Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881110
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-10
- Monat1888-11
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- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.11.1888
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> ! ,P« Nr. 263. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des svlgcnden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LaiiVes-Nnzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt! 1. Kleine Botschaft L. Sächsischer Erzähler 6. Sächsische Gerichtszeitnng 4. Sächsisches Allerlei b. JllnstrirtcS UnteryaltungSblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Psg., bei den Post-Anstalten 75 Pfg. (Post-Zeitungs-Preislifte Nr. 503b.) ^ Sächsischer «lides-Mti Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstrahe Nr. Fernsprcch-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz Sonnabend, 16. November 18M ^ ^ ' ——— Bon den Hauptblättcm der „Sächsischen Landes-Anzcigers" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billiger« Sonder-Ausgabc unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monailich nur 50 Pfg. mit Zntrage»; außerhalb Chemnitz monatl. 57 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachtr, Nr. IltöOa.) Für Abonnenten erscheint je einmal !»> Jahr. Eommer-Eiseiibahnfahrvinnhesk für Sachsen; Winter-Eisenbahnfahrpiauheft für Sachsen. Illustr. Kalender des Sächsischen Lnndboten. JllustrirlesJahresiiuchdeSüaieües-Aiijeigers. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Anzeigenpreis: Raum einer schmalen Corpnszcile 15 Pfg. — Bevorzugte Stelle (lspaltige den Einrückungsbetrag (in Briefmarke») beifüge» «je 8 Silben Corpnsschrift bilden ca. 1 Zeile.) — ... „ , ... „ ... „... Die Anzeigen finden ohne Preisanfsch lag gleichzeitig Verl-reilnng durch de» „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hanvtblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) (lspaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Be! Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Zeile.) — Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Anstage längere Zeit erfordern. — Neueste Nachrichten. Wien, 8. November. Ein offiziöser Berliner Brief der„Polit. Corr." weist auf die wachsende Intimität zwischen Spanien und Frankreich hin, seitdem der Marquis Bega de Armijo das Portefeuille des Acußern übernommen habe. Diese Intimität habe sich insbe sondere in einer gegen andere Mittelmeermächte gerichteten Koope ration beider Staaten in der marokkanischen Frage knndgegeben. Die Abberufung des Grafen Benomar aus Berlin und des Grafen Rascvn aus Rom, wo sie Beliebtheit und Vertrauen genossen, sei geeignet, in Berlin und Rom die von Frankreich gewünschte Entfremdung herbcizuführen. London, 8. November. Der „Times" wird aus Amerika tclcgraphirt, daß Harrison auf 233 und Cleveland auf 168 Electoral- stimmen zu rechnen hat. — Die englische Presse, beeinflußt durch die demokratische Frontänderung in der Fischereifrage und Sackville's Entlassung, beurtheilt Harrison's Präsidentschaft günstig. Berlin, 9. