Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850714
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-14
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1885
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
MH «V. Uhr. U«ö«N«» «t E»»e9M»> J»h«m»«»>aste 8. LPrechft»»tru -er Le-«tt»»: Bormtltog» 10—12 llhr. Nachmütagt 5—6 Uhr. »« ftr Ot« ^ . , er de stimmten Jnfer««« «» W»cheu»a,e« dt« S Uhr Nnchmttt««», «»»««»«r» A»ftt«,e, frt» »1» t.» »V. I» he« Filialen für I»s.-Liu«ch»e: Klemm. UntoerMtöstratze L. 8*»iS Asche. Kacharmroftr. SS, p. »»r tzis Adr. riWAer.TagMM Anzeiger. Orga« fiir Politik, Local-eschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. AnAag« IS lvo. ^dominnenliPrei« vierteil. 4'/, iucl. Brt»geN»hn 5 Mk., durch die P,ft dezoßeu k Ml Jede einzelne Nunimer SO Pf. Belegeremplar 10 Pf. Gebadrrn für Lrtrabeil»«e» (tn Laaeblatt-Format gefalzt) »tzne Poftbesörderung 39 Mk. »tt PostbesSrderung 48 Mt. Inserate Sgespaltene Petitzeüe SO Pf. GiSherr kchelften lant uns. PreisverpetchnH, Lad^arr scher o. Zrfiernfatz »ach höher»» Larts. Leclamen »»1er dem Neda«tt»»«strich dtesgefpcckt. Zell«50Pf., vor den Famtlieuoachrichte» dt» Kgespaltene Zeile <0 Pf. Inserat, si,d stet» a» di« Expedition »» jeude». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pnmnamvranäo oder durch Post- »achaahme. 195. DteuStag den 14. Juli 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vrliemknichmii. Die in nachstehender Bekanntmachung vom 4. August 1879 euthaltenen Larschrift«» fi»d » oencrer Zeit vielfach un- beachtet geblieben. Vir bringen daher dieselbe» zur strengsten Nachachtnvg hi«rd»«ch in Erinnrrung. Leipzig, am 8. Juli 188L. Der Math der Stadt Let»-ta. Vr. Geargi. Heu««« Bekmrutmachmvg. Rach unserer Bekanntmachung vom 4. Juli 1877 ist e« de» Hausirer» und Händlern, welche» nicht während der Wochcnmärkte oder Messen VerkausSstLnde ausdrücklich an gewiesen sind, bei Geldstrafe bis zu SO ^ oder Hast bi» z« 14 Lagen »erboten, aus öffentlichen Straßen und Plätzen mit Waarr» sich aufzustellen, und zwar auch dann, wenn sie di« letzteren nicht auf Ständen feilbieten, sondern in Kästen, Körben. Wagen oder sonst bei sich führen. Diese» Verbot suchen viele Hausirer »nd Händler dadurch zu umgehen, daß sie in der Umgebung de» Markte» oder i» den Straßen, in dene» der Markt- oder Meßverkehr vor zugsweise sich bewegt, mit ihre» Waareo langsam hia- und hcrgeheii. Die- wird a«< Rücksicht auf die dadurch berbeigefRhrten Verkehrsstörung«» nicht länger geduldet werden, vielmehr werden diejenige» Hausirer und Händler, welche auf einer und derselben Straßenecke au dem nämlichen Markt- oder Metztage wiederholt mit Maaren sich betreffen lasten, unnach» sichtlich in die »de» gedacht« Strafe genommen werden. Leipzig, am 4. August 1879. Der Rath der Stadt Leipzig. Messers vr. Lröndlin. resterschmidt. Vrlumilt»itchmlß. Wegen Umbaue» wird di« Glagwttzee Briicke von Montag, de« litt ds». Mo», ad aus dir Dauer der etwa 5 Wochen in Anspruch nehmende» Arbeiten für den aesanrarte» Fährverkehr gesperrt. Während dieser Sperrung ist der LÜezt »»» der hei ligen BrüSe nach der alte» Rathtgtegelet für schweres FnhrWerk frrigegedr». Leipzig, am 10. Juli 1885. Die königliche Nnetghanptneannschast. Platzmann. