Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188807202
- PURL
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- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880720
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-20
- Monat1888-07
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- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.07.1888
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Der Bürgermeister traf alle erforderlichen Anordnungen. Die Arbeiter! halten sich bisher streng in den gesetzlichen Schranken und haben! keinen Anlaß zum Einschreiten gegeben. Italien. Nach Mittheilungen aus Maffauah fährt der ita lienische Gouverneur General Baldissera fort, gegen die Personen, Welche die Zahlung der neu eingesührten Gemeindesteuern verweigern, mit Zwangsmaßregeln vorzugehen. Ein Grieche, welcher Widerstand leistete, wurde ausgewiesen, andere griechische Bewohner haben sich gefügt. — Ueber die Handhabung des italienischen Garantiegesetzes Ist in Rom wieder ein Streit entbrannt» in dessen Hintergrund eine bedeutsame Prinzipienfrage steht. Die Frage war, ob die im Vatikan ausgefertigten notariellen Acte als inländische oder ausländische zu betrachten seien. Nahm man Letzteres an, so mußten sie der Stempel- und Registcaturtaxe unterworfen werden. Im ersteren Falle würden aber die im Vatikan vollzogenen notariellen Acte in den meisten Fällen als ungiltig zu erachten sein, da man sich im Vatikan nicht an die gesetzlichen Bestimmungen des Königreichs Italien bindet. Verschiedene hohe italienische Behörden haben sich gutachtlich nunmehr dahin ausgesprochen, daß solche Acte als inländische zu betrachten seien. Die Bedeutung der Sache liegt in der Motivirung der Be hörden. Sie sagen nämlich, der Papst habe nach dem Garantiegcsetz nicht das Privilegium der Exterritorialität, seine weltliche Gewalt und seine gesammte civile Jurisdiction sei aufgehoben, und aus diesem Grunde seien die vatikanischen Notariate als „inländisch", wenn auch zugleich als ungiltig zu betrachten. Bei dieser scharfen Entscheidung wird ein Conflict schwerlich abzuwenden sein. Die römische Atmo sphäre ist überhaupt so mit Gewitterluft angefüllt, daß der bisherige ,. Waffenstillstand zwischen Vatikan undQuirinal nicht lange mehr auf recht erhalten werden kann. Frankreich. Die Kammersession ist zu Ende und nun wird dann wohl einige Monate, abgesehen von de» bevorstehenden bou- langistischcn Ersatzwahlen, bei welchen cs allerdings heiß Herzchen Wird, Ruhe herrschen. Die Bouapartisten werden Bonlanger bei dem bevorstehenden Wahlkampfe aus allen Kräften unterstützen, vielleicht .gelingt es dem General, durch neue Wahlerfolge die Duellschlappe i vergessen zu machen. Präsident Carnot reiste auf einige Tage in die Dauphine. In Chambcry, Grenoble, Viville, Romans und Valence werden größere Empfänge und Festlichkeiten stattfindcn. Der Empfang in den einzelnen Stationen war ein recht annehmbarer. Die Be Hörden richteten offizielle Ansprachen an den Präsidenten, der nach seinen bekannten Grundsätzen antwortete. — In Paris sind Allarm- ,Nachrichten über die Petersburger Kaiserbcgcguung verbreitet. Die » Blätter versichern, daß das Ergebnis; der Monarchen-Entrevue ein allgemeiner Abrnstnngsantrag mit gegen Frankreich gerichteter Spitze sein werde. Trotz der handgreislichen Unwahrscheinlichkeit dieser Nachrichten wollte ein Abgeordneter die Regierung darüber inter- pelliren. Die Sache wird aber unterbleiben. Die Aufregung ist indessen thatsächlich groß, mau fürchtet außerdem, die Bonlangisten werden im Trüben zu fischen versuchen. Natürlich ist die ganze Ge schichte Humbug. Bis zur allgemeinen Abrüstung sind wir leider noch lauge nicht. — Der frühere Ministerpräsident Duclerc liegt hoffnungslos krank darnieder. Rtttzland. Aus Pcterhof wird der „Nat.