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers.) Die heutige Nr. der Nvrdd. Allg, Zeitung hebt hervor: Die preußische Siaais- bahn-Berwaliung habe gegenüber der beispiellos rapiden Verkehrs- ' entwickeln»,;, welche alle Schätzungen übersteige, die Hände nicht in den Schoos; gelegt, sondern rechtzeitig fast 7000 neue Güterwagen bestellt, auch aus dem Auslände gegen 1500 Wagen gcmiethet und werde zur weiteren Verstärkung des Fuhrparkes »och im Besonderen eine Crenivorlage über 45 Mill. Mk. einbringe». New Jork, 9. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). End- giltige Zahlen zur Präsidcn!c»wahl: Harrison hat 233, Cleveland 168 Siimmcn erhalten. Politische Rundschau. Chemnitz, den 9. November. Deutsches Reich. Prinz Heinrich von Preußen tritt am 13. d. M. an Bord des deutschen Panzerschiffes „Kaiser" die Reise »ach Kopenhagen znr Beiwvhnung der dortigen Jubiläumsfeierlich- keiien an. — Wie verlautet, wird die vor Kurzem wieder angeregte Frage der Einführung einer Reichscivilliste für den Kaiser fallen gelassen und im Reichstage zunächst kein bezüglicher Antrag cingereicht werden. Bon-Allerhöchster Stelle soll -zu verstehen-gegeben-sein-, daß keine Acndcrung des jetzigen Zustandes gewünscht werde. — Der Bundcsrath hielt am Donnerstag eine Sitzung ab. Einige kleine Neichsctais wurden den zuständigen Ausschüssen über wiesen. — Der nun in das preußische Abgeordnetenhaus gewählte ehe malige deutsche Botschafter in Nom Herr von Keudell hat in scinerWahl- rcde auch folgende persönliche Mitthcilung von allgemeinerem Interesse gemacht: In der Presse sei seiner Zeit viel darüber verhandelt worden, weshalb er seine Stellung als Botschafter am Quirinal aufgegebcn habe. Mehrfach seien Zerwürfnisse mit dem Reichskanzler angenom men w rdcn. Seine Stellung als Botschafter habe er freiwillig nicdergelcgt, weil er seine» im späten Alter ihm erst geborenen Kindern eine deutsche Erziehung habe geben und sie nicht in dem weichlichen und entnervenden südlichen Klima habe ihr Dcutschthnm vergessen lassen wollen. Dies sei der einzige Grund und er habe keine Ver anlassung, sich darüber nicht frei zu erklären. — Die „Kreuzztg." schreibt: Bezüglich der Schritte, welche der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung von Berlin in Er widerung der Kaiserlichen Antwort zu thnn beabsichtigen, ist cs zu nächst von Bedeutung, daß die dicswöchcniliche Sitzung der Stndt- ycrcrduelcn ansfalli. Schon in der vorigen Sitzung hatte ja der Der Pfarr-Heinrich. Novelle von Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Holdorf zog statt der Antwort den zerknitterten Brief aus der Tasche und überreichte ihn dem Freund. Knllmann las das Schreiben und brach in ein wieherndes Ge lächter ans. „Und dieser Schreckschuß bringt Dich so in Harnisch?" rief er. „Menschenkind, das ist doch Dein Ernst nicht! Lassen sich Leute unseres Schlages von solchen Eckenstehern ins Bockshorn jagen? Das wäre noch nicht dngcwesen, bei meiner Seele! Nun, wenn Du keine Lust hast, mir soll cs Spaß machen, dem Buben de» Kopf zu waschen, und damit Du sichst, wie man es macht, solst Du dabei sein. Wo wohnt der Schlingel?" Holdorff suchte in seiner Brieftasche. „Ballctgasse Nr. 20", verlautete cs endlich. Der Ritt,neistcr ergriff den Klingclzng und schellte. „Gehen Sie," sagte er zu dem cinireicndcn Diener, „sogleich nach der Balleigasse Nr. 20 ... . wie viel Treppen hoch, lieber Bernhard?" „Bier." „Also vier Treppen — diese Turnübung z»m frühen Morgen wird sich Ihne» zum Mittagessen rentabel zeigen — vier Treppen, und