Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.05.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188605304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860530
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-05
- Tag1886-05-30
- Monat1886-05
- Jahr1886
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- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.05.1886
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^>rMU.^WDGWW«W«»>1 > rk I Löse). 30voorM »enkarts i Sodloee« «e. et«te. iai 1686 ts 28 älaon :s xedii- itsrl-oit- Irtuosen »litt- »« uuä tsr uoä krsi. >s frei. >reodeoä wltSll. UNg. 8aal, f uuä lvZsgenä ;beoä ia t kiilm», ssorgt. weise der jeilnahme egräbniffe rer gute» tts, >en innig« kal 1886. -lasseneil. Uhr »er schweren e, Vater, !er, Herr > Wolf, ete, 74. thenren «tag Vor« er Fried- dies zu- « Hinter« W-lf Sekannteo ich Abend Bruder »na , seine« ud ruhig et ,i 1886. INU iebeurn. 1ai18S6. ater. «»r Male: r. Karl. «er. ti«r Nal«: Selten. Tägliches UnlerlMtungsblstt zum Sächsischen Landes-An^eiger. Ar. 1L4. — 6. Jahrgang. ^ Verlags«Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckern, Lhemuitz, Theaterstraße -lr. S. Sonntag, 30. Mai 188«. Allerlei von «ei» ««d Bier in alter Zeit. Nachdruck verboten. jüngeren Generationen des deutschen Bolle- find dem angenehmen Beispiel ihrer «Word«,«« immer gern gefolgt, und wen» man dl« Quantitäten an Bier, Wein nud Schnaps berechnet, welch« alljährig in Deutschland produeirt und ronsumirt werden, so könnte mau beinah« glauben, daß die Junge« den Alte» bedentend über seien. In der Wirklichkeit ist die» aber nicht der Fall, denn trotz der vielen Fälle von Trunksucht, dl« in Dentschland leider immer wehr zunimmt, kommen wir nnsere» Vorfahren doch «och lange nicht gleich. All« die verschiedrnrn großen Trnuke, welche in frühere» Jahrhunderten geleistet worden sein sollen, deren einig, sogar von unseren besten Poeten verherrlicht wurden, find zumeist nur etwa» vergrößerte Thatsachen. Au» der Menge von Trinksprüche«, di« uns von deu Vätern überkommen find, läßt sich auf die Freudigkeit schließen, mit der man in alter Zeit dem Bitr und Weingeunß oblag. Allerdings findet mau im Anfang de» 17. Jahrhunderts, wo da» übermäßig« Trinken seinen Höhepunkt ««richte, auch genug Poeten, welch« den übertriebenen Genuß tadeln. So meint einer der alten Herren: „Das wüste Lieh hält Maß und Ziel, Säuft nimmer, sonder Durst, zu viel. Der Mensch nur ist so blind und toll Säuft wieder die Natur sich voll." Dann aber entgegnet ihm ein Anderer: »Seitdem die Räusche aufgekommen, säuft sich Keiner mehr voll." Der Wein, der in früheren Jahrhunderten Weitmehr und bi» tief nach Norddeutschland hinein angebaut wurde» al» wie in unserer Zeit, hat unter deu Poeten stet» mehr Verehrer gefunden al» da» Bier, obgleich auch über den Berstensaft recht artige Verse un» Vor likgen. Schon im siebzehnten Jahrhundert sang man den Ber» „Das süße Trauben-Blut Erwecket Gluth und Muth: Wenn eS in Kops gestiegen, Da bleibet nichts verschwiegen, Da geht das Hertz« loß, Da steht die Wahrheit bloß. Da sagt der Arm und Reiche Gebrechen und Gebräuche. Der beste Probestein Ist der berauschend Wein. Er reifet wo da stecken Die Klugen und die Gecken! In Summa wo da ist der edle, gute Wein, Da kann man ssmxsr lustig und nangnam traurig