-Ztg." telegraphirt: Die Anwesenheit des Zaren erzeugt ein prächtiges gesellschaftliches Leben. Bei herrlichstem Sommerwctter werden alle Wasserkünste si cin. cr, Racbmiltags findet Concert beim Schlosse Mouplaisir statt. Ter Zar tut.Hirt die Kaiserin und seine Kinder selbst in einem mit zwei Sch'mm/n bespannte» Jagdwage» und wird überall freudig begrüßt. Kaiser Wilhelm II. trisst am Donuers-tag 3 Uhr hier ei»; er empfang! auch verschiedene Deputationen der Deutschen in Ruß land. Der Kaiser und Prinz Heinrich werden im östlichen Flügel des Pctcrhofer Schlosses wohnen. Die Abreise nach Stockholm er folgt Sonntag Abend. Orient. Es sieht thatsächlich iingcmülhli'ch in Bulgarien aus, Fürst Ferdinand ist wiederholt mit seinem Ministerpräsidenten Stam- bulow znsammengerathcn, und das Vertuschen der Zwistigkeiten wird immer schwerer. Fürst Alexander hat ans den ihm persönlich be freundeten Ministerpräsidenten Karawclow Häuser gebaut, und Kara- welow verrieth ihn doch. Fürst Ferdinand sollte also gar nicht so sicher sein, daß Herr Slambulow, der noch nicht einmal sein Freund ist, ihn zwar nicht vcrräth, aber ihm plötzlich den Thronsessel weg zieht und mit Rußland seine» Separatfrieden schließt. Solche Ent thronung ist ja in Bulgarien nicht schwer. — Nach den Briganten, welche in Rumelicn mehrere österreichische Unterthancn sortgeschlcppt haben, suchen die Truppe» immer noch. Sic müssen auch vorsichtig sein, denn die Räuber haben mit Tödtung ihrer Gefangenen gedroht. -— Aus Belgrad wird gemeldet, zahlreiche Korporationen, Gemeinden »nd Behörden hätten dem jungen Kronprinzen zur Rückkehr in die Heimath gratnlirt. Die von einigen Wiener Blättern verbreiteten Nachrichten, die Königin Natalie sei wegen der ihr bereiteten pan slavistischen Demonstrationen aus Wien ausgewiesen und deshalb nach Paris gereist, ist unrichtig. Die Königin ist wohl lediglich in Aerger darüber abgcrcist, daß alle höheren Kreise sic völlig ignorirten. In Paris wird sie sich nicht über Mangel au Ovationen zu beklagen brauchen. Dem Oberbürgermeister in Wiesbaden hat die Königin 500 Mark für die Armenkaffe übersendet. — König Milan läßt eine Denkschrift ausarbeiten, worin auf Grund von Beläge« di« volitische Thätigkeit der Königin Natalie dargelegt wird. Die Originaldoku mente sollen mehreren Souveränen durch besondere Gesandten unter breitet werden. Der König erhebt auch gegen die Behauptung Ein spruch, daß er eine neue Eh« plane. In Belgrad ist die Stimmung entschieden für Milan, weil man die Königin als Werkzeug der Russen betrachtet. Amerika. Ueber eine neue Dynamitverschwörung wird aus Chicago berichtet: Bei einer am Dienstag vorgenommenen Haus suchung wurden ein Dutzend Dynamitbomben, ein Revolver und ein Dolch aufgefunden und drei Personen in Haft genommen. Nach der Angabe des Polizeikommissars Bonfield hätte schon schon seit längerer Zeit