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Heorgj. Henuig. VekMiltmachllug. Bon Michaeli» d«. I». ab ist da» Riedel p»n Löwen» stern'sche Stipendtn« im Betrag« von jährlich 80 94 ^ auf 2 Jahre an einen au- BreSlau oder sonst au» Schlesien gebürtigen Etudirenden zu vergeben. Wir fordern diejenigen Herren Studireuden, welch« sich in vorgedacbter Eigenschaft um diese» Stipendium bewerben wollen, aus, ihre Gesuche schriftlich unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse di» zum SO. September dS. I». bei un» einzureichen, und bemerken, daß später eingehend« Gesuche unberücksichtigt bleiben müssen. Leipzig, den 11. Juli l885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiegcl. Vrtinillmachim-. Die Trotloirlegung in der äußeren HoSpitalstraße, sowie die bei derselben auSzusühreuden Pflasterarbeiten sind vergeben und werden daher die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten ihrer Offerten hiermit entbunden. Leipzig, am 8. Jul, 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. ^ Ge orgi. Gringmutb. Ass wird der Tischler Hag» Günther, am 6. Januar 1849 in Wolfmannshauscn beim Römhitd geboren, dessen Familie — von ihm hilflos verlassen — hier ver öffentlichen Armen- pfl-"- anbcimgesallen ist. L> pi ,. am 9. Juli 1885. Drr Rath der Stadt Leipzig. (Arrnenavrt.) Ludwig-Wolf. Hoher. Ermäßigte Mckgutclaffe. A» einer gutachtlichen Aeußerung darüber aufgesordert, ob nicht für gewisse Artikel, welche bei der Tarifresorm im Jahre 1876 eine erhebliche Fracht-Erhöhung erfahren haben, die Einführung einer ermäßigten Slückgutclasse als ein hervorragende» öffentliches Be- dürfniß zu bezeichnen fei, ersuche» wir hierdurch diejenigen Handel- treibende» uad Industriellen, welche ein solche» Bedürsniß für den einen oder anderen Artikel glanbeu geltend machen zu sollen, Noch, weife hierüber baldmSglichst und längstens den 1«. d. M. schriftlich an unser Bureau. Neumarkt 88, I., gelangen zu lasse». Leipzig, den 13. Juli 1885. Die Handelskammer. . vr. WachSmuth, Bors. vr. Genkel, S. I» dem Noderich Tieye'schen LoncurSverfahren wird aus An trag de» Verwalter« eine Gläubigerversammlnug behufs Prüfung nachträglich angemeldcter Forderungen auf den SO. Juli er. vormittag» O Uhr Mühlberg a/E., am 4. Juli 1885. . Königliche» A«t»«ertcht. -iebsiahls-Vckanntmachllllr. Gestabten wurden alldier eriiaiteier Anzeige zufolge: 1) 1OV >l in 5 Zwanzigmarkstücke». an» einer Wohnung in Nr. st der «eich»straße vom S. bi« 14 vor. Mt».; S) zwei goldene Pranringe. gez. „N. ». 83." und „6. 2. 83." »Nd r» goldener Siegelring mit dunklem weißgestreisten Stein, a»ö einem Vefchäswlocal in Nr. 8 der Wintergartenstraße am ». df«. M»«.; 3) ILO i» Silber i» einer Papierrolle verpackt, an» dem Grundstück Nr. 1 der Lortziagstraße am 4. dj». Mt».; 4) eine vaakuotentasthe, r»thalte,d 185 ^l in 2 Fünfzig., 8 Lwaazig »>d 5 Füafwarkfcheine». eine Polier der Westdentlchea Ne»«rverficher»»a»gesevfchaft und di». Papiere an» einer Wohnung « Nr. 16 der Körnerstrabe vom 4. bi» S. df«. Mt».; G) ca. SO Mark in verschiede»«» Münzsortea. a»s ei»e« Ee- schüftllocal i» Nr. 27 der Grimmatkchen Straße am 6. df». Mt».; 6) ein braunlcdernet Portemonnaie mit gelbem