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Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.01.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189201137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920113
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-13
- Monat1892-01
- Jahr1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.01.1892
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Vtiillge MM Sächsischen Landes-Mzeiger (Chemnitzer General anzeiger). ^Mittwoch, 13. Januar 1892, 1 Amtliche Anzeigen. Das im Grundbuche auf de» Name» Friedrich Angnst Ferdinand Bonitz eingetragene, an der Altcndvrserstraße (Nr. 7) bierjelbst gelegene Grundstück Nr. 195 k und Nr. L07ck des Flurbuchs für Schloßchemnitz, Nr. 488 Abth. VII des BrandkatasterS für Chemnitz, Follum 250 des Grundbuchs für Schloßgasse-Cheinnitz, bestehend aus WoynhaNS mit Ver- rausSladen nebst angebanter Bäckeretanlage mit Dampffchornstein und Waschhansanban, sowie Vorgarten und Hofraum, geschätzt auf 46,87« Mk., soll an hiesiger AmlsgerichtSstclle zwangsweise versteigert werden und es ist der IS. Februar 1»V2, Vormittags VV- Uhr als Aumeldetermin, ferner der SV. Fevrnar 16V2, Vormittags 10V- Uhr als Versteigernngstermiu, sowie der IS. März 1KV2, Vormittags II Uhr als Termin zur Verkündung des BrrtheiluugSPlan» anberannit worden- Die Nealberechtigteu werde» ansgcfordert, die aus dem Grundstück« lasten den Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenfordernngeii, spätestens im Aumcldetermine anznmelden. Eine llebersicht der ans dem Grundstücke lastende» Ansprüche und ihres NangverhSltiiisses kan» nach dem Anmeldelermine in der Gcrichtsschrei'berei des nuterzeichueteu Amtsgerichts eingcseheu werden- Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. am 9. Januar 1893- BLHine. Mittwoch, den 18. Januar 18SS, von Vormittags S Uhr ab gelangen im Auktionssaal« des JustizgebändeS hier folgende Pfänder als: 14 Stück «»- «nd 14 Stück fertige Waschmaschine«, 5V Stück Waschmaschinengetrtebe, 4 Hobelbänke, 1 Dampfwaschmaschine, 1 Feilbank mit Schraubstock, 1 Schreibpnlt, 1 Waarenschrank, 1 Brnckenwage, S Fenfter, IS Glaskästen, 1«« Stück Pfosten — Nutzholz —, 6 Fensterflügel und 1 Partie zusammengeschnitteneS Holz^gegen sofortige Baarzahlung zur Vcrstcigernug. hme, Gerichts-Vollzieher bei dem König!. Amtsgericht Chemnitz. Die Goldsee. Original-Roman von Emmy Rojsi. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. 7. Kapitel. Tage, Wochen, Monate verginge» so ohne Aenderung! — Am Tage stand wohl die schwere Eichenthnr offen, welche die halben Etagen des ersten Stockwerks verband, so daß die Salons eine Flucht bildeten, aber jeden Abend, sobald der letzte Gast gegangen, schloß ,Adah sie eigenhändig ab- Die Eheleute wechselten kaum ei» Wort mit einander; wenn sie allein waren, übersah Adah ihn, als sei er überhaupt nicht da — doch konnte er sich nicht über sie beklagen — sic machte mit Anmnlh die HonnenrS deS Hauses, nach innen und nach außen. An seine», Ar», besuchte sie Gesellschaften und Bälle, obgleich des VatcrS zunehmende Kränklichkeit — ei» schweres Herz leiden — ihr das viele Gesellschaft-Geben und -Gehen sehr schwer machte. Doch der Vater selbst bestand