eine Verschwörung bestanden, die jetzt habe zum Ausbruch kommen sollen. Gegen zwanzig Theilnehmer an dem Komplott hätten beabsichtigt, die Wohnhäuser der Richter Gary und Grinnel und anderer an dem großen Anarchistenprozesse betheiligter Personen in die Luft zu sprengen. Nach anderweitigen Mittheilungen wäre die Zerstörung des Gerichtssaales, anderer öffentlicher Gebäude und mehrerer Zeituugsredaktionen beabsichtigt gewesen. Unter den drei Verhafteten befindet sich ein bekannter Führer der Anarchisten. Der Polizcikommissar Bonfield erklärte indessen, man nehme mit Unrecht an, daß die vorgenommcnc» Verhaftungen auf eine große Verschwörung hinwiesen oder daß die öffentlichen Gebäude hätten zerstört werden sollen. In das Komplott seien nur 20, alle der untersten Klaffe angehörende Personen verwickelt. Nach Zeitungsmeldungen sollen 10 Kilo Dynamit vertheilt worden sein. , Sächsisches. — In militärischen Kreisen Sachsens giebt man sich, wie aus Dresden geschrieben wird, der bestimmten Erwartung hin, noch im Laufe des Jahres Kaiser Wilhelm sehen und begrüßen zu können. Wie cs heißt, wird der Monarch gelegentlich der Manöver des 12. Armeecorps, die bei Chemnitz staltfinden, unscrm König Albert sein Regiment, das 2. Grenadier-Regiment Nr. 101, vorführen. — Dresden, 19. Juli. Ueber den Aufenthalt unseres Königspaarcs in Schweden wirb dem „Dresdner Journal" weiter aus Tullgarn unterm 16. Juli berichtet: Ihre Majestäten sind gestern Abend wohlbehalten in Tullgarn eingetroffen. Die Abfahrt von Stockholm erfolgte 3 Uhr Nachmittags vom Landungsplätze am Mälarsee, wo sich zur Verabschiedung der König von Schweden, die Prinzen Karl und Eugen, die Frau Herzogin von Dalecarlien, der Statthalter und die sämmtlichcn Hofwürdeniräger eingefunden hatten. Nachdem die Verabschiedung in herzlicher Weise stattgefunden, setzte sich das zur Verfügung der Majestäten gestellte Dampfschiff „Wal küre" in Bewegung und begann die Seefahrt entlang des Mälarsees, von dessen Ufern aus die lebhaftesten Abschicdsrufe der zahlreich ver sammelten Bevölkerung erfolgten. Die Majestäten waren von dem Kronprinzen von Schweden begleitet, während die Frau Kronprinzessin bereits am Tage zuvor sich nach Tullgarn begeben hatte und beim Anlanden die Majestäten in Tullgarn begrüßte. Der Aufenthalt in Tullgarn ist bis zum 26. d. Mts. geplant; dann erfolgt die Abreise von hier direkt bis Drvntheim. Von dort ans ist eine Seereise von etwa 8 Tagen durch die Fjorden und zwar bis Tromse in Aussicht genommen. Von Tromse wird wieder nach Drontheim zurückgegangen werden und von da zum nochmalige» Besuch des Königs von Schweden »ach Christiania. Weiteres über die von dort aus anzntretcnde Rück reise steht noch nicht fest. — In Königstein begeht die Schühen gesell schaft vom 12. bis 14. August das Fest ihres 3b0jährigen Bestehens. Bei dieser Gelegenheit erfolgt auch die Uebergabe und Weihe der von dem Könige verliehenen neuen Fahne. — Leipzig, 16. Juli. Nachdem die Arbeiten für die Auf teilung des Siegcsdcnkmals so weit gefördert worden sind, daß die Möglichfeit, die Enthüllung an dem Erinnerungstage von St. Privat, den 18, August, vorzunehmen, keinem Zweifel mehr zu unterliegen scheint, hat der vom Rathe zur Vorbereitung derselben eingesetzte Ausschuß beschlossen, diesen Tag nunmehr endgiltig anzu- nchmen. Einladungen hierzu sollen