sein." Derselbe, mir unbekannte, Poet nennt den Wein »eine Nestel die Leib und Seel« zusammenbandt", und preist ihn vor dem Bier an» vier Ursachen: 1. Weil ihn Bott gebauet; 2. weil er älter sei al» da» Bier; 3. weil er auch im alten nud neuen Testament gelobt wird und 4. weil ihn Jedermann mehr liebt nud lobt al» da» Bier. Jedem Mensche» find nach de» AnSsprnch eine» anderen alte« Poeten drei Trünke vergönnt «ud zwar: „Der Erste zum Durst; Der Zweite zur Lust, Der Dritte zur Fröhlichkeit ; Was darüber bringt Trunkenheit." Nach der Tonleiter läßt ein Geistlicher de» 17. Jahrhundert», Joh. Feinler, die Zechbrüder trinken, denn in seiner Predigt über Judith und Holofernes sagte er: »Die Zechbrüder seyud wunder» seltzam« Tantore» und Muficante«. Bei ihre« Saufgelagen fangen sie an zn finge» in 17t, indem fi« trinken utiiitsr nützlich! Denn beym Anfänge gehet e» noch in etwa» fein her, da fallen nützliche Reden re., darnach fahren sie fort in Rs, indem fi« ausetzen realiter wkklich; da «» zu halben nnd gantzeu getrunken Heist. Ferner fahre» fit fort in Lli, indem sie trinken wlrnbiiitsr, wunderlich, al» steheud, kniend, die Arme in einander schrenkend, oder anf deu Tisch tretend. Noch weiter in ka, indem sie e» machen kamiliaritsr, vertraulich, anf gyte, trene Brüder« und vchwesterschaft. Sodann in Sei, indem st« da» Bla» soisuitsr prächtig hernmb gehe« lassen. Dabei muß auf» geblasen, gepfiffen, gepauckt, gespielt, geschrie», loSgeschoffeu sehn, da mit «an» von weitrm hör«. Und endlich schließe« fi« in Imwi, «emlich r» höhnt ihr Sanffe» auf lamsatadilitsr, erbärmlich, da gehet» au ein Schlagen, Raufen und Balgen; ihre etzliche werden fiech, krank, bettelarm, ja, wohl gar verdammt." -Fein lieblich von Geruch, stark, klar, alt, frisch und rein, So soll beschaffen sehn, ein rechter guter Wein", fingt Salomou von Bolau und fügt hinzu: „Guter Wein verderbt den Beutel, Böser schadet sehr dem Magen; Böser aber ist'S den Beutel, „ Als den auten Maaen vlaaeu " Selbst wir. di« heut« Lebenden, können «n» der Richtigkeit dieser Anficht nicht verschließen, und mancher Musensohu handelt heutzutage noch gena» »ach der alten Regel „Wirst du trunken nächten spath, Trink früh' wieder, ist mein Rath" Wie seine Comwilitonen vor zweihundert und mehr Jahre». Welche Weine in früheren Jahrhunderten am höchsten geschätzt wurden, zeigt un» der alte Reim: ,Lu Klingender« am Main, Würtzburg am Stein, Bacharach am Rhein Wachsen die besten Wein." Doch finden »Hochheimer", „Hambacher", »Worm-gauer", Rinckgauer" (Rheingauer), „Rühdißheimer", sowie Moßler« und Neckar-Wein auch ihre Würdigung: Der edle gute Wein vom Rhein, Ist aller Wahlzeit Ehr und Schein! sagt ein alter Dichter mit Kennermiene, wogegen aber sofort ei» anderer anftritt und an»rnst: „Nur Zerbster Bier und Rhein'schen Wein, Laß stets, Herr, mein Betränke sein!" Wie man fleht, ist der Mann schon weniger genügsam, wie der vorhergehende, stellt aber dabei zugleich dem Zerbster Bier ein Zeug- niß an», welche» für dir allgemeine Werthschätzung de» Bebrän'S spricht. Eine tiefe Mißstimmung spricht au» den alten Versen» die 1657 ei» Heidelberger Student de« audern in'» Stammbuch schrieb: Trink ich Bier, so wert»' ich faule, Trink ich Wasser, so Heng ich'- Maule, Trink ich Wein, so werd' ich voll, Ich weiß nicht, was ich trinken soll! Da» Bier, wie