darauf — nur nicht allein sei», »nr nicht die Gesellschaft des Verhaßten — das war Alles, was er wünschte. Sidney studirie unterdessen in Oxford weiter. Er war traurig, aber nicht »mthlos. Ihm gehörte ja die Vergangenheit mit ihrer lieben Erinnerung, und wenn die Gegenwart auch trostlos war, die Znlnnst, war es nicht. Ein so reicher Mann wie Advocat Percy findet schon Mittel «nd Wege, die Zukunft seines Kindes zu sichern; er sah voraus, was nach seinem Tode folge» würde, „nd beeilte sich bei Lebzeiten, Adah sicher zu stelle». Deshalb verwandelte er Werihpapicre, die immerhin ge bucht werde» müsse», in Banknoten oder Brillante», Beivcs schenkte er seiner Tochter — ihr Schmuck und Privat-Vcrmöge» mußte ihr unter alle» Umständen unabhängig zur Verfügung stehen. Allmählich, als O'Neill cinsah, daß weder Kälte »och Leiden schaft, weder Zorn noch Bitten — er hatte Alles versucht — etwas an der Verachtung und dem Haß seiner Frau ändern kvnnten, faßte ihn ein wahnsinniges Verlangen, dies stolze Weib zu demüthi'gc». Es war nicht Leidenschaft allein, die sei» Blut z» eiucni Ueberfall «»feuerte, es war auch dämonisches Rachegelüste, »nd Liebe streift hart a» Haß! Eines Abends, als Adah allein, ohne ihn, eine Damcngesell- schaft besuchte, führte er seinen Plan ans. Er bestach die Zofe, die de» Schmeicheleien des schöne» Mannes, sowie seine», Gold gegen über nicht glcichgillig blieb, und versteckte sich i» de», Schlafgemach seiner Fra». Die reichen Draperien bote» Schutz genug. Gleich daraus kehrte Adah heim, und die Zose spielte ihre Rolle; sie stellte sich schlafend, war schwer zn ermuntern, »nd Adah bedauerte die Kleine, welch- vor Müdigkeit taumelte. „Gehen Sie z» Bett, Jane, ich werde mich allein anskleiden." Das hatte sie gewollt! — „Gute Nacht, Mylady" — sie tappte sich schwer ans dem Zimmer. Adah schloß die Zimmerflucht ab, sah auch nach, ob die VerbiiidniigUhür geschlossen war — dam, erst hob sie den Pelz von ih en Schultern. Sic trug ein schlichtes, schwarzes Sammeikleid, welches nur durch die selten schöne» und große» Brillante», die z» Knopfe» verwandt waren, vornehm wirkte. Das goldene Herz hing an ihrem Hals — nnalmnderlich seit der Slniide, wo sie e-Z erhalte». O'Neill alhmcte schwer i» seine», Versteck, ihre Schönheit ve» wirrte ihn, fast hätte er sich veiralhe». — Wie cine Loreley saß sie da, im Glanz ihrer Prachtliaare, sie »ahm den Elsenbeinkamni und glättete die langen Welle», aber sie selbst konnte das reiche Gcwvge nicht bezwinge» — nach mehrmaligen Versuchen ei» Netz darüber zu ziehe», gab sie es aus — es wogte »nd wallte ni» sie, als sie längs«,», übermüde ihr Lager anssnchle. Eine rosa Ampel brannte »och einsam mit magischem Schein, nachdem das GaS verlöscht worden — Minuten verginge», da»» tönte regelmäßiges und tiescS Athmen an O'Neill» lauschendes Ohr. Adah schlief — er schlich hervor. Er hätte sich aus sie stürzen, sie mit seine» Küssen ersticke», sie mit seine» Händen erwürge» mögen, so liebte, so haßte er sie. Doch wie anders erschien sie ihm, mm wo der Schlaf die Maske der Selbstbeherrschung abnahm. Wie ei» Kind, so saust, so „»schuldSvoll, das Bild heiliger Jungfräulichkeit, lag sie hingesunken i» de» seidenen Polster». Aber nur