ergehen außer an den König und das gcsaminlj: königliche Haus an den Reichskanzler Fürst von Bismarck, den Feldmarschall Graf von Moltke, an sämmtliche ächsische Minister, die activen Offiziere der Leipziger Garnison und alle Diejenigen, welche den Krieg 1870/71 in den Regimentern 106, 107 und 108 als Offiziere oder sonst als Combattanten mitgeinacht haben. Eine Vertretung der Mannschaften der gegenwärtigen Garnison wird nach Befehl deS Garnisou-Commandos erfolgen. Ferner sollen, cingcladen werden sämmtliche im Benrlaubtcustande stehende Offiziere in Leipzig und Umgegend, sämmtliche in Leipzig anwesende Invaliden des Krieges 1870/71, die in Leipzig bestehenden Kriegcrvcreine und die in Leipzig wohnhaften nächsten Angehörigen von Gefallenen des Krieges 1870/71, die Mitglieder der hier de stehenden Reichs-, Staats- und städtischen Behörden, die Stadtver ordnete», Ehrenbürger, frühere Stadträthe, die Geistlichkeit, Kirchen- Vorstände, die Professoren der Universität und Studenten, die Lehrer Lenk', 's wird mehr Effekt machen. Na, wie gefällt Ihnen das Instrument?" Der Gefragte hatte Mühe, das Lachen zu verbeißen, als sein prüfender Blick auf das ausciuanderklaffende, wackelige Gestell fiel, in welchem die Tastenreihen ihn wie das zerbröckelte, lückenhafte Gebiß eines antediluvianischen Ungeheuers anstarrlcn. Noch mehr aber wurde seine Lachlust rege, als er den bleichen Virtuosen näher ins Auge faßte. Er mußte sich unwillkürlich sagen, daß er nie eine sonderbarere und lächerlichere Figur gesehen habe. Zusammengekancrt, die Hände auf die Knie gelegt, das von langem, wirrem Haar umspielte Haupt auf die Brust gesenkt, saß ec regungslos und stierte mit seinen matten Auge», in denen sich neben einem ge wissen Stumpfsinn eine unnennbare Trostlosigkeit aussprach, auf die Clavialur. „Nun! Wie gefällt Ihnen das Instrument?" wiederholte Wilke mit einiger Ungeduld, denn der cigenthümliche, spöttische Gesichtsaus druck seines Gastes gefiel ihm nicht. „Was haben Sie dafür bezahlt?" fragte der Letztere. „Hundert Thaler!" lautete die Antwort des Wirthes, der mit einem wohlgefälligen Lächeln das alte Gcräth betrachtete, für das ein Kenner kaum den fünften Theil gegeben hätte. „Sie sind ein —" Werner hielt inne und ließ lächelnd seine Rechte über die Tasten -leiten. „Was?" rief Wilke, betroffen von dem spöttischen Lachen und dem ironischen To» des jungen Violinisten. „Ich wollte eben sagen, Sie seien ein Schlaukopf, daß Sie ein so prächtiges Instrument zu einem solchen Spottpreise erstanden haben," nahm Werner das Wort; „aber wie ich mich jetzt überzeuge, haben Sie gerade kein gutes Geschäft gemacht. Einmal ist der Ton sehr matt, die Tasten sind vollständig abgeleiert, und dann bedarf cs auch in äußerer Hinsicht »othwendig einer Reparatur. Auch ist cs nicht wenig verstimmt. Was sagen Sie dazu, junger Mann?" Der Klavierspieler, an den diese Frage gerichtet war, saß unbe weglich. Kein Zug in seinem Antlitz verrieth, daß er den Sinn der soeben gesprochenen Worte erfaßt hatte. Der Wirth kratzte sich ver legen hinter dem Ohr. „Warum habe» Sie mich nichtzu Rathe gezogen?" fuhr Werner fort. „Hm, hm! wollte Ihnen eine Ucberraschung machen! Glaubte, -e- Wunder wie billig erstanden zu haben. Versicherte mir doch der der höhere« öffentlichen und Privatschuleu, der Handelsschule, de» TonservatoriumS