heute, so auch vor zwei, drei und vier Jahr hunderten da» Getränk de» Volke», erfreut« sich nicht nur der be sonderen Pflege von Seiten der Bierbrauer, sonder« anch die wohl- weisen und hochmögend«» Väter der Städte, wo mehr Bier wie Wein getrunken wurde, sorgten emfig dafür, daß stet» guter Stoff vorhanden war. Fremde Biere mußten überall, wo deren AnSschank gestattet war, hohe Abgaben tragen, damit da» einheimische Product nicht darunter leide. In mehrere« Städten Norddeutschland» ent standen im 16. und 17. Jahrhundert groß« Unruhe» unter der Bürger schüft, weil da» Bier entweder zn theuer, oder der AnSschank fremder Bier« gestattet wurde. Die Sorgfalt der Behörden, dem Volke nur gute» Bier zu verschaffen, hat manchmal etwa» Rührende» und wiederum Komische». Man bekommt wirklich Respect vor dem Eifer, mit dem die hochmögenden Rathrväter der verschiedensten Städte da» Getränk grüßte». Die Erzählung von den Rathsherren, welche beim Bemtheileu de» Biere» sich auf mit Leder bezogenen Stühlen uieder- Heßen, welche vorher mit vier begossen w«en; dann richtig da» Bi« erprobten «nd wenn beim Aufstehe» von de« Sitz,« die Stühle cm »e» Hose« fest klebte», da» Bier für gut, i« anderen Falle schlecht anden, ist durchaus kein Märchen, sondern eine historische Thatsachr. Ligenthümlich ist «», daß i« 16., 17. «nd di» in'» 18. Jahrhundert von balerlfchem Bier bei Weitem nicht so viel die Rede ist, wi, von dem norddentschen. Bekanntlich ist die Sach« jetzt gerade «mgekehrt. Norddeutsche« Bier finden wir früher häufig in Süddeutschland erwähnt. Auf dem berühmte« Reichstag« z» Worm» (18. April 1621) al» Lnther dort vernommen wurde, spielt e» sogar ein« historische Rolle, denn Herzog Erich von Brannschweig sandte nach der Sitzung dem kühnen Mönch einen silbernen Becher mit gutem Eiwbecker Bier, kamst sich Luther daran labe. Wie der Wein, hat in früheren Jahren auch da» Bier feine Poeten gefunden. Der alte Harßdörffer fingt vom Bier: „Mein Bater ist der Bach, und daraus muß ich werde» Des LebeuS Leutnant, die Mutter ist die Erden, Mein Laub ein hartes Holtz, ein Messing meine Thür, Mein Hemmet ist von Pech, der Pirkenmeyer Zier" und ein anderer Port schwingt sich zu dem folgende« Lobgesange anf: -Der vielbelobte Trank, das edle Bersteuwasser Wird billig wert- geschätzt, und hat nur wenig Hasser. Bier, Bier, das lescht den Durst und richtet Freude an, Daß manche Grille wird hierdurch beiseit getha». In Brabant ist ein Ott, so Thienen wird genennet. Da ist ein Bier, dem man ja billich Ehre gönnet, Ein überauß gut Bier, mit welchem jedermann Die Sorgen mehr als mit dem Wein vertreiben kann. Das alt hamburgtsch Bier, dar läßt sich auch noch trinken, Bei gutem Zwieback und bey eine« Schweineschinken; War noch mehr andre Bier davon will ich jetzt schweigen, Die weil ein jedes Bier sehn Lob kann selber zeigen, So jedes OrtS bekannt, Gott gebe Segen Glück, Zum Brauen alle Bier, Bier ist ein nöthig Stück." Unzählig find auch di« Namen, di« der volkSmuud dem Biere gt. In eine» un» vorliegenden kleinen Berzeichniß tentscher Bier« au» de» 17. Jahrhundert finden sich allerlei lustig«, aber anch viel unfläthige Benennungen; von den erstereu wollen wir einigt hier »ittheile«. Da finden wir in Brandenburg ein Bier, welche» Alter Llauß heißt; Brannschweig braut „Mnmma", di« heutig. Mumme, und