einen Moment wahrte bei ihm die fromme Scheu, dann bog er sich über sie und heftete seinen Mund auf ihre rothen Lippen. Sie träumte wohl von ihrer Lieb«, denn sie hob im Schlaf die Arme, legte sie um seinen Hals und flüsterte: „Sidney". E, prallte zurück — sie erwachte jäh — sah ihn und begriff Alles. Rasch erhob sie sich vom Lager und eilte in'S Zimmer. Er glaubte, sie wollte den Klingelkopf erreichen und vertrat ihr den Weg — aber sie errieth seine Gedanken. »Ich klingle nicht — Ich bln ei nicht gewohnt, meine Diener schaft in meine Verhältnisse einzuweihen — ober", nnd sie hatte die! — Vertag: A lex an de r Wiede in Chemnitz. — Anßciithlir erreicht, die sie schnell öffnete und nun eilte sie zur Trepve, „ich werde Papa aussnchen und von heute au bei ihm mein Nacht lager aufschlagen." „Adah, das werde» Sie nicht th,m!" Er war ihr gefolgt »nd faßte sie mit starke», Griffe; ans dem Flur brannte Helles Licht — sie wehrte sich nicht, aber sie schüttelte seine Hand ab, wie ein ekles Jnsect, nnd sie sah ihn an — ei» Blick der ihn mehr zur Wuth reizte, wie die beschimpfe,idsten Worte. „Mein Bräutigam wird Sie zur Verantwortung ziehen!" rief sie ihm in ihrer maßlosen Gereiztheit zn. „Der Bräutigam meiner Fra»!" Er lachte laut und höhnisch auf, der letzt« Nest von Mitleid, von Achtung verschwand, dieser Hohn brachte ihn vollends um seine Besinn,,ny Mit wilder Wnth packte er sie und schleifte sie an den goldenen Haaren in'S Zimmer zurück. „Weib, das ist dein Tod!" keuchte er» während sie sich seiner Uebermacht zu erwehren suchte. Aber ihre Kräfte erlahmte», sie fühlte, wie ihre Sinne schwanden, schon in halber Ohnmacht ries sie, als der Lichtstrahl über die Wand hinzitterte: „Mutter! Mutter! hilf!" — Erschreckt ließ er sie los — was war das? Ihre Mutter, die längst todt war. rief sie an? Ein abergläubischer Schauer durchram, ihn, als in diesem Moment die Uhr des Rathhausrs Zwölf schlug und sein Blick das Bild der Mutier Adah» traf. In seine», schlechten Herze» war ei» Punkt, der Gott gehörte, das war die Stelle, wo seine Mutter thronte, und das Andenken an ihre Sterbestunde, au ihre» Segen, an ihre Liebe. Er war damals »och ei» Knabe, rein und schuldlos» und jene Stunde vergaß er »ie. DaS Alle» übcrka», ihn i» dieser Minute! Ohne »och einen Blick auf das ohnmächtige Weib zu werfe», verließ er schnell das unheimliche Gemach. — Die göttliche Macht der Mutterliebe halte ein Verbrechen ber hindert! Adah erwachte „ach einer lauge» Ohnmacht am Boden ihres Schlafzimmers, schwer betäubt und gelähmt a» alle» Gliedern. Erst nachträglich empfand sie Furcht — wen» solche SchrcckenSscenen sich niederhvlen würden! Sic koniite beruhigt sei», O'Neill war von Stunde a» verändert, er liebte, er begehrte sie nicht mehr — aber er haßte sie nnd gönnte sie keine,» Andere». Und schreckliche Rache schwor er Dem, der Schuld trug, daß ihn sein Weib nicht zu liebe» vermochte, „ihrem Bräutigam", dessen Namen sie tcaumselig geflüstert, dessen vermeintlichen Knß sie mit zärtlichem Umfasse» lohnte. Dieser still,e blasse Schleicher, der nüchterne Junge trug de» Sieg über ihn, den schöne» n»d elegante» Cavalier, davon — aber wie sollte er sich rächen an ihm, an ihr? „ES gicbt eineu Gott, der heißt