fragen Sie dort nach dem Maler Karl Osten. Finden Sie ihn zu Haus, so melden Sie ihm, daß ich sobald als möglich mit ihm zu sprechen wünsche, womöglich noch diesen Morgen Du schenkst mir den Vormiltag Deine Gesellschaft, lieber Holdorff," setzte er, zu diesem gewendet, hinzu, „ich sorge für ein frugales Frühstück und werde mir angelegen sein lassen, Dir die Grillen und Spinne» aus dem Kopfe zu treibe». Sage» Sie dem Johann," bemerkte er hierauf zu dem Diener weiter, „daß er uns ei» Frühstück wie ge wöhnlich nusträgt: Sicbcnnndsüiifziger, vom Gclbgesiegcltcn und ein Paar Dutzend Austern von Michaeli." Der Diener verschwand mit einer devoten Bcrbeuguiig. „Siehst Du, lieber Freund," nahm der Rittmeister das Wort, »das Leben wäre ja absolut nicht zu genießen, wenn die gütige Vorsehung nicht ei» paar dumme Vettern in die Welt gesetzt hätte. Dcilke Dir, da habe ich in Pommern einen solchen Eicl seit Jahr und Tag sitzen, dumm und bigott und geizig, genug, ein Prachtkerl! sozialistische Stadtverordnete Kuhnert im Vereine mit seinen beiden Parteigenossen Gnadt und Lutzauer folgende Interpellation einge bracht: „Wir fragen den Magistrat, ob er darüber Auskunft geben will, welchen Verlauf und Erfolg die Darbringung der Huldiguilgsadresse und der Schenkungsurkunde eines Monumentalbrinmens am Kaiser lichen Hofe gehabt hat." Die hierzu noch fehlenden zwei Unterschriften konnte jedoch Herr Kuhnert aus der Versammlung nicht mehr auf treiben, eine geschäftsmäßige Behandlung der Interpellation war des halb ausgeschlossen. Nach der weiteren am Sonnabend erfolgten Erklärung des Reichsanzeigers soll sich nun aber eine Anzahl der freisinnigen Stadtverordneten entschlossen haben, eine ähnliche Inter pellation einzubringcn. Von anderer Seite wurde Alles aufgcboten, um Herrn Kuhnert nicht auch noch diesen Trinmph zu bereiten; da jedoch eine Einigung nicht so bald erzielt werden konnte, beschloß man vorläufig auf den Ausfall der Sitzung in dieser Woche zu dringe». — Gegen den Sklavenhandel. Dem Oberstaatsanwalt Hamm in Köln ist folgende Antwort des Reichskanzlers auf die in der dortigen Colonialversammlung gefaßten Beschlüsse zngegangen: „Friedrichsruhe, 6. November. Ew. Hochwohlgeboren danke ich ver bindlichst für die Mittheilung der Beschlüsse, welche die unter Ihrem Vorsitz abgehaltcne Versammlung in Köln im Sinne der Unter drückung des Sklavenhandels und des Schutzes der deutschen Kultur arbeit in Afrika gefaßt hat. Die kaiserliche Regierung ist schon länger bemüht, eine Verständigung der betheiligten Mächte zum Zwecke der Ergreifung wirksamer Maßregeln gegen den Ncgerhandel vorzubereiten, und führt in diesem Sinne zunächst Verhandlungen mit der königl. grvßbritanuischen Regierung. Ich darf hoffen, daß dieselben in Kurzem die Grundlage bieten werden, um demnächst mit den auf der Ostküste von Afrika betheiligie» Negierungen von Italien und Portugal und mit den an der Congo-Acte betheiligtcn Mächten in Unterhandlungen zu treten, von Bismarck." — Dcr englisch-sranzösisch-deuischc» Blokade in den ostafrikanischeil Gewässern zur Verhinderung des Sklavenhandels werden sich auch Italien und Portugal anschlicßcn. Die Verhandlungen sind dem Abschluß nahe. Dann kann allerdings eine Küstensperre hcrgestellt werden, welche jede Sklavcnansfnhr zu hindern, den Sklavenhandel völlig lahm zu