteren beherzigt worden. Bekanntlich ist drrsrlbe Antrag am 31. Januar 1883 mit 170 gegen 148 Stimmen abgc- lehnt, jetzt mit l57 gegen 144 Stimmen daS entgegengesetzte Resultat erzielt worden; die linke Seite hat also gestern 2«i Slimmen weniger, die rechte S mehr auszubieten vermocht. Von drn Freicouservalivrn stimmten im vorigen Jahre 7 gegen den Antrag, jetzt 5, rine eulscheivende Verände rung i« der Haltung dieser Partei hat also nicht statlgefuiidrn. DaS unerfreuliche Ergebnis ist allein der mangelhafteren Besetzung aus der linken Seite zuzuschreiben Man kann daran- die Hoffnung schöpfen, daß diese- Resultat bei der dritten Lesung noch umgcstoße» wird, und eS sei noch mals die dringende Ermahnung an die Gegner de- Zunft zwang- und der ersten Etappe zu demselben gerichtet, daS Versäumniß nachzuholen. Die Wiebrraushebung de« Be schlüsse« ist um so wichtiger, als nach aller Voraussicht der BundeSrath dem Ackermann-Windtborst'schen Antrag zu- stimmen und ihm damit Gesetzeskraft verleihen wird. Der Vertreter des Bunde-ralhS bezog sich auf die in der Vorlage zum InnungSgesetz vo» 188t eingenommene Haltung, über welche Grenze hinaus er ein Entgegenkommen der Regierung gegen zünsllerische Forderungen allerdings nicht glaubte i» Aussicht stellen zu können. In jener Vorlage war aber bekannt lich der jetzige Antrag Ackermann als Regierung-Vorschlag enthalten gewesen und war dann vom RcicbStag abgelehnt worben. Die Zustimmung beS BundeSrathS zu dem be treffenden Beschluß de- Ncich-tagS, fall- er in dritter Lesung aufrecht erhalten wird, ist also in hohem Grade wahrscheinlich. * Zu der Kriegserklärung de- Herrn Richter schreibt die „NationaÜiberale Eorrespondenz": ES scheint, daß die „deutschsrelstuutge" Partei ent schlossen ist, den Rest der RetchStagSsession ausschließlich zur Bekämpfung dcr nationalltberalen Partei zu benutzen. Den Borstvb führte in der Dien-tagSsitzung der Abg. Baumbach, ihm folgte Herr Richter srlbst, der e» mit seiaer Verkündung, daß die Nationalliberalen da» deuliche Volk mit einem ganzen Füllhorn neuer Steuern zu überschütten gedächten, so eilig hatte, daß er selbst die Gelegenheit einer Bemerkung zur lage-ordnung dazu nicht der- schmähte. Heule wnrde dann da» große Geschütz ausgesahren. Hand- greislicher freilich sind die Thatsachen noch nie verdreht worden, al» e» in den heutigen Angriffen der Fortschritt-Partei aus die National- liberalen geschehe». Glücklicherweise ist die Stellung der letzteren zum „Lullurkampfr" sowohl wie zur Steiierpolittk doch zu lange und zu allgemein bekannt, al- daß diese Mittel von irgend welchem Erlolg sein könnten. von Interesse aber sind diese Vorgänge, weil sie zeigen, daß der Kamps auf Leben und Dod seiten« de« Herrn Richter gegen die Rationalliberalen erSsfuet ist. Um dir Verlegung dieser WahlscldzugS ln da- Parlament zu rechtfertigen, bedient sich Herr Richter einer überraschende» Methode. Er klagt die National- liberalen an, die Fortschrittspartei in den letzten Wochen aus» Heftigste angegriffen zu haben, außerhalb de» Parlament», wo sie sich nicht habe vertheidigen können. Darum müsse sie sich im Reichstage wehren, wo sie die Angreifer sich unmittelbar gegenüberseht. BiSber hat man wohl gehört, daß außerhalb de» Reichstag» stehende Personen sich über ihre Wehrlosigkeit gegen von der parlamentarischen Tribüne gefallene Beschuldigungen beschwert haben; aber daß eine große Partei gegen außerhalb de» Parlaments aethane Aeußerungen Schuy im Reichstag suche» muß, ist sicherlich eine Wendung, die den Reiz der Neuheit für sich in Anspruch nehmen darf. Roch wunderlicher jedoch ist die Entrüstung des Herrn Richter über die aus den national liberalen Parteitagen geübte