Zufall — Gott Zufall, gieb mir die Gelezenheit znr Rache", flehte er an» zornigem Herze». Und der Gott Zufall ist ein sehr gefälliger Gott aller Derer, die a» ih» glaube». (Fortsetzung folgt.) Nr. 9. — 12. Jahrgang. Zur Buchdrinkerbemegung. n. DaS „Leipziger Tageblatt" schreibt: Während bisher sdie socialdemokratischen Organe die Lage der streikenden Bnchdriickcrgehilfei, trotz ihrer Aussichtslosigkeit stets als eine getcübt rosige malte» und mit Pauke» und Trompeten den „Sieg" der Ausständigen als unfehlbar verkündet hatten, beginnen sie jetzt, nachdem sic di« Gehilfenschaft glücklich bis in die äußerste Sackgasse der Nathlosigkei, hineingehetzt habe», in einer ga »z a „ deren Tonart sich zu äußern. Jetzt erst tragen sic den mephistophelische» Pferdefuß, der sich hinter dem zer schlissenen- sadenschcniigen Gewand der scialden,okratischen Agitation jedes Iii-cl versteckt, mit offener Unverschämtheit zur Schau nnd gebe» ihrer Freude darüber Ausdruck, daß, wenn auch der Streik znm Nachtheil der Ge hilfen auslausc, doch der AnSstand das eine „Gute" zur Folge habe: die so ei aldcm okratisch e Gewerks ch a f ts o rga uisa t i o» „,,d die so- cialdemokratische Partei als solche zu verstärken! Das also ist des Pudels Kernt Deshalb mußten Tausende von Existenzen vernichtet und zerrüttet werden, deshalb mußten Tausende der bcstsitnirtcn Arbeiter, der Buchdrucker, i» das Proletarier-Elend hineingcstosic» werden, mir damit die Nei en der Socialdemokratie, die Reihen der „Proletarier" wieder »in Tau sende vermehrt werden- Die Socialdemokrate» sahen bisher immer »nt einer gewissen Scheelsucht ans die gutsirnirte» Buchdrucker- welche sich gar nicht so recht z» de» „Arbeitern" rechneten und ihrer fetten Löhne Wege,, beneidet wurden- Der Umstand, daß es früher den Buchdrucker» der Mehrzahl nach gelang, sich i» besseren socialen Verhältnisse» zu bewegen, als für das Ge deihen socialdcmokra,sicher Wahnanschattiiiigeil im Allgemeinen förderlich ist, wiumte die socialdeaiokratis hen Agitatoren »»d dar»,,, schürte» sie geflissent lich die Flamme des angeblichen Lohukampses, bis jetzt eine Hekatombe von Opfern und verlorene» Existenzen dem socialdemokratiichcn Moloch anSge- liesert und eine ganz große Menge sonst gutlebender Arbeiter in die Reihen der Proletarierklasse zurnckgeschlendcrt erscheint- Die Frcndc über diese» Ver nich,»»gskampf, den die streikenden Buchdrucker gegen sich selbst geführt habe», ist gegenwärtig aus den, ganze» Chorus der socialdemokratischeil Preßmente heransznhören; der socialdc,»okratische Leipziger „Wähler" schreibt jetzt z. B.: „Wie anck der Kampps ausgehe» mag, so viel steht fest, er wird ein weiterer Anstoß sei», die (socialdc,»okratiscl ei Gewerkschaftsbewegung in ittimcr „„zielbewusstere"" Bahnen zn lenken!" Mit andere» Worten: wag ans den Streikende» werde» was will, wenn sie nur jetzt ans Verzweiflung gezwungen werden, sich an die sociatdemokratischei, Schciilversprechnnge» an- znktamuicrn »nd das Heer der Besitz- und Arbeitslose» z„ vermehren ! Das ist ja der S o c iald e >» okr a t ie ureigenstes Attribut, Unzu friedene zn züchten und verbitterte Men schcn zu schafse„, um sie zum Haß und Angriff gegen das Besteh endebrauchen zu könne». Diesen