sür Musik, der Akademie, die Lehrer der Volk», schulen, Abordnungen von Schülern dieser Anstalten, die Handel», kammer, di« Gewerbekammer, Vertretung der Anwälte, die Vorstände verschiedener Corporationen und Institute, die Innungen, zahlreiche Vereine, welche sich an der Sedanfeier zu betheiligen Pflegen, u. s. w. — Das 350jährige Schützen-Jubiläum in Oschatz hat der dasigen Schützengesellschaft einen Fehlbetrag von über 1000 Marl hinterlassen, den sie allein zu decken hat. — Rschlitz, 17. Juli. Der Leichnam der unglücklichen 13« jährigen Anna Wustlich auS Wechselburg, welche von ihren Zieheltern wegging und sich in der Mulde ertränkte, ist heute früh auf einer Sandbank unterhalb der Muldenbrücke angetrieben und ans Land gezogen worden. — Ein beachtenswcrthes Unternehmen ist die Leipziger Baum- wollweberei-Actiengesellschaft in Wolken bürg im Begriff in's Werk zu setzen. Um den Arbeitern die denkbar weitgehendsten Vortheile bei Einkauf ihrer täglichen Lebensbedürfnisse zu sichern, wird die Gesellschaft eine Consumanstalt einrichten, zu welcher die Unternehmer von vornherein das Anlagekapital zinsfrei zur Verfügung stellen. Ferner stellt dieselbe die erforderlichen Räumlichkeiten, Inventar und Beleuchtung unentgeltlich her. Die gesummten Verwaltungsämter werden von Beamten, unter Aufsicht von Vertretern der Gesellschaft und der Arbeiter, unentgeltlich besetzt und der ganze Ueberschuß, welchen die Differenz zwischen dem Einkaufs- und Verkaufspreis der Maaren ergiebt, geht den Arbeitern unverkürzt zu Gute. — Fr eiberg, 17. Juli. Die vor einiger Zeit von 14 hiesigen Cigarren-Fabrikanten beantragte Einrichtung einer zollfreien Niederlage von Tabaken in Freiberg, mit der sich die Behörden aus das befürwortende Gutachten der Handelskammer in Dresden hin einverstanden erklärten, steht nahe bevor. Es handelt sich nur noch um Beschaffung einer geeigneten Räumlichkeit für diese Niederlage. Vom Rathe zu Freiberg ist ein Theil des gewölbten Erdgeschosses des städtischen Kaufhauses dafür in Aussicht genommen, das mit einem Aufwand von 3100 M. für den erwähnten Zweck eingerichtet werden kann. Die Stadtverordnctenschaft wird gegen Aufwendung dieser Summe um so weniger einwenden, als es sich um Förderung eines der wichtigsten Industriezweige der Stadt handelt und gleich zeitig dadurch der Anfang gemacht wird, ein in der besten Lage Freibergs stehendes städtisches Gebäude durch vechältnißmäßig geringe Umbauten nutzbarer als bisher zu machen. — In Oberfriedersdorf bei Neusalza brannten am 17, Juli zwei eng aneinander gebaute, mit Stroh gedeckte Häuser nieder/ Die Besitzer Schreiber und Herberg konnten von ihrer Habe nur' wenig retten, da das Feuer infolge des vielen brennenden Materials rasch um sich griff. Sehr zu bedauern ist eine Tochter der Schreiber schen Familie, welcher nicht nur die zu ihrer bevorstehenden Hochzeit angeschafften Ausstattungsgegenstände verbrannt sind, sondern welche auch ihre in einer Lade befindlichen Ersparnisse eingcbüßt hat. Der> Calamitose Hcrberg war zur Zeit des Brandes nicht zu Hause/ sondern befand sich in der Fabrik bei seiner Arbeit. Die umstehen--, den, gleichfalls mit Stroh gedeckten Häuser befanden sich in großer- Gefahr. — Plauen i. V. Am 14., 15. und 16. d. Mts. fand hier das Sängerfest des „Vogtländischen Sängerbundes" statt. Ungefähr 700—800 