Hildeshrim liefert „Breyham", von dem der Chronist sagt: „ES hat aber solch Getränk von dessen Erfinder Knerd Breyha» den Name« erhalten, welcher auß de« Dorff Stockem, «in« Mell von der Stadt Hannover gelegen, bürtlg, »nd zn Hamburg ein Brau» kuecht gewesen, »m Anno 1526 zu besagtem Hannover» im Braun schweiger Land, Hamburgtsch Bier zu siede» versucht hat, von Dannen e» nach HildeSheimb kommen." „Bind de» Kerl" braute man zu Boitzenburg, nnd „Bockhänger" zu Wollt« in Pommern, wogegen in Frankfurt a. d. O. „Büffel" ver zapft wurde, von dem der Chronist sagt: „ein wüste», tnmme» Bier"; Dle Erfurter brauten „Schluutze" und Fechte in Westphalen gar „Dodenkopff". Westphalen scheint überhaupt früher nicht sehr beliebt gewesen zu fei«, deu» ein alter Reim sagt darüber: Schlecht Logtament und lange Meil, Schwartz Brod, schlimm Bier, grob Schweine Keil, GiebtS allenthalben in Westphalen, Wer's nicht glaubt, magS selbst erfahren. „Gose" und „Garley" braut mau in GoSlar und Gardelegen unsere» Wissen» noch heute, dagegen hat sich der Merseburger „Kopf« reißer", der „Streckeborzel" und der „Hodebänker" nicht dort erhalten. Wittenberger „Kuckuck" erfreut« sich früher einer gute» Würdigung ebenso wie die .Klotzmilch" zu Bautzen, dagegen sagt die Bezeichnung „Jammer", eine Art Dnmwbie» in Preußen, genug von der Güte de» Getränke». Zu Laugeusaltz Ei« Ballgespräch. Plauderei von Emil Pesch kau. Nachdruck verboten. Personen: Ulrike von Walde», eine reiche Wittwe- Werner, ein junger Gelehrter. Ort der Handlung: Ein phantastisch geschmücktes Zimmer, durch dessen Eingang man in eine Reibe anderer Gemächer und in den Ballsaal blickt. Aus der Ferne klingt Tanzmusik. Im Hintergrund schreitet ab und zu ein Paar vorüber. Ulrike (in einer au» Palmen und Blattpflanzen gebildeten Laube ruhend): Sieh da — Herr Werner. Sie halten fich heute so sehr im Hintergründe — Werner (der sich wieder zurückziehen will): Und ich fürchte auch jetzt, Sie zu stören. Ulrike: Zu stören — wobei? (MalitiöS) Wenn man so ge dankenlo» durch'» Leben flattert, wie ich — Werner (bittend): Sie wollen mir da» thörichte Wort nicht vergeben! Ulrike: Allerdings nicht. (Mit erkünsteltem Gleichmuth) Weil ich nicht wüßte, was ich dabei vergeben soll. Sie haben Recht. Ich flattere gedankenlos durch's Leben. Aber ich befinde mich wohl dabei, ich bin glücklich. Es können nicht alle Menschen auf der Welt Philosophen sein, wie Sie. Und wer weiß, ob nicht mehr Glückliche existirten — wenn es weniger Philosophen gäbe. Werner: Darum erlauben Sie. daß ich mich wieder entferne. Keine Wolke soll fich Ihnen vor die Sonne stellen. Ulrike: Nein, verehrte Wolke, es wird mir sogar Vergnügen machen, wenn Sie mir ein wenig Gesellschaft leisten. Wollen Sie es thun? — Ja — dann setzen Sie fich zu mir unter diese Palmen Das wird Ihre Einbildungskraft beflügeln, Sie werden glauben, ein hellenischer Philosoph zu sein — es giebt doch Palmen in Griechen land? — und ich als Ihre lernbegierige Schülerin werde gerne — «ine Lection empfangen. Werner: Gnädige Frau! Ulrike: Dieser furchtbare Ernst — warum? Werner: Sie haben mir nicht vergeben. Ulrike: Ah — ich verstehe Sie. Weil ich damals, al» der Ulrike: Habe ich nicht die Wahrheit gesagt? Ist e» nicht so? Nun — sehen Sie? Werner: Sie rüruen mir nocb immer. Ulrike: O, über die Eitelkeit der Männer! Ich bin