Kritik an seiner uud seiner Genossen Politik. Jahrelang ist in sortichrittlichea und verwandten Bersamm- lungeu die nationolliberale Partei in dcr gehässigsten, niedrigsten Weise heruntergerissen worden, jahrelang hat die sartschrittliche Presse diesen „Leichnam" in derselben duftigen Blumensprache umher gezerrt, wie heute der ultramontane Abg. Schräder. Und wenn nun die als» geschmähte Partei nach nur allzu langem Schweigen jetzt erklärt, daß sie noch lebt und daß sie noch weiter zu leben beabsichtigt, dann ist da- eine Herausforderung, dir von dcr Fort- schritlSpartei mit erbittertem Kampfe beantwortet werden muß II Nuu wohl, will mau diesen Kampf, man soll ihn haben, — auch aus der Tribüne de» Reich-tagS, wenn e» Herrn Richter so uud nicht ander- beliebt! Aber von vornherein sei hiermit wenigsten» klar gestellt, wer in Wahrheit der berauSsordernde Theil gewesen ist. (Wir sind mit dem hier Gesagten völlig einverstanden, nur möchten wir die „Nationallibrralc Eorrespondenz" aus fordern, an diesem von ihr entwickelten Standpunct von nun an entschiede» festzuhalten. Politikern gegenüber wie Eugen Richter war jedes Liebäugeln von jeher vom Nebel und wird r» auch in Zukunft sem. Die Redaktion.) * Di« .Provinzial-Eorrespondenr" widmet der Grundsteinlegung de» ReichStagShauseS die folgende Betrachtung: Der Grnndstein zum Reich-tagthau» ist am vergangenen Montag, 9. Juni, durch unser» Kaiser im Name» der Fürsten und freien Städte de» Reiche» uud in Gemeinschaft mit den versassungSmäßigen Vertretern de» deutschen Volke» gelegt worden. Wie der Eindruck de» Lage» aus alle Theilnehmec eia erhebender und würdiger ge- wesen ist, so theilt sich dieser Eindruck den weite» Kreisen der Nation mit, wenn sie die Berichte der glanzvollen, von weihevollem Ernst getragenen Feier vernehmen. Vielleicht, daß in diesem Augenblicke kein andere» Volt eine» solchen Feste» und einer solchen Stimmung fähig wäre. Keinem anderen Volke ist die edejste und unentbehrlichste aller Gaben so ne», die Gabe: „seine Verfassung und seine nationale Entwickelung au» eigener Macht zu schützen und die Pflege seiner Wohlfahrt in die eigene Hand zu nehmen". Die» sind die Worte der Kaiserliche» Urkunde, welche bestimmt worden ist, in den Grundstein aus genommen zu werden und welche am Montag durch den Reichs- knnzler verlesen wurde. Wenn aber die Gabe der nationalen Selbstständigkeit unserm Volke noch ein neue» Gesch>nk ist, so hat eS dieselbe, wie wiederum die Kaiserlich« Urkunde sich auSdräckt, in ungeahnter Macht und Herrlichkeit empfangen. Der nngcsangene Bau ist bestimmt, „eine würdige Stätte zu bereiten für die gemeinsame Arbeit der gesetzgebend-n Körper". Die Gesetzgebung de» druischen Reiche» liegt in den Händen der verbündete» Regierunge», deren Orga» der VinideSroth ist. und de» Reichstage», der, au» unmittelbarrr Wahl de» ganzen Volke» hervorgegaiigen, den großen Beruf hat, de» im Volk lebenden Wünschen und Gedanken Ausdruck zu verschaffen, aber die nämlichen Gedanken auch zu klären und dieselben dem Volke, aus dem sie hervorgegaiigen sind, geklärt und durch die Geistesarbeit der be rufensten Männer ergänzt, zurückziigeben. Aus diesen Berus blickend, sagte der Kaiser ln der Bouurkunde, er sehe der Zukunft m t der Hoffnung entgegen, daß unter ihm wie unter seinen Nachfolgern die gemelnsame Arbeit für da» Vaterland vo» Einigkeit getragen und von Lege, begleitet sein werde. Wie dir Legung de» Grundstein» zu einer würdigei, Slüttr für die gemeinsame Arbeit der gesetzgebenden Körper de» Reichs da» Gesühl einer noch neue» Wohlkhat in seiner Frische au» den Geschälten de» täglichen Leben» erweckte, so wurde sie durch Yen Vorzug begleitet und erhüht, unter der