Bügel, ent- haltend ca. 15 ^l tn einem Zehnmarkstück, einem Lhaler und div. kleiner Münze, sowie ein Loo» Nr. LS der Gothaer Geldlotterie, ta einem Sasttocal in Nr. 18 der Aldertstraße msttelst Laschen- dirbftahl», am 7. ds«. Mt».; 7) ILO Mark in einem Hundert- »nd einem Fünfziamarkfchet«, «u» einem Stollaebäude in Nr. 5/7 am Läubchenweg, am 7. ds». Mt».; 8) eine Hose von dickem schwarzen Stoff mit graugestreiftrm Bnndfntter. au» einem Geschäft-local in Nr. 20 der Nicolaiftraße am 11. dstt. Mt«.; 9) ei» alte» Ichwarzlederne» Geldtäschchen ohne Verschloß, e»t- haltend ca. 1L ^ll ta 4 Thalern, 1 Zwei- »nd 1 Einmarkstück uad Nickel- n»d K»pfergeld, au» einer Wohnung t» Nr. 29 drr Bayeri schen Straße vom 11. bi» 12. dl«. Mt«.; 10) eine silberne Ltzltndernhr ohae Goldrand» mit Sekunden- zeiger und geriester Rückseite (am Zifferblatt ist zwischen den Zahlen I und II ein Stückchen herau-gespruuge»), nebst unechter gelber Kette mü Berloque, au» einer Wohnung in Nr. 48 drr Eunlien- straße, am 12. ds». Mt».; 11) eia schworzlederae» Portemonnaie mit Klag», «nd gelbe» Schlößchen, enthaltend - ^l SO ^ einen goldene» StegelriUO «st «etßrvthem Ja-Pi» und fünf Stück Abonnementskarte» der Netten« schwimmaustalt, a»s der offe»en Halle der Schwimmanstalt a» der kchreberpraße, am 12. ds». Mt».; 12) eine ueusilbrrne »yliuderubr «st Secuudeuzeiger (a»f der Rückseite ist eine Burg uud ein Schiff eiagravirt), uebst kurzer Ntckel- kette mit einem Tompaß als Berloque. au» einer Wohnung in Nr. 20 der PeterSstraß« vom 5. bi» 12. ds». Mt».; 18) ein »tnhuubertmarkscheia, an« eine» Saßloeal in Nr. 11 der Dusourstraße am 11. dl». Mt».; 14) eine silber»« Ttzlinderuhr mtt Sekundenzeiger, Goldrand u»d wappenihaltchem Schildchen auf der Rückseite» woraus di« Buch staben 8.1» eiugravirt sind, und der Nr. 11744, uebst feingltedriger Lalmikette» an» dem Fischeriauuug-bade am 12. ds». Mt». Etwaige Wahrnehmungen über de» Verblieb der gestohlenen Gegenständ« oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrtmlnal- Abtheiluag zur Anzeige zu bringe». Leipzig, am 13. Juli 1885. Dn« Poliiei-Amt der Stadt Leipö» Beetschneider. vr. D. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 14. Juli 1885. * Biele Anzeichen weisen darauf hin, daß man rec,.e>imgS- seitig, um da» stricte Verbot der SonntagSarbeit zu umgehen, die Anweisung zu einer schärferen Handhabung der schon bestehenden SoimtagSgesetze gegeben hat. Au» ver schiedenen Städten meldet man ein Einschreiten der Polizei in Fällen, wo man blo» so lange ein Auge zudrückte, daß da» Verbot eigentlich ganz vergessen worden war. Wir halten dieses Vorgehen durchaus für Vas Richtige. Za den meisten Fällen dürfte, um den Wünschen nach Sonntagsruhe zu ent sprechen, eine bessere Durchführung der bestehenden Gesetze am Platze sein »nd vor Allem müßte eine verschiedene Hß,- wendung der Gesetze in einem Lande durchaus vermieden werden. * Der „Kölnischen Zeitung" wird in Bezug aus den Stuvieaerlaß de» Paderborner Generalvicariat» geschrieben: „Hunderte von katholischen Theologen studirten früher sechs Semester aus einer deutschen Universität, z. B. in Bonn, Breslau oder auf der Akademie zu Münster und dem Lhceum zu Eichstädt, und hörten zuerst philosophische, dann