Berns haben die socialdemokratischen Führer bei der »n» zu Ende gehenden Bnchdrnckcrbewegiuig in Teuschland wieder zweckentsprechend aus- geübt, mit »», so mehr „nd lraiirigcrci» Erfolg, als sic »nt schlauer Sophistik aus der einen Seite den zweisetlose» Zusammenhang zwischen ihre» specisischen Partribcstrrbungcn und den Ursache» des Streiks äußerlich scheinbar zu leugne,, suchten, aus der anderen Seile in ihren Organen den Streik perfid vorbereiteten und stetig ansachten. Es fragt sich aber doch, ob die deutsche Gehilfenschaft in ihrer Gesammtheit jetzt in die ihr von social demokratischer Seite gestellte Falle gehen will. Ei» gebrannter Kind schent das Feuer — und die streikende» Gehilfe» habe» es schon bis jetzt gesehen und werden cS in nächster Znknnst noch bitterer suhlen, wohin sie komme», wenn sie mit den, socialdemoklatische», rothen, bösen Feuer spielen. Die Biichdrnckergchilfeiischaft ist zwar »»> große Capitalic» ärmer, aber hoffentlich reicher »m eine gute Erfahrung geworden. Möge sie es sich zwei- und dreimal überlege», ehe sie den angekündigten Schritt thut, de» bisherigen aus guter Basis beruhende» „ U »t erstützung S vcr ein deutscher Buchdrucker" in einen Gewerkvcrei» gewöhnlicher socialdemokraiischer Sorte zu ver schlechtern- Der „Unterstützung-verein" mit seinen Ncbenkasscn ist s- Zt. durch thatkräftige nnd bcstmeinendc Förderung seitens hervorragender Vertreter des Gewerbes Das geworden, was er bis vor'Knrzcm war: eine impvnireiide, »iigetuein wohlthätig wirkende Einrichtung vorschender Selbsthilfe. I» der letzte» Zeit ist seine Leitung allerdings in die mircchteii Hände gerathen, welche de» tradiiiencllcii Ansgabe» nicht gewachsen waren. Die Gehilfenschaft würde sich eine» ganz unberechenbare» Schaden znsügcn, wenn sie diesen ihren Verein in aller Form in das socialdemokratische Fahrwasser hineinstenerte. In diesem Fahrwasser würde die segensreiche Institution unmittelbar scheitern, und die Buchdrucker würden die Borzüge preisgeben, welche sie vermöge Ihrer Organisation bisher vor anderen Gewerkschaften genossen, veriiiittelst deren sie sich über diese erhöbe». Die svcialdemvkratische Gcvlvcrkschaftsbetvegung würde dann allerdings — wie der „Wähler" sagt — in „einheitlichere" Bahnen gelenkt werden, aber die Buchdrucker müßten die Kosten dafür bezahlen, Indem sie ans daS Niveau der andere» Gewerkschaften wieder herabgedrückt würden^ d. h. wieder ganz von vorn ansangen mühten. Bis sich dann die Buchdrucker wieder ans den «inschliiigeitde» und »iederzicheudei, Polypeiiarinen der social- demokratische» Gcwerkschaftsfori» losgelöst und bis zu der reellen Höhe ihr« seitherige» bewährten Organisation wieder anfgearbcilet hätte», darüber könnten — wenn cs überhaupt wieder gelänge — viele Jahrzehnte vergehen. Ans allen diesen Gründen wird die Bnckdrnckcr-Gehilscnschast sich restlich be denke», ehe sie sich dem Dämon der socialdeinokratischen Irrlehren mlt Haut und Haare» verschreibt. E,n solcher Pact würde de» Stand der Buchdriicket- gehilfen, von denen viele bisher gut bürgerlich lebte», unfehlbar wieder zurück ans die niedrigste Slnfe des Proletariats bringen. Diese Wahrheit sehen denn auch sehr viele Mitglieder des „UnterstützungSvereius", auch