Thrilnahme der meistcn der seltene» Männer beaangknzu werden, denen durch die Gnade de» Allmäch- lige» da» unvergleichliche Verdienst und da» unvergleichlich? Glück zu Theil geworden, ihrem Volke jene Wohlthat spende» zu dürfen. Allen vora» unser ehrwürdiger, vielgeliebter Kaiser, ihm folgend sein er- habcner Lobn und Neffe, der Kroiipriuz und Prinz Friedrich Karl, di« ruhmreichen Heeriührer, sodan» der große Kanzler und der groß« Stratege, in deren Häuptern die staatsrstigenden «nd Feinde» Macht bezwingenden Gedanken entsprangen. Die Reih« braucht nicht weiter geführt zu werden. Wir Alle sind von Neuem an das hohe Glück erinnert worden, ein große» und heilvollc» Geschick in der Geschichte unseres Volke» erlebt zu haben, und die Schöpfer und Zeugen diese» Geschickes zum größten Theil noch an unserer Spitz: und neben uns zu scheu. Solche» Glück aber muß eine Mahnung sein zu einem neuen Aufschwung de- Pflichtgefühles, ohne welches ebensowenig die großen Tbaten seltener Zeiten, wie die TagcSarbrit dcr in ruhiger und regelmäßiger Bahn dahin lausenden Zeile» ge lingen können. Möge dieser Aufschwung in ollen Kreisen der Nation erfolgen und Früchte de» Segens hcrvorbringen: die Früchte der Eintracht, dcr ron Eigensucht und Boruriheil unbcirrtcn sachlichen Erfassung aller un» obliegenden Arbeite» und der würdige» Haltung Aller m jenem unausbleiblichen Kampfe der Meinungen, au» welchem die heilsamen Idee» sich adklären, die vertrauensvolle Unterwerfung uiiter die in den geregelten Formen gesundenra Emichließuiigen sich erzeugen muß. « * * * Au- Pilsen, S. Juni, wird geschrieben: „Für nächsten Sonntag hatten der deutsche N a t i o n a l v e r e i n eine WänderVersammlung und 52 deutsch« Vereine West- böbmen« anläßlich de- Gründungsfeste« de« deutschen Ge- sclligkcitSvcreineS „Concordia" einen Eongreß in NÜrscban angcmeldet. An demselben Tage planten die Ezechen eine große nationale Demonstration anläßlich de« Gründungs feste» der Nürschaner „Etcnarska Brseda". AuS Rücksicht auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit wurde den Deutschen wie den Ezechen die Abhaltung der geplanten Versammlungen verboten." * Im schweizerischen Nationalrath ist v^r Kurzem ein Antrag, aus Revision derB»udeSverfassung abzieleud, eingebracht worden, welcher ans Grund der Art. 1l8 und 119 der BulideSversassung eine Revision derselben in folgender Weise vorschlägt: , 1) Der Art. 73, handelad über die Wahle« für den Rationalrath, ist zum Zweck einer gerechteren Eintheilung der Wahlkreise dahin zu ergänzen, daß in denselben ei» bi» höchsten« drei Vertreter zu wiblen sind; eventuell, daß die Wahlen soweit möglich nach dem Grundsatze rer proporttonalen Vertretung stattfinden. 2) Der Art. S7, der Schulartikel, ist im Sinne der Garantie der Unterricht-freihelt zu erweitern. 3) Dcr Art. 31, die Handel»« und Gewrrbefrrihrlt betreffend, ist dahin »u beschränken, daß da» Wirthschast-gewerb« und der Klein- verkaus geistiger GetrSnke nicht unter diesen Artikel satten «nd deren gesrtzssche Reguliruag de» Lantone» aahetmgeftellt bleibt. 4) Im Art. 32, da» Ohmgeld der Eantoue betreffend, sind z» streichen: die Bestimmung, nach welcher alle Eingang-gebührea mit Ablaus de» Jahre« 1890 ansaehobe» werden: ferner dt« Bestimmung, wonach da» Ohmgeld von Getränken schweizerische» Ursprnng» t» denjenigen Lantoneu. wo solche» schon besteh:, nicht erhöht »nd in denjenigen, welche bi» 1874 kein solche» bezogen haben, nicht ein- gcsührt werden darf. 5) Die Rechte de» Volke» bezüglich seiner Mitwirkung tu Fragen der Bundesverfassung, der BundeSgesetzgebung und der von de» Bunde-behörden zu erlaffenden Beschlüsse sind autzudehne» »nd zu diesem Zwecke die Bestimmungen