theologische Vorlesungen, auch die eine oder andere an dern Gebiet der Geschichte und deutschen Literatur. Bor der Maigesctzgebung waren letztere allerdings nicht zwangsweise vorgeschriebe», da» ist der ganze Unterschied zwischen ehemal» und jetzt. Außerdem verlangt der Staat statt der »erst geforderten Prüfung in den zuletzt genannten Gebieten jetzt nur noch, daß die anzustellciide» Geistlichen eine Beschei nigung darüber beibringen, daß die betreffenden Costegien mit Hlciß gehört seien. Jeder Geistliche, der diesen Nachweis zu bringen im Stande ist, kann eine Anstellung als HilsS- geistlicher erhalten, ohne daß ver Staat irgend etwa» Andere», z. B. die Anzeige u. s. w., verlangt. Diese milden, von der ursprünglichen scharfen Forderung de» Cultur-Epamen- und der Anzeigepflicht (für die HilfSgcistlichen) gänzlich absehenden staatlichen Bedingungen glaubt nun der Bischof von Pader born von den angehenden Theologen ohne Bedenken erfüllen lasten zu können, da sie weder dem katholischen Glauben, noch dem Gewissen de» Einzelueu, noch der Würde der Geist lichen widersprechen." * Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin» daß die aenerellenAu-weisungSmaßregeln in den preußischen Ostprovinzen, die bisher fast nur gegen russische Unter- tbanen zur Anwendung gekommen sind, demnächst auch gegen über den Angehörigen der österreichisch-ungarischen Mon archie Platz greisen sollen. In Oberschlesien «nd weiterbin läng» der Grenze bi» zum Königreich Sachsen hin lebt eine nicht unansehnliche Bevölkerung anö Oesterreich eingewanderte Czechen und Polen, die jetzt vielleicht auf die AuSweisungS- liste gelangt. Die Gemeindebehörden in der Grafschaft Glatz sind bereits aufgesordert, ein Berzeichniß dieser Personen ein zureichen. Andererseits revanchirt sich Oesterreich, indem e» die Wittwen und Waisen solcher preußischer Unterthanen ausweist, welche ihren Nachkommen nicht genügende Subsistenz mittel hinterlaflen haben. * Die Verzögerung, welche die Publication des preußi schen Lehrer-PcnsionSgesetze» erlitten, ist. wie mau hört, leviglich auf geschäftliche Rücksichten zurückzuführen. Zu einem Widerspruch gegen da» Gesetz seiten» de» Finanz- minister» lag um so weniger Veranlassung vor, al» der Land tag den Bedenken, welche Herr v. Scholz gegen die ersten Beschlüsse de» Abgeordnetenhauses erhoben hatte, vollständig Rechnung getragen hat. Da» Herrenhaus hat bekanntlich in der Hauptsache da» im Abgcordnctcuhause beschlossene Gesetz lediglich nach dem Dictat des Herrn von Scholz abgeäntert. Weiin ein Fachminister Ursache gehabt hätte, die Sanctionirung de» Gesetze» zu beanstanden, so wäre da» nicht sowohl der Finanzmmlster al« der EultuSminister gewesen, aber Herrn von Goßier konnte man in dieser Sache nur da» Zeugniß geben: Inuckndlliter »e «udjectt. » « » * Die Wiener .Deutsche Zeitung" veröffentlicht eine Artikelserie über di« jüngsten Reich-rathSwablea in Galizien, welche wahrhaft unglaubliche, aber stet» mit Namen belegte Angaben über die von den Polen in Scene gesetzt«» Wahlbeeinflussungen und über die Einschüchterung und gewaltsame Unterdrückung der ruthenischen Wähler ent halten. In dem jüngsten Artikel findet sich folgender humo ristisch angehauchte Passu» über