unter den Streikende» selbst, ei», und es wird sich zweifelsohne gegen den schädliche» Plan, de» „Unterstütziiiigsverel»" zn einem gewöhnlichen Gewerkschaft»»««!» z» dcgrc-direti, eine tsehr gewichtige und vernehmbare Opposition erhebe«. Gerade der vorliegend« Streik zeigte, wie sehr die Befolgung socialdemokratischer Phantastereien die deutsche Arbeiterschaft materiell schädigt, weil sie die letztere zu unheilbaren Thox- heiten in der Praxis verleite». Zum Bochumer Stenerproceß. Der Bochumer Stcucrproceß hatte am Freitag vor dem Land» geeicht zu Essen ein Nachspiel. Es handelt sich um die vom Reichs gericht auf die Revision der beiden Angeklagten Fußangel und Linien, ann verfügte nochmalige Verhandlung wegen Be leidigung de» Fabrikanten E. Stegemann und Ingenieurs Mat hie». Bei Eröffnung der Verhandlung wurde der Beschluß des OberlandeSgerichtS Hamm verlesen, wonach die Ueberweisung der Sache vom Landesgericht Bochum weg an da» zu Esten stattgefundeg hatte, nicht wegen Besangenheit der Richter, sondern in Rücksicht auf die zu erwartende hochgradige Erregung des Publikums. Seinerzeit waren die beiden Angeklagten bekanntlich wegen Be« leidigutig der EinschätzmigScommissionsmitglieder, sowie anderer Per sonen (u. A. der Oberbürgermeisters Bollmann, Bürgermeisters Laugt, Gcneraldirectors FrielinghauS, Bergraths vr. Schutz) verurtheilt worden „nd zwar Fußangel zu einer Gesammtstraf« von 5 Monate», Lnnenianii zu 2 Monate» Gefängniß. Gegen das Urtheil hattifn sowohl die Angeklagten, als auch die Nebenkläger Revision eingelegt, nnd das Reichsgericht hat sowohl die Ausstellungen der Letzteren be züglich der Kosten, als di« der Ersteren bezüglich zweier beleidigte^ Personen, nämlich Stegeiiiaiin's und Mathien'S für begründet erachtet, ebenso auch bez. der RechtSanwaltskosten der Nebenkläger. Der Schutz de» 8 19 ! wurde seitens des Reichsgericht- den Angeklagten auch bez. der Aeußernngen gegen Stegemann und Mathieu zugebilligt. Innerhalb des Rahmens der Artikel der «Wests. BolkSztg.^, die sich mit der Stadtverordnclenwahl beschäftigten, hatte cs von den bisherige» und wieder ausgestellten Stadtverordneten Stegeina»« und Mathie» geheißen, daß Erster« mangels bürgerlicher Ehrenhaftigkeit und Letzterer in Hinblick auf seine geistigen Fähigkeiten, die in Zweifel zn ziehen seien, die geeigneten Candidaten für Bochum nicht seiet». Hier hatte die Strafkammer damals ein persönlich ehrenkränkende» llrtheil angenommen, dem nicht die Wahrung berechtigter Interessen zu Grunde liege, während also da» Reichsgericht der gegelltheiligen Ansicht ist. Die Berurtheiluug seitens der Strafkammer ist erfolgt wegen der Ausdrücke „Mangel a» bürgerlicher Ehrenhaftigkeit" be züglich des Stegemann und „geistreicher, gutmüthiger Mensch" be züglich des Ingenieurs Mathie». Nachdem der incriminirte Artikel verlesen, wurde der Angeklagte FuSangel bezüglich desselben befragt. Derselbe erklärt« in gutem Glauben gehandelt zn haben und führt dann auS: In Nr. 271 der „Westfäl. Volksztg." vom 25. November 1890 befindet sich unter der Ucberschrift „Stuf zur Wahl" ei» Leitartikel, der für die neuerliche Verhandlung de» Steuerproccffe» hanpsächlich i» Frage steht. In diesem Artikel wird von dem