der Art. 89 »ad ISO abzuäader» und zu ergänzen." Diese Motion charakteristrt der „Bund" all einen kühnen und gewallthätigen Angriff auf die BundrSversaffuna von l874, nnd zwar gerade aus di« wichtigsten Errungenschaften derselben. Man möchte auf da» Jahr 1848 und noch weitrr zurückrcvidiren. Dafür bürgen dem genannten Blatt schon die Nanien der drei Herolde, welche die Aera der kommenden wahren Demokratie" anzukündigen berufen worden sind: Zemp, Kerl und Pedrazzini gelten mit Recht al- die Ver treter de- ausgesprochensten, rücksichtslosesten UltramontaniSmu», der niemals gesonnen sei, dem Staate Concessionen zu machen. * Die belgischen Deputirtenwahlen haben einen völlige» Umschwung in drn Parteiverbältnissen zu Wege gebrackit. Von seiner bisherigen Majorität in der Kammer ist der Liberalismus in die entschiedene Minorität gedrängt worden, selbst in Brüssel trugen die liberalen Eantidaten eine Niederlage davon. Ursache der erlittenen Schlappe ist der Zwiespalt im liberalen Vager selbst, dcr die Gemäßigten von den Radikalen schied und so den Ultramontanen die SiegcSbahn öffnete. Da» auS Brüssel sianalisirte Demissions gesuch des Ministeriums ist ohne Zweifel als Consequrnz de- WahlresullatS zu betrachten. * Tie vor einigen Tagen telegraphisch gemeldete nor wegische Minister! ris'lS ist dadurch bcrbcigcsührt worden, daß König OSkar sich neuerdings einem Compromiß mit der radikalen Mehrheit veS SlortkingS nickt »ichr abgeneigt zeigt. ES gesckieht die« aus Unkosten der König-macht und de» monarchischen PrincipS; denn der König scheint heule seine Bedingungen weit niedriger zu stellen, als man nach dcr Thronrede von 1882 »nk kein königl. Tictamen, betreffend da« letzte RcichögcricklSurtheil, Halle aniiehmcn solle». Namenllick muß es Bedenke» erregen, wenn der König die StaalsralbSangelegenhcik ohne die früher verlanglcn conscr- vativcn Garantien qeneliiiiiat. Der frühere Staalsratk Pros, ttr. Brock, wclckcr zur Dnrcksiihruiig der Reform ans diese Weise bereit ist und mit der Bildung eine» neuen Eabinels beauf tragt zu sein scheint, hat in seinen Unterhandlungen mit dem Präsidenten de« Sterlhing», Sverdrup, einen Compromiß- vorscklag zu Stande gebracht, welcher am 8. d. M. dem Linkenvereine de» StorlbingS durch Sverdrup vorgelegt wurde. Danach ist man in Betreff der nachstehenden Puncle einig geworden: 1) Ter Vorschlag von LiviuS Smith (über den Zutritt dcr SlaatSrälhe zu den Verhandlungen de- Storthing«) wird baldmöglichst angenommen und al« Grunkaesetzdestimmung auSgesertiat; 2) die Bewilligungen de« Slorlhing» für die DolksdcwafjnungS - Vereine werden unter den frühere» Bedingungen genehmigt; 3) die Beschlüsse de- Storthing- über Ordnung der Ernlralverwattung der Eisenbahnen ge langen in vollem Umfange zur Ausführung; 4) daS Lehn« mannSgesetz wird sanclionirt; 5) ein neues Ministerium mit Broch al- Ebcs wird gebildet, nachdem ein Vorschlag über die Repräsentation der Linke» im DtaatSrathc vorgelegt worden ist. Der Linkenverein ist diesem Compromiß mit St gegen K Stimmen beigetreten. In da« neue Ministerium gedenkt man u. A. den früheren Gesandten in Frankreich, Sibbern, den Grneralconsul in London, Richter, die Svrea« schreibe« Daae und Svrcnsen und den StaatSrath Korr«, welcher bereit« dem Eabinet Schweigaard angebvrt. zu be rufen. Wie verlautet, wird die Berufung von Mitglieder« der Linken, denen die noch übrigen Portefeuille» zusaÜen würden, erst nach der Annahme de» Smith'schen Vorschläge« und de« Sverdrnp'schen EensuSvorschlage» durch da« neue Eabinet erfolgen. Die Lage der Dinge ist demnach die. daß der König der Form nach au- eigener Machlbefugniß handelt, dem
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