die Wahl nnSamborer Wahlbezirke: „In den Ortschaften um Sambor giedt e» ein« Meng« kleinadeliger, aber stark herabgekommener Grundbesitzer, welche vom BolkSmunde spöttisch ^odo- äacrlcmn» Scdlaedta", zu deutsch „Adel ohne Stiesel" genannt werdcu. Diese Leute, stolz bi» zur Lächerlichkeit, eben s» arm at« demoralistrt, waren wie gemacht dazu, für die Eandidatur de« Grafen Lo», welch« die polnisch« Partei aufstellte, verwendet zu werden. Sie erschienen am Wahl tage schon in den Morgenstunden in Sambor, fanden aber Niemande», der Miene gemacht hätte, die für die Wahlzwecke bestimmten Gelder unter sie zu vertheilen. Sie fingen daher an, dt« Nachricht in Umlauf zu setzen, daß sie geneigt feien, aus den ruthenischen Eaudidaten vr. Antoniewicz ihre Stimmen »u vereinigen. Die» half nicht». Die Wahl nahm schon ihren Anfang, noch immer kam aber kein Geld zum Vor schein. Da „opferten" sich Einige von ihnen und gaben dem rutbenischen Candidaten ihre Stimmen. Die» that augenblicklich seine Wirkung. Die beiden Chef» der anwesenden polnischen Wahlagenten, ein Herr Pawlow-ki und ein Herr Peter Lityn-ki. welche sich schon der Hoffnung hingeaeben hatten, die «itgebrachten Wahlgelder zu »hrem eigenen Besten verweuden zu können, waren nun genöthigt, die Waffen zu strechra «nd da» Geld noch viel reichlicher, als sie e» äußersten Falle» für nothwendig vorhergasehen haben mögen, in die Taschen der Wähler fließen zu lassen. Ein unau-sprechliche- Gesühl von Reue bemächtigte sich Derjenigen, die sich „ge opfert" und für den ruthenischen Candidaten gestimmt hatten. E» kam zu skandalösen Scenen, denn diese Habenichtse wollten um jeden Preis von der ruthenischen Partei schadlos gehalten werde»." * Au» Rom erfährt die .Germania", der frühere Erz bischof Melcher» werde gegen Ende dieser Woche dort er wartet, wo er sein provisorische» Absteigequartier im Haupt kloster der Linguorianer, bei St. Maria Maggiore, nehmen wird. Am Tage de« Cousistorium» werde er die üblichen Glückwünsche au» Anlaß seiner Erhebung zum Cardinalat in den Gemächern de» Cardinal» LedochowSkt entgegennehmen. Da» Consistorium werde jedoch abermals vertagt werden und zwar auf unbestimmte Zeit, weil der Papst da« Eintreffen de» Erzbischof» v»u Svvn-y abwarten will, der den Car- diaal-hut empfangen soll und sich gegenwärtig aus hoher S-r' befindet. * Am Montag beging da» junge Königreich Italien den fünfzehnten Geburtstag seine» staatlichen Be stände». Am 13. Juli 1870, am Tage der Proctamiruna de» UiifrhlbarkeitSdogma», wurde der Schlußstein zum cinheitlrchen Italien gelegt, wenn auch die Soldaten Victor Einanucl'S erst am 20. September in die Pforten der ewigen Stadt einzogen. Am l3. Juli wurde vom Cvncil da» vierte Capitcl drr Vointtitutiv cks eoclosln, welche» den Papst für unfehlbar er klärte, mit großer Majorität angenommen. 