legen geeignet ist. Man sagt, das Reich werde die Besitzungen der deutschen ostafrikanischen Gesellschaft unter seine Ver waltung nehmen. Biel Anderes wird auch wohl nicht übrig bleiben. Italien. Für die italienischen Blätter ist es kennzeichnend, daß dieselben Organe, welche de» Kaiserbesnch mit lautem Jubeln begrüßten, jetzt ebenso heftig die Ansprache Kaiser Wilhelms an die Berliner städtischen Vertreter- kritisiren, und aus ihren scharfen An griffen gar kein Hehl machen. Dasselbe gilt übrigens auch von einen, großen Theil der Wiener und Pester Presse. Frankreich. Immer deutlicher zeigt sich, daß bei den Ver handlungen dcr Kcimmerkvmmission, die über die Abänderung dcr Verfassung berathschlagt, so gut wie gar nichts heranskommen wird. Tie Kommission faßt lauter Beschlüsse, welche in den Kammern nie mals ans Annahme zu rechne» haben. Es scheint beinahe so, als thnc man nur etwas, um die Zeit bis zu de» im nächsten Jahie statlfiudenden Neuwahlen irgendwie auszusüllen. — Aus Tonst» und Annam laufen immer wieder Nachrichten ei», welche beweisen, daß dcr schon zehnmal als beendet angckündigte Aufstand dcr Ein geborenen »och immer fvrldaucrt. Aus jedem kleinen Erfolge macht die französische Regierung einen großen Sieg, aber die Fchlschläge verschweigt sie klüglich. Nach den Pariser Blättern ist die Unsicher heit so groß, daß einzelne Reisende sich nicht eine Stunde weit ans den Städten ins Land hinein wagen dürfen. — In zwei Zellen des Vcrmittlungsbureans liuo Louvsts und kua t'raiiyaiiw in Paris fanden in der Nacht zum 7. Nov. Dynamit-Explosionen statt, wodurch beträchtlicher Schaden angerichtet, Personen aber nicht verletzt wurden. Die unter dem Verdacht, Urheber der Dynamitattcntate gewesen zu sein, verhafteten Persönlichkeiten sind sämmtlich Kellner und als hcf- Nie habe ich mich um den Narren gekümmert. Da holt ihn plötz lich dcr Teufel, und Rittmeister Paul von Knllmann schluckt als einziger rechtsgültiger Erbe die Kleinigkeit von zwanzigtanscnd Tahlern." Dcr Hauptmaim war bei dieser unerwarteten Nachricht von seinem Sitz cmpvrgcfahrcn. „Zwanzigtanscnd Thaler? Du treibst Deinen Scherz mit mir?" „Die nackte Wahrheit, lieber Freund! Ich erwarte heute noch Nachricht von meinem Anwalt, dann reise ich selbst an Ort und Stelle, um die Erbschaft in Empfang zu nehmen." „Dann grcttulire ich Dir von Herzen." „Danke, danke. Kann ich Dir mit etwas dienen, so bin ich gern bereit." „Sehr liebenswürdig. Vielleicht zwingt mich die Osten'sche Affaire, Deine Freundschaft in Anspruch zu nehmen: für diesen Fall mache ich dankbaren Gebrauch von Deinem Anerbieten Du kcmmst natürlich sofort um Deinen Abschied ein und lebst künftig von Deine» Renten." „Keineswegs. Nun bleibe ich erst recht beim Militär. Etwas muß doch der Mensch sein; bloßer Rentier und Hausbesitzer ist mir zu plebejisch und zu langweilig." „Da denkst Du ganz anders, als ich. Gelingt mir der bewußte Schwalbenfang, so ziehe ich den ehrenvollen Ruhestand vor und treibe Baum- und Gemüsezucht piour plnisir. Doch vor allem muß ich die fatale Bremse los sein, den Farbcnklcckser." „Hast Du weiter keine Schmerzen, die verscheuche ich Dir." Während sich die beiden Freunde noch in dieser Weise unter hielten, meldete dcr Diener, daß er im Nebenzimmer scrvirt habe. „Darf ich bitten, meine Dame," sagte dcr Rittmeister in