natürlich unglücklich, weil fich mein Hofstaat um eines seiner gelehrteste» Mitglieder verringert hat. Nein, Herr Werner, Schmetterlinge, wie ich, kennen keine solchen Schmerzen. Aber das verdrießt mich, daß Sie mit einer Miene herumgehen, als wünschten Sie uns Leicht finnigen so bald wie möglich «inen recht gründlichen Pech- und Schwefelregen. Was thue ich denn eigentlich so Strafbares? Ich bin reich — soll ich meine Schätze in der Erde vergraben? Ich bin jung, eine Frau — was soll ich mit meiner Zeit anfangen? Ich bi» zu ehrlich» um eine Betschwester zu sein, zu gedankenlos, um für einen Blaustrumpf zu taugen, und eine Köchin, wofür meine Geistesgaben vielleicht ausreichten, kann ich nicht abgeben, weil ich einen unbezwingbaren Ekel vor allem Küchengeruch habe. Da mich nun die Natur einmal so gemacht hat — wa» soll ich thun? Und daun, Herr Philosoph — nehmen Sie einmal Ihre Logik zu Hilfe und beantworten Sie mir die Frage: Wenn alle weiblichen Wesen jung, reich und — verzeihen Sie die Anmaßung — hübsch wären, glauben Sie, daß es dann auf der ganzen weiten Welt auch nur eine einzige Schriftstellerin, Betschwester oder Köchin gäbe? Sie lachen, das heißt, Sie stimmen mir zu. Wenn Sie nur das winzigste Angriffspünktchen fänden, dann würden Sie ja jetzt ein schreckliche» Doeenteu-Geficht machen. Nun also — ich bin jung, reich und hübsch — wa» soll ich thun? Ich unterhalte mich, ich genieße das Leben. Wäre eS denn nicht thöricht, das wegzuwersen, waS Einem die Götter in froher Laune schenkten? Was thue ich denn, als daß ich meine Augen öffne für alles Schöne in der Welt? Daß ich alles dankbar genieße, was mir zu Gebote steht? Ich liebe schöne Bilder und gute Musik, ich tanze gern, reite mit Leidenschaft, sehe lieber fröhliche Menschen als griesgrämige, und wenn ich mich schmücke — soll ich nur für meine eigene Person kein Auge haben, — soll ich da» SchönheitS-Bedürfniß nur unterdrücken, soweit es mich selber angeht? Werner: Sie vertheidigen fich gegen Vorwürfe, die Ihnen Niemand gemacht hat. Ulrike: Nun vergessen Sie — Werner: Da» einzige Wort! Ulrike: Einer Frau genügt ei» Wort — bei den Männern Schulmeister Ihre Zunge regierte, etwas geärgert sagte: Da» ist, bedarf es freilich stets einer ganzen Predigt. Erlauben Sie deshalb, wenigstens originell, einer Dame, der man den Hof macht, Lektionen daß ich mit der meinen fortfahre. Ich bin gleich zu Ende — nur zu geben. Aber Sie täuschen sich — ich dachte nicht daran. Denken! noch Eines. Wa» in Ihren Augen da» Schlimmste ist, da» ist die ist, wie Sie wisse», ja nicht meine Leidenschaft. Und wozu auch! Schaar meiner Verehrer. Ich höre gedankenlos auf ihre Schmeicheleien, daran denken! DaS ist vorbei. Ich bin nicht mehr böse und Sie ich habe meine Freude an den Galanterien, die man mir erweist machen mir nicht «ehr den Hof — wir find quitt. Werner: Ich glaubte — Ulrike: Sie glaubten —? Werner: Daß wir nicht so ganz quitt wären. Ulrike: Ich gebe Ihnen mein Wort, daß mein «erger ver» flogen ist. Und wa» Sie betrifft — wollen Sie leugnen, daß Sie mir nicht mehr den Hof machen? Sie halte« fich fern von mir, Eie überlasten mich ganz jenen „zierlichen Herren", über die Sie so ergrimmt find, Sie haben kein einzige» Eompliment für mich — nicht einmal zu einer kleinen Grobheit lasten Sie fich herbei. Werner: Sie wollen mich