LEBEN UND WERK WOLFGANG STÖCKELS UND DIE ANFÄNGE DES DRESDNER BUCHDRUCKS EIN ABRISS MIT EINEM PLAN UND 20 ABBILDUNGEN OTTO ZIEGLER I. LEBEN olfgang Stöckel stammt aus dem Dorf Obermüncßen in Nieder- bayern, also nicht, wie bisher behauptet wurde, aus dem bekann ten München. Anläßlich seiner Aufnahme unter die Bürger der Stadt Leipzig wurde er nämlidi am 29. Mai 1497 als „Wolfgang stechel von obemengen“ eingetragen. Diese eine archivalische Notiz ist ohne Zweifel zuverlässiger als die Selbstbezeichnung Stöckels in den Schiufrschriften seiner Druckwerke. Diese volltönende Selbstbezeichnung wie „ Wolffg.ang.us Monacensis" oder,, WolffgangusStöckel de Monaco“, auch „ Wolffgangus Molitor de Monacßo“oder „Baccalaureus Wolffgangus Monacensis“ wäre dann also eine kleine Irreführung der Kundschaft, eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, die meiner Ansicht nach geschäftspolitisch bedingt war. Die Stadt München reprä sentierte eben auch damals mehr als das Dorf Obermünchen, und der Zusatz zu dem Namen wirkte dekorativ. Die Angabe des Geburtsortes war in der Zeit des Humanismus durchaus üblich, so nannte sich z. B. der Leipziger Drucker Martin Landsberg aus Würzburg „Martinus Herbipolensis“. Die Latinisierung des schlichten bürgerlichen Namens war eine etwas zweifelhafte Errungenschaft der Renaissance, so legte sich der Erfurter Drucker Wolf gang Schenk den Namen „Lupambulus Pocitator“oder „Ganymedes“ bei. (Lupambulus ist zusammen gesetzt aus „lupus“ der Wolf und „ambulare“ = gehen!) Bekannt ist ja die gräzisierende Abwandlung von Philipp Schwarzerde in „Melancßtßon“. Der Geist der Zeit spiegelt sich eben, modern ausgedrückt, in der „Visitenkarte“.