Sänger aus allen Orten des Bogllandes hielten in der prächtig gekchmückten Feststadt Einkehr und brachten im Vereine mit den hiesigen Sangesbrüdern ein Kirchen- und zwei weltliche Concerte zur Aufführung, die unter Leitung des Bnndesliedermeisters, Herrn Bürgerschullehrer Sachse, ungethcilten Beifall fanden. Trotzdem die Gesammteinnahme rund 3000 Mark beträgt, so wird doch die Stadt kasse den Fehlbetrag von einigen Hundert Mark zu decken haben.' Da sämmtliche Festlichkeiten vom herrlichsten Wetter begünstigt waren, so war der Zudrang hiesiger, wie fremder Gäste ein ungemein starker. — Marienberg, 17 Juli. Die auf Anordnung der königl. Staatsanwaltschaft angeordnete Section der Leiche des auf Stein- bachcr Revier todt aufgefttndenen Wilderers hat ergeben, daß der selbe erschossen worden ist. Ein einziger Rehposten, welcher ihm in's Herz gedrungen ist, hat seinen sofortigen Tod zur Folge gehabt. Der Waldheger, welcher am Halse und im Gesichte schwer verletzt ist, hatte allerdings angegeben, nicht geschossen zu haben. Seine Flinte muß zu gleicher Zeit mit der des Wilderers losgegangen sein. Nach der eigenen Verwundung kann er unmöglich geschossen haben; daß es kaum seine Absicht gewesen ist, den Schwarz zu treffen, beweist, daß von ca. 50 Rehposten nur ein Schrot gcirvffen hat. Da der Waldhegcr im Acte der Nothwehr gehandelt hat, ist er natürlich von jeder Verantwortung befreit. — In der Nacht vom 15. zum 16. Juli ist der Correctionär Drcchsel aus Geyer zum dritten Male aus der Bezirksanstalt Frohnau entwichen; diesmal aus der Arrestzelle, nachdem er eine Palissade ausgegraben und ein Fenster ausge brochen hat. — Zwickau, 18. Juli. Heute starb Herr Stadtbaurath Schramm hier, der vor mehreren Wochen einen Schlaganfall erlitt, an den Folgen desselben. Der Verstorbene hat während seiner 30- jährigen Wirksamkeit in unserer Stadt sich durch die von ihm aus- alte Mosel, cs sei unter Brüdern seine Hundertnndfünfzig Werth, und soviel wollte er auch haben für das Ding. Neu ist freilich der alte Klapperkasten nicht mehr, aber zu theuer glaubte ich ihn auch nicht bezahlt zu haben." „Nun, wir wollen sehen, wie es sich macht!" beruhigte ihn Werner; „jedenfalls haben Sie gut daran gcthan, ein Instrument anznschafsen. Es ist immer besser, als wenn ich allein Musik machen müßte, und Sie werden Ihre Rechnung schon finden." „Ich hoff" doch', es soll wieder einkommen," meinte Wilke kleinlaut, in dessen Zügen deutlich der Verdruß über seine Leicht gläubigkeit ausgeprägt lag. Der Pianist htittc während all' dieser Vorgänge nicht das leiseste Zeichen von Thcilnähme kund gegeben. Fort und fort stierte er ans die Tastenrcihe, und keine Minute hatte sein Antlitz den Ausdruck des Stumpfsinns verleugnet, der auf seinem ganzen Wesen ausgeprägt lag. Draußen im Schänkzimmer aber schwirrte es bereits wie in in einem Bienenschwarm, und hin und wider drangen einzelne Ma trosen mit lautem Rusen, Lachen, oder Singen in den Saal. „Ich denk', wir können anfangcn," wandte Werner sich an den stummen Kollege;;. Aber auch diese Anrede schien Jener übeihört zu haben, denn noch immer nicht zeigte sich eine Spur von Leben in den starren Züge». Werner legte ihm die Hand auf die Schulter: „Habt Ihr nicht gehört, Freund? Wir wollen anfangen!" Wie aus einem düster» Traume erwachend, schreckte der Ange redete auf. Den