bester Laune und bot dem Hauptmann mit komischer Grazie de» Arm, um ihn in den anstoßenden Salon znm Frühstück zu führen. Dieses auf's cvmfortabclste eingerichtete Gemach war dem Hauptmann ans früheren Tagen bereits wohlbekannt, hier hatte er mit dem Kamera den manche Orgie gefeiert. Wein und Austern nebst einer reichhal tigen Auswahl anderer Delikatessen waren hier anfgctragcn; man setzte sich und begann mit gutem Appetit zu frühstücken. Knllmann, dcr znr Feier dieses für ihn so glücklichen Tages eines lustigen CumpanS bedurfte, setzte dem Hanptmcmn zu, fleißig zu trinken, damit er seine Grillen ersäufe, und stieß zu diesem Behuf wieder holt mit ihm an. Man war im besten Zug, sich einen Rausch zu tige Redner der Anarchistenversammlungen bekannt. Die rcpublika« nischen Blätter geben zu verstehen, dcr Anstifter des Verbrechens könne wohl in Boulangistenkreisen gesucht werde», da die Einschüch-" ternng dcr Besitzenden durch Dynamitattentate einem Gesellschafts retter die Wege ebne. — Ueber die Pariser Dynamitattentate wird weiter berichtet: Der Polizeipräfekt hat in der Nacht zum Donners tag etwa 20 Personen, die im Verdacht stehen, die Explosion veran laßt zu haben, verhaften lassen. Unter den Arrestanten befanden sich drei Mitglieder des Streikkomitees der Kellner. Um den anarchisti schen und kommunistischen Brandrednern das Handwerk zu legen, hat der Polizeipräfekt weiter befohlen, Jeden zu verhaften, welcher in öffentlichen Versammlungen zu Mord und Plünderungen aufreizt. Ein solches Vorgehen hätte längst stattfinden sollen, dann wären manche Ausschreitungen verhindert worden. Spanien. Aus Madrid wird gemeldet: Der Untersuchungs richter hat gegen einen gewissen Bark, einen Korrespondenten deutscher Zeitungen, wegen eines Artikels, den derselbe in einem in Madrid erscheinenden spanisch-deutschen Blatt veröffentlicht hat, einen Ver- hastsbcfehl erlassen. Bark entwich über die Grenze, kehrte aber heimlich nach Madrid zurück, um seine kranke Frau zu sehen. Am Montag wurde er aber verhaftet und ins Gefängniß gebracht, wo er wie ein gemeiner Verbrecher behandelt wird. Die Presse erhebt Einspruch dagegen, daß eine solche Maßregel gegenüber einem Frem den, der sich lediglich eines Preßvergehens schuldig gemacht hat, zur Anwendung gebracht ist. England. Die Londoner Sozialisten-Liga hat Tausende von Flugblättern verbreitet, worin die Arbeiter aufgcfordert werden, sich massenweise mit roihen Fahnen und sozialistischen -Transparenten am 9. November auf dem Trafalgar Square einzufinden. Von dort soll ten sie vor dem an diesem Tage stattfindenden Lord-Mayor-Zuge einhcrmarschiren. Die Polizei soll angewiesen sein, diese Veranstalt ung'auf keinen Fall zu dulden, es kann deshalb leicht zu Zusammen stößen kommen. — Auf der ostasiatischen Insel Formosa ist eine ernste Rebellion, eine Folge des sehr hohen Steuerdrucks, eingctreten. Englische und deutsche Kanonenboote erhielten Befehl, nach dcr Insel abzugehen und die Interessen der Ausländer zu schützen. Orient. In diplomatischen Kreisen wird die Lage in Serbien ungünstig beurtheilt nnd bezweifelt, daß König Milan Herr der Si tuation bleiben werde. In der Verfassungskommission, deren Ver handlungen unter Vorsitz des Königs stattfindcn und streng geheim gehalten werden, treten ernste Differenzen auf. Außerdem zweifeln einige