quälen. Aber, Herr Philosoph — freuen Sie sich denn nicht auch, wenn man Ihr Talent anerkennt? Hat e» je einen großen Geist gegeben, der nicht mit innigem Behagen eine schöne Recenfion verschlang? Nun sollen da» Talent der Frauen ist ihre Liebenswürdigkeit, und warum also: wir — ander» al» die Männer — ein unfreundliche» Gesicht machen — für eine freundliche Kritik! Und nun bitte ich um eine recht scharfe Entgegnung. Werner: Ich habe nicht» zu entgegnen. Ich hätte auch nicht da» Recht, Ihnen Vorwürfe zu machen, und bitte Sie deshalb noch mals: Verzeihen Sie mir da» unbedachte Wort, verzeihen Sie mir >die Unart. Ulrike: Nein, nein — damit entkommen Sie mir nicht! Warum fliehen Sie mich — warum fliehen Sie die Anderen? Sie tanzen nicht und machen ein Gesicht — bitte, werfen Sie doch eine» Blick in den Spiegel. Ich durchschaue Sie, Herr Philosoph. Wenn Sie es auch nicht glauben werden, ich habe doch meine Zeiten, wo ich mir allerlei Gedanken mache — nur kleine, winzige Frauenge danken, aber doch Gedanken. Heute z. B. sagte ich mir: Dieser Herr Philosoph ist in einer ganz schrecklichen Klemme. Werner: In einer Klemme? Ulrike: Ja. Er ist Philosoph und liefert mit seiner eigenen Person den Beweis, daß die Philosophie ein recht ohnmächtige» Ding ist. Werner: Ich verstehe Sie nicht. Ulrike: Daß diese Philosophie schwächer ist al« der Blick einer koketten Fra». Daß sie nicht im Stande ist, Neigung in Verachtung zu verwandeln, wenn — Werner: Welche Einfälle, gnädige Frau! Ulrike: Habe ich Sie durchschaut? Sie find verlegen — (bitter) ich habe richtig gerathen. Werner: Ich schwöre Ihnen — Ulrike: Dann erklären Sie mir Ihr sonderbares Wesen —> Sie können es nicht — ich wußte es ja. Werner: Ich dachte an andere Dinge — an manche», wä» mich verdrießt. Ulrike: Auf einem Balle? Werner: Warum nicht! Sie kennen meine Beschäftigung. Wir beobachten, vergleichen — inmitten de» Glanze» überfällt un» der Gedanke an das Elend draußen — Sie werden mich ja doch nicht verstehen. Ulrike: Ich verstehe Sie sehr gut. Sehen Sie mir einmal in die Augen — fest — und nun hören Sie mich: „Ausflüchte, nichts als Ausflüchte!" Werner: Sie irren. Sie wissen nicht, was für seltsame Wesen wir find. Wir können einer schöne« Frau in die Augen sehen, und dabei denken — wie viel Thräne« an all dem hängen, womit sie fich schmückt. " Ulrike: Thränen — ich wüßte nicht. Werner: Diese Seide, die Sie so gut kleidet, diese blitzenden Juwelen, diese Blume in Ihrem Haar — Ulrike: Diese Blume? — Werner: Sie tragen sie und eine Andere hat sie gefertigt Und wenn ein Zufall die beiden Kinder in den Wiegen vertausch hätte — . Ulrike: Dann würde ich jetzt solch hübsche Dinger machen und würde dabei nicht weniger heiter sein. Werner! Vielleicht. Wenn Sie aber" je einen Blick tu di« Welt gethan hätten — in jene andere, die nicht Ihre „Welt" ist — dann wären Ihnen die Thränen nicht entgangen, die auf dies« Blumen fließen. Thränen der Noth, de» Kummer», de» beleidigte« Ehrgefühl», der Verzweiflung. Sehen Sie, wie sie dort vorüber- schweben, die Paare. Blume neben Blume! So schwrben vor meine« Augen die Bilder jener Armen vorbei, die um alle» Lebensglück be trogen find und um da» Restchen Sonnenschein, da» die Liebe in ihr« Dachkammer wirft, häufig noch betrogen werden .... Ady HM WS
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