377 Bischöfe batten für die Unfehlbarkeit gestimmt, und nur 80 hatten den Muth ihrer Uebcrzeugung bewahrt — silr kurze Zeit frei lich — und sich der Abstimmung enthalten. Gewaltig war der Eindruck de- neuen Dogma» in Italien. Die „Deutsche Zeitung" erinnert hieran, indem sie schreibt: „Dringender uud gebieterischer, immer emmüthiger und begeisterter verlangte da» italienische Volk, daß e» zu Ead« gehe» möge mit der weltlichen Herrschaft de» Papste», uad daß Rom die Hauptstadt werde de» verjüngten Königreich» Italien. Und an dem Tage, da der Held des Staatsstreiche«, der eidbrüchige Protcctor de« päpstlichen Stuhle», in die Gewalt de« preußischen „Ketzers" siel, an dem Tage, da sein bigotte» Weib in die Berbannung zog nach England an dem Tage rückten die italienischen Truppen gegen die Stadt Julius Cäsar'» und Gregor VII ! Am 20. September war Rom die Hauptstadt Italien». — Und da» Hanpt Italien» ist e» seither geblieben. Tausend Jahre hatte die weltliche Herrschast de» Papste» gewährt. Niemand wagte es, die überreife Frucht de» Mittelalters zu pflücken. Da kamen Wörth und Spicberen, Gravclotte und Sedan, und eine» Tage» erwachte Italien» König, der immer ge wann, wenn sich zwei Andere bekämpften, und — Rom war sein! E» regnete Bannflüche Über Bannflüche, Ver wünschungen über Verwünschungen, der „Gefangene im Vatikan" raffelte mit seinen mystischen Ketten, daß da» ganze fromme Europa erschükttert wurde. Italien blieb im Äcsitze Rom». Aber unversöhnlichen und erbitterten Sinnes blieb auch der depossedirte „Papst-König", der GcistcSgefangeue der Jesuiten. Pro Nono. — DaS Deccunium neigte seinem Ende zu. und der neunte Piu» wurde abgelösi von seiner heiligen Wacht durch den milden, schmiegsamen und staatsklugen Leo. Aber leichteren Herzen» bot der Papst Bismarck die Hand zur Versöhnung, bevor er Friede geschlossen hätte mit dem .Kirchenräubcr" au» Savoyischem Geblüte. Und wenn in den letzten Tagen die Nachricht durch die Blätter ging, Leo XIII. sei entschlossen, Frieden zu mache» mit dem Sohne Victor Emanuel'«, so war rasch geuug da» Pariser Legitimisten- organ, der „UniverS", bei der Hand, »m darzulegcn, daß die heutige Generation diesen Frieden, den Frievcn zwischen dem freien Italien und dem unfehlbaren Papsttkum, nickt erleben Werde. Und so wird es wahrscheinlich bleiben, bis der Hammer der Weltgeschichte Rom gefügig macht — vielleicht schou nach weiteren 15 Jahren Unfehlbarkeit. * Zur Lage schreibt der .Standard" u. A.: „Der Eindruck, welchen die ersten Handlungen und Aeußerungen de» Cab inetS SaliSburH'S auf die continentalen Nationen erzeugt haben, scheint entschieden ein günstiger zu sein. Es ist bereit» einige Zeit her, seitdem ein englische» Ministerium von fremden Mächten und fremden Nationen so herzlich be willkommnet wurde, und der Umstand ist um so schätzenS- iverther, weil in der Sprache, mit der die voraussichtliche Politik de» CabinetS begrüßt wird, nicht» übertriebene» liegt. Der Hauptfehler iu den Aeußerungen der letzlen Verwaltung, wenn dieselbe sich mit den Interessen der Nation im Aus lände zu befassen batte, war ein augenscheinlicher Mangel an Klarheit. Niemand konnte jemals sicher sagen, was wirklich gemeint oder wirklich beabsichtigt wurde. Diese auS der Un entschiedenheit des Zwecke- erwachsende Ungewißheit war be sonder» irritirend, wenn man sah, daß nahezu die ganze Welt in höherem oder geringerem Grave darunter litt. Hätten die Schwankungen de» gefallenen Cabinet« nur Engländer de- rührt, dann dürsten wir zwar an Rus gelitten haben, aber wir brauchten nicht nothwendigerweise unsere Freund« ent fremdet und «lfrrr Fewde provocirt