Kopf cmporwcrfend, schaute er beinahe verwundert den Violinisten mit offenem Munde an. Der Letztere konnte eine Regung des Mitleids nicht unterdrücke», als er in die großen wasser- blauen Augen blickte und darin neben dem Ausdrucke einer tiefen Zerrissen heit des Gemüths jene stupide Gedankenlosigkeit, zu erkennen glaubte, die auf eine große, geistige Verkommenheit schließen läßt. „Anfängen? Was?" fragte er in dumpfem Tone, als besinne er sich auf etwas, das seinem Gedächtniß längst entschwunden. „Der Mann scheint sehr schwer von Begriff zu sein," murmelte Werner unmuthig vor sich hin. „Freund!" fuhr er laut fort, „thut doch nicht, als ob Ihr den Verstand verloren hättet. Seht Euch doch die Leute hier an," flüsterte er ihm in's Ohr. „Die wollen tanzen und lustig sein, und daß sie dieses können, dazu sind wir hier. Wollen wir unsere Rechnung finden, so dürfen wir cs nicht mit ihnen verderben." „Musik!" tönte eine Stentorstimme ans einer Ecke des Saales, während sechs bis acht junge Leute eine Gruppe um die beiden Musiker bildeten und neugierig das Instrument betrachteten. Der Wirth ivar sogleich, als Werner seine Auseinandersetzung dem Pianisten gegenüber begann, mit den Worten in das Schänb zimmer geeilt: „Lassen Sie nur! Werde den Burschen schon lebendig kriegen> Weiß, woran's liegt!" Jetzt kehrte er mit einem feinen Lächeln zurück, ein großes Bierglas voll dampfenden Grogs in der breiten Rechten. Werner gewahrte zu seinem größten Erstaunen, wie cs in den Augen des Pianisten plötzlich auflcnchtcte, wie die tobten Züge sich belebten und einen ungestüm begehrlichen Ausdruck annahmen. Gierig streckte er die Hand nach dem Glas aus, hielt cs einen Augenblick Prüfend gegen das Licht und leerte es in der hastigen Manier eines Durstigen, der den inneren Brand mit einem Glast Wasser löscht. Fast starr vor Verwunderung, bemerkte Werner sodann, wie Jen« ruhig das leere Glas hinsctztc und sich eine Art verschmitzten LächelnS übcr seine Züge zu verbreiten begann, das im grellen Widerspruche zu der früheren Starrheit derselben stand. Gleichzeitig rückte er den Stuhl näher an das Piano und nickte seinem erstaunten College» in der gemüthlichsten Weise zu, als wollte er sagen: „Nun können wir anfangen! Jetzt bin ich bereit!" ^ Werner konnte sich das Wesen dieses räthselhaften Menschen, nicht erklären, der erst durch den Geist des Alkohols zu einem einig«-, maßen umgänglichen Benehmen angeregt werden mußte. Hatte wirk/ lich sein Verstand durch irgend ein gewaltiges, in sein Leben ein greifendes Ercigniß gelitten oder war cs nur eine Maske, darauf berechnet, den Wirth zur Hergabe möglichst vieler starker Flüssigkeiten zu bewegen? Ei» meisterhaft ausgesührtes Präludium riß ihn plötz lich aus seinen! Nachdenken. Sein Erstaunen erreichte den höchsten Grad, als er gewahrte, wie die Hände des Clavierspielers mit un glaublicher Fertigkeit über die Tasten glitten und eine Sturmstuth von Tönen hcrvorzauberten, die sich bald voll und weich in seM Herz stahlen, bald durch ihre erschütternde dämonische Gewalt alle seine Nerven in Ausruhr brachten. Indessen hatte er nicht länger Zeit, sich seinen Betrachtungen, hingebcn zu können. Der Wirth, welcher ihm einen triumphirenden. Blick des Einverständnisses zugeworfen, konnte nur mit Mühe dik- -c
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