Ingenieur Mathieu behauptet, „er habe unter der Zwingherrschaft des Herrn Baare an Selbstachtung nicht gewinnen können." ^ Durch diesen Satz sollte behauptet werde», daß Herr Ingenieur Mathieu sich von seinem Vorgesetzten Baare zu Dingen habe ge brauche» lasse», über welche zu erröthen resp. sich selbst zu verachte» hinreichender Grund vorhanden gewesen wäre. „Ich habe schon bei der vorige» Verhandlung ausdrücklich betont, sagte FuSangel, daß ich diese Redewendung gebraucht habe im Hinblicke ans die großar tige» Betrügereien, welche seit mindesten» 15—16 Jahre» auf dem „Bochumer Verein" unter Milwissenschaft des Herrn Baare »nd seiner Ingenieure betrieben worden sind, und stelle hiermit unter Beweis, daß Herr Ingenieur Mathieu bis zu eincm ge wisse» Zeitpunkte als Mitthäter und bi» i» die jüngste Vergangen heit hinein als Mitwisser an de» betrügerische» Machenschaften be- lhcitigt ist. Ich stelle unter Beweis, daß Ingenieur Mathieu, so lange er da» Schienenwalztverk verwaltete, im Austrage des Herrn Generaldirektor Baare von den Abnehmern verworfene oder gar nicht besichtigte Schienen, Laschen, Schwellen rc. re- mit falschem Abuahmestempel hat versehen lassen, daß er weiter die Abdrucke der echten Abnahniestempcl von dem als gut befundene» Eisenbahnmaterial durch Abseilen oder Abfraisen hat entfernen lasse», daß er »ach genommencu Bleiabdrücke» von dem hierzu aiigestellten Graveur deS Werkes falsche Stempel hak anfertige» lassen — Alles im Aufträge des Herrn Baare, der hierüber fortwährend auf dem Laufende» gehalten worden ist." Der Angellagte führte 20 Zeugen an, die alle bezüglich der Milwissenschaft des Ingenieurs Malhicn an den Stempelmachenschasteu bekunde» solle». Die Einzelheiten der Aussagen derselben machten in dem dicht gefällten Zuhörerraum großes Aufsehen. Der Gerichtshof kam schließlich zn folgendem Urtheil: Die beide» Angeklagten werden von der Beschuldigung, die Fabrikanten Steegemann und Mathieu in zwei Fällen beleidigt zu habe», frei» gcsp röche»; sie sind dagegen der Beleidigung in 11 Fällen schuldig, und werden FuSangel zu einer Gesammtstrafe von 4 Monaten 20 Tagen, Lunemann zu einer Gesammtstrafe vo» 1 Monat 25 Tagen verurtheitt. Die Kosten nnd Anslagcn der Nebenkläger haben diese selbst zn trage», bis auf die des Bergraths Or. Schultz» die den Angeklagten auferlegt werden. Aus den Gründe» de- Urtheils ist zu entnehme», daß de» Angeklagten auch i» de» beiden hier iiicrimlnirte«, Fällen der Schutz des tz 193 zngebilligt worden ist. Die Beweis anträge der Angeklagten erschienen unerheblich, da skr für eine in de» beiden Fällen nicht verhängte Straff nicht in Betracht komme». Die Anklageschrift im Bochumer Slempelproceß ist nun mehr fertiggestellt »nd richtet sich gegen 40 Angellagte; sie umfaßt gegen 100 Bogen. Die Ladung von 100 Zeugen wird sich noth- wendig mache». Termin in diesem SensationSproceß wird wahrscheinlich gegen Ende Februar angesetzt. ' Strafkammer-Verhandlungen — Chemnitz. V./I. — Strafkammer!. — Bors.: Herr LandgcrichtSrath Reiche-Elsenstuck, Vollendete» «nd versuchter Betrug. Der schon mehrfach vor»«» strafte Schuhmacher August Ferdinand HeSky au» Geyer, jetzt Dich
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