Gruppen der Versaffungskommission an der Jnnehaltung der .zugesichcrlen Wahlfreihcit. — König Milan berief die beiden gegen die Ehescheidung protestirenden Bischöfe Demetrius und Nicanor zu sich und forderte dieselben auf, die Ehescheidung anzucrkcnnen, nach dem der Metropolit von Belgrad dieselbe unwiderruflich ausgespro chen. Die Bischöfe wollen aber nicht nachgeb-n und lieber aus ihren Posten verzichten. Sächsisches. — Der gegenwärtige Monat November ist ein besonderer. Stern schnuppen-Monat. Zunächst werden wir in dcr Zeit vom 12. bis znm 14. d. M. dem Anprall jenes Metcorschwarmes aus- gesetzt sein, dessen Ausgangspunkt im Sternbilde des großen Löwen, senkrecht unterhalb des großen Bären, liegt, woher dieser Stern- schnuppenstroi» auch den Namen der Leoniden trägt. Nachher, am 27. November, wird ans dem Sternbilde der Andromeda ein anderer Schwarm minimaler Wcllkörper ans uns losfahren, der aus der Zertrümmerung eines Kometen entstanden ist. — Dresden, 9. Nov. König Albert und Prinz Georg reisten heute Vormittag 10 Uhr 38 Min. nach Berlin, um Nach mittags den Kaiser znr Jagd nach Königswusterhausen zu begleiten. Nach Beendigung der Hofjagd am Sonnabend kehren der König und holen, als dcr Bote, welcher nach dcr „fatalen Bremse" ausgcsandt worden war, zurückkehrtc und als Resultat seiner Mission die Ant wort brachte: Herr Osten habe seinerseits gar kein Interesse an einer Unterhaltung mit dem Herrn Rittmeister v. Knllmann; wenn dieser mit ihm zu sprechen wünsche, möge er sich selbst zu ihm bemühen. Dcr Rittmeister, eben im Begriff, das Glas an die Lippen zu setze», ließ bei dieser Nachricht die Hand vor Ueberraschung wieder ans den Tisch sinken. Verdutzt sah er den Hauptmann eine Weile an. „Bomben und Granaten!" rief er, während der Diener wieder durch die Thür verschwand, „da soll doch ein Donnerwetter drein- schlagcn. Ein solch impertinentes Complimcnt läßt mir dcr Bursche durch meinen Diener sage»? Das ist nett! Was macht man mit diesem unverschämten Flegel?" „Du siehst," erwiderte der Hauptmann, dem plötzlich wieder ganz unheimlich zu Muth geworden war, „Du siehst, daß wir eS mit einem frechen Kerl zu thun haben, der so leicht nicht kirre zu machen ist." „Das wäre das erste Mal, daß ich meine Autorität mit Füßeu treten ließe," fuhr der Rittmeister fort. „Jetzt erst fängt die Sache an, für mich interessant zu werden, und mit um so größerem Nach druck werde ich sie in die Hand nehmen." „Wie willst Du das anfangen?" „Ich werde mir's überlegen." „Dazu ist nur leider keine Zeit. Ist bis heule Abcnd nicht eine Vereinbarung mit dem Menschen getroffen, so bi» ich keine Stunde vor einem Auftritt sicher, dcr mir sehr verderblich werden kann." „Mein Gott, was kann er gegen Dich beginnen?" „Wenig, aber gerade genug, um mich zu rniiurc»." „Nun gut, ich will »och diesen Nachmittag die Suche er ledigen." „Ja, was heißt hier erledigen? Läßt sich kein Arrangement treffe», so sitze ich eben fest. Ich versichere Dir, daß ich nicht eher Ruhe fassen kann, als bis Du mit dem Mensche» gesprochen ha,t. Man soll nicht anfschiebcn, was man früher thun kann, und hier ist wahrhaftig Gefahr i»> Verzug." „So meinst Du also, ich solle der ehrenvollen Einladung Folge geben nnd den Kerl in seiner düsteren Dachkammer aussuchen?" >
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