zu haben. Aber unter keinen gegenwärtigen Umständen können die Angelegenheiten de» englischen Reiche» mit einem Mangel an Klugheit geführt werden, ohne daß andere Slaat-körper die üble Wirkung davon verspüren. In Egypten hat die Abwesenbeit von Ge halt m der Politik Gladstone'S und feiner College» wesent lichen Schaden allen denjenigen zngrsügt, die an dem politischen und finanziellen Gedeihen jene» Lande» interessirt sind, wo« gleichbedeutend mit der Erklärung ist, daß jede civilisirte euro päische Nation geschädigt wurde. Man künule denken, daß Er eignisse im Herzen Asien» ein Gegenstand von verhültnißmOßiger Gleichgiltigkeit für Nationen seren, die in jenem entfernten Continent kein Gebiet besitzen; aber man vergißt dabei, daß die Staatsmänner Deutschland» und Oesterreich» in einem höheren Grade, und die Frankreich» uud Italien» in ge ringerem Maße ihre allgemeine Politik im Einklänge mit den: Zustande der Beziehungen — freundliche oder dem entgegen gesetzte — solcher Mächte, wie England uud Rußland, zu bilden haben. ES ist indeß wohl bekannt, daß zur Zeit de ichten Ministerium» kein fremder Staatsmann von Tag zu Tag wußte, wie die Haltung England» gegenüber den russi schen Prälensionen sein würde — schwächliche Handlung folgte kühnen Worten, und die festeste Sprache verlor ihre Kraft durch spätere Beschränkungen. Dieser längere Zeitraum der Ungewißheit ist jetzt vorüber, und ob fremde Höfe und fremde Bevölkerung im Stande sein werden, die englische Politik zu billigen und mit derselben zu sympathisiren, oder nicht, so werden sie dieselbe wenigsten» kennen." * DaS .Journal de» DöbatS" schreibt anläßlich der letzten Ereignisse in Hus: .Wir wollen hoffen, baß die Regierung darüber mehr und Genaueres weiß, al» da» Publicum, daß sie die Gefahr hat herankommen sehen und sich zur Abwehr gerüstet hat. Schon lange gingen Gerüchte über die Umtriebe de» «mamitischen Hofe»: der Regent, der heute in unseren Händen ist und die Verantwortung ans Andere abscbüttelt, war notorisch einer der Hcinptaustistcr. Wir haben Vertreter m Huü; sie haben die Vorgänge über wachen müssen. Wir hoffen daher, die Nachricht von dem Hiuterhalte Hab« bei der Regierung nicht dieselbe Ueber- raschung hcrvorgerusru. wie bei dem Publicum. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß die Lage aus der Judo- Chiuesischen Halbinsel eine ernste tst. Der Ueberfall von Huü ist da» Symptom eine» allgemein verbreiteten Uebel«. N-ch unlängst hatte man in Tochinchiua und Ccimbodscha Aufstände zu bekämpfen; hente hat ma» die Gewißbeit er langt, daß der Wind der Empörung au» Anam her über den Süden und den Westen der Halbinsel wehte. Die Waffen, die den Insurgenten abgenommen wurv«», waren anamitische» Fabrikat; Hu« war die Rüstkammer und der Herd, wo der Ausstand geschürt wurde; in Hns muß daher rasch und mit Nachdruck verfahren werdy,. Noch vor Kurzem sagten wir: „die Hauptgefahr siegt nicht in Hus, sondern iu Peking", und riethen, in der Hauptstadt de- Reiche» Witt« die nüthigeu Schritte zu thun. Heute find di« Verhältnisse nicht mehr ganz dieselben. Wir haben den Friede» von Tientsin ge schlossen, einen vielleicht ungewissen Frieden, mit dem vor sichtig und schonend wird verfahren werden müssen; aber wir haben wenigsten» direct mit dem chinesischen Reiche unter handelt und brauchen uu» von Peking nutzt mehr den Vor wurf machen zu lassen, wir hätten China al» eine «qunotits nsgligsablv" behandelt, die Angelegenheiten Anam» ohne seine Mitwirkung ordnen wollen. Der jüngste Vertrag ermächtigt un», m Auam vorzugehen, ohne die chinesische Empfindlichkeit zu verletzen oder wenigsten« heraus zufordern .... Eben hat die Kammer den Vertrag von Tientsin ratificirt und morgen wird der Senat dasselbe' thun; in Wahrheit wird über da» Schicksal diese» Vertrage» nicht im Palais Bourbon uud nicht im Luxembourg, sondern in Hus entschieden. Die Gemülher sind mit Recht besorgt uud aus die kommenden Dinge gespannt. Man fragt sich, ob das Ereigniß vom 5. Juli nicht da» erste Glied einer neuen Kette militairischer Operationen sein wird. Die Vergangenheit ver mag für die Zukunft nur ungenügend zu beruhigen, haupt sächlich, wenn man in dem bisherigen Schlendrian verharrt und wenn Erwägungen der inneren, der Wahlpolitik, uns zwingen, nur bruchstückweise eine Lage in» Auge zu fassen, die sich als Ganzes ausdrängt. WaS wir hier bezüglich Aiiams sagen, gilt auch für Madagaskar. Eine Losung der Mada- gascars'rage ist nickt abzusehen, wenn sie in der heutigen Gangart auch ferner behandelt wird." * Herr I)r. G A. Fischer ist in Zanzibar wieder ein- getrosscn. Ein in Berlin lebender Bruder desselben stellt der .National-Zeitung" einen Auszug auS einem vom 8. Juni datirten Brief an ihn zur Verfügung. Darin heißt es: „Die Verhältnisse hier in Zanzibar haben sich in politischer Be ziehung sehr geändert, seitdem ich eS nicht wieder gescbcn. Früher war Deutschland bei dem Sultan sehr beliebt, jctzl ist eS ihm verhaßt. Bei seinem Eintreffen in Zanzibar wäre es Gerhard NohlsS noch ein Leichte- gewesen, den Sultan zu bewegen, sich unter deutsches Protektorat zu stellen, denn damals war die Ussagara-Erwerbung noch ein Gcbeimnis;, jetzt ist sie eS natürlich nicht mehr, und hat sich der Sultan ganz den Engländern in die Arme geworfen. Die englische Marinestativn zur Ueberwachung deü Sklaven handels ist aufgehoben. Es werben in Folge dessen wieder mehr Sklaven eingesührt, obwohl e» deS Sultans Pflicht ist. es zu verhüten. Die Preise der Sklaven sind in weiterer Folge sehr gesunken. Kirk, der englische Generalconsul, der früher gehaßt und gefürchtet war, gilt jetzt Alles. Tie Herren der deulsch-ostafrikanischcn Gesellschaft gehen j'tzt von allen KUstenpiätzcn auS vor. Dr. Jühlke ist von Tangani zum Kilima-Ndjaro, zwei andere von Lemir zu dem Massvkomo gegangen. Der Sultan hat überall seine Flagge gehißt und Militairposten eingerichtet, so auch an der Formosa-Bai. Ein Conflict kann nicht ciu-bleiben. besonder» wegen Witu, doch kann e» ja nichts Kelsen, der Sultan muß nachgeben. In Ussagara ist noch gar nichts geschehen, nicht einmal ein HauS ist gebaut. Graf Pfcil'S Hütte haben die Araber in Brand gesteckt." (Man wirb gut daran thun, die vorstehenden Mittheilungen mit einiger Vorsicht auszunchmcn. I-r. Fiscker war von vornherein ein ausgeprägter Gegner der Be strebungen der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft. Die Red.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite